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Der Seelenfresser

von

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London 2058


 

Der Seelenfresser
 


 

Prolog: Ein kurzes Vorwort
 


 

Diese Geschichte beginnt dort, wo der 10. und somit letzte Manga endet. Um den geneigten Leser nicht unnötig zu verwirren, sei der Kontext kurz erklärt: Vor 30 Jahren wurde England von einer Horde größenwahnsinniger Vampire unter Leitung des „Majors“ angegriffen. Um diesen Angriff abzuwehren, wurden alle Bannsiegel Alucards aufgehoben. Er entließ die Seelen aller Gegner, die er in den Jahrhunderten seines untoten Lebens verzehrt hatte, frei und richtete mit ihrer Hilfe schlimmste Verwüstungen unter seinen Feinden an. Nachdem fast alle Gegner besiegt waren, nahm er, um wieder zu Kräften zu kommen, alle Toten der bisherigen Schlacht in sich auf. Damit fiel er jedoch auf einen Trick des Majors herein, der einen seiner seltsamen Untergeben, den Versorgungsoffizier Schrödinger, damit beauftragt hatte, sein Blut mit dem der gefallenen zu vermischen und sich somit ebenfalls von Alucard aufnehmen zu lassen. Schrödingers sonderbare Eigenschaft war es, sich stets an jedem Ort aufhalten zu können, solange er nur wusste, wo genau sich dieser Ort befand. Wusste er des jedoch nicht, so war er nirgendwo. Als Resultat löste sich Alucard in Nichts auf, da er aufgrund der Millionen widerstrebenden Persönlichkeiten der Verzehrten nicht mehr wusste, wo er selbst sich nun befand.

Mit Hilfe der inzwischen zur richtigen Vampirin gewordenen Selas Viktoria besiegte Lady Integra den Major und der Angriff konnte abgeschmettert werden. Das Ergebnis der Kämpfe war desaströs: London war nahezu komplett entvölkert und zerstört. Alucard war verschwunden, Anderson und Enrico Maxwell getötet, ebenso der ehemalige Leibwächter Walter, der sich als Verräter entpuppt hatte. Integra überlebte, hatte im Kampf allerdings ihr linkes Auge eingebüßt.

30 Jahre später, in der Gegenwart der Handlung, sind die größten Verwüstungen der vergangenen Kämpfe beseitigt. Hellsing existiert noch, geleitet von der gealterten Lady Integra, und wacht weiterhin über den Schutz der Menschheit vor Angriffen von Untoten. Und eines Nachts kehrt Alucard endlich zurück. Damit endet der Manga – und damit beginnt unsere Geschichte.
 

Kapitel 1: London 2058
 


 

Das leise Atmen der schlafenden Frau erfüllte das Zimmer. Ruhig und gleichmäßig sog sie die Luft ein und ließ sie kurz danach wieder entweichen. Helle Mondstrahlen fielen durch die halbverdeckten Fenster, krochen über den dicken Teppich und beleuchteten die sich durch die Decke abzeichnende Silhouette der Frau. Leise glitt der Vorhang zurück, aufgezogen von einer behandschuhten Hand. Die Atemzüge der Frau veränderten sich nicht, während die breitschultrige Gestalt eines Mannes sich aus dem Vorhang heraus schälte und sich lautlos auf das Bett zubewegte. Ein Luftzug drang durch das Fenster und blähte die Vorhänge auf, wodurch ein scharfer Lichtstrahl in das Zimmer zuckte und sich auf den hauerartigen Eckzähnen des Neuankömmlings brach. Ein Lächeln legte sich auf die Lippen des Eindringlings, während er sich über die Frau beugte und sich ihrer Halsschlagader näherte. Es blieb dort, als der Arm der Frau in einer einzigen fließenden Bewegung nach oben fuhr und sich das schwarze Mündungsloch eines großkalibrigen Revolvers auf seine Stirn richtete. Und als es mehrfach knallte, der Revolver drei Quecksilbergeschosse in seine Stirn jagten und er selbst sich in spielerischer Eleganz nach hinten gegen die Wand schleudern ließ, da wurde das Lächeln breiter, drohte, sein Gesicht zu zerteilen und legte alle seine Zähne in einem einzigen diabolischen Grinsen frei.

Die Frau richtete sich auf.
 

„Licht!“, erklang ihre befehlsgewohnte Stimme und die Beleuchtung des Zimmers flammte auf.
 

Die Frau strich sich das lange, silberblonde Haar aus dem Gesicht. Sie bot eine verstörende Erscheinung. Eine Augenklappe verbarg ihr linkes Auge. Die Falten ihres Gesichtes wiesen auf ein hohes Alter hin, während ihre Statur, Haltung und das Fehlen jeglichen Zitterns ihres bewaffneten Armes auf eine Person in den besten Jahren hinwiesen. Und ihr unbedecktes Auge schließlich blitzte vor jugendlicher Befriedigung über die zielgenauen Schüsse.  Es schien sie auch in keiner Weise zu stören, dass der soeben erschossene Mann sich nicht so verhielt, wie man es von einer Person hätte erwarten können, der drei Quecksilberkugeln durch die Stirn gejagt worden waren. Seine Schultern zitterten und ein lautes Lachen entfuhr seiner Kehle.
 

„Lady Integra, so schnell und sicher wie eh und je. Wie erfreulich! Ich hatte schon befürchtet, die Jahre hätten Sie langsamer gemacht.“
 

Das Lächeln, das auf dem Gesicht der Frau aufgetaucht war, verschwand so schnell wieder, wie es gekommen war, und machte einer tiefen Verärgerung Platz.
 

„30 Jahre, Alucard!“
 

„Es freut mich, dass Ihre Fähigkeit zum Zählen ebenfalls nicht beeinträchtigt wor…“
 

Der Vampir brach mitten im Satz ab, drückte sich von der Wand ab und schnellte mit einem einzigen Sprung durch das komplette Zimmer, gerade noch rechtzeitig, bevor sich eine Millisekunde später die Tür des Schlafgemaches in eine lose Ansammlung fliegender Splitter verwandelte. Der Schemen einer jungen Frau flog in atemberaubender Geschwindigkeit durch an dem Bett vorbei und ein Einschlag ließ die Wand erzittern, an der Alucard gerade noch gelehnt hatte, als mehrere rasiermesserscharfe Schattenspitzen sich hinein bohrten. Integra benötigte nur eine Sekunde, um sich zu fangen:
 

„Seras!!!!!!!“
 

Ein ebenso verwirrter wie schuldbewusster Blick glitt über das Gesicht der Hellsing-Angestellten, während sie ihre Klauen aus der Wand zog und sich das schattenhafte Gebilde sich in ihren rechten Arm zurück verwandelte.
 

„Aber, wie…“
 

„Fräulein Polizistin. Ein sehr beeindruckender Auftritt, aber wie üblich kommst du spät.“
 

Seras Blick flog durch den Raum und fand Alucard.
 

„Meister! Aber… aber… Ihr seid doch tot!“
 

Ein humorloses Lächeln verzerrte die Mimik des Angesprochenen.
 

„Natürlich bin ich tot. Und das bereits seit Hunderten von Jahren. Ich verstehe daher nicht ganz, warum das ein Grund dafür ist, überrascht zu sein. Du bist ebenfalls tot. Hast du dich immer noch nicht damit abgefunden, Fräulein Polizistin?“
 

Seras wollte antworten, wurde jedoch von ihrer Herrin unterbrochen.
 

„Du weißt genau, was sie meinte, Alucard. Und mich treibt die gleiche Frage um. Warum bist du hier und wieso hat es so lange gedauert? Was hast du in den letzten dreißig Jahren getan?“
 

„Ich habe weitergemordet“, antwortete der alte Vampir leichthin. „Sie haben den Major gehört. Sein Trick beruhte auf der Mannigfaltigkeit der in mir lebenden Seelen, die es mir unmöglich machte, mich selbst zu erkennen. Also habe ich sie ermordet. Alle bis auf eine. In den dreißig Jahren habe ich 2.243.698 Seelen getötet. Das hat mich geschwächt und gestärkt, zu gleichen Teilen.“
 

„Ihr… Ihr habt Seelen getötet, Meister? Wie geht das denn?“
 

„Dazu kommen wir später“, wehrte der Angesprochene ab. „Schon sehr bald, werden wir mehr als genug Gelegenheit haben, uns mit dem Thema Seelen zu beschäftigen, denn auf Hellsing wartet eine Herausforderung, wie sie sie seit mindestens dreißig Jahren nicht mehr hatte. Ein neuer Gegner hat sich erhoben und wie mächtig er ist, lässt sich schon daran erkennen, dass er seit nunmehr dreißig Jahren wüten kann, ohne dass auch nur ein einziges Mitglied dieser ach so ruhmreichen Organisation von seiner Existenz Kenntnis erlangt hat. Beziehungsweise das, was von der Organisation übrig geblieben ist.“
 

Nun überschattete echter Ärger das Gesicht von Lady Integra.
 

„Nicht so abwertend, Alucard! In deiner Abwesenheit hat sich Hellsing erneuert. Auch nach dem Angriff von Millennium gab es Attacken von Untoten und wie sich gezeigt hat, konnten wir uns und das Vereinigte Königreich auch ohne deine Hilfe sehr wohl verteidigen. Deine ehemalige Schülerin ist zu einer wahren Nosferatu herangewachsen, deren Fähigkeiten sich zusehends entwickeln. Sie hat viele Kämpfe überstanden und ist zu unserem wertvollsten Trumpf geworden.“
 

Die Augen hinter der rotgetönten Sonnenbrille wanderten zu Seras, die sich offensichtlich sehr unwohl zu fühlen begann. Ein Lächeln legte Alucards monströse Hauer frei, als er sie fest ins Auge fasste. Sein Blick strich langsam über die makellose Haut ihres Gesichtes.
 

„Viele Kämpfe? Oh ja…“
 

Das Licht wurde schwächer und zarte rote Symbole wanderten über die Decken.
 

„…jetzt sehe ich es. Sie haben ihre Spuren hinterlassen.“
 

Seras Gestalt geriet ins Wanken, schien zu verschwimmen.
 

„Bitte, Meister.“
 

Die Symbole verschwanden und das Licht flackerte sofort wieder heller auf. Der alte Vampir sah Seras mit einem schwer einzuordnenden Blick an.
 

„An deinem Schamgefühl wirst du arbeiten müssen, Fräulein Polizistin. Allerdings freut es mich, dass du stärker geworden bist, auch wenn du immer noch weit hinter deinen Möglichkeiten zurückbleibst und Schwächen von geradezu gigantischen Ausmaßen aufweist. Ich erkenne die Zerstörung mehrerer durchaus starker Untoter in deiner Aura. Welcher davon hat dir diese Narben zugefügt?“
 

Integras Blick zuckte zu ihrer Angestellten und glitt über die sichtbaren Teile ihrer Gestalt.
 

„Narben? Welche Narben?“
 

„Ein afrikanischer Vampir“, flüsterte Seras. „Er wollte London mithilfe eines Schlangengottes vernichten. Ich konnte ihn vernichten. Sein Name lautete Incogni…“
 

„Das hat auch noch später Zeit!“
 

Integra hatte ihre Geduld restlos aufgebraucht.
 

„Du hast von einer aktuellen Bedrohung gesprochen, Alucard. Willst du uns weiter auf die Folter spannen oder sagst du uns endlich, wer uns angreift.“
 

Die breiten Schultern des Angesprochenen senkten sich unmerklich.
 

„Aber gerne, Lady Integra. Die Bedrohung geht von einem wahrlich uralten Wesen aus. Es hat viele Namen, aber mir hat schon immer die funktionale Bezeichnung gefallen: Der Seelenfresser…“



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