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Strawlemon and Citrusberry

Bittersüß und Süßsauer, bitte!
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Willkommen zu meiner eigenen Serie "Strawlemon and Citrusberry" !
Ich freue mich, dass ihr hierher gefunden habt.
Diese Geschichte ist zufällig erstanden, als ich in meinen Unterlagen aus der Vergangenheit herumgewühlt habe und das erste Kapitel gelesen habe, welches ich wohl mit 13/14 Jahren geschrieben haben muss.
Da mir die Idee sehr gefiel (ist das Eigenlob? xD), habe ich die Geschichte komplett neu bearbeitet und verfasst!

Ich hoffe, dass euch die Geschichte gefällt und hinterlasst mir doch ein Kommentar! Über Rückmeldung freue ich mich sehr!
Ganz liebe Grüße,

Lullulalla Komplett anzeigen

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Der erste Eindruck

Es ist Frühling! Endlich! Wie lange habe ich auf diesen Tag gewartet! Heute komme ich endlich auf die Oberschule!
 

Guten Tag allerseits!

Mein Name ist Melody Konashi – kurz Mimi.

Ich befinde mich im Moment auf den Schulhof meiner neuen Schule! Ich bin 15 Jahre alt und bin ab sofort Oberschülerin! Mit Mühe habe ich die Aufnahmeprüfung meiner gewünschten Schule geschafft. Es war echt anstrengend. Denn… um ehrlich zu sein, bin ich nicht wirklich die Schlauste…argh.

Ich wohne in einer Einzimmerwohnung ganz in der Nähe von hier. Tja, ihr fragt euch bestimmt, warum ich alleine wohne. Meine Eltern sind bei einem Flugzeugunfall ums Leben gekommen, als ich vier Jahre alt war. Bis zu meinem 14.Lebensjahr habe ich bei meiner Großmutter gelebt (andere Verwandten habe ich leider nicht), die sich wirklich lieb um mich gekümmert hat. Doch leider ist sie schon sehr schwach, weshalb sie mehr Hilfe benötigt. Kurz vor meinem 15.Geburtstag haben wir deshalb beschlossen, dass sie zu guten Bekannten umzieht, damit sie sich um sie kümmern können. Doch diese wohnen leider außerhalb der Stadt.

Deshalb, hier und jetzt in aller Frische, bin ich eine alleinwohnende Person, die es auf die gewünschte Oberschule geschafft hat! Ich fühle mich ja schon so erwachsen! Hohoho! Ich schaue mich mit strahlenden Augen um. Unmengen von Bäumen stehen in voller Blüte um den Schulplatz. Wunderschön. Erst letztens war ich im Stadtpark, wo der Hanami, Blütenschau, stattgefunden hat. Es war einfach nur richtig superschön gewesen. Ich möchte wieder hin…

Also jedenfalls, sind hier auf dem Schulhof viele Bäume und…wow… wie viele Schüler sich schon versammelt haben! Ich hoffe bloß, ich verstehe mich mit meiner neuen Klasse… und die Lehrer sind hoffentlich auch nicht zu streng. Mein alter Klassenlehrer war wirklich furchtbar. Die meiste Zeit seines Unterrichts hat er nur geschrien, wie nutzlos wir Schüler doch sind und dass wir immer dumm bleiben würden, egal ob mit oder ohne Abschluss. Pöh!

„Mimiiii!“

„Hm?“ Ich drehe mich um und erblicke meine Mittelschul- und beste Freundin. „Aiko-chan!!“, rufe ich laut und laufe auf sie zu. „Woah! Du siehst richtig niedlich in der Schuluniform aus, Aiko-chan!“, sage ich und bewundere wieder einmal ihre Schönheit.

„Ach, halt doch die Klappe! Ich hoffe bloß, dass mich wenigstens hier niemand belästigt, wie die Haufen Blödiane auf der Mittelschule!“, sagt sie und schüttelt missbilligend den Kopf. Ich muss kichern. Sie ist schon ziemlich seltsam. Jede andere wäre glücklich, wenn sie wenigstens einen Verehrer hat. Aber unsere Aiko-chan ignoriert alle. Mit „alle“ meine ich nicht nur die Jungs aus der Mittelschule. Nein, auch Jungs aus anderen Schulen haben versucht ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Manche sind ihr sogar heimlich gefolgt, weshalb ich immer mit ihr nach Hause laufen musste. Wenn ich sie allerdings nach Hause gebracht habe und selber nach Hause gehen wollte (alleine), waren die Stalker weg. Ich habe wohl nicht den Charme, wie Aiko-chan..

„Mimi, was hast du denn?“ Aiko-chan schaut mich plötzlich fragend an. „Warum seufzt du denn so?“

„Ehh, nein, nichts. Alles okay… I-ich habe nur…“, stottere ich und werde knallrot. Plötzlich dongelt es. „Alle Neuankömmlinge gehen bitte in ihre eingeteilten Klassenräume. In 10 Minuten beginnt der Unterricht!“, plärrt eine Frauenstimme durch den Schulhof.

„Wir sollten los…“, sagt Aiko-chan und schaut mich immer noch etwas besorgt an. „Eh, ja gut. Hm… in welche Klasse komme ich denn eigentlich? Argh, mist, das habe ich ja noch gar nicht nachgeschaut. Verflixt und zugenäht.“, murmele ich leise und haue mir selber auf den Kopf.

Aiko-chan seufzt und streicht ihre Haare nach hinten. „Na komm, Mimi. Wir sind in einer Klasse, du Dummkopf.“

„Echt? Suuper! Dann muss ich dir nur folgen! Hihi!“

„Du wirst dich nie ändern, stimmt’s?“

„Hast du was gesagt?“

„Ach, komm endlich.“ „Ja-ha!“, strahle ich und wir gehen los.
 

In der richtigen Klasse angekommen, suchen wir uns einen Platz. Da die meisten Schüler schon vor uns angekommen sind und sich Plätze ausgesucht haben, gibt es leider keine Plätze mehr, wo Aiko-chan und ich uns nebeneinander hinsetzen können. Am Ende sitzt sie in der ersten Reihe und ich einige Reihen dahinter. Neben mir sitzt ein kleiner Junge, der nur stur gerade ausblickt. Oh man, ist er wirklich schon 15 Jahre alt?? Er sieht aus wie 12!

Plötzlich geht die Klassentür auf und hereinspaziert kommt eine Frau im mittleren Alter und mit einem großen Grinsen. Am Lehrerpult grinst sie uns erst mal zu bevor sie ihren Mund aufmacht.

„Hallo allerseits!“

„Guten Morgen.“, ruft die Klasse im Chor.

„Nun gut. Mein Name ist…“ Sie nimmt ein Stück Kreide und schreibt ihren Namen auf die große, grüne Tafel. „…Hoshino Aya. Ich unterrichte Sport, Hauswirtschaft und Geschichte und bin ab heute eure neue Klassenlehrerin, verstanden?“

„Ja, Hoshino-senseiii!“, plärren wir laut.

Sie grinst zufrieden und nickt.

Auch auf mein Gesicht ist immer noch ein Grinsen zu sehen. Ich freue mich wie ein Honigkuchenpferd mit Erdbeere oben drauf!! Ich bin ja soo aufgeregt!! Neue Freunde, neue Lehrer und das wichtigsten – erste Beziehungen!!! Das wird der Knüller!! Ich weiß es einfach!! Nichts kann schief gehen!!

„Ich habe mir eure Aufnahmetests angesehen. Hm, der Schnitt war ziemlich gut. Ich muss schon sagen. Unsere Klasse hat ganze 2,0 erreicht.“, sagt Hoshino-sensei.

Was habe ich gesagt? Nichts kann schief gehen! Ich sehe es schon kommen!! Wir alle werden uns super verstehen und werden die beste, klügste, tollste Klasse auf der ganzen, weiten Welt sein und dann werden alle Lehrer ehrfürchtig sagen: „Das hier ist unsere Lieblingsklasse! Die anderen Klassen sollten sich wirklich mal ein Beispiel an sie nehmen! Muahahaha!!“

„… Allerdings gibt es einen Schüler hier, der unbedingt Nachhilfe bekommen sollte. Wegen der Person liegt der Schnitt „nur“ bei 2,0.“

… Ich erstarre. Nein, bitte nicht.

„Na? Wie wär’s? In Englisch und auf jeden Fall in Japanisch sollte sie unbedingt Hilfe bekommen. Findest du nicht auch… Mimi-san?“ Sie schenkt mir ein unschuldig-freundliches Grinsen.

Habe ich eine andere Wahl als zu nicken?? Na super. Natürlich, ich habe es ja gesagt, ich bin nicht die Schlauste. Aber wie kann eine Lehrerin so etwas nur öffentlich sagen?? Das ist doch verboten!! Ich versteh es nicht!?! Das ist doch Diskriminierung! Ja genau!! Ich weiß zwar nicht genau, was das Wort heißt, aber egal! Pah!

„Senseiii, ich werde mich bemühen… ganz bestimmt.“, murmele ich aber geschlagen und senke den Kopf. Ich höre stummes Gekicher hinter mir. Sie nickt. „Ich weiß, Mimi-san.“ Und wieder dieses Grinsen.
 

„So, damit ist die HR-Stunde beendet! Ihr werdet gleich euren Lehrer für Mathematik, Englisch und Japanisch kennenlernen. Bleibt also bitte hier im Klassenraum. Bis morgen!“

Und schwuppdiwupp geht sie aus dem Klassenzimmer.

„Pah, das war ja mal so was von gemein. Stellt sie mich vor der ganzen Klasse einfach an den Pringer…“, ärgere ich mich und lege meinen Kopf grummelnd auf die Tischplatte.

„Es heißt Pranger.“, höre ich die Stimme von Aiko-chan neben mir, die gerade von ihrem Platz zu mir gekommen ist. „Ist ja gut, mensch! Ich sehe schon, es wird sich rein gar nichts verändern. Alles wird genauso sein, wie auf der Mittelschule…“ Ich mache einen Schmollmund. Aiko-chan lacht und boxt mir freundschaftlich auf die Schulter: „Was hast du erwartet? Die Oberschule wird genauso sein wie die Mittelschule, nur dass das Lernen noch anstrengender wird als vorher!“

„Möööh“, mache ich und hole aus der Schultasche mein Bento heraus. „Hey, das ist jetzt nicht dein voller Ernst! Du willst doch nicht etwa schon essen? Die große Pause ist doch erst nach der Englischstunde! Wenn du kleckerst wird dich der Lehrer krrrrrg machen!“, schimpft sie und macht eine Ich-mach-dir-einen-Kopf-kürzer-Geste. „Mir egal, ich hab Hunger! Heute Morgen konnte ich nicht frühstücken, weil ich verschlafen habe. Mein Bauch grummelt schon die ganze Zeit.“ Ich nehme mir meine Stäbchen und greife nach einem Stück Gemüse und wedele es ihr vors Gesicht. „Siehst du? Es wird schon nichts passieren! Hahaha… ha.“

„Da hast du den Salat.“

Verdammter Mist. Das Stück Gemüse hat sich auf meinen Schulrock gemütlich gemacht. Na super.

„Leute!! Der Lehrer kommt!! Oh man, sieht der krass streng aus!“, ruft ein Schüler, der an der Klassentür steht. Ein Mädchen neben ihm schlägt ihn auf den Arm. „Was redest du da! Ich finde, er sieht superklasse heiß aus! Und so jung! Wie alt er wohl sein mag??“, ruft sie, während alle Schüler sich auf ihre Plätze hinsetzen. „Na dann, viel Spaß, Mimi- chan .“, grinst Aiko-chan, deutet auf meinen Rock und geht schnell auf ihren Platz zurück. Dann… öffnet sich die Tür.
 

Ich wusste damals nicht, dass dieser Moment, dieser Augenblick, als die Tür aufging, mein Leben verändern würde. Ich wünschte, ich würde den Moment noch einmal erleben. Der Moment, als er die Tür aufmachte und herein kam.
 

Vor uns steht nun der Lehrer. Und… ich muss dem Mädchen wirklich Recht geben. Er sieht echt super gut aus. Groß, wie ein Kirchturm, schwarz gekleidet, als wäre er eben auf einer Beerdigung gewesen, und ebenfalls schwarzen Haare. Aber, was mich am meisten faszinierte, waren seine Augen. Seine tiefblauen Augen, versteckt hinter dem Vorhang seiner schwarzen Haare. Ich habe noch nie jemanden mit so blauen Augen gesehen. Aber… da ist noch etwas anderes. Seine Augen sind wie Eis. Undurchdringlich, unnahbar. Er schaut nicht feindselig aus, aber trotzdem ist da etwas, als würde er irgendetwas verbergen. Was mag es wohl sein? Ich lege den Kopf etwas schief und betrachte immer noch sein Gesicht, während ich überlege. Naja, vielleicht wurde er ja verlassen und hat Liebeskummer? Ach quatsch. Er sieht nicht so aus, als wäre er der Typ, der von jemand eine geknallt bekommt. Nein, es wäre wohl eher anders herum.

Plötzlich höre ich eine Stimme hinter mir. Ein Mädchen mit kurzen Locken beugt sich zu mir herüber und flüstert leise mit einer Hand vorm Mund: „Findest du nicht auch, dass er so aussieht, als würde er uns gleich einfrieren lassen?“ Ich drehe mich etwas zu ihr um und nicke mit einem verschwörerischen Lächeln. Ja, das stimmt wirklich. Sein ganzes Ich strahlt etwas aus, das uns sagen will: Haltet euch bloß von mir fern.

Der neue Lehrer geht mit langsamen Schritten nach vorne zum Pult und stellt seine schwarze Tasche auf den Tisch. Dann öffnet er sie langsam und holt seine Sachen raus. Das alles tut er sehr langsam und sorgfältig. Während das geschieht, versuche ich nun eilig mit einem Taschentuch den Gemüsefleck auf meinem Rock wegzuwischen. Verdammt! Verdammt! Verdammt! Wenn er das sieht, bin ich geliefert!

Nach endlosem Schrubben, sieht man „nur“ noch einen dunklen Fleck, woran man allerdings sofort erkennt, dass dieses Mädchen versucht hat, Gemüse zu essen und dabei kläglich gescheitert ist, das Stück Gemüse sorgfältig mit den Stäbchen in den Mund zu nehmen.

„Hast du zufällig mal ein Taschentuch?“, frage ich leise meinen Sitznachbarn, da mir die Taschentücher ausgegangen sind. Der versucht mich zu ignorieren und schluckt heftig. Was ist denn mit dem los! Ich habe doch nur höflich gefragt, ob er mir ein Taschentuch leihen kann! Ist das denn so schlimm?

„Na klar, hier, bitte schön. Warum brauchst du das denn?“, ertönt eine Stimme neben mir. „Oh, vielen Dank. Ich brauch’s nur, weil-…“ Ich drehe mich um und erblicke, bei meinem Pech natürlich, den Lehrer.

Stille.

Immer noch Stille.

„Rede doch weiter.“, sagt er und schaut emotionslos zu mir runter. „Nein, i-ist schon okay. Ich brauch’s doch nicht. Aber… aber, vielen D-Dank…“, stottereich, werde wieder mal knallrot und versuche schnell meinen Fleck zu verstecken. Hoffentlich hat er ihn nicht gesehen! Bitte nicht! Lieber Gott, hilf mir!

„Benötigst du wirklich kein Taschentuch?“

„Nee, doch nicht…“

„Ich würd’s ja nehmen.“

„Nee, brauch ich doch nicht… tut mir leid…“ Schluck.

„Aber dann kannst du doch deinen Rock nicht säubern.“

„Nee, ich-…“

Was hat Aiko-chan vorhin nochmal gesagt? Ach ja, Da haben wir den Salat. Wie passend diese Worte in diesem Moment doch sind.

Hinter mir fängt ein Mädchen an zu kichern. Und plötzlich höre ich hier und da ein leises Kichern und manchmal die Worte: „Oh oh, die ist gleich dran.“ Und ihre Antwort ist richtig! Sie haben die eine Million-Frage richtig beanwortet!

„Hast du den Stundenplan gelesen, Fräulein? Da steht ausdrücklich, dass die Pause nach der Englischstunde anfängt. Oder konntest du deinen Hunger nicht mehr aushalten?“ Er schlägt mich bei jedem Wort mit dem Klassenbuch leicht auf den Kopf. Ich zucke zusammen und murmele leise: „Tut mir ja leid. Aber… ich hatte eben Hunger…“

„Name?“

„Hä?“, frage ich irritiert. „Beantwortet man so die Frage eines Sensei?“ Er hebt eine Augenbraue und senkt seine Mundwinkel.

„…Konashi… Mimi.“

Er zückt einen Kugelschreiber und schreibt etwas ins Klassenbuch. „Komm später ins Lehrerzimmer. Dort kannst du dir deine Strafaufgabe abholen.“ „Bitte waas??“ Wie kann der Kerl es nur wagen??? Ich meine, es ist doch nur ein Stück Gemüse, mensch. Ein kleines, unschuldiges Stück Gemüse!! Wegen so etwas, macht der einen Aufstand? Nur deswegen bekomme ich am allerersten Schultag schon eine Strafaufgabe?? Das ist total ungerecht!!! Ich schniefe.

„Sensei! Ich finde, sie übertreiben ein wenig!“

Ich hebe den Kopf und sehe einen Jungen, der gerade aufsteht. „Sie hatte halt ein wenig Hunger! Außerdem kann man den Fleck doch wieder rauswaschen.“ Ja! Zeig’s ihm! Fighting!! Ich lächele ihn dankbar an.

„Setz dich hin, wenn du keine Strafaufgabe bekommen willst.“

„Okay, tut mir leid.“ Er setzt sich sofort hin.

Ich blinzele und bin vom Donner gerührt. Was soll das denn!? Wollte er mir nicht beistehen? Wieso gibt er schon klein!! Dieser Feigling! Dieser…ARGH! Ich raufe mir innerlich die Haare. Der (mir jetzt schon verhasste) Lehrer geht wieder nach vorne und nimmt eine Kreide in die Hand. Dann schreibt er seinen Namen auf die Tafel. „Mein Name ist Kano Ryo. Ich bin ab heute euer Lehrer für Englisch, Japanisch und Mathematik. Da wir jetzt Englisch haben, bitte ich euch, die Seite 6 in euren Englischbüchern aufzuschlagen.“ Und ohne Umschweife beginnt er mit dem Unterricht.

Nachher werde ich ins Lehrerzimmer gehen und mir die Strafaufgabe abholen, die ja eigentlich ganz unnötig ist. Zu Hause werde ich kurz etwas essen und die Strafaufgabe machen müssen. Da sie sicher mehrere Seiten füllen wird und ich deshalb bis spät abends damit beschäftigt sein werde, bekomme ich mit Sicherheit nur wenig Schlaf. Voilà, mein heutiger Tag. Hurra.

„Mimi-san. Answer my question, please.“ Ich zucke zusammen. Ich werde ihn erschlagen. Diesen Lehrer. „I…ehh… I don’t know… eh… Ich habe leider nicht aufgepasst, Kano-sensei.“, murmele ich leise, aber angespannt. Wenn er mich noch mehr zur Weißglut treibt, bringe ich ihn um.

„I cannot understand you. Please answer my question… in english ! “ Kano-sensei kommt auf mich zu. Seine Augen…argh… Will er mich einfrieren?! Lass mich doch einfach in Ruhe, verdammt nochmal!! Ich senke meinen Kopf, damit ich seine Visage nicht sehen muss. Meine Wutskala liegt bei 99,9%. Neben mir höre ich das laute Schlucken meines Sitznachbarn. Pass bloß auf, dass du dich nicht verschluckst, kommt es mir in den Sinn. Die Temperatur im Klassenraum scheint mehrere Grade runtergegangen zu sein. Es herrscht Eiszeit.

„Answer me.“ Höre ich da Spott in seiner Stimme?? „Right now.“ Jetzt steht er direkt vor mir. Ich kann seine Füße sehen.

Jetzt platzt mir aber wirklich der Kragen!! Dieser bescheuerte Wichtigtuer!! Ich schlage die Hände auf den Tisch und stehe mit funkelnden Augen auf.

„NO! I can’t! NONONO! Yu! Spiek gud inglisch! Yes! Me! NOO!! Spiek bäd! Bääd! Sorry! Sorry!”

HA! Dem hab ich es aber gezeigt!
 

„Bitte verzeihen Sie mir doch! Ich… ich war nicht mehr ich selbst! Es tut mir wahnsinnig leid!“

Die Schule ist vorbei und es ist später Nachmittag. Die meisten Schüler sind schon nach Hause gegangen. Naja, fast alle. Ich nicht. Kano-sensei sitzt vor mir im Lehrerzimmer und trinkt eine Tasse Kaffee. Wohlgemerkt, einen Eiskaffee, da in seiner Gegenwart alles zu Eis gefriert. „Es tut mir wirklich leid! Ich werde die Strafaufgaben sorgfältig machen und es morgen vor Schulbeginn abgeben!“ Ich senke beschämt den Kopf. „Du hast ja sowieso keine andere Wahl.“, sagt er und schlürft nochmal an seiner Tasse. „Ja, ich weiß. Aber, bitte verzeihen Sie mir!“ Ich falte meine Hände zusammen und schaue ihn bittend an. Was ist mir denn auch bitte vorhin in den Sinn gekommen, so eine bescheuerte Aktion durchzuführen? Noch nie in meinem bisherigen Leben ist mir der Kragen so sehr geplatzt wie heute. Nicht einmal bei meinem verhassten Mittelschullehrer, der uns doch ständig nur angeschrien und beschimpft hat. Heute habe ich mich wirklich selbst übertroffen. Unglaublich, Mimi. Was ist denn bloß los mit dir? Gehen die Hormone mit dir durch?? Meine innere Stimme schimpft mich aus und gibt mir eine Kopfnuss. Sie hat ja Recht.

„Warum sollte ich dir denn verzeihen?“, fragt er und zum ersten Mal sehe ich einen Hauch eines Lächelns. Ich blinzele. Ja, warum eigentlich? Schließlich habe ich ihn und mich lächerlich gemacht vor der ganzen Klasse. „Naja, weil…also. Heute ist doch mein allererster Schultag. Da kann doch schon mal so etwas passieren!“ Ich ziehe meine Mundwinkel zwangsartig höher. So etwas muss doch sicherlich schon mal passiert sein, dass ein verrückter Schüler beim Lehrer seine Nerven verloren hat, direkt am ersten Schultag. „So eine Situation war mir bisher neu.“, er legt seine Tasse auf den Tisch und schaut mich belustigt an. Ich schlucke. Okay, noch ein Versuch. „Ich bin eigentlich auch nicht so… wie heute! In Wirklichkeit bin ich eine ganz, ganz, liebe Person, die allen gerne hilft und folgt.“, flehe ich.

„Ja klar.“

„Wirklich!“

Er schaut mich immer noch belustigt an. Dann schließt er die Augen und lächelt wieder leicht. „Ist gut. Geh nach Hause.“

Überrascht schaue ich ihn blinzelnd an. Was? „Aber.. ich dachte…“

„Verrückt wie du bist, lasse ich dich gehen. Oder, willst du so sehr eine Strafaufgabe?“, spottet er. Geschockt schüttele ich heftig den Kopf. „Nein, nein! Ich bin schon still! Mucksmäuschenstill! Und…bin schon weg! Auf Wiedersehen!“ Und so schnell ich kann, renne ich aus dem Lehrerzimmer.

Warum hat er das getan? Hatte er Mitleid? Nein, ich glaube nicht. Aber dann warum bloß? Ach, das kann mir doch egal sein! Ich bin frei! Keine Strafaufgabe! Yay!!

Plötzlich bleibe ich stehen. Ich beiße mir auf die Lippen und schlucke. Okay, das musst du unbedingt noch tun, Mimi. So etwas nicht zu tun, gehört sich nicht. Entschlossen drehe ich mich um und mache kehrt zum Lehrerzimmer.

„Herein.“, ertönt es, als ich klopfe. Ich schiebe die Tür auf und schaue ihn an. Er sitzt immer noch an seinem Schreibtisch. Allerdings hat er eine Lesebrille auf, während er Unterlagen liest. Er schaut mich an und hebt die Augenbrauen. „Was ist denn noch?“, fragt er.

Ich reiße mich zusammen und halte den Griff meiner Schultasche fester, als ich dann sage: „Ich… habe vergessen, mich bei ihnen zu bedanken.“ Ich werde rot. Mein Gott, reiß dich zusammen. „Ist schon gut. Nichts zu danken.“, sagt er gelassen. Sein Blick wandert zu meinem Gemüsefleck auf meinem Rock. „Bis morgen sollte der Fleck aber weg sein, wenn du nicht auch von anderen Lehrern Ärger bekommen willst.“, erinnerte er mich und deutet auf meinen Rock. Prompt werde ich wieder rot und verdecke schnell mit meiner Schultasche den Fleck. Er lächelt leicht und blickt wieder auf seine Unterlagen. Aber da ich immer noch nicht gehe, schaut er wieder auf. „Ist noch was?“, fragt er etwas irritiert.

Ich schaue beim Reden auf meine Füße. „Im Unterricht habe ich gedacht, dass sie ein ganz schlimmer, doofer und gemeiner Lehrer sind. Dass sie genauso sind wie mein alter Mittelschullehrer, der alle immer nur runtergemacht hat.“ Ich schlucke. Na los! Du schaffst es, Mimi!

Er schnaubt. „Na, danke für das Kompliment. Das ist ja großzügig von-…“ „Damit wollte ich sagen!“, unterbreche ich ihn. „Ich wollte damit sagen, dass ich… nicht mehr so denke. Ich wollte… mich dafür entschuldigen.“ Verstohlen und knallrot vor Scham traue ich mich nicht aufzublicken. Ich beiße mir auf die Lippen und murmele schnell: „Das war’s auch schon. Tschüss!“, bevor ich die Tür zuschiebe und wegrenne. Bloß schnell nach Hause. Beim Rennen fasse ich mir an beide Wangen, die heiß geworden waren. Manno man, war das peinlich. Aber ich bin froh. Ich bin froh, dass ich das noch sagen konnte. Das war echt nett von ihm, sagt auch meine innere Stimme zu mir. „Naja, wer weiß, warum er mir die Aufgabe nicht gegeben hat?“, meldet sich plötzlich mein Verstand. Ich bleibe stehen und runzele die Stirn. „Entweder dachte er wirklich, dass er bei einer verrückten und gestörten Schülerin Nachsicht haben muss, oder er hatte einfach keine Lust in seiner Freizeit noch eine Strafaufgabe zu korrigieren.“, pflichtet mein Verstand mir bei. Hm, das ist natürlich richtig. „Oder-…“, meine innere Stimme lächelt verschmitzt. „Oder er ist einfach ein netter Lehrer, der dir den ersten Schultag nicht versauen wollte!“

„Was auch immer. Gestört ist jedenfalls mit hundertprozentiger Sicherheit, dass ich mit zwei Stimmen in meinem Kopf ein Gespräch führe.“, sage ich laut und gehe in der späten Nachmittagssonne nach Hause.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Wer bis hierhin gelesen hat, schenke ich einen Keks! *Keks gib*
Wenn euch das Kapitel gefallen habt, schreibt es mir doch in die Kommentare!


Liebe Grüße wünscht euch

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