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Nach trüben Regentagen

... wird die Sonne einmal wieder scheinen
von

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Ich habe immer auf dich gewartet, obwohl ich es besser wusste

„Uruha.“, hörte ich Aoi sagen.

„Damit ist es wohl geklärt.“, sagte ich und bemühte sich, gleichgültig zu gucken. „Ich gebe auf. Und du musst ihm hinterher, Aoi.“

Schon bevor ich diese Worte ausgesprochen hatte, war er aufgesprungen. Noch einen kurzen Blick zu mir und dann war er verschwunden. „Ich wünsche dir, dass du den Erfolg hast, den ich nicht haben kann.“, sprach ich.

Da saß ich nun also. Mit der endgültigen Erkenntnis meiner Niederlage. Ich hatte immer gedacht, diese Erkenntnis würde mich erleichtern. Aber ich fühlte mich nur noch elender. Mein Herz fühlte sich an, als wäre es kurz davor, in meiner Brust zu zerbersten. Ich wünschte mir, es würde es endlich tun. Gestern hatte ich in meiner falschen Hoffnungslosigkeit noch dieses Fünkchen Hoffnung getragen. Doch heute war auch dieses erloschen. Ich wollte, ich könnte ‚endlich’ sagen, doch ich musste schmerzlich erkennen, dass dieses Fünkchen Hoffnung mich vor größter Verzweiflung bewahrt hatte. Jene Verzweiflung, die nun über mich hineinbrach.

„Kai?“ Das leise, vorsichtig ausgesprochene Wort vermochte es kaum, zu mir durchzudringen durch meinen Nebel der Verzweiflung. Ich spürte, wie die Couch sich neben mir senkte, als Miyavi neben mir Platz nahm. „Ach Kai.“ Seine warmen Hände strichen mir ganz sanft über den Rücken. Noch vor wenigen Minuten waren es Aois Hände gewesen. Ich schluckte hart. Meine Augen brannten schon wieder, doch ich war zu müde, um zu weinen.

„Können wir einfach heimfahren?“, fragte ich mit heiserer Stimme.

„Klar.“

Wir standen auf und verließen Aois Wohnung. Ich stieg und Miyavis Wagen. Von fern hörte ich Aoi, wie er auf Uruha einredete.

„Es tut mir Leid, dass - “, setzte Miyavi an. Ich wollte nicht, dass er es aussprach. Dass ich versagt hatte. Er würde es zwar nicht so sagen, er würde es in nette Worte kleiden, doch der Inhalt würde derselbe sein. Ich hatte versagt.

Er musste es in meinem Blick gesehen haben und brach sofort ab.

Also fuhren wir los. Als wir an Uruha und Aoi vorbeirollten, blickte ich schnell weg. Wir fuhren weiter in das Herz der Stadt. Mein Herz schlug dumpf gegen meine Brust. Verbissen kämpfte ich gegen das Bild von Aoi, das sich in meine Gedanken eingebrannt hatte.

Miyavi begann wieder: „Es ist alles meine Schuld. Es tut mir echt Leid, Kai.“

„Ich bitte dich. Der letzte Mensch, dem ich dafür die Schuld geben würde, bist du.“

„Doch, hätte ich dich doch nur nicht dazu gezwungen...“

„Du konntest das doch nicht wissen! Und jetzt bitte - nichts mehr dazu.“ Jedes Wort kostete mich unendlich Kraft. Ich fühlte mich so müde. Müde durch den Kampf gegen die Verzweiflung und den Schmerz.

Endlich sah ich die Lichter des Hochhauses. Miyavi steuerte seinen Wagen in die Tiefgarage, stellte ihn an seinem Parkplatz ab und wir beide stiegen aus. Als wir in dem vollkommen verspiegelten Aufzug standen, fiel mir etwas Entsetzliches auf: „Ich habe die Schlüssel bei Aoi im Wohnzimmer liegen lassen.“ Doch ich konnte jetzt nicht noch einmal zurückfahren. Ich konnte Aoi nicht noch einmal sehen. In mir zog sich alles zusammen bei diesem Gedanken.

„Kein Problem. Du kannst bei mir schlafen. Ist das okay für dich?“, bot Miyavi sofort an.

Ich nickte. Also stiegen wir gemeinsam in der obersten Etage aus. Während Miyavi seine Wohnungstür aufsperrte, spürte ich, wie mich die Erschöpfung immer mehr übermannte. Endlich öffnete Miyavi die Tür und ließ mich eintreten.

„Du weißt ja, wo alles ist. Wenn du aber noch was brauchst, sag einfach Bescheid, ja?“, meinte er und ging direkt ins Wohnzimmer. Ich hörte noch, wie er die Balkontür aufschob. Schweren Schrittes ging ich ins Gästezimmer, holte dort den Futon aus dem Schrank und breitete ihn auf dem Boden aus. Dann reichte meine Kraft mich weiter aus und ich ließ mich einfach nur noch fallen.

Lange lag ich da und starrte an die Decke. So müde auch mein restlicher Körper war, meine Augen waren hellwach. Sie brannten, machten meinem Herzen ernste Konkurrenz. Und das, wo ich doch in diesem Moment nichts lieber getan hätte, als endlich einzuschlafen. In die süße Umarmung des Vergessens und der Taubheit sinken, nur für ein paar Stunden. Doch meine Augen ließen mich nicht. Stattdessen zeigten sich mir unablässig Trugbilder in der Dunkelheit, von Aoi, wie er sich endgültig von mir abwandte. Ich kniff die Augen zu und spürte, wie letzte Tränen an meinen Wangen herunterkullerten. Doch auch noch so sah ich ihn. Seine wundersame Gestalt, seine traumhaften, vollen Lippen, sein kohlrabenschwarzes Haar gingen mir einfach nicht aus dem Kopf. Und dann seine Augen! Ständig seine Augen. Diese atemberaubenden dunklen Augen voller Güte und Herzlichkeit.

Irgendwann musste ich eingeschlafen sein. Doch die erlösende Umarmung des Schlafes kam nicht. Selbst da verfolgte er mich weiter.

Aoi stand an einem Abhang. Hinter ihm tobte ein schrecklicher Sturm. Schnell eilte ich zu ihm.

„Was machst du hier?“, fragte ich ihn entsetzt.

„Ich wollte zu Uruha.“, bekannte er. Sofort spürte ich die bekannte Eifersucht in mir lodern. Dann sah ich ihn. Er war unterhalb der Anhöhe inmitten des Sturmes und konnte sich nur mit viel Mühe aufrecht halten.

„Was macht er da unten?“, wollte ich wissen. Neben der Eifersucht machte sich nun auch Sorge in meinem Herzen breit. Uruha, mein Freund, befand sich in großer Gefahr.

„Er kämpft.“

„Aber gegen wen?“

„Gegen sich selbst.“

„Können wir ihm helfen?“

„Ich hoffe.“, sagte Aoi und wandte sich zum Gehen. Er war kurz davor, den Abhang hinunterzuspringen, als ich ihn schließlich erreichte und an den Schultern packte.

„Tu das nicht! Es ist zu gefährlich!“, warnte ich ihn.

„Aber ich will ihm helfen.“

Ich flehte inständig: „Bitte! Geh nicht!“ So groß war die Angst, ihn zu verlieren, und die Eifersucht, die in meinem Herzen tobte.

„Ich muss.“

„Verlass mich nicht! Ich liebe dich!“ Tränen schossen mir aus den Augen. Ich fühlte, wie die Angst mir beinahe den Atem nahm.

„Es tut mir Leid, Kai.“ Er griff nach meinen Händen und schüttelte sie sanft ab. Dann sprang er und ließ mich allein mit meinem Schmerz und meiner Verzweiflung.
 

Am nächsten Morgen traf mich die Erkenntnis, dass die Ereignisse des gestrigen Abends nicht nur ein böser Traum gewesen waren, nicht ganz so hart, wie befürchtet. Mit einem Seufzer setzte ich mich auf. Und bemerkte die Decke neben mir, die ich im Schlaf wohl davon gestrampelt hatte. Jedoch konnte ich mich nicht erinnern, dass ich sie gestern noch aus dem Schrank geholt hatte. Nur den Futon.

Ich stand auf und ging in die Küche. Miyavi saß dort am Essenstisch, vor ihm eine Tasse Kaffee. Als er mich sah, sprang er sofort auf.

„Guten Morgen, Kai. Willst du etwas frühstücken? Ich mache dir einen Tee, okay?“ Und schon war er dabei, geschäftig um mich herum zu eilen.

„Tee reicht, danke.“, murmelte ich und setzte mich an den Tisch. Während Miyavi weiter durch die Küche huschte, sah ich durch die Glasfassade hinunter auf den Park vor dem Hochhaus. Neuschnee lag dicht zwischen den kahlen Bäumen und Büschen. Ein paar vereinzelte Vögel pickten überglücklich in den Vogelhäusern nach Sonnenblumenkernen.

Dass Miyavi mir die Teetasse vor die Nase hielt, fiel mir erst nach einer Weile auf, als er mit leicht besorgten Unterton meinen Namen aussprach. „Kai?“ Schnell nahm ich die Tasse entgegen und nahm einen verlegenen Schluck. Wobei ich mir selbstverständlich die Zunge verbrannte. Leise fluchend stellte ich die Tasse ab. Miyavi setzte sich gegenüber und bedachte mich mit sorgenvollen Blicken.

Miyavi brach nach einer Weile dann doch das unangenehme Schweigen: „Ich habe deine Schlüssel bei Aoi abgeholt, als du noch geschlafen hast. Liegen auf dem Regal im Gang.“

Ich hob meinen Blick, der bis eben noch auf dem dampfenden, grünen Tee gelegen hatte. „Vielen Dank, Miyavi. Das hättest du aber echt nicht tun müssen.“

„Ach was. Hab ich gern gemacht. Ich soll dir von Aoi übrigens ausrichten, dass es ihm unendlich Leid tut, wie das gestern verlaufen ist und dass er es gern irgendwie - egal wie - wieder gut machen will.“

Sofort musste ich ihn mir vorstellen, wie er mit schmerzlich verzogenem Gesicht diese Worte aussprach, die wunderschönen Augen dabei voller Schuld und Elend.

„Ist schon okay. Es ist nicht seine Schuld.“, meinte ich. „Noch ist es deine.“, setzte ich hinzu, als ich den gleichen schuldbewussten Blick auch in Miyavis Augen wahrnahm.

Ich nahm den letzten Schluck aus der Tasse und erhob mich.

„Ich gehe jetzt. Danke für alles, Miyavi.“, verabschiedete ich mich.

Bei diesen Worten fuhr er erneut hoch. „Wirklich? Bist du sicher... ? Wenn du irgendetwas brauchst, sag bitte Bescheid, ja?“

Ich nickte, dann ging ich.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2014-10-26T19:22:16+00:00 26.10.2014 20:22
Hallo (^_^)/

armer kai liebeskummer ist doch echt scheiße gelle
aber da müssen wir alle irgendwann mal durch

deine ff gefällt mir bis jetzt sehr gut bin gespannt was noch alles kommt

Lg


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