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Slightly Demonic

von

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Prolog


 

Auf dem bekannten Motorrad-Rennsport Fahrer Raitou liegt seit seiner Kindheit der Fluch eines unbekannten Reisenden. Er trägt in seinem linken Auge einen Dämon. Verschiedene Organisationen versuchen ihn auf seine Seite zu ziehen, doch das alles interessiert ihn nicht. Er will nur wissen woher und warum er diesen Dämon, der ihn immer Schwierigkeiten bereitet, hat. Als dann das kleine Mädchen Suzume in sein Leben trit, gerät alles aus der Bahn....

Ich widme dieses Buch meiner besten Freundin und großartigen Stütze in meinem Leben. Sie hat mir gezeigt, dass es wichtig ist in die Zukunft zu sehen und sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Ich schenke dir dieses Buch mit einer Geschichte, die durch uns beide entstanden ist und möchte dir damit zeigen wie wichtig du mir bist.

~ Ich wünsche viel Spaß beim lesen ~

Lisa Finke

Auf Dinge, die nicht zu ändern sind,

muss auch kein Blick zurück mehr geworfen werden.

Was getan ist, ist getan und bleibts.

William Shakespeare


 


 

Prolog
 

Es war heiß und stickig. Der Rauch quoll durch die abgeschlossene Tür ihres Hauses und die Flammen schlugen gegen das dunkle Holz, welches laut knackte. Die Frau mit den langen schwarzen Haaren und eisblauen Augen drückte das kleine Bündel an sich und schaute voller Panik auf die Tür, während sie sich auf der anderen Seite des Raumes an die Wand presste. Sie wusste nicht, was auf der anderen Seite passierte, denn ihr Mann hatte er verboten zu nahe zu kommen. Hastig schaute sie sich im Zimmer um, riss einen Vorhand zur Seite und versuchte das alte Fenster von den davor hängenden Brettern zu befreien. Sie wusste, dass dieser Tag irgendwann kommen würde. Sie und ihr Mann lebten viel zu gefährlich und es war sicher ein Fehler ein Kind in diese Welt zu gebären. Tränen standen ihr in den Augen und sie schaute herab auf das kleine Bündel in ihren Armen. Nein. Es war kein Fehler, dass sie diesem wunderschönen Geschöpf das Leben schenkte.

Im Wohnzimmer wurde etwas schweres umgerissen und ihr Mann schrie auf. Ängstlich zuckte die Frau zusammen und hämmerte gegen das Holz, schob ihre Finger in jede kleine Ritze und riss mit all ihrer Kraft daran. Es knackte und bog sich, die Nägel rissen einer nach dem anderen aus dem Balken. Sie hustete wegen dem Rauch. Hoffentlich passiert ihm nichts, dachte sie fieberhaft und schaffte es den zweiten Balken abzureißen und das Fenster mit ihrem Ellenbogen einzuschlagen, als es plötzlich sehr still wurde. Sie hörte nur noch das Feuer gegen die Tür schlagen und ihren viel zu lauten und schnellen Herzschlag. Doch sie wurde aus der plötzlichen Stille gerissen, als etwas großes gegen die bereits instabile Tür schlug und sie niederschmetterte. Ein Geschöpf von etwa 2 Meter schob sich schnaubend hindurch und riss mit seinen silbernen Hörnern etwas Putz von der Decke. Die Frau war kurz wie erstarrt. Die Flammen hinter dem Geschöpf loderten hell auf, sodass sie nur die Umrise und gelben Augen des Riesen erkennen konnte. Im Hintergrund waren zerschlagene und verbrannte Möbel und...eine Hand. Eine Hand die zu dem Körper ihres Mannes gehörte. Augenblicklich wurde ihr übel und sie wär am liebsten auf dieses Monster gesprungen. Aber sie konnte nicht, sie musste den kleinen mit all ihrer Macht beschützen. Mit einem Satz war sie schon aus dem Fenster und riss sich dabei an der zerschlagenden Scheibe ihre Hände auf. Das Blut schien auch dieses Ungetüm auf den Plan zu rufen. Es riss den massigen Kopf um und blickte starr in ihre Richtung, ehe es Anlauf nahm und hinterherhechtete um sie noch zu erwischen.

Doch es hatte kein Glück, denn die zierliche Gestalt der Frau und ihr intensives Training machte es ihr viel einfacher sehr schnell durch das kleine Fenster zu kommen. Schwer atmend rannte sie den Hügel hinunter und verschwand in den Büschen. Doch so schnell würde das Monster nicht aufgeben. Durch das Blut würde er sie finden. Die Flammen machten ihm nichts aus, also ging er den verwüsteten Weg durch das Haus zurück und blickte kurz auf den am Boden liegenden Mann herab. Sein Gesicht verzog sich zu einem fürchterlichen Grinsen. Er hob den noch atmenden Mann am Haar hoch und lachte ihm ins Gesicht. "Du weißt, dass ich sie finden werde Ryou." Sein Atem war heiß und roch etwas faulig. "Du hättest dich niemals mit meiner Familie anlegen sollen..Dämonenjäger." Der Mann konnte nicht anworten und nur schwer röcheln. Blut füllte seinen Mund und die Sicht wurde immer schwerer. Um gegen ihn anzukämpfen hatte er bereits keine Kraft mehr. Er konnte nur beten, dass seine Frau und sein Sohn sich in Sicherheit bringen könnten. Weg von diesem Dämon. Vielleicht in die Großstadt, vielleicht in ein anderes Land. Unter anderen Namen.

Seine Augen öffneten sich weit, als das Ungeheuer seine gesamte Hand durch den Leib des Mannes schlug. Dann lies er den Körper einfach zu Boden fallen und machte sich daran der Frau zu folgen. Mit schweren Schritten verließ er das in sich zusammen fallende Gebäude und überließ es lachend der Flammen.

Als die Frau durch die Büsche rannte um zum Fluss zu kommen, riss sie sich ihre Füße immer weiter auf und stolperte den Weg herab. Sie wusste, dass sie dem Dämon niemals entkommen konnte. Er würde sie überall finden. Es war ihr egal was mit ihr geschah, doch sollte zumindest ihr Kind davonkommen. Trotz des Tumults war ihr Sohn ruhig. Er hatte die Augen geschlossen und atmete unruhig. Tränen füllten ihre Augen als sie das nächste Dorf erreichte. Doch war es nur noch eine Ruine. Wahrscheinlich waren selbst hier die Dämonen eingefallen und hatten alles verwüstet was auch nur im Ansatz nach Dämonenjäger aussah. Schon seit sie klein war, trainierte sie hart mit ihrer Familie um irgendwann gegen Dämonen zu kämpfen. Ein dumpfer Schrei von weit weg ließ sie aufhorchen und etwas nach hinten sehen. Er war noch weit weg, doch wusste er genau wo sie lang lief und war ihr auf den Fersen. Wenn er mich schon bekommt, dann ohne dich mein Liebling, dachte sie und drückte das Bündel an sich. Sie durchquerte mühesam den Fluss und hielt irgendwann kurz an einem alten Kirschbaum an wo sie mit aller Vorsicht ihren Sohn ablegte und verdeckte. Dann beugte sie sich über den Winzling und küsste behutsam seine Stirn. "Bitte überlebe mein Kleiner... Halte dich von dieser Welt fern und sei glücklich." Ich werde ihn hier weglocken müssen. Schweren Herzens riss sie sich los und rannte den Hügel wieder hoch, diesmal ein Stück dem Ungetüm entgegen um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und dann einen anderen Weg einzuschlagen. Ihre schwarzen Haare vermischten sich mit der Schwärze der Nacht, als sie in der Dunkelheit verschwand.

Unter dem alten Kirschbaum lag nun das kleine Bündel. Der tief stehende Mond schien durch die Blätter auf den Körper des Kindes herab, welches die Augen öffnete da seine Mutter nicht mehr bei ihm war. Es war wirklich sehr still. Kein Tier wagte es sich ein Laut von sich zu geben. Der Junge wusste noch nicht was aus ihm wurde. Sein Hals tat weh, seine Mutter war nicht bei ihm, es war kalt und dunkel. Tränen sammelten sich in seinen Augen und quollen über wo sie ihren Weg über seine Wangen fanden und vom Stoff aufgesogen wurden. Das einzige, was man in dieser Nacht noch hören konnte war das weinen des allein gelassenem Jungen.

Fernab der blühenden Großmetropolen des modernen Japan gab es noch kleine, fast vergessene Orte, an denen konservative Dörfler ihr Leben, unabhängig der Modernisierung, wie sie es am liebsten mochten weiter führten. Natürlich mussten sie sich an die Gesetze der Regierung halten aber hier hatten sie ihre Ruhe vor störendem Massentourismus und großartigen Veränderungen. Sie liebten ihre alten Traditionen und das, was ihnen die Natur gab. Nicht wenige von ihnen waren buddhistischen Glaubens. Ganz in der Nähe hatten sie einen Schrein mit einer handvoll Mönchen welche sich zwar selten im Dorf zu sehen, dafür aber immer gern gesehene Gäste waren. Der Schrein bedürfte wohl einer Grundsanierung, denn die Natur holte sich Stück für Stück, Jahr um Jahr immer mehr zurück und die Zeit forderte ihren Tribut an den Wänden und auch einigen Statuen aus gemeißeltem Stein. Und dennoch nahm das keinen Anteil an der anhaltenden und speziellen Schönheit, welche das flache Gebäude umgab.

Erbarmungslos knallte die Sonne auf den kahlen Schädel des jungen Mönches Ippen, als er am Morgen von seinem Meister los geschickt wurde um die reifen Wassermelonen des alten Händlers zum Kloster zu bringen. Denn es sollte am Abend ein kleines Fest zu Ehren des 75 Geburtstags seines Meisters stattfinden. Wie konnte es nur so früh am Tag so heiß sein ? Er musste für den Weg mehrmals laufen, denn der Karren des Klosters wurde in der vergangenen Nacht von irgendjemanden beschädigt. Erschöpft sah Ippen in die Ferne und musste seine Augen durch das helle Licht etwas zusammen drücken. Von weit weg stieg ein schmaler dunkler Rauchfaden in die Luft und nicht weit weg von diesem gab es noch mehr Rauchschwaden. Was war die Nacht passiert? Das Kloster lag sehr abgeschieden am Rande eines Berges und sie wurden nur selten von Wanderern besucht, weswegen einige Neuigkeiten lange auf sich warten ließen. Er schnappte sich den schweren Beutel mit einigen Melonen und hievte ihn sich über die Schulter um sich weiter auf den Weg zu machen. Früher oder später würde er es sicher eh erfahren.

Nachdem er bereits zum dritten Mal den schmalen weg hinunter zum Händler stieg, machte ihm die Hitze mehr zu schaffen als er es erwartet hätte. Also beschloss Ippen sich kurz im Schatten der Bäume auszuruhen. Er legte erschopft den Sack zur Seite und setzte sich schwer atmend ins hohe Gras wo er kurz darauf eine Weile die Augen schloss und einfach nur seiner Umgebung lauschte. Mit den anderen Mönchten hatte er schon oft meditiert, aber es gefiel ihm noch etwas besser dabei allein zu sein. Es war zwar ungewöhnlich still aber doch konnte er dabei einige Vögel und das Rauschen eines Baches hören. Ganz in seiner Nähe, an einem Teich, bemerkte er einen Reiher, welcher beharrlich am Ufer wartete nur um dann blitzschnell ins seichte Wasser zu stoßen. Ebenso schnell zog er seinen weißen Kopf wieder zurück und hatte einen grün-braunen Frosch fest im Schnabel. Dann öffnete er die Flügel wie einen Fächer und stieg empor. Doch da war noch etwas anderes. Ippen dachte erst, dass es vielleicht der Wind sein könnte, welcher durch die Äste pfiff, doch war da kein Wind. Er lauschte vorsichtig und vernahm ein leises Wimmern. Umso mehr er sich darauf konzentrierte, desto lauter schien es zu werden. Ippen war mit seinen 22 Jahren noch sehr jung und auch neugierig, also richtete er sich auf um dem Geräusch zu folgen. Als er näher kam, schien sich das Wimmern in ein Weinen zu verwandeln.

Er zog die Augenbrauen fraglich zusammen und folgte dem Klagen. War das vielleicht ein böser Geist, welcher ihn in eine Falle locken wollte oder eine Seele, die keine Ruhe fand ? Ippen dachte nach, ob das was er tat überhaupt klug sei doch seine Beine trugen ihn weiter und das Weinen wurde immer lauter. Er wusste um die magische Welt und sein Gedanke an Geister und verlorene Seelen war gar nicht so abwägig. Er umreiste den alten Kirschbaum und beinahe hätte er seine Entdeckung mit seinen Füßen unter sich zerquetscht, doch er schaffte es noch rechtzeitig auszuweichen. Vor seinen nackten Füßen lag ein schreiendes und sich windendes Bündel aus weißem Leinentuch. Neugierig hob der Mönch selbiges hoch und betrachtete es eingängig. In ihm befand sich ein kleines Kind, ein Junge, gerade erst in diese Welt geboren. Die Augen des Säuglings weiteten sich und das Schreien verstummte. Verwundert schaute Ippen sich nach der Mutter um, doch es war niemand zu sehen. Er beschloss eine Weile zu warten, dann suchte er die Umgebung ab aber es war gar niemand zu sehen. Der mittelgroße und schlanke Mann betrachtete noch einmal das Kind in seinen Armen. Der kleine Junge musterte ihn neugierig aus großen hellblauen Augen. Er konnte sich ein Lächeln nicht zurückhalten, als das winzige Rosa-Bündel nach seinem Gesicht greifen wollte. Also beschloss er den Jungen vorerst mit zu seinem Meister zu nehmen. Vielleicht hatte dieser mit seiner über die Zeit gewonnenen Weißheit einen Rat.

"Wo hast du denn das Kind her Ippen?" Meister Kukai war sichtlich verwirrt, als der junge Mönch mit dem Baby im Arm zum Kloster kam. Der Meister hatte schon die blühenden Jahre lange hinter sich gelassen. Er war wie alle Mönche kalköpfig und hatte einen ergrauten Bart, welcher ihn bis über die Brust fiel. Seine Augen waren tiefgründig und wirkten oft sehr traurig. In seinem Gesicht spiegelten sich viele Empfindungen ab und die Falten wurden noch tiefer, als er besorgt seinen jungen Schüler und das Kind musterte. Mittlerweile hatte der Kleine sich beruhigt und kuschelte sich erschöpft an Ippens Kleidung. "Er lag einfach dort und niemand war bei ihm. Er ist ganz allein Meister. Er riecht nach Rauch und ist sehr erschöpft." Meister Kukai runzelte erneut die Stirn. "Bist du dir sicher Ippen? Hast du gründlich nachgeschaut ?" Der Jüngere nickte schnell und schaute wieder mit einem Lächeln zum Jungen herab. Ein schweres Seufzen des Meisters legte sich im großen Raum der Eingangshalle und er winkte leicht ab. "Dann soll es so sein. Aber er muss lernen, unseren Bräuchen folgen, trainieren und uns helfen. Erziehe in nicht zu einem Lausebengel Ippen. Ich habe mit deiner Unvernunft schon genug sorgen." Er atmete noch einmal tief durch und nickte langsam wobei sein Bart kurz auf und ab wippte. "Bring ihn erstmal zu mir. Er sieht sehr hungrig aus. Außerdem solltest du ihn baden."

10 Jahre später.

"RAITOU! Raitou nun mach nicht so schnell!", keuchend rannte Ippen hinter den aufgeweckten Jungen mit schwarzem Haar her, welcher einige Meter vor ihm mit dem schweren Holz umherhantierte. Mit seinen 32 Jahren kam er nicht mehr so leicht an den Elan von dem Kleinen an. Ständig war Raitou, so nannten er und Meister Kukai den Jungen, unterwegs und Ippen musste ein gutes Auge auf ihn haben, damit er keinen Blödsinn anstellte. Und das tat er Bengel wirklich oft. Sie sollten etwas Holz holen, da der Winter anrückte und es im Kloster sonst sehr kalt werden könnte. Sie hatten bereits Monate damit verbracht um sich auf die kalte Jahreszeit vorzubereiten. Würden ihnen mehr Spenden zukommen, hätten sie es vielleicht etwas einfacher aber Ippen wollte sich nicht anmaßen irgendetwas zu verlangen oder sich über die Umstände zu beschweren. Außerdem war vor 10 Jahren ein ganzes Dorf abgebrannt und seitdem gab es nur noch wenige Bewohner in dieser Gegend. Sie waren alt und entkräftigt. Die jüngere Generation zog lieber in die Großstadt um ein anderes Leben zu beginnen und sich vielleicht auch einen Namen zu machen. Es kamen noch weniger Reisende als sonst in ihre Gegend. Vielleicht spürten sie auch die drückende Aura um das Tal und die Dörfer? Es gab nur noch sehr wenige Menschen, welche Übernatürliches fühlen, geschweige denn sehen konnten oder überhaupt davon wussten. Immerhin war es die Jahre etwas ruhiger geworden. Ippen erinnerte sich nur dunkel an seine Kindheit, als seine Familie starb und Dämonen die Gegenden verwüsteten. Zu der Zeit als sie noch zahlreicher waren als die Jäger.

"Ich schaff das schon Meister Ippen. So schwer ist das nicht." Raitous rabenschwarze Haare hing ihm strähnchenweise ins Gesicht aber es schien ihm nicht sonderlich zu stören. Die meisten versuchte er weg zu pusten, damit er den Gehweg erkennen konnte. Es sah fast so aus, als hätte er sich einen kleinen Ventilator unters Kinn geklebt, welcher die dünnen Strähnen immer hoch trieb. Er lebte jetzt schon so lange er denken konnte im Kloster und half wo er nur konnte. Für sein Alter war er schon recht groß und durch viel Arbeit im Kloster auch schwere Dinge gewohnt. Außerdem trainierte er manchmal heimlich mit Ippen und lernte Lesen, Schreiben und Kampfsport. Meister Ippen war wie sein Vater, der alte Meister Kukai sein Lehrmeister und die restlichen Mönche Yori, Itsuki und Mako seine Familie. Raitou wusste schon eine ganze Weile, dass er nicht der echte Sohn von Ippen war und er erlernte schnell die Bräuche und Regeln des Schreins. Beinahe täglich fragte er seinen Ziehvater oder Meister Kukai nach seinen leiblichen Eltern und woher er denn genau kam. Ippen aber wusste keine Antwort darauf, doch er erzählte Raitou die Wahrheit; dass er ihn mutterseelenallein gefunden habe und von seinen Eltern nicht die geringste Spur zu finden war. Er vermutete aber, dass sie nicht aus der Gegend kamen und wohlmöglich Reisende waren. Seinen Gedanken aber, dass er vielleicht ausgesetzt wurde weil seine Familie ihn wohlmöglich nicht ernähren konnte, behielt er für sich und hoffte inständig, dass es einen anderen Grund gab.

Gerade als Raitou mit dem Holz vom Waldweg hinunter sprang und leicht schwankend zum Kloster einbiegen wollte, stieß er plötzlich gegen einen großen, breitschultrigen Mann. Mit einem Ruck stolperte er zurück und fiel auf den harten Boden. "Autsch.", ächzte er leise, während sich die Holzscheitel um ihn herum verteilt hatten.

Der große Mann mit schwarzer Kapuze, welche runenähnliche silberne Symbole hatte und einem Wanderstab schaute aus gold-gelbenen Augen zu ihm runter. Anstatt ihm aber aufzuhelfen, schien er ihn eine Weile anzustarren ehe er die Schultern straffte. Raitou konnte sein Gesicht durch den Schatten der Kapuze nicht wirklich erkennen. Der Mann öffnete seinen Mund einen kleinen Spalt und schien überrascht. "Du." Seine Stimme war tief und rau. Kannte er den Jungen? Er selbst konnte sich jedenfalls nicht daran erinnern jemals einem zwielichtigen Reisenden begegnet zu sein, geschweigedenn einen genauer zu kennen. Vielleicht kannte er seine Eltern und sah in Raitous Gesicht das seines Vaters oder seiner Mutter. Obwohl Raitou sich vielleicht freuen könnte einen Anhaltspunkt auf seine Abstammung gefunden zu haben und ihn danach fragen wollte, versiegte seine Stimme und er bekam Angst, als sich der große Mann zu ihm herunterbeugte und leise gegen sein Ohr murmelte. "Alles, alles rächt sich erst nachträglich. Deshalb glauben so viele, dass sie fein raus sind, obzwar sie zehn Jahre später unfein darin sind."

Seine kalten Fingerspitzen legten sich über Raitous linkem Auge. Der Junge konnte sich vor Schreck gar nicht rühren. Ippen schnappte nach Luft, als er den Weg herunter gelaufen kam, den Raitou genommen hatte. Der Reisende fiel ihm dabei sofort auf. Aber was machte dieser Mann dort ? Das ging doch nicht mit rechten Dingen zu! "HE!", rief er laut. "Was machen Sie da !? Gehen Sie von dem Jungen weg !" Er bemerkte erst gar nicht wie unhöflich er reagierte, vielleicht wollte er dem gestürzten Jungen einfach nur helfen. Doch irgendetwas in Ippens Brust zog sich zusammen, als ob er etwas schlimmes vorausahnte. Raitou konnte Meister Ippen kaum hören. Seine Stimme klang gedämpft, selbst als sein Ziehvater näher zu ihnen lief. Sein Körper war wie versteinert. Doch plötzlich und ohne Vorwarnung durchfuhr ihn ein langer und heißer Schmerz. Unkontrolliert und überrascht schrie der Junge auf , taumelte zurück und fasste sich an das Auge, welches der Fremde berührt hatte. Hart stieß er auf den Gehweg und presste sich die zitternden Hände an sein Gesicht. Der Mann aber lehnte sich unberührt wieder zurück und schien zufrieden mit seinem Werk. Er schaute in die Richtung von Ippen, welcher den Weg so schnell es ging hinunter gelaufen kam. Doch ehe dieser die Beiden erreichen konnte, umschlug den Fremden der schwarze Stoff seines Mantels und so schnell wie er auftauchte, verschwand er auch wieder und ließ Raitou mit seinen Schmerzen allein zurück.

Als Meister Ippen bei Raitou ankam, vielen ihm als erstes die schwarzen, geschwungenen Linien über seinem Auge auf. Besorgt kniete er sich zu Raitou herunter und half ihm zumindest auf die Knie. Er sprach ihn immer wieder an aber der Junge konnte ihn kaum hören, geschweigedenn antworten. Die Schmerzen ließen nur langsam nach aber dann wurde ihm schnell übel. Kälte und Dunkelheit umfingen seinen Geist als würde der Tod nach ihm greifen wollen. Es war, als würde sich irgendetwas in seinen Körper drängen und dort seinen Platz fordern. Junge du bist so schwach...Wer bist du, fragte Raitou ängstlich an die raue Stimme und versuchte dabei das vibrierende Brummen zu übertönen. Sie war dunkel und ruhig und schien aber auch ein wenig amüsiert. Ich bin du Junge. Ich bin ein Teil von dir. Ich bin du...

Eine gefühlte Ewigkeit später fand Raitou sich auf dem Futon in seinem Zimmer wieder. Ihm war heiß und kalt zugleich und die Decke fühlte sich so schwer an als wollte sie ihm die Luft nehmen. Langsam gehorchten ihm seine Glieder wieder und er tastete verwirrt nach seinem Auge. Äußerlich spürte er nichts und er konnte auch, trotz der drückenden Dunkelheit, sofern er es beurteilen konnte, normal sehen. Als dann auch sein Gehör wiederkehrte vernahm er aus einem Zimmer am Ende des schmalen Ganges zwei Stimmen. Sofort konnte er sie seinem Ziehvater und seinem Meister zuordnen. Vielleicht sollte er nicht lauschen aber die Geräusche bahnten sich ganz allein ihren Weg in sein Ohr. "Meister! Sie können ihn doch nicht einfach raus werfen! Er ist erst 10 ! Er ist wie mein Sohn!" Meister Kukai winkte entnervt ab. Er war die letzten Jahre so viel schwächer geworden und konnte sich nicht mehr auf lange Diskussionen einlassen. Seine Glieder gehorchten ihm kaum noch und er musste sich setzen. Er hatte lang genug über das Thema nachgedacht seitdem Ippen mit dem bewusstlosen Raitou auf seinem Arm heim gekehrt war. Auch er hatte den Jungen in sein Herz geschlossen aber am Ende siegte doch sein Verstand.

"Die Dunkelheit hat nach ihm gegriffen Ippen. Er kann nicht hier bleiben. Er muss gehen. Solange er es nicht kontrollieren kann, könnte er uns alle auslöschen. Solch eine Macht habe ich noch nie bei jemandem gesehen. Eine große Macht und dunkel zugleich." Obwohl Ippen wusste, dass sein Meister Recht hatte, konnte er es nicht wirklich akzeptieren. Er lehnte sich verspannt vor, berührte mit der Stirn den Boden und verbeugte sich dann tief vor Meister Kukai. "Ich bitte Euch... Wie soll der Junge damit denn zurechtkommen? Kann er nicht bei uns bleiben? Wir können ihm vielleichten helfen."

Doch Meister Kukai hatte es bereits beschlossen. Und obwohl er genauso wie Ippen den kleinen Raitou liebte, so konnten sie ihn nicht mit dieser Finsternis in sich bei ihnen lassen. Er musste nun einen Weg finden damit umzugehen oder es loszuwerden. Traurig biss sich Ippen auf die Unterlippe. Er entschuldigte sich und zog sich dann zurück. Lautlos schloss er die Schiebetür zu Meister Kukais Raum und auf leisen Sohlen schlich er den schmalen Gang entlang. Als Raitou seinen Schatten erkannte, schloss er schnell die Augen und tat so als würde er schlafen. Ippen legte seine Hand an den Rahmen und flüsterte leise in die Dunkelheit zu seinem Ziehsohn: "Du bist wirklich stark Raitou. Bitte vergib mit." Mit einem leisen Knarren schloss sich die Tür wieder und die Schritte entfernten sich. Raitou wagte es nicht die Augen zu öffnen. Seine Gedanken überschlugen sich und es bildete sich ein dicker Kloß in seinem Hals. Wie sollte er denn allein zurechtkommen ? Wo sollte er leben? Während er darüber lange nachdachte fiel er in einen unruhigen Schlaf, gefolgt von einem drückenden Albtraum in dem er immer wieder die beängstigend ruhige Stimme vernahm. Sie drängte ihn und flüsterte bedrohliche Worte, ehe sie plötzlich schnell die Stimmung wechselte und ihn trösten wollte. Raitou erkannte die doppelzüngigen Worte. Am liebsten hätte er sich das "Etwas" aus sich geschnitten. Und nun sollte es ein Teil von ihm sein ? In seinem Traum versuchte er die Stimme in eine Kiste zu sperren doch noch immer vernahm er die nun belustigsten Worte seines anderen Ich's wie es sich selbst nannte. Kühl blickte Raitou auf die Kiste. "Ich werde einen Weg finden dich zu vernichten." Doch es lachte nur.


Nachwort zu diesem Kapitel:
--- Das Buch ist abgeschlossen~ Ich überarbeite es gerade und lade es Kapitel für Kapitel hoch. Ich würde mich sehr über Kritik freuen und wenn euch etwas Inhaltliches auffällt, schreibt es mir doch bitte <3 Ganz lieben Gruß und viel spaß beim Lesen - Eure Yuyu --- Komplett anzeigen

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