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Separation [inFamous: Second Son]

von

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Brummend drehte sich Delsin auf der harten Matratze auf die Seite.
 

Es war dunkel, es war spät, er war furchtbar müde, doch es war so laut, dass an Schlaf nicht zu denken war.
 

Kampfgeräusche waren ein paar abgetrennte Räume weiter zu hören. Klirren, Scheppern, Schwerthiebe, Rascheln, Schreie. Delsin hielt sich den Kopf und zog sich seinen Beanie über Gesicht und Ohren.
 

Als er sich dazu entschieden hatte bei Eugene vorbei zusehen und dem Kleinen eine Zockernacht anzubieten, hatte er das Durchhaltevermögen des Nerds in dieser Sache weit unterschätzt.
 

Nach wenigen Stunden schon knickte Delsins Konzentration ein, die schrillen Farben, das Gedudel, die hektischen Bewegungen auf dem Bildschirm, es strengte ihn an, im echten Leben fand er sich besser in so etwas. Dämonen bekämpfen, holde Jungfrauen retten. (Dass es ihn noch zusätzlich frustrierte, dass Eugene ihm ständig den digitalen Hintern versohlte, versuchte er gekonnt zu ignorieren.)
 

Eugene hatte sich natürlich erst aufgewärmt, als Delsin bereits kapitulierte. Und der Gamer hatte kein Problem damit einfach weiter zu spielen, während der Akomish sich kaputt zurückzog.
 

Nun lag er da. An die Decke starrend. Es dauerte nicht lange und seine Gedanken schweiften ab.

Er hasste es, hier im Stillen zu liegen. Fast still, es kam ihm vor als würde das Gedudel nebenan leiser werden. Vielleicht war Delsin aber auch nur zu sehr in seinem eigenen Kopf gefangen.
 

Es war dieses beklemmende Gefühl, welches jedes Mal erneut an ihm hoch kroch, wenn er alleine war.

Ohne Lachen um ihn herum. Ohne Menschen. Ohne seine Familie. Betty. Fetch. Eugene.
 

...Reggie.
 

Er vermisste ihn. Er vermisste ihn so sehr. In Momenten wie diesem traf es ihn immer wie ein Schlag. Er war nicht mehr da.
 

Delsin drehte sich erneut. Sein Kopf schwirrte und er sank in einen unruhigen Schlaf.
 

Ehe erneutes Geschepper ihn wach riss.
 

Er wusste nicht woher er die plötzliche Kraft nahm, aber mit einem Mal sprang der Conduit auf die Beine, stampfende Schritte brachten ihn aus dem separaten Bereich, dunkler Rauch und ein sanftes Glühen begleiteten ihn.
 

„Wenn nicht gleich Ruhe ist, reiß ich dir die Federn einzeln aus den Flügeln!“
 

Barsch trampelte er zu den Fernsehern. Licht flimmerte ihm entgegen und beleuchtete die verlassene Couch. Schneerieseln bedeckte jeden einzelnen Monitor. Flackernde Pixel waberten ungesund über die Mattscheibe. Das statische Rauschen wurde in unregelmäßigen Abständen schrill abgewürgt.
 

„Eugene?“
 

Delsin bekam keine Antwort.

Er massierte sich seufzend die Nasenwurzel, direkt unterhalb der genervt zusammengezogenen Braue.

„Ich bin echt zu müde um mit dir Verstecken zu spielen, Gameboy. Ich weiß nicht, was du diese Nacht noch vorhast, aber ich hab jetzt n heißes Date mit Lady Sandmann, also Gute Nacht.“
 

Er hatte ein seltsames Gefühl im Bauch, eine übel erregende Mischung aus Angespanntheit und Sorge, die er sich nicht erklären konnte.

Sein Beschützerinstinkt schrillte und er hielt ein Augenrollen zurück.

War es das was Reggie immerzu gefühlt hatte, wenn Delsin wieder Dummheiten angestellte?
 

Gott, er entwickelte sich noch zu einer Glucke.
 

Mental winkte er ab, wand sich weg, während er etwas Licht von der Neonröhre über sich abzog und schlenderte wieder Richtung unbequeme Matratze, als er mit dem Fuß gegen etwas stolperte. Zwei riesige, holpernde Schritte mit viel pinkem Neonlicht später blickte er hinter sich auf den Boden.

Nur schemenhaft war das schimmernde Schwert dort auszumachen.
 

Das super limitierte, zertifizierte original spezial extra Ding aus...wie hieß das Spiel nochmal? Delsin hatte es vergessen.

Aber er hatte nicht vergessen, das dieses Ding Eugene die Welt bedeutete und dass es...wie alles hier, seinen eigenen Platz hatte. Und der war definitiv nicht dort auf dem schmutzigen, staubigen Boden.
 

„Scheiße.“
 

Der schrillende Beschützerinstinkt schwoll heftigst an, angetrieben von dem unwohl pochendem Gefühl in seiner Magengegend. Pinkes Licht erhellte das Domain, als Delsin vorpreschte, um die Ecke, vorwärts, alles verschwamm für einen kurzen Moment und blieb verwaschen in seinen Augenwinkeln hängen, dann abrupter Stopp.

Große Augen blickten zu dem leeren Bett, die Decke lag unordentlich am Fußende, halb aufgeschlagen, die linke Ecke zerknüllt auf dem Holzbrett.
 

Die Stapel Kartons neben der verschobenen Matratze waren umgeworfen, der Inhalt – die hässlichen gelben Westen - wahllos verstreut auf dem Boden, daneben ein paar CD's. Alles schrie geradezu nach Kampf. Nach Flucht. Delsins Herz schlug schneller.
 

Er drehte sich im Raum herum. Das unregelmäßige Flackern von den Bildschirmen ließ den Ort mit einem Mal gespenstisch und verlassen aussehen. Die dunklen Schatten in den Ecken wirkten größer und tiefer.
 

„Eugene!“
 

Er hätte gemerkt, wenn Eugene Schwierigkeiten gehabt hätte. Er hätte einen Kampf nicht überhören können. Er hatte kaum geschlafen, niemand wäre einfach unbemerkt ein oder aus gegangen. Delsins Gedanken wirbelten hektisch, genauso wie sein Blick erneut durch den Raum.
 

//IHR SEID UNWÜRDIG//
 

Die tiefe metallische Stimme drang dröhnend an sein Ohr, ruckartig drehte Delsin seinen Kopf zu ihrer Quelle.

Die linke Metalltür, sonst stets verschlossen, hing nun offen und gab die Sicht in den schmalen Gang frei. Die Gestalt am Boden glühte, Pixel flimmerten um sie herum und mit einem leuchtenden Schub brachte sich der Akomish auf dessen Höhe. Kritisch wog Delsin den Kopf hin und her, betrachtete die Jacke mit dem leuchtenden DUP Zeichen.

Es war ein Mann mittleren Alters, auf dem Bauch liegend, die Augen standen offen. Er bewegte sich nicht, nur seine Gestalt im Ganzen schien irgendwie....zu vibrieren. Er streckte die Hand aus, berührte die Schulter, doch er griff ins Leere.

Blaue Pixel waberten um seine Finger, prickelten auf seine Haut, ehe der Unbekannte mit dem Geräusch eines ausgeschalteten Fernsehers verschwand.
 

Delsin seufzte.

Langsam erhob er sich und nur vorsichtig ging er den Korridor entlang, begleitet von einem kleinen runden Neonlicht in seiner Handfläche und aufflackernden Körpern neben ihm.
 

//IHR SEID U-U-U-UN-WÜRDIG//
 

Delsin wusste, das war kein Stottern in der Stimme. Vielmehr ein Defekt. Eine Störung. Eine fehlerhafte Audiodatei, die nicht richtig abgespielt wurde. Fehlerhafte Dateien, die um ihn herum auftauchten und verschwanden. Sie schwebten in verschiedenen Ebenen. Nicht nur ein einzelner DUP Officer. Weitere. Alle schwebten sie leblos im Raum, rührten sich kein Stück. Nur die Pixel verschoben sich.
 

„E-es....es waren z-zu viele...“
 

Der pinke Schopf vor ihm zog sofort seinen Blick auf sich. Fetch lag da. Und auch wenn sein Verstand geradezu schrie, dass dies nur Fiktion war, sein Innerstes krampfte dennoch für einen kurzen Augenblick.

Wenige Schritte später und das eigene Gesicht auf knapper Augenhöhe ließ ihn einen Moment stoppen.

Es war bizarr. Es war befremdlich. Es war wie ein Autounfall. Man sollte nicht hinsehen, doch waren die Augen erst einmal darauf fixiert...
 

„...i-ich konnte nicht...“
 

Das leise Schluchzen ließ Delsin sich unter seinem leblosen Abbild wegducken und weitergehen. Das sanfte Glühen aus seiner Hand erreichte Eugene keine drei Schritte später.

Er saß mit dem Rücken zur grauen Betonmauer, die Knie nah bei sich, die Kapuze tief hinunter gezogen, die Hände ins Gesicht gedrückt, die gesamte Körperhaltung angespannt und verkrampft.
 

„'Gene...?“
 

Blaue Flügel schoben sich in Sekundenbruchteilen wie eine massive Wand zwischen ihnen beiden und Delsin sprang vorsichtshalber einen Schritt zurück.

Doch der Sicherheitsabstand sollte nicht lange währen, als sich der Conduit bereits wieder nach vorn lehnte. Die digitalen Schwingen verblassten, zuckten kurz auf, ehe sie sich in Einzelteile auflösten.

Delsin ging in die Hocke, duckte seinen Kopf noch ein wenig mehr nach unten und versuchte zwischen Eugenes Finger hindurch auf sein Gesicht zu spicken.

Es war nicht schwer zu erraten, dass der Gameboy weinte.
 

„Hey du Trauerkloß. Was ist passiert?“
 

„I-Ich konnte nicht....ich wollte nicht....zu viele...//UN// würdig...“
 

Eugene haspelte unverständliches. Stammelte zusammenhanglose Sätze, die Delsin nicht begriff. Der Teen Angel hatte ihn nicht einmal wirklich wahrgenommen.

„Was ist los Kumpel?“

Eugene schreckte zurück, ließ die Hände sinken und blickte mit wässrigen großen blauen Augen auf. Ohne von einer Brille umrahmt lugten sie unter der Kapuze hervor und starrten Delsin entgegen.

„D-Delsin?“

Der Akomish grinste keck.

„Kennst du hier unten vielleicht noch jemanden, der so gut aussieht?“

Der Gamer ging gar nicht darauf ein. Stattdessen wich er dem forschendem Blick aus und nestelte an seiner Brille herum, die er sich schnell und ungeschickt auf die Nase setzte.

„Also....sagst du mir jetzt warum du hier im letzten Eck sitzt oder soll ich dich einfach weiter deiner Pixel-Albtraum-Show überlassen?“

„Es...es ist nichts.“ Der junge Conduit biss sich auf die Lippe und strich sich nervös über die Unterarme.

„Mhm. Ich kann ja den Kerl weiter hinten fragen....der, der erschreckend Ähnlichkeit mit mir hatte.“

Er zeigte mit dem Daumen hinter sich, während sich eine Augenbraue fordernd nach oben zog.

„Uhn....Delsin, wirklich...ich wollte ni- ...es tut mir leid. Vergiss' es einfach.“
 

Delsin knurrte leise auf. „Einen Scheiß werd ich.“ Er beugte sich ein Stück weiter vor.

„Was war das? Diese DUP-Officer, Fetch und...ich?“

Eugene schüttelte nur den Kopf. „Tut mir Leid.“ Langsam stand er auf und Delsin erhob sich ebenfalls, den Blick noch immer argwöhnisch auf seinen Freund gerichtet.
 

„Dieses Loch hier tut dir nicht gut.“
 

Eugene war nur wenige Schritte den schmalen Gang entlanggegangen und blieb sofort wieder stehen.

„I-ich fühl mich hier sicher.“
 

Delsin schnaubte. „Seh' ich.“

Schweigen.

„Jetzt red' mit mir mann! Komm schon!“ Der Akomish tippelte unruhig auf der Stelle, quengelnd wie ein ungeduldiges Kind.
 

„Ich kann nicht...“
 

Delsin starrte weiter in den Gang hinein. Die kleine Neonkugel in seiner Handfläche ließ ihr Licht flackernd auf die Wände scheinen.

„Wovor hast du Angst? Dass sie hier reinkommen? Dass sie uns mitnehmen? Umbringen? Einkittchen? Kleine Experimente an uns durchführen?“

„Hör...auf.“

„Die Stadt gehört uns, 'Gene. Da draußen ist das richtige Leben, Freiheit. Und du verkriechst dich schon wieder hier in deinem Kaninchenbau und wartest nur darauf, dass die Herzkönigin dich findet.“

Delsin trat an den Gamer heran, er legte seine Hand kumpelhaft auf den schmalen Rücken ab. Eugene zuckte.

„Es wird andere geben. Andere die...ich kann nicht nochmal...i-ich schaff das nicht.“

„Du hast Schiss, dass sie dich einsperren. Aber im Grunde machst du das schon ganz gut selbst. Das hier ist dein Gefängnis.“

Erneut blickten blaue Augen zu Delsin hoch.

Sie waren noch immer groß und ängstlich, doch sie schienen auch ein wenig zu glühen.

„Du hast keine Ahnung von einem Gefängnis.“

„Und du hast keine Ahnung wie man richtig lebt. Unsere Touren um die Dächer hatten dir doch gefallen. Wir hätten einmal fast ein paar Mädels aufgerissen, ich dachte wir hätten Spaß?“

Delsin boxte dem Kleineren gegen die Schulter und Eugene lehnte damit automatisch zur Seite. Er blieb so stehen und nestelte an seinen Ärmeln.

„Ich hab Spaß hier. Ich hab meine Spie-“

Der größere Conduit jaulte auf. „Das ganze Leben ist ein einziges Scheiß Spiel!“
 

Eugene schwieg abermals für einen Moment, ehe er sich um seinen Freund herum wand.

„Tut mir Leid, dass ich dich geweckt habe.“

Ohne ein weiteres Wort drehte sich der Gamer um und Delsin starrte ihm einige Sekunden hinterher. Er hatte abgeblockt. Mehr schlecht als recht. Er fraß es in sich hinein, aber Delsin war nicht bereit dabei zu zusehen.

„Hey, wir sind noch nicht fertig.“ Mit einem Schub brachte er sich vorwärts, grob griff er nach dem Handgelenk und zog daran. Kaum spürte er den Stoff an seinen Fingern, wusste er, er war zu weit gegangen.
 

Pixel schossen dem Akomish um die Ohren, brausten von unten seinen Körper entlang. Er ruderte mit den Armen und dann blendete ihn gleißendes Licht.

Die Enden der riesigen Flügel gingen weit über sein Blickfeld, die Wände des engen Ganges hatten sich verschoben und verloren sich im Dunkel.

Eugene flackerte.

Delsin konnte ihn zwischen den Pixeln des Engels erkennen.

//DA DRAUßEN LAUERT GEFAHR. TOD. ES STERBEN MENSCHEN. CONDUITS. EIN KAMPF IST GEWONNEN, ABER DER KRIEG WARTET. UND ER WIRD SEINE OPFER FORDERN//

Die Stimme vibrierte durch Delsins Körper. Er konnte es sehen.

Die Truppen des DUP's. Die Engelscharen. Die Dämonen. Das riesige weite Feld, das in Flammen stand.

„Der DUP Officer...du hast ihn getötet.“

Das Abbild des Engels verzog sich.

//ES GAB KEINE ANDERE MÖGLICHKEIT//

„Es war dein Erster.“

//ES WAREN ZUVIELE//

„Du hattest Angst.“

Die goldene Rüstung war kaum mehr zu sehen.

//SIE HÄTTEN NICHT ANGREIFEN DÜRFEN//

„Sie wollten dich wieder einsperren.“

Glühender Schmerz stach Delsin in die Arme, wie heiße Nadeln unter die Haut.

Stromstöße durchzuckten ihn, nahmen ihm seine Kraft. Es dröhnte in seinen Ohren, Blut rauschte durch seinen Hals und schnürte ihm die Kehle zu. Er konnte nicht atmen, seine Augen rollten nach hinten, die brutale Bilderflut in seinem Kopf erdrückte ihn, sein Bewusstsein wandelte am Rande der Schwärze.

Blind griff er nach vorne, das Neonlicht drang kaum durch die Pixel und doch schaffte er es, klammernd hielt er sich an ein Stück Stoff.
 

Der reißende Schwarm unter ihm verebbte so abrupt, wie er aufgetaucht war.

Nicht länger mehr in der Luft gehalten, landete Delsin unsanft auf seinen Füßen.

Seine Beine knickten unter dem plötzlichen Gewicht ein, mit einem Schlag war er auf seinen Knien und er schnappte keuchend nach Luft.
 

Sein Sichtfeld war verschwommen, doch er erkannte die dunklen Seitenwände, beleuchtet von unstetem Licht. Es rauschte noch immer in seinem Kopf, laut und durchdringend, die Erinnerungen so klar und deutlich vor Augen, als wären es seine eigenen.

Sofort klärten sich seine Gedanken.

Eugene.
 

Er blickte auf.

Eugene schwebte einige Zentimeter über den Boden, die Flügel zusammengefaltet und verkümmert zwischen den Betonmauern. Finger verkrampften sich in Ärmel, der Leib krümmte sich zuckend unter schnellen Atemzügen.

Delsin sprang eilig auf die Beine.

Er sah was er angerichtet hatte, direkt vor sich, flimmernd und flackernd und es krampfte ihm das Herz zusammen.

„Es tut mir Leid.“ Er ging auf den Gamer zu, schnelle kleine Schritte, die ihn vorsichtig näher brachten.

Er griff durch die Pixel hindurch und fasste behutsam nach dem Conduit, zog ihn in einer fließenden Bewegung zu sich.

„Es tut mir Leid, Eugene.“

Die Schwingen verschwanden im Nichts, verdunkelte den schmalen Gang und Delsin fing den fallenden Körper auf. Langsam ging er in die Knie, setzte sie beide auf dem Boden ab.

Eugene atmete unkontrolliert, panisch, die warme Luft streifte Delsins Nase.

Der Akomish hielt das blasse Gesicht mit seinen Händen. Seine Finger verhakten sich im Nacken, hielten ihn aufrecht, während sein Daumen behutsam über die noch immer feuchte Wange strich.

„Shhh, alles okay 'Gene. Sieh' mich an. Atmen. Eugene, atme.“

Forsch drückte Delsin seine Stirn gegen die des Kleineren und brachte die Kapuze damit dazu hinunter zu rutschen, schmale Hände klammerten sich Halt suchend an seine Arme.

„Ich bin da, alles ist okay. Hörst du? Ich bin da.“
 

Der Knoten in Delsins Brust lockerte sich nur langsam mit jedem etwas weniger rasselndem Atemzug, den Eugene gegen seinen Hals hauchte.

Der Teen Angel war regelrecht in seinen Armen kollabiert und der Akomish wagte es nicht an ein Loslassen zu denken.

Noch immer zitterte der Leib.

„...ich....zu viele...Fetch war nicht...ich konnte...“

„Ich weiß.“, unterbrach er den Kleineren sanft, behutsam strich er ihm über das blonde kurze Haar.

Er gab ihm Zeit sich zu beruhigen, zu sich zu kommen und bald war Eugene ganz still geworden.

„Geht's wieder?“

Ein kurzes Nicken war die Antwort und Delsin griff ihm unter die Kniekehlen und stand auf.

„D-Delsin!“ Quäkend beschwerte sich Eugene, weil er einfach hochgehoben worden war, doch nach kurzem Zappeln und einem missbilligendem Schnalzen Seitens des Beanie-Trägers wehrte er sich nicht weiter.

Stumm ließ er sich tragen und mit einer drehenden Handbewegung zog Delsin das Flackern von den Bildschirmen, ließ das Domain im Dunkeln, ehe er in Richtung Matratze einbog.

Er lud den Gamer ab, schüttelte die Bettdecke auf und ließ sie auf die schmalen Schultern fallen, ehe ihre Blicke sich trafen.

Delsin brummte.

„Kein. Wort.“

Gerade wollte der Größere sich abwenden, da erfassten Eugenes Finger seine.
 

Die blauen Iriden wirkten wieder groß, ein wenig ängstlich, fragend blickten sie zu dem Akomish auf.

„H-hey. Kannst du...kannst du hier bleiben bis ich e-eingeschlafen bin?“

Einen Moment lang starrte Delsin ihm entgegen, dann verdrehte er mehr verspielt als richtig genervt die Augen, ehe er wieder einen Schritt näher auf das kleine Bett zu machte. „Du gottverdammtes Riesenbaby. Rutsch rüber.“

Flink wich Eugene mit einem Glitch auf die Seite und es war kaum möglich, dass sie beide genügend Platz bekamen ohne sich nicht auf die Pelle zu rücken, also warf der Größere sogleich seinen Arm um den Anderen.

Der Gamer rollte sich ein wenig ein, das Gesicht irgendwo in Delsins Halsbeuge, halb aus Scham, halb wegen der Wärme, die der Conduit ausstrahlte.
 

Eine ganze Weile lagen sie so da, Delsin war schon fast weggenickt, als Eugenes leise Stimme plötzlich wieder an seinem Ohr ertönte.

„Fetch ist weggelaufen, als das DUP kam. Wir hatten uns halb nach Seattle durchgeschlagen. Ich...ich glaub ich hab sie zu sehr aufgehalten...“

Eine kurze Stille folgte, doch der Akomish drängte nicht, sondern lauschte.

„Sie war einfach weg. Und irgendwie...ich hatte Angst, dass...du auch verschwindest.“

Delsin spürte das kleine Schulterzucken und bei der Bewegung verkrampfte er sich ein wenig.

Diese Worte taten ihm weh. Dass Eugene so dachte tat ihm weh.

„Geez 'Gene.“

„Es...es ist...ziemlich kindisch, was?“

Das nervöse Lachen ließ Delsin den Kopf schütteln.

„Kindisch? Harvest Moon in deinem Regal ist kindisch. Oder die Sims. Das ALLERERSTE mann!“

„Ah...es kam raus bevor...also, uhn...ich bin eben nostalgisch.“

Eugene schien sich noch ein wenig mehr einzurollen und der Größere hielt seinen Arm weiter beschützend um ihn.

„Mhm.“ Delsins Gesichtszüge wurden ernst. „Hör zu. Ich wusste nicht, dass...ich meine...ich hab nich' gecheckt, dass dich diese Reale-Welt-Sache noch so fertig macht. Das Letzte was ich will ist...dich zu irgendetwas zu zwingen.“

Eugene schluckte hörbar.

„....t-tut mir Leid.“

Der Akomish drückte seine Stirn gegen Eugenes, welche mit einem lauten Bong aufeinander trafen, eine Kopfnuss die gesessen hatte.

„Du entschuldigst dich hier für gar nichts.“

Laut und geräuschvoll, fast schon gestresst schnaufte der Conduit aus.
 

„Hey.“ Die Stimme eben noch grob, nahm sanftere Züge an. „Ich werd' nicht verschwinden. Niemand wird dich von hier wegholen, klar? Du sollst dich hier sicher fühlen und ich werd' alles dafür tun, dass das so bleibt.“

Er stupste den Gamer an.

„Ich brauch euch. Dich. Fetch. Betty.“ Und Reggie.

Abermals atmete Delsin hörbar aus.

„Nach Reggies Tod...ich kann einfach nicht alleine sein, mann. Mit Fetch durch die Straßen rennen, mit dir über die Dächer fliegen...es lässt mich vergessen wie still es im Langhaus geworden ist.“

Es war nicht mehr dasselbe dort. Betty gab sich alle Mühe, aber es konnte das Loch nicht füllen.

Niemand pampte ihn an, wenn er die Wände vollschmierte, niemand regte sich auf, wenn er die Klobrille nach dem Pinkeln nicht herunterklappte, niemand sagte ihm, was für ein nerviger kleiner Bruder er doch war und dass er endlich vernünftig und erwachsen werden sollte.

„Er fehlt mir.“
 

Eugenes ruhige Atemzüge waren das einzige Geräusch im Raum.

Delsin drückte sich ein wenig weg, betrachtete das schlafende Gesicht vor sich. „Das is nich' dein Ernst oder?“

Die Augenbraue des Akomish tanzte hoch bis unter den Rand des Beanies.

„Da schüttet man mal sein Herz aus und währenddessen sabbert der Engel einem seelenruhig auf die Jacke.“

Vorsichtig hob Delsin die Hand und klaubte sich die Brille von Eugenes Nase. Mit einem sanften Klappern legte er sie zur Seite, ehe er den Arm wieder um den Kleineren schlang.
 

„Ich hab schon einen Bruder verloren, ich lass nicht zu, dass sie mir noch einen nehmen.“
 

Delsin schloss die Augen, leicht lächelnd, während sich leuchtende Schwingen um sie beide legten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2018-12-31T21:26:23+00:00 31.12.2018 22:26
Aww, dass war ein süßer OS! <3
Mir hat alles sehr gut gefallen.
Du hast die Charaktere sehr gut getroffen. :3

Lg
Von:  Loomis
2014-07-27T18:36:08+00:00 27.07.2014 20:36
Ich bin echt froh, hier eine inFamous: Second Son Fanfic gefunden zu haben und dann auch noch so eine gute, mit gewissen Maß an Slash dabei. Ich bin begeistert!

Dein Schreibstil gefällt mir wirklich gut. Er ist flüssig und toll zu lesen. Dazu finde ich, dass du die Charaktere super beschrieben hast und ich konnte mir wirklich vorstellen, was dort alles passiert war. Die Szene, als Delsin Eugene zu sich gezogen hatte fand ich wirklich toll! Und da ich finde, dass es doch etwas schwer ist, Charaktere wie Delsin in einer Fanfiction rüber zu bringen, finde ich, dass du es sehr gut hinbekommen hast!
Und das mit Reggie... Gott. Als er gestorben ist, hätte ich echt am liebsten geheult, weil ich Reggie wirklich geliebt habe! Er war die Stimme der Vernunft, die seinen Bruder trotz allem über alles geliebt hat. Und ich finde es super, dass du ihn auch erwähnt hast und alles wieder hoch kommen gelassen hast (:

Wenn weitere inFamous Fanfictions von dir raus kommen, muss ich sie unbedingt lesen! :D

lg. Juicy
Von:  Souffrances
2014-06-22T21:45:55+00:00 22.06.2014 23:45
Achherje, das Endbild in meinem Kopf mit den Schwingen gibt mir den Rest ey xDD
Das ist kein Fluff, das is Fluff over 9000!!!
Wunderprächtig autentisch geschreiben q3q Wahres Kopfkino und unglaublischschön fomuliert. Alles sitzt. Alles passt. So solls sein!


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