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Boys Don't Cry

Sailor Bennoda vs. Tentakelmonster
von

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„... Und nun?“
 

Chester zuckte bloß mit den Schultern und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
 

„Irgendwas müssen wir doch, uh, machen können... ich mein... wir können nicht nichts tun...“
 

„Hm. Weiß nicht.“
 

„Du weißt nicht?“
 

Er zuckte erneut mit den Schultern. „Es ist schließlich auch passiert, ohne dass wir irgendwas getan haben. Vielleicht macht es sich dann auch irgendwie von selbst wieder rückgängig. Und wir machen's nur schlimmer, wenn wir was unternehmen.“ Er blickte zu Mike, der ihn bloß fassungslos ansah und den Kopf leicht schüttelte, und seufzte. Zuckte ein drittes Mal mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ich mein ja nur. Ich hab jedenfalls noch nie von so was gehört und auch, als ich heute morgen erst mal gegooglet hab, hab ich nichts gefunden. Wüsst jetzt auch selbst nicht, wie man so was wissenschaftlich erklären können sollte. Erst recht nicht als was, was mal eben über Nacht passieren kann. Und wenn's so aus wissenschaftlicher Sicht null Sinn ergibt, aber auch wirklich absolut null Sinn-“
 

„Joe meinte mal, bei manchen Fröschen gibt’s das auch. Keine Ahnung, ob mal eben so über Nacht, aber... nun, es passiert. Irgendwie.“
 

„...“
 

„Was?“
 

Chester schüttelte den Kopf und murmelte dabei ein leises „Wir sind doch keine Frösche“, während sein Blick auf die Körbchengröße B, mit der er an diesem Morgen aufgewacht war, fiel.
 

Inzwischen wusste er, dass es ihn auch schlimmer hätte treffen können – Mikes Vorbau schätzte er auf eine üppige D, vielleicht sogar Doppel-D – aber glücklich war er nach wie vor nicht. Erst recht nicht, wenn er an die Veränderungen, die zwischen seinen Beinen passiert waren, dachte. Wobei er immerhin nicht in einer kleinen Blutlache aufgewacht war, so wie sein bester Freund, der sich nach wie vor nicht von diesem Schreck erholt zu haben schien, sich allerdings immerhin nicht mehr im Bad verschanzte, nun, nachdem seine Frau ihn mit einer Binde und einem Wärmepflaster für seinen Bauch versorgt hatte. Dafür war er nun verwirrt, all die Jahre nie bemerkt zu haben, dass Anna überhaupt solche Wärmepflaster besaß, und noch verstörter, als er erfuhr, dass sie vor der Geburt ihres Ältesten neben eben jenen Pflastern auch die eine oder andere Schmerztablette gebraucht hatte, um während „dieser Zeit“ (Anna hatte bloß stumm die Augenbrauen nach oben gezogen, als klar wurde, dass ihr Mann das Wort Menstruation auch unter größter Anstrengung einfach nicht über die Lippen bekam) überhaupt ihrem Alltag nachgehen zu können.
 

Überhaupt war verstört so ziemlich das treffendste Wort, um Mikes aktuellen Zustand zu umschreiben.

 

Nicht, dass Chester sich sonderlich wohler damit fühlte, wohl auf unbestimmte Zeit in einem Frauenkörper leben zu müssen, aber er war immer schon besser darin gewesen, Dinge als gegebene Tatsachen hinzunehmen und sich mit ihnen zu arrangieren, selbst wenn er keine logisch nachvollziehbare Erklärung für sie finden konnte.

Mike hingegen brauchte es einfach, eine genau bestimmbare Ursache für alles zu haben, erst recht wenn es um Dinge ging, die es zu ändern galt. Damit, dass es für diesen Geschlechtswandel, den er und Chester anscheinend über Nacht vollzogen hatten, nicht mal den Ansatz einer logischen Erklärung gab, kam er beinahe noch schlechter klar als damit, dass sie beide keine Ahnung hatten, wie sie die Sache wieder rückgängig machen konnten.
 

„Wie hat Talinda eigentlich reagiert?“

„Ganz okay. Schätz ich.“

„Schätzt du?“

Chester grinste schief. „Sie war vor mir wach. Meinte später, sie hat zuerst meine Arme gesehen, also, meine Tattoos, und danach erst die Titten. Wär's andersrum gewesen, hätt sie vielleicht anders reagiert, aber so hat sie mich, nachdem sie sicher war, dass sie nicht bloß träumt, halt geweckt und abgewartet, was ich mache. So falls sie Halluzinationen haben sollte oder so. Weil, dann hätt ich ja vermutlich ganz normal reagiert und nicht... nun ja, so, als ob ich im falschen Film bin.“ Er zuckte, wie schon so oft an diesem Tag, mit den Schultern. „Bin dann erst mal ins Bad und hab mir das Ganze im Spiegel genauer angesehen. Sie kam dann nach und-“

„Alles?!“

„Huh?“

Mike starrte ihn fassungslos an. „Hast du dir... nun ja, echt alles angesehen?“

„Uh... klar, ich mein... du nicht?“

„So ganz alles?!“

Chester runzelte leicht die Stirn. „Natürlich ganz alles. Wenn du's genau wissen willst: Ich hab die Beine breit gemacht, mich runter gebeugt und, uh, halt eben zwischen meine Beine durch in den Spiegel geschaut. Und halt geschaut, wie ich da jetzt ausseh. Ich mein, ich musste doch sicher gehen, dass ich zumindest noch irgendwas da unten hab. Also, irgendwas menschliches. Und nicht über Nacht zu nem Alien oder Roboter oder so geworden bin.“

„...“

„Du hast dich echt noch gar nicht angeschaut? … Nicht mal angefasst? So zum, uh, halt schauen?“

Mike verzog unwillkürlich das Gesicht. „Da kommt grad blutiges Zeug raus, ich fass das doch nicht mehr als notwendig an. Wenn das aufgehört hat, vielleicht... irgendwann...“

„Wenn du meinst...“ Chester ließ sich etwas bequemer in das Studiosofa zurücksinken, öffnete die Beine ein wenig und klopfte sich fast schon liebevoll auf den Schritt. „Ich hätt zwar auch lieber meinen Schwanz wieder, aber wenn ich schon ne Pussy haben muss, dann bin ich froh, dass sie wenigstens nett aussieht. Also, zumindest mir gefällt sie. Erinnert mich n bisschen an meine erste Highschool-Freundin. Nicht Elka, sondern die vor ihr. So von der Optik her, mein ich. Und auch allgemein ist alles da und funktioniert auch, soweit ich das ohne eingehendere, uh, Tests beurteilen kann.“
 

Mike öffnete kurz den Mund, um sich nach der Art der Tests, die der andere wohl noch durchführen wollte, zu erkundigen, schloss ihn dann aber unverrichteter Dinge wieder.

 

Nicht, dass er prüde war, aber... er wollte sich nicht groß anfassen oder irgendwas testen, und auch nicht mal über so was nachdenken. Das da zwischen seinen Beinen, überhaupt sein ganzer Körper, war nicht sein eigener. Den kleinen Leberflecken an seinem Kinn, seiner Schläfe und seiner Fußsohle sowie einigen anderen Details nach zu urteilen war das zwar irgendwie alles immer noch er, aber... nun ja, eben nicht im richtigen Körper. Und dabei hatte er lange genug gebraucht, um sich mit diesem anzufreunden und war gerade an einem Punkt in seinem Leben angekommen, an dem er zum ersten Mal so wirklich zufrieden mit seinem Körper war, und was geschah?

Er wachte eines Morgens plötzlich in einem anderen auf.

Einem, der dem entsprach was gemeinhin als "Frauenkörper" bezeichnet wurde. Was bedeutete, dass jeder, der ihn nicht erkannte, ihn als Frau sehen würde, sobald er auch nur einen einzigen Schritt aus dem Haus hinaus wagte. Und dann war da noch seine Stimme... oh Gott... seine Stimme... Chesters Stimme! Die Band! DIE TOUR! Er wurde automatisch blasser und vergrub mit einem schmerzerfüllten Aufstöhnen das Gesicht in den Händen.
 

„Mike? … Alles okay?“

Er schüttelte den Kopf. „In drei Monaten geht die Tour weiter... Was ist, wenn wir das bis dahin nicht wieder irgendwie hingebogen gekriegt haben? Und groß was aufnehmen, zumindest was Vocals angeht, können wir in der Zwischenzeit auch nicht... und Interviews... überhaupt die anderen, wie sollen wir denen das erklären... wie erklärt man so was überhaupt irgendwem, der nicht irgendwie dabei war, als es passiert ist? Fuck... fuck fuck fuck fuck Fuck!“ Er vergrub die Finger in seinen Haaren und zog die Beine an den Körper, um seine Stirn an seine Knie lehnen zu können. „Das kann doch alles bloß ein beschissener Alptraum sein...“

Chester musterte seinen besten Freund einen Moment lang, dann rutschte er näher und legte den Arm um seine Schultern, um ihn sanft etwas an sich drücken zu können, und bemühte sich dabei um einen möglichst beruhigenden Tonfall. „Irgendwie kriegen wir das schon hin. Ich mein, reicht ja, wenn wir erst mal nur einem von den anderen was sagen. Brad oder so. Und der kümmert sich dann um irgendwelche Interviews. Und drei Monate sind ne ganze Weile. Vielleicht hat sich die Sache bis dahin ja auch schon von selbst erledigt, hm?“
 

*
 

„... Wo sind deine Haare?“

„Huh?“

Mike verengte die Augen etwas und deutete mit einem Nicken auf Chesters ausgestreckten Arm, während der andere diesen gerade nach seinem Starbucks-Kaffee streckte, in der Hoffnung, an diesen heranzukommen, ohne dafür aufstehen zu müssen. „Die unter deinen Armen.“

Der Ältere blickte ihn bloß verständnislos an. „Ich hab sie abrasiert.“

„Wieso?“

„Weil Talinda meinte, wenn ich weiter drauf bestehe, dass sie ihre wegmacht, soll ich meine auch wegmachen. Wobei, da ging's um ne andere Stelle, aber dann war ich eh schon mal dabei und irgendwie sah's komisch aus, wenn alles haarig ist außer meiner Pussy, also...“ Er zuckte mit den Schultern und versuchte erneut, seinen Kaffee zu erreichen, bis es Mike zu viel wurde und der ihm den kleinen Pappbecher einfach seufzend rüber reichte.

„Stört es sie nicht?“

„Was?“

Mike seufzte ein weiteres Mal. „Dass du Titten hast. Und 'ne...“ Ein drittes Seufzen folgte, als er sich dabei ertappte, auch nach inzwischen drei Tagen immer noch Probleme zu haben, gewisse Körperteile und deren Funktionen beim Namen zu nennen.
 

Er kannte sie, keine Frage, und er wusste auch, mit ihnen umzugehen... bei Anna... nicht sich selbst, denn da beließ er es nach wie vor bei so wenig Beschäftigung mit seinem aktuellen Körper wie möglich. Aber aussprechen konnte er diese Worte einfach nicht. Vielleicht aus Angst, die entsprechenden Körperregionen dann nicht mehr als sexy empfinden zu können... oder weil es ihm dann vielleicht überhaupt nicht mehr gelingen könnte, zumindest manchmal zu verdrängen, dass er diese Körperteile ebenfalls besaß, wenn auch hoffentlich nur vorübergehend... Er wusste es nicht. Klar war nur, dass er sich von nun an besser verkneifen musste, überhaupt auf dieses Thema zu sprechen zu kommen, da Anna jedes Mal, wenn es ihm nicht gelang, die Dinge beim Namen zu nennen, etwas frustrierter und auch irgendwo enttäuschter von ihm zu sein schien. Irgendwo verstand er sie. Irgendwo aber auch wieder nicht.

Zumindest das hatte sich nicht geändert.
 

„Geht so.“

„Was?“

„Du hast mich gefragt, ob Talinda meine Titten und Pussy stören und ich sagte 'geht so'. Ich mein, Rummachen und Sex sind eh nicht drin, sie steht nicht auf Frauen, aber ansonsten... nun ja, geht’s halt.“

„Hm...“

„Und Anna?“

Mike brummelte irgendetwas Unverständliches in seinen aktuell nicht mehr vorhandenen Bart.

„Huh?“

Er seufzte. „Anna stört's bloß, dass es mich so stört. Sie versteht natürlich, wie scheiße das wegen der Band ist und... überhaupt wegen allem, aber ich glaub, wenn's nach ihr ginge, könnt ich mich 'langsam mal wieder einkriegen'.“

Chester runzelte irritiert die Stirn. „Vermisst sie's nicht, mal wieder n bisschen zu knutschen und zu vögeln und so?“

Die Wangen des Jüngeren verfärbten sich unwillkürlich ins Rötliche. „Uh... wie gesagt... sie stört's nur, dass es mich so stört... und ich mich deshalb nicht unbedingt anfassen lassen will...“

„Heißt das, wenn's dich nicht stören würde, dann würdet ihr...?“

Mike zuckte mit den Schultern. Zögerte. Nickte schließlich und murmelte ein leises, etwas unsicheres „Sie ist da nicht so... also... uhm, sie ist pan“ und richtete seinen Blick, darum bemüht, beschäftigt zu wirken, wieder auf seinen Computerbildschirm. „Soll ich dir mal das Demo vorspielen, das ich letzte Nacht gemacht hab?“

„Anna ist was für'n Ding?“

Er seufzte. Natürlich hatte Chester seinen (vielleicht etwas zu) subtilen Hinweis, dass er mit dem Thema fertig war, nicht mitbekommen. „Pan. Pansexuell. Sie steht auf, uh, alles.“

„Ich dachte, das heißt bi.“

„Auch... irgendwie... aber irgendwie auch nicht ganz, uh...“ Mike verdrehte, genervt von der Hitze in seinen Wangen – die weniger mit der sexuellen Orientierung seiner Frau zu tun hatte, sondern eher mit seiner eigenen, die zu den wenigen Geheimnissen gehörte, in die Chester nicht eingeweiht war – und Chesters stumpfer Neugier, die Augen. „Frag Google. Oder Wikipedia. Hab ich auch gemacht, als sie mir das das erste Mal gesagt hat.“

Der Ältere zuckte bloß mit den Schultern, trank einen Schluck Kaffee und zog dann tatsächlich sein iPhone aus der Hosentasche.

Mike seufzte und wandte sich wieder dem Bildschirm zu.
 

Rutsche ein wenig herum.
 

Streckte sich.
 

Murrte frustriert.
 

Schob seinen Bürosessel so nah wie möglich an den Schreibtisch heran und platzierte – nach einem kurzen Kontrollblick zu Chester, der allerdings zu vertieft in seine Weiterbildung auf gewissen Gebieten war, um irgendetwas anderes um sich herum mitzukriegen – seine unliebsame Oberweite auf dem Tisch, um seinen Rücken etwas zu entlasten.
 

Er verstand nach wie vor nicht, warum Chester dieses Glück haben musste, mit eher kleinen, handlichen Brüsten davon zu kommen, während er mit diesen... Dingern gestraft war, die theoretisch nun auch nicht so groß und schwer waren, aber eben größer und schwerer als sein Rücken es gewohnt war. Anna hatte ihm zwar gesagt, dass in seinem Fall vielleicht schon der richtige BH eine gewisse Entlastung bringen könnte, aber so weit kam es noch, dass er Frauenunterwäsche trug... auch wenn er sich vergangene Woche während seiner... während des unangenehmen Herumblutens, das er inzwischen so gut es ging wieder verdrängt hatte, eine seiner Lieblings-CalvinKleins ruiniert hatte, weil diese bekloppten Binden irgendwie nicht richtig darin halten wollten...

Er würde keinen BH tragen.

Und keine Höschen.

Eher verzichtete er ganz auf Unterwäsche.

Schlimm genug, dass Annas Jeans bequemer als seine eigenen waren und sich eine – wenn auch schlichte – Blümchenstickerei auf der Arschtasche des (im Übrigen ein wenig zu kurzen) Paars, das er gerade trug, befand. Irgendwo war Schluss. Und dieses Irgendwo war beim Thema Unterwäsche. Immerhin passten im manche seiner Pullover und Shirts noch. Seine Hemden... nicht wirklich. Eines hatte er nicht einmal mehr vorne zugekriegt, als er es versucht hatte. Alles saß locker, nur diese bescheuerten Brüste weigerten sich, hineinzupassen.

Chester hingegen hatte es tatsächlich fertig gebracht, sich seine Titten abzubinden und einfach weiter seine üblichen Lieblingsoberteile zu tragen.

Und er passte immer noch in seine Jeans.

Und irgendwie stand ihm das Ganze auch noch.

Selbst der inzwischen leicht herausgewachsene Irokese und die großen Plugs mit Totenkopfmotiv in seinen Ohrlöchern fügten sich nahtlos ins androgyne Gesamtbild ein.

Während Mike für seine eigene Erscheinung eher den nicht wirklich schmeichelhaften Ausdruck „Kampflesbe“ verwenden würde, würde man ihn fragen... und wäre es okay, so was zu sagen... wobei er so gesehen fast schon wieder froh war, dass ihm seine karierten Hemden nicht mehr passten; sonst würde es ihm vermutlich nur noch schwerer fallen, sich derartige Worte zu verkneifen. Er enttäuschte beziehungsweise frustrierte Anna auch so schon genug mit seinen verbalen Ausfällen in Bezug auf den Körper, in dem er momentan festsaß...
 

„Mir ist langweilig.“

„...“

„Lass uns rausgehen. Irgendwas machen. Ne Runde joggen. Einkaufen. So was eben.“

Mike drehte sich wie in Zeitlupe mit seinem Bürosessel um und blickte den anderen düster an...

… der selbstverständlich unempfänglich für seine stumme Botschaft war – wie immer, wenn es darum ging, den Mund zu halten. „Du brauchst 'n paar ordentliche Klamotten. Wenigstens ein oder zwei nette Shirts oder so. So 'n bisschen tailliert.“

„...“

„So siehst du...“, (es schien, als wäre Mike nicht der einzige, der sich gelegentlich gewisse Worte verkneifen musste, während er andere überhaupt nicht über die Lippen bekam), „... uh, deine Pullover sind unvorteilhaft geschnitten. Du hattest immer schon Taille, aber jetzt hast du, uh, mehr Taille eben. Aber halt auch 'n Vorbau und wenn du die Taille da so gar nicht betonst, sieht das aus, als hättest du eben keine. Und das sieht aus als wärst du...“ Chester gingen endgültig die Worte aus.

Mike zog bloß eine Augenbraue nach oben. „Fett? Ist das das Wort, das du suchst?“

Der Ältere grinste entschuldigend und zuckte mit den Schultern. „Uhm... ich würd's stämmig nennen?“

„...“

Er seufzte. „Komm schon, Mike, du kannst dich nicht für die nächsten Monate hier in deinem Studio vergraben. Du musst auch mal in die Sonne, an die frische Luft und so. Und du brauchst 'n paar Klamotten, in denen du dich 'n bisschen wohler fühlst. Und die nicht entweder wie 'ne Wurstpelle oder 'n Kartoffelsack an dir kleben beziehungsweise hängen.“ Er stand auf, ließ sein iPhone in seiner Hosentasche verschwinden, näherte sich dem Schreibtisch, legte seine Hand auf die Maus und begann, sämtliche offene Dateien zu speichern und die entsprechenden Programme zu schließen. „Niemand wird uns beachten. Wie sonst auch. Oder nein, besser sogar, weil uns selbst Fans nicht erkennen würden, wenn wir ihnen über den Weg laufen würden. Alles ganz gechillt.“ Ein letzter Klick und der Rechner fuhr herunter. Chester schenkte seinem besten Freund ein aufmunterndes Lächeln.

Dieser war zwar immer noch alles andere als überzeugt, wusste die Mühen des Älteren jedoch zu schätzen und zwang sich ihm zuliebe ebenfalls ein kleines Lächeln auf, bevor er sich ebenfalls erhob und sich mit einem geseufzten „Na schön, bringen wir es hinter uns“ gemeinsam mit ihm auf den Weg nach unten machte.
 

*
 

„... Ich geb auf.“
 

„Wieso? Falsche Größe?“
 

Der Jüngere schob den Vorrang der Umkleidekabine zur Seite und deutete mit vorwurfsvollem Blick auf sein Dekollete, bevor er seufzend an dem taillierten Hemd, das Chester ihm in die Kabine gehängt hatte, herumzupfte. „Egal, was ich anprobiere, diese blöden Dinger sehen in jedem Oberteil nur noch fetter aus als im vorigen.“ Er blickte sich mit unglücklicher Miene um. „Und überhaupt: Wir sind hier in der Damenabteilung und ich probier Frauensachen an und kauf vielleicht sogar welche, so um sie dann anzuziehen... Ich komm mir vor wie 'ne Dragqueen für Arme!“
 

Chester seufzte und legte dem anderen die Hand auf die Schulter. „Ach komm... Wir sitzen doch im selben Boot. Es ist zwar, hm, echt scheiße, aber es hätte auch schlimmer kommen können.“ Er ließ ein kleines Grinsen sehen. „Stell dir vor, du wärst jetzt keine Frau, sondern ein Tentakelmonster. Oder... hm, 'n Fisch. Wobei, dann hättest du im Bett, ohne Wasser, vermutlich nicht lange überlebt... uh... So oder so, es hätte auch schlimmer kommen können. Immerhin sind wir selbst als Frauen noch ziemlich sexy!“ Sein Blick glitt über den Körper des anderen. „Ich mein, fuck, ehrlich mal, du bist heiß! Jetzt, wo man sieht, dass du 'ne Taille hast... und deine Brüste sind der Wahnsinn...“
 

Mike schob die Hand des Älteren von seiner Schulter. „Wenn das deine Titten wären, fändest du sie nicht mehr so 'Wahnsinn'. Du hast diese perfekten Durchschnittsdinger und auch nicht ganz so 'n fetten Arsch und wenn du dich von deiner Frau bloß eng genug abbinden lässt, gehst du locker weiter als Kerl durch... als schmächtiger Kerl, aber eben immer noch als Kerl. Ich mein, ehrlich, fick dich, Chaz.“ Er deutete auf das locker sitzende Ve'cel-Shirt des Älteren und seine verwaschenen Jeans. „Dir passen deine eigenen Sachen wenigstens noch. Du kapierst das Problem nicht mal. Du bist trotzdem irgendwie immer noch du, während ich bloß noch aus Titten bestehe. Und entweder versuch ich was anzuziehen, damit sie nicht so auffallen, und seh wie 'n fettes Mauerblümchen aus, oder ich zieh was an, was nicht scheiße aussieht, und schon starrt jeder nur noch auf diesen Rieseneuter, den ich da vor mir her schieb! ...“ Er schnippste kurz mit den Fingern, um Chesters Aufmerksamkeit von eben jenem Rieseneuter abzulenken und den anderen dazu zu kriegen, ihm wieder ins Gesicht zu schauen. „Genau das meine ich!“ Er schüttelte den Kopf und zog sich mit einem gemurmelten „Wir sitzen nicht im selben Boot. Du sitzt in irgend'nem Boot, ich paddel nebenher“ wieder in die Kabine zurück und probierte sich durch den restlichen Klamottenstapel hindurch.
 

Es dauerte eine gute dreiviertel Stunde, in der er jedes Teil mindestens einmal, manchmal auch mehrfach anprobierte und daran herumzupfte, bis er immerhin zwei Shirts und drei Hemden gefunden hatte, die seiner Meinung nach zumindest ansatzweise seinen üppigen Vorbau mehr kaschierten anstatt ihn noch zusätzlich zu betonen. Als er anschließend den Vorhang wieder aufzog, um die Sachen, die ihm nicht gefielen, auf die entsprechende Kleiderstange neben den Umkleidekabinen zu hängen, traute er im ersten Moment seinen Augen nicht:

Dort, wo vor nicht mal einer Stunde noch Chester gestanden hatte, stand nun... nun ja, immer noch Chester. Irgendwie. Irgendwie aber auch wieder nicht.

Mike schluckte schwer.

Eins konnte man Chester lassen: Er machte keine halben Sachen. Und wenn sein bester Freund ihm vorwarf, er würde es sich zu einfach machen und seinen neuen Körper einfach kaschieren, dann war es mit einem etwas engeren Shirt allein, um ihm das Gegenteil zu beweisen, nicht getan.
 

Das erste, was Mike auffiel, war, dass der andere das Zeug, mit dem er sich zuvor seine Oberweite abgebunden hatte, durch einen Push-up-BH ersetzt hatte. Statt seinem Ve'cel-Shirt trug er nun ein eng anliegendes, tailliertes und zudem noch recht tief ausgeschnittenes schwarzes Tanktop mit kleinen Nieten aus gebürstetem Metall auf den Schultern. Dazu graue, verwaschene und leicht ausgefranste Jeans-Hotpants und fast kniehohe, schwarze, mit zahllosen Riemen und Schnallen verzierte Lederstiefel. Mit Absatz. Zwar keinen Pfennigabsätzen und auch nicht allzu hoch, aber... auch nicht flach. Hinter ihm auf der roten Couch, die vor den Kabinen stand, lag eine große, dunkelbraune Wildledertasche (in der er vermutlich seine anderen Klamotten untergebracht hatte) und auf dieser ein dünner schwarzer Mantel.
 

Mike wusste nicht, wie lange er wohl mit halb geöffnetem Mund da gestanden und gestarrt haben mochte, bis er endlich wieder etwas von sich geben konnte. Auch wenn dieses Etwas nur aus einem gestammelten „Fuck...“ bestand.

Chester grinste zufrieden, stemmte eine Hand an seine Hüfte und klopfte sich mit der anderen auf seine Brust. „Die Verkäuferin in der Wäsche-Ecke meinte, ich hab den perfekten Busen, der in fast jeden BH passt. Als ich meinte, dass ich upgraden will, brauchte sie nicht mal zu suchen, sondern bloß ins nächste Regal zu greifen.“ Er legte auch noch die andere Hand an seine zweite Brust und blickte an sich herunter. „'N bisschen kleiner als deine sind sie immer noch, aber ich hab getan, was ich konnte. Das einzige, was schwerer war, waren Hose und Schuhe. Mir ist das die letzten Tage gar nicht aufgefallen, aber... nun ja, geschrumpft sind wir ja scheinbar nicht. Die meisten 'langen' Hosen waren mir zu kurz oder lang genug, aber dafür schlabberig. Und find mal Damenschuhe in meiner Größe, ey...“

„Du bist... hochhackig.“

„Das waren die einzigen, die sie hatten, die gut aussahen.“

Mike runzelte die Stirn und schmunzelte. „Kannst du überhaupt in den Dingern laufen?“

Der andere zuckte grinsend mit den Schultern. „Geht so. Seh vermutlich wie 'n Storch aus dabei, aber lieber so als in hässlichen Schuhen. Hatte wirklich keine andere Wahl. Die Schuhabteilung hier ist auch nicht so groß.“ Er blickte wieder zu Mike auf und funkelte diesen stolz an. „Und? Seh ich heiß aus oder seh ich heiß aus?“

Die Antwort waren hochgezogene Augenbrauen und ein anerkennendes Pfeifen. „Du siehst mehr als nur heiß aus.“

Chester grinste zufrieden und ging, nun ja, stakte auf seinen erhöhten Absätzen zu dem anderen und nahm diesem die aussortierten Kleidungsstücke ab. „Die können weg?“

Mike nickte.

„Hast du was gefunden?“

Erneutes Nicken. „Uhum. War aber 'ne schwere Geburt.“ Mike ließ seinen Blick erneut über den Körper des anderen gleiten. „Keine Ahnung, wie du in den paar Minuten 'n ganzes Outfit zusammen gekriegt hast. Sollten wir die Band schmeißen müssen, kannst du jedenfalls immer noch Verkäufer werden. Oder Modeberater. Oder so was in der Art.“

Diesmal war es an Chester, die Stirn zu runzeln. „Ist das dein Ernst? Wenn das alles hier, uh, nicht wieder weggeht, dann willst du die Band schmeißen? Ich mein, unsere Stimmen klingen jetzt anders, aber... also, immer noch gut? Würd ich sagen? Und ansonsten sind wir ja auch immer noch wir...“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich seh das eigentlich nicht ein, wieso wir Linkin Park da einfach aufgeben sollten. Wir können ja ne Weile Pause machen und... nun ja, schauen dann mal.“ Er schmunzelte. „Bis uns was einfällt, können wir ja Remakes unserer bisherigen Alben rausbringen. So alle bisherigen Songs nur eben mit unseren, uh, 'neuen' Stimmen.“ Er klopfte Mike auf den Rücken und grinste. „Und bei A Thousand Suns nehmen wir dann für The Requiem die unbearbeiteten Originalaufnahmen mit deiner alten Stimme. Das wär auf jeden Fall mal ein Projekt, dass es so noch nicht gab.“

Mike blickte ihn einfach nur schweigend an. Als ihm klar wurde, dass Chester das alles vermutlich tatsächlich ernst meinte, seufzte er bloß, schüttelte den Kopf und ging zurück in die Umkleidekabine, um die Sachen zu holen, die er sich ausgesucht hatte, und mit diesen an die Kasse zu gehen. Zumindest das weiße Shirt und das hellblaue Hemd wollte er danach gleich anziehen... wobei...

Sein Blick fiel auf Chesters Busen.

Vielleicht war ein BH doch keine schlechte Idee? … Nicht mal wegen der Form seiner Brüste, aber er fror schnell und noch weniger als Oberweite an sich konnte er Oberweite mit hervorstehenden Brustwarzen gebrauchen... und ein weißes Shirt ohne was darunter war auch allgemein nicht gerade die beste Idee...
 

Kaffee.

Bevor er irgendeine weitere Entscheidung traf, braucht er erst einmal einen Kaffee.
 

Sie bezahlten (kam es ihm nur so vor, oder flirtete die Verkäuferin, die sie beide abkassierte, mit Chester, während sie die Preisschilder seines Outfits, das er natürlich zu faul war noch mal auszuziehen, einscannte und dann entfernte? … ob sie eine Lesbe/bi/wasauchimmer war? … ob sie auch mit Anna flirtete, wenn die hier einkaufte? … ob Anna dann zurück flirtete, so wie er manchmal, gelegentlich sogar versehentlich, mit anderen Männern flirtete? … durfte er sich dann überhaupt darüber aufregen? Bisher hatte er sich immer eher Sorgen darum gemacht, dass seine Frau von irgendwelchen Männern angebaggert werden könnte. Frauen baggerten ja nicht an... eigentlich... hatte er zumindest immer gedacht...?) und machten sich auf den Weg nach draußen.
 

Kaum dass Mike seinen Fuß auf die Rolltreppe gesetzt hatte und sein Blick dabei ein weiteres Mal über Chesters figurbetontes Outfit (nun, wenn er ehrlich war, eigentlich direkt über Chesters Figur, sein Outfit dabei völlig außer Acht lassend) glitt, ging plötzlich alles sehr schnell: Hinter ihm knallte es laut, es folgten panische Schreie, Scherbenklirren, das platschende Rauschen einer sich auf den Boden ergießenden Wassermasse... und ein erneutes dumpfes Platschen.

Das nächste, was er wahrnahm, war das fassunglos gemurmelte „Fuck“ von Chester, dann hatte der ihn auch schon am Handgelenk gepackt und rannte, so schnell seine Absätze es erlaubten, mit ihm im Schlepptau die Rolltreppe hinauf und in Richtung des nächstbesten Ladens, um sich in diesem zu verstecken.

Erst jetzt – darauf vertrauend, dass sein bester Freund schon darauf achtete, wohin sie rannten – wagte Mike es, sich nach dem Ursprung des Angst einflößenden Lärms hinter sich umzudrehen. Mehr als ein ungläubiges „Fuck“ bekam jedoch auch er nicht über die Lippen, als die riesige, gut zwei Meter hohe Grüne Riesenanemone (die ihrem Namen mehr als nur gerecht wurde, so riesig und grün wie sie war) sich über die Scherben, die wohl einmal das Glas des Meerwasseraquariums in der Mitte der Mall, aus dem sie sich befreit hatte, gewesen waren, hinweg walzte und dabei alles, was ihre Tentakel berührten, zu verätzen schien.
 

Und er hatte doch wirklich gedacht, noch bekloppter, als eines Morgens in einem Frauenkörper aufzuwachen, konnte es nicht mehr werden...

„Shit.“

Mike nickte bloß.

„Ich mein... fuck! Shit!“

„... uhum“

Chester wagte einen vorsichtigen Blick über den Tresen der leerstehenden Eisdiele, deren Glastür er gewaltsam eingetreten und -geschlagen hatte.
 

Das grüne Ungetüm war zu nahe an die Rolltreppe gekommen, halb in dieser stecken geblieben und wurde nun von ihr nach oben auf die Etage getragen, in der sie sich versteckten. Es war zum schief lachen. Eigentlich. Wenn das Gummi des Rolltreppengeländers nicht bereits unter der Berührung der Monstertentakel dahingeschmolzen wäre. Und besagte Monstertentakel sich ihnen nicht langsam aber sicher immer weiter nähern würden. Irgendwie nahm die Gefahr, selbst zu nah an diese Dinger zu kommen, der bizarren Situation ihren Humor.
 

Chester ließ sich wieder neben Mike auf den Boden sinken und blickte den Jüngeren Hilfe (oder zumindest Zuspruch) suchend an. „Meinst du, die, uh, Regierung oder so ist schon unterwegs?“

„... Die Regierung??“

Der Ältere zuckte mit den Schultern. „Nun ja, in den Filmen ist es doch die Regierung, die sich mit den Monstern befasst... So die CIA oder irgendwelche Sondereinsatzkommandos und so. Irgendwer wird sich doch inzwischen um so was gekümmert haben. Meinst du nicht?“

Mike zog die Beine an den Körper und ließ seufzend seine Stirn an seine Knie sinken. „Weiß nicht.“ Er fuhr sich überfordert durch das dichte, schwarze Haar. „Das wird mir echt langsam alles zu bescheuert. Vielleicht hatte ich 'n Unfall und lieg jetzt im Koma? … Und das ist alles nur Bullshit, der allein in meinem Kopf passiert? Ich mein...“

„Fuck.“

„Genau. Fuck.“

Chester schluckte schwer und schüttelte den Kopf. „Das meinte ich nicht. Also, doch, ich meinte eher...“ Er schluckte ein weiteres Mal und wagte einen erneuten Blick über den Tresen. „Das Ding kommt näher.“

Mike drehte wie in Zeitlupe den Kopf und starrte den anderen blass aus großen Augen an. „Wie meinst du das, es kommt näher?“

„Es, uh, ist irgendwie aus der Rolltreppe rausgekommen und tentakelt jetzt vor der Tür herum. Und geht da auch nicht wieder weg. Meinst du es sucht was? … Haben solche Dinger überhaupt ein Gehirn, mit dem sie irgendwas suchen wollen können?“

Mike kauerte sich etwas kleiner zusammen und fuhr sich erneut durch die Haare. „Was weiß ich... normalerweise sollten die außerhalb vom Wasser nicht mal überleben können. Kann das Ding aber schon. Wer weiß, was es noch alles kann...“

Chester ließ sich wieder zu Boden sinken und zog sein iPhone heraus.

„Was machst du da?“

„Googlen, ob die Sache hier es schon irgendwie in die Nachrichten oder so geschafft hat. 'Ne SMS an Talinda schicken, dass ich sie und die Kinder liebe, falls wir hier nicht mehr rauskommen sollten. Irgendwie so was.“

Der Jüngere stöhnte leise auf und vergrub den Kopf in den auf seinen Knien verschränkten Armen. „Tu mir den Gefallen und hör auf, so was auch nur in Betracht zu ziehen... Fuck...“

„Huh?“

„Was ist?“

„Ich hab 'ne Benachrichtigung gekriegt, von wegen ich hätt 'ne neue App, die gerade hilfreich sein könnte. Also, steht da genau so drin. Dass sie hilfreich sein könnte, mein ich.“

Mike stöhnte bloß ein weiteres Mal auf und versucht, sich noch kleiner zu machen. „Faszinierend... zum Glück gibt es gerade nichts Aufregenderes, wie irgendwelche Säuretentakel-Monster oder so. Erzähl mir mehr von deiner neuen App...“
 

Im nächsten Moment erfüllte gleißend helles, violettes Licht den Raum.
 

Mike wartete, bis es wieder verloschen war, bevor er einen Blick in die Richtung, aus der es gekommen war, wagte... und sich anschließend einfach endgültig auf den Boden legte und mit einem gequälten „Ich will nicht mehr“ in Embryonalstellung zusammenkauerte.
 

Eines Morgens plötzlich in einem Frauenkörper aufwachen: Verwirrend. Aber vielleicht noch irgendwie mit ganz ganz besonders viel Wissenschaft und Fantasie zu erklären. Wenn man Ahnung hatte. Von was auch immer.
 

Beim Einkaufen von einem giftgrünen Säuretentakel-Monster verfolgt werden: Ein beschissener Witz. Wie aus einem Schlechten Film. Aber auch eventuell mit irgendeiner egal wie weit her geholten pseudowissenschaftlichen Erklärung plausibel zu machen.
 

Aber Chester, der durch das Aktivieren einer neuen iPhone-App plötzlich in einem hautengen, an eine japanische Schuluniform erinnernden Kleidchen mit schwarzem Miniröckchen, violett gemusterter Schleife auf der Brust und über dem Arsch und in schwarzen, geschnürten Overknee-Highheels neben ihm stand und offensichtlich ebenfalls keinen Plan hatte, was gerade vor sich ging? Und der durch seine eigene Verwandlung und den langen, lockigen Pferdeschwanz und komischen Stirnschmuck, die diese ihm außerdem beschert hatte, erst mal so abgelenkt war, dass er erst bemerkte, dass die ganze Leucht- und Glitzernummer das Säuretentakel-Seeanemonenmonster auf ihn aufmerksam gemacht hatte (das aufgrund fehlender Augen doch eigentlich gar nichts von all dem hätte mitkriegen können sollen), als dieses bei seinem Hereinwalzen in ihr Versteck lautstark einen Teil von dessen Glasfassade einriss?

Das war der Gipfel der Absurdität.

Und nicht mal mit aller Fantasie der Welt auch nur im entferntesten logisch nachvollziehbar.

Nie. Im. Leben.

Nicht in hundert Jahren.
 

Never.

Ever.
 

Einfach nur Nein.
 

Das war der Punkt, an dem Mike endgültig den Glauben daran verlor, dass je wieder irgendetwas in seinem Leben Sinn ergeben würde. Selbst wenn er tatsächlich im Koma lag und all diese Ereignisse bloß Hirngespinste waren, dann musste sein Gehirn echt irreparable Schäden von was-auch-immer davon getragen haben, was ja dann dafür sprach, dass er nie wieder aufwachen würde.

Eine Erkenntnis, die eigentlich die ideale Voraussetzung für einen ausgewachsenen Nervenzusammenbruch darstellte.

Allerdings brachte Chesters lautes Fluchen, als er die Säure-Riesenanemone auf sich zukommen sah, ihn glücklicherweise genug aus dem Konzept, um ihn davon abzuhalten, sich noch mehr in seinem Selbstmitleid zu verlieren. Vorsichtig löste er sich ein wenig aus seiner Kauerstellung und bekam so gerade noch mit, wie sein bester Freund – irritierend behände in seinen hohen Absätzen, wie man vielleicht anmerken sollte – einen großen Sprung auf den Tresen machte, um einem der grünen Tentakel auszuweichen, der ihn sonst wohl berührt und damit verätzt hätte.
 

Sollte er Chester irgendwie zu helfen versuchen? Aber wie? Nicht, dass er es bloß schlimmer machte, wenn er sich jetzt bewegte oder irgendein Geräusch von sich gab... wobei es ihm nach wie vor ein Rätsel war, wie dieses Monster ohne Augen oder Ohren oder Hirn überhaupt irgendwas um sich herum wahrnehmen konnte. Zumindest war er sich recht sicher, dass Anemonen keine Sinnesorgane hatten, sondern eigentlich bloß auf dem Meeresgrund oder irgendwelchen Felsen oder Korallen mehr oder weniger herumstanden und darauf warteten, dass rein zufällig was zu Essen vorbei trieb...

Mike verpasste sich gedanklich einen Klaps auf den Hinterkopf.

Er hatte doch gerade schon festgestellt, dass nichts, aber auch wirklich gar nichts mehr noch irgendeinen Sinn ergab. Wieso konnte er dann nicht aufhören, weiter nach einem zu suchen?
 

Chester, der im Übrigen nach wie vor, vermutlich aus Reflex und weil sein knappes Outfit keine Taschen hatte, sein iPhone fest umklammert hielt, wagte indes einen mutigen Sprung vom Tresen auf den nächstgelegenen Tisch. Dann noch einen Tisch weiter. Und noch einen. Die Zeit, die das Monster – das leider den Ausgang versperrte, denn sonst hätte er sich schon längst Mike geschnappt und wäre mit ihm geflohen – brauchte, um aufzuholen, verbrachte er damit, auf den Bildschirm seines iPhones zu schauen und (davon ging Mike einfach mal aus) mit hastigem Herumgewische auf diesem mehr Informationen zu dieser Zauber-App zu bekommen.

Wie so oft kam Mike nicht umhin, Chester dafür zu bewundern, dass er die Suche nach einem Sinn oder zumindest einem Hauch von Logik in den Geschehnissen um ihn herum einfach so überspringen zu können schien, und sich damit abfand, dass die Dinge nun mal so waren wie sie eben waren, und sich mit ihnen zu arrangieren versuchte.

Scheinbar hatte Chester gefunden, was er gesucht hatte, musste allerdings erst einmal erneut einige Tische weit flüchten, bevor sein zeitlicher Puffer wieder ausreichte, um sich auf den Bildschirm seines iPhones konzentrieren zu können. Sein Stirnrunzeln verriet jedoch, dass die Informationen auf diesem auch nicht sonderlich glaubwürdiger waren als die vorangegangenen Ereignisse.

Er seufzte.

Aktivierte die Tastensperre, schob sich das Telefon in den Ausschnitt, sprang erneut einen Tisch weiter, holte tief Luft, schloss die Augen...

… und hielt seine Hand in die Luft.
 

Nichts passierte (davon, dass das Monster weiter munter auf ihn zu walzte, einmal abgesehen).
 

Mike war gerade dabei, sich zu fragen, ob sie nun das Ende der Fahnenstange erreicht hatten, ob es selbst für den absoluten Irrsinn noch irgendwo Grenzen gab, aber das violette Leuchten, das kurz darauf über Chesters Hand erschien, belehrte es eines Besseren. Sollte der Irrsinn irgendwo Grenzen haben, dann hatten sie diese wohl noch längst nicht erreicht...
 

Aus dem leuchtenden Punkt wurde ein Kreis, eine Elipse, diese wurde länger, verformte sich weiter, und kurz darauf landete ein Bogen in der ausgestreckten Hand. Chester gab ein anerkennendes Pfeifen von sich. Scheinbar hatte er selbst nicht wirklich damit gerechnet, dass irgendetwas passieren würde. Es dauerte jedoch nicht lange, bis auch er bemerkte, dass da noch irgendwas fehlte. Ein Bogen ohne Pfeile? Keine gute Waffe. Also hieß es wieder erst einmal ein paar Tische Abstand zwischen sich und das Monster zu bringen.

Womit er sich jedoch geradewegs in eine Ecke und damit Sackgasse manövrierte.
 

Mike wurde unwillkürlich schlecht.
 

Erst recht, als Chester seinen Fehler zu bemerken schien und die Panik, die die Erkenntnis, welche Folgen das für ihn haben würde, in ihm auslöste, es ihm unmöglich machte, genug Ruhe und Konzentration aufzubringen, um weitere Versuche unternehmen zu können, sein Waffenarsenal um die noch fehlenden Pfeile zu erweitern.
 

Mike musste handeln. Eilig kam er auf die Beine und blickte sich nach möglichen Wurfgeschossen um, mit denen er die Aufmerksamkeit des Monster auf sich lenken konnte. Vielleicht folgte es ihm dann ja, wenn er aus der Eisdiele herausrannte, dann saßen sie zumindest nicht mehr so in der Falle, und vielleicht gelang Chester dann doch noch irgendein App-Hokuspokus und-

Mikes iPhone vibrierte. So wie es das auch schon getan hatte, als Chester seines zum ersten Mal aus der Tasche zog und diese Zauber-App entdeckte. So wie eigentlich schon die ganze Zeit. Und so langsam begann es ihm schwer zu fallen, sich weiter einzureden, dass es bestimmt nur Anna war, die ihn darum bat, auf dem Heimweg noch mal einen Abstecher in den Supermarkt zu machen und Klopapier mitzubringen, oder Dave, der mal hören wollte, ob alles okay war, da er sich schon eine Weile nicht mehr bei ihm gemeldet hatte oder Ted, mit dem er sich diese Woche eigentlich mal auf eine Pizza treffen wollte... oder überhaupt irgendjemand aus seinem normalen Leben. Wenn er wirklich ehrlich mit sich war, dann wusste er genau, weshalb sein iPhone tatsächlich vibrierte, nur gefiel ihm dieser wahre Grund so ganz und gar nicht. Deshalb griff er statt nach seinem iPhone auch als nächstes nach einem herumliegenden Hammer und warf diesem nach dem Tentakelvieh, das seinem besten Freund inzwischen erneut ein bedrohliches Stück näher gekommen war. Er traf sogar, allerdings ohne Erfolg – das Monster ließ sich nicht beirren. Er warf weitere Dinge nach ihm: eine Packung Nägel, eine Wasserwaage, einen gottverdammten Stuhl. Er machte Lärm, indem er mit dem Fuß gegen die Metalltür des Kühlfachs unter dem Tresen trat. Nichts half.

Scheinbar hatten sie die Fähigkeiten dieser Monsteranemone doch überschätzt. Man konnte sie nicht ablenken. Nur anlocken. Und das auch nur mit Licht. Gleißend hellem, bunten, einen in ein enges Kleidchen zaubernden Glitzer-Licht.
 

Mit einem resigniert geseufzten „Ich hasse mein Leben“ zog Mike sein iPhone aus der Hosentasche, überflog im Eiltempo die erhaltenen Instruktionen, aktivierte die entsprechende App und kniff in böser Erwartung die Augen zusammen.
 

Im nächsten Moment rauschte ein heißes Kribbeln unter seiner gesamten Haut entlang, die anschließend von einer kühlen Brise umschlossen wurde (Moment, Wind auf seiner Haut? Überall? Oh Gott... er war nackt... wobei, klar, natürlich war er nackt, immerhin zog dieser Hokuspokus-Scheiß ihm ja was anderes an, und natürlich musste das auf eine Art und Weise geschehen, die ihn alles nur noch mehr als es schon hassen ließ. Wäre ja sonst auch zu schön um wahr zu sein gewesen...), während er durch die geschlossenen Augenlider hindurch regenbogenfarbenes Schillern auszumachen vermochte. Ihm war klar, dass er, würde er sich nicht so gegen jede einzelne Millisekunde dieser Erfahrung sträuben, das Ganze vielleicht sogar genießen könnte. Aber er sträubte sich eben und hasste es und wünschte sich immer noch, einfach nur aufzuwachen und sich in seinem alten Leben wiederzufinden.
 

Und somit war der einzige Effekt, den die Sache auf ihn hatte, der, das ihm schlecht wurde.
 

Allerdings blieb keine Zeit, sich erst mal zu übergeben, nachdem der Unfug vorüber war und er sich fertig verwandelt sofort mit der vollen Aufmerksamkeit des Tentakelmonsters konfrontiert sah, das sein Geglitzer und Gefunkel scheinbar bedeutend interessanter als Chesters fand, und sich nun von diesem fort und auf ihn zu bewegte.

In seiner Panik riss Mike den Arm nach oben und hoffte, dass diese Nummer mit den Waffen, die aus dem Nichts auftauchten, vielleicht auch bei ihm funktionierte, auch wenn er, anders als von der App instruiert, nun beim besten Willen nicht in der Lage war, nach irgendeiner „inneren Kraft“ und einem „Glauben an diese“ in sich zu suchen. In solchem spirituellen Krimskrams war er auch so schon nicht wirklich geübt und der Anblick eines sich ihm immer weiter nähernden Riesententakel-Anemonen-Viechs, das anscheinend kräftig Lust darauf hatte, ihn mit seinen grünen Zotten zu verätzen, war alles andere als konzentrationsfördernd. Davon, dass seine Verwandlung scheinbar eine ganze Weile gedauert hatte, weshalb das Monster ihm bereits erschreckend nah war – so nah, dass sein Plan mit der Flucht nach draußen bereits nicht mehr funktionierte – mal ganz abgesehen.
 

Violettes Leuchten.
 

Chesters Stimme, die ihm ein „Duck dich!“ zurief.
 

Er kam der Aufforderung nach.
 

Hinter ihm zersprang die verspiegelte Rückwand eines Regals.
 

„Uh, sorry... Bleib weiter unten!“
 

Es leuchtete noch einmal.
 

Ein lautes Ploff. Glitzerstaub segelte dort, wo eben noch ein riesengroßes grünes Monster gewesen war, auf eine handtellergroße, am Boden liegende Seeanemone herunter, aus der kurz darauf eine Art kleines weißes Ei herauskam, in der Mitte aufsprang, ein paar schwarze Rauchfäden von sich gab, und sich dann auch schon in Luft auflöste.
 

Mike übergab sich direkt auf dieses kleine Schauspiel und sank dann kraftlos auf seinen Hintern.
 

Der enge weiße Body, der schwarze Rock, die kniehohen schwarzen Stiefel und die blau karierten Schleifen lösten sich in Luft auf – was natürlich ebenfalls von einem leichten Glitzereffekt begleitet wurde (wenn er nicht aufpasste, kotzte und schiss er das Zeug demnächst am Ende noch) – und machten wieder den halbwegs bequemen, wenn auch in ihrer Kombination nicht sehr modischen Sachen Platz, in denen er vor wenigen Stunden das Haus verlassen hatte.

Mit Chesters freizügigem „Kampfoutfit“ passierte dasselbe, als der Ältere sich neben ihn kniete und ihm bemüht beruhigend(?) die Hand auf die Schulter legte.

Es dauerte ein paar Sekunden, bis Mike die Kraft aufbrachte, die besorgte Hand seines besten Freundes wegzuschieben, sich wieder auf die Beine zu kämpfen und mit einem tonlos gemurmelten „Ich geh heim. Mich betrinken. Bis die Tage irgendwann“ auf weichen Knien aus der zerstörten Eisdiele heraus zu stolpern – die zitternden Hände tief in den Hosentaschen vergraben und den Blick gen Boden gerichtet.
 

Chester wollte ihm folgen, knickte bei dem Versuch, sich ebenfalls schnell aufzurichten, jedoch mit seinen hohen Absätzen um und kam, als der Schmerz ihm kurz schwindlig werden ließ, letztendlich zu dem Schluss, dass es vielleicht wirklich nicht allzu schlecht war, mal einen Tag Abstand zu halten und die ganze Nummer erst mal in Ruhe sacken zu lassen.
 

*
 

Aus dem einen Tag wurden drei Tage.
 

Drei Tage, die Chester daheim in Phoenix mit seiner Familie verbrachte, und in denen er einfach nicht aufhören konnte, sich zu wundern, wie die Nachrichten dem Tentakelmonster-Vorfall im Einkaufszentrum nicht einmal zwei Minuten widmen konnten; ihn einfach nur als 'allem Anschein nach nicht ordnungsgemäß im Vorfeld bei der Stadt beantragten Dreh eines Low-Budget-Monsterfilms' betitelten, dessen 'Produktionsfirma gebeten wird, sich bei der Stadt Los Angeles freiwillig zu melden, um für die entstandenen Sachschäden aufzukommen'. Im Internet wurde die Angelegenheit für einen gelungenen 'PR-Gag' gehalten und man erwartete mit Spannung eine Aufklärung, für welchen Film damit wohl geworben wurde. Nur hier und da meldeten sich Kritiker zu Wort, die die immer extremeren Marketingstrategien der Filmindustrie alles andere als bewundernswert fanden. Einzelne betrauerten die Fische aus dem zerstörten Aquarium, die dabei ums Leben gekommen waren. Kein einziger zog auch nur ansatzweise in Betracht, dass diese zwei Meter große Grüne Riesenanemone, die sich plötzlich in Luft aufgelöst hatte, vielleicht echt gewesen sein könnte.

Nicht dass Chester, wäre er nicht dermaßen nah dabei gewesen, nicht ebenfalls davon ausgegangen wäre, dass dieses Ding eine Attrappe gewesen sein musste, nur... Nun, er war eben dabei gewesen. Nah. Sehr nah. Beinahe zu nah.
 

Und sein Leben zeichnete sich in letzter Zeit allgemein nicht gerade durch Normalität aus.
 

Es überraschte und erleichterte ihn, dass seine Familie recht gut mit der Situation klar zu kommen schien.

Gut, davon, dass er und Mike sich neuerdings außerdem noch in recht knapp bekleidete Superheldinnen verwandeln konnten, hatte er ihnen bisher noch nichts erzählt... und auch die Tatsache, dass diese Monstertentakelanemone echt und kein mit Gummi überzogener Roboter gewesen war, hatte er lieber für sich behalten, einfach, um zu vermeiden, dass seine Lieben unnötig Angst bekamen... aber damit, dass er als zur Zeit – hoffentlich vorübergehend – einen Frauenkörper inne hatte, arrangierten sich alle soweit relativ erfolgreich.

Talinda nahm es mit Humor, auch wenn es sie sichtlich zuerst ein wenig Überwindung gekostet hatte, im gemeinsamen Ehebett weiter Arm in Arm einzuschlafen. Inzwischen schien sie sich jedoch daran gewöhnt zu haben. Seine Söhne hatten da mehr Probleme (von Tyler, der bloß mit den Schultern gezuckt und ein „Okay“ von sich gegeben hatte, bevor er weiter spielen gerannt war, als er ihm die Sache zu erklären versuchte, mal abgesehen), immerhin waren sie Teenager (oder zumindest auf dem Weg dahin, welche zu werden) und als solche teils albern, teils etwas verklemmt, was Themen wie Geschlechter bzw. Geschlechtsorgane anging. Vor allem Jaimes erste Sorge war gewesen, ob so was vielleicht erblich war (als er erfuhr, dass Mike dasselbe Schicksal widerfahren war, beruhigte er sich jedoch schnell wieder), während Isaiah seinen Dad erst mal fragte, ob er dann jetzt eine Lesbe war, so als Frau, die mit einer Frau verheiratet war und so.
 

Irgendwie wurde Chester das Gefühl nicht los, dass da noch eine Menge Aufklärungsbedarf bestand, allerdings konnte er nicht so wirklich bestimmen, inwiefern.
 

So oder so, als er an diesem Morgen aufgestanden war und zum ersten Mal seit seiner Rückkehr aus L.A. wieder den dort kurz vor der Monsterattacke gekauften BH inklusive dazugehörigem Höschen anzog, anstatt wie die vergangenen Tage in seine gewohnten Shorts zu schlüpfen und sich die unliebsame Oberweite abzubinden, um nicht rund um die Uhr an sie erinnert zu werden, wann immer er an sich herunterblickte, fragte er sich dann doch kurz, wie es wohl weitergehen würde. Die Möglichkeit, für immer in diesem Körper bleiben zu müssen, schloss er von vornherein aus und weigerte sich, auch nur darüber nachzudenken, obwohl er sich schon denken konnte, dass Mike sehr wohl darüber nachdachte. Und dass das einer der Hauptgründe dafür war, dass der andere so bedeutend schlechter als er mit allem klar zu kommen schien... das und die wirklich unmöglich zu kaschierenden Kurven des Jüngeren.

Chester spürte bei der Erinnerung an den Anblick, den Mike in diesem engen Kampfkleidchen, in das er sich während dieser Monsterattacke hinein gezaubert hatte um ihn zu retten, geboten hatte, das Blut in seine Wangen steigen.
 

Er war es ja gewohnt, für den anderen zu schwärmen, aber stets auf (seiner Einschätzung nach) streng platonischer Ebene. Mikes Talent, seine Intelligenz, Zielstrebigkeit, sein Humor, überhaupt seine gesamte Persönlichkeit und eben seine Fähigkeiten beim Songwriting waren das, was ihn so an dem anderen faszinierte. Vielleicht noch sein Lächeln, wegen der perfekten, strahlend weißen Zähne, aber da hörte es auch schon wieder mit den Äußerlichkeiten auf. Aber nun... tja, nun fiel es ihm schwer, weiter zu ignorieren, dass Mike mindestens genauso lange, schlanke Beine hatte wie er selbst. Nur dass diese jetzt, wenn man seinen Blick an ihnen hinaufgleiten ließ, in einem ziemlich wohlgeformten Hintern mündeten, der unter anderen Umständen vielleicht schon als etwas zu breit beziehungsweise üppig gelten würde, gäbe es da nicht... nun ja, gäbe es da nicht diesen Wahnsinnsbusen. So passte es dann wieder. Und wie es passte. Kurzum: er konnte nicht abstreiten, dass Mike als Frau sexy war. Sehr sexy. Irre sexy.
 

Und trotzdem war er eben auch immer noch Mike.
 

Mike mit seinen kleinen, teilweise versteckten Leberflecken. Mike mit seinen schmalen Handgelenken und langen Fingern. Mike mit seinem dichten, irritierend weich wirkendem Haar und den runden Ohren, in deren Ohrläppchen man immer noch winzige Löcher ausmachen konnte. Mike mit seinen bei genauerem Hinsehen eben doch nicht vollkommen perfekten Zähnen, da an einem seiner Schneidezähne eine winzige Ecke fehlte, die er sich in ihrer Anfangszeit an einem Mikrofon ausgeschlagen hatte. Mike mit diesen zwei senkrechten, perfekt parallelen Falten zwischen seinen Augenbrauen, wenn er die Stirn runzelte.

Mike, in dessen Kopf jeden Tag unzählige Bilder und Töne, ganze Welten, entstanden, die ihm Alpträume bescherten, wenn er sie nicht irgendwie aus seinem Kopf herauszuholen und auf Leinwand oder in den Computer zu bannen vermochte. Mike, dem es erst, seit es Handys mit Kalender- und Erinnerungsfunktion gab, gelang, sich die Geburtstage seiner Freunde und Familie zu merken. Mike, der immer darum bemüht war, so zu wirken, als würde er sich kaum Gedanken um sein Äußeres machen, der vor ihren Shows und Fotoshootings und Interviews allerdings genauso lange wie Chester vor dem Spiegel brauchte, bis er zufrieden mit sich war, und der, wäre er nicht so professionell, am liebsten nicht einmal das Haus verlassen würde, wenn er am Morgen einen Pickel irgendwo in seinem Gesicht entdeckt hatte. Nur noch übertroffen davon, wie lange er (auch ohne Körbchengröße D, die sich weigerte, sich verstecken zu lassen) beim Einkaufen brauchte, um sich für die richtige Jeans, das richtige Hemd, den passenden Anzug oder die am besten sitzenden Schuhe zu entscheiden. Und der, wenn man ihn nicht unter genügend Zeitdruck setzte, nach gelungenem Einkauf in Entscheidungsschwierigkeiten kam, weil er alles, was er erstanden hatte großartig fand und sofort anziehen wollte, und daher gelegentlich Dinge in Kombination trug, die einzeln vielleicht besser zur Geltung gekommen wären. Und dem das schlichtweg egal war, so lange er seine Freude an seinen neuen Sachen hatte.

Mike, der sich bei allem Selbstbewusstsein an manchen Tagen mehr, an manchen weniger wohl in seiner Haut fühlte, was dazu führte, dass er manchmal in nur einem einzigen T-Shirt, manchmal in einem Unterhemd, einem dünnen Shirt, einem langärmeligen Hemd und einer Jacke auf die Bühne ging.

Mike, der Dinge lieber in sich hineinfraß und mit sich selbst ausmachte, und erst dann über sie reden wollte (oder konnte), wenn er sie für sich bereits geklärt hatte.
 

Eben einfach... nun ja, Mike eben.
 

Mike, den Chester, wie gesagt, ohnehin schon ziemlich bewundernswert fand und so sehr liebte, wie man einen guten Freund überhaupt lieben konnte, und dass auf diese Liebe plötzlich noch dieses Schlagsahnehäubchen inklusive Cocktailkirsche mit dem Label 'sexy' geklatscht worden war, verwirrte ihn und bereitete ihm außerdem auch irgendwo ein schlechtes Gewissen. Denn genau genommen war das, was er da als sexy empfand, ja nicht einmal wirklich Mike, beziehungsweise Mikes Körper. Es war eine abgewandelte Form des Körpers des anderen, in der Mike sich mehr als nur offensichtlich fremd und unwohl fühlte, und das gab Chester irgendwie das Gefühl, ein schlechter Freund zu sein. Als hätte jemand Mike jemand eine runter gehauen und er würde sich nun an dem blauen Auge ergötzen, weil er auf Veilchen stand, während Mike unter den Schmerzen litt und sich am liebsten vor der ganzen Welt verstecken würde, bis alles wieder verheilt war.
 

Ein schwaches Lächeln streifte Chesters Lippen, während er in seine Jeans-Hotpants schlüpfte und diese zuknöpfte.

Er mochte seinen eigenen Körper zur Zeit ebenso wenig wie Mike den seinen und hätte ihn bedeutend lieber weiter versteckt, aber das mindeste, was er für seinen besten Freund, der im Gegensatz zu ihm seine bedeutend ausgeprägteren Kurven selbst mit viel Mühe nicht kaschieren konnte, tun konnte, war Solidarität zeigen. Und seine Kurven so betonen, dass sie denen des Jüngeren im Idealfall vielleicht sogar die Show stahlen. Näher konnte er Mike seinem Wunsch, unsichtbar zu werden, leider nicht bringen.

Er zog sich noch ein figurbetontes Shirt, das Talinda ihm geliehen hatte, drüber und schlüpfte dann in seine Stiefel.
 

Nur weil er einmal mit ihnen auf die Fresse geflogen war, bedeutete das noch lange nicht, dass er sie aufgab – erst recht nicht, nachdem Talinda ihm eine kleine Einführung in das richtige Laufen in hohen Absätzen erteilt hatte. Diese Einführung hatte keine Stunde gedauert und doch... nun, in Zukunft wusste er dann, dass Talinda nicht übertrieb, wenn sie von irgendeiner Verleihung oder Charity-Veranstaltung nachhause kamen und sie irgendwas davon murmelte, dass ihre Füße sie umbrachten und sie nicht vorhatte, sich den Rest des Abends noch mal irgendwie mehr als unbedingt notwendig zu bewegen. Längere Strecken in hohen Schuhen zu laufen tat nicht einfach an den Füßen weh, es saugte einem die komplette Lebensenergie aus! Warum auch immer er unbedingt in Highheels gegen dieses Monster hatte antreten müssen, er war dankbar, dass dieser ganze Glitzer-Zauber scheinbar auch dafür Sorge trug, dass seine Füße und sein Gleichgewichtssinn mit den hohen Hacken klar kamen, sonst hätte er vermutlich schlecht für ihn ausgesehen.
 

Als er das Schlafzimmer verließ, stieß er um ein Haar mit Jaime zusammen, der ihn erst mal bloß verstört anstarrte.

Er erwiderte den Blick seines Ältesten ratlos. „Was?“

„Willst du so rausgehen?“

„Wie, so?“ Chester blickte an sich herunter. Er sah doch toll aus?

„Na ja... die Stiefel sind schon n bisschen, uh... nuttig? So in der Kombination und so. Irgendwie. Keine Ahnung.“

„Bullshit.“ Er blickte runzelnd wieder auf. „Frag mich, wo du deine Vorstellung her hast, wie Nutten aussehen. Selbst im Fernsehen sehen die noch 'ne ganze Ecke anders aus als ich.“

Jaime hob abwehrend die Hände. „Musst du wissen. War nur mein erster Eindruck. Was weiß ich schon von so was.“

Chester zog bloß die Augenbrauen nach oben, schüttelte dann den Kopf, warf sich in einer ausschweifenden Geste die Handtasche über die Schulter, legt eine Hand an seine Hüfte und stolzierte dann in dem besten Laufsteg-Gang, dessen er fähig war, weiter, woraufhin sein Sohn nur gequält aufstöhnte und ihm hinterher rief: „Gott, Dad, bitte... Ich mein ja nur, du bist 'n Kerl, also... weiß nicht, benimm dich auch weiter so. Sonst gewöhnst du dir das noch zu sehr an und dann geht das nicht mehr weg, wenn du wieder normal bist.“
 

Er ignorierte es und schwang seinen Hintern nur noch mehr.

Hielt sogar auf der Treppe, auf dem Weg nach unten noch durch, und stolperte erst, als er bereits die letzte Stufe erreicht hatte.
 

Frau zu sein war schwer.
 

*
 

„Du trägst einen BH!“

Mikes Wangen verfärbten sich wie auf Stichwort puterrot. Er wandte den Blick ab und verschränkte ungelenk die Arme. „Ich dachte, ich probier's halt mal und, hm, ist halt okay. Sie bewegen sich nicht mehr so viel und ich finde, sie sehen halt kleiner aus in dem Ding.“

Chester lächelte bloß und ließ sich neben dem anderen auf der Hollywood-Schaukel auf seiner Terrasse nieder. „Und sonst so? Wie geht’s dir?“

Schulterzucken. „Ok. Denk ich.“ Mike seufzte, schaltete sein iPad aus und legte es auf den Tisch.
 

Für einen kurzen Moment lag ihm beiläufiger Kommentar dazu auf der Zunge, wie sehr er sich am Abend nach dieser Monsterattacke abgeschossen hatte – also stimmte es wohl, dass Frauenkörper bei ansonsten gleichen Voraussetzungen wie ihre männlichen Kampftrinkergenossen weniger vertrugen als diese – und dass mit ihm am kompletten darauf folgenden Tag absolut nichts anzufangen war (sein letzter Kater in dem Ausmaß musste Jahre her sein; normalerweise konnte er seine Grenzen gut genug einschätzen, um solche Extremfälle zu verhindern), aber dann verkniff er ihn sich doch lieber. Er mochte den Ausdruck in Chesters Augen nicht, wenn solche Themen aufkamen. Natürlich verstand er, dass Chester es eben brauchte, sich voll und ganz davon zu überzeugen, dass Alkohol einfach scheiße war, und nur scheiße und sonst gar nichts, um gar nicht erst in Versuchung zu kommen, bei seiner vollkommenen Trockenheit vielleicht doch mal eine kleine Ausnahme zu machen... bei dem anderen gab es eigentlich immer nur ganz oder gar nicht. Keine halben Sachen eben. Und Chester bemühte sich ja auch wirklich aufrichtig darum, es sich zu verkneifen, wenn in seinem Umfeld jemand etwas trank, und diese Person dann weder zu kritisieren, noch zu belehren oder ihr auch nur seine Meinung zu der Sache ungefragt auf die Nase zu binden. Aber diesen Blick... dieser Ausdruck in seinen Augen, wenn dann doch mal wer etwas zu viel trank... der sagte mehr als tausend Worte. Wenn man ihn bemerkte. Und Mike gehörte zu denen, die ihn eben bemerkten, einfach, weil er eben wusste, was in solchen Momenten in Chesters Kopf los war. Und er wusste auch, dass Chester nichts dafür konnte. Der Ältere gab sich wirklich alle Mühe, nur war er noch nie sonderlich gut darum gewesen, seine Gefühle und Gedanken komplett zurück zu halten. Also vermied Mike es einfach so gut es ging, mehr als vielleicht ein Bier oder ein Glas Wein oder ein Glas Sekt, je nach Anlass, zu trinken, wenn der andere in Sichtweite war. Und wenn er merkte, dass er zu viel hatte, machte er einen Bogen um ihn. Einfach, weil er sich kannte und wusste, dass ihm sonst über kurz oder lang doch noch ein schnippischer Spruch über die Lippen kam, der letztendlich auch nichts an der Sache änderte, sondern Chester höchstens noch in seiner Meinung bestätigte.

Und gerade mochte er zwar nüchtern sein, aber aufgrund der allgemeinen Umstände war sein Nervenkostüm nicht allzu stabil gestrickt, also galt auch diesmal die Devise 'Reden ist Silber, Schweigen ist Gold'.
 

„Im Fernsehen behaupten sie, das Monster war nicht echt.“

„Uhum. Hab's gesehen.“

„...“

„...“

„Wollen wir an den Strand?“

Mike blinzelte, erst jetzt bemerkend, dass sein Blick irgendwann ins Leere zu gehen begonnen hatte, und sah zu dem anderen. „Was?“

„An den Strand. Du weißt schon. Ozean... Sand... Möwen... salzige Brise...“

Er seufzte. „Ich weiß, was 'n Strand ist, Chaz.“

„Also?“

„Also was?“

„Wollen wir? An den Strand jetzt. Wir können deine Kids ja einfach mitnehmen.“

Mike gab ein leises „Hm“ von sich und blickte wieder abwesend ins Leere.

Chester schmunzelte. „Na komm. Ich verlange ja keinen Bikini von dir; zum Baden ist es eh noch zu kalt. Wir nehmen 'ne Decke mit, was zu essen, die Kids spielen n bisschen im Sand... wir hängen einfach nur n bisschen ab.“

„Anna hat die beiden Kleinen mitgenommen...“

„Dann spielt halt nur Otis im Sand.“ Er fuhr Mike kurz mit der Hand über den Rücken und bemühte sich um ein möglichst aufbauendes Lächeln, das nach einer Weile dann auch endlich schwach erwidert wurde.

Mike seufzte, stand auf und streckte sich kurz. „Na schön, dann... keine Ahnung, pack ich mal 'n bisschen Zeug zusammen?“

Chester strahlte – zufrieden über seine großartigen Überredungskünste – und erhob sich ebenfalls. „Tu das. Und ich mach Sandwichs, die wir mitnehmen können.“

„Klingt gut.“ Mike nickte und deutete, bereits auf den Weg nach drinnen, mit einer flüchtigen Geste in Richtung der Küche. „Du weißt ja, wo alles ist.“
 

*
 

Neidisch streifte Mikes Blick über Chesters Beine, beziehungsweise die Jeans, die er trug, da die Meeresbrise – trotz strahlendem Sonnenschein – zu dieser Jahreszeit noch zu frisch war, um sich in Hotpants am Strand aufzuhalten.

Seine Jeans.

Seine Jeans, die ihm nicht mehr passten, weil seine Hüften mal eben spontan über Nacht so dermaßen in die Breite gehen mussten, die an Chester aber wie angegossen saßen. Der Ältere brauchte sogar einen Gürtel, damit sie oben blieben!
 

… Das Leben war unfair.
 

Vor dieser Frauenkörper-Sache war es okay gewesen, dass Chester vielleicht nicht direkt schlanker, aber trainierter als er war. Definierter, von den Muskeln her. Sportlicher. All das eben. Immerhin trieb der andere ja auch gezieltes Muskelaufbautraining und war zwar kein Kostverächter, achtete aber darauf, dass der Großteil seiner Mahlzeiten eher Eiweiß und weniger Kalorien enthielt und so weiter und so fort. Mike beneidete ihn zwar um seinen Körper, allerdings nicht genug, um sich die Zeit zu nehmen und Mühe zu machen, irgendetwas dafür zu tun, selbst ebenfalls etwas mehr in Form zu kommen. Seine Prioritäten lagen einfach woanders und er kam mit seinem Körper ganz gut zurecht.
 

Aber nun... nun, mit seinem „neuen“ Körper und dessen irrsinnig vielen kleinen Makeln (die er teilweise zwar auch von Annas Körper kannte, als Beispiel nur mal die feinen Dehnungsstreifen in der Hüftregion genommen, wobei sie ihn bei Anna irgendwie so gar nicht störten... sie waren nun mal ein Teil von ihr und er liebte seine Frau und fand sie schön, und irgendwie fand er dementsprechend diese Streifen auch, nun ja, schön eben... sie störten ja nicht... und ein Teil von ihnen (der an ihrem unteren Bauch) stammte aus der Schwangerschaft mit Otis und Otis war auch etwas Schönes in seinem Leben und... wie auch immer, bei Anna waren diese „Makel“ eben einfach okay) kam er eben einfach nicht zurecht. Denn diese Makel waren zu denen, die er immer schon besessen und an die er sich inzwischen gewöhnt hatte (wie zum Beispiel diese winzige, dunklere Stelle etwas mehr als handbreit unter seiner linken Brustwarze, von der er sich ziemlich sicher war, dass es eine dritte Brustwarze war, was er jedoch lieber für sich behielt; so „brustwarzig“ sah sie nun auch nicht aus und bisher hatte, bis auf Anna, noch nie jemand den Eindruck gemacht, auch nur damit zu rechnen, es könnte was anderes als eine Art Muttermal sein), noch hinzugekommen.
 

Gut, er wusste nun nicht, wie die Sachlage unter Chesters (aus Solidarität) figurbetonter Kleidung so aussah, aber in Anbetracht dessen, dass der andere mit nicht ganz so ausladenden Kurven wie er gestraft war, hatte er es definitiv leichter. Garantiert keine Dehnungsstreifen jedenfalls. Nicht an der Hüfte und erst recht nicht an seinen Möpsen. Und es war fast schon lächerlich, dass Chester sich überhaupt Beine, Arme und nach eigener Aussage ja wohl auch den Intimbereich rasiert hatte; zumindest die Arme mit ihren ohnehin nur feinen, hellen Härchen hätte er sich locker sparen können, anstatt Mike dazu zu bringen, sich zu fragen, ob mit ihm irgendwas nicht stimmte, weil er es einfach nicht über sich brachte, ebenfalls zum Rasierer zu greifen, obwohl er schon zugeben musste, dass ihm seine doch sehr dunklen Haare an/unter Armen und an den Beinen und, nun ja, den üblichen verdächtigen Stellen an seinem aktuellen Körper dann nicht so wirklich gefallen wollten. Wieder so eine Sache, die ihn an Anna, wenn diese mal eine Woche oder so einfach keine Lust hatte, sich zu rasieren, nicht so unbedingt störte, aber an sich selbst eben schon.

Es war zum Mäuse melken.

Wenn er schon in diesem Körper feststeckte, konnte der dann nicht wenigstens perfekt sein? Das kam ihm wie das Mindeste vor, was man ihm als Entschädigung für die beschissene Gesamtsituation hätte zugestehen können. Ernsthaft jetzt. Aber nein. Nein, was das anging musste es dann plötzlich wieder realistisch sein. Grüne Tentakelmonster waren genehmigt, glitzernde Verwandlungen in viel zu knapp bekleidete Superheldinnen mit leuchtenden Waffen und noch mehr Glitzer, das war okay, alles kein Problem, aber Gott bewahre man würde es ihm ersparen, sich mit dem Körper auseinander setzen zu müssen, den er jetzt wohl auch hätte, wenn er bereits als Frau auf die Welt gekommen wäre, inklusive der optischen Makel und dieser Menstruationsnummer, die er die ersten Tage außerdem noch über sich ergehen lassen musste. Am Ende könnte es sonst noch zu sehr ins Absurde gehen, huh? Und das wollte ja nun niemand...
 

Mike seufzte leise und ließ sich mit hinter dem Kopf verschränkten Armen nach hinten auf die Decke sinken, den Blick auf die über ihm hinwegziehenden Wolken gerichtet. Eigentlich hätte er sich lieber auf den Bauch gelegt, aber nein, das erlaubten seine scheiß Titten ja auch wieder nicht... Drecksdinger.
 

Er hasste diesen Körper.

Er hasste es, nicht vorgewarnt worden zu sein, bevor er plötzlich in ihm aufwachte.

Er hasste es, nicht zu wissen, wie so was überhaupt möglich war.

Er hasste es, dass es plötzlich so was wie grüne Tentakelmonster gab. (Gut, an sich mochte es die vorher auch schon gegeben haben und sie waren nur noch nicht von den Menschen entdeckt worden, aber das Vieh, mit dem sie es vor ein paar Tagen zu tun gehabt hatten, war definitiv nicht normal. Es hatte von innen heraus ein Aquarium zerstört, sich an Land bewegen können, mit seinen Tentakeln Metall und Gummi und Plastik verätzt, und nachdem es mit einem glitzernden Pfeil, den Chester aus dem Nichts heraufbeschworen hatte, getroffen wurden war, hatte es sich in eine ganz normale Anemone, wie Mike sie auch schon mal in einem Aquarium in SeaWorld gesehen hatte, zurückverwandelt und DAS hatte ganz sicher NICHTS mit Evolution zu tun.)

Er hasste es, dass sich irgendwelche Apps von ganz alleine auf seinem iPhone installierten.

Er hasste es, dass die App, die ihn am meisten ankotzte, ihn bei Aktivierung vollglitzerte (auch wenn er Glitzer an sich eigentlich ganz hübsch fand) und in ein enges Kostümchen zwängte.

Und er hasste es, dass die Nummer ihm irgendwie das Gefühl gab, dass er und Chester nicht drum herum kommen würden, sich auch in Zukunft mit irgendwelchen Monstern herumzuschlagen.
 

Kurzum: Er hasste sein Leben. Jedenfalls zur Zeit. Einfach weil es nicht mehr wirklich sein Leben war.
 

Sein Leben bestand darin, Musik zu machen (und noch hatte er seine neue Stimme, die er an sich nicht unbedingt schlecht fand, nicht so gut im Griff, wie er das gerne gehabt hätte), aufzutreten (das kam in dem Körper definitiv nicht in Frage), sich darum zu bemühen, ein guter Vater („Aber Mädchen sind doch Mommys, Daddy..?“ - Zitat Otis) und Ehemann zu sein (um seinen „ehelichen Pflichten“ nachzukommen, fühlte er sich einfach zu unwohl in diesem Körper, auch wenn er wusste, dass Anna nicht nur 'nichts dagegen' hätte, sondern wirklich wirklich wirklich Interesse daran hatte, ihm bei der, uh, 'Erkundung' seines neuen Körpers 'aktiv zur Seite zu stehen') und alles, was in seiner Möglichkeit lag, zu tun, um auch den Rest seiner Familie und selbstverständlich seinen Freundeskreis nicht zu vernachlässigen... von dem er allerdings momentan nur zu Chester so wirklich Kontakt pflegen konnte. Alle anderen mussten sich mit SMS und E-Mails und damit, dass er rein zufällig jeden einzelnen ihrer Anrufe aus zunehmend fadenscheinigeren Gründen verpasste, zufrieden geben.

Und dabei hatte er sich wirklich auf dieses Treffen mit Ted gefreut... und die Party bei Ryu dieses Wochenende... den Angelausflug mit Dave, der eigentlich für gestern angesetzt gewesen war...
 

Er drehte sich auf die Seite und malte mit dem Zeigefinger kleine Kringel in den Sand.
 

Er wollte seinen Freunden nicht das Gefühl geben, ihm wären andere Dinger wichtiger als mit ihnen die ohnehin nur wenige Freizeit, die er hatte, zu verbringen. Sie kamen auch so schon oft genug kurz, einfach, weil aus irgendeinem blöden Grund ein Tag auf dem Planeten Erde nur 24 Stunden dauerte, obwohl 48 Stunden ihm bedeutend besser in den Kram beziehungsweise Terminkalender passen würden... Er hatte solches Glück, überhaupt so viele Menschen in seinem Leben zu haben, denen er trotz seiner vielen Fehler so wichtig war, und es war auch so schon kaum möglich, ihnen wirklich, also, wirklich ein bisschen was von diesem Glück und dieser Dankbarkeit wieder zu geben, die er wegen ihnen empfand. Aber ihm war eben auch bewusst, wie irritierend und bekloppt die Sachen waren, die ihm zur Zeit so widerfuhren, und dass sie, wenn sie herauskämen, einen ganzen Rattenschwanz an Folgen nach sich ziehen würden, von denen allgemein gesteigertes Interesse der Öffentlichkeit an seiner Person statt seiner Musik und seiner Kunst noch die harmloseste war... er hatte keine Ahnung, wie Chester sich das überhaupt vorstellte, dass sie, sollten sie ihre eigentlichen Körper nicht zurück kriegen, dann trotzdem einfach mit der Band weitermachen könnten... vermutlich stellte Chester sich einfach gar nichts vor, was über das Gefühl, wieder auf der Bühne zu stehen, hinaus ging. Und ging tatsächlich davon aus, dass jeder die Sache einfach so hinnehmen würde, ohne irgendwas zu hinterfragen. Oder sie gar am liebsten aufzuschneiden und sonst wie zu untersuchen, um der Sache auf den Grund zu gehen.
 

Womit er wieder zurück an dem Punkt war, dass er Chester beneidete.
 

Nicht nur um seinen Körper, sondern auch darum, wie einfach die Welt in seinem Kopf gestrickt war.

Gut, immer war das nun auch nicht von Vorteil – dafür geriet der Ältere unter anderen Umständen, die für die meisten wohl recht harmlos waren, bedeutend schneller unter psychischen Stress als der 'Normalbürger'. Aber zur Zeit waren die Umstände eben eher absurd, und damit kam Chester klar und Mike wollte auch damit klar kommen können, und deshalb, nun ja, beneidete er ihn eben.
 

Er versuchte sich, besseren Wissens zum Trotz, auf den Bauch zu drehen, gab jedoch schnell ein unzufriedenes Brummen von sich und rollte sich wieder auf die Seite. Bei seinem Glück sah er dabei sicher aus wie ein gestrandeter Wal...
 

Kleine nackte Füße, die aus hochgekrempelten Jeans hervorlugten, tapsten in sein Sichtfeld und kurz darauf ließ Otis sich auch schon direkt vor ihm auf seinen Hintern sinken, legte ihm eine Hand ans Kinn, schloss sie andere um eine Strähne seiner Haare, beugte sich vor und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.

Mike war unfähig, sich gegen das Lächeln, das sich dabei auf seine Lippen schlich, zu wehren und setzte sich etwas auf, um seinen Sohn, kaum dass der sich mit zufriedener Miene (da er erfolgreich damit gewesen war, seinem zur-Zeit-Mommy-Daddy das Stirnrunzeln aus dem Gesicht zu treiben) wieder aufrichtete, in seine Arme ziehen zu können, und drückte ihn eng, aber vorsichtig, an sich. „Na, Großer?“

„Guck meine Sandburg an!“

Mike fuhr dem Kleinen noch mal sanft durch das feine, dunkelblonde Haar, und rutschte dann tatsächlich auch gleich artig in die Richtung, in die Otis deutete, wo er jedoch erst mal nur einen recht konzentriert wirkenden Chester erblickte. Erst beim zweiten Hinschauen entdeckte er das kleine Häufchen feuchten Sand, das die zwei wohl in Otis' kleinem Eimerchen aus der Nähe des Wassers geholt hatten, und das Chester gerade vorsichtig mit kleinen Steinchen verzierte. Er rutschte noch etwas näher heran und besah sich das Ganze genauer, während Otis ihm hörbar stolz beschrieb, wie er und sein zur-Zeit-Tante-Onkel Chester die Burg errichtet hatten.
 

Zu dritt bauten sie die Burg noch etwas weiter aus, machten sich irgendwann über die Sandwichs her und Mike war gerade so weit, für eine Weile all seine Probleme vergessen zu haben, als ein kurzer, erschrockener Aufschrei aus Richtung des Meeres kam.

Ein kurzer Blick – ja, da kam etwas aus dem Wasser, vor dem ein paar Leute wegliefen, während andere es mit ihren Smartphones filmten, und irgendwo hatte dieses Etwas auch tentakelartige Auswüchse, welch Überraschung (nicht) – und schon packte er im Eiltempo alles, was sich in seiner Reichweite befand, ein, nahm Otis, der inzwischen seinen Mittagsschlaf hielt, auf den Arm, und machte sich mit einem knappen, an Chester gerichteten „Komm“ auf den Weg zum Wagen.

Der Ältere brauchte einen Moment, bevor er die Situation erfasst hatte, eilte ihm dann aber hurtig hinterher und bekam auch gleich ihre Picknickausrüstung in die Arme gedrückt. Während er diese, am Parkplatz angekommen, im Kofferraum verstaute, verfrachtete Mike seinen Sohn, der sich bei all der Aufregung nur verschlafen die Augen rieb, in dessen Kindersitz und kurz waren sie auch schon unterwegs.
 

Chester warf einen stirnrunzelnden Blick in den Rückspiegel. „Kommen wir später wieder? Also, nachdem Otis daheim in Sicherheit gebracht ist?“

Hätte er sich nicht auf die Straße konzentrieren müssen, hätte Mike ihn wohl bloß eine ganze Weile schweigend angestarrt, um herauszufinden, ob der andere das ernst meinte. So blieb ihm jedoch nur die verbale Schiene. „Wieso sollten wir?“

Chester blickte ihn verwirrt an. „Na, wir haben diese Glitzer-Superkräfte und so.“

„Und?“

Seine Verwirrung nahm zu. „So läuft das eben. In jedem Comic und jedem Film und jeder Serie. Wer die Monster bekämpfen kann, der tut das auch.“ Er sah wieder in den Rückspiegel. „Hoffentlich greift das Ding die Leute am Strand nicht an, bis wir wieder da sind...“

„Wir gehen da nicht wieder hin, Chaz.“

„Aber-“

Mike holte tief Luft, darum bemüht, seine Stimme ruhig zu halten und den Verkehr nicht aus den Augen zu lassen. „Nichts 'aber'. Ich seh's nicht ein. Nur weil wir das Ding vielleicht bekämpfen könnten – falls es überhaupt aus derselben Monster-Fabrik, oder wo auch immer die Viecher herkommen, wie das erste stammt – mach ich das doch nicht freiwillig. Wir sind hier weder in 'nem Comic, noch irgendeinem Hollywood-Film oder Anime oder weiß der Geier was. Wir sind reale Menschen. Und das letzte Vieh hatte ätzende Säuretentakel oder so, wer weiß, was das Ding jetzt kann. Ich will's überhaupt nicht wissen. Ich weiß nur, dass ich garantiert nicht freiwillig mein Leben auf's Spiel setze. Lass das die Polizei oder das Militär oder keine Ahnung wen machen.“
 

Stille.
 

Er wagte einen flüchtigen Blick in Chesters Richtung und bei der Enttäuschung, die er in der Miene des Älteren, der seit jeher nicht sonderlich geschickt darin war, seine Emotionen zu verbergen, sah, zog sich kurz etwas schmerzhaft in ihm zusammen. Er sah wieder auf die Straße, während Chester seinen Blick auf seine Hände, in denen er tatsächlich bereits sein iPhone hielt, fallen ließ, bevor er diese resigniert in seinen Schoß sinken ließ.

Mike schluckte kurz, bemühte sich aber, seine entschlossene Miene beizubehalten, auch wenn er das Gefühl nicht abschütteln konnte, dass Chester tatsächlich fest davon ausgegangen war, sie würden sich gemeinsam heldenhaft in dieses Abenteuer stürzen, sobald sie Otis in Sicherheit gebracht hatten. Und es war offensichtlich, dass seine Enttäuschung nichts damit zu tun hatte, dass ihnen ein potentiell lebensgefährliches Abenteuer entging (auch wenn er oft überstürzt handelte, er hatte immer noch einen gewissen Selbsterhaltungsinstinkt), sondern damit, dass Mike da nicht mitspielte.
 

Mike konnte sich nur allzu gut vorstellen, was gerade in Chesters Kopf vorging, auch wenn er sich noch so sehr wünschte, es nicht zu können. Er wusste, dass der Ältere zu ihm aufsah. Für ihn war er eine Art Vorbild oder zumindest irgendwo eine Inspiration. Nicht, dass er das so ganz nachvollziehen konnte, aber Chester machte seine Bewunderung einfach zu oft und eindrucksvoll deutlich, so dass es unmöglich war, sie zu ignorieren oder sich einzureden, er würde seine Worte nicht genau so meinen... Und jetzt weigerte er sich einfach, mit ihm unschuldige Leute zu beschützen, obwohl sie die Möglichkeit dazu hatten, und flüchtete lieber. Ohne die Absicht, noch einmal zurück zu kehren. In Chesters Welt war es selbstverständlich, dass es einfach ihre Aufgabe war, diese neuen Glitzer-Superkräfte, so albern sie sie auch finden mochten, auch einzusetzen und ja, selbstverständlich für das Gute, immerhin waren es ja Superkräfte, und so was hatten nur Bösewichter und Superhelden. 'Böse' war keiner von ihnen, also war es doch das logischste und natürlichste auf der Welt, dass sie auf der Seite der Helden standen und es dementsprechend in ihrer Verantwortung lag, gegen die Monster zu kämpfen.
 

Und nun machte Mike, der doch auch ohne Superkräfte immer schon ein bisschen wie ein Held für ihn gewesen war, und für den die Situation und ihre Verantwortung doch eigentlich genauso klar und deutlich auf der Hand liegen musste wie für ihn, einfach nicht mit.
 

Dass das Chester bitterlich enttäuschte und seinem Bild von ihm einen kleinen Knack verpasste, stand außer Frage.
 

Mike kam sich wie das größte Arschloch auf Erden vor.

Er hasste es, Leute zu enttäuschen.

Und vor allem hasste er es, Chester zu enttäuschen.

Aber so sehr er es auch hasste und so sehr der andere ihm leid tat, so schlimm, dass er sich deswegen umentschied und sein verdammtes Leben in Gefahr brachte, war es nun, bei aller Freundschaft und allem Verständnis, auch wieder nicht.
 

Die Rest der Fahrt verbrachten sie schweigend.
 

Erst, als Mikes Wagen in der Garage wieder zum Stehen gekommen war, öffnete Chester, den Blick weiterhin auf sein iPhone gerichtet, um das seine Hand sich während seiner Worte etwas fester schloss, das nächste Mal den Mund. Die Worte, die ihn verließen, waren leise, aber bestimmt.

„Wenn du nicht mitkommst, geh ich alleine.“

Mike schnaubte nur. „Du hast 'n Rad ab.“ Er schnallte sich ab, stieg aus und öffnete die hintere Tür, um Otis aus seinem Kindersitz zu befreien.

Chester runzelte die Stirn. „Schön. Vielleicht hab ich das. Aber mit großer Macht folgt eben große Verantwortung und-“

„Fuck, Chaz, komm mir jetzt nicht mit Spiderman-Zitaten um die Ecke!“

„Aber es stimmt doch!“

„Einen Scheiß tut's!“ Es fiel Mike merklich schwer, seine Stimme Otis zuliebe – der die Diskussion nur mit großen Augen verfolgte – weiter ruhig zu halten. Er half dem Kleinen beim Aussteigen und machte sich dann daran, den Kofferraum auszuräumen. „Wie oft denn nur noch: Das hier ist kein Superheldenfilm, das ist die Realität. Eine zur Zeit echt bekloppte, sinnfreie Realität, aber eben nach wie vor real! Es gibt Helden. Die im ganz realen Leben ziemlich großartigen Kram vollbringen. Aber Superhelden? Die, nur weil sie plötzlich irgendwelche besonderen Kräfte haben, deren Ursprung sie weder kennen, noch deren Langzeitfolgen sie einschätzen können, plötzlich automatisch dazu verdonnert sind, sich heroisch ins Kampfgetümmel zu schmeißen, ohne Ahnung von nichts?“ Mike schnaubte leise, weshalb seine letzten Worte um einiges kühler als eigentlich geplant rüberkamen. „Mach dich nicht lächerlich, Chaz. Werd erwachsen.“

Chester ballte die Fäuste zusammen, verkniff sich aber – vermutlich aufgrund von Otis' Anwesenheit – eine Antwort. Ohnehin unnötig. Sein Blick sprach mehr als tausend Worte und Mike wurde unwillkürlich schlecht, als er die Enttäuschung in ihm sah. Enttäuschung. Fassungslosigkeit. Verletztheit. Vor allem letzteres. Mike hielt dem Blick des Älteren nicht länger stand, wandte den eigenen ab und machte sich dann schweigend, Otis an der einen Hand mit sich führend, während er unter dem anderen Arm ihr Picknickzeug trug, auf den Weg ins Haus.
 

Chester folgte ihm nicht.
 

Kurz darauf war zu hören, wie die Seitentür der Garage laut zugeknallt wurde. Dann war alles still.
 

Mike räumte die Picknickutensilien fort und ging mit Otis auf dessen Zimmer, wo er dem Kleinen dabei zusah, wie der ein Bild von seinem zurückliegenden Strandausflug kritzelte, und lief dabei mehr oder weniger auf Autopilot. Sein Lächeln und seine lobenden Worte, das Streicheln über den Kopf seines Sohnes, all das passierte ganz von selbst, während seine eigentliche Konzentration darauf lag, zu vermeiden, an Chester zu denken. Beziehungsweise darauf, sich um Himmels Willen nicht vorzustellen, was der andere gerade trieb. Dass er am Ende tatsächlich... … Würde er? Oh Gott, er würde. Und wie er würde. Vermutlich war er sogar schon dabei. Dabei, ein Taxi zurück zum Strand zu nehmen, sein iPhone fest in der Hand, stur, auch wenn er es selbst eher entschlossen nennen würde, um seine Wut auf Mike und diesem Monster auszuleben, auch wenn er sich selbst einredete, es 'für das Gute' zu tun. Einfach, weil er Chester war und damit ein schrecklicher Idiot, der auch mit Mitte 30 noch an die Ideale, die ihm einst seine Helden der Kindheit vermittelt hatten, festhielt. Die Guten waren gut und konnten Helden sein, die Bösen waren böse und gehörten unschädlich gemacht. Und wenn man nur fest genug daran glaubte, dass man es schaffen konnte, dann war alles möglich. Und mit 'alles' waren nicht nur realistische Ziele wie Plattenvertrag, Grammys und ausverkaufte Stadien gemeint, sondern, je nachdem was nötig war, eben wirklich ausnahmslos alles. Die Tatsache, dass nun Monster, Verwandlungen, Zauberkräfte in sein Leben getreten waren, bestärkten ihn vermutlich nur noch in seinem Glauben.
 

Mike massierte sich mit den Fingern die Nasenwurzel und schloss einen Moment lang die Augen.
 

Fuck.
 

Er hörte wie unten die Haustür geöffnet wurde.

Anna rief ein „Bin wieder da“ ins Haus.

Mike drückte Otis noch einen Kuss auf den Kopf, rappelte sich auf die Beine, rannte die Treppe nach unten, mit einem „Bin noch mal weg“ an ihr und seinen beiden Jüngsten vorbei und zu seinem Wagen.
 

Es gab keine Helden.
 

Nur Idioten.

Stirnrunzelnd verfolgte Chester die Spur, die das Monster im Sand hinterlassen hatte.

 

Er war nicht der einzige, der das tat. Hier und da lungerten außer ihm noch kleine Grüppchen von Schaulustigen herum, von denen gerade mal der geringste Teil zu denen gehörte, die dabei gewesen waren, als das Untier, das in ihren Beschreibungen immer unheimlichere Formen annahm, sich aus der Tiefe erhoben hatte. Die meisten waren durch verwackelte Instagram-Posts, Tweets oder Facebook-Updates ihrer Freunde an den Strand gelockt worden.

 

Im Vorbeigehen schnappte Chester Größenangaben auf, die von 2 Meter bis hin zu 5 Meter reichten, und während der eine das Vieh als „durchscheinend, mit violettem Schimmer“ in Erinnerung hatte, war es bei dem anderen „blau-grau mit langen Zähnen“. Wieder ein anderer schwor bei seiner toten Oma, es wäre ein brauner Meeressaurier gewesen, mit langem Hals „so wie das Monster von Loch Ness“.

 

Zu seinem Leidwesen erinnerte Chester sich allerdings auch nicht viel besser an die Gestalt des Monsters, dazu war er zu beschäftigt gewesen, mit Mike Schritt zu halten. Er hatte nur aus den Augenwinkeln wahrgenommen, dass da irgendetwas aus dem Wasser aufzusteigen schien, was da nicht hingehörte, und sich ansonsten voll und ganz auf Mikes Einschätzung der Situation verlassen. … Tentakel. Doch, ja, zumindest daran glaubte er sich zu erinnern. Das Vieh hatte, wie sein Vorgänger im Einkaufszentrum, Tentakel besessen. War ansonsten aber schmaler gewesen. Mehr bekam er jedoch wirklich nicht mehr zusammen, weder Farbe noch Körperhöhe, noch ob das Ding Zähne oder einen langen Hals besessen hatte.

 

Er hatte keinen Schimmer.

 

War trotzdem auf der Jagd nach ihm.

 

Alleine.

 

Weil Mike sich nicht verantwortlich dafür fühlte, irgendetwas zu unternehmen.

 

Nicht, dass Chester nicht irgendwo einsah, dass der andere nicht ganz unrecht hatte. Sie waren in der Realität, nicht in irgendeinem Comic, und an sich war es sicher nicht gerade das Dümmste, beim Auftauchen von Monstern lieber das Weite zu suchen und die Sache Leuten zu überlassen, die über mehr Ressourcen als man selbst verfügte... so Geheimdienste, die professionell herausfinden konnten, was überhaupt los war, und das Militär, das dafür ausgebildet war, Feuer mit Feuer zu bekämpfen, beziehungsweise diverse Feinde einfach platt zu machen, allein schon aufgrund seines umfangreichen Waffenarsenals... Aber andererseits...

Nun, andererseits verstand er einfach nicht, wieso Mike nicht in der Lage war, die Vorkommnisse der letzten Zeit als Ganzes zu sehen.
 

Sie bekamen diese anderen Körper, Monster tauchten auf, sie erhielten die Fähigkeit, diese zu bekämpfen. So die chronologische Abfolge, die, wenn man alle Ereignisse einzeln betrachtete, nicht viel Sinn ergab. Aber wenn man es eher so sah: Monster würden auftauchen, jemand musste sie bekämpfen, die Wahl fiel auf sie beide, und irgendwie waren dafür eben diese Frauenkörper notwendig (vielleicht zur besseren Tarnung vor den „Zivilisten“? oder weil das Schicksal sie doch nicht so sehr hasste, sie in ihren eigentlichen Körpern in diese Minikleidchen und Highheels zu stecken? oder beides??)... nun, dann machte die Angelegenheit doch schon bedeutend mehr Sinn, oder nicht?

 

Vielleicht hätte Chester seinem besten Freund seine Sichtweise doch besser erklären sollen, anstatt davon auszugehen, der andere würde da schon selbst drauf kommen, aber Mike hatte diese schreckliche Angewohnheit, sich bei Sachen, die er dämlich fand und deshalb einfach nicht verstehen wollte, einfach blöd zu stellen und, je mehr man auf ihn einredete, nur noch sturer und bockiger zu werden. Es hatte Chester einige Jahre gekostet, dahinter zu kommen, wie man ihm solche Sachen am besten vermitteln konnte, ohne dass er sich mit Händen und Füßen dagegen wehrte: Man musste abwarten, bis er mit der „Das ist doch bescheuert“ Nummer durch war und von selbst an den Punkt kam, wo er neugieriger wurde. Und ihn auf keinen Fall auf seine Bockigkeit zuvor ansprechen! Dann war er offen allem Neuen gegenüber – wie sonst auch.
 

Nur hätte Chester nie gedacht, dass Mike mal derart lange brauchen würde, um über seinen Schatten zu springen...

Aber alles rationale Verständnis änderte nichts daran, dass er eben doch irgendwo enttäuscht war, dass er scheinbar ganz allein mit dem Gefühl da stand, aufgrund der Kräfte, die ihnen ja nun offensichtlich anvertraut worden waren, eine gewisse Verantwortung gegenüber der soweit zwar ahnungslosen, aber dadurch nicht weniger in Gefahr befindlichen Bevölkerung zu haben.

Mikes Reaktion nach zu urteilen war der andere sogar meilenweit davon entfernt, auch nur versuchen zu können, nachzuvollziehen, wieso er sich verantwortlich fühlte. Und dabei tickten sie, bei allen Unterschieden, bei so vielen Sachen wahnsinnig ähnlich... Chester war sich so sicher gewesen, dass auch diese Sache dazugehören würde...

Aber gut. Er konnte mit dieser Enttäuschung leben.

Und irgendwann würde er sicher auch verkraftet haben, dass Mike ihn nicht nur nicht verstand, sondern nicht einmal ernst nahm.
 

Irgendwann.
 

Vermutlich.
 

Er knabberte einen kleinen Hautfetzen von seiner Unterlippe ab und vergrub die Hände in den Hosentaschen.

Mike hatte es bestimmt nicht so gemeint...
 

Chester erreichte die Treppenstufen, die zur Promenade hinauf führten, und damit das Ende der Spur. Super. Dieses Vieh war also scheinbar geschickter, was Treppen anging, als sein Vorgänger im Einkaufszentrum. Entweder das, oder es hatte sich beim Anblick der Treppe vor Verzweiflung, weil es nicht wusste, wie es weiterkommen sollte, in Luft aufgelöst.
 

Er fuhr sich ratlos durch das kurze Haar und blickte sich um.
 

Inzwischen hatte er die Schaulustigen hinter sich gelassen. In einiger Entfernung machte er eine bekannte Gestalt in Begleitung eines Rottweilers und ein paar kleiner Mädchen aus. Stimmte ja, das war der Strand an dem Dave normalerweise seine Runde drehte... sie hatten bei der Auswahl ihres Picknickplatzes überhaupt nicht daran gedacht, dass sie ihren Freunden ja erst mal (noch?) aus den Weg zu gehen versuchten. Dabei war Chester sich ziemlich sicher, dass gerade Dave zu denen gehörte, die sie vielleicht sogar ohne ein Wort ihrerseits erkennen würden. Und wenn nicht er, dann seine Hündin Bella. Nun ja, immerhin tauchte er erst jetzt hier auf. Nach ihrem Picknick. Und vor allem nach dem Monster.
 

Ein kurzes Seufzen, dann machte Chester sich daran, die Stufen hinaufzusteigen.
 

Die Pflasterung der Promenade machte es so ziemlich unmöglich, zu erahnen, in welche Richtung das Vieh, das diesmal wohl keine ätzende Säure oder oder so ausdünstete, wohl weitergezogen war. Ob er sich durchfragen sollte? Immerhin war so ein Ding nicht gerade unauffällig. Aber wenn es jemandem aufgefallen wäre, hätte der das sicher irgendwo gepostet und dann wären auch ein paar von den Schaulustigen hier und sie würden sich nicht alle am Strand zusammenrotten...

Wie zum Henker konnte ein Tentakelvieh einfach ungesehen verschwinden?
 

Er schloss die Augen, atmete ein paar Mal tief ein und wieder aus, und versuchte sich vorzustellen, er wäre selbst ein gruseliges, tentakeliges Ungeheuer. Wo würde er hingehen... … hm... was machten Tentakelviecher aus dem Meer wohl so, wenn sie an Land kamen... Nahrung suchen? Unterschlupf? Zur geheimen Kommandozentrale ihres Erschaffers (der dann ja wohl der Oberbösewicht sein musste... oh Gott, hoffentlich gab es keinen Oberbösewicht!) oder zum Versteck irgendeines mächtigen, mysteriösen Artefakts pilgern? Artgenossen für die Paarung ausfindig machen?
 

Er öffnete die Augen wieder und seufzte.

So kam er nicht weiter.
 

Gut, dann eine andere Strategie: Er folgte einfach den Wegen, die für ihn danach aussahen, als würde man ihnen entlang den wenigsten Menschen begegnen. Niemand hatte es als Monster erkannt, also vielleicht hatte es ja einfach schlicht und ergreifend niemand gesehen. Mehr Anhaltspunkte hatte er zur Zeit ja nicht.
 

Die Hände immer noch in den Hosentaschen vergraben schlenderte er erst etwas die Straße entlang, überquerte sie nach einer Weile, folgte dem Straßenverlauf noch etwas weiter und kletterte dann über einen schmalen, steilen Pfad in das angrenzende Wäldchen. Er kam nicht umhin, sich gedanklich zu loben, inzwischen so gut auf hohen Hacken voran zu kommen, auch wenn seine Füße inzwischen bei jedem einzelnen Schritt schmerzten. Vielleicht sollte er, egal wie sexy er sich auf hohen Absätzen fand, doch wieder zu bequemeren Schuhen übergehen, zumal die kleinen Äste und Steine seine schicken Stiefel ohnehin so sehr zerkratzten, dass er sie später kaum noch anziehen können würde. Zumal die Dinger seinem ohnehin schon eher empfindlichen Rücken nicht gerade gut taten.
 

… Gut, vielleicht war er wirklich nicht ganz so gut darin, Dinge im Voraus ordentlich zu durchdenken.

Das Wäldchen begann, sich vor ihm ein wenig zu lichten.

Soweit sah alles ruhig aus. Gras... Bäume... ein paar Blümchen und Insekten, die sie umschwirrten... Lianen, die sanft im Wind hin und her schaukelten...

Chester blinzelte ein paar Mal und sah erneut hin.
 

Lianen... ?
 

Wohl eher an fast handgelenkdicke Glasnudeln erinnernde Fangarme von irgendetwas, das eigentlich in kalifornischen Gefilden nichts zu suchen hatte. Zumindest nicht oberhalb der Meeresoberfläche. Wenn überhaupt. Nein, ehrlich, was war das für ein Ding?
 

Für einen kurzen Moment war er versucht, die Fangarme zu berühren, bis er die Insekten entdeckte, die an ihnen klebten und von denen einige bereits in einen halbflüssigen Zustand übergegangen zu sein schienen. Also doch Säuretentakel... beziehungsweise Magensäuretentakel...
 

Er trat ein paar Schritte zurück und holte sein iPhone aus der Tasche, während sein Blick den Glastentakeln nach oben folgte. Von dem eigentlichen Körper des komischen Dings konnte er jedoch nicht viel erkennen; es hockte irgendwo im Baumgipfel. Wie auch immer es da hinaufgekommen sein mochte. Und wieso. Zumindest was die Monster selbst anging, musste er Mike zweifelsohne zustimmen: Sie ergaben einfach keinen Sinn.

Er wandte den Blick ab und richtete ihn auf sein iPhone, um die Glitzer-Zauber-App aufzurufen.
 

Im nächsten Moment war einer der Tentakel auch schon vorgeschnellt, hatte sich um seine Taille geschlungen und zog ihn nach oben.

Sein Handy landete im weichen Gras, während er bloß einen erschrockenen Aufschrei von sich geben konnte.

Heute war definitiv nicht sein Tag.
 

Chesters Blick wanderte zu dem Fangarm, in den er geraten war, und stellte fest, dass er zumindest insofern Glück hatte, was die Art des ätzenden Materials, das den Tentakel überzog, anging. Bei der Super-Säure/-Lauge des letzten Viechs wär er vermutlich schon tot.
 

… Tot.

 

Ihm wurde unwillkürlich schlecht, als dann auch bei ihm so wirklich ankam, was Mike wohl schon seit dem letzten Monsterangriff verinnerlicht hatte und was er selbst bisher meist lieber verdrängt hatte:

Sich mit irgendwelchen Monstern anzulegen bedeutete Lebensgefahr.
 

Er begann, zappelnd und auf den Fangarm einzuschlagend (woraufhin seine Fäuste erst kribbelten und schließlich brannten, während die Verdauungssäfte des Monsters inzwischen auch so langsam durch sein Shirt hindurchgesuppt waren und nun in Kontakt mit seiner Haut kamen) zu versuchen, sich aus dessen Griff zu befreien und, weil er sich sonst nicht anders zu helfen wusste, um Hilfe zu schreien. Zwei weitere Fangarme schlangen sich um seine Handgelenke. Noch mal zwei um seine Beine.

Das durfte einfach nicht wahr sein... Das ging einfach nicht!

Von seiner Familie mochte er sich liebevoll verabschiedet haben, aber mit Mike war er im Streit auseinander gegangen! Der Jüngere würde sich das nie verzeihen, ihn gehen gelassen zu haben, wenn er jetzt hier einfach so krepierte! Fuck! Fuck fuck fuck fuck FUCK!
 

Chester versucht, noch lauter zu schreien und sich noch stärker zu wehren. Wenn er nur genügend Schwung holte und so stark ins Schaukeln geriet, dass das Vieh herunter fiel, dann... dann... dann ergab sich vielleicht irgendwas! Er versuchte, sein Gewicht entsprechend zu verlagern und kam nach einer Weile tatsächlich etwas ins Schaukeln, allerdings verlieh dem Vieh wohl die Tatsache, dass es ihn an so vielen Stellen gleichzeitig festhielt, eine gewisse Stabilität – der Schatten seines Körpers im Baumwipfel rührte sich jedenfalls nicht, auch als Chester mit seinem Fuß für einen kurzen Moment den Baumstamm berührte.

 

Der Schmerz an seinen Handgelenken und seiner Taille nahm ihm inzwischen den Atem zum Schreien. Mehr als ein kraftloses Rufen brachte er nicht mehr zustande. Vor Frust stiegen ihm Tränen in die Augen. Das war doch bekloppt. So starb man einfach nicht! Er verschnaufte kurz. Kaum war er komplett zur Ruhe gekommen, merkte er auch schon, wie das Vieh ihn langsam zu sich nach oben zu ziehen beginn. Er zappelte wieder – es hielt still. Er bewegte sich nicht – es zog ihn zu sich heran.

Großartig.

Entweder zappelte er weiter, bis er sich völlig verausgabt hatte und wurde dann nach oben gezogen und (vermutlich) endgültig bei lebendigem Leibe verdaut, oder er gab die Zappelei gleich auf und wurde ein paar Minuten eher der Snack dieses Dings.

Er kniff die Augen zusammen und versuchte es noch einmal mit möglichst lauten „Hilfe!“, bekam jedoch nur ein halblautes, verzweifeltes „Mike...“ hervor, dessen er sich erst im Nachhinein bewusst wurde.
 

Ohne Erfolg.

 

So sah dann also die Realität aus. Er war auf sich gestellt und somit am Arsch. In jedem Film oder Comic wäre spätestens bei seinem letzten Rufen jemand zur Hilfe gekommen. Mike wäre zur Hilfe gekommen. Weil er ihn doch nicht alleine gegen irgendwelche Monster antreten lassen konnte, eben weil er sich bereits bewusst war, wie gefährlich, genau genommen tödlich das war, selbst wenn Chester das noch nicht hatte wahrhaben wollen. Mike wäre gekommen und hätte ihn gerettet und ihn kurz für seine Dummheit gerügt und dann in seine Arme geschlossen weil er froh war, ihn gerade rechtzeitig gefunden zu haben, und alles wäre erst mal wieder gut.

Nur dass von Mike weit und breit keine Spur zu sehen war.

Er hatte ihn tatsächlich alleine gehen lassen und saß vermutlich immer noch zuhause und schmollte und dachte gar nicht daran, 'nachzugeben' und doch noch nachzukommen... wenn er ihn überhaupt ernst genug genommen hatte, um zu glauben, dass er echt so blöd sein konnte, alleine einem wer-weiß-wie-gefährlichen Tentakelmonster nachzujagen, wo ihn doch das letzte bereits fast erwischt hätte, wenn er ihm allein begegnet wäre...

 

Chester schniefte kurz und versuchte die Tränen, die er ja nun nicht wegwischen konnte, weg zu blinzeln, auch wenn die Schmerzen an seinen Handgelenken und seiner Taille – durch seine Lederstiefel waren die Verdauungssäfte dann noch nicht gedrungen – ihm das beinahe unmöglich machten, während er langsam immer weiter nach oben in den Baumwipfel gezogen wurde.

Er war so ein scheiß Idiot... ein so gut wie toter scheiß Idiot...
 

… der plötzlich das Gefühl hatte, abzurutschen. Erst baumelten seine Beine in der Luft, dann sackte sein Oberkörper nach unten und schließlich (nach einem erneuten kurzen Aufleuchten; mehr konnte er mit seiner verschwommenen Sicht nicht erkennen) befand er sich endgültig im freien Fall und landete im nächsten Moment auch schon auf dem Boden. Eilig wischte er sich die Tränen aus dem Gesicht, allerdings kamen sofort neue nach, als er Mike vor sich erkannte. Er tastete nach seinem iPhone, griff es, und nahm dann erst einmal, auf immer noch etwas wackeligen Beinen, schnellstmöglich Abstand von dem Baum, in dessen Krone er fast sein Ende gefunden hätte.
 

Mike (dem gerade wieder bewusst geworden zu sein schien, in was für einem Aufzug er hier herumrannte) versuchte halbherzig, den kurzen schwarzen Rock etwas länger zu ziehen und musterte den Älteren besorgt. „Bist du okay?“

Chester schniefte kurz, schluckte schwer, bemühte sich um ein Lächeln und nickte. „Nichts gebrochen und alles noch weitestgehend dran.“

Mike erwiderte das Nicken bloß, auch wenn sein Blick kurz an den geschundenen Handgelenken seines Freundes hängen blieb, und wandte sich dann wieder dem Monster zu, dass es so gar nicht zu begrüßen schien, dass ihm seine Mahlzeit entwendet worden war, dem Zucken seiner Tentakel, deren von Mike gekappten Enden sich zu regenerieren schienen, nach zu urteilen. „Meinst du, du triffst es? Mit deinen, uh, Pfeilen, mein ich, so wie beim letzten Mal...?“

„Ich kann es versuchen.“ Chester griff nach seinem iPhone (wobei er den verpassten Anruf des Jüngeren, der ihm angezeigt wurde, mit einem kleinen Lächeln wahrnahm) und aktivierte die Transformations-App.

 

Kaum, dass er sich fertig verwandelt hatte – ahnungslos, dass Mike es sich nicht hatte nehmen lassen, seine Aufmerksamkeit kurz von dem Monster abzuwenden um zu überprüfen, ob er sich das nur einbildete, oder ob man während der ganzen Nummer tatsächlich kurz nackt war... und eilig den Blick wieder abwandte, als er feststellte, dass sein Eindruck ihn alles andere als getäuscht hatte – beschwor er auch schon Pfeil und Bogen, was ihm diesmal bereits leichter von der Hand zu gehen schien als noch das letzte Mal. Die Tentakel seines Ziels nicht aus den Augen lassend bezog er Stellung auf einem abgesägten Baumstumpf, zielte... und schoss daneben. Er beschwor einen weiteren Pfeil, zielte wieder. Aus den Augenwinkeln nahm er eine ihm nur allzu vertraute Bewegung war – wie lang waren die Tentakel dieses Viechs denn? – und wollte ihr gerade ausweichen, als ein kurzes blaues Leuchten ihn kurz leicht blendete und die Fangarme auch schon, erneut von ihrem Ursprung gekappt, zuckend zu Boden vielen. Er warf Mike ein kleines Lächeln zu, zielte wieder, schoss, erneut daneben, beschwor einen dritten Pfeil, zielte schoss...

 

...und traf.
 

Das Ding fiel mit einem dumpfen Geräusch zu Boden und zerstob dort, noch bevor sie seine ganze Gestalt richtig ausmachen konnten, in eine Wolke aus glitzerndem Staub, der langsam auf einem Haufen durchsichtigem Glibber (einer Qualle vielleicht? es war beim besten Willen nicht zu erkennen) nieder ging. Aus diesem schob sich kurz darauf ein winziges weißes Ei, zerbrach, gab ein paar dunkle Rauchfäden von sich, und löste sich auf.
 

Chesters Bogen und sein knappes Kampfoutfit taten es ihm gleich. Der Ältere, nun wieder in seiner normalen Kleidung, gab ein Seufzen von sich und ließ sich einfach auf seinen Hintern sinken, den Blick auf seine Handgelenke gerichtet, die immer noch tiefrot geschwollen waren und mit einem dünnen glänzenden Film überzogen waren, von dem er einfach mal zu hoffen versuchte, dass es nicht seine zersetzte Haut war.
 

Mike zögerte kurz, dann näherte er sich ihm, ließ sich neben ihn auf dem Waldboden auf die Knie sinken und ließ zaghaft seinen Zeigefinger über die unversehrte Haut neben der Wunde streifen, und flüsterte leise: „Das sieht nicht gut aus...“ Sein Blick wanderte zum Bauch des anderen. „Das Shirt solltest du ausziehen. Ist verklebt von dem, uhm, Zeug von diesem Vieh. Nicht, dass es noch schlimmer wird.“

Chester nickte bloß und zog sich den ohnehin ruinierten Stoff über den Kopf.

Mike schluckte schwer und verengte die Augen etwas. Das sah wirklich überhaupt nicht gut aus...

Der andere bemühte sich, trotz der Schmerzen, um ein Grinsen. „Das ist nur halb so übel, wie's aussieht. Pusten, Pflaster drauf, dann wird das wieder...“

Mike erwiderte das Grinsen, wenn auch etwas schief, da alles andere überzeugt, und beugte sich etwas vor, um tatsächlich zu pusten, selbst wenn er damit nichts anderes ausrichten konnte, als die Stimmung etwas zu lockern. Was ja nun auch etwas war. Wenn auch nicht viel.

 

Damit, dass sein Atem die Schwellung am Bauch des anderen etwas zurückgehen ließ, hatte jedenfalls keiner von ihnen gerechnet, aber genau das passierte. Mike runzelte irritiert die Stirn, warf einen kurzen Blick zu Chester, der jedoch auch nicht zu wissen schien, was er von der Sache halten sollte, und griff dann vorsichtig nach der Hand des Älteren, um deren Gelenk ebenfalls vorsichtig anzupusten. Und ein leises „Das ist echt nur noch bekloppt“ zu murmeln, bevor er sich dann aber auch schon Chesters anderes Handgelenk vornahm. Dann kurz etwas um ihn herumrutschte und noch einmal seinen Rücken anpustete, bevor er sich mit einem leicht beschämten „Jetzt reicht's aber“ wieder zurückverwandelte und als erstes sein kariertes Hemd, unter dem er ja ohnehin noch zwei weitere Shirts trug, auszog und es Chester reichte, damit der sich etwas drüber ziehen konnte und er seinen durch den BH mehr als nur wohlgeformten Busen nicht mehr so direkt vor sich sehen musste.
 

Chester nahm ihm das Oberteil dankend ab und schlüpfte auch gleich hinein. Ohne den Blick von seinen Fingern, die mit dem Zuknöpfen des Hemdes beschäftigt waren, abzuwenden, murmelte er schließlich leise: „Du bist doch gekommen.“

„... Hm.“

Chester biss sich leicht auf die Unterlippe. „Warum?“

Mike zuckte mit den Schultern. „Ich hatt's im Gefühl, dass das sonst mies ausgehen könnte.“

Der andere nickte bloß und murmelte ein leises, kaum hörbares „Wär's wohl auch“. Als Mike ihn daraufhin in seine Arme schloss und sanft an sich zog, ließ er sich ohne zu zögern gegen ihn sinken und schlang seinerseits ebenfalls die Arme um ihn.

Die Gestalt, die mit einem kleinen Notebook auf dem Schoß in einer der Baumkronen saß und sie bei ihrer Umarmung beobachtete, bemerkte keiner von ihnen beiden.

 

 

*

 

 

'Du... was?'

Chester seufzte leise und warf einen kurzen Seitenblick auf Mike, der zwar fleißig so tat, als wäre er mit irgendwelchen Tonspuren auf seinem Computerbildschirm beschäftigt, den er aber viel zu gut kannte, um ihm abzunehmen, dass er nicht zumindest mit halbem Ohr zuhörte. „Ich sagte, ich denke, es wäre das Beste, für die nächste Zeit hier in L.A. zu bleiben.“

'Wie lange?'

„Keine Ahnung.“

'…'

Er versuchte ein Lächeln. „Sorry. Ehrlich. Es, uh, gibt halt viel zu tun und...“ Er verdrehte die Augen und beschloss, zumindest halbwegs ehrlich zu sein. „Ich weiß nicht, wie ich's dir am besten erklären soll, ohne dass du dir Sorgen machst. Weil, musst du nicht. Dir Sorgen machen, mein ich. Neben dieser Sache mit den Frauenkörpern passieren hier drüben noch ein paar andere komische Sachen, und mit denen kann ich Mike nicht alleine lassen. Das wäre gefährlich.“

'Gefährlich?!'

Gut, er gab zu, die Beteuerung, dass es keinen Grund zur Sorge gab und das Wort gefährlich waren vielleicht nicht so gut dazu geeignet, im selben Atemzug genannt zu werden. Er bemühte sich um eine möglichst sanfte Stimme. „Du musst mir da vertrauen, Talinda. Das klingt jetzt wie in 'nem mittelmäßigen Agententhriller, aber ich weiß nicht, wie sicher das momentan wäre, heim zu kommen. Hier passiert 'ne Menge komischer Scheiß, der vielleicht mit dieser Frauenkörper-Sache zu tun hat und... keine Ahnung, wenn wir den zu erledigen schaffen, kriegen wir vielleicht auch unsere alten Körper wieder.“
 

Mike gab seine 'Deckung' auf und drehte sich mit seinem Schreibtischsessel zu dem Älteren um, um ihn mit großen Augen anzusehen.
 

Chester warf ihm ein entschuldigendes Grinsen zu und konzentrierte sich dann wieder auf sein Telefonat. „Zumindest wäre das möglich. Und der Möglichkeit sollten wir auf den Grund gehen. Und das geht nur zu zweit, alles andere wäre nicht wirklich sicher. Wie gesagt, du musst mir da vertrauen.“

Am anderen Ende der Leitung herrschte Stille. Schließlich ein resigniertes Seufzen. 'Hab ich denn eine andere Wahl?'

Chester strahlte zufrieden und er und seine Frau gingen dazu über, sich über andere Themen zu unterhalten und hier und da ein wenig verspielte Flirterei in diese einfließen zu lassen, während Mike sich kopfschüttelnd wieder seinem Computer zuwandte.
 

Anna hatte sich ebenfalls nicht allzu begeistert gezeigt, als sie sie gefragt hatten, ob es okay war, wenn Chester für eine Weile bei ihnen wohnen könnte. Weniger, weil sie den besten Freund ihres Mannes nicht mochte – im Gegenteil, sie und Chester hatten sich eigentlich immer blendend verstanden und selbst in seinen schlimmsten Zeiten hatte er sich stets bemüht, ihr gegenüber fair zu bleiben (wie sehr es irgendwann mit ihm bergab ging, hatte sie eigentlich nur über Mike erfahren, wann immer der mit seiner alles-in-sich-hineinfressen-Taktik dann doch mal nicht mehr weiter kam) – sondern eher, weil sie ihr den genauen Grund dafür nicht nennen konnten. Aber was sollten sie denn auch machen? Ehrlich sein und riskieren, dass ihre Familien vor Sorge wahnsinnig wurden oder sich am Ende selbst noch in Gefahr brachten?
 

Mike seufzte leise, lehnte sich nach hinten und legte seine Füße auf ein freies Stück Schreibtisch. Chester hatte also seinen Willen gekriegt. Sie waren jetzt eine Art Superhelden-Duo. Nicht, dass er eine andere Wahl hätte, als da mitzuspielen; wenn er sich weigerte, rannte der Ältere eben alleine los, und wohin das führte, hatten sie ja erst vor ein paar Stunden gesehen.

Mike wurde ein wenig übel, wenn er sich vor Augen führte, wie knapp die Sache ausgegangen war.

Nein, Alleingänge waren in Zukunft definitiv nicht noch mal drin.

So viel stand fest. Auch wenn er nach wie vor nicht einsah, wieso es nun ausgerechnet ihrer beider Aufgabe sein musste, sich – in hautenge Kleidchen gehüllt und mit Glitzerkräften ausgestattet – mit diesen Monstern auseinander zu setzen, aber bevor er Chester (den auch die Erkenntnis, dass die Lebensgefahr, die von diesen Viechern ausging, echt war, nicht von seinem Verantwortungsgefühl heilen konnte) alleine losrennen ließ, spielte er eben mit. Und wenn es wirklich nur war, um auf den anderen aufzupassen.
 

Insofern war also alles beim Alten.
 

Früher war er ihm ja auch oft (zumindest auf Tour) auf seine Partys gefolgt, um ein Auge darauf zu haben, dass er sich nicht zu sehr abschoss und ihn dann, wenn er zu betrunken war, sich zu wehren, aber halt eben noch nicht an dem Punkt, wo er die Kontrolle über seine Blase und seinen Darmausgang verlor, von der Bar zu entfernen und ins Bett zu bringen.

Und früher war er in diesen Nächten auch eher selten davongekommen, ohne nicht selbst zumindest einen kleinen Schwips davon zu tragen (eventuell kam es auch ein oder zwei Mal vor, dass er seine eigentliche „Mission“ aus den Augen verlor und sie beide am Ende von einem ihrer Bandkollegen abgeholt werden mussten, da sie den Rückweg allein nicht mehr fanden... und ganz vielleicht schlich sich bei der Erinnerung an diese Nächte manchmal ein kleines Lächeln auf seine Lippen, auch wenn er sich bewusst war, dass das irgendwo nicht okay war, immerhin war Chesters Alkoholkonsum damals eher weniger ein Zeichen von guter Laune und Partybereitschaft gewesen, sondern eher von ernsthaften Problemen, aber was sollte er denn machen? Es waren nun mal schöne Nächte gewesen; sie waren jung und spontan und dumm gewesen und hatten ihren Spaß gehabt.)
 

Kurzum: Sie waren also wieder an dem Punkt, an dem Mike Chester einfach ins Verderben hinterher trabte und das Schlimmste zu verhindern versuchte. Wie gehabt. Nichts Neues.

 

Chester legte mit einem „Ich liebe dich“ auf und streckte sich kurz.

Mike nahm die Füße vom Tisch, drehte sich auf seinem Schreibtischstuhl zu dem anderen um und musterte diesen neugierig. „Was sollte das?“

„Huh? Was sollte was?“

„Die Nummer von wegen wenn wir das, weswegen du hier in L.A. bleibst, erledigen, dass wir dadurch vielleicht unsere alten Körper wieder bekommen?“

Chester zuckte leicht mit den Schultern und grinste. „Weiß nicht. Nur so 'ne Idee. Ich mein, das fällt zeitlich alles so zusammen, mit den Monstern und der spontanen Geschlechtsumwandlung und dem Glitzer-Zauber-Zeug. Es würde Sinn machen, meinst du nicht? Also, dass, wenn wir die Monster alle erledigt haben, dieser Zauberkram ja nicht mehr notwendig ist und eben auch alles andere wieder normal wird.“

Mike konnte einfach bloß starren. Und musste, zu seinem Leidwesen, zugeben, dass es in der Formulierung tatsächlich irgendwo Sinn ergab. So in sich geschlossen und mal außen vor gelassen, wie behämmert Monster und Zauberkräfte und spontane Geschlechtsumwandlungen an sich eigentlich waren. Er seufzte und ließ sich wieder gegen die Lehne seines Schreibtischsessels sinken. „Schön wär's jedenfalls.“

Chester lächelte zufrieden. „Ich glaub jedenfalls fest dran.“

 

Und wieder konnte Mike bloß den Kopf schütteln und hing irgendwo zwischen Bewunderung und Resignation fest.

 
 

*

 
 

Valerie ignorierte das zunehmende Murmeln und das Scharren der Füße ihrer Kommilitonen und setzte ihren Vortrag fort. Die Vorlesung dauerte noch fünf Minuten und ihre Präsentation war zeitlich perfekt abgestimmt. So lange würden ihre Zuhörer sich einfach noch gedulden müssen. 
 

Es erfüllte sie mit einer tiefen Zufriedenheit, dass die Professorin sie darum gebeten hatte, sie zu vertreten, und keinen ihrer Kollegen, auch wenn es sie nur bedingt überraschte. Sie war nun mal Jahrgangsbeste und hatte Prof. Dr. Wallace schließlich auch bei der Studie, die sie ihren Kommilitonen gerade vorstellte, assistiert (was in Wissenschaftler-Sprache in etwa so viel hieß, wie dass sie den Großteil der Arbeit gemacht hatte, während von der Studienleiterin, deren Name bei Veröffentlichung der Studie auf der ganzen Nummer prangen würde, eigentlich nur die Idee für den Untersuchungsaufbau stammte und sie am Ende Valeries Laborprotokolle in einen zeitschriftengeeigneten Fließtext übersetzte). So gesehen war sie also fast schon prädestinierter dafür, den ganzen Spaß im Detail vorzustellen, als es Wallace gewesen wäre.
 

Valerie gefiel es an der UCLA.

Dort, wo sie vorher studiert hatte, war der Konkurrenzdruck viel höher und sie nur eine Begabte unter vielen gewesen. Sehr vielen, die allesamt einen der nur fünf Plätze im engsten Team des Professors anstrebten. Am Ende landete sie auf Platz 6. Platz 96 wäre ihr lieber gewesen, so dass sie sich nie fragen musste, ob sie es vielleicht doch hätte schaffen können, wenn sie sich nur mehr angestrengt hätte, auch wenn sie sich eigentlich bewusst war, dass sie alles gegeben hatte, was sie konnte...

 

Nicht, dass es noch einen Unterschied machte, jetzt wo sie hier war.

Einen Weg zurück gab es zudem ohnehin nicht mehr.

 

Und hier war sie der Boss. Oder würde es zumindest über kurz oder lang werden.
 

Sie beendete ihre Präsentation wenige Sekunden bevor der Minutenzeiger der Wanduhr mit einem leisen Klicken auf der nächsten Ziffer landete. Während ihre Kommilitonen sich erhoben und unter Gemurmel und Getratsche den Weg nach draußen antraten, ordnete sie in aller Ruhe ihre Notizen, entkabelte ihren Laptop und machte sich auf den Weg in Professor Wallace's Büro, um dort ihre Sachen zu verstauen und, wo sie schon mal da war, auch gleich die Fische zu füttern.
 

Ein kleines Schmunzeln huschte über ihre Lippen als sie dabei die kleine Blasenschnecke erblickte, sie sich an der Aquariumswand festgesaugt hatte und diese von Algen befreite.

„Hey... du hast aber schöne lange Fühler... Hast du Lust auf einen kleinen Landausflug? Ich kann auch dafür sorgen, dass niemand versehentlich auf dich drauf tritt. Vielleicht kannst du dafür für mich sehr wohl ein paar Leute platt machen. Wär das ein Angebot?“
 

Die Schnecke arbeitete sich einen weiteren halben Millimeter in Richtung Wasseroberfläche vor.
 

Valerie deutete das einfach mal als Ja.



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von: abgemeldet
2016-03-15T15:30:12+00:00 15.03.2016 16:30
Hallo,
OMG das ist so geil :3
Die Beiden sind so genial, ich lach mich andauernd weg. Übrigens würde Chester als Weibchen ja gehen und ich würde er/sie, gut besser es auch halbwegs ernst nehmen, aber über Mike würde ich mich einfach nur totlachen. Ich stell mir Mike irgendwie immer wieder mit dem Gedanken von "Scheiße!Meine Pussy blutet!" vor. das ist einfach zu genial.
Deine Fanarts sind auch echt toll. Ich muss auch damit anfangen Seiler Chaz zu zeichnen, naja ich bin nur immer noch für Grafiktabletts zu dumm. .-.
Ich freue mich schon darauf, dass es weiter geht bzw. auch auf ein paar neue Fanarts. Ich würde mich ganz dolle freuen.
Liebe Grüße
Kyo
Antwort von:  Umi
15.03.2016 18:21
aw, danke für den Kommi bzw dass du dir für einen Zeit gelassen hast :3
Ich hab n Tumblr für Sailor Bennoda eingerichtet, da sind einige Bilder zu finden, die es weder auf Animexx noch auf deviantArt gibt (sind aber auch ein oder zwei "ab18"-Sachen dabei). Ob noch weitere dazu kommen? Wer weiß ;)

Aber weiterschreiben werd ich die Story sicher :) Updates können halt dauern.

Oh, und Chester und Mike sind nach wie vor "er"s, unabhängig davon, wie ihre Körper momentan aussehen oder was Leute, die die zwei nicht kennen, sich vielleicht denken. Ich glaub, sie wären beide ziemlich verletzt, als "es" bezeichnet zu werden ;)

Wie gehabt, danke für den Kommi und ich freu mich, dass du soweit Spaß hast :3
Antwort von: abgemeldet
17.03.2016 15:23
Ok dann mache ich mir mal einen Tumblr Account... xD
Ich schreibe übrigens immer Reviews, wenn mir etwas gefällt, weil ich selbst Autorin bin und es mich nach sehr viel Mühe immer traurig macht keine Reviews zu bekommen.

Ich hab mal eine Story geschrieben in der Chaz sich als Frau ausgegeben hat....
Antwort von:  Umi
17.03.2016 18:10
ach Mist, stimmt ja, der Sailor Bennoda Blog ist wegen den ab18-Sachen nicht für Leute, die nicht auf Tumblr sind, zugänglich XD' hatte ich ganz vergessen, sry
Find ich vorbildlich mit den Reviews, mach ich auch immer :) (nur les ich momentan nicht so viel online, aber ich kann dir gerne ein paar gute deutsche und englische Linkin Park Fanfictions empfehlen, wenn du magst?)
Von:  Labyrinth93
2014-07-29T15:50:39+00:00 29.07.2014 17:50
Halli Hallo Hallöle :D
Bin zufällig über deine Geschichte Gestoßen als ich nach Storys mit Linkin Park Forschte.
Und ich muss sagen das erste Kapitel gefällt mir sehr gut. Bekam einen Lachanfall als ich mir die beiden als Frauen vorstellte :D


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