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Fragmente

Modern Day / Reinkarnations AU
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Nachdem ich nun doch mehrfach gefragt wurde, wie das ganze denn nun weiterging und ob Eren das ganze einfach so „abgeschüttelt“ hat, habe ich doch etwas über mögliche Fortsetzungen gegrübelt. Das hier ist das Ergebnis, die Idee kam mir recht spontan, doch nachdem mir so lieb bestätigt wurde, dass sie okay ist, habe ich mich jetzt doch entschieden sie hochzuladen.
Diesmal nicht korrigiert – mein lieber Beta möge mir verzeihen, da ich das Kapitel jetzt schon eine Weile hier herumliegen habe und inzwischen doch ein wenig neugierig bin. ^^“ Komplett anzeigen

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Danach

Heißer Atem schlug ihm direkt ins Gesicht und brachte den fauligen Gestank verwesenden Fleisches mit sich. Unangenehm warmer, klebriger Speichel tropfte auf seinen Kopf herab, lief zähflüssig über seinen Nacken und ließ ihn schaudern. Der Boden unter ihm war von einem nassen Film bedeckt und nachgiebig genug, dass er leicht darin einsank, sein Blickfeld war eingerahmt von Zähnen größer als seine Hände.

Er befand sich in einem gigantischen Mund.

Die schlagartige Erkenntnis kam zusammen mit der einsetzenden Panik.

Fluchtinstinkte meldeten sich – er musste hier raus, sofort, ehe sich der letzte Spalt durch den er noch nach draußen sehen konnte …!

Der Boden bebte, als die Kiefer sich aufeinander zu bewegten. Sein Platz wurde rapide kleiner und der Boden – die Zunge! – hob sich langsam immer weiter in dem Versuch ihn weiter in Richtung des Rachens zu drücken.

Er hörte Schreie, Stimmen, die nach ihm riefen, glaubte für einen kurzen Moment einen Schopf blonder Haare zu sehen. Er musste hier verdammt nochmal weg!

In einem schwachen Versuch irgendetwas zu tun, streckte er die Hand in Richtung der Stimme aus, stemmte sich mit aller Kraft gegen die immer näher kommenden Wände. Doch es brachte nichts, er war sich nicht einmal sicher, ob der Riese seinen Widerstand überhaupt spürte – und mit einem harten Ruck schlossen sich die Zahnreihen.

Der Schock seiner mit einem mal fehlenden Hand blieb aus, ebenso, wie der eigentlich zu erwartende Schmerz, beides vollkommen verdrängt von der Panik zu fallen, dem Wissen gerade verschluckt worden zu sein …

 

Und mit einem Ruck schreckte Eren schwer atmend und keuchend in seinem Bett hoch. Es dauerte zwei, drei Sekunden, ehe er verstand, wo er war und was gerade geschehen war. Er blieb erstmal sitzen, strich sich langsam die schweißnassen Haare aus dem Gesicht und wartete darauf, dass sein Herzschlag sich wieder beruhigte.

Ein Albtraum.

Es war nur ein Albtraum gewesen. Auch wenn es einer von dieser Sorte war und sich viel zu real und mehr wie eine Erinnerung als ein Traum anfühlte. Zu echt, zu nah, zu …!

Eren zwang sich den Gedanken nicht zu Ende zu führten, schlug die Decke ruckartig zurück und stand auf, um ins Bad zu gehen und sich eine Handvoll Wasser ins Gesicht zu werfen. Das war jetzt das fünfte Mal in zwei Wochen. Es wurde immer schlimmer.

Leise, um seine Familie nicht zu wecken, schloss er die Tür hinter sich und ließ das Wasser einen Moment über seine Hand laufen, bis es sich kühl genug anfühlte.

Seit ihrem Ausflug vor etwa einem Monat und den seltsamen, grauenhaften … Visionen, nein Fantasiegespinsten und Einbildungen ließ es ihn nicht mehr los. Immer wieder ertappte er sich dabei sich zu fragen, wer diese Menschen gewesen waren, wovor sie flohen, was dort geschehen war. Irgendwie konnte er nie glaube, dass sie nur seiner Fantasie entsprungen waren. Er war irgendwie sicher, dass es sie wirklich gab. Oder eher gegeben hatte. Er hatte nicht einmal verhindern können seinen Geschichtslehrer zu fragen und das Internet zu durchsuchen – vollkommen erfolglos.

Er hatte mit seinem besten Freund versucht darüber zu sprechen, aber war nur auf fragende Blicke und Verwirrung gestoßen. Eren hatte daraufhin versucht das Ganze herunterzuspielen, was ihm aber recht offensichtlich von niemandem abgenommen wurde.

Und dann kamen die Albträume. Grausige Geschichten, nein, winzige, kurze Geschichtsblitze, Momentaufnahmen. Herausgerissen, zusammenhanglos, unverständlich, bedenklich. Gefüllt mit menschenfressenden Riesen und einer gigantischen Mauer. Und Menschen, die wie Insekten zerquetscht wurden.

Eren hatte das Gefühl langsam aber sicher verrückt zu werden.

„Eren?“

Er zuckte hart zusammen, wich automatisch zurück und zog die Hand schmerzhaft über den noch immer laufenden Wasserhahn. Seine Augen huschten umher und landeten schließlich auf dem besorgten Gesicht seiner Mutter, die in der Badezimmertür stand. Er atmete langsam und gezwungen ruhig aus.

„Schon wieder ein Albtraum, Schatz?“

Ohne auf eine Antwort zu warten, trat sie hinter ihn und legte die Arme um ihn. Auch wenn es ihn normalerweise eher nervte, in dem Moment genoss Eren das Gefühl von Wärme und Sicherheit einfach und nickte schwach.

„Ich mache mir langsam etwas Sorgen …“, flüsterte sie sacht und Eren wusste nicht, was er dazu sagen sollte, denn eigentlich hatte sie Recht. Er machte sich auch langsam Sorgen …

 

„Hallo, bitte setz dich, ist es okay, wenn ich „du“ sage?“

Eren nickte und ließ sich langsam auf der überraschend harten Couch nieder. Was immer er erwartet hatte, es war nicht so ganz das, was er vorfand.

Das Zimmer war recht schlicht gehalten und nur mit einem Schreibtisch links hinten von der Tür aus und zwei Couchen auf der rechten Seite bestückt. Dafür war die linke Wand eine komplette Fensterfront, die aus dem dritten Stock einen schönen Blick den Berg hinunter auf die Stadt bot.

An den Wänden hingen ein paar Bilder, die aber keineswegs Rorschachmuster oder ähnliches zeigten, sondern simple, aber sehr schöne, große Landschaftsfotografien. Eren mochte sie.

„Also, Eren, bist du freiwillig hier oder hat dich deine Mutter geschickt?“

Eren stutzte kurz und wand den Blick wieder dem Mann ihm gegenüber zu, der nun doch etwas klischeehaft mit einem Klemmbrett und einem Kugelschreiber in der Hand ihm gegenüber saß und ihn ruhig ansah.

Dr. Felder war ein unauffälliger Mensch, den Eren nie für einen Psycho-Therapeuten gehalten hatte, wäre er ihm zufällig auf der Straße begegnet. Mittelgroß, vielleicht minimal kleiner als der Durchschnitt, mit kurzen braunen Haaren, die bereits deutliche Geheimratsecken zeigten, obwohl er geschätzt höchstens Anfang vierzig sein konnte, und einem akkurat gestutzten Schnauzbart. Er hatte, kleine, schmale Augen hinter einer Lesebrille, doch Eren konnte die Farbe nicht herausfinden, irgendwie schaffte er es nicht den Blickkontakt zu halten. Aber braun würde gut passen, bestimmt waren sie auch braun.

„Beides“, antwortete er nach einem Moment schulterzuckend, was ihm ein winziges Lächeln seines Gegenübers einbrachte. „Sie hat es vorgeschlagen, aber ich bin nicht gezwungen hier, wenn Sie das meinen.“

Es war vermutlich dem Schrecken der Nacht zu verdanken gewesen, dass er zugestimmt hatte und bisher war er auch nicht sicher, ob er das wirklich für eine gute Idee hielt, aber immerhin konnte er jetzt mal jemanden davon erzählen, der auch zuhörte – und ihn hoffentlich nur bedingt für verrückt erklärte. Denn seine Mutter hatte schon recht, so weitergehen konnte es definitiv nicht.

„Verstehe“, Dr. Felder legte das Klemmbrett zur Seite und lehnte sich ein wenig zurück, „Laut der Patientenakte bist du hier, weil du seit einem Monat zunehmend schlimmer werdende Albträume hast“, er machte eine kurze Pause, musterte Eren, verzog aber keine Miene, „Das allein muss nicht gleich ein Anzeichen für irgendetwas sein, aber ich kann dazu wenig sagen, ehe wir ein bisschen gesprochen haben. Ich weiß aber, dass diese Art persönlicher Gespräche schnell unangenehm wird und ich ein Fremder bin.“

Er richtete sich wieder auf und beugte sich minimal zu Eren herüber. „Ich denke, wir veranschlagen erstmal fünf Sitzungen, um zu sehen, was los ist. Wenn du dich wohl genug dabei fühlst, werde ich gerne allem zuhören, was du zu sagen hast. Wenn nicht, werde ich dich nicht zum Reden zwingen und kann dir auch erstmal etwas über mich erzählen.“

Das lief gerade überhaupt nicht, wie Eren sich das ganze vorgestellt hatte, aber er verdrängte die Bilder von seltsamen Psychotests und Fangfragen schnell aus seinem Kopf und versuchte so etwas wie ein entschuldigendes Lächeln zustande zu bringen.

„Solange Sie mich nicht für verrückt erklären, würde ich es lieber gleich loswerden.“

Das nun ließ die Mundwinkel des Doktors wieder zucken. „Sicher nicht wegen ein paar Albträume, keine Sorge. Außerdem sind wir ohnehin alle verrückt, ich warte nur darauf, dass die Menschheit es endlich selbst merkt.“

 

Am Ende schilderte Eren schon beim ersten Besuch nicht nur seine Träume, sondern sogar das seltsame Erlebnis im Wald. Das hatte er eigentlich noch gar nicht vorgehabt, aber irgendwie tat es verdammt gut darüber zu reden und Dr. Felder war wirklich ein guter Zuhörer. Er runzelte nicht die Stirn und verzog keine Miene. Eren merkte schnell, dass der Doktor ein ruhiger Mensch war, der generell einfach wenig Regung zeigte, aber er stellte dann und wann eine Frage, die ausreichte, um Eren das Gefühl zu geben, ernst genommen zu werden.

Außerdem beruhigte er ihn am Ende der ersten Sitzung, dass solche Dinge vorkommen konnten, dass es nicht zwangsweise bedeutete, dass mit Eren etwas nicht in Ordnung war und dass er sich vielleicht nur über etwas Gedanken machte.

Als Eren nach einer Stunde die Praxis wieder verließ, konnte er tatsächlich ein wenig ausatmen. Auch wenn ihm noch immer ein wenig davor bangte, zu welchem Ergebnis der Doktor am Ende kommen würde.

 

„Guten Morgen, Eren, wie geht es dir heute? Hast du etwas besser geschlafen?“

Eren schüttelte mit einem Lächeln die angebotene Hand und nickte, ehe er sich auf die Couch sinken ließ.

„Tatsächlich schon, ja.“, antwortete er ehrlich, „Nur ein Albtraum vorgestern, sonst war es ruhig.“

Dr. Felder nickte und machte sich eine kleine Notiz, ehe er das Klemmbrett wieder sinken ließ und Eren fast schon zufrieden ansah. Heute sollte die Entscheidung fallen, ob Eren eine längere Behandlung brauchte oder erstmal „freigesprochen“ wurde, entsprechend war er ein klein wenig nervös und ungeduldig, doch Dr. Felder schien die Ruhe selbst.

„Ein bekannter oder ein neuer?“

Eren wiegte den Kopf hin und her. „Ein bekannter. Aber das Ende war neu. Ich bin diesmal im Magen des Riesen gelandet und dann … dann war wie ein Blackout und das nächste, was ich weiß, war, dass ich irgendwo auf einem freien Platz stehe und mir jemand um den Hals fällt. Ich glaube, das ist das erste Mal, dass ich nicht vorher schon hochgeschreckt bin.“

Dr. Felder blickte überrascht über seine Brille auf, ehe er den Kopf hob und sie ganz abnahm, um sie mit einem Tuch abzuwischen, das auf dem Tisch bereitlag. Eine Angewohnheit von ihm, wenn er nachdachte, wie Eren schnell festgestellt hatte.

„Das ist gut“, erklärte er schließlich wieder mit dieser winzigen Andeutung eines Lächelns, „Wir konnten zwar nicht ergründen, was genau diese Sorgen hervorgerufen hat, aber offenbar bist du dabei sie zu überwinden – du findest andere Enden für den Schrecken. Und eine Umarmung ist immer gut.“

Eren nickte langsam. Es wäre ihm lieber, wenn die Träume komplett enden würden, aber Dr. Felder hatte recht, es war auf jeden Fall ein Anfang. Allerdings …

„Heißt das, ich soll weiterhin kommen?“

Die Frage kam scheinbar unerwartet (konnte sie wirklich derart unerwartet sein?), denn Dr. Felder stutzte, ehe er kurz leise lachte. „Nein, Eren, das musst du nicht. Es sei denn, du fühlst dich damit besser und willst das. Ich sehe keinen Handlungsbedarf bei einem Problem, das offensichtlich gerade dabei ist, sich selbst zu lösen.“

Und Eren atmete aus und merkte erst jetzt, dass er die Luft angehalten hatte. Das amüsierte sein Gegenüber scheinbar.

„Ist es so schlimm hierher zu kommen?“

„Nein, nein!“, wehrte Eren schnell ab, als ihm klar wurde, wie das ganze wohl aufgefasst werden konnte, „Es ist nur … naja …“

Doch Dr. Felder unterbrach ihn mit einer gehobenen Hand. „Niemand möchte gerne hören, dass er eine Psycho - Therapie nötig hat, ich weiß“, kommentierte er ruhig, „Auch wenn es manchmal hilft. Und ich muss zugeben, du warst seit einer ganzen Weile der fantasievollste Patient, der zu mir gekommen ist. Fast schade, dass du nie das ganze Bild sehen kannst, was?“

Auf einmal war der Blick des Arztes anders. Intensiv wie immer und keineswegs bösartig oder hinterlistig, sondern eher fast wirklich interessiert und beinahe bedauernd. Das überraschte Eren nun doch, er fand diese Schreckensversionen interessant?

Wobei, es stimmte. Manchmal wäre das ganze Bild und nicht diese Momentaufnahmen … aber was dachte er da eigentlich?

Dr. Felder unterbrach Erens Grübeleien wieder. „Oh, scheint, als hätte ich dich ein wenig überfordert. Tut mir leid, Eren, das war nicht meine Absicht.“

 

 

Als er ging, drehte Eren sich in der Tür noch einmal um und winkte ihm mit einem Lächeln, ehe er gut gelaunt verschwand.

Dr. Felder war sicher, dass der Junge bald vergessen würde, was gewesen war. Vergessen, wie es eigentlich sein sollte.

Eren hatte diesmal ein ruhiges, schönes Leben verdient. Ganz offensichtlich hatte er die liebevolle Familie, die sich um ihn sorgte, die er im letzten Leben so grausam verloren hatte. Er sollte glücklich sein und sich nicht mit Gespenstern aus der Vergangenheit herumschlagen müssen.

Es war Dr. Felder nicht ganz leicht gefallen, nichts darauf zu erwidern, als Eren so offensichtlich viel zu klare Bilder von damals geschildert hatte. Sogar Bilder, von denen er seinerzeit nichts gewusst hatte. Etwa aus dem Mageninneren des Titanen oder das kalte Gefühl, als er vom Tod seiner Freunde erfuhr. Solche Dinge erzählte man seinem Vorgesetzten nun mal nicht, wenn sie nicht wichtig waren.

Es war ohnehin schon ein unglaublicher Zufall gewesen, dass Eren gerade in seine Praxis kam, dass er sich überhaupt an irgendetwas erinnern konnte. Und zum Glück offensichtlich nicht genug, dass er ihn erkannt hätte. Es war auch besser so.

So gerne er mit Eren über die Geschehnisse von damals gesprochen und sie ihm erklärt hätte, es war besser, je weniger er wusste. Und das war auch der Grund, aus dem er ihm eingeredet hatte, dass es nur seine außer Kontrolle geratene Fantasie war, die ihm da etwas vorspielte.

Als er ihm zum Abschied die Hand geschüttelt hatte, hatte er gesagt, dass er sich gerne jederzeit wieder melden könne, wenn er wieder Träume hatte und Eren hatte versprochen das zu tun.

Aber dies hier war nicht der aufbrausende Teenager, den er gekannt hatte, auch wenn er ihm ähnlich genug war. Ob er sich melden würde? Vermutlich, sollte er wieder träumen. So gesehen war es wohl besser, wenn er es nicht tat.

Mit einem fast schon bedauernden Lächeln klappte Levi die Patientenakte zu und verstaute sie in seinem Schreibtisch.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2014-08-06T17:36:47+00:00 06.08.2014 19:36
Ein wundervolles Kapitel ^o^
Die Story ist großartig *_*


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