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Creepypasta Extra 3: Last Judgement

Die Thule-Verschwörung
von

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Ein herber Rückschlag

Johnny war so schnell, dass man seinen Bewegungen kaum folgen konnte. Zwar leistete Thomas erheblichen Widerstand und tat alles, damit Johnny nicht an ihm vorbei kam, aber er konnte kaum mit seiner Geschwindigkeit mithalten. Vor allem die Schläge, die auf ihn einprasselten, hatten es in sich. Schließlich schleuderte ihn eine gewaltige Druckwelle weg und so kam Johnny direkt auf die beiden Konstrukteure zu, seine Wurfmesser hatte er parat. Schließlich aber stellte sich Harvey ihm in den Weg. „Johnny, jetzt hör endlich auf mit diesem Schwachsinn und erklär mir, was das soll! Warum tust du das? Ich dachte, du wärst auf unserer Seite.“ „Das habe ich nie gesagt“, erklärte Johnny und blieb stehen. „Ich habe lediglich gesagt, dass ich den Genozid verhindern will, aber das bedeutet noch lange nicht, dass ich auf eurer Seite bin. Und da ich bereits den dritten und vierten Schlüssel in meinem Besitz habe, brauche ich euch eigentlich gar nicht mehr. Alles, was ich will, sind die anderen zwei Schlüssel. Was aus euch wird, interessiert mich nicht die Bohne.“ Diese Worte waren zu viel und Harvey verpasste ihm einen Schlag ins Gesicht. Nun gut, er war bei weitem nicht so verheerend wie der von Christine, aber er hatte es trotzdem in sich. Wütend packte der Schauspieler ihn am Kragen und hob ihn fast von den Füßen hoch. „Warum ziehst du so eine linke Nummer mit uns ab? Wir sind Freunde verdammt und Chris und ich haben dir vertraut.“ „Ist euer Pech“, entgegnete Johnny kalt und befreite sich aus Harveys Griff, dann verpasste er ihm eine Kopfnuss und schleuderte ihn einige Meter weg. Als Harveys Flug ähnlich wie Johnnys vorhin gebremst wurde, warf dieser zwei Messer nach ihm und diese verfehlten seinen Kopf nur um Haaresbreite. „Als Freundschaftsbonus gebe ich dir noch eine Chance. Hau ab nach Hause, ich hab keine Verwendung mehr für dich.“ Gerade wollte er seine nächsten Messer werfen, da hielt Christine seinen Arm fest, packte ihn mit beiden Händen und schleuderte ihn mit einer fast unheimlichen Kraft durch das Haus, dann verschwand sie urplötzlich und tauchte etwas weiter weg wieder auf und stellte sich direkt in Johnnys Flugbahn. Sie holte nun mit ihrer Linken aus, um ihm einen weiteren Schlag zu verpassen, doch dieses Mal gelang es ihrem Ziehsohn, den Angriff zu kontern, indem er mit seinem Messer gegen ihre Schlagringe hielt. Mit einem gezielten Tritt in die Magengrube konnte er sie lange genug außer Gefecht setzen, um Thomas’ Schlag abzuwehren, der von hinten kam. „Ich hab es doch schon tausend Mal gesagt, dass ich es absolut nicht leiden kann, wenn mir jemand von hinten zu nah rankommt.“ Johnny bekam das Schwert zu fassen, welches augenblicklich zu rosten begann. „Und ein Schlüsselträger zu sein, hat durchaus Vorteile. Jetzt besitze ich nicht nur Sallys Kraft, sondern kann auch alles verfaulen, verrotten und zerfallen lassen, was ich will. Und wenn ich die anderen beiden Schlüssel besitze, werde ich in der Lage sein, einen Krieg nach dem anderen zu entfesseln und jede Krankheit auf die Menschheit loszulassen. Und diese Kraft werde ich nutzen, um Pristine den Garaus zu machen und den ganzen Thule-Laden in den Boden zu stampfen.“ Das Schwert zerbrach, als es völlig durchgerostet war und so zog Thomas die Pistole und richtete sie auf Johnnys Stirn. Dieser war aber schneller, verdrehte dem Ex-Stasi den Arm und es kam zu einem heftigen Handgemenge, wobei es dem Johnny gelang, seinem Kontrahenten den Arm zu brechen und ihn somit auf die Matte zu schicken. Christine hatte sich wieder berappelt und wollte von hinten zuschlagen, doch sie tat es nicht. Aus irgendeinem Grund zögerte sie und das nutzte Johnny und griff daraufhin zuerst an. Er stieß sie gegen die Wand und holte etwas hervor, das wie ein langer metallener Pfahl aussah und rammte ihr diesen in die linke Handfläche. Christine schrie vor Schmerz auf und war nicht imstande, sich zu wehren, da packte Johnny sie an der Kehle. „Wie ich schon sagte: du bist echt zu weich geworden, alte Frau. Du hättest mich ganz einfach an meinem wunden Punkt erwischen können, aber dein Mitleid für die Mischlinge und deine Liebe zu mir haben dich schwach gemacht. Außerdem wäre es klüger gewesen, wenn du die sieben Pfähle des Purgatoriums nicht am Körper getragen hättest. Vergiss nicht: Ich bin nicht nur ein Betrüger mit einem absolut miesen Charakter, sondern auch ein verdammt guter Taschendieb.“ Damit rammte er den nächsten in ihre andere Handfläche und nagelte sie regelrecht fest. Christine war nicht imstande, sich zu befreien und Thomas war schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Johnny legte eine Hand auf ihre Brust und kurz darauf spürten sie alle eine unheimliche Anspannung im Raum. Es war, als wäre die Luft wie elektrisiert und als würde sich eine große Energie ansammeln. Dann plötzlich schrie Christine auf. Es klang entsetzlich, als würde sie gleich sterben, während Johnny sie eiskalt anfunkelte. Die Augen seiner Ziehmutter verdrehten sich und sie begann nach Luft zu schnappen. Der entsetzliche Prozess dauerte aber nicht lange, da nahm Johnny seine Hand wieder weg und kraftlos ließ Christine den Kopf hängen. Die anderen konnten nicht fassen, was sie da gesehen hatten. Johnny hatte es tatsächlich geschafft, Christine zu überwältigen und ihr den Schlüssel abzunehmen. Dabei hatten sie gedacht, dass nichts und niemand sie besiegen könnte. Harvey reagierte sofort und wandte sich an die anderen beiden Konstrukteure, die das Geschehen entsetzt beobachtet hatten. „Lauft weg, ich halte ihn auf!“ Zwar wusste Harvey, dass er keine Chance gegen Johnny hatte, da er keinerlei übermenschliche Fähigkeiten besaß wie die anderen, aber er wollte nicht zulassen, dass Johnny Nathaniel etwas antat. Er richtete seine Pistole auf Johnny und sah fest entschlossen aus, ihn nicht so einfach vorbei zu lassen. Doch sein Mitbewohner sah ihn nur amüsiert an und fragte „Soll das ein Witz sein? Du weißt doch, dass du mich mit so etwas nicht umbringen kannst. Und abhauen nützt euch auch nichts. Dank meiner Fähigkeiten finde ich euch sowieso.“

„Ich will dich nicht töten, sondern aufhalten“, erklärte Harvey und umklammerte die Pistole fester. „Ich weiß nicht, warum du dieses Theater mit uns abziehst und warum du deiner eigenen Mutter so etwas angetan hast, aber ich werde dich nicht so einfach gehen lassen. Da musst du mich schon töten!“ Zuerst grinste Johnny amüsiert, dann brach er in ein schallendes Gelächter aus und konnte sich kaum einkriegen. Es war allzu offensichtlich, dass er sich über Harvey lustig machte und ihn nicht für voll nahm. „Große Töne für einen Schmalspurpoeten wie dich. Aber wenn du eins auf die Fresse haben willst, da kann ich dir gerne behilflich sein.“ Harvey schoss und traf Johnny in die Stirn, aber das machte ihm nicht viel aus. Stattdessen schlug er zu und verpasste dem Schauspieler mehrere Tritte und Schläge, bis dieser kaum noch stehen konnte. Schließlich packte er ihn am Kopf und stieß ihn mit der Stirn gegen die Wand, woraufhin Harvey bewusstlos zu Boden sank. Regungslos blieb er liegen und es sah nicht gut mit ihm aus. Nun kam Johnny auf Anthony und Vincent zu, die sich schützend vor Nathaniel stellten. Doch dann drängte sich dieser einfach an ihnen vorbei und sah Johnny mit Augen an, die von Tränen glänzten. Er sah ihn so unendlich traurig und verzweifelt an, dass es einem nur das Herz brechen konnte. „Warum machst du das? Warum tust du ihnen weh? Du hast doch gesagt, dass du mein großer Bruder sein und auf mich aufpassen wirst!“ Genervt verdrehte Johnny die Augen und packte ihn grob am Arm, woraufhin Nathaniel vor Schmerz zu schreien anfing. „Das ist Vergangenheit und ich hab es mir eben anders überlegt. Ich hab doch gesagt, dass ich ein Dreckskerl bin. Und wer so dumm ist, mir zu vertrauen, hat eben Pech gehabt. Und jetzt gib mir den Schlüssel freiwillig, oder ich breche Anthony auf der Stelle das Genick.“

„Nein, tu das nicht“, rief Vincent und wollte einschreiten, doch da setzte Johnny eine Druckwelle frei, die die beiden Konstrukteure wegschleuderte. Nathaniel wusste, dass er ernst machte und sein Halbbruder tatsächlich getötet werden könnte. Immerhin hatte Johnny keinerlei Skrupel gehabt, seine eigene Ziehmutter so grausam zuzurichten, um an ihren Schlüssel zu kommen. Und er hatte seinen Freund und Mitbewohner zusammengeschlagen, weil dieser sich ihm in den Weg gestellt hatte. Nathaniel senkte schluchzend den Kopf und sagte „Nimm ihn, aber lass bitte die anderen in Ruhe.“

„Du bist so ein naiver Quälgeist…“ Johnny hielt Nathaniel weiterhin am Arm fest und legte dann eine Hand auf seine Brust. Nathaniel schrie nicht so laut wie Christine, aber auch er litt Schmerzen und als die Prozedur vorbei war, brach er bewusstlos zusammen und blieb dort liegen. Anthony war sofort bei ihm, machte aber keine Anstalten, Johnny aufzuhalten. Er wusste, dass er keinerlei Chancen gegen ihn hatte und er nur unnötig sein Leben aufs Spiel setzte. Gegen Johnny konnte keiner von ihnen etwas ausrichten. Mit einem verschlagenen Grinsen wandte sich Johnny schließlich ab und sagte nur noch „Ciao Mädels“, bevor er schließlich verschwand. Während Anthony sich um Nathaniel kümmerte, eilte Vincent zu Harvey, der schlimm zugerichtet war, aber zumindest schnell wieder zu Bewusstsein kam. Gemeinsam halfen sie Christine und zogen die metallenen Stäbe aus ihren Handflächen heraus. Als sie nach Sally suchten, fanden sie diese neben der Haustür. Auch sie war bewusstlos, aber sie kam langsam wieder zu sich. Die Stimmung war auf dem absoluten Tiefpunkt und Hoffnungslosigkeit machte sich breit. Sie waren so nah dran gewesen und waren so vernichtend geschlagen worden. Im Alleingang hatte Johnny die restlichen Schlüssel in seinen Besitz gebracht und nicht einmal Christine hatte ihn aufhalten können. Thomas’ Arm war gebrochen, Harvey konnte kaum stehen und Sally war lediglich noch im Besitz ihrer Nekromantenkräfte. Am Schlimmsten aber ging es Nathaniel, obwohl dieser körperlich unversehrt war. Die Tatsache, dass Johnny ihn so eiskalt hintergangen hatte, obwohl dieser wie ein Bruder für ihn war, hatte ihm das Herz gebrochen und ihm die wohl wichtigste Bezugsperson genommen. Ähnlich ging es Harvey, der genauso verzweifelt und traurig aussah und das Gesicht in den Händen verbarg. Zusammengesunken kauerte er da, starrte ins Leere und führte Selbstgespräche oder sprach zumindest mit Chris, den nur er sehen und hören konnte. „Ich verstehe das nicht“, sagte er schließlich nach einer Weile. „Ich verstehe das einfach nicht. Was ist nur mit Johnny los?“ „Er ist ganz offensichtlich ein Verräter“, sagte Anthony schließlich und erhielt sogleich die Zustimmung von Thomas. „Er hat deutlich gezeigt, dass er uns töten wird, wenn wir ihm lästig werden, also sollten wir ihn auch als Feind betrachten.“

„Aber das kann ich nicht glauben!“ rief Harvey schließlich. „Johnny ist zwar ein Arschloch, das stimmt. Aber er ist kein Verräter. Ihr kennt ihn nicht so wie ich und ich weiß, dass das gerade eben überhaupt nicht seine Art war. Zwar prügelt er sich oft und er pöbelt auch rum, aber er hat niemals jene angegriffen oder gefährdet, die ihm wichtig waren. Er hat mir in der Vergangenheit mehrmals das Leben gerettet.“

„Dann hast du ihn offenbar nicht richtig gekannt, denn immerhin hat er dich vorhin fast krankenhausreif geprügelt. Selbst vor seiner Mutter hat er nicht Halt gemacht.“ Doch Harvey schüttelte nur traurig den Kopf, dann ging er zu Christine. Sie hatte zwar wieder das Bewusstsein wiedererlangt, litt aber immer noch starke Schmerzen und ihre Hände bluteten. Er begann damit, ihre Verletzungen zu versorgen, obwohl er selbst Erste Hilfe dringend nötig hätte und er blutete stark am Kopf. „Wie konnte das überhaupt passieren, Christine?“ fragte Thomas, während er seine Konstrukteurkräfte darauf konzentrierte, seinen verletzten Arm wieder zu richten. „Du hättest ihn von hinten überwältigen können, aber du hast gezögert. Warum?“

„Ich konnte das einfach nicht tun“, erklärte sie unglücklich und schien selbst nicht wirklich glauben zu wollen, was in ihren Ziehsohn gefahren war. „Es stimmt schon, dass Johnnys Rücken seine wohl einzig wirkliche Schwachstelle ist, aber ich hab es einfach nicht übers Herz gebracht, ihn ausgerechnet dort zu verletzen. Nicht nachdem, was passiert ist.“

„Wieso? Was ist passiert?“

„Als Pristine die Säuberung, also den Genozid einleiten wollte, hat sie unzählige Mischlinge einsperren lassen, darunter auch Johnny. Und sie hat jeden von ihnen gebrandmarkt, damit man sie immer als Abschaum identifizieren kann. Ich konnte leider nicht verhindern, dass sie auch Johnny so ein Brandzeichen verpasste. Die Verletzung ist niemals verheilt und bis heute hat er Schmerzen.“

„Verstehe“, murmelte Harvey und nickte. „Deshalb hat er sich ständig geweigert, einen Rucksack zu tragen und wollte nicht, dass jemand dicht hinter ihm ist. Und deshalb ist er auch schmerzmittelabhängig.“

„Schön und gut“, sagte Thomas und sein gereizter Ton war nicht zu überhören. „Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass er uns verraten hat.“

„Johnny ist kein Verräter“, warf Christine ein und schien dieselbe Meinung wie Harvey zu teilen. „Ich hab auch keine Ahnung, was diese Scheißaktion sollte, aber das ist einfach nicht seine Art und ich muss es wissen: Ich hab diesen kleinen Bastard großgezogen wie mein eigenes Kind. Zwar ist der Bengel kackendreist und frech obendrein, aber so etwas Bescheuertes würde selbst er nicht tun. Außerdem verstehe ich nicht, warum er Harvey und Nathaniel so behandelt hat. Nun gut, Johnny hat einen echt miesen Charakter und viele schlechte Angewohnheiten hat er sich von mir abgeguckt, aber dass er so heftig vorgeht, passt einfach nicht zu ihm. Irgendetwas ist da faul.“ Nachdem Christines Hände verbunden waren, begann sie nun selbst damit, sich Harveys Verletzungen anzusehen und die Platzwunde provisorisch zu nähen. Sally, die inzwischen wieder vollständig bei Bewusstsein war, hielt sich an Vincent fest, da sie zum Laufen noch etwas zu schwach war. „Wenn es stimmt was du sagst, dann stellt sich die Frage, warum er sich so aufführt.“

„Besteht die Möglichkeit, dass er von deiner Schwester manipuliert wurde oder mit irgendetwas erpresst wird?“ Tatsächlich war Christine dieser Gedanke auch schon gekommen und sie musste zugeben, dass Vincents Theorie gar nicht mal so unwahrscheinlich war. Als Nathaniel das hörte, schöpfte er neue Hoffnung. „Dann… dann ist Johnny gar nicht so gemein?“

„Sicher nicht. Ich gehe eher davon aus, dass dieser kleine Rotzbengel entweder manipuliert oder erpresst wird. Oder aber die dritte Variante: Er hat irgendeinen Plan, den er unter allen Umständen allein durchziehen will, aus welchem Grund auch immer. Jedenfalls hat er jetzt alle vier Schlüssel und es fehlt nur noch das Buch. Doch weder Papst Urban, noch irgendein anderer Mensch im Laufe der Geschichte, der mit Johnnys entfernten Erinnerungen geboren wurde, hat etwas über das Buch gesagt.“ Das war wirklich ein Problem. Wenn Christine Recht hatte und Johnny von seiner leiblichen Mutter erpresst wurde, dann würde es noch extrem gefährlich werden, wenn sie nicht nur die Schlüssel, sondern auch das Buch in ihrem Besitz hätte. Es wäre also besser, sie würden das Buch vor Johnny finden und ihn aufhalten, bevor noch ein Unglück geschah. Christine kam schließlich wieder auf die Beine und wandte sich zum Gehen, Harvey folgte ihr. Zuerst sahen die anderen ihnen schweigend nach, da rief Anthony „Und wo wollt ihr hin?“

„Das Buch suchen und Johnny als auch Pristine aufhalten gehen.“

„Und ihr glaubt, ihr könnt euch einfach so aus dem Staub machen?“ Harvey drehte sich um und sah den Konstrukteur verwundert an. „Wie meinst du das?“

„Na hör mal, wir sind als Gruppe losgezogen, um Thule aufzuhalten. Und jetzt bildet euch mal nicht ein, ihr könnt daraus jetzt eine Solo-Nummer machen, weil ihr glaubt, es ginge uns nichts mehr an, oder dass ihr Schuld an dieser Situation habt.“

„Aber die Situation ist zu gefährlich“, warf Christine schließlich ein. „Und ich kann nicht riskieren, dass ihr dabei alle draufgeht.“

„Das mag ja sein“, entgegnete Anthony und ging auf sie zu, wobei Nathaniel geduckt hinter ihm ging. „Aber als Freunde hilft man einander eben. Christine, du hast Sally und ihrer Familie beigestanden, als sie Hilfe gebraucht haben. Du bist für Thomas da gewesen und dank dir konnten wir Hannah retten. Dank Harvey haben wir es geschafft, Belphegor zu töten und ich denke, es ist an der Zeit, dass ihr auch mal unsere Hilfe annehmen solltet.“ Harvey war auf der einen Seite bewegt durch die Tatsache, dass Anthony ihn als Freund bezeichnete, aber er war auch besorgt. „Aber als Konstrukteure könnt ihr nichts gegen Johnny und Pristine ausrichten.“

„Wir haben schon genug andere Sachen geschafft, ohne unsere Gabe einsetzen zu können“, erklärte Vincent und deutete damit die Erlebnisse in der Traumwelt an. Immerhin hatten sie Belphegor, Mary Lane in Menschen- und Traumfressergestalt als auch Violas Spinnentraumfresser erledigt und waren noch am Leben. Nun gut, sie wurden vom Spinnentraumfresser getötet und im Anschluss von Sally wieder zurückgeholt… Aber beim zweiten Abenteuer in Somnia hatten sie sich besser geschlagen. Christine seufzte und schüttelte den Kopf. Aber dann musste sie schmunzeln. „Das ist das erste Mal, dass ein Mensch mich seinen Freund nennt. Oh Mann, ich muss völlig verrückt sein. Also gut, ihr könnt mitkommen. Aber ich kann nicht für eure Sicherheit garantieren.“ Als Anthony das hörte, wandte er sich zu Nathaniel. Diesem war anzusehen, dass er gerne mitkommen würde, aber sie wussten beide, dass das keine gute Idee war. Nathaniel konnte nicht kämpfen, geschweige denn, dass er seine Vivomantenkräfte unter Kontrolle hatte. Außerdem hatte er Angst davor, das Haus zu verlassen. Also strich er seinem Halbbruder über den Kopf und sagte ihm „Hör mal Nathaniel, es wäre vielleicht besser, wenn du hier bei Amducias bleibst, bis wir die Sache geklärt haben.“

„Aber meine Kräfte sind viel stärker als eure. Vielleicht kann ich Johnny und diese Pristine aufhalten, wenn ich mich anstrenge. Johnny war immer für mich da, jetzt möchte ich für ihn da sein. Bitte gib mir eine Chance.“ Er schien fest entschlossen zu sein und Anthony kannte es gut, wenn es bedeutete, jemandem helfen zu wollen, der einem wichtig war. Er musste sich an Thomas erinnern, der über 50 Jahre damit verbracht hatte, nach einer Möglichkeit zu suchen, seine Verlobte Hannah zu retten, die zu einem Monster namens Umbra geworden war. Und Vincent hatte im Institut unter Einsatz seines Lebens Anthony und den anderen Konstrukteuren damals zur Flucht verholfen. Wenn Nathaniel wirklich so fest entschlossen war, auch dieses Risiko auf sich zu nehmen und Johnny aufzuhalten, dann konnte er schlecht nein sagen. „Wenn du unbedingt möchtest, kann ich dich wohl schlecht abhalten.“

„Anthony“, kam es mahnend von Thomas. „Der Junge ist eine Gefahr für uns, wenn er seine Fähigkeiten nicht unter Kontrolle hat.“

„Deshalb werden wir uns aufteilen“, schlug Anthony vor. „Die einen werden nach Hinweisen zum Buch suchen, die anderen werden sich auf dem Weg zum Hauptsitz der Thule-Gesellschaft machen und Johnny dort abfangen. Ich schlage also vor: Thomas, Vincent und Christine, ihr werdet die Thule-Gesellschaft aufmischen. Sally, Harvey, Nathaniel und ich werden in der Zwischenzeit versuchen, das Versteck des Buches zu finden. So schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe. Ihr geht los, sobald Sally es geschafft hat, Pristine aufzuspüren. Das sollte doch nicht so schwer sein, oder?“ Sally war sich nicht ganz so sicher, denn seit Johnny ihr den vierten Schlüssel abgenommen hatte, war ihre Kraft nicht mehr dieselbe. Nun gut, sie war immer noch eine unglaublich starke Nekromantin, die eine zweite Backwater-Tragödie verursachen konnte, aber ob sie eine nichtmenschliche Aura auf der ganzen Welt orten konnte, war eine andere Sache. Sie versprach aber, es trotzdem zu versuchen und ihr Bestes zu geben. Da sie sich erst einmal von der heftigen Abreibung erholen mussten, legten sie eine Zwangspause ein, in der Amducias für sie eine kleine Stärkung vorbereitete. Anthony selbst verbrachte auffällig viel Zeit mit Nathaniel, was besonders Vincent und Harvey sofort bemerkten. „Wie es scheint, hat Anthony geschwisterliche Gefühle für Nathaniel entdeckt.“

„Ich denke eher, es ist sein angeborener Beschützerinstinkt, weil Nathaniel ein sehr hilfloser und unselbstständiger Mensch ist“, entgegnete Harvey, während sie sich diese Szene ansahen. „Dass Nathaniel auch ein Opfer von Hinrich war, hat bei ihm sozusagen einen Schalter umgelegt. Anthony sieht sich immerhin in der Verantwortung, alle Untaten Hinrichs wieder gutzumachen. Aber ich denke, dass die geschwisterlichen Gefühle noch kommen. Nathaniel scheint durch seine überaus starke positive Energie schnell bei anderen Vertrauen zu erwecken und die Sympathien anderer Menschen zu gewinnen.“ Vincent nickte und betrachtete die beiden Halbbrüder zufrieden. Harvey sah schließlich zur Seite und bemerkte wenig später „Was? Du auch? Hey pass auf, sonst werde ich noch eifersüchtig.“

„Offenbar scheint Chris ihn auch zu mögen.“

„Er findet ihn so niedlich, dass er ihn am Liebsten umarmen würde.“ Harvey entschuldigte sich kurz und ging zu Christine, um mit ihr zu reden. Da Sally sich auf ihre Suche konzentrieren musste, gesellte sich Vincent zu Thomas, der immer noch ziemlich gereizt war und sich auf die Heilung seines Arms konzentrierte. „Und? Was macht der Arm?“

„Es dauert noch ein paar Minuten. Aber eines steht fest: Sollte ich herausfinden, dass Johnny uns wirklich aus böser Absicht betrogen hat, werde ich ihm den Kopf abschlagen. Ganz egal, was die anderen sagen werden.“ Wirklich verübeln konnte Vincent ihm das nicht, immerhin war das eine echt fiese Aktion gewesen und es fiel ihm auch schwer, wirklich zu glauben, dass Johnny nicht aus Bosheit so gehandelt hatte. Aber er kannte ihn auch nicht so gut wie Harvey und Christine und konnte sich deshalb kein Urteil bilden. Selbst Anthony und Sally, die schon vorher in Bayern mit Johnny Bekanntschaft gemacht hatten, wussten ihn nicht wirklich einzuschätzen. Aber wenn Harvey und Christine der Auffassung waren, dass das alles eine Scharade von Johnny war, um seine wahren Absichten zu verschleiern, dann mussten sie die Wahrheit herausfinden.



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