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Misfits: Kreuzdame

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von

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Lukas - Wieder Zuhause Pt. 2

Für die nächsten paar Tage dachte ich tatsächlich an nichts anderes als an Genesis' Worte. Ein weiteres Mal trafen wir uns, diskutierten das Thema Gaara solange aus, bis ich zu dem Entschluss kam, dass ich wirklich mit ihm reden wollte. Fest nahm ich mir vor, dass ich solange wartete bis ich wieder in Berlin war. Wenn mein Verlangen den Streit zu klären bis dahin nicht verklungen war, würde ich die Sache angehen. Auch, wenn ich bereits jetzt Angst davor hatte. Was, wenn Genesis und Simon sich nun täuschten und er nichts mehr für mich empfand? Doch dieses Risiko musste ich eingehen, wie Genesis mir klar machte. Besser, als es nie versucht zu haben und es für ewig zu bereuen. An Weihnachten war ich mit den Gedanken nicht ganz beisammen, unterhielt mich nur halbherzig mit dem Rest der Familie. Wir feierten bei einer meiner beiden Onkel, bei dem mit dem größeren Haus und dem viel größeren Wohnzimmer, in welchem alle Platz fanden. Der Küchentisch wurde herüber getragen und zu doppelter Größe ausgezogen und wie immer herrschte ein totales Chaos. Ich war der Älteste der 'Kinder' und bekam deswegen die Aufgabe erteilt auf die Jüngeren ein wenig aufzupassen.
 

Eine Weile lang waren wir draußen im Park, welcher unweit vom Haus entfernt war. Auf einer der Bänke ließ ich mich nieder, schaute gedankenversunken zu, wie die Anderen zusammen Fußball spielten. Hier unten in Nordrhein-Westfalen lag keinerlei Schnee, nicht einmal grauer Matsch, verglichen mit Berlin war es nicht einmal richtig kalt. Schließlich schaffte es der neunjährige Leon, unser Jüngster, mich dazu zu überreden mit zu spielen. Es lenkte mich ein wenig von meinen Gedanken ab, doch als wir von unseren Eltern zum Essen rein gerufen wurden, versank ich wieder in meinen Überlegungen. Geistig abwesend saß ich am Tisch, während alle Anderen miteinander am plaudern und herum albern waren. Es gab so viel unterschiedliches zu Essen, dass ich mich kaum entscheiden konnte. Schließlich wurde das allgemeine Gesprächsthema auf etwas gelenkt, was mir nicht gefiel, doch dies bemerkte ich erst, als ich von meiner Mutter an gestupst wurde. Verwirrt blickte ich auf, stellte fest, dass alle Blicke auf mir lagen.
 

„Milena sagte, du möchtest uns etwas mitteilen“, sagte einer meiner beiden Tanten mit einem freundlichen Lächeln. Sogleich warf ich Mum einen Todesblick zu. Das konnte doch jetzt nicht ihr Ernst sein...

„Es ist nichts Wichtiges“, winkte ich ab. „Nichts worüber man sprechen müsste.“

„Lukas, es wird langsam Zeit“, sagte Mum leise.

„Wieso sollte ich es überhaupt erzählen?“, murrte ich. „Das ist nichts besonderes.“

„Es ist aber doch nicht unwichtig.“

„Dränge ihn doch nicht dazu“, schaltete sich nun auch Alex ein.

„Milena, wenn er nicht darüber reden möchte, dann muss er es doch nicht“, sagte einer meiner Tanten.

„Er soll sich nicht so zieren!“, beschwerte sich Oma.

„Du musst es jetzt aber erzählen“, jammerte meine dreizehnjährige Cousine Alicia. „Ihr habt uns total neugierig gemacht!“

„Ja, das wäre voll unfair, wenn du es jetzt nicht sagst“, stimmte ihre ältere Schwester Laura zu.

„Aber, wenn er doch nicht will“, sagte ihr Vater mit verzogenem Gesicht. Und schon entbrannte eine Diskussion darüber, ob ich ihnen erzählen sollte, was ich zu verbergen hatte oder nicht. Von allen Seiten redeten sich auf mich ein. Mum schien langsam zu verstehen, dass sie einen Fehler gemacht hatte und Alex verdrehte nur genervt die Augen. Überfordert hielt ich mir mit beiden Händen den Kopf, während ihre Stimmen immer lauter wurden. Schließlich wurde mir das Chaos zu viel. Mit einem Mal war ich auf den Beinen und verkündete so laut, dass ich jeden Einzelnen übertönte: „Ich bin schwul!“
 

Augenblicklich kehrte Stille ein. Im nächsten Moment wurde mir bewusst, wie peinlich die Situation war. Das Blut schoss mir in den Kopf und ließ mich knallrot werden. Am Liebsten hätte ich sofort die Flucht ergriffen, doch ich wusste, dass mir das nicht viel bringen würde. Einige Sekunden des Schweigens musste ich ertragen und sie fühlten sich wie Ewigkeiten an, unerträglich. Verbittert presste ich die Lippen aufeinander.

„Okay“, ergriff dann eine meiner Tanten das Wort, die Jüngere, die vom Beruf auf Friseurin war und von der ich auch eigentlich wusste, dass sich einen schwulen Kollegen hatte, mit dem sie sich ständig außerhalb der Arbeit traf. „Ich dachte schon, es wäre etwas Schlimmes vorgefallen.“

„Dachte ich auch“, stimmte ihr Ehemann zu, ein muskulöser Mann mit Tätowierungen auf beiden Armen, von dem ich, wenn ich etwas darüber nachdachte, wusste, dass er sich seine Tattoos in einem Studio stechen ließ, welches von einem lesbischen Pärchen geführt wurde. Das waren die Tätowiererinnen seines Vertrauens, wie er mir einmal erzählt hatte. Auch die Söhne der Beiden nahmen es mit einem Schulterzucken auf.

„Ist doch voll okay“, meinte der sechzehnjährige Konrad. Sein jüngerer Bruder war gerade mal acht Jahre alt und blickte mit großen Augen zu seiner Mutter auf.

„Das heißt, Lukas liebt Männer, oder?“

„Ja, richtig.“

„Okay.“

Mehr nicht. Er akzeptierte es einfach, ohne es infrage zu stellen oder sich Gedanken darüber zu machen und ebenso reagierte auch der Rest meiner Familie. Langsam setzte ich mich wieder auf meinen Stuhl und nun schämte ich mich dafür, geglaubt zu haben, sie würden meine Homosexualität nicht akzeptieren. Neben mir grinste sich Mum einen. Auch, wenn ihr Vorhaben gut verlaufen war, würde sie später noch von mir Ärger bekommen, dass sie mich dazu gezwungen hatte. Bloß Oma war alles andere als begeistert, doch das hatte ich bereits erwartet und eigentlich war es auch klar gewesen, schließlich war sie konservativ erzogen wurden.
 

„Zu meiner Zeit galt so etwas noch als Krankheit!“, meckerte sie und klopfte mit dem Zeigefinger auf die Tischplatte. „Daran ist alleine der Tod deines Mannes Schuld, Milena. Danach hat er diese Probleme bekommen.“

„Mutter“, entfuhr es Mum wütend. „Es gibt nichts wofür jemand Schuld sein könnte.“

„Es ist eine psychische Störung -“

Eine Diskussion entfachte, die hauptsächlich darauf basierte, dass alle auf Oma einredeten, während sie bei ihrem Standpunkt blieb. Erst als Alicia, gerade einmal zwölf Jahre alt, sich einschaltete, wurden alle ruhig und hörten ihr zu.
 

„Aber das ist doch Schwachsinn“, sagte sie an Oma gerichtet. „Eine psychische Störung würde Lukas doch schaden und in einen Jungen verliebt zu sein, schadet ihm nicht.“

„Na, das verliebt sein vielleicht nicht, aber wenn er mit ihm Sex hat, bekommt er Aids.“

„Um Himmels Willen“, stöhnte Alex. Als wir uns anblickten, mussten wir seltsamerweise anfangen zu lachen. Wir bekamen regelrecht einen Lachanfall, der erst vom Rest mit schiefen Blicken kommentiert wurde, bis dann auch andere mit einfielen. Mit Oma konnte man wirklich nicht reden, aber so war sie nun einmal. Sie war schon zu alt, um noch bekehrt zu werden, dafür sah es bei den jüngeren Generationen sehr gut aus, was die Toleranz anging...
 

Am Ende war das Weihnachtsfest doch gar nicht so schlimm gewesen, wie anfangs befürchtet. Zu meinem Überraschen bekam ich eine PS3 geschenkt, was ich wirklich nicht erwartet hatte. Dafür gab es jedoch auch nichts anderes, außer einem Plüschhund, den mir Alicia von ihrem eigenen Taschengeld gekauft hatte. Zur Erklärung sagte sie, dass sie von Joker erzählt bekommen hatte, den ich nicht hatte adoptieren dürfen, zum Trost bekam ich nun also ein Stofftier. Darüber freute ich mich beinahe mehr als über die Konsole. Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Nur, wenn ich abends im Bett lag und die Nacht herein brach, zogen sich die Stunden wie Ewigkeiten, denn dann hatte ich Zeit nachzudenken und natürlich ging mir Gaara nicht aus dem Kopf. Mein Verlangen mit ihm zu reden, wurde von Tag zu Tag stärker. Dementsprechend positiv überrascht war ich, als ich am Silvesterabend von ihm eine Nachricht erhielt. Mehr als 'Frohes Neues' stand zwar nicht drin, doch alleine die Geste zählte. Ich schrieb ihm 'Dir auch' mit einem Smiley dahinter zurück und konnte in dieser Nacht nicht mehr aufhören zu schmunzeln. Durch diese simple SMS hatte sich meine Laune um Einiges gehoben und Silvester wurde zu einer absolut genialen Feier.
 

Das Dorf lag in einem Tal. Es gab in den „Bergen“, soweit man die Hügel als solche bezeichnen konnte, viele Plätze an denen man sich mit einer großen Gruppe sammeln konnte. Auch wir suchten uns mit allen Freunden eine freie Fläche von der aus man einen tollen Blick über das Dorf hatte. An Mitternacht ließen wir Raketen fliegen, schauten zu wie die bunten Lichter im schwarzen Himmel explodierten und das Echo des Feuerwerkes von überall erwidert wurde. Alkohol floss in Mengen und mit Genesis teilte ich mir mal wieder einen Joint, all diese Drogen stiegen mir ziemlich schnell in den Kopf und nur kurze Zeit später, waren wir alle miteinander ziemlich lustig. Zumindest fand ich die Anderen unglaublich lustig, über alles und jeden war ich am Lachen. Gegen drei Uhr ließ die Wirkung dann nach und ich fand mich zwischen Simon und Lynn sitzend im Gras wieder. Beide Arme schlang ich um meine Knie, die ich an meinen Körper heran gezogen hatte. Obwohl ich eine Winterjacke trug, war ich am Frieren, hatte die Kapuze über meinen hellbraunen Haarschopf gezogen und ein Schmunzeln auf meinen Lippen.
 

„Ich weiß nicht, warum, aber ich finde das Leben gerade schön“, teilte ich ihnen mit.

„Ach echt?“, wunderte sich Simon, der eine Zigarette am Rauchen war und eine Augenbraue skeptisch hoch zog. „Obwohl du so einen Stress mit Gaara hast?“

„Obwohl einer deiner Freunde Drogenprobleme hat und dich abweist?“, sagte Lynn, die eine Jacke von Adrian über ihrem Körper trug, um sich zusätzlich Wärme zu spenden. Die Arme hatte sie ineinander verschränkt, rieb sich mit den Händen über die Oberarme. „Und, obwohl es gerade echt scheiße kalt ist?“

„Und deine Oma meint, du wärst psychisch krank, weil du schwul bist?“, fiel Simon ein.

„Ich glaube, uns fällt noch mehr ein“, meinte Lynn.

„Ihr braucht nicht weiter zu machen.“ Mein Schmunzeln wurde zu einem Lächeln, ich legte den Kopf in den Nacken und betrachtete die Sterne, die sich über uns wie ein Zelt ausbreiteten. „Ich habe gesagt, ich finde es gerade schön. Dieser Moment, mit euch Beiden mal wieder zusammen zu sein, nur zu Dritt, das macht mich echt glücklich.“

„Vielleicht hast du auch etwas zu viel gekifft“, bedachte Simon.

„Ach, sei doch leise!“, sagte Lynn empört. „Was Lukas gesagt hat, war gerade soo schön.“
 

Sie umgriff meinen Arm mit ihren Händen, ließ sich gegen meine Schulter fallen und schloss lächelnd die Augen. „Ich finde es auch gerade schön.“

Simon und ich wechselten stumme Blicke. Er sah ein wenig traurig aus. Vermutlich dachte er wieder daran, wie sehr er mit Lynn zusammen sein wollte und, wie wenig ihm dies möglich war. Ich hoffte sehr für ihn, dass er darüber hinweg kommen würde oder, dass Lynn vielleicht ebenfalls Gefühle für ihn entwickelte, obwohl ich mir dies kaum vorstellen konnte. Für sie waren wir schon immer wie Brüder gewesen.
 

Erst gegen sechs Uhr morgens beendeten wir unsere Feier. Vollkommen durch gefroren fiel ich im Gästezimmer meiner Oma in mein Bett, konnte jedoch nicht lange schlafen, da sie um neun Uhr darauf bestand, dass wir alle gemeinsam frühstückten. Am ersten Tag des neuen Jahres tat ich aufgrund von Müdigkeit somit nicht allzu fiel. Nur zwei Tage später packten wir unsere Sachen und machten einen Großputz im Gästezimmer, den vor allem Alex genervt aufnahm. Alle paar Minuten begann sie zu fluchen, meistens auf Oma. Zu Zweit brauchten wir zum Glück nicht allzu lange für das Putzen, obwohl Oma nicht sehr zufrieden mit dem Ergebnis war.

„Milena, du musst den Beiden wirklich beibringen, wie man ein Zimmer putzt. Diese Schmieren am Fenster sind einfach nicht schön anzusehen! Das mache ich morgen noch mal selbst!“

„Du hättest es einfach direkt selbst machen können“, zischte Alex neben mir säuerlich, sodass nur ich es hören konnte. Sofort musste ich kichern, bekam jedoch einen Todesblick von Oma zugeworfen und hörte direkt damit auf. Nun war es an Alex leise zu prusten. Zum Glück rettete uns Mum aus der Situation, die so schnell wie möglich losfahren wollte, damit wir nichts erst spät abends in Berlin ankamen.
 

Vor dem Haus erwartete uns ein Abschiedskomitee bestehend aus Simon, Lynn, Genesis, zwei von Alex' Freunden aus Nordrhein-Westfalen und einem Teil unserer Familie. Küsse und Umarmungen wurden verteilt, jeder gab jedem noch einen Satz mit auf den Weg, zuletzt verabschiedete ich mich von meinen Freunden.

„Hol ihn dir zurück“, sagte Genesis und hob die Faust, damit ich mit ihr einschlagen konnte.

„Und richte allen einen schönen Gruß aus“, kam es von Lynn, die mich zum Abschied auf die Wange küsste.

„Vor allem Noah“, meinte Simon.

Nach einem langen Hin und Her stiegen wir schließlich in bepackte Auto und fuhren los. Bereits nervös schaute Mum in den Himmel, sie hasste es im Dunkeln zu fahren, weshalb sie ganz schön schnell fuhr als wir auf der Autobahn landeten. Die erste Hälfte der Fahrt verbrachte ich mit Musik hören, Herumalbern mit Alex und meinen nervösen Gedanken. Heute würde ich nicht mehr mit Gaara sprechen, aber Morgen... ja, am Besten so schnell wie möglich, bevor ich mich nachher doch nicht traute. Aber, was sollte ich ihm sagen? Wie sollte ich anfangen? Vielleicht sollte ich mich vorher noch einmal mit Noah und Hannah besprechen, die wussten bestimmt Rat.
 

Ich packte mein Handy aus, da ich den Beiden eine SMS schreiben wollte, ob sie noch heute oder wenigstens morgen Zeit hatten und stellte fest, dass ich fünf verpasste Anrufe hatte. Zwei von Samantha, drei von Noah. Verwirrt entschied ich mich dazu erst einmal Sam anzurufen, da sie mich als Erstes erreichen wollte, obwohl die Anrufe der Zweien in der Zeit nicht weit auseinander waren. Eine Weile lang klingelte ich ihr Handy an, dann nahm sie ab.

„Lukas, wo bist du gerade?“, fragte sie vor jedem Hallo.

„Ehm, noch auf der Autobahn“, antwortete ich. „Wir fahren vielleicht noch drei Stunden... zwei, wenn meine Mutter weiter so aufs Gas drückt.“

„Das habe ich gehört“, kam es von vorne empört.

„Dann kommst du zu spät“, sagte sie und seufzte schwer. „Ich will dich nicht beunruhigen, die Besucherzeit ist schon vorbei, wenn du in Berlin ankommst, aber... ich gehe einfach mal davon aus, du willst hingehen.“

„Besucherzeit?“ Mir wurde plötzlich ganz flau in der Magengegend. „Wovon redest du? Was ist passiert?“

„Gaara liegt im Krankenhaus.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Morphia
2014-07-05T14:44:35+00:00 05.07.2014 16:44
Oh mein gott was ist passiert?
Schreib schnell weiter.

Ps: Lukas' Oma ist scheiße. :P
Von:  tenshi_90
2014-07-05T10:46:58+00:00 05.07.2014 12:46
Ohje.. das ist natürlich nicht schön... hoffe es ist nichts schlimmes.


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