Zum Inhalt der Seite

Not all those who wander are lost

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

New Eden

The sound of iron shocks is stuck in my head,

The thunder of the drums dictates

The rhythm of the falls, the number of dead's

The rising of the horns, ahead
 

This deadly burst of snow is burning my hands,

I'm frozen to the bones, I am

A million mile from home, I'm walking away

I can't remind your eyes, your face
 

Iron - Woodkid
 

~*~*~*~*~*~*~*
 

1. New Eden
 

Schwer atmend schloss sie die Augen. Das war surreal. Ein Traum? Eine Halluzination? Das letzte was sie nehmen würde waren irgendwelche Mittel um ihr Bewusstsein zu erweitern. Sie brauchte einen klaren Verstand für ihre Arbeit, keinen benebelten. Doch genau der sagte ihr gerade, dass sie immer noch in einem fensterlosen Raum war mit nichts weiter als einem Bett, wobei Bett noch etwas zu luxuriös klang. Eine Matratze traf es eher. Die Toilette an der Wand war fest verschraubt und ließ ihr die bittere Galle hoch steigen. Außerdem war da noch die verwaiste Glühbirne an der Decke, die nur spärliches Licht von sich gab und den Raum in ein Halbdunkel warf. Ab und zu flackerte sie, aber erloschen war sie bisher noch nicht. Die Türe als einziger Fluchtweg war verschlossen und sowohl die großen Nieten, als auch nahezu perfekten Schweißnähte sagten ihr: Es gab keinen Ausweg. Logischer Weise konnte man die Türe nur von außen öffnen. Hier gab es nicht einmal ein Schlüsselloch, eine Luke, ein vergittertes Fenster. Am eigenen Leib trug sie lediglich ihr verschmutztes Tanktop, das bereits grau war, anstatt ursprünglich der ursprünglichen weißen Färbung. Eigentlich hatte sie darüber noch eine Lederjacke getragen, doch die war verschwunden, zusammen mit ihren Schuhen. Nur noch die braune Cargohose war da, aber ohne Gürtel und selbstverständlich auch ohne Waffen. Sie war eine Gefangene! Ihr Schädel pochte und als sie sich an die Stirn fasste, fühlte sie neben einem stechenden Schmerz auch ein Pflaster. Also war sie versorgt worden und das hier sah so aus, als hätte man es geplant. Tränen der Verzweiflung stiegen in ihr auf und am liebsten hätte sie geweint. Doch sie wollte – wer auch immer das war – nicht gewinnen lassen. Also blieb sie regungslos auf der unbequemen Matratze sitzen und starrte an die leere Zellenwand. Ihre Augen waren noch immer glasig, doch sie erlaubte keiner Träne die Flucht. Warum saß sie hier fest? Was war der Zweck? Fieberhaft durchsuchte sie ihre Erinnerungen.
 

Coralie war ganz normal mit einer Gruppe Templer aufgebrochen um einige Teile von Nova II zur Zitadelle zu bringen. Dort waren die letzten Montagearbeiten beendet worden und jetzt ging es ans verkabeln und anschließen. Das Projekt selbst war streng geheim und die B.E.R.P. war bekannt für ihre Verschwiegenheit. Auch sie hatte mit niemand anderem als Hugo und Axlrod darüber geredet. Natürlich noch ein paar Mitarbeiter, die sie in dem Projekt unterstützten. Aber … aber sie konnte nicht glauben, dass einer von ihnen Interesse hätte, Nova zu sabotieren. Die Einzelteile in der Lieferung waren so vollkommen nutzlos. Die Baupläne selbst lagen schon lange in den Tresoren von B.E.R.P. und der Zitadelle. Bastienne wusste worum es ging. Ein Fusionsreaktor war kein Spielzeug, sondern könnte in eine … Bombe verwandelt werden. Ja, eine Bombe. Was wenn es gar nicht um das Material ging. Nein, nein. Das konnte nicht sein. Fox I war ein Betriebsgeheimnis. Niemand wusste, dass sie es bauen konnte, dass die Technologie existierte. Ihr Atem beschleunigte sich als die Panik in ihr wuchs und sie zu überwältigen drohte. Am liebsten hätte sie sich übergeben, doch ihr Körper zitterte so sehr, das sie nicht einmal aufstehen konnte.
 

Wie lange sie dort saß und sich nicht rührte, wusste sie nicht, doch die Platzwunde verlangte ihren Tribut, sodass sie sich auf der Matratze einrollte und einschlief. Es war kalt, nicht so, dass sie zu erfrieren drohte, aber genug um nur in einen unruhigen Schlaf zu fallen. Nicht, dass es wirklich etwas brachte. Die ganze Situation hinderte sie daran mehr oder weniger zu schlafen und als sie Stunden später hoch-schreckte, starrte sie in tiefgrüne Augen. Die blonden Haare der Frau waren zu einem strengen Zopf gebunden und ihr Gesicht zeigte keine Regung. Stattdessen legte sie einfach nur eine Decke ab und etwas zu Essen. Ihre ganze Haltung sagte nur eines: Greif mich an und ich breche dir sämtliche Knochen. An ihrer Jacke prangerte ein Namensschild mit der Aufschrift: Cpt. Bishop. Schon jetzt ließ sie den Fluchtplan fallen, der bisher nur aus Improvisation bestand. An diesen gestählten Muskeln würde sie nicht vorbei kommen, also bewegte sie sich keinen Zentimeter, während die Frau geschmeidig wie eine Katze den Raum verließ. Das war so unheimlich. Coralie hatte sie nicht einmal gehört, weder beim Eintreten noch beim verlassen. Es dauerte ein paar Minuten bis das Adrenalin wieder auf Normalpegel war und sie das Essen inspizierte. Nichts anderes lag auf dem Tablett. Es war weder karg, noch zu aufwendig. Man wollte sie also nicht aushungern lassen. Wobei es schon an ihrer Psyche zehrte. Während sie das Essen verschmähte, nahm sie die Decke an und rollte sich darin ein. Es machte ihre Situation nicht unbedingt besser, aber wenigstens zitterte sie nicht mehr wie Espenlaub. Noch immer war sie müde und lehnte sich entsprechend an die kühle Metallwand an, an welcher sie eindöste. Das nächste Mal weckten sie tatsächlich Schritte, aber dieses Mal war es ein Mann, der ebenso wortlos das Essen wieder mitnahm. „Warum bin ich hier?“, fragte sie ihn, bekam aber keine Antwort. Er verschwand ohne Notiz von ihr zu nehmen.
 

Coralie konnte nicht sagen wie viel Zeit verging, ob Tage oder Stunden. Lediglich am Essen bemerkte sie die Zeit, aber es kam so regelmäßig, dass sie jedes Gefühl dafür verlor. Waren es drei Mahlzeiten am Tag? Oder vier, weil sie nicht einmal so etwas wie Nachtruhe ausmachen konnte. Die Frau vom ersten Mal tauchte nicht wieder auf, dafür aber der Mann, der immer derselbe war. Eingesperrt in einen Metallkäfig hatte man genug Zeit, um sich über alles mögliche Gedanken zu machen. Deswegen ging sie davon aus, dass die Frau sie nur gemustert hatte. Ob sie vielleicht gefährlich war. Aber stattdessen hatte sie sich ruhig verhalten, wenngleich sie immer wieder den „Essensbringer“ anfauchte. Nicht, dass er sich beeindruckt zeigte. Sie war ein eingesperrtes Hauskätzchen, nicht ein Tiger. Nein, von ihr ging so keine Gefahr aus. Also gab sie es auf und saß einfach nur da. Hin und wieder bewegte sie sich etwas um ihre verspannten Muskeln zu lockern, doch letztendlich gab es nichts zu tun und das weiß Gott wie lange.
 

Es fühlte sich an wie ein Jahrhundert, als sich die Türe plötzlich wieder öffnete und die blonde Frau wieder eintrat, gefolgt von zwei bewaffneten Männern. Sie selbst war auch bewaffnet und vermutlich mehr als man auf den ersten Blick sehen konnte. Verunsichert sah sie die drei an, war aber nicht verwundert als sie aufgefordert wurde, ihr zu folgen. Was jetzt? Das hatte sie sich schon die ganze Zeit gefragt, aber die Zelle hatte ihr bisher so etwas wie Schutz geboten, zumindest hatte es sich so angefühlt. Aber sie ahnte schon, dass es jetzt dumm wäre, sich zu verweigern. Die zwei Gorillas sahen nämlich nicht so aus als würden sie Probleme haben, sie quer durch den Komplex zu schleifen. Außerdem würden sie ein Nein auch kaum akzeptieren. Also blieb ihr nichts anderes übrig als aufzustehen und ihnen zu folgen. Ihre Haare hingen strähnig an den Seiten hinab und ihre Locken waren schon kurz vor dem Verfilzen angelangt. Bald schon gab es nur noch die Schere und keine Bürste mehr. Tapsend folgte sie ihr und wenn sie nicht schnell genug war, dann bekam sie eines der Maschinengewehre in den Rücken.

„Au …“, zischte sie entnervt und warf ihrem rechten Begleiter einen bösen Blick zu, doch auch hier gab es nur Schweigen als Antwort. Am liebsten hätte sie wieder Fragen gestellt, wäre damit raus geplatzt und hätte wie ein kleines Kind gestreikt. Aber der Schubser tat schon weh – was geschah wenn sie stehen blieb? Hauptsächlich gingen sie nach oben, durch ein kleines Treppenlabyrinth, ehe die Umgebung etwas freundlich wurde und sie hier und da ein paar Fenster passierten. Leider waren sie zu klein und ihr Gang zu schnell als das sie wirklich etwas erkannte. Eines war sicher – an diesem Ort war sie noch nie gewesen. Als sie endlich am Ziel waren, zumindest ging sie davon aus, klopfte die Frau an der Türe und trat erst ein als sie darum gebeten wurde.
 

Das Büro war groß und recht wohlhabend eingerichtet. Das sah man auf den ersten Blick und Coralie verzog entsprechend das Gesicht, wobei sie das tarnen konnte durch die Sonne, welche den Raum förmlich flutete. Während sie ihre Hände noch nutzte um ihre Augen abzuschirmen, wurden die Soldaten entlassen. Etwas verwirrt drehte sich die Handwerkerin um und sah ihnen hinterher. „Willkommen! Ich bin mir sicher, Sie werden bereits festgestellt haben, dass an ein Entkommen gar nicht zu denken ist. Ich nehme daher an, dass Sie mir Ihre vollste Aufmerksamkeit schenken.“, waren seine ersten Worte und damit hatte er wieder seine Aufmerksamkeit. Endlich hatte sie sich an das Gegenlicht gewöhnt und konnte die eher schmächtige Gestalt hinter dem Schreibtisch ausmachen. „Für den Anfang möchte ich mich aufrichtig dafür entschuldigen, dass man Ihnen keine bessere Behandlung zukommen lassen hat, doch ich befürchtete, dass Sie unsere Gastfreundschaft nicht zu schätzen wüssten.“

Er klang so süffisant, mit einer samtigen Stimme, der man am liebsten alles geglaubt hätte. Aber nach dem sie überfallen, entführt und gefangen gehalten wurde, war ihr nicht danach, irgendetwas zu glauben. Ohne ihn weiter zu beachten sah sie sich in dem Raum etwas um, wobei sie abschätzig das Gesicht verzog. Weder sie noch ihr Vater hatten jemals Luxus gewollt oder gebraucht, obwohl die Einnahmen der B.E.R.P. genug übrig ließen. Die Firma florierte, aber es gab in ihren Augen wichtigeres und das hatte sie geeint. Deswegen war sie die Erbin des Konzerns und seine Ziehtochter, letzteres weil er sie erzogen hatte. Er hatte sein Ebenbild mehr oder weniger geformt, aber Cora war wegen der fehlenden Erziehung nicht böse, Nein, sie würde es kaum anders machen. Sie war wie ihr Vater und das war gut so. Misstrauisch musterte sie den Mann der vor ihr Stand, wobei Mann relativ war. Er sah aus wie ein Junge, einer der mit einer Lupe einen Ameisenhaufen anzünden würde. Die Symbole auf den Akten und auch draußen an den Fahnenmästen waren eindeutig.
 

Das hier war die Paradise Federation. Aber vor ihr war nicht Präsident Joiner sondern Edgar Monterano. Ein Berater des Eroberers und inoffizielle rechte Hand. Normalerweise interessierte sie sich nicht für Politik, aber durch Bastienne hatte sie leider zu viel von der Federation erfahren. Damit waren auch Bilder von ihm in ihre Hände gefallen. Er war wichtig, aber die Templer stuften ihn einfach nur als Handlanger ein. Nach mehr sah er auch nicht aus. So schmal und schmächtig – er war sogar kleiner als sie selbst. Verstimmt presste sie die Kiefer aufeinander und schwieg weiterhin. „Ich darf mich vorstellen? Mein Name ist Edgar Monterano.“, stellte er sich schließlich freundlich vor – zu freundlich – als er merkte, dass sie nicht vorhatte zu antworten. Erneutes Schweigen. „Es ist nicht einfach, eine Unterhaltung zu beginnen, wenn man keine Antworten erhält… Das ist – kurz formuliert – ausgesprochen unhöflich.“, tadelte er sie. „Als wäre Entführung und Freiheitsberaubung höflicher.“, zischte sie gereizt und entlockte ihm nur ein müdes Lächeln. Rechts von ihr stand ein kleiner Besprechungstisch mit hölzernen Stühlen, während links sich ein paar Bücherregale türmten, die fast schon zwanghaft ordentlich eingeräumt waren. Ebenso der Schreibtisch, der übermäßig sauber war. An ihrem eigenen konnte man nicht einmal erkennen ob er aus Holz oder Metall war, so viel lag darauf. „Was willst du von mir?“ Ihre Stimme war schneidend, wie ein frisch geschärftes Messer. „Nicht doch! Wir wollen den geschäftlichen Teil doch nicht gleich überstürzen… Kann ich Ihnen einen Tee anbieten?“, fragte er höflich und deutete auf den Tisch. Erst jetzt bemerkte sie die Porzellankanne und die passenden Tassen. Sie mussten sündhaft teuer sein. So ein kleines Prinzesschen. „Warum bin ich hier?“ Der Tee interessierte sie nicht, dafür hatte sie die angestaute Wut gepackt, welche sie dazu brachte die Hände zu Fäusten zu ballen.
 

Fast schon theatralisch seufzte Edgar und ging zum Tisch um sich selbst etwas einzuschenken. „Wirklich nicht? Ich hätte gedacht, dass Sie eine heiße Tasse begrüßen würden, nachdem Sie in letzter Zeit nur abgestandenes Wasser erhalten haben“, fragte er noch einmal, aber dieses Mal ging sie zu ihm. Wenn er spielen wollte, bitte, dann war sie jetzt der Gast, welcher höflich eingeladen worden war, nicht die verschmutzte Gefangene welche Barfuß vor ihm stand. Nachdem er ihr eingeschenkt hatte, nahm sie die Tasse in die Hand, setzte sich aber weder auf den dargebotenen Stuhl, noch trank sie einen Schluck. „Wenn man das Ödland ein wenig im Auge behält, registriert man mit der Zeit überaus interessante Dinge… Nun und auch dein – ich darf dich doch duzen? – großes Talent für Technologie gehört dazu…“ Sein Grinsen war überaus selbstgefällig. Das war aber eine nette Umschreibung und Nein, er durfte sie nicht duzen. Aber das konnte er sich denken. Wie bei allem überging er ihre Unwilligkeit, den Gesichtsausdruck oder ihre Augen, die ihn aufspießten.
 

„Damit hängt deine kleine Reise zum roten Kastell doch zusammen, nicht wahr? Wie so oft in den letzten Jahren…“ Man hatte sie überwachen lassen? Fast augenblicklich verwandelte sich die Wut in Schock und Fassungslosigkeit. „Überrascht? Natürlich bist du überrascht.“ So eine verführerische Stimme. „Ich muss gestehen, dass ich mich eine gefühlte Ewigkeit gefragt habe, was für einen großen Auftrag B.E.R.P. erhalten hat und um ehrlich zu sein, hat es viel zu lange gedauert.“ Es hätte noch viel länger dauern sollen! „Wo sind die anderen?“, fuhr sie einfach dazwischen und beendete seine kleine selbstgefällige Ansprache. Edgar seufzte kurz, so als würde er sich darüber brüskieren das sie ihn einfach unterbrach. Arschloch. „Sieh aus dem Fenster.“ Das klang nicht gut. Mit weichen Knien tat sie wie angewiesen und folgte seiner Hand, die hinaus zeigte, zum Hof. Dort unten standen einige Soldaten der Paradise Federation, aber wirklich interessant waren die Menschen dort in der Mitte. Es waren die Templer, in einem ähnlichen Zustand wie sie.

Es fehlte die Rüstung, die Waffen, die Schuhe, eigentlich alles was als Waffe taugte. Sie waren vollständig, das konnte sie auf einen Blick sehen, sogar die zwei B.E.R.P. Mitarbeiter waren da und knieten auf dem Boden. Ihre Hände waren gefesselt und das sie so auf dem Präsentierteller saßen, das war nicht gut. Ein Knoten bildete sich in ihrem Magen und sie sah leicht verzweifelt zu Edgar. „Keine Sorge! Ihnen wird vorerst schon nichts passieren!“ Vorerst. Das klang auch nicht gut. „Hochkomplexe Technik ist ein Rätsel, oder? Meine eigenen Forscher konnten leider nicht herausfinden, was für Bauteile deine Karawane transportierte, aber glücklicherweise war der gute Lenard so freundlich, es mir zu erzählen…“
 

Coralies Lippen bildeten einen schmalen Strich. Sie wollte gar nicht wissen, was er dafür getan hatte, damit Lenny redete. „Ich bin beeindruckt. Wirklich. Und auch ein wenig enttäuscht.“ Ganz unverfroren sah er sie an, so gespielt ernsthaft und betrübt. „Nun, ich muss sagen, dass ein Spiel nicht besonders fair ist, wenn nicht ausgeglichene Verhältnisse herrschen.“ Ohne darüber nachzudenken schritt sie auf ihn zu und schüttete ihm den heißen Tee ins Gesicht. „Bastard!“, fauchte sie, „Die Reaktoren sind zur Stromerzeugung da. Sie versorgen das Ödland damit, Arschloch!“ Jetzt wo es kein Geheimnis mehr gab, da platzte es auch aus ihr heraus. Ein wenig entsetzt starrte Edgar sie an, so als hätte er nicht erwartet, dass sie so einen Frevel beging. Kurz schrie er auf, doch er war nicht mehr heiß genug um ihn richtig zu verbrennen. Für einen Augenblick konnte sie hinter seine Fassade sehen, doch dann verschwand es wieder. Zu ruhig zog er ein Taschentuch aus der Jackettasche und wischte sich das Gesicht ab, ehe er überhaupt darauf einging. „Du verzeihst, wenn ich behaupte, dass man den Templern kein Wort glauben kann…“, kam es von ihm zähneknirschend. Cora donnerte die Tasse auf den Boden und ging wütend zur Mitte des Raumes. Keine Sekunde später standen auch schon zwei Soldaten im Raum um zu sehen was der Krach bedeutete. Doch Edgar winkte sie wieder hinaus, während er traurig zu seiner ehemaligen Tasse sah. „Schwachsinn! Du suchst bloß eine Ausrede um eine Fusionsbombe zu rechtfertigen!“ Noch einer dieser Seufzer, so als würde sie die Situation ganz verkennen. „Ich baue dir keine Bombe. Niemals!“
 

Schon jetzt wusste sie: Das war die falsche Antwort. Ob das in seinen Augen echtes Bedauern war oder nur gespieltes, sie wusste es nicht zu unterscheiden. Klar war ihr aber, dass er ein aalglatter Typ war, der seine Mutter verkaufen würde, wenn es nötig war. Er könnte einfach so … einfach so Upper Manhattan wegsprengen, ohne großen Aufwand, oder die Zitadelle. Nein, nein das Risiko war zu groß. So viele Menschen! Der atomare Krieg war erst vorbei und obwohl die Fusionsbombe keine Strahlung aussandte, so war ihre Zerstörungskraft bei weitem höher.
 

„Ich hatte gehofft, wir könnten diesen unangenehmen Part überspringen und deine Moral und deinen Trotz außen vor lassen…“ Es ist immer so langwierig einen Willen zu brechen.“ Der Prinz tupfte seine saubere Kleidung ab und sah dann lächelnd zu ihr auf. Als würden sie über das Wetter reden und nicht davon, dass er sie brechen wollte. „Lass mich dir eines sagen: Du könntest dir und einigen anderen wirklich viel Leid ersparen, wenn du einfach nur das tust, worum ich dich bitte.“ Eine Bitte? Cora schnaubte, war sich aber bewusst, dass, egal was jetzt kam, alles Scheiße war. Erneut wies er zum Fenster. „Das solltest du dir ansehen. Alles nur für dich.“ Sie wollte nicht, nein. Nein bitte nicht. Unbewusst schüttelte sie den Kopf, doch Edgar rief nur nach den Soldaten, welche eintraten und sie zum Fenster geleiteten. „Bitte nicht.“, flüsterte sie, doch der Rothaarige klopfte nur gegen die Scheibe. Erst jetzt bemerkte sie den Soldaten, der die ganze Zeit das Fenster anstarrte und damit auch sie und Edgar. Sie wusste was kam, doch ihr Kopf wollte es nicht wahr haben. In einer flüssigen Bewegung stellte er sich hinter Lenny, der ängstlich die Augen schloss. Im selben Moment als der Schuss ertönte brach er zusammen, ihr langjähriger Kollege. Er war immer so nervig gewesen, aber … aber … Sie merkte gar nicht wie sie aufgeschrien hatte und auf das Blut starrte welches aus seiner Stirn sickerte. Nur einen Moment später sackte ein Templer tot zusammen, die anderen wurden abgeführt. „Eine tragische Verschwendung von Talent… Belassen wir es vorerst dabei. Wir wollen sie doch nicht alle vergeuden.“, erklärte ihr der Berater der Hölle gutmütig. Cora war gar nicht fähig darüber nachzudenken. Ein Soldat packte sie und zwang sie Edgar anzusehen, der vollkommen unberührt von der Hinrichtung war, fast schon zufrieden. Ihr hingegen rannen einfach die Tränen über die Wangen, ohne das sie es überhaupt merkte.
 

„Ich denke, ich habe meinen Standpunkt deutlich gemacht… Den Sprengsatz oder ich werde so lange Templer und B.E.R.P. Mitarbeiter hinrichten lassen, bis du tust, was ich verlange – ich kann wirklich sehr ausdauernd sein, weißt du? Vielleicht… knöpfe ich mir sogar Mr. Hemingway persönlich vor…“ Wäre sie nicht schon kreidebleich gewesen, dann hätte sie spätestens jetzt jede Farbe verloren. Ihren Vater! Er wollte ihren Vater hinrichten lassen. Hatte er überhaupt eine Ahnung was er da gerade getan hatte? Edgar hatte sich eine Nemesis geschaffen und nicht nur eine. „Ich erspare dir diese Schuld, wenn du im Gegenzug tust, was ich von dir verlange. Ganz einfach, oder?“ Instinktiv wusste sie, dass er sie danach ebenso hinrichten lassen würde. Cora warf einen Blick nach draußen, wo die Leichen weggeschleift wurden. Man würde sie wegwerfen wie Müll. Aber sie schüttelte den Kopf. Eine Bombe konnte sie nicht verantworten. „Nun gut. Am Anfang weigern sich alle.“ Es klang so, als hätte er das schon oft erlebt, sehr oft und würde wissen, dass sie spätestens wenn sie ihrem Vater in die Augen sah, einknicken würde, aber dieser würde es ihr auch verbieten. Hugos letzte Worte wären, das sie unter keinen Umständen nachgeben sollte. Ob Edgar wusste, dass sie ihm genau diesen Wunsch erfüllen würde? Wütend machte sie einen Satz nach vorne, noch bevor einer der Soldaten, die sie flankierten, eingreifen konnte. Sie stürzte sich auf Edgar, packte ihn am Kragen und warf ihn mit voller Wucht um. „Du widerlicher Wurm! Du hast überhaupt keine Ahnung was du getan hast! Das ist eine Kriegserklärung! Ich kann nicht glauben, dass du so dumm bist und sie beide zum Feind machst. Wenn sie davon erfahren, dann wird New Eden brennen.“ Lange konnte sie ihn nicht mit ihrem Zorn erdrücken, nur zu gerne hätte sie ihm den Schädel eingeschlagen, doch die Soldaten rissen sie los und zogen sie von ihm herunter. Ihre Griffe waren steinhart und obwohl sie sich wehrte, konnte sie sich nicht befreien um Edgar auch noch ein blaues Augen zu verpassen. Eine Gehirnerschütterung oder Platzwunde war viel zu wenig!
 

Er hatte sich zwei Erzfeinde geschaffen, denn er hatte keine Ahnung, wen er hier entführt hatte, wen er wirklich entführt hatte. Hugo würde dafür sorgen, dass das ganze Ödland nach ihr suchte, jeder einzelne Templer und wenn er dafür vor Bastiennes Zimmer campen musste. Er würde so lange auf die Klingel der Templer drücken, was nicht lange sein müsste, denn diese vermissten auch Soldaten. Das war absoluter Wahnsinn!
 

Edgar brauchte einen Moment, ehe er sich von dem Schrecken erholte und aufstand. Er streifte den Angriff ab, als wäre er ein Mantel und schritt dann mit selbstsicherem Lächeln auf sie zu. Geschmeidig beugte er sich nach vorne und flüsterte ihr ins Ohr: „Richtig, wenn sie davon erfahren.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Dieses Kapitel wurde in Zusammenarbeit mit Rick geschrieben. Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  MissAnni
2014-06-05T18:50:00+00:00 05.06.2014 20:50
Der Oneshot zu Edgar und Cora ist dir, bzw. euch echt gut gelungen. Ich habe mir jetzt endlich die Zeit genommen um alles zu lesen und hoffe, dass dies auch (schon bald!) im Spiel vorkommen wird. :)


Zurück