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An die Zurückgebliebenen

One-Shot-Sammlung
von

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Petra -> Eren

Die Zellentür wurde geöffnet und Eren blickte auf. Natürlich war er wieder eingesperrt worden, wie hätte es auch anders sein sollen? Aber immerhin hatten sie dieses Mal darauf verzichtet ihn an das Bett zu ketten. Sicher, die Ketten waren da und vermutlich hielten sie den Schlüssel auch bereit aber noch durfte er sich frei in der winzigen Kammer bewegen. Noch. Draußen auf dem Gang kam dann und wann eine Wache vorbei, sonst war er mit seinen Gedanken allein – auch wenn er recht sicher war, dass sie ihn nie komplett allein ließen, würde er irgendeinen Mist anstellen, etwa laut schreien, wäre sicher sofort jemand zur Stelle, um ihn zurechtzuweisen.

Er saß mit angezogenen Beinen auf dem Bett, die Arme um die Knie geschlungen und starrte vor sich hin, daher hatte er nicht einmal mitbekommen, dass jemand da war. Als er nun den Kopf hob, stand Levi bereits direkt vor ihm, musterte ihn einen Augenblick lang.

„Eren.“

Wirkte er so abwesend? Eren seufzte. „Ja, Captain?“

Levi zögerte kurz, musterte ihn noch einmal, als versuchte er seine Reaktion abzuschätzen. Eren wand sich leicht unter dem Blick, er war unangenehm, durchleuchtend, kalkulierend. Dann hob Levi auf einmal die Hand und Eren zuckte leicht, warum wusste er selbst nicht, es wäre vollkommen sinnlos ihn jetzt zu schlagen, aber er war auf alles gefasst.

Alles, außer, dass Levi ihm einen Brief entgegenhielt. Genauer einen bräunlichen Briefumschlag, auf dem in sauberer Schrift sein Name stand. „Das haben sie mir gerade mitgegeben“, einen Moment herrschte Schweigen und als Eren etwas ungläubig auf den Brief starrte und zögerte danach zu greifen, fügte Levi etwas leiser hinzu, „Er ist von Petra.“

Eren blinzelte ungewollt, als seine Augen sich leicht weiteten. Er hatte nicht erwartet, dass sie ihm schreiben würde. Nein, dass irgendjemand ihm schreiben würde.

„Haben Sie ihn gelesen?“, fragte er und hoffte tatsächlich auf eine Bestätigung, dass in diesem Brief keine Vorwürfe und nichts Schlimmes stand, doch Levi schnaubte nur, als Eren das Papier endlich entgegennahm. Es fühlte sich schwer an in seiner Hand.

„Natürlich nicht. Falls du lesen kannst, sollte dir auffallen, dass dein Name darauf steht, nicht meiner.“

Damit bedachte er Eren mit einem letzten Blick den dieser nicht entziffern konnte, machte auf dem Absatz kehrt und war verschwunden, noch ehe das Schloss wieder an Eren Zellentür angebracht und verschlossen worden war.

Eren starrte auf den Brief in seiner Hand und er spürte, wie ihm bereits wieder Tränen in die Augen stiegen. „Petra …“, flüsterte er nur leise, ehe er schwer schluckte und den Umschlag mit dem überraschenderweise wirklich unversehrten Wachssiegel aufriss.

 
 

Lieber Eren,
 

 
 

wenn du diesen Brief in der Hand halten solltest, dann ist vermutlich die Expedition nicht so abgelaufen, wie sie geplant war. Ich hoffe wirklich, dass es dir gut geht und ich die Einzige bin, die nicht wieder zurückgekehrt ist.

Was auch immer passiert ist, bitte, Eren, gib dir nicht die Schuld daran, ich bin sicher, du trägst sie nicht.

Ich weiß, es ist nicht leicht für dich und ich fürchte um das, was man dir antun sollte, wenn die Expedition tatsächlich schief gegangen ist. Gib nicht auf, halte dich an die anderen, sie werden dir sicher helfen und vertrau Captain Levi und Kommandant Erwin. Sie werden bestimmt alles in ihrer Macht stehende tun um den Schaden einzudämmen.

Du bist ein guter Junge, Eren, daher bin ich absolut überzeugt, dass es nicht deine Schuld ist, dass du dich niemals bewusst gegen uns oder irgendwen aus der Einheit stellen würdest. Es tut mir unfassbar leid, dass ich am Anfang an dir gezweifelt habe.

Es mag sein, dass es vielen so ging, dass die Nachricht, dass du dich in einen Titanen verwandeln kannst, unglaubwürdig, bizarr und furchteinflößend war, aber das ist keine Entschuldigung.

Als man mir von dir erzählte, war ich unsicher, was ich davon halten sollte, als ich dich dann kennenlernte, dachte ich, das alles wäre eine Lüge gewesen. Ich wollte nicht glauben, dass es stimmt und war umso erschrockener, als es dann doch passierte. Ich hätte es besser wissen sollen, wir alle hätten das.

Es ist unentschuldbar, wie wir in diesem Moment reagiert haben. Du warst selbst nervös und hast nicht verstanden, was vor sich ging, das ist mir heute klar. Es wäre unsere Aufgabe gewesen ruhig zu bleiben und die Lage erst zu überblicken, aber stattdessen haben wir alles noch schlimmer gemacht, indem wir viel zu schnell zu einem falschen Schluss kamen und dachten, du wolltest uns Böses. Hätte uns Captain Levi nicht aufgehalten hätten wir womöglich einen folgenschweren Fehler begangen. Ich mache mir nach wie vor schlimme Vorwürfe deswegen. Ich hätte es wissen sollen, ich kannte dich gut genug, um zu wissen, dass du nicht diese Art Mensch bist, die so etwas tun würde.

Eren, es tut mir unfassbar leid und ich kann nur hoffen, dass du uns deswegen nicht in zu schlechter Erinnerung hältst.

Ich sehe mich daher auch nicht im Recht dir an dieser Stelle Ratschläge zu erteilen oder große, letzte Worte mit auf den Weg zu geben.

Ich hoffe einfach, dass ich wirklich die Einzige war und alles andere glatt gelaufen ist. Und solltest du je diesen Eindruck gehabt haben, bitte, glaube mir, dass niemand von uns dich hasst. Im Gegenteil, trotz allem was an Mysteriösem um dich oder diese Titanen vor sich geht, bin ich froh, dass dich kennengelernt zu haben.

Ich wünsche mir, dass auch alle anderen schnell lernen dich als der Mensch zu sehen, der du bist und nicht als Maschine, Waffe oder Monster. Lass dir nichts einreden, Eren, du bist keines davon und ich bin sicher, eines Tages werdet ihr alle die Welt vor den Mauern zurückerobern.

 

Gib gut auf dich Acht und lass dich nicht unterkriegen. Und vergiss mich ganz schnell wieder, ich will es dir nicht noch schwerer machen, als es ohnehin schon ist.

 
 

Petra
 

 
 

Ein paar nasse Tropfen fielen auf das Papier und ließen die Tinte leicht verlaufen, ehe Eren es langsam an seine Brust drückte und die Augen fest schloss.

„Wie könnte ich euch jemals hassen …“, murmelte er leise und traurig, dann blinzelte er ein paar Tränen weg und hielt den Brief wieder vor sich, um ihn noch einmal zu lesen.

Er bekam nicht einmal mit, dass jemand an die Gitterstäbe getreten war und stumm zu ihm herüberblickte, sich dann aber mit einem leichten Kopfschütteln wieder abwand und ihn erneut alleine ließ.



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