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Von Waschmitteln im Supermarkt

KaZe
von

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Von Waschmitteln und kaltem Kaffee, von Frauen, die keine sind und Männern, die Räuber und Stalker sein könnten

//Willkommen in der realen Welt...//

Mit einem lautlosen Seufzen strich ich mir über das Gesicht und betrachtete abwesend den Bildschirm meines Laptops, dann stand ich langsam, wie in Zeitlupe auf und blickte verloren im Zimmer umher. Was machte ich hier eigentlich?

Diesmal seufzte ich hörbar, ein tiefer, trauriger Ton, der mir viel zu laut in der sonst absolut stillen Wohnung vorkam. Manchmal hörte ich die Nachbarn nebenan oder über mir, wenn sie Möbel verrückten, wenn sie nach Hause kamen oder gerade gingen, manchmal auch, wenn sie sich stritten. Dann wusste ich, dass die Welt sich noch weiter drehte. Da war ich mir manchmal nämlich nicht ganz so sicher.

Mir durch die trockenen, leicht widerspenstigen, blonden Haare wuschelnd suchte ich meine kleine Küche auf, um mir einen Kaffee zu machen. Möglicherweise brachte der mich ja wieder auf Trab. Das hoffte ich jedes Mal, jeden Tag aufs Neue, aber bisher hatte mich Kaffee noch nie wach gemacht. Und den trank ich schon, seit ich die Mittelschule besucht hatte. Während eines Praktikums, zu dem uns die Schule verpflichtet hatte, war mir Kaffee von meinem Arbeitgeber angeboten worden - ich hatte das Zeug noch nie probiert, hatte es eigentlich auch so bald nicht vorgehabt, aber in diesem Moment, ganz der schüchterne Jüngling, der ich gewesen war, hatte ich mich nicht getraut, es zu abzulehnen. Der Kaffee hatte scheußlich geschmeckt. Am nächsten Tag aber war der Geschmack schon besser - etwas Milch konnte wahre Wunder bewirken...

Nun liebte ich Kaffee. Meine leichte Unverträglichkeit dahingehend nahm ich in Kauf. Die Übelkeit war nur ein kleiner Rückschlag, mit der ich leben konnte, wenn ich mal eine zu starke Sorte Kaffee erwischte. Den Kaffee in der Universität mied ich einfach, dann ging es mir meistens gut.

Was mich wieder an meine anstehende Hausarbeit erinnerte. Wieder seufzte ich. Diesmal bewusst laut und tief und es klang, als würde ich die gesamte Last der Welt auf meinen schmalen Schultern tragen. Aber der Laut erleichterte mich irgendwie. Ich atmete tief durch, während ich mir eine Tasse herausnahm und dann das Wasser aufsetzte. Irgendwie würde ich das schon schaffen. So war das ja immer gewesen bisher.

Vor 2 Wochen war ich aus einem längeren, aufregenden und erholsamen Urlaub zurück gekehrt. Da er zum Großteil während der Golden Week stattgefunden hatte, hatte ich nicht einmal von meinem Nebenjob frei nehmen müssen. Irgendwie musste man ja die Wohnung bezahlen und das Studium... Nein, das war nicht der wahre Grund für meinen Nebenjob. Ich erhielt Vollwaisenrente, da meine Eltern bei einer Schießerei der Yakuza ums Leben gekommen waren. Ich arbeitete drei Mal die Woche, um meine Langeweile zu vertreiben. Um etwas Sinnvolles zu tun, anstatt nur in meiner kleinen Wohnung zu hocken. Die Uni war da für mich auch kein geeigneter Ersatz oder stellte eine ausreichende Beschäftigung dar. Ich war eben nicht mehr im ersten Semester, auch nicht im zweiten oder dritten. Langsam neigte sich mein Studium gen Ende, und da nahmen die Kurse stetig ab. Ich hatte viel Zeit verglichen mit den ersten Monaten.

Ich goss das heiße Wasser in die Tasse mit dem Kaffeepulver, rührte halbherzig um und kehrte in das Wohnzimmer zurück, wo ich den Laptop auf meinen kleinen Schreibtisch platziert hatte. Ich starrte das weiße, fast unbeschriebene Dokument an, das geöffnet war. Drei Sätze zur Einleitung hatte ich bisher geschrieben. Ich hasste Hausarbeiten und freute mich schon auf die Abschlussarbeit, die mindestens fünfmal so schlimm werden würde. Schon jetzt war ich überzeugt davon, dass ich einen zweiten Versuchen benötigen würde. Aber noch war ich 1,2 Semester davon entfernt, mich damit auseinander setzen zu müssen.

Die dampfende Tasse stellte ich neben den Laptop, während mein Blick zum Fenster rausschweifte. So gern wäre ich wieder auf Okinawa. Zusammen mit meinem besten Freund war ich kurz vor der Golden Week dorthin geflogen. Wir waren schon zwei Mal dort gewesen, jetzt waren es drei Mal. Es war jedes Mal so schön gewesen, dass es uns schwer gefallen war, die Insel wieder zu verlassen. Hinzu kam, dass er nicht in Tokyo wohnte, sondern in der Präfektur Miyagi, die um einiges nördlicher lag. Wir sahen uns also nicht oft. Ich vermisste ihn. Manchmal chatteten oder telefonierten wir, aber das konnte eben keinen Ersatz darstellen. Einst hatte ich auch in Miyagi gelebt, dort war ich aufgewachsen, aber für mein Studium der Englischen Literatur hatte ich nach Tokyo ziehen müssen. Hier kannte ich kaum Leute. Wirkliche, echte Freunde hatte ich auch nicht. Nur Bekannte, doch es zog mich kaum an, mich groß mit ihnen zu treffen. Die Interessen waren dann doch zu unterschiedlich.

Ich stand wieder auf, ohne meinen Kaffee angerührt zu haben. Bald ging die Sonne unter, und ich würde noch etwas einkaufen müssen. Da ich mich gerade, wie so oft, nicht auf meine Hausarbeit konzentrieren konnte, beschloss ich, jetzt zu gehen. Ich klappte den Laptop zu und ging in den Flur, um mich anzuziehen. Es war schon Anfang Mai, aber noch ungewöhnlich kühl draußen. Ob das der Klimawandel war? Als ich vor die Wohnungstür trat und abschloss, hörte ich von oben schon die Katze miauen. Es war mal wieder niemand da. Dann maunzte die Katze unablässig, bis ich nicht mehr wusste, ob ich Mitleid haben sollte oder schon genervt war.

Rasch verließ ich das Haus, um mir keine weiteren Gedanken zu machen. Eigentlich war ich eifersüchtig auf die Nachbarn über mir. Ich wollte auch eine Katze! Dann wäre ich nicht mehr so furchtbar alleine. Aber etwas hielt mich davon ab. Bisher hatte ich einfach nie weiter darüber nachgedacht. Mit finsterem Gesichtsausdruck ging ich durch die Straßen. Die letzten Strahlen der Sonne begleiteten mich auf meinem Weg.Ich schaute immer etwas böser drein, damit es auch ja keinem einfiel, mich anzusprechen. Und wenn es nur Flyerverteiler waren. Die konnte ich auf den Tod nicht leiden. Ich wollte meine Ruhe und keinen Flyer! Bisher hatte ich sowieso keinen interessanten in der Hand gehabt, wenn ich mir mal einen hatte aufdrücken lassen.

Lustlos kehrte ich 10 Minuten später in den Supermarkt meines Vertrauens ein. Es war nicht allzu viel los.

Ich legte etwas Gemüse in meinen Korb, holte eine neue Packung Reis und etwas Fleisch, blieb kurz bei den Süßigkeiten stehen und grübelte, was ich meinem Körper nun wieder zumuten wollte, entschied mich dann vor Schokoladenkekse, bevor ich meine letzte Besorgung machen wollte - ich brauchte neues Waschmittel. Vor 5 oder 6 Tagen hatte ich den letzten Tropfen aufgebraucht. Meistens gab es gar kein Waschmittel mehr. Irgendwie war es beliebt, und in diesem kleinen, schäbigen Supermarkt gab es auch standardmäßig nur 2 Sorten. Zu wenig für die umliegenden Haushalte. Meistens brauchte ich immer 2 bis 3 Anläufe in der Woche, bis es auch mal für mich wieder Waschmittel gab.

Ich beugte mich hinab und suchte mit den Augen nach dem blauen Etikett, als eine große Hand mit langen, schlanken Fingern sich in mein Blickfeld schob - und das letzte Waschmittel ergriff, das da stand. Meine Hand schnellte hervor. "Hey, das brauch ich!", entfuhr es mir unbedacht, während ich nach der Flasche grapschte.

Erschrocken zog ich meine Hand aber gleich wieder zurück. Was ich für Manieren an den Tag legte! Langsam hob ich den Blick. Und hob ihn weiter. Wie groß war denn die Person vor mir? Ich blickte in hellbraune Augen, die mich amüsiert musterten.

"Das...ist meine, denke ich, denn ich hab nun mal zuerst zugegriffen. Tut mir ja leid für dich.", erwiderte der Kerl mit den ebenfalls blonden Haaren.

"Aber ich brauch das wirklich dringend", flehte ich ihn schon beinahe an. Irgendwie sah er mit den längeren, leicht gelockten Haaren zwar etwas frech aus, aber die braunen Augen verliehen dem Gesicht etwas Sanftmütiges. Vielleicht war er ja also nett.

"Ich brauch das auch. Da mach ich auch bei Frauen keinen Unterschied."

"Hä?" Ich zuckte mit gerunzelter Stirn zurück. Wollte der mich verarschen?

Ein freches Grinsen schlich sich auf seine Lippen. "Ich weiß ja nicht, wie du deine Stimme so ruinieren konntest - rauchst du so krass?"

Mein Auge begann zu zucken und mir wurde heiß. Was war denn das für ein Depp? Ich beschloss, seine komische Art zu ignorieren. Es ging hier um Wichtigeres! "Hey, also...ich hab seit Tagen kein Waschmittel mehr, könntest du mir das bitte überlassen? Ich muss heute noch dringend waschen, sonst hab ich morgen nichts zum Anziehen..", gab ich leise, aber verzweifelt zu. "Ich hab hier immer wieder geschaut, und immer war es schon ausverkauft.."

Der Typ schüttelte seufzend den Kopf und stellte das Waschmittel in seinen Einkaufswagen. "Wie gesagt, tut mir leid. Ich hab hier auch schon jede Woche geschaut und nie war was da. Ich bin froh, endlich wieder welches zu haben. Schau doch in einem andere Supermarkt nach.", riet er mir und schob seinen Einkaufswagen an. "Und gib lieber das Rauchen auf, deine Stimme klingt ziemlich unerotisch für eine Frau."

"Ich bin keine Frau!!", keifte ich ihm hinterher und drehte mich wütend, beleidigt und frustriert um. Der Kerl musste blind sein... Tatsächlich dachte ich aber kurz über das Rauchen nach. Denn das tat ich ab und an, nicht oft am Tag. Meine Stimme würde es sicherlich noch nicht geschadet haben, schließlich war ich kein Kettenraucher oder sowas.

Grummelnd schlenderte ich Richtung Kasse, während ich überlegte, was ich morgen zur Arbeit anziehen sollte. Meine Klamotten rochen oder waren bekleckert. Ich hatte zwar einiges an Wäsche, vielleicht sogar recht viel für einen Mann, aber es war eben alles getragen. Ich musste waschen. Wahrscheinlich musste ich die Sachen von heute tragen. Etwas mit Deo und Parfum besprühen. Das würde zwar auch Aufmerksamkeit auf sich ziehen, aber lieber roch ich nach einer Parfumerie als nach Schweiß und Essen...

Lautlos seufzend sortierte ich den Inhalt meines Korbes auf das Laufband und wartete ab, dass ich an die Reihe kam. Als sich eine Flasche Waschmittel in mein Blickfeld drängte, wandte ich den Blick zur Seite. Der blonde Lockentyp, natürlich. Wer sonst. Böse starrte ich ihn an, woraufhin er meinen Blick entschuldigend wirkend erwiderte.

Für einen kurzen Moment dachte ich daran, das Waschmittel einfach zu klauen, zumindest IHM zu klauen. Ich würde es einfach nehmen und noch bei mir hinstellen - nur würde ihm das sofort auffallen. Schade.

Unbewusst knirschte ich mit den Zähnen und packte meine Einkäufe in zwei Tragetaschen, dann bezahlte ich. Dem Blonden einen letzten, anklagenden Blick zuwerfend drehte ich mich schließlich um und verließ den Supermarkt. Das war ja nicht zu fassen.

Wo es hier einen nächsten Supermarkt gab, wusste ich nicht. Es war schwierig, in Tokyo überhaupt einen zu finden. Die Konbini führten sowas natürlich nicht. Die hatten ja wirklich alles im Sortiment, aber genau Waschmittel hatten sie noch nicht mit reingenommen. Vielleicht sollte man ihnen das einmal vorschlagen.

Mit hängenden Schultern schleppte ich meinen Einkauf die Straße hinunter. "Hey, du! Warte mal!" Verwirrt sah ich auf. War ich gemeint? Nein, bestimmt nicht. Nach mir hatte noch nie jemand gerufen, und das war auch besser so. Unbeirrt lief ich weiter. "Nun sei doch nicht sauer! Warte auf mich!" Nun doch langsam irritiert sah ich mich kurz um, damit ich mich vergewissern konnte, nicht gemeint zu sein. Aber in dem Augenblick fiel mir Blondlocke ins Auge, der hinter mir her lief und schon keuchte.

"Was gibt es denn?", murrte ich, während ich weiterlief. Ich dachte ja nicht dran, für den stehen zu bleiben! Er hatte mir mein Waschmittel vor der Nase weg geschnappt! Und für eine Frau hielt er mich auch noch!

"Wohnst du hier in der Nähe?" Er holte mich schwer atmend ein.

Ich blinzelte. "...ja."

"Ok, ich auch. Und wir laufen gerade noch in die gleiche Richtung. Ich kann dir ja etwas von meinem Waschmittel abgeben, wenn du nicht so weit von mir weg wohnst", schlug der großgewachsene Blonde vor, weswegen ich die Augenbrauen hob.

"Wie stellst du dir das denn vor?"

"Ganz einfach", erwiderte er lediglich und klang dabei erschreckend trocken. "Ich komm mit zu dir und wir füllen dir etwas ab. Ist doch kein Problem. Ich fühle mich schlecht, weil du jetzt keines hast... Und einer schönen Frau in Not muss ich einfach helfen."

"Ich bin KEINE Frau", erwiderte ich bissig, doch der hörte mir gar nicht richtig zu.

"Also, darf ich dir folgen? Ist es denn noch weit?", erkundigte sich die Blondlocke.

Ich seufzte und blieb genervt stehen. "Ich verrate dir doch nicht, wo ich wohne. vielleicht bist du ein Verrückter, nichts für ungut, und willst mich vergewaltigen und ermorden. Oder mich ausrauben, was weiß ich." Das hatte ich jetzt nur so mutig zugegeben, weil hier noch der ein oder andere Passant langlief. Ich war also nicht völlig alleine und konnte noch um Hilfe schreien. Allerdings bekam ich es dennoch langsam mit der Angst zu tun.

Die Locke hob die Augenbrauen und sah kurz an sich herunter. "Hier, ich hab zwei Einkaufstüten in der Hand. Ich glaube nicht, dass ich dir wirklich was tun kann, will und werde..."

Das war ein schwacher Einwand. "Ja, das solltest du auch nicht. Ich bin nämlich immer noch keine Frau", murrte ich da, denn das setzte mir doch etwas zu.

Doch da lächelte er mir zu. "ist ja schon gut. Dann eben nicht."

Ich zögerte und warf einen kurzen Blick in seine Taschen. "Na gut, aber du wartest draußen", wies ich ihn an. Er nickte nur und folgte mir. Es dauerte 5 Minuten, dann kam mein Heim in Sicht. Ich war dem Kerl dankbar, dass er nichts weiter sagte oder mich zu irgendwas ausfragte. Als wir vor dem Reihenhaus stehen blieben, sah ich ihn an. "Das Waschmittel?"

Brav kramte er es hervor. "Hier."

Ich nickte. "Gut, dann warte hier, ich bin in einer Minute zurück."

Mit meinem Einkauf hastete ich die Treppen hoch in den zweiten Stock, wo meine Wohnung lag. Achtlos stellte ich die Tüten im Flur ab, ging ins Badezimmer und kramte aus der Waschmaschine den kleinen, runden Becher hervor, in den ich das Flüssigwaschmittel zu schütten pflegte. Damit rannte ich wieder die Treppe hinab. Der Blonde stand immer noch artig an der Haustür, wie ich ihn verlassen hatte. Schweigend gab er mir wie versprochen etwas ab.

"Danke...", presste ich hervor. Jetzt war ich für 2,3 Tage gerettet.

"Gern geschehen", erwiderte er und betrachtete mich amüsiert. "Wie heißt du eigentlich?"

Kurz musterte ich ihn und überlegte, ob er das wissen durfte, dann entschied ich aber, dass es sowieso egal war. Ich würde ihn nie wieder sehen. "Mein Name ist Zero."

"...komischer Name für eine Frau."

"Ich bin keine-..."

"Ich bin Karyu", unterbrach er mich unhöflich und lächelte, bevor er die Flasche Waschmittel wieder in seinem Beutel verstaute. "viel Spaß beim Waschen." Ich starrte ihn nur an. Ich war keine Frau! "Man sieht sich.." Mit einem Winken drehte er sich um und überquerte die Straße. Perplex und auch ein bisschen sauer verfolgte ich ihn mit meinem Blick. Er ging drei Häuserblocks weiter und blieb, als kleiner dunkler Punkt unter einer Laterne, stehen. Wenig später verschwand er in dem Haus.

Ich schluckte. Der Typ wohnte also 2 Minuten von mir weg, einfach die Straße rüber. Irgendwie ahnte ich, dass ich ihm vielleicht doch noch mal begegnen würde. Ich hoffte, er würde lediglich etwas Waschmittel brauchen. Für alles andere war ich nicht zugänglich - zumal er mich ernsthaft für eine Frau zu halten schien.

Ich schnaubte beleidigt und verschwand aus der Kälte. Oben in meiner warmen Wohnung machte ich mich zuerst daran, die Einkäufe in Kühlschrank und Vorratsschrank zu verstauen. Nachdem das erledigt war, legte ich eine CD in die Anlage, welche zugegeben beide schon etwas älter waren, aber ihren Dienst taten. Somit hatte ich dann genug Motivation, um Wäsche zu waschen. Hoffentlich trocknete einiges davon bis morgen früh. Einen Trockner hatte ich nun nicht noch extra. Der hätte auch gar nicht in das Badezimmer gepasst. Ich war froh, eine Dusche direkt neben Toilette und Waschbecken zu besitzen..

Seufzend stand ich wenig später vor meinem Schreibtisch, auf dem eine kalte Tasse Kaffee mich erwartete. Es war schon spät, die Sonne war untergegangen, als ich mein Rendezvous mit der Blondlocke im Supermarkt gehabt hatte. Um diesen komischen Kauz drehten sich meine Gedanken noch immer. Es war unmöglich, mich auf die Hausarbeit zu konzentrieren, daher setzte ich mich vor den Fernseher.

Ich musste ja zugeben, dass Karyu im Nachhinein doch nett gewesen war, mir etwas von seinem Waschmittel abzugeben. Wäre ich in seiner Position gewesen und hätte es ihm zuerst vor der Nase weg geschnappt...dann hätte ich ihm wohl kein solches Angebot gemacht. Daher konnte ich mich glücklich schätzen. Morgen und auch übermorgen würde ich etwas zum Anziehen haben. Und passiert war mir auch nichts. Er hatte mich nicht überfallen, mich nicht verprügelt und war mir auch nicht an die Wäsche gegangen. Aber vielleicht hatte er das noch vor? Konnte ja sein, dass er ein Stalker war.

Verärgert runzelte ich die Stirn. Ach was, ich würde ihn nie wieder sehen! Punkt. Ich stand auf, um mir etwas zu essen zu machen. Nachher würde ich noch die Wäsche aufhängen, dann schlafen gehen. Heute würde ich eh nichts mehr zustande bringen. Ich hoffte wirklich, dass ich diesem Blonden nicht wieder begegnen würde. Bei meinem Glück würde er mir nur wieder das Waschmittel klauen!

Von nicht-funktionierenden Feuerzeugen, Krankenpflegern und verbrannten Zungen

"Scheiße..", fluchte ich unter meinem Atem hervor und presste die Lippen zusammen, damit die Zigarette nicht auf den Boden fiel. Erneut versuchte ich, meinem Feuerzeug eine Flamme zu entlocken, aber es klappte nicht.

Ich stand unweit meiner Wohnung auf der Straße und mied die Laterne. Es musste ja niemand merken, dass ich Loser nicht mal mein Feuerzeug anbekam. "Verfluchter Mist..", brummte ich gedämpft und steckte das Feuerzeug missmutig zurück in meine Jackentasche. Ich hatte jetzt Bock auf eine verfluchte Zigarette!

"Kann man dir helfen?" Ich zuckte zusammen und sah auf, ließ dann aber mehr oder weniger erleichtert die Schultern hängen.

"Mir kann man schon lange nicht mehr helfen", erwiderte ich tonlos, woraufhin Karyu grinste.

"Ooh, das sehe ich aber ganz anders." Ich seufzte nur und er hielt mir unvermittelt ein Feuerzeug vor die Nase. "Na? Bitte."

Zögernd nahm ich es entgegen. Es glänzte blau. "Danke..", murmelte ich und zündete mir meine Zigarette an. Zwei Wochen war es mittlerweile her, dass ich dem Blonden im Supermarkt begegnet war. Ich war froh, dass wir uns jetzt auf der Straße befanden, so konnte er mir nicht wieder ein Produkt vor der Nase weg schnappen!

"Du weißt doch, einer schönen Frau kann ich nicht widerstehen." Auf diese Aussage hin verdrehte ich nur die Augen. Ob es noch was brachte, ihm zu sagen, dass ich keine Frau war?

"Ja nee, ist klar", murrte ich nur und zog genüsslich an der Zigarette. Der tiefe Zug tat verdammt gut. Etwas entspannter gab ich Karyu das Feuerzeug zurück.

"Hast du es mal mit dem aufhören probiert?", fragte er mich dann, woraufhin ich leise knurrte.

"Nein, hab ich nicht, denn es ist meine Sache." Wollte er mir hier jeden Spaß nehmen? "Als nächstes schlägst du vor, dass ich auch mit dem Trinken aufhöre, damit ich meinen zarten Teint nicht zerstöre."

Aus großen Augen sah er mich an. "Alkoholikerin bist du auch noch? Was für ein lasterhaftes Luder." Erneut verdrehte ich die Augen. Der Typ hatte wirklich keine Augen im Kopf!

Ich zog langsam an meiner Kippe, stieß den Rauch aus und blinzelte ihn dann an. "Vergessen wir das einfach, ok?"

"Hast du Waschmittel bei dir?", wechselte Karyu plötzlich das Thema, woraufhin ich die Augenbrauen hob. Und misstrauisch wurde.

"Und wenn?"

Er zuckte mit den Schultern und lächelte. "Dann bin ich erleichtert."

"Brauchst du was?", erkundigte ich mich, doch er schüttelte schon den Kopf.

"Nein, ich wollte nur sichergehen, dass wir uns demnächst im Supermarkt nicht wieder bekriegen.", erwiderte er und warf seine Zigarette beiseite.

"Mh, ja...erstmal nicht", meinte ich nur und nahm einen letzten Zug. "Danke für das Feuer. Man sieht sich!"

Ich hob die Hand und drehte mich schon um, da rief er mir hinterher. "Warte! Also...sehen wir uns mal wieder?", fragte er mich, woraufhin ich den Kopf zu ihm umwandte und die Stirn runzelte.

"Alter, ich bin keine verfluchte Frau!", stellte ich klar und wartete weder eine Antwort noch eine Reaktion ab, sondern ging gleich weiter, während ich in meiner Jackentasche nach den Schlüsseln suchte.

So ein komischer Typ, warum ließ der mich nicht einfach in Ruhe? So langsam bekam ich das Gefühl, dass das doch ein Stalker oder ein Räuber war, wer wusste das schon so genau? Jetzt bot er mir schon Feuer an und fragte indirekt nach Dates oder sowas. Dabei war ich nicht einmal besonders nett zu ihm. Wieso wollte er dann mit mir reden? Für die meisten war ich sowieso uninteressant. Wahrscheinlich hatte er mich wirklich für eine Frau gehalten.

Während ich die Treppen zu meiner Wohnung hoch ging, dachte ich kurz darüber nach. Ich als Frau. Da musste ich aber eine sehr merkwürdige Frau sein: flachbrüstig und mit tiefer Stimme. Zugegeben, meine Haare waren nuttenblond oder wie man das heute nannte und sie fielen mir bis über meine Schultern. Ok, nicht jeder Typ rannte so herum. Aber musste man nicht schon an meinen Sachen erkennen, dass ich keine Frau war?

Nachdenklich stellte ich mich im Flur vor den langen Spiegel und musterte mich. Ok, das Tuch war etwas unmännlich. Die dunkelblaue Jacke war neutral. Aber die schwarze Jeans, die hätte es doch richten müssen! Oder war sie zu enganliegend? Spätestens die Stiefel aber, die waren nun wirklich nichts für Frauen! Aber wahrscheinlich hatte der Kerl auch nie darauf geachtet. Normalerweise achteten Männer ja auf Brüste. Tat ich auch, wenn sie einem mal ins Blickfeld sprangen - und bei einigen Frauen war das eben so. Aber dann hätte Karyu auch auffallen müssen, dass ich keine beschissenen Brüste hatte.

Plötzlich schlich sich ein Grinsen auf meine Lippen, das immer breiter wurde. Wie lange es wohl dauerte, bis Karyu merkte, dass ich ein Mann war, sofern er es auch nach meiner kleinen Ansprache heute noch nicht bemerkt hatte?

Ich strich mir durch die Haare und zog Stiefel und Jacke aus, dann ließ ich mich im Wohnzimmer aufs Sofa fallen. Würde ich Karyu noch mal über den Weg laufen, konnte ich ja aufhören, mich gegen seine Ansicht, ich wäre eine Frau, zu wehren. Irgendwann würde er es schon von allein kapieren, und wenn nicht, war es nicht mein Problem. Ich räusperte mich und grinste erneut. Meine Stimme war ziemlich tief, aber klar, in seinen Augen war ich eine Frau. Vermutlich war er ein bisschen taub und dachte, dass es trotzdem irgendwie möglich war, dass Frauen so eine komische Stimme hatten. Amüsiert schaltete ich den Fernseher an, da ich etwas Hintergrundmusik brauchte, egal von welcher fragwürdigen Sendung. Das japanische Fernsehen gab mir immer wieder Rätsel auf, weswegen ich schon gar nicht mehr darauf achtete, WAS lief, Hauptsache, es lief irgendwas mit Ton.
 

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"Haa-tchuuu!!" Ich zog die Nase hoch und drehte mich auf die Seite, um nach einem Taschentuch zu greifen. Seit 2 Tagen war ich nun schon erkältet. Eigentlich hatte sich die Erkältung schon vor 4,5 Tagen angekündigt, aber ich hatte ihr standgehalten, war zur Arbeit gegangen, einmal in die Uni und hatte versucht, an meiner Hausarbeit zu schreiben. Die musste ich in einer Woche abgeben, Drecks-Teil. Aber nun war ich gezwungen, im Bett zu bleiben. Zumindest heute. Ich war zu nichts fähig. Hauptsache, morgen konnte ich wieder zur Arbeit. Die brauchten mich da.

Ich schnäuzte hörbar ins Taschentuch und bekam einen spontanen Hustenanfall, als es plötzlich an meiner Tür klingelte. Post? Ich schaute auf die Uhr, die an meiner Wand oberhalb der Tür hing und nervtötend vor sich hin tickte. Es war bereits Nachmittag, etwas zu spät für die Post, die schon mittags kam. Und bestellt hatte ich auch nichts. Zwischen Angst und Neugier stemmte ich mich hoch. Man konnte ja mal fragen, wer da klingelte. Aufmachen musste ich ja noch lange nicht!

Ich tapste in meinem sexy babyblauen Pyjama zur Tür. Wieder klingelte es, und diesmal dröhnte es in meinen empfindlichen Ohren. Ich fluchte und drückte mit zitternden Fingern auf die Taste der Gegensprechanlage. Mensch, war das kalt in meiner Wohnung! "Wer ist da?", schniefte ich und zog wieder die Nase hoch.

"Zero, bist du das?"

"...ja."

"Hier ist Karyu." Woher zum Teufel wusste der denn, wie mein Nachname war? Nur die standen auf den Klingelschildern, aber ich hatte ihm einzig meinen Vornamen genannt. "Ich hab dich schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen und dachte, ich klingel mal und frag, wie es dir geht. Allerdings hab ich ein paar Anläufe gebraucht und die Hälfte deiner Nachbarn gestört.."

Oh, er hatte sich also einmal rauf- und runter geklingelt. Dann hatte mich bestimmt das geweckt. Viele der Klingeln hörte man in diesem hellhörigen Haus. "Ehm..ja...mir geht's so lala. Bin erkältet", murmelte ich stirnrunzelnd. "Wir sind uns doch erst vor anderthalb Wochen oder so begegnet", fügte ich dann hinzu.

"Nee, das ist schon länger her. 2,3 Wochen.." Ich hatte das Gefühl, dass er, im Gegensatz zu mir, ganz genau wusste, wie lange es her war. Das machte mir Angst. "Du bist also krank?"

"Hab nen Schnupfen", wiegelte ich ab. //Also geh..//

"Ach je...kann ich dir behilflich sein? Ich kann dir eine Hühnersuppe machen...Tee kochen...deine Wäsche waschen", sagte er mit einem leichten Grinsen in der Stimme.

"Nichts für ungut, aber ich kenne dich doch eigentlich gar nicht", erwiderte ich mit leichtem Unbehagen. So weit kam es noch, dass ich jemand Fremden in meine Wohnung ließ, der mir auch noch offensichtlich nachstellte.. Da Karyu kein Elektriker oder Klempner oder der Hausmeister war, kam es nicht in die Tüte, dass er hier reinkam!

"Ja, verstehe ich...aber ich hab dir Waschmittel gegeben! Und Feuer! Hab ich nicht einen gut bei dir?"

Ich seufzte lautlos. "Ja, hast du. Wenn du mal Waschmittel oder ne Zigarette brauchst...dann komm zu mir." Was war der denn so hartnäckig?

Kurz herrschte Schweigen. "Hör mal..." Er setzte zum Sprechen an und sagte irgendwas, was ich gar nicht verstehen konnte, weil mich ein Hustenanfall schüttelte. Ich zog die Nase hoch. "Was hast du gesagt?"

"Mensch Zero, hast du Streptokokken?", fiel er mir überrascht ins Wort.

"Hab ich was?", hakte ich verwirrt nach.

"Na weiß nicht...eine Lungenentzündung?"

"Ach was, ich sag doch, es ist nur ein Schnupfen."

Ich hörte ihn seufzen. "Ich verstehe, du bist einer von der Sorte: ich bin nicht krank, auch wenn ich mir die Eingeweide rausspeie."

"Was?" Nun war ich aber wirklich irritiert.

"Zero, du bist eindeutig krank. Das ist nicht nur ein Schnupfen. Der hört sich anders an."

Ich schnaubte. "Ich rotze viel ins Taschentuch, wenn du es wissen möchtest. Es ist Schnupfen."

"Es ist noch viel mehr. Nur weil du dir einredest, du seist nicht krank, bedeutet das nicht, dass du es nicht bist. Verstehst du?"

"Nee."

"Lass mich rein, bitte. Ich seh dich mir mal an."

"Ah ah ah!" Da hatte ich was dagegen!

"Atme mal tief ein. Ich komm auch nicht gleich in deine Wohnung. Ich bleib brav in deiner Tür stehen. Ich mach mir nur Sorgen."

"Warum denn? Weil du mir mal im Supermarkt das Waschmittel geklaut hast?"

"Weil ich dich irgendwie mag. Nun stell dich nicht so an.", sagte er in einem strengen Ton, den ich nie erwartet hätte von ihm.

Verblüfft hielt ich inne. "Was soll das denn bringen, wenn du mich anguckst?"

"Ich mach ne Ausbildung zum Krankenpfleger und bin im letzten Jahr. Ich hab schon so viele Kranke gesehen, die dachten, sie hätten nur einen Schnupfen und dann lagen sie zwei Tage später plötzlich bei uns auf der Intensivstation. Nun mach halt auf!"

So ganz glaubte ich noch nicht daran, dass er irgendwas mit Medizin am Hut hatte. Der lange Lulatsch sah einfach nicht so aus.. Dennoch drückte ich wenige Sekunden später auf den Türöffner und er kam ohne ein weiteres Wort hoch.

Ich machte die Wohnungstür auf und stellte mich misstrauisch in den Türrahmen. Es war kalt im Treppenhaus.

Schon tauchte der blonde Schopf auf, der große Körper folgte. "Ach jeeee...", machte Karyu und blieb vor mir stehen. Ungefragt packte er mein Kinn und hob meinen Kopf an. Misstrauisch sah ich ihm ins Gesicht, während er das meinige studierte. Plötzlich nahm er meine Hände und sah sich diese an. Ich zitterte. "Ist dir kalt?", wollte er von mir wissen, woraufhin ich nickte. Er legte eine Hand auf meine Stirn, aber da mich der nächste Hustenanfall schüttelte, drehte ich mich zur Seite. Ich hörte Karyu seufzen. "Das ist nicht nur ein Schnupfen, Zero. Hat dir dein Arzt das nicht gesagt?"

Ich schüttelte den Kopf und sah wieder zu ihm, und ich bemerkte, dass er meinen Pyjama musterte. "Ich war nicht beim Arzt."

"Was?" Er sah auf und runzelte die Stirn. "Du bist wirklich krank. Vielleicht brauchst du sogar Antibiotika, das kann ich dir so auf dem Flur nicht sagen. Du hast Fieber und bekommst wahrscheinlich Schüttelfrost. Jetzt stehst du im dünnen Leibchen im kalten Flur.. Du hast ernsten Husten... Leg dich sofort ins warme Bett und lass mich dir einen Tee machen, oder ich begleite dich zum Arzt!"

Ich murrte und verschränkte die Arme. "Vielen Dank für deine Fürsorge, ehrlich. Und danke für deine Diagnose. Ich nehme mir das zu Herzen und lege mich ins Bett - und du gehst wieder, ja?" Meine Nase lief, da konnte ich noch so viel hochziehen. Seufzend drehte ich mich um, wartete keine Antwort ab und grapschte nach der Taschentuchpackung auf der Kommode im Flur. Geräuschvoll rotzte ich hinein, während ich mich zur Wohnungstür umdrehte, um mich zu vergewissern, dass Karyu verschwunden war. Stattdessen starrte ich genau gegen seine Brust. Ich hörte, wie die Wohnungstür zufiel.

Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinab. Ganz genau konnte ich spüren, wie ich Angst bekam. "Was machst du da?", fragte ich ihn mit dünner Stimme. "Ich hab gesagt du sollst gehen."

Karyu seufzte. "Das werde ich auch machen. Wenn ich weiß, dass du gut versorgt bist. Wie ich schon sagte, ich kenne Menschen wie dich. Die können 40 Grad Fieber haben und gehen trotzdem zur Arbeit." Prüfend sah er mich an. "Hast du denn jemanden, der sich um dich kümmern kann? Eltern, Geschwister, einen Freund..?"

Ich schüttelte dummerweise, ehrlich wie ich war, den Kopf. "Nein, bin allein...ich komm schon klar."

"Ja, bestimmt tust du das. Lass mich dir doch einfach ein bisschen helfen. Ich mach dir was zu essen und was heißes zu trinken, ich schau mal in deinen Medizinschrank, wenn du einen hast, und dann geh ich wieder, wenn du schön im Bett liegst.", versuchte er mich zu überreden. Doch mir war nicht ganz wohl dabei.

"Ja, und wenn ich schlafe, raubst du mich aus", murmelte ich unbedacht.

Etwas traurig, wie mir schien, zog Karyu eine Schnute. "Hör mal, zur Zeit geht wirklich eine ernst zu nehmende Grippewelle um. Es hat schon viele Menschen erwischt, und es wird noch einige Zeit so weitergehen. Ziemlich ungewöhnlich für diese Jahreszeit, daher sind die Krankenhäuser und Praxen in erhöhter Alarmbereitschaft. Ich will nicht, dass du dir was Schlimmes einfängst. Jeder muss jetzt wirklich vorsichtig sein.", sagte er leise. Etwas schien ihn zu bedrücken - wirklich nur diese Sache?

Ich sah beiseite. "Aber wenn man jetzt vorsichtig sein soll, warum bist du dann hier? Ich stecke dich bestimmt an." Ob ich dann wirklich ein schlechtes Gewissen hätte, wusste ich nicht.

Ich sah sein schwaches Lächeln nicht. "Stimmt, ich bin vor Erkältungen und Krankheiten auch nicht gefeit. Aber ich kann versuchen, mich zu schützen. Davon aber abgesehen, war ich erst krank. Jetzt sollte ich wieder 3,4 Monate Ruhe haben - ja, bei mir ist das ganz gut abzuschätzen. Es gibt Leute, die werden einmal im Jahr krank - die kriegen immer im Herbst oder im Winter einen Schnupfen, das war's." Er lächelte mich beruhigend an.

Geräuschvoll zog ich die Nase hoch. "Na meinetwegen."

Er nickte. "Gut. Also, willst du dir gleich was Wärmeres anziehen und ins Bett, oder willst du mir zugucken, was ich in der Küche treibe, damit ich auch ja nichts klaue?"

"Ich sehe dir zu", antwortete ich ohne Umschweife.

Er grinste leicht. "Gut, dann nimm dir wenigstens eine Decke und setz dich in der Küche hin, ja? Du stehst sowieso schon viel zu viel. Du bist eine ganz schön sture Ziege."

"Bock, sturer Bock", korrigierte ich ihn, aber er hörte schon gar nicht mehr hin, mal wieder.

"Und paranoid bist du auch", brabbelte er weiter, während er sich seine Schuhe und seinen Mantel auszog.

"Häng es dort auf", wies ich ihn an und winkte ihn hinter mir her, führte ihn so in die Küche. Sie war klein, dennoch hatte ich es geschafft, einen schmalen Esstisch hineinzustellen.

Nachdem Karyu den Weg zu mir gefunden hatte und die Küche betrachtete, holte ich aus meinem angrenzenden Wohnzimmer eine warme Decke, schlang sie mir um die schmalen Schultern, bevor ich mich an den Esstisch setzte. "Der Wasserkocher steht da...und die Teebeutel sind in diesem Kästchen da in der Ecke der Anrichte..."

Artig bereitete er mir einen Pfefferminztee. "Hast du auch etwas für eine Hühnersuppe?"

Ich deutete mit dem Finger auf die Orte, wo er alles finden würde, was er brauchte. Als ich meinen Tee hatte und das Süppchen vor sich hin köchelte, drehte er sich zu mir um, während er den Kochlöffel schwang.

Nachdenklich sah er mich an. "Du sagtest, du hättest niemanden, der sich um dich kümmern könnte." Ich nickte schweigend und starrte auf meine Teetasse hinab. "Wirklich niemanden?"

"Niemanden", bestätigte ich leise. Zu meinem Überraschen bohrte er nicht nach.

"Das ist scheiße..ich weiß wovon ich rede", murmelte er. "Ich arbeite recht viel und außerhalb des Krankenhauses hab ich dann auch keine Freunde. Na ja, die Leute auf der Station sind aber auch nur meine Kollegen...da hätte auch keiner Zeit, mal nach mir schauen zu kommen." Er lächelte schwach. "Es ist also ganz gut, wenn ich nach dir schaue, meinst du nicht?"

Ich schnaubte. "Du hoffst doch bestimmt, dass ich dann dich pflegen komme, wenn du mal krank bist."

Er zuckte schmunzelnd mit den Schultern, während er sich wieder zum Herd umdrehte. "Ja, vielleicht. Zur Not gehe ich aber einfach ins Krankenhaus", sagte er zwinkernd. "Ich hab keine Angst dahin zu gehen, so wie du."

Ich brummte nur und nahm einen vorsichtigen Schluck vom heißen Tee. Ich verbrannte mir die Spitze meiner Zunge. Leise zischend schob ich die Tasse von mir. Das würde warten müssen.

"Hast du Angst vor Spritzen?", erkundigte Karyu sich bei mir, nachdem er den Herd ausgeschaltet hatte.

Ich hob die Schultern. "Ich mag sie nicht besonders, aber wer tut das schon? Zumindest laufe ich nicht schreiend davon, wenn eine Impfung oder Blutabnahme ansteht.", erzählte ich und räusperte mich. Jetzt hatte ich einen Frosch im Hals... Ich hustete leise.

"Hier.." Karyu stellte mir ein Glas Wasser auf den Tisch.

"Danke...", brachte ich hervor, bevor ich das Wasser hinunter stürzte. Es kratzte in meinem Hals. Mein Kopf fühlte sich zunehmend wie in Watte verpackt an. Kein gutes Zeichen. So ein Mist, ich wollte doch morgen zur Arbeit gehen! Aber wenn ich mich nicht wohl fühlte, würde ich einen Teufel tun...

Ich kramte nach einem Taschentuch und schnäuzte mir diskret die Nase, dann warf ich es in den Mülleimer. Der war beinahe schon voll mit meinen Rotzfahnen. Ich seufzte.

Aufmunternd lächelte Karyu mir zu und servierte mir eine Schüssel mit Hühnersuppe. "Die wird dir ganz gut tun", meinte er. "Du solltest dir vielleicht noch Socken und einen warmen Pullover drüber ziehen, bevor du dich hinlegst", riet er mir, bevor er sich wieder dem Herd zuwandte und sich selbst eine kleine Portion auftat. Hm. Ich hatte gehofft, dass er gehen würde. Worüber sollte ich mit ihm reden? Wenn ich etwas hasste, dann war es unangenehmes Schweigen. Und das kam sehr schnell auf, wenn ich mit jemand Fremden zu tun hatte.

Ich probierte von der Suppe, die aber noch sehr heiß war - natürlich verbrannte ich mir nochmals die Zunge. Zischend schob ich den Teller ebenfalls etwas von mir und lehnte mich zurück. Es hatte keinen Sinn, ich würde noch 5 Minuten warten müssen, bis hier auch nur irgendwas genießbar war.

"Zu heiß, hm?", erkundigte sich der Blonde, während er seine Schüssel neben der meinen abstellte und auf mich herab sah. Ich nickte nur und machte mir nicht die Mühe, aufzuschauen. Davon würde ich nur Nackenstarre bekommen. Leise seufzend schloss ich für einen Moment die Augen. Die brannten leicht, warum auch immer. Ich hörte, wie Karyu nachdenklich summte, dann spürte ich im nächsten Augenblick, wie mein Kinn angehoben wurde. Verwirrt machte ich die Augen auf und blickte direkt in jene dunklen des Blonden. Was war denn nun los? Musste er mich wieder 'untersuchen'?

Doch seine Lippen, die, wie ich aus der Nähe bemerkte, angenehm voll waren, näherten sich mir und schon lagen sie auf meinen. Doch damit war es noch nicht genug. Im nächsten Augenblick schob Karyu mir seine Zunge ungefragt in den Mund. Ich war zu perplex um sie ihm einfach abzubeißen. Sie umspielte ganz speziell meine lädierte Zungenspitze.

Nach ein paar Sekunden ließ Karyu mich wieder los. "Besser?"

Ich starrte ihn an, blinzelte etwas überrumpelt. Ich spürte, wie mir heiß wurde. Weniger aus Erregung, mehr aus Schamgefühl. "Ehm..." Tatsächlich waren die Schmerzen erstmal vergessen. Mein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. Wenn ich ihm jetzt sagte, dass er einen Mann geküsst hatte, dann würde er wohl schreiend meine Wohnung verlassen - hatte ich das nicht gewollt? Er würde mich dann bestimmt in Ruhe lassen... "Dein saurer Speichel verätzt mir eher alles", murmelte ich nur. Das würde ihn wohl auch dazu veranlassen, schnell meine Wohnung zu verlassen, aber ich wollte ihm die Schmach ersparen, einen Mann geküsst zu haben. Mich persönlich störte es sicherlich weniger als die Information ihn stören würde.

Doch Karyu schüttelte nur grinsend den Kopf und setzte sich mir gegenüber. "Tut mir leid, dass ich dich so überfallen habe. Du hast so ausgesehen, als wenn du einen heilenden Kuss gebrauchen könntest."

Ich schnaubte leise. Heilender Kuss...?

Vorsichtig nahm ich die Teetasse in die Hand, pustete kurz, dann versuchte ich nochmals, einen kleinen Schluck zu nehmen - nicht mehr so heiß! Ich pustete über meine Suppe, wartete noch etwas, dann probierte ich noch mal. Auch hier lief es jetzt besser.

Schweigend schlürften wir unsere Hühnersuppe. Dabei musste ich 4 Mal niesen. So langsam begann ich, mich vor mir selbst zu ekeln. Ein Fremder musste das nicht miterleben. Ich sah auf und schob meinen leeren Teller von mir. "Ich werd mich jetzt hinlegen. Danke für deine..Unterstützung", meinte ich und sah ihn ohne zu blinzeln an. Hoffentlich verstand er die Botschaft und verschwand.

Tatsächlich nickte er leicht. "Ok...denk an warme Kleidung. Das hilft. Und nimm ein heißes Bad, das tut wirklich gut."

"Ich hab nur eine Dusche..", erzählte ich ihm abwesend, woraufhin er abwinkte.

"Besser als nichts. Ich komme morgen noch mal nach dir schauen, ja? Ich weiß nur nicht, wann...nur weil meine Schicht um 18 Uhr endet, heißt das nicht, dass sie da wirklich endet... Manchmal bekomme ich eine Doppelschicht aufgedrückt", murmelte er, doch ich sah ihn nur unbeeindruckt an.

"Ich komme alleine klar, wirklich. Mach dir keine Umstände", sagte ich nur und stand auf. Soweit kam es noch, dass ich ihn hier wieder reinließ.

Er schien meinen Gedanken zu erraten und lächelte schelmisch. "Ich verspreche auch, deine Zunge morgen in Ruhe zu lassen."

Ich seufzte lautlos, während ich das benutzte Geschirr beiseite stellte. "Du hast dir bestimmt meine Ekel-Krankheit zugelegt. Warum hast du mich auch geküsst?"

Er hob die Schultern. "Ich arbeite in einem Krankenhaus. Ich habe täglich mit kranken Menschen zu tun und werde aber nur 2 Mal im Jahr krank. Mir passiert schon nichts."

"Toll. Gib mir aber nicht die Schuld daran, wenn du doch krank wirst.", erwiderte ich trocken, während ich ihn in den Flur begleitete. Das unbekümmerte Lächeln störte mich.

"Mach ich bestimmt nicht." er zog sich an. "Ich wünsche dir eine gute Besserung, aber ich fürchte, der schönste Part steht dir noch bevor", verkündete er mir und klang dabei tatsächlich wie ein Doktor.

Murrend öffnete ich ihm die Tür. "Ich werde es überleben."

"Denk an meine Tipps, das macht was aus! Und wenn es viel schlimmer wird, dann geh bitte zum Arzt oder ruf da an..."

Ich nickte nur und winkte ihm. "Danke für deinen Besuch." er nickte und schenkte mir ein Lächeln, dann ging er.

Ich schloss die Tür und lehnte mich dagegen. Ich fühlte mich elend. Und irgendwie einsam. Einsamer als sonst. Kopfschüttelnd holte ich meinen Tee und suchte mein Schlafzimmer auf. Wie mir Karyu geraten hatte, zog ich Socken und Pullover über meinen Pyjama. Mir war halt sowieso kalt. Ich nahm ein paar wärmende Schlucke des Tees, dann kuschelte ich mich ins Bett. Im Nachhinein, so fand ich, hätte ich Karyu wirklich mal fragen sollen, wie es denn so war, einen Mann zu küssen. Nicht, dass mich das wirklich interessierte, ich wusste wie sich das anfühlte. Aber damit hätte ich ihn geschockt und abgeschreckt. Sonderlich schwul oder sowas kam er mir nicht vor. Schließlich hielt er mich für eine Frau - und die hatte er ja jetzt geküsst.

Ich verdrehte die Augen. Irgendwie konnte ich das Gefühl der weichen Lippen, die feuchte, sanfte Zunge in meinem Mund, nicht vergessen. Ärgerlich. Mit dem Gedanken an Karyus Zunge schlief ich ein.
 

~~~~~~

Fortsetzung folgt...!
 

Ganz vielen lieben Dank für die Kommentare! Irgendwie war das erste Kapitel eigentlich echt als One-Shot gedacht, aber plötzlich trudelten mehr als nur ein Kommentar ein...ich hatte noch weitere Ideen...daher habt ihr mich motiviert, noch etwas nachzulegen ^^ Ich kann aber zum jetzigen Zeitpunkt noch NICHT versprechen, dass es nach dem nächsten Kapitel ein weiteres geben wird...mal sehen, ob meine Muse mich weiterhin küssen wird ;)

Von fiesen Grippeviren, Krankenpflegern am Hals und zögerlich geschlossenen Freundschaften zwischen Männern

Mir war heiß und mir fiel das Atmen schwer. Bestimmt lag Karyu auf meiner Brust. Blinzelnd öffnete ich die Augen. Tat er nicht. Niemand und nichts lag auf mir.

Seufzend setzte ich mich auf und rieb mir mit den Fingern über die Schläfe. Ich hatte Kopfschmerzen. Übel war mir auch. Mittlerweile fühlte ich mich kränker als krank. Orientierungslos blickte ich zur Uhr, da ich total den Bezug zur Zeit verloren hatte. Es war 12 Uhr mittags. Ich hatte nicht gut geschlafen, daran erinnerte ich mich noch.

Mit schmerzenden Gelenken quälte ich mich aus dem Bett, da ich Durst hatte. Mein Tee war schon längst kalt. Die kleine Pfütze brachte ich langsam in die Küche. Um mich herum drehte sich alles. Ich musste Fieber messen und dann durfte ich mir wohl überlegen, wie ich das wieder senken konnte.

Während das Wasser für einen neuen Tee kochte, durchsuchte ich im Bad eines der Schränkchen nach Medikamenten. Was ich fand, waren Kopfschmerztabletten und Nasentropfen. Mehr nicht. Es herrschte gähnende Leere in meinem kleinen Medizinbereich. Ok, ich hatte nie einen gehabt. Ich konnte mich auch nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so krank gewesen war. Das gestand ich mir nun ein. Eine leise Panik machte sich in mir breit. Ob das von selbst wieder weg gehen würde?

Zweifelnd nahm ich eine Kopfschmerztablette zu mir. Vielleicht würde die schon mal ein bisschen helfen. Langsam und vorsichtig kehrte ich in die Küche zurück, bereitete mir einen Tee zu und legte mich wenig später wieder ins Bett. Allerdings wünschte ich mir jetzt einen TV in meinem Schlafzimmer. Der aber stand im Wohnzimmer. Dort war es mir zu unbequem, jetzt auf der Couch zu liegen. Ich grummelte und schloss kurz die Augen. Ich würde das schon durchstehen.

Doch im nächsten Moment lief mir ein kalter Schauer über den Rücken und mir drehte sich der Magen um. Ich hatte auf Arbeit nicht Bescheid gesagt, dass ich krank war. Sofort schoss ich aus dem Bett und suchte mein Handy. Das lag auf dem Couchtisch im Wohnzimmer. Mit klopfendem Herzen wählte ich die Nummer meiner Vorgesetzten. Zum Glück ging sie sofort ran. Ich entschuldigte mich tausendmal dafür, dass ich mich nicht rechtzeitig gemeldet hatte, doch als sie hörte, dass ich krank war, klang sie besänftigt und sogar besorgt. Sie versuchte mir mein schlechtes Gewissen auszureden und mit Erleichterung legte ich wenig später auf.

Nun war mir wirklich super schlecht. Mir war unangenehm heiß und ich wusste, dass ich gleich ins Bad gehen konnte. Gerade rechtzeitig öffnete ich den Deckel der Toilette, dann übergab ich mich auch schon. Es schien bloß der Tee zu sein, der wieder rauskam.

Mit zitternden Beinen putzte ich mir rasch die Zähne und legte mich zurück ins Bett. Ruhe war jetzt wohl wirklich das beste!
 

Wenn es etwas gab, das ich hasste, dann war es Kotzen. Reihern. Kübeln. Wie auch immer. Und als es an meiner Tür klingelte, dachte ich sofort daran, mich bestimmt übergeben zu müssen, wenn ich aufstand um die Tür zu öffnen. Also blieb ich lieber liegen und ließ klingeln. Es würde sicher nur die Post sein. Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet mir, dass es schon halb 7 war. Ich runzelte die Stirn. Hatte Karyu nicht gesagt, er hätte 18 Uhr Schluss und würde mich besuchen kommen?

Unvermittelt klopfte jemand an meine Wohnungstür. "Zero, ich bin's, Karyu. Mach auf." Er wartete kurz ab. Ich dachte ja nicht daran, aufzustehen. Wieder klopfte es, diesmal nachdrücklicher. Ich fragte mich, wer ihn überhaupt ins Treppenhaus gelassen hatte. Alles Verräter hier. "Zero, ich mach mir Sorgen! Ich weiß, dass du immer noch sehr krank sein wirst und bestimmt nicht die Wohnung verlassen hast. Du bist da, also mach bitte auf." Seine Stimme klang irgendwie verzweifelt.

Warum machte er sich solche Sorgen?!

Da bekam ich ja selbst Angst. Ich runzelte die Stirn und setzte mich langsam auf, während der Blonde heftig gegen meine Tür klopfte. Bestimmt ging gleich die Tür nebenan auf und einer würde sich beschweren. Seufzend stand ich auf und schlurfte zur Tür. "Komme ja schon..", murmelte ich und konnte nicht einschätzen, ob Karyu es überhaupt hören konnte.

"Zero?"

Langsam machte ich die Tür auf und das erste, was ich von ihm sah, waren seine Augen - groß, rot und blutunterlaufen. Er war eindeutig geschafft von seinem Dienst. Ich wich zurück. Das war ja furchterregend.

"Du siehst schrecklich aus!", meinte er zu mir, woraufhin ich mit den Schultern zuckte.

"Du auch", erwiderte ich nur.

"Ich bin aber nicht krank, im Gegensatz zu dir", sagte er und kramte in seiner Hosentasche umher. Ich folgte seiner Hand mit den Augen und bemerkte, dass er eine weiße Hose trug und graue Adidas-Turnschuhe. "Trägst du etwa noch deine Arbeitssachen?"

Karyu nickte und holte eine Diagnostikleuchte hervor, mit der er mir einfach ins Auge leuchtete, während er mit der freien Hand meinen Kopf festhielt. "Hey! Lass das, das blendet", murrte ich und kniff die Augen zusammen. Meinen Kopfschmerzen war das nicht gerade zuträglich.

"Halt still", befahl er mir, hatte mich nicht losgelassen. Widerwillig machte ich die Augen wieder auf und er leuchtete kurz von einem ins andere Auge.

"Was machst du denn da? Ich hab sicher keine Gehirnerschütterung", murrte ich und schob seine Hand mit der Leuchte beiseite. "Willst du unbedingt Doktor spielen?"

Er grinste und steckte die Leuchte wieder weg. "Ich hab gehört, Frauen stehen drauf." Wieder dieser Scheiß. Diesmal verzichtete ich sowohl aufs Augen verdrehen als auch auf den verbalen Hinweis. Ich seufzte nur.

"Du bist Krankenschwester..", murmelte ich schwach und rieb mir die Schläfe. "Was gibts denn?", fragte ich überflüssigerweise nach.

"Ich schaue nach dir", antwortete er. "Und du siehst nicht gut aus." Er tätschelte meine Stirn. "Du hast immer noch Fieber. Es ist gestiegen, oder?"

Ich zuckte mit den Schultern. "Hab vorhin eigentlich messen wollen..", murmelte ich.

"Dann machen wir das jetzt", legte er fest und drängte sich an mir vorbei. Ich hatte weder die Lust noch die Kraft ihn aufzuhalten.

Langsam schloss ich die Tür und atmete tief durch, dann blickte ich zu Karyu, der sich gerade ausgezogen hatte. Unter seiner Jacke kam ein tiefblaues Shirt zum Vorschein. "Wo hast du denn dein Fieberthermometer?"

"Moment..", murmelte ich und schlurfte ins Bad, wo ich es aus dem Spiegelschrank holte. Auf dem Rückweg nahm ich mir den schwarzen Bademantel und zog ihn über. Vorhin war mir noch warm gewesen, jetzt war es aber wieder kalt. Im Flur drückte ich Karyu das Fieberthermometer in die Hand. "Hier.."

"Leg dich am besten hin", riet er mir, woraufhin wir zusammen ins Schlafzimmer gingen, doch kurz vor dem Bett blieb ich stehen und drehte mich zu ihm um.

"Halt." Ich nahm ihm das Fieberthermometer wieder ab, weswegen er mich fragend ansah. "Ich kann das selbst."

Karyu schmunzelte nur und blieb am Bettrand stehen, während ich mich wieder ins Bett legte und das Messgerät unter Bademantel, Pullover und Pyjamaoberteil in meine Achsel schob.

"Also, genauer wäre es-..", fing Karyu an, doch ich sah böse zu ihm auf und unterbrach ihn.

"Du willst mir doch nicht erzählen, dass ihr all euren erkälteten Patienten ein Thermometer in den Hintern schiebt?" Er hielt inne. Ich hatte genau vorhergesehen, wohin das führen sollte. Ein unschuldiges Lächeln legte sich auf seine Lippen und ich erwartete keine Antwort, weswegen ich abwinkte. "Ich will es gar nicht wissen."

"Hm, also nicht jedem Patienten", sagte er da aber schon und grinste. "Es ist halt nur genauer."

"Ich brauch es aber nicht genau!", verdeutlichte ich ihm und verschränkte die Arme. So hielt auch das Thermometer besser. "Willst du nicht gehen? Und dich umziehen?" Die Situation drohte nämlich in peinliches Schweigen zu münden.

Karyu zuckte mit den Schultern, während er aus dem Fenster sah, dass der Bettseite gegenüber lag. "Ich weiß, ich muss duschen und in frische Kleidung schlüpfen... Normalerweise mache ich das direkt im Krankenhaus, aber..." Er hielt kurz inne und wandte mir den Kopf zu, lächelte schwach. "Ich wollte nach dir sehen. Du hast schon gestern nicht gut ausgesehen. Da allein zu sein, ist schlecht."

Ich brummte nur leise und wurde das Gefühl nicht los, dass es da noch einen anderen Grund gab. Er erzählte mir etwas nicht, aber dazu war er auch nicht verpflichtet.

Das Piepen des Fieberthermometers zerriss die kurze Stille. Ich fummelte es hervor und schaute darauf. Wie war das, ich hatte kein fiebersenkendes Mittel im Haus? Neugierig beugte Karyu sich zu mir herab und warf einen Blick auf das Display, dann hörte ich schon, wie er die Luft einzog. "39 Grad?!" Er sah mich an. "Du hast hohes Fieber! Und wenn ich das so sage, dann meine ich es auch so. Du hast axillär gemessen, das bedeutet, du kannst noch 0,5 - 1 Grad Celsius dazurechnen. Das ist an der Grenze zu sehr hohem Fieber, und damit ist nun wirklich nicht mehr zu spaßen."

Ich seufzte und legte das Thermometer beiseite auf den Nachttisch. "Fieber zu haben ist doch nicht gleich was Schlimmes. Das gehört doch irgendwie zur Abwehrreaktion von irgendwas...", brubbelte ich und versuchte, nicht in Panik auszubrechen.

"Ja, da magst du recht haben. Man muss im Kopf behalten, dass Fieber Teil der physiologischen Immunantwort des Körpers ist. Aber bei deiner Temperatur sollte man vorsichtshalber etwas zur Senkung tun, bevor es unangenehm wird."

"Es ist schon unangenehm", stöhnte ich leise.

Karyu schien nachzudenken. "Trinkst du denn genug? Ich sehe hier nur eine leere Tasse Tee. Hast du fiebersenkende Tabletten?" Ich schüttelte den Kopf, weswegen er seufzte, und dann verschwand er plötzlich. Voller Unbehagen sah ich ihm hinterher, dann beschloss ich, aufzustehen. Ich musste ihn im Auge behalten. Nach wie vor war er mir fremd und ich wurde immer noch nicht schlau draus, was zur Hölle er hier eigentlich trieb! Wir kannten uns doch nicht! Ich wollte nur meine Ruhe und schlafen.

Gerade füllte er ein Glas mit Wasser, als ich in die Küche trat. Er seufzte, sobald seine Augen mich erfassten. "Du solltest im Bett bleiben. Ich klaue schon nichts." Ich nickte nur. "Welche Beschwerden hast du neben dem Fieber und der laufenden Nase eigentlich noch?", fragte er mich, während er mir das Wasser reichte und sich dann selbst eines füllte.

"Kopfschmerzen, obwohl ich dagegen schon eine Tablette genommen hab.", antwortete ich langsam. "Gliederschmerzen...ich bin müde..und musste mich vorhin übergeben.." Ich zuckte mit den Schultern. Wahrscheinlich das übliche, was man dann so hatte. Bei mir war solch eine heftige Erkältung schon zu lange her.

Karyu sah mich eine Weile an, dann nickte er nur, nahm einen Schluck Wasser und trat auf mich zu. "Geh wieder ins Bett." Ich wehrte mich nicht gegen seine Anweisung. Ich war so erschöpft vom krank sein, dass ich genau da hin wollte - ins Bett.

Ich drehte mich um und schlurfte durchs Wohnzimmer in den Flur, wo das Schlafzimmer angrenzte. Mir wurde schon wieder so übel. Und heiß. Deswegen zog ich den Bademantel im Gehen aus. Meine Beine fühlten sich wie Wackelpudding an und vor mir begann sich alles zu drehen. "Karyu..?", rief ich mit heiserer, zitternder Stimme.

"Hm?", machte er und schien direkt hinter mir zu stehen.

Kurz schwankte ich hin und her zwischen dem, was ich sagen wollte. "Du siehst auch so furchtbar aus", erinnerte ich ihn mit leicht fragendem Unterton.

"Ja. Meine Schicht war lang und scheußlich. Ich hab früher ins Krankenhaus gehen müssen. Es ist so viel los. Die ganzen Grippe-Kranken und was die Leute nicht alles haben", sagte er leise. Er klang bekümmert.

Kurz schwieg ich. Mir war danach, ihn aufzumuntern. Aber mir ging es so schlecht. "Karyu?"

"Hm?", machte er wieder, während ich mich an der Wand des Flurs abstützte.

"Bringst du mich bitte ins Bett?" Als starker Krankenpfleger würde er das doch bestimmt schaffen.

Er stellte sich neben mich und sah mich prüfend an, doch ich hielt den Blick gesenkt. "Aber klar doch", sagte er dann und legte die Arme um mich, in die ich sofort fiel - meine Beine knickten ein, meine Augen schlossen sich von selbst.

"Zero?"
 

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Aus halb geschlossenen Augen und etwas verwirrt beobachtete ich, was vor sich ging. Es wuselten drei verschiedene Personen um mein Bett herum. Eine davon war Karyu. Es war so hell im Raum, auch laut, dass ich mir sicher war, nicht in meinem eigenen Bett zu liegen.

Ängstlich sah ich zu Karyu. Was war denn hier los? Er sah über mich hinweg jemanden anderen an. "Wir brauchen Amantadin und Neuraminidase-Hemmer." Dann drehte er sich um. "Ich brauche hier einen Arzt!" Kurz schloss ich die Augen, öffnete sie jedoch wieder, als ich einen Schmerz an meiner Hand spürte. Karyu stach mir eine Nadel in den Handrücken. "Zugang ist gelegt. Wo bleibt denn Dr. Nishida?"

"Er ist schon auf dem Weg", hörte ich eine Frau neben mir sagen.

"Zero? Hey Zero", sagte Karyu und beugte sich zu mir hinab. Ich versuchte, seinen Blick zu erwidern. "Es wird alles wieder gut, ja? Bleib bei mir, der Doktor kommt gleich."

Ich versuchte zu nicken. Wovor hatte er Angst? In meinem Zustand lief ich nirgendwo hin. Ohne es zu merken schlief ich ein, auch wenn mir so heiß war.

Ich fürchtete mich nicht mehr.
 

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Langsam öffnete ich die Augen und blinzelte. Irgendwas steckte in meiner Nase und kitzelte. Ich hob eine Hand und führte sie zu meinem Gesicht, wo ich einen dünnen Schlauch ertastete und diesen ergriff.

"Die Sauerstoff-Sonde würde ich drin lassen", erklang eine sanfte Stimme direkt neben mir. Verwirrt ließ ich die Hand wieder sinken und sah auf. Karyu saß an meinem Bett - und hielt meine Hand mit den seinen. Gleich mit beiden...

Ich entzog ihm meine Hand und strich mir über die Stirn. "Was ist denn passiert?", stellte ich die wichtigste Frage.

"Als ich gestern Abend bei dir war - daran erinnerst du dich noch?" Ich nickte. "Da bist du zusammen gebrochen. Das kann vorkommen. Viele unserer Grippe-Patienten wurden nach einem Zusammenbruch eingeliefert. Ich sag ja, das geht zur Zeit rum." Er tätschelte mein Bein. "Ich hab im Krankenhaus angerufen und mich um dich gekümmert."

"Ist denn jetzt alles wieder ok?", wollte ich von ihm wissen, woraufhin er nickte.

"Ich denke schon. Du hast die Nacht gut überstanden und solltest über dem Berg sein. Jetzt stehst du ja auch unter ärztlicher Beobachtung. Dir dürfte nichts mehr passieren."

So wie er davon erzählte, klang das ja dramatisch. Ich nickte nur leicht. "Ok...danke."

Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen. "Schon gut. Gern geschehen. Einer Frau in Not muss man doch helfen."

Ich blinzelte und wurde stutzig. Wenn ich hier im Krankenhaus lag und die Ärzte wahrscheinlich meinen Namen über meinen Personalausweis erfahren hatten - dann musste Karyu mittlerweile ganz genau wissen, dass ich eben KEINE Frau war! Doch ich war zu erschöpft, um jetzt darüber zu diskutieren. Ich hatte nicht einmal große Angst, obwohl Karyu mich jetzt schon im Krankenhaus verfolgte...

"Ruh dich noch etwas aus", schlug er vor, woraufhin ich nickte.

"Wann kann ich denn hier raus?"

"Das kommt drauf an. Mindestens einen Tag solltest du noch hier bleiben. Der Arzt entscheidet das aber eigentlich. Es gibt Fälle, da bleiben die bis zu zwei Wochen hier."

Ich schluckte. So lange wollte ich nun wirklich nicht hier bleiben! Vor allem nicht, wenn Karyu hier jeden Tag arbeitete und am Ende noch bei mir vorbei schneite.

Er erhob sich und ich bemerkte, dass er immer noch (oder schon wieder?) in seiner weißen Stoffhose und in seinem dunkelblauen Shirt rumlief. "Ich komm nachher noch mal vorbei."

"Musst du nicht", erwiderte ich matt, doch er grinste nur und verließ das Zimmer.

Innerlich seufzend schloss ich die Augen. Jetzt hatte ich also einen aufdringlichen Krankenpfleger am Hals. Dabei wollte ich doch nur meine Ruhe.
 

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Seufzend starrte ich aus dem Fenster. Es regnete, und ausgerechnet jetzt wollte ich nach Hause gehen. Ich hatte darauf bestanden, entlassen zu werden, denn nach zwei Tagen, in denen Karyu trotzdessen, dass er arbeiten musste, immer wieder Zeit gefunden hatte, mich zu belästigen, hatte ich die Nase voll. Hier bekam ich keine Ruhe. Also war ich dem Arzt auf die Nerven gegangen, bis er nachgegeben hatte. Und es ging mir ja auch wirklich schon etwas besser. Den Weg nach Hause würde ich irgendwie schaffen. Aber dass es regnete, gefiel mir nicht.

"Hey..." Ich drehte mich um. Karyu stand in der Tür und kam näher. "Du wirst also wirklich entlassen."

Ich nickte und lächelte leicht. "Ja."

"Ich hatte gehofft, dass es dir bei mir gefallen würde", meinte er schmunzelnd, weswegen ich die Augenbrauen hob und den Kopf schief legte.

"Ist das hier dein Krankenhaus? Oder warst du mein heimlicher, persönlicher Krankenpfleger?", wollte ich wissen, woraufhin er sachte die Schultern hob und dabei irgendwie ertappt aussah.

"Na ja, zuerst hatte ich deinen Fall, weil ich so getan hab, als wenn ich dich unterwegs aufgegriffen hätte. Aber dann hat der diensthabende Arzt Wind davon bekommen, weil die Schwestern gepetzt haben, dass ich die Nacht über bei dir saß...mir wurde der Fall entzogen."

"Was dich nicht daran gehindert hat, mir trotzdem auf- ... Mich trotzdem zu überwachen", warf ich ein, woraufhin er lachend nickte.

"Richtig..." Er senkte den Blick und schwieg einen kurzen Augenblick. "Du hast Glück gehabt. Ich habe in den letzten Wochen so einige Influenza-Patienten gehabt und...zwei sind unter meiner Aufsicht gestorben", erzählte er leise. "Das sollte dir nicht auch passieren.."

Ich hielt inne. "War es das, was dich bedrückt hat? Du schienst etwas auf dem Herzen zu haben.."

Er nickte. "Genau, das war diese Sache", murmelte er.

"Tut mir leid für dich", sagte ich leise und sah ihn mitfühlend an. Das musste hart für ihn gewesen sein - oder das war es sogar immer noch. Karyu nickte nur und ich atmete tief ein. "Danke, dass du dich um mich gekümmert hast."

Nun legte sich zumindest ein leichtes Lächeln auf seine Lippen und er sah mich wieder an. "Keine Ursache. hab ich gern gemacht."

"Ist dein Job, hm?", meinte ich und ging am Bett und an ihm vorbei in Richtung Tür.

Der Blonde schüttelte sachte den Kopf. "Nicht ganz, ich hab mich nicht um dich gekümmert und gesorgt, nur weil es mein Beruf ist." Er machte eine kurze Pause. "Ich mag dich."

Nachdenklich blinzelte ich ihn an. Hinter diesen Worten steckte eine größere Bedeutung, wenn ich mich nicht irrte.

Ich wandte mich ihm zu, blieb an der Tür stehen. "Karyu, ich bin immer noch keine Frau", machte ich ihm zum gefühlt hundertsten Mal klar, woraufhin er zu meiner Überraschung nickte.

"Ich weiß."

Verwirrt zog ich die Augenbrauen hoch. "Du weißt es?"

Ein Schmunzeln legte sich auf seine Lippen.

"Zuerst dachte ich wirklich, dass du eine Frau wärst. Die etwas längeren blonden Haare, der zierliche Körperbau..." Zierlich? sollte ich beleidigt sein? "Aber allerspätestens als wir zusammen vor deiner Wohnung standen und du dann hochgelaufen bist...seitdem weiß ich, dass du wirklich ein Mann bist."

Verwirrt blinzelte ich ihn an. "Warum hast du dann immer wieder was davon gefaselt, ich wäre eine...? Hä?" Das verstand ich nun wirklich nicht.

Karyu strich sich durch die Haare und spielte dann verlegen mit einer blonden Strähne. "Wie ich schon sagte, ich mag dich. Das wusste ich von der ersten Minute an..", sagte er leise, aber bereits da kam ich erneut nicht mit.

"Aber..du dachtest doch zuerst, ich wäre eine Frau..?"

Er nickte. "Ja, ist mir doch eigentlich egal, was du bist.."

Ich hob die Augenbrauen. Das konnte man jetzt aber auch falsch verstehen. "Ach so. Hmmm...", machte ich nur und verschränkte die Arme.

"Na ja und ich dachte...", setzte er an, nagte dann aber unschlüssig an seiner Unterlippe. Oh je, das könnte ja jetzt dauern, bis er mir das Ganze erklärt hatte. "Also...um dich nicht zu verschrecken, hab ich erstmal so getan, als würde ich denken, du seist eine Frau. Damit du einfacher mit meinen Annäherungsversuchen klar kommst, falls du eben..nicht...interessiert bist...weißt du...?"

So ganz ersichtlich war mir die Sache noch nicht. "Du meinst, damit ich keinen absoluten Schock bekomme, wenn du mir plötzlich die Zunge in den Mund schiebst? 'Oh, er denkt ja, ich wäre eine Frau. Na dann ist es ja nicht so schlimm.' Sollte ich das denken? Das macht es doch nicht besser."

Er zuckte verlegen mit den Schultern. "Wenn du es aber wirklich schlimm und..halt eklig oder so gefunden hättest, dann hättest du mir das spätestens in dem Moment deutlich gemacht." Er seufzte. "Das mit dem Kuss war ja nun auch wirklich nicht geplant gewesen", versicherte er mir, aber das war mir nicht so wichtig. Er schaute mir fest in die Augen. "Ich mag dich, Zero. Ich hab mich gleich in dich verguckt, ok?" Ich schluckte. Oh Gott nein. Bitte nicht. "Ich würde dich gern besser kennen lernen!"

Oh nein nein nein. Das konnte ich nun wirklich nicht gebrauchen. Ich rieb mir mit der Hand die Stirn und rang mir ein leichtes Lächeln ab. "Ok..." Ich räusperte mich. Wie peinlich. "Mit sowas kann ich nicht gut umgehen...", murmelte ich, woraufhin er schmunzelte.

"Du sollst mir ja jetzt nicht sagen, dass du mich über alles liebst und dich jeden Tag ohne mich nach mir verzehrst.", grinste er. "Ich will nur..mal was mit dir unternehmen." Karyu senkte den Blick. "Ich hab dir doch erzählt, dass ich außerhalb des Krankenhauses keine Freunde habe." Ich nickte nur, denn ja, daran erinnerte mich. Es war eine traurige Geschichte. "Tja, sobald ich das Krankenhaus verlasse, bin ich endgültig allein. Ich hab zwar meine Katzen, aber das ist eben etwas anderes. Und dann läufst du mir zufällig über den Weg. Ich meine, ich besuche seit Jahren diesen Supermarkt und noch nie habe ich dort mit jemandem geredet. Ich hab dich sofort gemocht..." Vorsichtig hob er den Blick. "Das ist eine Chance, dachte ich. Die will ich nicht vertun."

Er schwieg und ich dachte kurz darüber nach. Karyu war ja ganz ok.. Und er hatte bei mir was gut. Schließlich hatte er mich ins Krankenhaus gebracht. Ich legte eine Hand auf die Türklinke. "Lass uns Freunde sein, ok?", sagte ich leise und lächelte sachte. "Mehr kann ich dir erstmal nicht versprechen. Ich muss mich zuerst ja noch vergewissern, dass du kein Betrüger oder Stalker bist."

Er grinste glücklich und nickte. "In Ordnung! Damit gebe ich mich zufrieden."
 

Wenig später verließ ich das Krankenhaus. Den Krankenpfleger hatte ich also immer noch am Hals, aber etwas hatte sich verändert. Der Krankenpfleger war erstmal mein Freund - ein Freund, nicht fester Freund. Das war ja schon mal ein großer Fortschritt in meinem Leben. Ob ich auf Dauer mit seinen Avancen klar kommen würde, wusste ich aber noch nicht.
 

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Fortsetzung folgt!

Nächstes Kapitel wird voraussichtlich das letzte. Und man kann es nicht gerade ein Happy End nennen, so viel sei schon mal verraten. Das Wort Sad End halte ich an der Stelle aber für Definitionssache.

Von letzten Gurken im Supermarkt, Katzen am Hintern und Zetteln, die Verabredungen lösen

Ich lehnte mich zurück und verschränkte die Arme hinter meinem Kopf. Während ich auf den Bildschirm des Laptops starrte, hatte ich ausnahmsweise kein Dokument für eine Hausarbeit vor mir. Es war lediglich mein Desktop mit einem Urlaubsbild als Hintergrund. Ich sah auf die Palmen und das Meer Okinawas. Als ich so an meinen besten Freund in Miyagi dachte, fiel mir auch Karyu wieder ein. Diesen hatte ich seit meinem Krankenhausaufenthalt von 3 Tagen nicht wieder gesehen. Das war nun etwa eine Woche her.

Wir hatten keine Nummern und keine Mail-Adressen ausgetauscht. Das einzige was er wusste, war, wo ich wohnte. Wahrscheinlich war er schon zu meiner Wohnung gekommen, aber da ich auf Arbeit etwas nachzuholen hatte und ja auch einmal in der Woche in die Uni musste, hatten wir uns wohl verpasst. Traurig machte mich das jetzt nicht. Was sollte ich mit Karyu denn auch machen? Es mochte fies klingen, aber was sollte ich mit ihm anfangen? Nur weil wir uns zufällig über den Weg gelaufen waren, hatten wir ja nicht plötzlich etwas gemeinsam. Worauf sollte also eine mögliche Freundschaft aufbauen? Das stellte ich mir schwierig vor. Wahrscheinlich würde er schnell merken, schon nach einem ersten Treffen, dass ich furchtbar langweilig war. Dann wäre ich wieder allein, daher sparte ich mir das Ganze von vornherein.

Ich war und blieb eben einsam. Na, was soll's.

Seufzend stand ich auf. Ich brauchte noch was zu essen. In meinem Kühlschrank herrschte gähnende Leere, meine Vorräte waren aufgebraucht, da ich aufgrund meiner Krankheit nicht hatte einkaufen gehen können - und danach hatte ich erstmal nicht gewollt. Der Weg nach Hause war schon anstrengend gewesen. Zwischenzeitlich hatte ich da sogar überlegt, ob es nicht besser gewesen wäre, noch einen Tag länger im Krankenhaus zu bleiben. Aber es war ja schon zu spät gewesen. Ich war entlassen und nur ein paar Bahnstationen von meiner Wohnung entfernt gewesen.
 

In Gedanken versunken steckte ich mein Portemonnaie und meine Schlüssel ein, bevor ich mir meine Jacke überzog und die Wohnung verließ.

Der Frühling war mit aller Macht gekommen. Die Vögel zwitscherten, die Sonne schien öfter und war spürbar auf der Haut geworden - sie wärmte wieder richtig. Kurz legte sich ein Lächeln auf meine Lippen. Ich liebte den Sommer, und daher auch den Frühling, denn es wurde wärmer und grüner. Deswegen liebte ich ja auch Okinawa. Es war die perfekte Insel für mich. Mein, wenn auch eher unrealistischer, Lebenstraum war es, dort irgendwann zu leben und zu arbeiten. Doch es würde noch dauern, bis ich auch nur in die Nähe der Erfüllung meines Traums kommen würde. Erstmal musste ich meinen Abschluss schaffen, das war momentan von höchster Priorität.

Ich ließ mir Zeit auf dem Weg zum Supermarkt, da es draußen endlich mal wieder angenehm war. Bestimmt hatte sich die Anzahl der an Grippe Erkrankten mittlerweile wieder gesenkt. Zumindest hoffte ich das für Karyu. Dieser hatte einen wirklich niedergeschlagenen Eindruck gemacht, als er über seine verstorbenen Patienten geredet hatte. Das war wohl eben eine der Schattenseiten des Medizinbereichs.

Leicht schüttelte ich den Kopf um die trüben Gedanken loszuwerden, dann betrat ich den Supermarkt und nahm mir wie immer einen Korb. Ich wollte, trotz der wenigen Vorräte, keinen Großeinkauf machen. Dann würde ich übermorgen eben noch mal gehen, anstatt wie sonst nur einmal die Woche. Einen Zettel hatte ich mir nicht gemacht, denn ich brauchte im Grunde...einmal alles.

Mürrisch schlenderte ich durch die Gänge und wusste noch gar nicht richtig, was ich mir eigentlich zu essen machen wollte. Auf jeden Fall einen Salat, das wurde mal wieder Zeit.

Also kehrte ich zum Gemüsebereich zurück und tütete mir zwei Paprika und einen Salatkopf ein. Ich ließ meinen Blick über die restlichen Sorten gleiten. Eine Gurke war noch da. Die wäre vielleicht auch noch ganz gut für den Salat. Ich streckte die Hand aus und wollte gerade zugreifen, als schlanke Finger sich um diese letzte Gurke legten und sie mir vor meinen Augen wegnahmen.

Ich riss die Augen auf. Das konnte ja nicht wahr sein! "Das ist meine!", entfuhr es mir und als ich empört aufsah, hatte ich ein starkes Déjà-vu. Karyu hatte mir diese blöde Gurke geklaut und grinste mich frech an.

"Das glaube ich ja nicht, sonst hättest du sie jetzt in der Hand", sagte er und legte die Gurke in seinen Korb.

Ich schnappte nach Luft. "Hey, was soll denn das? Du hast doch bestimmt genau gesehen, dass ich davor stand und die haben wollte! Es ist die verdammte letzte Gurke hier und ich brauch sie für meinen Salat!", machte ich ihm nachdrücklich klar, aber er hob nur die Schultern.

"Such dir doch was anderes als Gurke. Da sind noch ganz viele Tomaten."

"Ich hasse Tomaten!", erwiderte ich bissig und stemmte die freie Hand in die Hüfte. "Ich dachte, du schimpfst mich einen Freund! Also sei mir behilflich", forderte ich ihn auf, doch Karyu hob die Augenbrauen und musterte mich entspannt.

"So wie ich das sehe, mein Lieber, war ich dir bereits behilflich. Oder habe ich dich etwa nicht ins Krankenhaus gebracht und war für dich da?"

Ich zog eine Schnute. "Wie lange wirst du denn darauf noch rumreiten?", wollte ich wissen, weswegen er wieder so unerträglich triumphal grinste. "So lange, wie es nötig ist."

"Du meinst wohl: IMMER wenn es nötig ist."

Er grinste breit und zuckte mit den Schultern. "Ich will ja nicht ganz so fies sein."

Ich brummte nur und winkte ab. "Vergessen wir das. Dann ess ich eben eine Pizza", fauchte ich und ließ ihn stehen. So was Unverschämtes. Ich wäre beinahe gestorben an dieser blöden Grippe und er gönnte mir nicht mal eine Gurke!!

Wutschnaubend suchte ich die Gefrier-Abteilung auf und ging zu den Pizzen. Ich glaubte schon, dass da auch nur noch eine einzige vorhanden war, die Karyu mir auch wegschnappen konnte und würde, aber da war alles noch recht voll. Wenig begeistert griff ich mir eine Thunfisch-Pizza und entschloss, bezahlen zu gehen. Kaum, dass ich alle Waren auf das Band gelegt hatte, stellte sich natürlich ausgerechnet Karyu hinter mir an. "Komm doch mit zu mir, dann bekommst du einen Teil der Gurke ab.", schlug er lächelnd und um Frieden bemüht vor.

Ich seufzte und blinzelte ihn über die Schulter an. "Nein danke. Ich esse meine Pizza." Ich unterbrach mich und drehte mich zu ihm um, grinste leicht. "Vielleicht würdest du mich in deiner Wohnung einsperren und nie wieder rauslassen."

"Ich hab einen Balkon", informierte er mich amüsiert. "Und wohne im zweiten Stock. Du könntest immer noch springen im Notfall."

"Ach so", machte ich nur schmunzelnd und rückte in der Schlange vor.

"Aber im Erst, komm doch mit. Ob du nun Gurken oder Pizzen essen willst", versuchte er es erneut, weswegen ich seufzte.

Ich fühlte mich in fremden Wohnungen nicht so wohl. Essen wollte ich da also erst recht nichts. "Nein nein...", murmelte ich und bezahlte meinen Einkauf, den ich noch rasch in Tüten packte. Bevor ich entscheiden konnte, ob ich auf Karyu warten wollte, sprach er mich an.

"Magst du Katzen?"

Verwirrt sah ich ihn an und hob eine Schulter. "Ja, schon. Ich hatte selbst mal eine." Wie kam er denn jetzt darauf?

"Oh toll. Ich hab auch welche, gleich ein Katzenpärchen. Wie wär's, magst du sie mal sehen? Du kannst auch deine Pizza bei mir essen. Musst du aber nicht." Er lächelte mich leicht an. Er lockte mich eindeutig zu sich nach Hause. "Karyu, dass du so hartnäckig bist und sogar deine Katzen vorschiebst, nur damit ich zu dir nach Hause gehe, sollte mir Angst machen."

Entschuldigend sah er mich an, dann wurde er von der schwarzhaarigen Kassiererin abgelenkt und suchte sein Geld heraus. In der Zeit überlegte ich kurz. Karyu war schon wieder frech gewesen und zog mich auf. Aber ich liebte Katzen...ich würde sie gern einmal sehen. Ich konnte dann ja auch wieder gehen. Oder? Auf der anderen Seite wirkte es etwas merkwürdig, nach 10 Minuten mit den Katzen wieder zu gehen...

Ich machte mir so viele Gedanken über das Pro und Contra, dass ich gar nicht mitbekam, wie ich Karyu bereits aus dem Supermarkt folgte. Hrmpf.

Er warf mir einen Blick über die Schulter zu und lächelte. "Du musst dich auch mal was trauen.", sagte er, weswegen ich resigniert brummte.

"Ist ja gut, ich komme schon mit..", murmelte ich und lief nun schweigend neben ihm her. Nur kurz sah ich auf, um mich seines zufriedenen Grinsens zu vergewissern. Hm.

Mit einem kurzen Blick zur meiner Wohnung ging ich mit leichtem Unbehagen daran vorbei und folgte Karyu ein paar Häuser weiter.

Als er seine Wohnung aufschloss, öffnete er die Tür nur langsam und vorsichtig, dann schob er sich durch den schmalen Spalt und winkte mich hinter sich her. Gleich hinter der Tür strichen uns die zwei Katzen um die Beine. Sie waren schwarz-weiß-grau getigert mit blauen Augen. "Wunderschöne Tiere", raunte ich leise, woraufhin er mir ein Lächeln zuwarf.

"Nicht wahr? Sie sind meine kleinen Goldstücke", sagte er stolz und stellte seinen Einkauf beiseite, bevor er sich hinab beugte und beiden kurz über das Fell strich. Mit einer ruhigen Bewegung stellte ich meine Tüte ebenfalls ab und zog mir die Schuhe aus, während Karyu schon den Flur verließ. Die Katzen blieben bei mir zurück und sprangen auf die Kommode an der Wand, von wo aus sie mich neugierig beobachteten. Ich hängte meine Jacke auf und näherte mich ihnen langsam, streckte vorsichtig die Hand aus. Die eine schnupperte an meinen Fingern und sah zu mir auf, dann sprang sie herunter und lief Karyu hinterher. Die zweite ging ihr gleich hinterher. Schmunzelnd folgte ich ihnen und sah mich dabei flüchtig in Karyus Wohnung um. Sie war größer als meine und heller, vom Schnitt her aber ähnlich.

"Also", drang die Stimme des Blonden zu mir, "soll ich dir was von der Gurke abschneiden?"

Ich warf einen Blick zu ihm in die Küche, während die Katzen um seine Beine strichen. "Sag mal, wenn du die eh mit mir teilen wolltest, hättest du sie mir doch gleich überlassen können.", meinte ich, woraufhin er mich mit hochgezogener Augenbraue ansah.

"Hättest du denn auch mit mir geteilt? So wie ich dir immer was abgebe?"

Überrumpelt hielt ich inne und neigte den Kopf. Nein, hätte ich wohl nicht. Ich wäre froh gewesen, ihn los zu sein... Seufzend schüttelte ich den Kopf. "Nein, ich hätte nicht mit dir geteilt. Reicht man dir den kleinen Finger, nimmst du bestimmt gleich die ganze Hand.", sagte ich schmunzelnd, woraufhin er mit den Augenbrauen wippte.

"Wenn es um dich geht, nehme ich auch gern den ganzen Arm. Und die Beine. Und-.."

"Schon gut", unterbrach ich ihn schief lächelnd und fühlte mich etwas unwohl aufgrund der leichten Andeutung. Karyu wollte bestimmt nicht nur einen Arm und einen Bein von mir haben, sondern gleich meinen kompletten Körper...

In Ruhe und das Herumgewusel der Katzen ignorierend, räumte Karyu seine Einkäufe ein. Unsicher nagte ich an meiner Unterlippe, während ich die Tiere abwesend betrachtete. Und jetzt?

"Wie heißen deine Süßen eigentlich? Es sind doch Mädchen?"

Lächelnd sah er auf und nickte. "Ja, es sind Mädchen. Darf ich vorstellen: Das sind Lilly und Vivi."

Ich hob die Augenbrauen. "Das sind ungewöhnliche Namen", sagte ich leise und kniete mich hin, worauf die beiden näher schlichen.

"Ja, mag sein. Aber ich weiß nicht..ich mag den Klang dieser Namen einfach. Für mich passen sie perfekt zusammen.", erwiderte Karyu mit warmer Stimme.

Ich musste lächeln, als er so voller Liebe über die beiden sprach. "Hm, ja, sie klingen auch schön.", stimmte ich ihm zu und streichelte der einen über den Rücken.

"Die sich gerade streicheln lässt, das ist Lilly. Und Vivi..ist die, die sich gerade an deinen Hintern schmiegt."

"Hä was?", Verwirrt sah ich mich um. Tatsächlich spürte ich was Warmes an meinem Po, aber ich wollte nicht aufstehen und Lilly verscheuchen, die sich immer noch streicheln ließ.

"Vivi, hey, komm her mein Spatz", sagte Karyu und tatsächlich sprang die Katze nun in mein Sichtfeld und auf Karyu zu.

Ich musste lachen, verscheuchte so aber die mutige Lilly, die sich ins Wohnzimmer verzog.
 

"Also, die Gurke", erinnerte mich Karyu, während ich aufstand.

"Mh, ja, also wenn du so fragst, hätte ich schon gern ein Stück. Muss aber nicht die Hälfte sein", antwortete ich leise.

"Ein Drittel..?"

Ich nickte und sah zu, wie er die Gurke nahm und mir etwas davon mit dem Messer abschnitt. Dann wickelte er das Stück in Alufolie und gab sie mir. "Danke.."

Ich brachte sie in den Flur und legte sie in meine Einkaufstüte, dann ging ich langsam zurück. Karyu stützte sich auf die Arbeitsplatte und sah zu mir. "Also, möchtest du mitessen? Du kannst dir auch deine Pizza machen", grinste er, doch ich schüttelte den Kopf.

"Nein, ich esse wirklich lieber zuhause", antwortete ich mit einem verlegenen Lächeln.

"Na gut, wie du meinst. Du kannst ja meine Katzen ablenken, während ich hier beschäftigt bin", schlug er zwinkernd und gab mir die perfekte Vorlage. Dafür war ich ja da! Um die Katzen zu bespaßen.

Also machte ich mich auf den Weg ins Wohnzimmer und versuchte, die beiden freundlich zu stimmen. In der Wohnung war ziemlich viel Zeug verteilt und so konnte ich mich austoben - und die Katzen hatten redlich Spaß daran, mitzumachen.

Die getigerten Katzen hielten es ziemlich lange mit mir aus. Es begann bereits im Zimmer nach Essen zu riechen, als Karyu sich für einen Augenblick zu uns gesellte.

"Na, sind sie brav?"

"Ganz lieb...sie haben mich weder mit Absicht noch aus Versehen gekratzt bisher", grinste ich.

Schmunzelnd kniete er sich zu uns. "Ja, bisher. Ich will dir keine Angst machen, aber manchmal, da geht es mit ihnen durch. Aber das sieht man schon daran, wenn sie sich streiten. Dann leide ich auch darunter und sie zeigen mir die kalte Schulter." Amüsiert zuckte er mit den Schultern. "Weiber halt."

Ich musste grinsen und kraulte Vivi grade den dargebotenen Bauch, während ich Karyu ansah. "Denk an dein Essen."

Doch er winkte lächelnd ab. "Ich hab den Herd schon ausgeschaltet."

Ich nickte leicht und sah Lilly dabei zu, wie sie Vivi beschnupperte. "Na gut, ich geh dann langsam." Ich zog meine Hand zurück und stand langsam auf, woraufhin die beiden Katzen zurück hüpften und sich an Karyu schmiegten, der zu mir aufsah. Er wirkte ein bisschen enttäuscht, aber na ja...es war Zeit, nach Hause zu gehen.

"Okay, gut. Wir begleiten dich noch zur Tür." Auch er stand auf und überragte mich um mindestens einen Kopf. Da kam ich mir wirklich klein vor. Ich lächelte leicht und ging in den Flur, wo ich mich anzog. "Und siehst du, ich lass dich gehen. Ich sperre dich nicht ein und vom Balkon springen musst du auch nicht.", sagte er stolz grinsend.

Mit einem Schmunzeln auf den Lippen nahm ich die Einkaufstüte mit der Gurke drin und sah ihn an. "Wer weiß, vielleicht machst du das diesmal nur, um mich in Sicherheit zu wiegen, und dann beim nächsten Mal verriegelst du alles.." Ich ging ins Treppenhaus und Karyu stellte sich an die Tür, zog etwas die Tür zu, damit die Katzen nicht ausbüxten.

Der Blonde seufzte. "Sag mal, ganz im Ernst. Ist dir was Schlimmes passiert, dass du so vorsichtig und misstrauisch bist?", wollte er wissen und betrachtete mich mit ernstem Blick.

Ich schüttelte den Kopf. "Nein, aber...man hört ja so Geschichten von Leuten. Da hab ich eine natürliche Vorsicht entwickelt."

Stirnrunzelnd erwiderte er meinen Blick. "Was denn für Geschichten?"

Ich hob eine Schulter. Sollte ich ihm jetzt alle verstörenden Nachrichten aus den letzten Monaten aufzählen? Er brauchte nur mal den Fernseher anzumachen. "Diese Geschichten von hinterhältigen Morden und Vergewaltigungen...von Raub und kranken Perversen, die armen Mädchen nachstellen.." Ich schüttelte mich. "Ich warte nur darauf, dass mir das auch passiert. Ich hab recht viel Pech. Ich erschrecke mich ja schon, wenn mich einer auf der Straße anspricht und nach der Uhrzeit fragt."

Karyu lächelte leicht. "Echt?"

"Ja, echt. Ich meine, manchmal nutzen die das eh als Vorwand und labern mich wegen irgendeinem Scheiß zu, in der Hoffnung, bei mir zu landen."

Karyu blinzelte mich amüsiert an. "Ich sag ja, du machst den Eindruck, als seist du eine Frau."

Ich verdrehte grummelnd die Augen. "Es sind auch Frauen, die mich ansprechen."

"Und vor denen hast du Angst?"

Ich stemmte die freie Hand in die Hüfte. "Sag mal, was soll denn das? Machst du dich lustig über mich?"

Er schüttelte glucksend den Kopf und hob beschwichtigend die Hände. "Nein, mache ich nicht. Ich versuche nur, dich zu verstehen."

Ich winkte ab. "Das ist unmöglich. Na ja, danke für die..Gurke.." Ich verabschiedete mich von ihm und lief die Treppen hinunter.
 

Erleichtert trat ich hinaus auf die Straße und genoss die milde Luft des Abends. Eigentlich war es ganz ok bei Karyu gewesen. Kurz und schmerzlos.

"Hey, Zero!"

Verwirrt drehte ich mich um und war stehen geblieben. Karyu stand an der Haustür und winkte mir zu. "Was gibt's denn?"

"Wollen wir mal irgendwas zusammen machen? Du hast doch gesagt, wir sind Freunde. Und Freunde machen auch mal etwas gemeinsam. Ich würde dich ja..ich weiß nicht...auf einen lockeren DVD-Abend bei mir einladen. Ich kann auch gern für uns kochen. Aber da du ja Angst hast, dass ich dich einsperren würde, können wir auch außerhalb meiner Wohnung was machen.", sagte er und lächelte mich hoffnungsvoll an.

Ich seufzte leise und grinste ihn an. "Nein, schon gut. Weißt du, komm doch einfach zu mir", schlug ich zwinkernd vor, woraufhin er mit den Fingern schnipste und auf mich deutete.

"Okay, ich nehm dich beim Wort. Wie wärs mit Donnerstag Abend?"

Ich zuckte mit den Schultern. "Meinetwegen. Abends bin ich eh immer zu Hause. Willst du was bestimmtes essen?"

"Ich ess alles. Mach dir keine Umstände. Vielleicht bring ich was von mir mit, was wir verwenden können."

Ich winkte ihm nur und ging wieder meines Weges, doch seinen Blick aus glücklichen Augen spürte ich weiterhin auf mir ruhen.

Momentan hielt ich es noch für eine mehr oder weniger gute Idee, mich mit Karyu zu treffen - und zwar in sicheren Gefilden. Auch wenn ich es schade fand, die Katzen so nicht sehen zu können. Die beiden waren wirklich putzig gewesen und sie hatten schnell Vertrauen zu mir gefasst. Ich mochte Katzen...

Donnerstag also... Das war ja schon übermorgen. Oh je. Hatte ich mir das gut überlegt, als ich Karyu die Freundschaft angeboten hatte? Jetzt war ich mir da nicht mehr so sicher und machte mir Gedanken über den bevorstehenden Abend. Worüber sollten wir denn reden? Und vielleicht würde ich ja doch etwas kochen, was ihm gar nicht passte. Und was die DVDs anging...ich hatte nicht so viele. Die Chance war groß, dass ihm keiner der Filme gefiel! Das wäre ja schon irgendwie..peinlich. Und ungünstig. Kurz hielt ich in meinem Gedankengang inne. War so ein Koch- und DVD-Abend nicht sowieso etwas für Pärchen?! Wollte Karyu mich so etwa doch rumkriegen?! Das konnte er sich abschminken. Momentan machte er mir immer noch mehr Angst als alles andere. Ja, so war das. Vielleicht sollte ich ihm absagen? Einen Zettel in den Briefkasten werfen, denn seine Handynummer hatte ich ja nicht. Ja, vielleicht war es besser, den Abend nicht zusammen zu verbringen.
 

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Am nächsten Morgen, als ich die Wohnung für einen Besuch der Universität verließ, ging ich bei Karyu vorbei und warf einen Zettel in dessen Briefkasten. Zwar hatte er mir seinen Familiennamen nicht verraten, aber als wir im Krankenhaus gewesen waren, hatte er ein sehr hübsches und hilfreiches Namensschild getragen.

Mit schlechtem Gewissen betrachtete ich für ein paar Sekunden den weißen Briefkasten, dann wandte ich mich seufzend ab. Es war zu spät, ich hatte mich entschieden, Karyu morgen Abend nicht zu empfangen und der Zettel war nun unwiderruflich auf dem Weg zu ihm. Es war nicht gerade galant, ihm per Zettel die Absage zukommen zu lassen, aber was sollte ich machen? Ich wollte doch lieber meine Ruhe. Wäre Karyu bei mir, würde das nur in Stress und Peinlichkeiten ausarten, da war ich mir sicher. Ich kannte mich ja. Mich und mein Glück. Wie Feuer und Wasser statt Pech und Schwefel.
 

Karyu meldete sich nicht. Nicht am Abend, nicht am nächsten Morgen oder Mittag. Ich glaubte, dass sich die Sache dann in Wohlgefallen aufgelöst hatte. Ich hatte keinen Grund genannt, warum ich ihn doch nicht bei mir empfangen wollte. Sicher würde er mal nachfragen, wenn wir uns wieder über den Weg liefen, aber wer wusste schon, wann das sein würde?

Mit einem Kaffee auf dem Schreibtisch las ich gerade in einem Buch für die Uni - "Romanticism in Literature during the Industrial Revolution". Ein spannendes Werk, so spannend, das ich gähnte und schon meine zweite Tasse Kaffee trank, um nicht über dem Buch einzuschlafen. Es könnte nur leider für meine Abschlussarbeit wichtig sein. Ich versuchte zumindest, mich darauf schon mal ein bisschen vorzubereiten. Ein Blick aus dem Fenster sagte mir, dass die Sonne gerade untergegangen war. Es war also durch 6 Uhr abends durch.

Dann war es das sowieso mit der Konzentration. Zeit für Entspannung, wie ich fand. Heute würde ich mich nicht weiter konzentrieren können. Eine Dusche würde mir jetzt gut tun, entschied ich und wollte mir im Badezimmer gerade mein schwarzes Longsleeve-Shirt ausziehen, als es klingelte.

Mir wurde heiß und kalt zugleich, während ich den Stoff losließ und an die Tür ging. Karyu stand bereits vor meiner Wohnungstür. Ich erstarrte. Na toll. Seinem Gesichtsausdruck konnte ich nichts entnehmen, aber lächeln tat er schon mal nicht.

Es klopfte. "Zero, ich weiß, dass du da bist. Ich hab das Licht gesehen. Machst du mir auf?"

Ich fluchte lautlos. Ich konnte ihn ja jetzt schlecht da stehen lassen. Wie würde das denn aussehen, wenn ich da war, aber mich weigerte, aufzumachen?

Innerlich seufzend öffnete ich die Tür, nachdem ich mein langärmeliges Shirt glatt gestrichen hatte. "Hi..", sagte ich nur, während er mich aus seinen dunklen, zartbitterschokoladigen Augen ansah.

"Hey", erwiderte er und hob den Zettel, den ich am Tag zuvor in seinen Briefkasten geworfen hatte. "Ein kleines Briefchen, Zero, ehrlich? Was soll denn das?" Traurig sah er mich an. Das hatte was von einem Hundewelpen...

Unbehaglich schaute ich beiseite und hob vage eine Schulter. "Es...keine Ahnung, ich hab...ich hab einfach zu früh zugesagt."

"Aha?", machte er, während er das Papier zurück in seine Jackentasche stopfte und mich wieder ansah. "Was ist dir denn dazwischen gekommen?"

Ich stockte und räusperte mich. "Genau genommen ist mir nichts dazwischen gekommen", gab ich zu und starrte auf meine Füße, dann fuhr ich mir durch die Haare. "Mir ist es nur lieber, wenn wir das..nicht machen...", murmelte ich.

Getroffen sah er mich an. "Was? Du..." Er machte eine Pause und trat einen Schritt zurück, bevor er die Stirn runzelte. "Ehrlich, was ist mit dir los? Du weißt, dass ich dich mag, erzählst mir was von Freundschaft und dann...machst du so einen Scheiß. Warum hast du nicht gleich nein gesagt, als ich dir das Treffen vorgeschlagen hab? Oder warum hast du nicht gleich gesagt, dass du nichts mehr mit mir zu tun haben willst?" Aus großen Augen sah er mich an.

Unter der Flut seiner enttäuschten Fragen wurde mir heiß. "Es tut mir leid.."

"Wovor hast du denn Angst? Und schieb das jetzt nicht auf deine komischen Horrorgeschichten. Wenn ich dir was tun wollte, hätte ich das wohl schon längst gemacht."

Unter seinem verständnislosen Blick wurde ich immer kleiner. Das hatte ich ja toll hinbekommen..
 

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Nya, gut...hier an der Stelle ist natürlich NICHT Schluss mit der FF. Ist dann doch länger geworden, als ich dachte.

Von daher:

Fortsetzung folgt!

Von erotischen Träumen, traurigen Gesprächen über Familie und von den Brüdern Jun & Jui, die im Katezencafé zuhause sind

"Wovor hast du denn Angst? Und schieb das jetzt nicht auf deine komischen Horrorgeschichten. Wenn ich dir was tun wollte, hätte ich das wohl schon längst gemacht."

Unter seinem verständnislosen Blick wurde ich immer kleiner. Das hatte ich ja toll hinbekommen...
 

"Ich...kann sowas einfach nicht besonders gut...", nuschelte ich, während er eine Augenbraue hob.

"Was?"

"Na DAS. Dieses...mit Leuten reden, damit keine peinliche Stille entsteht..und um sie kennen zu lernen..", versuchte ich langsam zu erklären.

"Hmm..okay...", machte er nachdenklich und musterte mich, dann zuckte er mit den Schultern. "Wer hat denn was davon gesagt, dass wir miteinander reden müssen?"

Aus großen Augen starrte ich ihn an. "Wie bitte...?"

Er lächelte leicht und lehnte sich gegen den Türrahmen. "Also, lässt du mich rein?" Aber da ich ihn immer noch verwirrt ansah, setzte er mit einer kleinen Erklärung nach. "Pass auf, wir machen das, was wir immer so machen..in unserer Freizeit. Nur..eben zu zweit. Redest du, wenn du alleine bist?"

"Ja", antwortete ich wahrheitsgetreu, woraufhin er lachte. Damit schien er nicht unbedingt gerechnet zu haben.

"Ich auch. Selbstgespräche sind was Feines. Trifft sich, vielleicht wechseln wir dann doch mal ein Wort miteinander." Er zwinkerte mir zu.

Nachdenklich sah ich ihn an, dann nickte ich. "Okay." Ich trat beiseite und ließ ihn ein. Ich war tatsächlich beruhigt und zauberte sogar ein echtes Lächeln auf meine Lippen. Karyu schien mich zu verstehen, somit wusste er, worauf er sich einließ, oder? Da brauchte ich kaum ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn es irgendwie schief lief, aber warum sollte es jetzt noch? Wir machten einfach das, was wir sonst zu Hause machen. ICH machte das, was ich sonst machte. Na schön.

"Hab ich dich eigentlich bei irgendwas gestört?", erkundigte sich Karyu, als wir ins Wohnzimmer gingen.

Ich schüttelte den Kopf. "Nein, nicht wirklich. Ich hab gelesen." Er nickte nur und ich nagte kurz an meiner Unterlippe. "Hast du Hunger? Ich hatte mir eh grad was kochen wollen.." Ganz auf Konversation und auf das Frage-Antwort-Spiel konnte man eben doch nicht verzichten.

Karyu nickte und lächelte. "Ich kann dir gern helfen, oder würde dich das stören?"

Ich verneinte und winkte ihn hinter mir her in die Küche. Zusammen kochen würde ja noch mehr Unterhaltungen nötig machen - dachte ich. Nachdem geklärt war, was an Zutaten da waren und was ich daraus machen wollte, machten wir uns an die Arbeit - ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Jeder fand automatisch seine Aufgaben. Es ging schnell und unkompliziert. Punkt für Karyu. Punkt für die richtige Entscheidung.
 

"Wollen wir nebenbei was schauen?", fragte ich ihn später und deutete auf den Fernseher, während wir uns auf die Couch setzten.

Karyu nickte und schmunzelte leicht. "Ist ja doch wie geplant, was?"

Ich summte leise. "Das ist doch gut, oder?"

"Aber ja, auf jeden Fall." Er strahlte mich an und zeigte fragenden Blickes auf mein Regal, in welchem meine DVDs aufgereiht standen. Die 15, die ich hatte... Karyu setzte sich davor und schaute sie durch, warf mir dann einen Blick zu. "Hast du einen bestimmten, den du sehen willst?"

Ich schüttelte den Kopf. "Ich mag alle, sonst stünden sie da nicht", meinte ich grinsend, woraufhin er sich lächelnd einen aussuchte und die Disk einlegte.

Als er neben mir Platz nahm, machten wir uns über das Essen her und verfielen wieder in Schweigen - aber es war ein angenehmes, kein peinliches, wie ich es befürchtet hatte. Das erleichterte mich und ich konnte mich neben Karyu tatsächlich ein bisschen entspannen.

Vollgefuttert lehnte ich mich zurück, sah mich dann kurz um und ergriff die Kuscheldecke, die neben mir am Rand der Couch lag. "Willst du auch eine Ecke?", fragte ich Karyu, der mich mit schief gelegtem Kopf ansah.

"Ist dir kalt?" Ich nickte nur, während er nach einem Zipfel griff und sich auch zudeckte. So machte ich das halt hier. Und er schien ganz zufrieden und machte es sich auch gemütlich.

Ohne es wirklich zu realisieren, fielen mir irgendwann die Augen zu und ich schlief einfach an Karyus Seite ein.

Und dann hatte ich einen kurzen, aber knackigen erotischen Traum, in welchem mein Herz so wild klopfte, dass ich es in meinen Ohren pochen hören konnte. Weiche Lippen auf meinen, sanfte Küsse, und dann war da eine warme Hand, die sich unter mein Oberteil geschoben hatte und sich kosend auf meine Haut legte. Es war so angenehm und schön, dass der Traum mir viel zu kurz erschien und ruhig hätte länger dauern können. Vielleicht wäre dann immerhin noch richtiger Sextraum draus geworden.
 

Ich wachte erst am nächsten Morgen auf. Verwirrt sah ich mich um. Ich lag auf der Couch und war allein - von Karyu keine Spur. Ich schob die Kuscheldecke beiseite und stand auf, bevor ich nach ihm rief, aber in der Wohnung blieb es still. Ich durchstreifte die Zimmer und entdeckte im Flur einen Zettel.

»Guten Morgen, Zero.

Ich hoffe du hast süß geschlafen ;)

Ich hab dich nicht aufwecken wollen und bin nach dem Film nach Hause gegangen. Den Fernseher hab ich ausgemacht und die Wohnungstür sorgfältig geschlossen :) Ich hoffe, ich hab alles richtig gemacht.

Es war schön gestern. Vielleicht können wir das ja noch mal machen.

Hab einen schönen Tag und bis hoffentlich bald.

Karyu«
 

Im ersten Moment musste ich überlegen, ob das so was wie ein Liebesbrief war? Aber darüber wollte ich eigentlich nicht nachdenken. So oder so, die Nachricht war lieb. Es war überhaupt nett, dass er daran gedacht hatte, mir etwas zu schreiben.

Mit einem schiefen Lächeln auf den Lippen begann ich den Tag.
 

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Von da an verbrachten wir tatsächlich den ein oder anderen Abend miteinander.

Es kam allerdings vielleicht nur ein Mal in der Woche vor, da Karyu im Krankenhaus stark eingebunden war. Ich hatte also immer noch viel Zeit für mich.

Ab dem 3. Treffen wagte ich es dann, auch mal länger bei Karyu zu Besuch zu bleiben. Nicht einmal versuchte er, mich einzusperren. Mein Misstrauen legte sich also.

Und es fühlte sich eben gut an, nicht ständig allein zu sein...
 

"Oah, ehrlich, was ist das für eine furchtbare Familie." Genervt ließ Karyu seinen Kopf in den Nacken und somit auf die Couch rollen, während ich ihn schmunzelnd betrachtete und schließlich zustimmend nickte. Wir sahen uns an diesem Abend eine Serie an, die einzige, die ich auf DVD hatte.

"Bevor ich mir so eine Familie herbei wünsche, bleibe ich lieber ohne", murmelte ich und schob mir eine handvoll Chips in den Mund, sah aber zu Karyu auf, der mich nachdenklich musterte. "Was ist?"

"Denkst du das wirklich?"

Ich seufzte leise und hob vage eine Schulter. "Das ist wie dem Suizid."

"Aha?" Nun hatte ich wirklich sein komplettes Interesse.

"Na ja, wenn man davon redet, dann sagen einem alle, warum man es nicht tun sollte. Zum Beispiel, weil Freunde oder Familie einen vermissen würden. Oder was weiß ich, was denen für Gründe einfallen. Aber reicht das denn, um weiterzuleben? Wenn man keine Perspektive mehr sieht und sich nur noch durch jeden Tag quält - muss man dieses Leid weiter durchleben, nur weil einer sagt, der und der wäre sehr traurig, wenn du stirbst?"

Karyu summte, während er Lilly streichelte, die neben ihm lag. "Ich kann das Argument dieser Leute schon verstehen. So wie du das sagst, klingst du nämlich recht egoistisch."

Ich schnaubte. "Es geht hier ja nicht um mich. Mich würde niemand vermissen, da mich keiner wirklich kennt. Aber diese armen Hunde, die wirklich an Selbstmord denken und die Verwandte und Freunde haben..." Verärgert winkte ich ab. "Ich meine, was ich sagen wollte, ist, dass ich keine Horror-Familie brauche, die mir blutende Magengeschwüre mit ihrem Krach und ihrer Ignoranz bescheren. Da bleibe ich wirklich lieber alleine. Ok?"

Karyu runzelte nachdenklich die Stirn, dann seufzte er und nickte mit erhellter Miene. "Ja, verstehe. Vielleicht hast du Recht." Ich nickte. Natürlich hatte ich Recht. "Willst du noch ein Bier?" Karyu hielt mir eine Dose hin, die ich dankbar ergriff. "Darf ich fragen, was mit deiner Familie ist, dass du denkst, allein zu sein?", fragte er dann leise.

Mürrisch sah ich auf die gekühlte Dose Bier nieder und zuckte mit den Schultern. "Tot."

Er hielt inne, während ich die Dose mit einem trockenen Klicken öffnete. "Wie, alle?"

So langsam wurde ich sauer wegen seiner ganzen Fragerei, weswegen ich den Kopf hob und ihn aus schmalen Augen betrachtete. Das war doch ziemlich persönlich. "Ich hab nur Eltern gehabt. War Einzelkind. Können wir das jetzt lassen?"

Karyus Blick wurde richtig mitleidig und ich spürte, dass er da jetzt eigentlich nachhaken wollte, aber dieser Scheiß ging ihn einen feuchten Dreck an. Schlecht gelaunt nahm ich zwei Züge von dem Bier, doch sah ich überrascht hinab, als Vivi unvermittelt auf meinen Schoß schlich und es sich dort bequem machte. Was war denn nun los? Bisher hatte ich die Katzen nur streicheln dürfen, mehr war nie passiert.

Ich hörte, wie Karyu sich räusperte. "Tut mir leid. Ich hätte nicht so bohren sollen."

Ich nickte leicht und presste für einen Moment die Lippen zusammen, dann sah ich den Blonden an. "Und was ist mit dir? Wo ist deine Familie?"

Karyu seufzte und lächelte mich schwach an. "Meine Eltern sind auf Hokkaido geblieben, wo ich aufgewachsen bin. Mein Bruder kümmert sich um sie. Ich bin vor 3 Jahren für meine Ausbildung her gekommen."

"Willst du zurück?"

Er hob die Schultern. "Irgendwann schon, aber erstmal will ich hier so viel lernen wie es geht. Einen exzellent ausgebildeten Krankenpfleger kann man so hoch im Norden immer gut gebrauchen. Ich werde richtig gut Geld verdienen können." Ich brummte nur und sah wieder zum Fernseher. "Ansonsten hab ich keine nennenswerte Familie. Und das mit den Freunden hab ich dir ja schon erklärt. Du bist mein einziger. Die Kollegen im Krankenhaus kann ich leider nicht meine Freunde nennen. Und alle anderen waren in Sapporo, aber ich hab den Kontakt verloren." Er senkte den Blick.

"Warum denn? Hast du was angestellt? Haben sie sich nicht mehr gemeldet?"

"Nein...ich war es eher, der sich nicht mehr gemeldet hat. Ständiges Mail-Schreiben ist anstrengend auf Dauer und...telefonieren mag ich nicht so. Dann hatte ich viel zu tun. Es hat sich einfach im Sande verlaufen..." Ein bisschen traurig schien er darüber schon zu sein.

"Ist schon scheiße", murmelte ich. "Da will man sein Leben leben, seinen Weg gehen...und ist plötzlich so ziemlich alleine. Hätte ich vorher gewusst, wie scheiße das sein kann, hätte ich alles anders gemacht."

Langsam nickte Karyu. "Ja...wahrscheinlich. Ich wäre einfach nach Sapporo gegangen anstatt hierher. Das ist zu weit weg. Aber ich hab wirklich geglaubt, dass ich das durchstehe. Na ja, und ich bin davon ausgegangen, hier in Tokyo schnell Freunde zu finden. Hier leben schließlich Millionen von Menschen.."

"Und trotzdem ist man einsam. Tja..." Ich zuckte mit den Schultern und strich mir eine Haarsträhne hinter das Ohr, dann legte sich Schweigen über uns.
 

"...wie wäre es mit einem Haustier?", schlug Karyu mir ein paar Minuten später vor, als ich im Begriff war, zu gehen. "Sie machen eine Menge aus. Und man hat das Gefühl, gebraucht zu werden. Da ich viel weg bin, habe ich mir das Pärchen zugelegt, damit sie nicht den ganzen Tag alleine sind. Bei dir reicht sicher auch ein Tier. Eine Katze, ein Hund, einen Hasen...?"

Ich lächelte schief. "Ein Haustier? Ich hatte früher mal eine Katze...vor 10 Jahren oder so", murmelte ich. "Ich weiß nicht, ob ich das noch könnte - eine Katze halten."

Sanft sah er mich an. "Wenn du dir bei was unsicher bist, kann ich gerne helfen. Ich hab genug Erfahrung. Du würdest dich auf jeden Fall besser fühlen mit einem Tier an deiner Seite."

"Darüber habe ich noch nie nachgedacht", gab ich zu, während ich Karyus Katzen sehnsüchtig betrachtete.

"Tja, dann wirds wohl mal Zeit", meinte Karyu und reichte mir meine Jacke.

Ja, vielleicht wurde es Zeit. Ich konnte nicht ahnen, wie schnell es Zeit wurde.

"Wie wäre es mal mit frühstücken gehen?", wollte Karyu unvermittelt von mir wissen, weswegen ich ihn überrascht anblinzelte. "Übermorgen habe ich den ganzen Tag frei. Ich hole dich ab und wir gehen in meinem Lieblingscafé frühstücken. Vielleicht machen wir danach noch was, muss aber nicht sein, wenn du nicht willst. Hm?" Erwartungsvoll sah er mich an.

"Ich war schon lange nicht mehr aus um zu frühstücken", erwiderte ich langsam. "Aber ich fand sowas immer toll.." Ich lächelte ihn an. "Können wir gerne machen."

"Super. Dann hole ich dich übermorgen früh ab. 8 oder 9, was ist dir lieber?"

Ich zuckte mit den Schultern und grinste. "8:30 Uhr?", schlug ich vor, woraufhin er amüsiert nickte.

"Abgemacht."

Und die Verabredung würde ich auch einhalten, statt Zettel zur Absage zu nutzen!
 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
 

Hastig kämmte ich mir die blonden Haare, die ich mir am Nachmittag zuvor frisch gefärbt hatte - nichts hasste ich mehr als einen dunklen Ansatz! - dann lief ich rasch ins Wohnzimmer und schnappte mir meine Tasche. Da fehlte das Geld, und die Taschentücher, mein Spiegel, mein Lippenpfleger, mein Ausweis - argh, da fehlte alles! Einzig dem Schlüssel verzieh ich es, denn der steckte ja noch im Schloss und mit dem würde ich gleich die Tür abschließen müssen.

Die nächste Minute verbrachte ich damit, meine Tasche zu packen - und schon klingelte es. Karyu war da, um mich abzuholen. Gestresst schlüpfte ich in meine Jacke. "Bin gleich da", rief ich in die Gegensprechanlage und ließ den Knopf wieder los, bevor ich Karyus Lachen hören und mich wundern konnte, was er hatte. Ich zog mir noch die Stiefel an und warf einen kurzen Blick in den Spiegel, glättete meine Kleidung und dann machte ich mich auf den Weg.

"Du hättest dir ruhig Zeit lassen können, Zero", begrüßte Karyu mich mit einem Schmunzeln auf den Lippen. Er schien sich herausgeputzt zu haben, zumindest fiel mir seine neue Frisur auf, die elegante, enganliegende Kleidung, die seine Beine betonten und noch länger und schlanker wirken ließen.. Und als er sich zum Gehen beiseite drehte, bemerkte ich zum ersten Mal, dass er ja doch tatsächlich einen kleinen Apfelpo hatte - oder hatte ich darauf nur nie geachtet?

Ich lächelte leicht und zuckte mit den Schultern. "Hab ein bisschen verschlafen und musste mich beeilen. Ich halte nicht viel davon, mich bei Verabredungen zu verspäten...dich hier unten stehen und warten zu lassen, wäre nicht schön, oder?"

"Ach, es regnet doch nicht und kalt ist es auch nicht", erwiderte der Blonde schmunzelnd und winkte mich hinter sich her. "Ich möchte nur das Risiko für einen Herzinfarkt senken.", grinste er frech, weswegen ich ihm gegen die Schulter stupste.

"Ja, schon klar, Herr Doktor. Ich bin ja auch schon 50 und lebe total im Stress", erwiderte ich ironisch. "Jetzt ist mir klar, warum du Krankenpfleger und kein Arzt bist", fügte ich hinzu und streckte ihm die Zunge raus, woraufhin er mich aus großen Augen ansah.

"Wie bitte? Hey, das ist gemein!" Er zog eine Schnute und schien zu schmollen, musste dann aber doch leise lachen. "Deswegen mag ich dich", sagte er unvermittelt, weswegen ich ihn überrascht ansah.

"Weil ich fies bin?"

"Schlagfertig, Zero, du bist schlagfertig. Und du sagst, was du denkst. Meistens jedenfalls.", erwiderte er lächelnd.

Die U-Bahn-Station kam in Sicht. "Weißt du eigentlich, wohin genau wir gehen?", erkundigte ich mich und er nickte.

"Zwei Stationen weiter in Setagaya gibt es ein Neko-Café. Das Nekochaya. Wie wäre es? Oder lieber ein normales?"

Verblüfft sah ich ihn an. Ein Café voller Katzen?! "Ehm..ich weiß nicht... Ich hab noch nie eines besucht. Ist das gut?"

Nun war es an ihm, mich überrascht anzusehen. "Du warst noch nie in einem Katzencafé? Oh..." Er lächelte. "Dann wird es ja mal Zeit! Natürlich ist es da gut!" Strahlend zog er mich hinter sich her und wir betraten die U-Bahn-Station.

Es klang ja eigentlich ganz interessant. Alleine hätte ich mich da aber wohl nicht hingetraut. Ungewohntem, Neuem und Fremdem stand ich erstmal kritisch gegenüber. Ich vermied es, solchem zu begegnen. Aber Karyu war ja dabei und der schien sich bereits auszukennen. Vorsichtshalber fragte ich trotzdem mal nach.

"Ah ja, ich war da schon oft. Ich hab Vivi und Lilly erst seit einem Jahr, weißt du. Davor bin ich jede Woche mal ins Café gegangen." Er neigte den Kopf. "Ich hab's einfach mit Katzen. Sie haben mich damals schon beruhigt."

Ich lächelte leicht und wir stiegen in die U-Bahn. Ich glaubte ihm gern, dass sie so eine Wirkung auf ihn hatten.
 

Zehn Minuten später betraten wir das kleine, kuschelige Café. An der Theke stand eine Frau mittleren Alters mi einer dunkelblauen Schürze um die Hüfte. "Oh, hallo Karyu. Kommst du uns endlich wieder besuchen. Wie lange ist das her?" Sie lächelte und kam auf uns zu.

"Hi. Das ist bestimmt schon vier Wochen her...", antwortete Karyu und umarmte sie kurz. "Darf ich vorstellen? Das ist Zero, ein Freund von mir." Er sah mich an. "Reiko hier gehört das Café.", erklärte er mir.

"Hallo, schön dich kennen zu lernen.", sagte sie mit warmer Stimme und ich verbeugte mich etwas schüchtern. "Ich freue mich, dass Karyu mal einen Freund mitbringt. Wie geht es denn deinen Katzen?", fragte sie ihn, woraufhin er wieder richtig zu strahlen begann.

"Denen geht's prächtig, danke der Nachfrage."

"Sehr schön." Sie deutete tiefer ins Café. "Alles frei bis auf Tisch 4. Es wird erst später voller, also sucht euch einfach was aus."

Neugierig folgte ich Karyu. Zwei schwarze Katzen kreuzten unseren Weg und schlichen hinter uns her. Das Café wirkte wie eine kuschelige Höhle. Keine allzu helle Beleuchtung, es war aufgeräumt, aber ein paar Kratzbäume, etwas Spielzeug und das ein oder andere Liegekissen waren natürlich vorhanden. Es roch ein bisschen nach Katze, aber nicht doll. Ich fand es eigentlich richtig angenehm hier. Wir setzten uns an eine kleine Fensterfront und die zwei schwarzen Katzen machten es sich neben uns auf der Eckbank bequem. Schmunzelnd betrachtete ich die beiden. "Kennen sie dich?"

"Ja, gut erkannt", antwortete Karyu und streckte die Hand aus, um die Katze direkt neben sich zu streicheln. "Das sind Jui und Jun, Brüder", erklärte er lächelnd. "Gleich bei meinem ersten Besuch hier vor 2 Jahren habe ich mich mit den beiden Jungs angefreundet. Sie sind sehr offen und zutraulich. Streichel Jui mal."

Fragend sah ich zwischen dem Kater neben mir und Karyu hin und her. "Wie kannst du die beiden auseinander halten? Sie sind beide schwarz.." Ich erkannte da keinen Unterschied.

"Am Fell kann ich es nicht ausmachen, auch nicht an den Augen. Jui ist aber immer sehr still, während Jun oft maunzt. Manchmal dauert es etwas, bis ich weiß, wer wer ist."

Er kraulte seinen Kater, der sich auf den Bauch gedreht hatte - und schnurrte. "Siehst du? Deiner war bisher dagegen ganz still, oder?"

Abwesend nickte ich und legte vorsichtig die Hand auf das schwarze, glänzende Fell. Während der Kater sich kraulen ließ, gab er keinen Mucks von sich. Karyu behielt recht. "Ist ja der Wahnsinn.." Ich freute mich, dass die beiden so locker in der Gesellschaft von fremden Menschen waren.

Mit der freien Hand griff ich nach der Speisekarte und suchte mir etwas raus, da ich Reiko schon auf uns zukommen sah. "Ich hätte gern das Mini-Frühstückset", sagte ich, woraufhin Karyu amüsiert schnaubte.

"Mini? Ich nehme das große."

Reiko nickte amüsiert und notierte sich das. "Kaffee dazu?"

"Einen Cappuccino", bat ich.

"Einen großen schwarzen bitte."

Aus großen Augen sah ich den Blonden an, während Reiko ging. "Iiieh.."

Er grinste. "Hey, was glaubst du, wie ich meine Doppelschichten im Krankenhaus überlebe?"

Ich lächelte schief. "Verstehe..." Kurz sah ich auf, da auf dem Schrank schräg hinter Karyu eine weiße, langhaarige Katze lag, die uns beobachtete. "Reiko ist wirklich sehr nett..", murmelte ich dann, woraufhin er nickte.

"Nicht wahr? Sie war immer für mich da. Ich muss wohl ziemlich traurig ausgesehen haben damals.. Sie und die Katzen haben sich um mich gekümmert...ja, so kann man das wohl nennen." Er sah mich leicht lächelnd an. "Reiko war es auch, die mir vorgeschlagen hat, Vivi und Lilly mitzunehmen."

"Sie kommen von hier?"

Er nickte. "Eine der Katzen hier war schwanger und warf 4 Junge. Reiko hat die nicht alle behalten können, das wären zu viel Katzen gewesen. Also hat sie die Jungen abgegeben. Und zwei davon hab ich ihr abgenommen", erzählte er.

"Ist eine schöne Geschichte", meinte ich leise, weswegen er nickte.

"Ja, das ist es. Gäbe es dieses Café hier nicht, Reiko und die Katzen..." Er schüttelte sachte den Kopf. "Das alles hat mir Halt gegeben." Er sah mich an. "Gibt es etwas, das dir Halt gibt?"

Etwas überrascht von der Frage senkte ich den Kopf. Gab es etwas? Da brauchte ich eigentlich nicht drüber nachzudenken. Ich antwortete ihm nicht, und bevor er eine peinliche Nachfrage stellen konnte oder es in unangenehmes Schweigen ausartete, kam Kumiko mit zwei Tablets und reichte uns das Frühstück.

Während ich in meinem Kaffee rührte, sah Karyu mich aber weiterhin, wie er wahrscheinlich meinte, unauffällig an. "Ich kann den Job ja übernehmen", meinte er unvermittelt, weswegen ich ihn fragend ansah. "Hm?"

"Na ich kann dir Halt geben. Wenn du sonst nichts und niemanden hast, biete ich mich sehr gern an.", schlug er lächelnd vor. Seine Augen glänzten dabei und ruhten aufmerksam auf mir.

Ich hob die Augenbrauen. Wenn ich da jetzt ja sagte, würde ich ihn nie wieder los werden, aber was das viel wichtigere war: es würde ihm vielleicht Hoffnungen machen. Und das war das allerletzte, was ich wollte. So ging man nicht mit jemandem um, der verliebt war. Ich seufzte leise und rang mir ein Lächeln ab. "Das ist...nett von dir. Aber ich brauche keinen Halt."

Nun war er es, der in seinem Kaffee rührte. "So...?"

"So?", hörte ich plötzlich Reikos Stimme, die gerade Gäste an den Tisch neben uns geführt hatte. "Du siehst genauso traurig aus wie Karyu bei seinem ersten Besuch hier. Irgendwas hast du..", meinte sie, woraufhin ich den Kopf schüttelte.

"Nein, eigentlich nicht."

"Und uneigentlich?"

Ich sah sie mit einem gezwungenen Lächeln an. Was sollte das jetzt? "Es ist alles in Ordnung."

"Wie du meinst. Aber Halt kann man nicht genug haben. Lass Karyu doch helfen, wenn er unbedingt möchte. Er kann wirklich furchtbar hartnäckig sein." Sie lächelte, während ich schnaubte. Ja, dass er hartnäckig war, hatte ich schon gemerkt. Reiko tätschelte ihm den Kopf und ging dann die Bestellung der anderen Gäste aufnehmen.

Karyu grinste nur leicht und widmete sich dem Frühstück, anstatt mich weiter zu bedrängen. Das überraschte mich dann doch. Ich hätte erwartet, dass er versuchen würde, mich zu überreden - was immer ein Ja für Folgen gehabt hätte.

So zuckte ich nur leicht mit den Schultern und begann auch zu essen, während sich Schweigen über uns ausbreitete. Die beiden schwarzen Katzen blieben bei uns.
 

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Fortsetzung folgt

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Und lasst euch gesagt sein, das wir das (vorläufige) Ende. Ein Ende mit Katzen. Ein Ende mit Karyu oder auch ohne ihn :') Aber auf jeden Fall mit Katzen! ;)

Von Zettelbotschaften und einem Mann mit einer Katze

"Ah, das war lecker.." Ich fuhr mit der Serviette über meinen Mund und lehnte mich vollgefuttert zurück.

"Nicht wahr? Hier schmeckt es richtig gut. Und der Kaffee ist der beste der Stadt", meinte Karyu zufrieden und stand auf. "Pass auf, dass Reiko uns nicht noch Pudding überhelfen will. Das bietet sie jedes Mal an", warnte er mich vor und suchte die Toilettenräume auf.

Als hätte sie ihren Namen gehört, tauchte die Besitzerin des Cafés auf, sah kurz Karyu hinterher und setzte sich mir gegenüber auf dessen Platz. Der schwarze Kater neben ihr blieb entspannt liegen. "Darf ich fragen, wie lange ihr schon befreundet seid?", wollte sie neugierig wissen.

"Ein paar Wochen erst", antwortete ich höflich, woraufhin sie mich anlächelte.

"Wie habt ihr euch denn kennen gelernt?"

Ich grinste verschämt. "Im Supermarkt.."

"Im Supermarkt?!"

"Ja...er hat mir das letzte Waschmittel vor der Nase weggeschnappt und dann hat er mich auch noch für eine Frau gehalten.", erklärte ich, woraufhin sie lachte.

"Was, wirklich? Also, Karyu ist schon eine Marke..."

Ich nickte nur. "Er hat mir aber auch das Leben gerettet.."

"Echt?"

"Ja...zumindest denke ich das. So wie er sich ausgedrückt hat, vermute ich Dramatisches", sagte ich und zwinkerte ihr unbekümmert zu. "Ich hatte eine Grippe und bin nicht zum Arzt gegangen. Karyu hat mich, bevor es wirklich schlimm wurde, ins Krankenhaus gebracht. Er hat sich um mich gekümmert."

Sie betrachtete mich und nickte leicht. "Er war also für dich da."

"Ja...das ist er immer noch.." Ich wuschelte mir durch die Haare.

"Weißt du", setzte sie an und legte eine Hand auf meine, welche auf dem Tisch ruhte, "ich weiß nicht, was da genau zwischen euch läuft, aber-... Hey, guck mich nicht so an, irgendwas läuft da, das sehe ich. Das sagt mir meine weibliche Intuition. Und ich meine nicht das "oh ihr seid Freunde"-Ding. Also, egal was da läuft, du solltest etwas wissen." Sie machte eine Pause und vergewisserte sich, dass Karyu noch nicht wieder zu sehen war. "Zu sagen, Karyu wäre traurig gewesen, als ich ihn das erste Mal sah, wäre untertrieben. Er stand bei strömendem Regen vor meinem Laden und hat hinauf in den Himmel gestarrt. Ich hatte den Laden gerade schließen wollen, aber als ich ihn sah, hab ich ihn mit reingenommen. Ich hab mit ihn mit Handtüchern getrocknet und versucht, mit ihm zu reden. Viel ist nicht dabei rausgekommen. Als ich für kurze Zeit in der Küche war, um ihm einen Tee zu machen, sind die Katzen zu ihm. Mit ihnen hat er sich ein bisschen unterhalten. Da ist er aufgetaut..." Sie lächelte traurig. "Ab da ist er öfter ins Café gekommen. Aber es ging ihm nicht besser."

Ich runzelte die Stirn. "Weißt du, was er hatte?"

Zu meiner Enttäuschung schüttelte sie den Kopf. "Nein, leider nicht. Ich bin mir jedoch sicher, dass er depressiv war. Und ich hab da mal so...Male gesehen", sagte sie leise und deutete auf ihren Arm. "Jetzt ist er ganz anders. Er mag dich, das sieht man. Und den Fetzen eures Gesprächs entnehme ich, dass er mehr von dir will, als du ihm gibst, oder?" Ertappt starrte ich sie an. "Also, wie auch immer du das siehst, pass ein bisschen auf ihn auf, ja? Ich will ihn nie wieder so traurig sehen. Er ist wirklich ein unglaublich toller Kerl. Geh schonend mit ihm um, bitte.." Sie sah mich sanft an, während sie aufstand. Ich nickte nur und schaute auf, da Karyu sich wieder zu uns gesellte. "Wollt ihr noch etwas bestellen?"

Ich schüttelte den Kopf, auch Karyu verneinte und setzte sich wieder zu mir.
 

Sobald Reiko wieder vorne an der Theke stand, sah er mich lächelnd an. "Habt ihr euch unterhalten?" Ich nickte nur. "Worüber denn?"

"Über...über die Katzen hier", antwortete ich langsam und log ganz bewusst dabei, da ich nicht wusste, ob Reiko wollte, dass Karyu Bescheid wusste, weil die Informationen doch sehr privat gewesen waren. Außerdem war ich mir in dem Moment auch noch nicht klar darüber, ob ich Genaueres wissen wollte. Über manches wusste man besser nicht Bescheid.

"Hmm okay", machte er nur und griff nach seinem Glas Orangensaft.

Ich betrachtete ihn eingehend. "Du warst beim Friseur?"

Lächelnd neigte er den Kopf. "Ja, ich hab mich drei Wochen lang um eine junge Frau gekümmert, die wegen ihres Beins in Behandlung war. Sie war so nett und hat mir angeboten, mir die Haare für lau in ihrem Laden zu schneiden."

"Sie hat einen eigenen Laden?"

Er nickte. "Ist die Besitzerin."

Ich runzelte verwirrt die Stirn. "Ist sowas nicht verboten? Geschenke und Dienstleistungen von Patienten anzunehmen?"

Karyu grinste nur breit und erwiderte meinen Blick. "Ach, und was machen wir beide die ganzen letzten Wochen?"

Ich hob die Augenbrauen. "Wir? Du, wenn überhaupt. Und seit wann bin ich dein Patient?"

"Du gibst, ich nehme an."

"Ist ja wohl eher umgekehrt!", warf ich ein.

"Und du WARST mein Patient."

"Dir wurde doch der Fall entzogen, dachte ich."

Er blinzelte mich an. "Aber für ein paar Stunden hast du MIR gehört", grummelte er, was mich zum Schmunzeln brachte. Ich hatte ihm bestimmt nie gehört, aber ich wollte ihm seine Illusionen nicht nehmen.

"Ich hoffe, du hast die Zeit genossen.", meinte ich amüsiert, woraufhin er nickte.

"Aber ja, was glaubst du denn? Ich weiß deine Gesellschaft zu schätzen."

Wir lächelten uns an. "Ich deine auch..", meinte ich schließlich und senkte den Blick, bevor ich meinen Kaffee leerte. Ein bisschen unangenehm waren mir meine Worte schon. Aber Karyu schien sich drüber zu freuen, zumindest strahlte er mich zufrieden an.

"Tja jedenfalls...deine Frisur gefällt mir", sagte ich.

"Danke.." Er zwirbelte eine Haarsträhne zwischen den Fingern. "Ich hatte überlegt, sie mir anders zu färben.."

"Nein, blond steht dir.", versicherte ich ihm. "Sind deine Klamotten eigentlich auch neu?"

"Na jetzt übertreib mal nicht", lachte er. "Die hab ich nur schon eine Weile nicht mehr angehabt. Mir war irgendwie nicht danach...Zur Arbeit muss ich mich ja auch nicht rausputzen..die sind also schon ein bisschen angestaubt."

"Aber das Katzencafé war es wert?", erkundigte ich mich schmunzelnd, woraufhin er den Kopf schüttelte.

"Nein, du bist es wert." Er lächelte und ich erwiderte das verlegen.
 

Ich schwieg kurz und beugte mich dann vor. Dank Reiko war ich jetzt doch etwas in Alarmbereitschaft. Oder sensibilisiert. Wie auch immer man das nennen mochte. "Also, was uns angeht..", murmelte ich und kratzte mich an der Schläfe. "Das ist okay für dich?"

"Hm?" Fragend legte er den Kopf schief und blinzelte. "Ja, überhaupt ist alles ok. Warum auch nicht?" Ich war mir nicht ganz sicher, ob er wusste, was ich nun meinte. Er lächelte mich an. "Machst du dir wegen irgendwas Sorgen?"

"Nein", erwiderte ich sofort und lehnte mich zurück - vielleicht etwas zu schnell. "Ich weiß nicht...ich will nur nicht..na ja, dass du hier...zu viel hinein interpretierst", stammelte ich zusammen und machte eine vage Handbewegung.

Karyu seufzte und beugte sich ebenfalls vor, lächelte mich schließlich leicht an. "Was ist denn los? Hast du Angst, dass ich jetzt irgendwas von dir erwarte? Ich bin ja schon froh, wenn du mal zu mir nach Hause kommst oder wir ausgehen."

"Nein, ich.." Ich schnaubte und sah ihn beleidigt an. "Es geht nicht um mich, sondern um dich."

"Ausnahmsweise.."

"Wir sollten auf dem gleichen Stand sein", überging ich seinen Kommentar, "da ich nicht will, dass du was erwartest, was nicht eintreten wird."

"Zero, du hast mir ja deutlich gesagt, dass du höchstens eine Freundschaft willst. Ich hab gesagt, das reicht mir. Richtig?", erwiderte er lächelnd, woraufhin ich nickte.

"Ja, richtig.."

"Schön, dann haben wir das ja geklärt", sagte er und lehnte sich zurück, um sich zu strecken. Jun und Jui waren mittlerweile aufgestanden und blicken nervös umher. Als ich den Blick hob, war die weiße, langhaarige Katze von dem Regal schräg gegenüber verschwunden.
 

Unvermittelt piepte irgendetwas. "Oh verdammt..", entfuhr es Karyu, während er hektisch in seiner Hosentasche kramte. Er holte einen Pieper hervor und warf einen Blick darauf. "Mist, das gibt's doch nicht!" Fluchend stand er auf und steckte das Gerät wieder ein. "Tut mir furchtbar leid, ich muss ins Krankenhaus. Es muss einen größeren Unfall gegeben haben. Die brauchen jeden Arzt und Krankenpfleger, den die bekommen können." Er fischte Geld hervor und warf es auf den Tisch. "Ich werd's wieder gut machen, ja? Bitte entschuldige! Ich meld mich bei dir!"

Und dann war er weg. Und es wurde still.

Während ich ihm so hinterher sah, wurde mir klar, warum das alles nicht funktionieren konnte. Nicht, wenn ich mich wirklich auf eine Freundschaft mit ihm einlassen wollte. Wie sollte das alles nur gehen...? In seinen Augen hatte ich gesehen, dass es ihm eben nicht reichte..
 

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Es klingelte an meiner Tür. Ich wusste schon, wer es war. Abends kam doch nur eine Person bei mir vorbei. Ich seufzte.

Aber erstmal blieb ich sitzen, anstatt aufzustehen und Karyu zu öffnen. Noch am gleichen Tag unserer Frühstücks-Verabredung hatte ich einen Zettel geschrieben und ihn in seinen Briefkasten geworfen.

»Lass uns diese Freundschaft beenden. Es ist besser so für uns beide.

Ich hätte es dir gern persönlich gesagt, aber wer weiß, wann wir uns wieder sehen würden.

Alles Gute, Zero.«
 

Mehr hatte ich nicht auf das Papier geschrieben. Es hatte lange gedauert, bis mir etwas eingefallen war. Etwas, von dem ich dachte, dass es gut genug war. Natürlich war es immer noch viel zu wenig, denn ich hatte ihm keine Gründe für meine Entscheidung genannt. Aber das war auch nichts, was ich mal schnell schriftlich erklären konnte. Und wenn Karyu es wissen wollte, würde er sicher zu mir kommen, hatte ich gedacht.

Und nun tat er es. Unvermittelt klopfte es gegen meine Wohnungstür. "Ich weiß, dass du da bist. Ich hab das Licht gesehen. Mach auf, wir sollten reden. Meinst du nicht auch?" Er klopfte und klingelte wieder.

Seufzend erhob ich mich. Ich hatte wirklich keine Lust ihm zu öffnen. Das würde hässlich werden. Aber ich bereute meine Entscheidung nicht unbedingt. Ich musste sie ihm jetzt nur erklären.

Mit hängenden Schultern machte ich die Tür auf und lehnte mich gegen den Rahmen. "Hey.. Ich hab schon auf dich gewartet."

"Hast du? Dann hättest du mir doch gleich öffnen können, anstatt mich eine gefühlte halbe Stunde warten zu lassen", erwiderte er und verschränkte die Arme. Er trug noch seine Dienstkleidung und sein Ausweis hing an seiner Hose. "Kann ich reinkommen?"

Ich antwortete nicht sofort, weil ich darüber nachdenken musste. Aber dann nickte ich und trat beiseite. Es würde sicher nicht nur 2 Minuten dauern, bis wir das geklärt hätten.

"Danke", brummte er, während er an mir vorbei ging. Ich schloss die Tür und setzte mich ins Wohnzimmer, wo ich auf Karyu wartete. Unbehaglich sah ich auf, als er mir gegenüber Platz nahm und mein Briefchen in die Höhe hielt. "Schon wieder so ein scheiß Zettel", sagte er und musterte mich mit ausdruckslosem Gesicht. "Also, ich hab da offensichtlich was verpasst. Ich fand unser gemeinsames Frühstück doch ganz passabel und später muss ich erfahren, dass du mir die Freundschaft kündigst. Bist du sauer, weil ich verfrüht gehen musste?"

Ich schüttelte den Kopf. "Nein, ich bin nicht sauer. Ich nehm es dir nicht übel...", antwortete ich leise und strich mir nervös durchs Haar. "Wir wollen unterschiedliche Dinge, das ist es."

Karyu zog eine Augenbraue in die Höhe. "Aha?"

"Du hast letztens gelogen, als du sagtest, eine Freundschaft würde dir reichen." Karyu machte schon den Mund auf, weswegen ich eine Hand hob, damit er mir weiter zuhörte. "Ich hab es dir angesehen. Du hast das nur zu meiner Beruhigung gesagt.."

Nun plapperte Karyu doch drauf los. "Was erwartest du denn auch? Nur weil ich das sage, heißt das ja nicht gleich, dass...na ja..." Er verschränkte die Arme. "Ich mag dich eben etwas mehr, das geht ja nicht so einfach weg, nur weil ich irgendwas sage."

Ich seufzte. "Das ist mir ja klar, aber..." Ich senkte den Blick. "Dein Blick hat mehr gesagt, als tausend Worte es je könnten... Du bist enttäuscht und du machst dir Hoffnungen, oder?"

"Hast du Angst? Ist es das? Dass ich irgendwann einfach über dich herfalle und mir nehme, was ich will, oder was? Dass ich dich in meinen Keller einsperre und sonstwas mit dir anstelle, sobald ich es leid bin, darauf zu warten, dass du dich auch in mich verliebst?" Verärgert sah er mich an. Seine Stimme wurde immer lauter.

"Ich...nein..", murmelte ich etwas unbeholfen, aber er hörte mir eh nicht richtig zu.

"Du und deine Horrorgeschichten. Vielleicht solltest du weniger Fernsehen gucken! Ich dachte, du vertraust mir mittlerweile. Na schönen Dank auch."

"Ich vertraue dir! Und ich habe keine Angst, dass du irgendwann was Komisches mit mir treiben wirst.", erwiderte ich etwas hektisch. Er sollte nichts Falsches von mir denken.

"Ja klar, das merke ich...deswegen schreibst du mir diesen blöden Zettel."

"Karyu, es kann dir ja nicht gut tun, wenn wir was zusammen machen - als Freunde, und eigentlich willst du mehr." Ich senkte den Blick. "Und für mich ist unsere Freundschaft auch nicht gut", sagte ich leise. "Das ist mir letztens im Café klar geworden, als du plötzlich gehen musstest. Ich weiß, dass es deine Arbeit ist und du kannst ja nichts dafür, wenn du gerufen wirst, weil sie dich dringend brauchen. Aber wie oft sehen wir uns denn? Alle zwei Wochen? Und ich kann das nicht...wir sehen uns so selten, ich freu mich auf die Verabredung, aber dann musst du mittendrin doch wieder gehen. Das kann jederzeit passieren. Da bin ich dann auch enttäuscht. Freunde sein, bedeutet für mich, sich oft zu sehen...und das können wir nicht." Traurig hob ich den Blick. "Die Zeit, die du hast, ist mir zu wenig. Also ist es aus diesen Gründen für uns beide besser, wenn wir direkt einen Schlussstrich ziehen. Du kannst mich vergessen und zur Ruhe kommen, und ich brauch nicht auf die seltenen Treffen hoffen, die vielleicht eh nicht stattfinden oder nur zur Hälfte. Dann bleib ich lieber gleich allein.", sagte ich mit leicht trotziger Stimme.

Karyu erwiderte nichts, sondern starrte mich nur an. So hatte ich keine Ahnung, wie es in ihm aussah. Was dachte er darüber? Konnte er mich vielleicht sogar ein bisschen verstehen?
 

Eine Weile blinzelte er mich an, dann schluckte er. "Wenn ich mir nicht sicher wäre, dass du nicht lügst, dann würde ich sagen, du solltest dir eine bessere Ausrede als das einfallen lassen." Er erhob sich. "Ich denke, es ist besser, wenn ich gehe. Ich will dich nicht länger belästigen.."

Schweigend sah ich ihm hinterher, dann stand ich ebenfalls auf und folgte ihm in den Flur. Wortlos öffnete er die Tür und warf mir einen kurzen Blick über die Schulter zu, dann ging er.

Nachdenklich blieb ich im Türrahmen stehen, bis mir die Kälte im Treppenhaus unter die Kleider kroch. Während ich wieder in den Flur trat und die Tür schloss, ging mir Karyus enttäuschter und verletzter Blick nicht aus dem Kopf. Ich hatte ihn vor den Kopf gestoßen, mit einem großen Stück kalter Mauer...

Seufzend setzte ich mich auf das Sofa zurück. Ich hatte ein verdammt schlechtes Gewissen. "Aber es war richtig... Es war richtig", versuchte ich mir einzureden und senkte bekümmert den Kopf.

Diese Nacht verbrachte ich unruhig damit, mich auf dem Sofa hin und her zu wälzen.
 

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In der Universität hatte ich mich auf keine meiner beiden Vorlesungen konzentrieren können. Ich dachte nur an meine leere, stille Wohnung. Und so kam es, dass ich vor einem Tierhandel-Laden stand.

Auf dem Weg nach Hause war mir diese Idee gekommen... Damit meine Wohnung nicht mehr so karg und unfreundlich wirkte.

Ich atmete tief durch und trat ein. Ein leises Bimmeln erklang und schon drangen die verschiedensten Tiergeräusche an mein Ohr.

"Hallo, kann ich Ihnen helfen?", wandte sich ein Verkäufer gleich an mich.

"Ich suche eine Katze..", murmelte ich nur etwas unbeholfen, woraufhin er nickte.

"Gehen Sie ein Stück weiter in den Laden, rechts um die Ecke ist die Katzenabteilung."

Ich dankte ihm und quetschte mich durch die engen Gänge, warf Blicke auf Kleintiere, Vögel und Zierfische.

Es war nicht gerade leise in dem Laden. Als ich um die Ecke bog, fand ich mich zwischen Katzenartikeln wieder - und mir gegenüber, durch Glaswände getrennt, liefen kleine Katzen umher. Sie waren sicher erst ein paar Wochen bis wenige Monate alt. Was man tierschutzrechtlich davon halten konnte, ließ ich besser dahingestellt. Ich sah mir die Tiere etwas befremdet an. Eine schwarze, zwei weiße, und einige graue, getigerte, braune Katzen: in allen möglichen Farben lagen oder liefen sie herum.

"Entschuldigung, darf ich mal?" Hinter mir kam eine Verkäuferin an und als ich ihr Platz machte, sah ich eine kleine, schwarz-weiß gefleckte Katze auf ihrer Schulter hocken, die hörbar maunzte und auf ihre andere Schulter, näher zu mir, tappste. Sie reckte ihre Nase und schien mich anzuschauen. "Oh.." Die Verkäuferin hielt lächelnd inne, während ich vorsichtig einen Schritt auf sie und die Kleine zumachte. Langsam streckte ich ihr eine Hand hin, doch anstatt zu schnuppern, sprang sie mir auf den Arm, krallte sich fest in meiner Jacke, bis sie etwas Halt hatte und lief hoch auf meine Schulter. Verwirrt hielt ich inne. "Oh, sie mag Sie", lächelte die Verkäuferin und beobachtete uns. "Sie springt nicht jeden an", fügte sie lachend hinzu, während die Katze mein Ohr beschnupperte. Ich konnte ihre feuchte Nase spüren. "Sie suchen eine Katze?"

Ich nickte. "Ja, ich spiele mit dem Gedanken..", murmelte ich.

"Schön. Die Kleine auf Ihrer Schulter ist etwa 1 1/2 Monate alt." Sie seufzte leise. "Sie kommt mit der Umgebung hier nicht gut klar. Sie braucht viel Liebe und Aufmerksamkeit von Menschen, aber wir sind hier sehr beschäftigt... Hier zu sein, tut ihr nicht gut. Ich musste öfter mit ihr zum Tierarzt, dabei ist sie noch so jung..."

Nachdenklich sah ich zu der Katze, die ich nur aus dem Augenwinkel wahrnahm, da sie ihr Gesicht in meine Haare steckte. "Kann ich sie denn nehmen...?", fragte ich schließlich leise, woraufhin die Frau mich überrascht ansah. "Oh, aber ja. Wenn Sie das möchten. Ich würde mich freuen, wenn die Kleine einen lieben Menschen an die Seite bekommt. Ich bin mir sicher, dass es dir dann wesentlich besser gehen würde."

Ich versuchte, der Katze über den Rücken zu streicheln, aber sie machte sich kleiner und wich mir aus, sodass ich lediglich den weichen Schwanz streifte. "Ich...ich hab nicht so viel Ahnung von Katzen. Können Sie mir helfen, die wichtigsten Sachen, die ich in der Wohnung für die Katze brauche, zusammen zu sammeln?", fragte ich schüchtern, woraufhin die Verkäuferin nickte.

"Aber ja!", erwiderte sie strahlend und winkte mich hinter sich her. "Erstmal brauchen wir eine Transportbox. Da können wir die Süße gleich hinein setzen und dann schauen wir uns weiter um."

Sie gab mir so viele Tipps und Ratschläge, wie sie konnte. Auch wenn ich erstmal mit den Basics ausgestattet wurde, und ich später einmal für den Rest vorbeikommen oder es online bestellen sollte, so war ich so voll bepackt wie noch nie, als ich den Laden eine Stunde später wieder verließ. Die Verkäuferin hatte mir angeboten, sie bei Fragen jederzeit aufsuchen zu können. "Haben Sie schon einen Namen?"

Schief lächelnd schüttelte ich den Kopf. "Nein, leider noch nicht."

"Na, ich bin mir sicher, dass Ihnen noch ein schöner einfällt. Irgendwann weiß man es einfach."

Und ich glaubte ihr.
 

Spätabends, als ich Platz geschaffen hatte für Katzentoilette, Schlafplatz und Fressnäpfe, da setzte ich mich auf das Sofa und betrachtete die Transportbox. Die Kleine war bisher nur soweit gekommen, dass sie ihre Nase aus dem Gehäuse steckte. Ich holte eine Schachtel Leckerlis hervor und hielt sie raschelnd vor mich hin. Tatsächlich sprang die Katze plötzlich hervor, auf mich zu - und dann kletterte sie mein Bein hoch, anstatt sich für das Fressen zu interessieren. Schmunzelnd half ich ihr auf meinen Schoß, wo sie sich einkringelte. "Du bist ja eine sehr schnell Vertrauen fassende Maus. Manche nennen das naiv..", murmelte ich schmunzelnd und kraulte sie vorsichtig. "Jetzt sind wir also zu zweit. Es gibt nur dich und mich. Besser als allein zu sein, oder?", murmelte ich lächelnd und fühlte mich gar nicht mehr so niedergeschlagen und einsam. Ich war mir sicher, dass es die richtige Entscheidung gewesen war. Alles war eine richtige Entscheidung gewesen, ja.

Einen Namen für die kleine Katze fiel mir an diesem Abend nicht mehr ein. Doch sie half mir, Karyu zu vergessen, das wusste ich.
 

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Ein zu abruptes Ende, so kommt es mir vor. Aber weil ich Dinge weiß, die ihr nicht wisst, bin ich dennoch damit zufrieden :')

Nicht traurig sein, Zero ist es auch nicht.

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Kommentare zu dieser Fanfic (23)
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Von:  Kurenai_chan
2014-06-15T16:52:12+00:00 15.06.2014 18:52
Aii, ich hab's geschafft nach so langer Zeit die FF fertig zu lesen!

Mir hat sie echt sehr gut gefallen! ^^

Dein Schreibstil ist echt toll und ich finde es gut, wie du die Emotionen der Beiden darstellst. Ich fang gleich mal die Fortsetzung an! ;)

Liebe Grüße! (/^o^)/
Von:  ZERITA
2014-04-25T19:59:51+00:00 25.04.2014 21:59
Das mit dem Zettel war doof Zero, merkste selbst, oder? :<<<
Karyu hat vollkommen recht mit seinen Fragen, wenn Zero das nicht wollte, hätte dieser das gleich sagen können. :<

Aber mal zu den Katzen, waren das von vornherein zwei? Mir war als hättest du vorher mal von nur einer geschrieben, aber ich kann mich auch täuschen ^^
Von:  ZERITA
2014-04-25T19:13:43+00:00 25.04.2014 21:13
Ich will auch mal von Karyu ins Bett getragen werden! Allerdings will ich dabei nicht ohnmächtig werden. :<
Aber super das Karyu doch nicht so begriffsstutzig ist und denkt, dass Zero eine Frau wäre. :D Ich finde es übrigens sehr süß, wie er sich um Zero gekümmert hat. *^* Echt sympathisch.
Von:  --Tsuki--
2014-02-21T13:33:23+00:00 21.02.2014 14:33
D: ! .... Ende? Ende!?
Eieiei... jetzt muss ich erstmal meine Gedanken dazu ordnen. Das ist irgendwie... verstörend! O_O'
Okay... also Karyus Reaktion war mehr als verständlich, ich dachte beim Lesen auch "WTF?" als Zero ihm den Zettel in den Briefkasten geworfen hat und ich habe mit dem Armen gelitten. ;_;
Ob ich das Ende, so wie es jetzt ist, gut finde, weiß ich noch nicht... vielleicht weiß ich es, wenn ich das hier zu Ende geschrieben habe.
Einerseits finde ich es nachvollziehbar, dass Zero erkannt hat, dass die Freundschaft nie richtig funktionieren wird, wenn einer mehr will als der andere, und es ist gewissermaßen rücksichtsvoll, dem anderen den Schmerz zu ersparen und stattdessen die Freundschaft auf Eis zu legen und evtl. Gras drüber wachsen zu lassen.
ABER ich habe Zeros Grund nicht wirklich verstanden. Also, wenn er Karyu wirklich nur als Kumpel haben will, kann er ihn doch nicht wegen dessen Job abservieren! o.o Klar ist es ärgerlich, wenn er das Treffen unterbricht, aber der Gute wird ja auch irgendwann einmal Urlaub haben oder es kommen sicher auch Zeiten, wo er nicht ständig in den Dienst gerufen wird. Davon eine Freundschaft abhängig zu machen, ist schon krass...
Das hätte ich durchaus auch für eine schlechte Ausrede gehalten...

Dann holt er sich eine Katze (sehr süß, und wieder mal ein Stück weit autobiografisch, oder? :) ), um Karyu zu vergessen und nicht mehr einsam zu sein.
Hm. Klar, kann man auch Kumpels vermissen, aber so richtig richtig tolle Zeiten hatten sie doch eigentlich gar nicht miteinander..? Es war ja immer irgendwie eine gedrückte Stimmung zwischen ihnen. Oder ist da letztendlich doch mehr, als Zero sich zunächst eingestehen will? Etwas, wozu er jetzt vielleicht noch nicht bereit ist? (Dein Nachsatz lässt ein wenig hoffen... :) )
Irgendwie muss es doch weitergehen? Ich meine, da ist immer noch diese Sache mit Karyus Depressionen und den "Malen". Das kann Zero doch nicht egal sein? Oder doch? Wozu dann die Erwähnung, wenn es letzten Endes doch gar keine Rolle mehr spielt und Zero nicht einmal mehr daran denkt?
Ich weiß nicht, ob das in einer eventuellen Fortsetzung aufgegriffen werden soll, aber ich hoffe sehr darauf!
Frei nach Tschechow "Wenn eine Pistole an der Wand hängt, muss sie auch abgefeuert werden!" Ich habe dieses Zitat immer vor Augen, wenn ich selbst schreibe... man könnte es als eine Art Grundgesetz der Dramaturgie ansehen :)

Nun könnte man aber auch argumentieren - das Leben ist kein Ponyhof, es läuft nicht immer alles glatt und da, wo man glaubte, die Liebe zu finden, stößt man plötzlich nur gegen eine Wand. Das wiederum wäre auch sehr realistisch (wie ich in den letzten Tagen selbst schmerzhaft erfahren durfte - irgendwie triffst du meine persönliche Situation immer sehr passend mit den Uploads xD )

So oder so, ich hoffe dringend auf eine Fortsetzung irgendwann! ^o^
auch wenn Zero nicht traurig ist, Karyu ist es bestimmt ;_;

btw - falls es doch keine Fortsetzung gibt: verrätst du uns dann, was du weißt? ;)

Alles in allem eine schöne Geschichte, die mich sehr gut unterhalten und zum Mitfiebern angeregt hat! ^^ Ich liebe deinen Schreibstil! Weiter so ^o^ /
Von: Futuhiro
2014-02-20T13:26:52+00:00 20.02.2014 14:26
Gott, der arme Karyu. Q__Q Dabei hat er sich so eine Mühe gegeben.
Also ich hatte ja durchaus gehofft, daß die beiden nicht direkt zusammenkommen. Aber ich hatte nicht erwartet, daß es nochmal ein derartiges Zerwürfnis geben würde. An so ein bischen Rest-Kontakt und Rest-Freundschaft, die da bleiben würden, hatte ich schon geglaubt. Einerseits war es sicher die vernünftigste Lösung, den Kontakt einfach ganz abzubrechen, aber man hätte es dem armen Kerl schohnender beibringen können.
Ich fand Karyus Reaktion auf den Zettel super. Seine Wut und Enttäuschung waren sehr autentisch beschrieben. Klar, daß er nun doch langsam mal am Ende ist, mit seiner Geduld und seinem Verständnis.

Richtig genial und großartig fand ich den Satz <... daß er mehr von dir will als du ihm gibst.>. Aus dieser Perspektive habe ich das noch nie gesehen, daß es auch einen geben muss, der gibt. Normalerweise kennt man Beziehungen doch immer mehr als win-win-situations, in denen beide Gewinn machen.
Von:  --Tsuki--
2014-02-17T19:08:35+00:00 17.02.2014 20:08
ニャー!ニャー!!
Das war das Erste, was mir dazu eingefallen ist :D

So, nun zum Feedback!

Uh, ein erotischer Traum! Wunschdenken? Oder hat das Unterbewusstsein da etwas gespürt? Denn ob er ihn noch während Karyus Anwesenheit hatte oder eben danach, ist und bleibt unklar. Obwohl... so durchtrieben ist Karyu doch nicht, sich an den kleinen schlafenden Skeptiker zu vergreifen... oder? Ernsthaft Verknallte machen ja manchmal die merkwüdigsten Dinge...

Fand es wieder einmal schön zu beobachten, wie die beiden sich arrangieren, bzw. wie Zero Karyu immer mehr akzeptiert und als er ihm dann einen Zipfel der Decke angeboten hat, dachte ich: "Yes! Ohhh wenigstens einen Kuss!" Aber nein! T_T
Na ja, kann ja noch kommen...

Dann die Sache mit den Familien, die insbesondere Zeros Rolle noch viel Dramatik verliehen hat als ohnehin schon. Jetzt zu sehen, dass er nicht einsam ist, weil er irgendwie verschroben ist oder so, sondern weil er wirklich niemanden hat T_T Die Stimmung hat sich dannn ja durch den ganzen Rest des Kapitels gezogen, sodass da kein Platz mehr für Romantik zwischen den beiden war. Fast so, als hätten sie durch Karyus Bohrerei einen Schritt zurück gemacht. Vielleicht interpretiere ich aber auch zu viel :)

Jui und Jun! Ahhhh, dass ich die beiden hier und dieser Form wiedertreffen würde, hätte ich ja nicht gedacht! hahahaha :') Sehr gut!
Wieder mal eine sehr drollige Idee von dir, nur tat mir Karyu wieder einmal leid. Vor allem in dem Satz, in dem Zero nüchtern feststellt, dass Karyu verliebt ist.
Fand ich dennoch auf gewisse Weise gut - die meisten Hauptcharas (einschließlich meiner xD ) sind schwer von Begriff, um es dem Leser spannend zu machen, obwohl die meisten dann den Sachverhalt doch schon längst gecheckt haben, ehe der Protagonist darauf kommt :') Dass Zero das also begriffen hat, ohne, dass es direkt ausgesprochen wurde oder er sich vorher großartig Gedanken darüber gemacht hätte, fand ich echt cool! ^o^v

Ich hoffe ja noch immer auf das Liebesglück der beiden, aber das weißt du ja bestimmt...

und jetzt - weitermachen! 頑張ってね!

Antwort von:  Phoenix_Michie
19.02.2014 10:11
Gnarharhar... XD
Ich darf ja nichts dazu sagen, eigentlich, weil eine Antwort meine Absichten verrät xD Also..abwarten ;) (Oh, und...Karyu kann seeeehr durchtrieben sein, wenn er will. Der ist wirklich nicht unschuldig.)

Ja, du hast nicht ganz Unrecht, die Stimmung und das Verhältnis hat sich wieder etwas verändert und ja, irgendwie kann man das wohl als Rückschritt bezeichnen.

Jui und Jun, die Katzen xD Ich hab eben zwei Namen gebraucht für die Süßen, und ich weiß nicht warum, aber ich fand Jui und Jun für die Brüder passend xDDD Besser als sich irgendwelche komischen Namen stundenlang auszudenken.

Nun zu der Sache mit dem Verliebt-Sein: Wenn ich mich richtig erinnere, hat Karyu im Krankenhaus zu Zero bereits gesagt, dass er sich ja in ihn verguckt hat. Sie waren ja also beide auf dem gleichen Stand, als Zero feststellte, dass Karyu verliebt ist - das war also nicht wirklich etwas Neues ^^°
Von: Futuhiro
2014-02-17T13:55:08+00:00 17.02.2014 14:55
*lach* Ah ja. "The End - Volume III"
Wie oft hast du jetzt schon beschlossen, daß das nächste Kapitel das letzte sein würde? ^^
Aber ich finde es toll, daß du immer noch / immer wieder Ideen findest, um doch weiterzuschreiben.

Das Kapitel war etwas nachdenklicher und es hat endlich mal ein paar Fragen geklärt. Es klingt inzwischen so, als ob aus den beiden wohl nichts mehr wird. Karyu will in den Norden, Zero nach Okinawa, was ja die entgegengesetzte Richtung ist. - Und schon wieder tun sich neue Fragen auf, das ist so gemein. Wenn Zero ein Waise ist (wie lange eigentlich schon?) und auch sonst keine Verwandtschaft hat, wie hat er dann bisher überlebt? Wer hat sein Leben finanziert, wer sein Essen und seine Wohnung bezahlt? Ich meine, okay, inzwischen geht er ja jobben, wie man weis. Aber vor seinem Studium, zu Schulzeiten, ging das ja wohl nicht. In die Schule muss man den ganzen Tag, und zwar JEDEN Tag, und nicht nur 1x die Woche wie es jetzt bei Zeros Uni der Fall ist. Und wo hat er gewohnt? Hatte er eine eigene Wohnung? Denn volljährig ist man auch in Japan erst mit 18. Hatte er vorher einen Vormund, der den ganzen Vertragskram mitgemacht hat, Mietvertrag und so? Oder war Zero vielleicht sogar im Heim? (Das würde natürlich vieles von seinem komischen Verhalten erklären.)

Au man, ich liebe Neko-Cafes. Ich wünschte, ich könnte auch mal in eines gehen. Leider haben wir in Japan nirgends eins gefunden, als ich dort war ... Das nächste, das ich kenne, ist in Österreich.
Antwort von:  Phoenix_Michie
19.02.2014 10:02
Nee, das letzte Kapitel ist schon hochgeladen und wartet auf Freischaltung. Diesmal mein ich es wirklich ernst und ich gewöhne mir an, nur dann aufs Ende zu verweisen, wenn es auch echt stimmt XD

Was die Zukunftsplanung der beiden angeht: Zero würde schon gern nach Okinawa, aber ob das je klappt, daran zweifelt er. Für ihn ist das momentan keine realistische Option.
Karyu hat da schon eher den Plan, doch will er nach seiner Ausbildung in ein anderes Krankenhaus um dort noch etwas mehr zu lernen, sprich: er möchte eine Festanstellung oder ähnliches. Wann er zurück zu seiner Familie kehrt, steht in den Sternen.

Im ersten Kapitel hat Zero kurz erwähnt, dass er Waisenrente bekommen ^^ (Das ist natürlich das deutsche Recht, ich weiß nicht, ob es in Japan soetwas auch gibt.)
Nun, wie lange ist er schon allein? Das habe ich mir ehrlich gesagt nie überlegt. Ich denke, es wird um die Zeit in der Mittelschule/Oberschule gewesen sein, aber nicht schon in der Grundschule. Das würde dann wohl erst wieder Thema werden, wenn ich irgendwann mal eine Fortsetzung schreiben sollte xD Da würde auch geklärt werden, wo er bis zu seiner Volljährigkeit lebte etc., denn ich muss ja zugeben, wäre ein spannendes Thema (auch für mich xD).
Oh, in Japan ist man übrigens sogar erst mit 20 volljährig ><"

Ich hab die Standorte der Cafés mal gegoogelt xD Es gibt erstauntlich viele in Tokyo...(ich weiß nicht, ob du auch in Tokyo warst). Ich gebe zu, gesehen hab ich letztens selbst auch keine, aber angeblich soll es viele geben. Es gibt wohl auch in München ein Neko-Café und in Berlin ^^ Nicht nur in Österreich. Ich will unbedingt mal eines besuchen ^^
Antwort von: Futuhiro
19.02.2014 14:24
Hmmmm, jetzt musste ich derwegen mal gewisse Dinge googlen. XD
Du hast Recht, in Japan ist man tatsächlich erst ab 20 volljährig, ich bin ja baff. Da war ich wohl schlecht informiert. O__o
In Berlin und München gibt es inzwischen auch Neko-Cafe´s? Also ich das letzte Mal recherchiert habe (was allerdings schon laaaaange her ist), gab es hier noch keine, weil das deutsche Tierschutz-Recht dem irgendwie im Wege stand. Das war das nächstgelegene noch in Wien.

Das mit der Waisenrente hatte ich schon wieder ausgeblendet, sorry. Muss ich im ersten Kapitel nochmal nachlesen. ^^
Von: Futuhiro
2014-02-12T16:45:54+00:00 12.02.2014 17:45
Meine Fresse, da ist ja einer verbohrter und hartnäckiger als der andere. Die sind doch alle beide nicht ganz normal. XD

Gott, ich liebe deinen Stil immer mehr. Die kleinen, unterschwelligen Nuancen in der Wortwahl, einfach super geschrieben. Du verstehst es toll, einen subtilen Humor einzubauen.

Ich weis nicht, wer von den beiden mir mehr leid tun soll. Karyu, weil er immer und immer wieder gibt und teilt und dafür eine Abfuhr nach der anderen kassiert, oder Zero weil er das aufsässige Kerlchen einfach nicht los wird. Derzeit ist mir Karyu jedenfalls wesentlich sympathischer. ^^ - Wobei ich sagen muss, wie Zero hier so dargestellt wird, zurückgezogen und pseudo-paranoid, das passt irgendwie sehr gut zu ihm. Also zu dem echten, dem Bassisten von D´espairsRay, meine ich. (Hizumi hat mal in einem Interview gesagt, daß er Karyu kurz nach dem Zusammenschluss der Band gefragt hat, ob mit Zero alles in Ordnung ist, weil der nie redet.)

Das Deja-vu hätte ich jetzt so nicht erwartet. Spaßige Idee, damit die beiden sich wieder über den Weg laufen. ^^ - Aber bei mir bleibt irgendwie immer noch die Frage hängen, warum Karyu nun eigentlich so furchtbar hartnäckig ist. Selbst wenn er auf Zero steht, muss man doch irgendwann mal einsehen, daß der andere nichts mit einem zu tun haben will. Da steckt doch sicher irgendeine prägende Erfahrung aus der Vergangenheit dahinter.

Bin jedenfalls gespannt, wie Zero aus der Nummer jetzt wieder rauskommen will. ^^
Antwort von:  Phoenix_Michie
12.02.2014 20:10
Ja, die spinnen beide etwas xD Na ja, die Story ist meinem Kopf entsprungen, der ist manchmal auch nicht so ganz normal und ich wollte ein paar eigene Erfahrungen & Gedanken mit einfließen lassen...deswegen ist die FF mit ihren Charakteren teilweise etwas..fragwürdig xD

Lieben Dank für das Kompliment! Mir gefällt das selbst auch ganz gut so und ich hoffe, diesen Stil und die Atmosphäre beibehalten zu können bis zum Schluss ^^

Haha, es freut mich zu hören, dass du Karyu auch sympathisch findest - ich hatte schon befürchtet, dass du ihn gar nicht leiden kannst ^^" Das wollte ich nun nicht erreichen :'D
Ja ja, der gute alte Zero...ich schätze ihn auch so ein, dieses Zurückgezogene ^^ Obwohl er sich schon um einiges verändert hat und manchmal vermisse ich fast schon den alten Zero xD

Warum ist Karyu so hartnäckig...? Ja, zum einen natürlich, weil er sich eben verguckt hat, aber einen kleinen anderen Grund gibts schon noch. Den versuche ich ins nächste Kapitel zu packen ^^
Antwort von: Futuhiro
12.02.2014 20:47
Ach doch, ich mag Karyu in der Story sehr. Er kommt total lieb und hilfsbereit und warmherzig rüber. Nur halt der eine Punkt, daß er auf Kerle steht ... naja, damit kann ich bisher leben. Bis jetzt waren es ja nur wage Andeutungen und nix schlimmes. ^^

Ui, supi, da freu ich mich umso mehr auf´s nächste Kapitel. Ich bleib dran.
Von:  --Tsuki--
2014-02-12T14:46:40+00:00 12.02.2014 15:46
Jaaa, es ist nicht das letzte Kapitel!! *.*

Ach Zero... Gib dir doch nen Ruck und lass Karyu auf dich zukommen. Egal wie, ob nun als Paar oder als Freunde. Also, richtige Freunde.

Ich glaube, was mir an deiner Geschichte mitunter am besten gefällt und was sie im Allgemeinen zu etwas Besonderem macht, ist, dass der Funke mal nicht beim Protagonisten überspringt oder zumindest nicht sofort, sondern man die Gefühle des anderen deutlich mitliest und nachempfinden kann. Normalerweise fiebert man ja immer mit dem Protagonisten mit, besonders auch wenn es darum geht,dass er seine Liebe für sich gewinnen soll. Hier hast du den Spieß umgedreht und es zieht mir das Herz zusammen, wenn ich sehe, wie Karyu um Zeros Vertrauen kämpft und dabei immer nur gegen eine Wand rennt. Kompliment!
Natürlich wäre ein denkbares (aber nicht dankbares) Ende, wenn Zero bis zum Schluss nicht aus seiner Haut kann und Karyu eben einfach Pech hat und ihn bestenfalls nur als Freund erobert... Das hoffe ich aber nicht! :D
Bin sehr gespannt, wie es weitergeht! ^^
Antwort von:  Phoenix_Michie
12.02.2014 20:14
Yay XD

Ja, Zero hat Probleme ûu Vielleicht ist das so eine Bindungsangst, wer weiß das schon :'D

Danke für dein Lob bzw deine kleine Analyse. Es interessiert mich ja brennend, warum die Story so gut oder vielleicht auch weniger gut ankommt ^^ Und ich muss sagen, ich bin einfach so im Schreiben, ich achte auf nichts...ich schreibe einfach und denke mir nicht allzu viel dabei (ja, das ist mein stil ^^"). Dann von einem Leser gesagt zu bekommen, was eigentlich gut ist oder eben besonders, das ist schon toll ^^
Ich geb mein Bestes, es spannend zu halten ;)
Von:  --Tsuki--
2014-02-07T12:55:10+00:00 07.02.2014 13:55
So, also erstmal: ich war heute morgen ganz schön spät auf Arbeit wegen der FF! *lol* hab das Kapitel heute direkt nach dem Aufwachen gesehen und die erste Hälfte gleich im Bett verschlungen. Die zweite Hälfte dann beim Kaffeetrinken und Müsli essen, obwohl ich da schon spät dran war, aber ich konnte nicht aufhören!! O.o

Schade, dass das schon das vorletzte Kapitel sein soll... Ich finde, die Story hat richtig richtig viel Potential, länger zu werden. Allein schon, weil die Annäherung so behutsam von statten geht und Zero ja immer noch skeptisch ist.
Da ist so viel Platz für mehr als nur ein Kapitel (außerdem möchte ich eine schöne Romanze! :p)
Also überleg's dir bitte nochmal ;_;
Sad end klingt so, als seien Karyus reichliche Bemühungen alle für die Katz, und das wäre irgendwie echt schade ._.
(btw habe ich es so rausgelesen, als sei ein gewisser Grundstein sowieso schon gelegt, also warum davon zurück treten? Ich geh mal davon aus, dass du mit sad end nicht meinst, dass Zero plötzlich doch an Grippe stirbt!)

So genug gejammert! Tolles, packendes, süßes Kapitel!
Karyu ist so süß mit seiner Fürsorglichkeit! Und dass Zero langsam auftaut.... Awww... <3
Weiter so~
Antwort von:  Phoenix_Michie
07.02.2014 19:24
Aww, also ich wünschte, man könnte Kommentare favorisieren wie auf Twitter XD Dann würde ich mir deine jedes Mal durchlesen, wenn ich einen Dämpfer erlitten oder einen Durchhänger habe :3
Es freut mich sehr, dass du das Kapitel so gern gelesen hast ^^
Du möchtest also eine schöne Romanze...hm ich irgendwie auch. Da bin ich ja eigentlich immer für ;) Mensch, bei deinen vielen Aufmunterungsworten und Motivierungsversuchen fange ich automatisch an zu überlegen, ob ich nach dem Ende, das ich vorgesehen habe, vielleicht noch etwas nachschieben kann ^^
Also Sad End bedeutet übrigens NICHT, dass jemand stirbt! Dann hätte ich geschrieben, dass es wirklich ein Sad End wird XD Aber ich meinte ja, dass man das Sad erstmal definieren müsste (das heißt, so traurig wird es nicht ;D).
Ach weißt du was, da ich sowieso gerne mal alles wieder über den Haufen werfe, lasse ich mich besser auf nichts festnageln und sage gar nichts mehr xD Du musst wohl oder übel geduldig abwarten :'D
Danke danke für dein tolles Lob ♥
Und ich gebe weiterhin mein allerbestes, um nicht zu enttäuschen :)


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