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Kyo Kara Maou Novel: Reise zum Beginn - Abenteuer in Dark Makoku

von

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Kapitel 10

KAPITEL 10
 


 

Vom Schloss Hundshaupten führte ein gepflasterter Weg den oberen Kamm der Dünen entlang. Dieser Weg führte noch in Sichtweite des Schlosses in einen dichteren Wald, der die natürliche Grenze zwischen dem Inland und der Küste darstellte.

Yuuri Shibuya drehte sich noch einmal herum und winkte fast schon euphorisch zu den Türmen hinauf:

„Auf Wiedersehen! Und vielen Dank für alles!“

„Lass das“, zischte Wolfram auf dem Pferd neben ihm, „Als König benimmt man sich nicht so!“

Yuuri grinste ihn frech an: „Na, dann ist doch alles in Ordnung! Der bist ja nun du!“
 

Lady Erika von Hundshaupten erhob mit einem Lächeln ihre Hand zum Abschiedsgruß und huschte dann zügig vom Balkon: „Genoviene?“

„Ja, Mylady?“ Wie aus dem Nichts war der grünhaarige Dämon neben ihr wieder aufgetaucht.

„Hast du alles erledigt, worum ich dich gebeten hatte?“

„Ja, Mylady. Yonno ist darüber informiert worden, dass sich ihr nun abgereister Besuch für das Zepter interessiert und auch ihr Bruder ist unterrichtet!“

„Sehr schön!“, ein kühles Lächeln, „Es hat lange gedauert, dass jemand danach sucht!“

„Mylady, wie lange?“

Erika von Hundshaupten überflog all die Familienerzählungen und Sagen in ihrem Kopf, welche sie seit frühster Kindheit immer und immer wieder anhören musste: „Vor rund 2600 Jahren strandete ebenfalls ein Dämon aus dem anderen Reich an unserer Küste. Großvater las ihn auf. Dieser Fremde trug ein Zepter bei sich, welches nach eindeutiger Prüfung dem Verräter zugeschrieben werden konnte. Großvater erfüllte seine Pflicht und richtete den Fremden höchstpersönlich hin und überreichte Mittsu dieses Zepter. Dieser dreiste Dämon damals behauptete, er habe den Auftrag, dieses Zepter zu dessen Genesung nach hier gebracht zu haben. Es solle sich wieder mit der unvergleichlichen Kraft unseres Reiches aufladen und dann wieder zurückkehren!“

Ihre Augen blitzten bösartig auf: „Als würden wir einem Volk, welches sich aus aufständischen und niederem Volk und primitivstem Landadel zusammengesetzt hatte, eine solch mächtige und heilige Reliquie zurückgeben!“
 

Auf Deck herrschte erleichterte Stimmung. Es war Land in Sicht gekommen. Zwar schien es sich zunächst um eine Insel zu handeln, doch es war bereits deutlich ein größerer Hafen erkennbar. Gwendal stand mit einem Fernrohr an der Reling und betrachtete das Ziel, welches sie nach Wochen auf See ansteuern konnten.

„Scheint mir friedlich zu sein. Keine Patrouillen oder anderweitige Sicherheitsmaßnahmen!“, murmelte er und setzte das Fernrohr ab. Murata neben ihm nickte: „Wir werden jedoch unser Schiff hier zurücklassen müssen!“, lautete seine Antwort und Gwendal musterte den kleineren Freund seiner Majestät.

Adria! Kein Zweifel! Ich erinnere mich gut! Von dort aus kehrte ich meiner Geburtsstätte den Rücken. Ein hervorragender Platz zum Ankern.

Shinous Stimme war für alle hörbar. „Sind die denn nicht misstrauisch?“, fragte Adalbert mürrisch, welcher nur wenige Meter hinter ihnen am Hauptmast angelehnt ebenfalls das näher kommende Eiland musterte.

Adrias Bewohner treiben Handel nach Außen. Zumindest taten sie das zu meiner Zeit. Sie sind nicht so engstirnig wie die Bevölkerung im Landesinneren. Solange sie friedliche Absichten erkennen, dürfte man uns nicht misstrauisch gegenüber auftreten. Es sind an sich auch nur Fischer. Die Insel stand damals unter dem Schutz der Familie von Bielefeld!

Gwendal hob überrascht eine Braue: „von Bielefeld? Ahnen unserer Familie von Bielefeld?“

„Ja, so gesehen schon! Zwei aus dem Hause Bielefeld begleiteten uns damals nach Shin Makoku und sind die Mitbegründer unseres Königreiches!“, erläuterte Murata, „aber hier gibt es auch ein Territorium der Familie Voltaire, allerdings weiter im Landesinneren. Diese Familie war damals bekannt für die hervorragende Ausbildung des Heeres. Die von Bielefelds befehligten unter anderem die Seestreitmacht!“

Conrad, der dicht neben Iossac und Adalbert am Hauptmast lehnte, musste leicht auflachen: „Das gerade unser Wolfram einer Seefahrerlinie entspringt!“

Darüber mussten alle leicht schmunzeln. Wolfram konnte keinen Fuß auf ein Schiff setzen ohne von sofortiger Übelkeit heimgesucht zu werden.

Die von Bielefelds waren mir loyal ergeben. Vielleicht können wir dort die benötigte Unterstützung erfahren!

'Denkst du nicht, du solltest ihnen sagen, in welcher Verbindung du zu den von Bielefelds genau stehst?' dachte Murata, doch Shinou äußerte sich dazu nicht. Murata seufzte. Er hatte sich nicht geändert. Man würde ihm seine wahren Absichten Stück für Stück aus der Nase ziehen müssen. Und der Wiedergeburt des Großen Weisen war bewusst, dass Shinou Absichten hatte. Absichten, die selbst er sich nicht vorstellen konnte.
 

Wir ritten jetzt schon einige Stunden fast schweigend nebeneinander her. Bisher war die Zeit auch schnell vorübergegangen. Schließlich waren wir in einem fremden Wald in einem fremden Land. Es gab sehr viel Neues zu sehen. Wolfram schien sich auf jedes Geräusch zu konzentrieren. Ich vermutete, dass er selbst die Käfer im Laub der Bäume krabbeln hörte. An seiner Seite konnte mir wirklich nichts zu stoßen! Ich griff in die Satteltasche und zog den Wasserbeutel heraus. Es war nicht heiß. Die Temperaturen waren angenehm. Dennoch war mir das Reiten immer noch nicht so ganz geheuer, erst Recht auf einem mir fremden Pferd. Dadurch war es schon anstrengend. Zudem war es zwar ganz nett gewesen, dass man uns auch mit frischer Kleidung versorgt hatte und unsere in unser Gepäck gelegt wurde, doch fühlte ich mich in diesem fremden Stoff nicht so wohl. Auch ich trug wie Wolfram eine schlicht gehaltene graue Uniform. Darüber ein beigefarbenes Kapuzencape. Wolfram schien dies alles nichts auszumachen. Wohl der Vorteil, den man aus einer militärischen Ausbildung zog. Aus dem Blickwinkel jedoch bemerkte ich, dass er sich regelmäßig an sein rechtes Bein fasste. Es schmerzte ihn also doch! Wieso sagte er nichts?

„Geht es dir gut?“, unterbrach ich die Stille zwischen uns, nachdem er sich erneut über seinen Oberschenkel fuhr.

Seine Augen blitzten unter der Kapuze in meine Richtung: „Natürlich!“

„Aber dein Bein?“, fuhr ich besorgt fort.

„Dem geht es auch gut! Vermutlich nur eine Prellung. Nichts weltbewegendes!“, sein Blick wurde wieder nach vorne gerichtet.

Dieser Dickkopf! Ich trieb mein Pferd an, ritt dadurch mit ihm auf gleicher Höhe und griff nach seinen Zügeln. Das hatte ich mir einfacher vorgestellt. Im Western sieht man so etwas ständig. Nur ich wäre beinahe dabei vom Pferd gerutscht. Dadurch, dass ich mich noch fangen musste fiel mein Zug an den Zügeln härter aus als von mir beabsichtigt und beide Pferde hielten abrupt an.

„Was soll das denn nun schon wieder, Yuuri?“, pflaumte Wolf entgeistert und funkelte mich an.

„Runter vom Pferd!“, ich konnte genauso gut pflaumen!

Darüber überrascht schwang er tatsächlich sein Bein über den Sattel und stieg ab. Ich tat es ihm gleich und schritt zu ihm herüber.

„Was soll das?“, wiederholte er seine Frage, doch ich ging in die Knie und strich mit meiner Hand über sein rechtes Bein.

Zunächst reagierte er überrascht über meine plötzliche Berührung, doch dann erkannte ich, dass er sein Gesicht schmerzlich verzog: „Wusste ich es doch! Dein Bein ist nicht in Ordnung!“

„Unsinn!“, er zog das Bein vor meiner Hand zurück, „Das ist nur eine leichte Prellung und überhaupt nicht der Rede wert! Kann ja nicht jeder so herumjammern wie du!“

„Wo habe ich denn jemals herumgejammert?“, ich blickte ihn auffordernd an. Diesmal würde er sich nicht vor meiner Sorge um ihn drücken können.

„Los, zieh dich aus!“

„Ich soll was?“, er lief schlagartig rot an und trat noch einen Schritt zurück. Weiter ausweichen konnte er allerdings nicht, denn er stand mit dem Rücken zu seinem Pferd.

„Ich will mir das ansehen und behandeln. Also zieh dich aus!“, wiederholte ich mich.

„Ist nicht nötig!“

„Wolfram!“

„Ich sagte doch, dass es nicht nötig ist! Es geht wirklich!“

„Wolfram! Das ist ein Befehl! Zieh dich aus oder ich mach es!“, Oh. Das war absolut zweideutig. Nun verstand ich auch seine noch mehr aufsteigende Röte. Innerlich stöhnte ich auf. War unsere Situation wirklich schon so weit, dass ich nicht mal mehr sein Bein untersuchen konnte ohne vor Scham im Boden zu versinken?

Er räusperte sich und öffnete schließlich seine Gürtelschnalle: „Ich möchte nicht, dass du dich wieder verausgabst, Yuuri“, flüsterte er dabei, „Wir wissen nicht, inwieweit wir hier unsere Kräfte uneingeschränkt nutzen können!“

„Dann finden wir es jetzt heraus!“, gab ich nur zurück und zog nun am Hosenbein.

Ich zuckte beim Anblick zusammen: „Oh, Wolfram! Das schaut ja wesentlich schlimmer aus als gestern!“ Jetzt hatte ich es doch angesprochen! Die Situation, wo er nackt vor mir stand. Dort hatte sein Bein nur einen blassblauen Schimmer. Nun war es tiefblau, bis ins violette hinein und auch leicht angeschwollen. Das war keine leichte Prellung mehr. Dieses Hämatom von dem Ausmaß hätte ohne weiteres auf einen Bruch hindeuten können! Wie konnte Wolfram überhaupt stehen, geschweige denn laufen? Warum hatte ich gestern Abend nicht mehr danach gesehen? Nachdem ich aus dem Badezimmer gekommen war hatte er schon im Bett gelegen und geschlafen. Nach den gestrigen Vorkommnissen war ich darüber erleichtert gewesen. Und in der Früh war Wolfram seltsamerweise schon vor mir wach gewesen und hatte uns ein Frühstück auf das Zimmer geholt. Ich hatte da das Gefühl gehabt, dass er versuchte mich von Erika fern zu halten oder zumindest die Treffen zwischen ihr und mir nur auf das Notwendigste zu reduzieren. Dieses Verhalten kannte ich ja bereits von ihm. Er sah in ihr, wie in so fast jeder Frau in meinem Umfeld, eine potenzielle Bedrohung und so lange es ihm möglich war, würde er stets Sorge dafür tragen, dass ich mich nicht anderweitig festlegen würde. Konnte er sich denn gerade jetzt nicht denken, dass mir überhaupt nicht der Sinn nach anderen Frauen oder auch Männern stand? Wenn in meinem Kopf noch Zeit blieb, mir Gedanken um eine mögliche Partnerschaft zu machen, dann betrafen diese Gedanken meist ihn selbst!

Ich legte behutsam meine Hand auf seine Verletzung und schloss die Augen. Ich war nicht Gisela. Aber dennoch waren meine Heilkräfte mit Ihren vergleichbar! Ich konzentrierte mich und ließ den Schmerz in mich überfließen. Er schoss meinen Arm hoch in meine Schulter und verteilte sich dort, um dann aus mir heraus zu fließen. Ich stöhnte auf und merkte, wie Wolfram dadurch zurückwich.

„Yuuri!“

„Ist schon gut, Wolf. Alles in Ordnung!“, ich schenkte ihm ein zuversichtliches Lächeln, „wir sollten damit fortfahren, sobald wir die Pension erreichen. Für das Erste sollte es dir aber nun besser gehen!“

Er nickte nur beschämt: „Danke, Yuuri!“, und zog sich die Hose wieder an.

Als ich zurück zu meinem Pferd ging atmete ich innerlich erleichtert auf. Ich war froh gewesen, dass sich die Verletzung nur am Bein befand. Dies hatte uns vor einer weitaus unangenehmeren Situation bewahrt. Und obwohl ich normalerweise nach einem Einsatz meiner Magie oft sehr erschöpft war, konnte ich jetzt keine Veränderung an meiner körperlichen Verfassung feststellen. Ich fühlte mich ausgesprochen gut!

Ich schwang mich wieder auf das Pferd und trieb es an. Wolf war einige Meter voraus geritten und blieb plötzlich wieder stehen: „Sieh nur, Yuuri!“

Ich kam neben ihm zum Stehen. Wir hatten das Ende des Waldes erreicht. Vor uns weitete sich ein Tal mit riesigen Feldern und Wiesen aus bis zum Horizont. Und dort, am Horizont, war eine Stadt zu erkennen.

Eigentlich war die Stadt noch sehr ungenau zu sehen, doch das, was unseren Blick fesselte, das war unbeschreiblich... imposant!

Inmitten dieser Stadt türmte sich ein prachtvoller, riesiger Palast auf. Dieser war so groß, dass er in die Wolken überzugehen schien. Als würde er selbst zu einer Wolke werden! Ich hatte noch nie zuvor im Leben etwas Vergleichbares gesehen! Er schimmerte gold, rot und weiß. Mir blieb der Mund offen stehen.

„Das ist also Shinous altes Zuhause!“, flüsterte nun auch Wolfram ehrfürchtig, „Wieso verlässt jemand freiwillig so etwas?“

Das war eine gute Frage! Was war hier vorgefallen vor so langer Zeit?
 

Die Roter Seestern lag nun im Hafen von Adria. Ihr schnittiges Design stach auch hier ins Auge und ließ keinen Zweifel offen, dass dieses Schiff eine weite und lange Reise aus einem fernen Land hinter sich hatte. Die äußerlichen Beschädigungen bezeugten zudem noch die Schwere dieser Fahrt.

Man war der Crew der Seestern beim Anlegen weder misstrauisch noch unfreundlich begegnet. Im Gegenteil. Man war beim Verzurren der Taue behilflich und half bei der ersten Orientierung.

„Wir freuen uns wieder Besuch von Außerhalb zu bekommen!“, wandte sich ein älterer Fischer an Iossac, der sich durch seine vielen Spionageeinsätze in den unterschiedlichsten Regionen am Ehesten den neuen Gegebenheiten angepasst hatte und schon erste Kontakte knüpfte, „Es ist bestimmt schon 500 Jahre her, dass hier ein Handelsschiff aus Francia angelegt hatte. Und diese hatten sich nur in einem Unwetter verirrt. Da war ich noch ein junger Mann!“

„Warum glaubt ihr ist das so?“, fragte Adalbert, der den Fang des Fischers begutachtete. Die Ware war hervorragend. Auch schien es ausreichend Schiffe zu geben, die den Bürgern von Adria selbst die Möglichkeit geben würde, nach außen hin Handel zu betreiben.

„Die Herrschenden wünschen keinen Kontakt zu Außenstehenden“, seufzte der Alte und hob sich einen Korb mit frischen Muscheln auf die Schulter, „Sie verbieten die Vermischung von Mensch und Dämonen!“

Iossac, der sich ebenfalls einen der schwereren Körbe nahm und diesen hinter seinem Gesprächspartner helfend hertrug, behagte dieser Gedanke nicht. Es erinnerte ihn an vergangene Zeiten. Shinou sei Dank war die Innenpolitik seiner Majestät Yuuri da anders. Halbdämonen, wie er und Conrad waren, waren in Shin Makoku offiziell kein Problem mehr. Inoffiziell gab es bestimmt noch einige böse Stimmen, gerade in den Adelskreisen. Aber wenn selbst Wolfram von Bielefeld seine Meinung geändert hatte, so bestand noch Hoffnung, dass es in naher Zukunft eine vollständige Integration und Akzeptanz gab.

„Sie mögen selbst nicht die Vermischung zwischen Herrscherklasse und Adelsstand an sich. Man ist hier sehr streng mit der Rassentrennung!“, der Fischer hob den Korb auf einen Karren und dankte Iossac für die Mithilfe mit einem Nicken, „Aber wir hier auf Adria haben von jeher Glück! Unser Herr nutzt die Abgelegenheit zum Festland um diese Regeln etwas aufzulockern!“ Er lächelte verschmitzt.

„Hier soll die Familie von Bielefeld die Amtsgeschäfte leiten?“, auch Adalbert hatte es sich nicht nehmen lassen, zu helfen und warf zwei riesige Thunfische auf den Karren.

„Für Außenstehende seit ihr gut informiert! Ja, dies hier ist Bielefeld Territorium. Beziehungsweise, dass was vom riesigen Territorium nach dem Streit geblieben ist!“

„Streit?“, Conrad, der bisher Iossacs und Adalberts erfolgsversprechenden Versuche der Kontaktaufnahme mit der Bevölkerung aus einiger Entfernung beobachtet hatte, trug nun einen Korb mit Tintenfischen heran.

Der Fischer schien nicht so sicher, ob er Fremden die Geschichte seines Volkes erzählen wollte und zögerte. Er nahm auch Conrads Korb dankend entgegen und räusperte sich: „Dies sind die bestellten Waren seiner Lordschaft von Bielefeld. Ich denke, vielleicht wäre es besser, sie unterhalten sich mit ihm und begleiten mich auf sein Gut.“

Das lief besser als sie gedacht hatten! Iossac und Adalbert sahen zu Conrad. Die Entscheidungsgewalt lag bei ihm: „Ich werde Gwendal darüber in Kenntnis setzen. Er hat noch mit der Hafenaufsicht zu tun. Daher denke ich, dass unserer kleinen Expedition nichts im Wege steht!“
 

Wir erreichten die Stadtmauern am frühen Nachmittag. Die Tore standen weit offen und schienen unbewacht. Anscheinend vermutete niemand einen Angriff oder dergleichen. Woher auch? Dieses Land stand allein für sich. Eine fremde Armee würde nach wochenlanger Seefahrt nicht mehr die notwendige Motivation und Kraft für einen Angriff haben. Dennoch erblickten wir hier und dort stationierte Wachen auf den einzelnen Türmen.

Die Häuser wurden von den Stadtmauern her zur Innenstadt immer prunkvoller. Alles erinnerte mich hier an die Bauten des Schlosses Versailles in Frankreich. Hier schien niemand von Armut betroffen. Jeder Bürger ging einer Arbeit nach oder die feinen Damen, die unseren Weg kreuzten in riesigen, ausgefallenen, mich an die Barockzeit erinnernden Roben genossen die warme Sonne bei einem Spaziergang. Uns begegneten viele Männer in dieser unschönen gräulichen Uniform. Wir schienen wirklich nicht weiter aufzufallen. Das war für die ersten Tage vielleicht auch besser! Wir erreichten schließlich den Marktplatz, den Erika von Hundshaupten uns in eine Karte eingezeichnet hatte, welche aber nur Wolfram deuten konnte. Ich war ja schon mit der Schrift überfordert!

Er stieg vom Pferd und forderte mich mit einem Blick auf, es ihm gleich zu tun: „Wir sind in der Nähe der Pension. Wir sollten hier die Pferde an den Zügeln führen!“

Er hatte Recht. Der Marktplatz war beherrscht vom regen Treiben. Es war zu gefährlich, einfach hindurch zu reiten. Ich folgte Wolfram durch die Menge und betrachtete mir die reichen Auslagen der Händler. Hier feilschte niemand. Jeder bezahlte wohl das, was verlangt wurde. Für einen so stark besuchten Markt herrschte hier eine ungewöhnliche Stille.

„Wir sind da!“, Wolfram hielt an und zurrte die Zügel an einer dafür vorgesehenen Halterung am Eingang eines imposanten Gebäudes fest. Es war aus massiven, sandfarbenen Steinen errichtet worden und reichte wohl über fünf Stockwerke in die Höhe. An jedem zweiten Fenster wölbte sich ein aus Messing geschlagener Balkon hervor. Auf der Erde wäre allein dieser Anblick einem noblen 5 Sterne Hotel gleichgekommen. Wolfram hingegen schien unbeeindruckt, als er die Satteltaschen abschnallte und sie die Eingangsstufen hinauftrug: „Waschlappen, jetzt komm schon!“

Er hatte Recht. Wir hatten keine Zeit für Sightseeing! Wir mussten die Anderen finden und das Zepter! Schon sprang ich die Stufen ihm nach ins Innere.

Dort erschrak ich fürchterlich. Denn wie aus dem Nichts erschien vor mir ein Herr in schwarzen Gewändern. Ich wäre beinahe in ihn hinein gerauscht und drohte nun nach hinten wegzufallen, doch er hielt mich fest am Oberarm. Wolfram fuhr herum, funkelte erst den Herrn, doch dann mich schon leicht genervt an: „Yuuri!“ Doch in seinem Ausruf erkannte ich auch Besorgnis. Wolfram war manchmal wirklich schwer zu deuten!

„Entschuldigen sie, Sir! Ich wollte sie nicht erschrecken! Ich wollte ihnen nur meine Hilfe mit ihrem Gepäck anbieten!“

„Oh! Hähähä! So viel ist es doch gar nicht!“, verlegen kratzte ich mich am Kopf. Der Herr vor mir erinnerte mich optisch stark an Herrn Baker, dem Assistenten von Flynn aus Caloria.

„Natürlich können sie unser Gepäck nehmen! Wir wurden angekündigt!“, Wolfram schien wirklich keine weiteren Verzögerungen zu wünschen. Er erkannte in dem Herrn wohl wesentlich eher als ich einen Bediensteten des Hotels. Musste wohl an seiner Erziehung liegen. Unterrichtsfach: Sortiere optisch aus, wer adlig und wer Fußvolk ist, oder so in der Art. Ich schmunzelte.

„Gewiss. Wir haben mit eurer Ankunft gerechnet! Ich bin Kassel von Hundshaupten!“, er verbeugte sich tief. Ha! Also doch aus adligem Hause! Da hatte Wolfram wohl mal eine Stunde geschwänzt! Mein Schmunzeln wurde zum Grinsen. Doch Wolfram blieb weiterhin kühl in seiner Aussprache: „Freut mich. Ihre Schwester hat sie vermutlich über alles unterrichtet?“

„Sehr wohl, Sir. Ich werde sie hier wie jeden normalen Gast behandeln, um ihre Suche inkognito nicht zu behindern!“

„Sehr schön! Wir wünschen nun eigentlich nur erst einmal unser Zimmer zu sehen!“

„Jawohl, Sir!“

Anscheinend hatte Wolfram wirklich alles mit Erika besprochen und durchgeplant. Was blieb mir da noch zu machen oder zu sagen? War vielleicht auch besser wenn ich erst mal nichts tat oder sagte und alles still beobachtete. Auch im Foyer des Hotels herrschte reger Betrieb. Auch hier waren die Männer hauptsächlich in diesem einheitlichen Grau gekleidet. Vermutlich gerade eine Mode. So viele Soldaten konnte es doch in einer an sich friedlichen Welt gar nicht geben. Oder trog hier der Schein ganz gewaltig?

Ich folgte Wolfram und Kassel zu einem Fahrstuhl, wie es ihn auf der Erde wohl in den 1920'ern gegeben haben musste, fragte mich aber sogleich, wie dieser hier funktionieren würde in einer Welt, wo es keine Elektrizität gab. Anders als in Herkas hörte ich auch kein Wasser rauschen. Also war dieser wohl nicht mit Wasserkraft betrieben. Vielleicht mit Magie? Anissina würde weinen vor Glück, wenn sie dies sehen könnte! Obwohl... Anissina und weinen? Eine beängstigende und gruselige Vorstellung zu gleich! Der Fahrstuhl fuhr unsere schweigende Gesellschaft in den vierten Stock. Dort brachte uns Kassel zu einem Zimmer am Ende eines sehr langen Ganges: „Wie gewünscht, ein herkömmliches Zimmer!“, und er schloss die Tür, welche mit Schnitzereien, die ich nicht deuten konnte, verziert war, mit einem goldenen Schlüssel auf.

Es war trotz der Bezeichnung 'herkömmlich' ein außergewöhnlich schönes, großes und elegant eingerichtetes Zimmer. Unter Pension hatte ich mir eher eine Jugendherberge mit Etagenbetten vorgestellt, aber hier erwartete uns auch ein Doppelbett, welches in seiner Größe dem in meinem Zimmer im Schloss des Blutigen Eides in Nichts nachstand!

„Sollten die Herrschaften irgendetwas wünschen, so zögern sie bitte nicht, diesen Knopf zu drücken!“, Kassel von Hundshaupten verwies auf einen kleinen Klingelknopf direkt neben der Eingangstür, „Ich werde dann höchstpersönlich zu jeder Tages und Nachtzeit zu ihnen kommen!“ Er verbeugte sich tief, ausschließlich nur in Wolframs Richtung gewandt. Damit musste ich wohl in dieser Welt leben. Hier war ich wirklich nur herkömmlich. Also praktisch der ideale Ort für mich zum Urlaub machen! Wolfram schien diese neue Rollenverteilung auch nicht zu stören. Na ja, er hatte ja auch schon 82 Jahre Erfahrung als verzogenes Prinzchen!

Kassel von Hundshaupten verließ das Zimmer und schloss die Tür.

Überraschenderweise atmete Wolfram nun erleichtert laut auf und setzte sich auf den Bettrand. Mit verzogenem Gesicht strich er sich wieder über den rechten Oberschenkel. Es schmerzte ihn doch mehr als er zugeben wollte. Dieser Sturkopf! Das lange Reiten und Laufen musste ihn sehr belasten!

„Ich sollte mir das noch einmal ansehen, Wolf!“, ich machte einen Schritt auf ihn zu und wies auf sein Bein.

Er schüttelte den Kopf: „Nicht nötig, Yuuri! Über so viel Magie verfüge ich selbst noch, um dass wieder in Ordnung zu bringen!“

„Nun stell dich nicht immer so an und zeig schon her!“, es regte mich schon auf. Warum wollte er sich nicht helfen lassen. Es war doch nur sein Bein. Es würde schon auf keine weitere unangenehme Situation für uns hinauslaufen, solange er den Rest seiner Kleidung anbehielt!

„Yuuri, es ist mir unangenehm. Wenn du mich berührst. Ich meine, du hast in Herkas großspurig verkündet, dass du die Verlobung lösen willst weil ich dich nerve! Und nun spielst du seit Tagen den besorgten und überfürsorglichen Verlobten. Ich würde schon einmal gerne wissen wollen woran ich bei dir überhaupt bin! Ob du dir überhaupt Gedanken über uns machst! Das bezweifle ich nämlich sehr stark!“, er verschränkte die Arme vor seiner Brust. Nun war es also wieder so weit. Es war ja wirklich nur eine Frage der Zeit gewesen, wann wir das Thema wieder aufgreifen würden. Und an seiner Körperhaltung konnte ich nun ablesen, dass es nicht einfach werden würde. Wir schlitterten auf einen Streit zu. Aber diesmal nicht ohne alles zu sagen, was zu sagen war. Wir mussten diese Diskussion nun nutzen um die unausgesprochenen Dinge zwischen uns zu klären. Damit jeder von uns wusste, woran er beim Anderen war.

„Wolfram, es ist wirklich nicht so. Ich denke wirklich sehr viel nach über uns in der letzten Zeit! Verdammt! Weißt du überhaupt, wie schwer das hier für mich ist?", ich blieb ihm gegenüber direkt stehen und versuchte Blickkontakt herzustellen. Er sollte merken, dass ich diesmal nicht einfach die Flucht ergreifen würde.

„Du hast immer so eine abweisende Art, wenn ich in deiner Nähe bin. Ich habe stets das Gefühl, dass du nicht du selbst bist! Ich möchte keinen Partner, der meint, sich in meiner Gegenwart verstellen zu müssen!", seine Augen sahen mich verwundert an.

„ Glaubst du das wirklich? Du bist mir doch damals immer aus dem Weg gegangen. Mit jedem hast du mehr Zeit verbracht als mit mir!", protestierte er direkt, „was sollte ich denn davon halten? Die einzige Rolle, in der du mich an deiner Seite schon fast erduldet hast war die des Beschützers!"

„Ich war überfordert, verstehst du das nicht? Ich kam in eine neue Welt, man nannte mich Majestät, man wies mir einen Verlobten zu. Ich habe einfach versucht, eins nach dem anderen irgendwie richtig zu machen!"

„ Willst du damit sagen, wir hätten dich gedrängt, unser König zu sein oder ich hätte dich zu der Verlobung gedrängt?", er schien eingeschnappt.

„Mich hat niemand zu irgendeiner Entscheidung gedrängt. Ich habe mich damals entschieden, König von Shin Makoku zu werden und dieses Amt zu aller Zufriedenheit auszuführen. Unsere Verlobung hingegen hat einen anderen Hintergrund. Ich habe dir oft genug gegenüber gesagt, dass dies ein Missverständnis war. Ich habe nicht gewusst, dass wenn ich dir eine knalle du mit mir verlobt bist! Und ich habe damals auch nicht gewusst, dass dir das wohl so wichtig und ernst wird, sonst hätte ich vermutlich das alles direkt beendet!"

„Und nun? Willst du die Verlobung jetzt lösen?", ich hörte trotz des bissigen Untertons die Traurigkeit heraus.

„Ich habe unsere Verlobung die letzten Jahre einfach irgendwo akzeptiert. Ich mochte es, dass du immer an meiner Seite bist. Als Beschützer, als Freund. Aber ehrlich gesagt hab ich da auch nie mehr gesehen. Du bist 85 Jahre alt. Ich erst 18. Ich habe keine Ahnung von all dem. Ich weiß, ich habe zu wenig für uns gemacht. Ich habe zu wenig mit dir gemacht. Ich habe dich zu wenig beachtet. Doch du hast Recht. Ich bin ein Waschlappen. Ich bin ein Weichei! Ich habe immer eine Entscheidung vor mir hergeschoben! Doch ich bin jetzt im Moment auch noch nicht bereit eine Entscheidung zu treffen. Ich muss zugeben, dass ich in den letzten Wochen ziemlich viele neue Einsichten dazu gewonnen habe und sich seit Herkas in mir einiges bewegt hat, Wolfram. Und ich stehe dazu, wenn du sagst, ich sei ein Waschlappen oder ein Weichei, aber ich möchte dich bitten, mir Zeit zu geben um mir selbst klar zu werden, was ich will und was nicht. Wenn du denn jetzt in diesem Moment auf eine Entscheidung bestehst, wie es mit uns beiden in Zukunft weitergehen soll, dann würde ich vermutlich noch auf die Lösung der Verlobung bestehen. Du bedeutest mir viel, Wolfram, und das ist auch der Grund warum ich so... zögere. Du bist jemand, der eine ganz wichtige Position an meiner Seite hat und ich möchte, dass du das auch weißt! Aber ob das mehr ist als nur eine sehr enge Freundschaft... Ich halte mich noch nicht bereit genug für das alles. Noch nicht bereit genug für dich“, Wolfram drehte seinen Kopf weg. Ich fühlte mich zurückgeworfen an die Situation auf der Lichtung in Herkas.

„Wolfram, bitte gib mir noch etwas Zeit. Ich weiß, du hast lange genug auf eine Entscheidung gewartet, aber ich möchte es irgendwie richtig machen!“

Er reagierte nicht. Er betrachtete nach meiner langen Rede nur das Kissen auf seinem Bett.

„Ähm, ich werde dann jetzt ein paar Getränke besorgen!“, mit langsamen Rückwärtsschritt näherte ich mich der Tür. Es mochte bestimmt für ihn wieder wie eine Flucht ausgesehen haben, aber dem war nicht so. Ich hatte das Gefühl, er brauchte nun erst mal fünf Minuten für sich. Leise verließ ich den Raum und lief zur Treppe.

Solange ich nicht wusste, wie ich diesen Fahrstuhl bediente, war mir die Treppe irgendwie lieber. Ich war vermutlich in Höhe des dritten Stockwerks, als mir eine größere Gruppe entgegenkam. Ich presste mich mit dem Rücken an die Wand um sie auf der doch recht schmalen Treppe passieren zu lassen. Alles wieder einheitlich gekleidete Männer in dieser seltsamen grauen Uniform. Doch ich dürfte mich über deren Kleidungsstil nicht wundern, schließlich trug ich selbst diese Garderobe. Sie nickten beim vorübergehen freundlich in meine Richtung und ich erwiderte den Gruß. Es schienen ganz normale Gäste dieser Pension zu sein. Vielleicht sollte ich diesen Kassel von Hundshaupten einmal fragen, was es mit dieser einheitlichen Männertracht in Dark Makoku auf sich hat. So schlimm konnte der Geschmack der Dämonen doch wirklich nicht sein, dass dies nun der Mode entsprach. Doch ich hatte ja schon so viel Seltsames erlebt, seitdem ich in dieser Welt war.
 

„Dieses Weichei!“, murmelte Wolfram vor sich hin und rieb sich den schmerzenden Oberschenkel, „Noch länger warten soll ich also!“

Wütend darüber nahm er das Kissen und warf es energisch an die gegenüber liegende Wand: „Ich warte doch schon so lange!“

Aber was blieb ihm denn nun anderes übrig, als zu warten. Würde er nun Yuuri drängen, so würde er vermutlich wirklich wie angekündigt, diese Verlobung erst einmal lösen. Und das wollte Wolfram auch nicht.

Wieder fragte er sich, wie es soweit kommen konnte. Wieso hatte er sich nicht mit dem zufrieden gegeben, wie es war. Wieso hatte er die Stimmen, die er aus Adelskreisen vernommen hatte und die über seine mangelnde Eignung als Verlobter seiner Majestät lästerten, nicht einfach ignorieren können? Er hätte doch sein Leben leben können, wie er es die 82 Jahre vor Yuuri auch getan hatte und hätte dann diese Warterei als nicht so lästig empfunden.

Er hatte sich früher für nicht viel interessiert. Die Kunst, die Musik und der Kampf waren seine großen Leidenschaften gewesen. Wieso hatte er seine Zeit nicht lieber damit vergeudet als in sinnlose Gedanken an Yuuri, der ihn eh immer nur warten ließ oder seine Anwesenheit gar nicht zu schätzen wusste. Ja, vermutlich nicht einmal wirklich wahr nahm!

Wolfram spürte eine Wut in sich aufsteigen. Er konnte noch nicht einmal sagen, wem diese Wut genau galt. Ihm selbst, dass er sich zum Spielball dieser ihm fremden Gefühle in sich gemacht hatte oder Yuuri, der erst diese Gefühle in ihm wachgerufen hatte!

Er hatte doch an sich ein zufriedenstellendes Leben! Wieso war ihm nun dieses Leben nicht mehr genug? Es war ihm nicht mehr genug, seit er da war.

Dieses Weichei. Dieser tollpatschige, überfürsorgliche, treudoof dreinblickende, naive, jedem Rock hinterherschauende, wischiwaschipolitikführende Waschlappen!

Wolfram stöhnte auf: „Ich Idiot!“

Wer war denn hier das größere Weichei? Yuuri, oder derjenige, der sich in diesen Yuuri so unsterblich verliebt hatte, dass er sich ein Leben ohne diesen nicht einmal mehr ansatzweise vorstellen konnte. Was wäre denn das für ein Leben ohne Yuuri? Er erinnerte sich noch finster an die Zeit, als Yuuri nach dem Sieg über den Begründer wohl für immer gegangen war. Er hatte versucht sich nichts anmerken zu lassen. Doch seinen Brüdern hatte er nichts vormachen können. Oft hatte er sich sein Herz bei Conrad ausgeschüttet und ihm sein Leid geklagt, wie sehr er dieses leichte Bürschchen vermisste.

Nun war er schon so lange wieder da. Und nichts hatte sich zwischen ihnen verändert. Immer der gleiche Trott. Kein Vor und kein Zurück. Dabei war er so sicher, dass Yuuri derjenige war, mit dem er den Rest seines Lebens verbringen wollte. Der mit ihm die Abenteuer gemeinsam übersteht, die das Leben noch so zu bieten hatte. Der stets an seiner Seite war. Mit dem man zusammen sein konnte und sich das Leben teilte. Und der genauso fühlte wie er.

Sein Blick wurde trauriger. Dann würde er halt weiter warten müssen. Er war sich sicher, dass Yuuri derjenige war, den er zum weiteren Leben brauchte.

Es rüttelte an der Tür und er zuckte zusammen: „Hat er den Schlüssel nicht mitgenommen?“, und sein Blick auf das Tischchen neben der Türe bestätigte seinen Verdacht. Der Schlüssel lag noch da. Mit einem Seufzen erhob er sich und humpelte zur Tür. Er hätte die Zeit besser zum Behandeln seines Beines genutzt als sich wieder sinnlose Gedanken über Yuuri zu machen. Er drückte die Klinke nach unten und öffnete langsam die Tür: „Manchmal frage ich mich wirklich, wozu du einen Kopf auf deinen Schultern...“, er stockte, „...trägst!“ Vor der Tür stand nicht Yuuri. Verdammt! Er war unvorsichtig geworden. Sechs bewaffnete, in grau gekleidete Männer, grinsten ihn breit an. Wolfram versuchte schnell die Türe wieder zu zu schlagen, doch einer von ihnen hatte bereits seinen Fuß in die Türe gestellt: „So so, und ihr wollt gerne Nana sein!“

Wolfram stolperte nach hinten. Sein Blick fiel auf das Schwert, welches auf dem Bett lag. Er war wirklich unvorsichtig geworden. Dieses Gefühlschaos in ihm hatte zu sehr die Oberhand gewonnen. Noch über sich selber innerlich schimpfend drehte er sich um und versuchte zum Bett zurück zu eilen, doch etwas Hartes traf ihn genau zwischen den Schulterblättern.

„Wir sollen sie eigentlich an einem Stück und ohne Blessuren überbringen!“, räusperte sich einer amüsiert und Wolfram erkannte, dass derjenige eine Energiekugel in Händen trug. Die Angreifer waren also Nutzer des Maryokus! Verdammt!

Er rappelte sich wieder auf: „Ich reagiere jedoch nur auf zuvor an mich gerichtete höfliche Einladungen!“, fluchte er und sprang zum Bett. Auf den Millimeter genau erwischte er den Griff seines Schwertes und entledigte sich schnell seiner Scheide: „ Und egal, wer mich gerne sehen möchte... er muss sich schon was anderes einfallen lassen als dieses Begleitkomitee!“

„Ha!“, schrie einer der Angreifer von links und ließ sein Schwert auf Wolfram niedersausen, doch Wolfram parierte den Schlag mühelos, wich in entgegengesetzter Richtung aus und versetzte ebensolchen Angreifer mit seiner freien Faust einen kräftigen Hieb in die Magengegend. Dieser brach aufstöhnend zusammen.

Erneut schoss eine Energiekugel haarscharf an Wolframs Kopf vorbei und verpuffte an der Wand hinter ihm, wo sie einen riesigen Rußfleck hinterließ.

Der Magieanwender schien der Anführer dieser Gruppe zu sein.

„Denkt ihr, ihr könnt mich damit beeindrucken!“, zischte der blonde Dämon, sprang schnell auf einen Stuhl, trat sich von dessen Sitzfläche ab und ließ sich und sein Schwert auf den Angreifer zu seiner Rechten niedersausen. Dieser rollte sich zur Seite weg, doch Wolfram war sicher, ihn noch am Bein erwischt zu haben. Einige Blutspritzer an der Wand dahinter bestätigten dies. Erneut schoss eine Energiekugel auf ihn zu und er versuchte auszuweichen, doch diese streifte ihn am Arm. Ein brennender Schmerz durchfuhr ihn und ließ ihn zusammenfahren. Sein Bein machte ihn tatsächlich wesentlich langsamer. Auf Dauer würde er einen Schwertkampf mit diesen Attentätern nicht durchstehen. Zudem würde Yuuri jeden Augenblick zurückkehren. Er musste diese Sache hier erfolgreich erledigen, bevor seine Majestät in Gefahr geriet!

„Ich rufe die Elemente des Feuers!“, er erhob seine Hand und darin sammelten sich sofort die ersten flammendroten Energieteilchen, „Gehorcht dem siegreichen Volk über die Schöpfergötter!“

Die glühendheiße Kugel schoss sogleich auf den vermeidlichen Anführer zu, doch einer seiner Männer warf sich schützend vor ihn.

„Verdammt!“, zischte der Feuerdämon.

„Es stimmt also! Ein Feuermaryoku aus dem Clan der Bielefelds!“, lachte dieser auf, während sich sein Untergebener auf dem Boden wälzte, um die Flammen auf seinem Körper zu ersticken.

Wolfram schien überrascht, als sein wahrer Name fiel, doch er konnte sich nicht lange darüber wundern. Er spürte hinter sich die Präsenz eines weiteren Gegners und während er sich noch darüber ärgerte, dass er so unvorsichtig war, wurde ihm schwarz vor Augen.
 

Das nächste Mal nehme ich vielleicht doch den Fahrstuhl!, ging es mir durch den Kopf während ich die Treppen wieder hochstapfte. In meiner Hand trug ich einen wirklich schweren Präsentekorb. Den hatte mir unten an der Rezeption ein Mädchen in die Hand gedrückt, welches gekleidet war wie eine dieser Maids aus diesen ganzen neuen Cafes bei mir daheim in Saitama.

In diesem Körbchen war wirklich alles, was ein gemütliches Picknick im Grünen ermöglichen würde. Dabei hatte ich doch nur eine Flasche Wasser gebraucht.

Irgendwo zwischen dem dritten und vierten Stock kamen mir die Herren von vorhin wieder entgegen. Diesmal trugen jedoch zwei von ihnen einen größeren schwarzen Sack.

Ich nickte wieder freundlich, und der Vorderste grinste: „Einen angenehmen Aufenthalt noch in Kumo. Wir checken nun aus!“

„Oh, vielen Dank!“, entgegnete ich und machte mich wieder schmal, um sie vorbei zu lassen. Die Leute schienen mir hier alle bisher freundlich und wohlerzogen. Die letzten Stufen in mein Stockwerk schaffte ich dann auch noch und schlenderte den Gang hinunter.

Ob Wolfram noch Ruhe brauchte? Er würde schon etwas sagen! Ich wollte ihm erst mal etwas aus dem Korb geben. Schließlich redet es sich mit gefüllten Bäuchen weitaus angenehmer!

Ich stockte. Unsere Zimmertür war angelehnt. Wobei das ja nichts Schlechtes heißen musste.

Schließlich hatte ich nicht an den Schlüssel gedacht und Wolfram war dies bestimmt aufgefallen.

Ich betrat also unser Zimmer: „Wolf, sieh nur was...ich...“, ich sah mich suchend um.

Wo war er? Das Bett war leer. Ein Stuhl war umgefallen. Die mir gegenüberliegende Wand zeigte einen verrußten Abdruck, der zuvor nicht da war und neben mir, quer über die weiße Wand verteilt... Blutspritzer!

Mir glitt der schwere Korb aus der Hand, welcher laut aufschlug. Die Karaffe mit Wasser war zersprungen und der Inhalt verteilte sich nun großflächig vor meinen Füßen.

Wolfram?

Wolfram!!!

„WOLFRAAAAAM!“



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