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Was wir sind

Seto & Joey | Puppyshipping
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Woop, woop. Ja, hier ist schon das nächste Kapitel. ; ))
Danke für eure Treue!
Besonders an die Kommentatoren.
Vielen Dank! Es motiviert mich zum Weiterschreiben.
Dank euch wird diese Geschichte auf jeden Fall beendet. ; )'
~LG Jaelaki Komplett anzeigen

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... bin planlos


 

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Ziellos, planlos, ohne Antrieb bin ich, 

wenn ich nichts von dir höre. 

Warte immer nur auf ein Zeichen von dir.

 

© Heike Muhlack

 

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Ich war absolut nicht schwer von Begriff.

Denn ich wusste, dass Kaiba wusste, dass ich wusste, dass er entgegen der allgemeinen Meinung keineswegs eine gefühlskalte Maschine war. Menschen waren für ihn keine geheimnisvollen Wesen, die er nicht enträtseln konnte. Ihn interessierten die meisten Menschen einfach nicht.

Mich interessierte, warum sich Seto Kaiba für jemanden interessierte und wieso er für den einen Menschen kaum die Tür aufhielt, während er für den anderen sein ganzes Leben umkrempelte.

Für mich schwankte Seto Kaiba zwischen ›ich-habe-dich-durchschaut‹ und ›aus welcher Dimension stammt der eigentlich‹.

 

»Er hat gewusst, dass ich auf der Suche nach meinem Platz in der Gesellschaft war und ich wollte nach ganz oben. Noch bevor ich ihm meinen Namen genannt hatte, habe ich ihm das gesagt.«

Ich sah Seto Kaiba vor mir, wie er als kleiner Junge vor diesem wuchtigen Geschäftsmann auftauchte und ihm verkündete, er würde ihn eines Tages übertreffen.

»Er hat so fest damit gerechnet, dass mir sein Vermächtnis«, er sprach das Wort aus, als würde es ihn persönlich beleidigen, »so viel bedeutet wie ihm.«

Kaibas Mundwinkel zuckten und formten dieses gefährliche Lächeln. Das war keine Freundlichkeit, keine Belustigung, da waren pure Berechnung und die Gewissheit, seinen Gegner mit dem nächsten Zug zu zertrümmern.

»Vielleicht lag er damit nicht einmal falsch.«

Wenn ich Kaiba mit diesem Funkeln in den Augen sah, dann bezweifelte ich das nicht. Kaibas Interesse bestand nicht aus zwischenmenschlicher Harmonie. Sein Ziel, nach ganz oben zu gelangen, umfasste die Fähigkeit, über die Grenzen anderer Menschen hinauszugehen, sie hinter sich zu lassen und nicht zurückzuschauen.

»Aber er hat eines nicht begriffen.«

»Was?«, rutschte mir heraus.

Vor Jahren hätte er mir geantwortet, dass ein Köter wie ich sich um seine eigene Hundehütte kümmern sollte.

Aber damals hätte ich auch erst gar nicht so eine Frage gestellt.

Hätte ich es trotzdem gewagt, hätte ich angenommen, dass sich seine Antwort um die Schmach und erniedrigende Niederlage Gozaburo Kaibas drehte.

Dass seine einzige Motivation darin bestand, sein Gegenüber zu übertrumpfen und er dieses Ziel eiskalt kalkulierte.

Dass Kaibas Fokus immer auf seinen Gegnern lag.

Seine Mundwinkel verschoben sich zu einem schiefen Lächeln.

»Dass Mokuba meine Priorität ist.«

Ich starrte ihn an.

Die Puzzleteile fügten sich allmählich zusammen.

Es war kein Geheimnis, dass Seto Kaiba einen kleinen Bruder hatte. Aber die Öffentlichkeit übersah diesen Jungen, der im Schatten seines genialen Bruders aufwuchs.

Vielleicht, weil es beide so wollten.

Weil beide ihren Platz gefunden hatten.

Mokuba war aber mehr als nur der kleine Bruder, der ihm am Arm hing.

Ich war die ganze Zeit so schwer von Begriff gewesen, hatte versucht zu verstehen, was Seto Kaiba für Mokuba bedeutete. Dabei war die andere Seite der Münze doch die Frage: Welche Rolle spielte Mokuba Kaiba für Seto?

Ich wollte das am liebsten hinausposaunen, aber so erhielt man keine Antworten von Seto Kaiba.

»Eigentlich hatte ich einfach nur keine Ahnung, was ich mit dem ganzen Zeug von Gozaburo hätte anfangen sollen. Ich wollte nie etwas von ihm erben«, sprach Mokuba in diese seltsame Stille hinein, als versuchte er die Schwere aus der Situation zu ziehen.

»Mokuba«, sagte ich übertrieben ernst, lehnte mich zu ihm und packte meinen Arm um ihn. »Ich hätte da ein paar mega Ideen für dich gehabt.«

Mokuba begann zu kichern und ich schnaubte belustigt.

»Mir war schon Setos Million zu viel, wenn ich ehrlich bin.«

Eine. Verdammte. Million. Euro!

Was ich da alles tun könnte!

Es war doch die Definition von Luxus, so viel Geld zu haben, dass man nicht mehr wusste, was man damit anfangen sollte.

»Es gibt doch so viel Zeug, das man damit machen kann!«

»Wenn du mir nur eine richtig geniale Idee sagst, dann raus damit!«

Ich lachte.

»Ich meine das ernst.«

Ich lachte noch immer.

Mokuba sah mich von der Seite an, dann seinen Bruder und stieß ihm sacht in die Rippen.

Kaiba runzelte die Stirn, reagierte aber ansonsten nicht.

Mein Lachen verebbte. Verwirrt wanderte mein Blick von Mokuba zu Kaiba und zurück.

»Was würdest du mit einer Millionen Euro machen, Joey?«, fragte Mokuba leichthin, als plauderte er über den nächsten Sommerurlaub nach Spanien, direkt am Meer.

Ich runzelte die Stirn.

Als wäre das für jeden Alltag, selbstverständlich. Dabei war es ein Privileg.

Ich war noch nie in Spanien.

Oder am Meer.

Alles, was ich kannte befand sich in einem Umkreis von knapp fünfzig Kilometern.

Mein Blick huschte in die Ferne, aus dem Fenster hinaus, in den Himmel, wo sich einige graue Wolken drängten.

»Ich würde durch die Welt reisen«, erwiderte ich langsam.

Kaiba schnaubte.

Und ich musste dämlich grinsen. Natürlich war das eine ziemlich langweilige Antwort.

Sicherlich würden mehr als neunzig Prozent so etwas sagen.

Einige würden sich noch Häuser mit Pools, teure Autos und exklusive Urlaube gönnen.

Aber danach?

»Ich würde Orte und Menschen sehen wollen. Es gibt da draußen so vieles, wo ich gar keine Ahnung von habe. Und ich würde alles Mögliche zeichnen, fotografieren und erst einmal ohne Sorgen leben. Einfach reisen und leben. Jeden Tag, bei jedem Wetter, überall. Ich würde mir ein Zelt schnappen und ein Navi und dann einfach los. Wie genial wäre das?«

»Ja«, erwiderte Mokuba nachdenklich. »Das klingt nach ganz viel Freiheit.«

Kaiba schaute kaum begeistert.

»Das klingt lediglich danach, sich planlos in irgendein Abenteuer zu stürzen.«

Kaiba würde wahrscheinlich die gesamte Reiseroute ein Jahr vorherberechnen und alle Möglichkeiten vor Ort, bevor er nur einen Schritt getan hätte, abwägen.

»Was gibt es besseres als das?«, fragte ich und grinste.

Keine Sorgen an morgen verschwenden, sich ganz im Hier und Jetzt wohlfühlen, eintauchen in die Gegenwart, statt sich mit der Vergangenheit herumzuschlagen oder die Zukunft zu fürchten.

Niemandem etwas schuldig sein, nur seinem eigenen Bauchgefühl und Gewissen folgen.

»Ich würde tolle Menschen kennen lernen und richtig geniale Momente erleben.«

Was gab es wertvolleres als gute Erinnerungen?

»Natürlich würde ich meinen Freunden und Geschwistern Geld geben, wenn sie was brauchen und den Rest würde ich spenden.«

Ohne sie wäre ich nicht, wer ich war. Wäre ich nicht, wo ich war.

»Gäbe es da überhaupt einen Rest?«, fragte ich nach einem Augenblick der Stille.

Mokuba brach in Lachen aus.

Kaibas Blick wanderte an die Decke.

Vielleicht fragte er sich, wie er in diesem Zimmer zu diesem Zeitpunkt gelandet war.

Wenn ich ehrlich war, hatte ich mich das auch schon etliche Male gefragt.

»Seto, ich weiß endlich, was ich mit meiner Million machen will.«

Mokubas Bemerkung klang wie ein Scherz und ich konnte es ihm nicht verübeln.

Es war eine dämliche Träumerei.

»Und die Entscheidung hat nur drei Jahre gebraucht«, sagte Kaiba trocken.

»Was würdest du mit einer Million machen?«, fragte Mokuba.

Verwirrt musterte ich ihn, wie er von der Seite zu seinem Bruder hochschaute.

Hatte Kaiba nicht genug Millionen, um alles sofort machen zu können?

»Ich habe seine Firma verkauft und eine neue gegründet«, erwiderte er kurzangebunden, als wäre damit das Thema abgehakt.

Mokuba öffnete den Mund, aber Kaiba kam ihm zuvor.

»Ich habe den Namen behalten, aber alles andere habe ich von Grund auf verändert. Bis auf den Namen ist nichts mehr von ihm übrig.«

Er lehnte sich selbstgefällig zurück.

»Und jeder, der ein bisschen Verstand hat, weiß das.«

Mokuba schaute ihn an und ich fragte mich, was er in diesem Moment in seinem Bruder zu erkennen glaubte. Woran er dachte, wie viel diese Sätze für die beiden bedeuteten.

War das nicht ihre Vergangenheit in eine Bemerkung gequetscht?

»Christian hat also kein bisschen Verstand«, sagte Mokuba trocken. »Er hat gemeint, du hättest dir alles von Gozaburo unter den Nagel gerissen.«

Wenn man Kaiba nicht kannte, konnte man seine stoische Fassade schnell mit seinen Gefühlen verwechseln. So als interessierte ihn vieles nicht, wäre unter seiner Würde und nicht seine Zeit wert.

Aber da irrte man sich.

Ich hatte gelernt, dass Kaiba emotionaler war als viele Menschen.

»Und dabei steht mir doch auch so viel zu«, fügte Mokuba wie nebenbei hinzu, als hoffte er, die Bemerkung würde untergehen.

Das tat sie natürlich keineswegs.

Im Gegenteil.

Kaiba reckte sein Kinn, lehnte sich zurück und saß auf meiner Bettkante genauso wie er es auf seinem Bürostuhl über den Dächern Dominos tat.

Es brauchte keinen Thron, um wie ein Herrscher zu wirken, der gleich ein gewaltiges Urteil über seine Untergebenen fällte.

»Er wollte wissen, was Joey mit der Firma und dem Turnier zu tun hat und mit –«

Mokuba verstummte und ich erstarrte, weil ich langsam begriff, wohin Mokubas Story führte.

»Und mit mir«, beendete Kaiba den Satz.

Ich kratzte mir verlegen den Hinterkopf, während Mokuba nickte.

»Ich habe ihn gefragt, warum er sich nicht um seine eigene Familie kümmert.«

Das war keine Freundschaft gewesen. Das war einfach nur berechnend.

»Da ist er richtig aggressiv geworden. Er hat gemeint, er würde genau das tun.«

Mokuba zuckte die Schultern, als verstünde er Christians Denkprozesse nicht.

Aber ich war mir ziemlich sicher, dass auch Mokuba endlich aus dieser Blase getorkelt war und die ganze Situation aus drei Meter Entfernung klarer sah.

Wie eine riesige Kaugummiblase, in der Mokuba gefangen gewesen war, und erst so spät hatten Kaiba und ich es geschafft, das widerlich klebrige Zeug zum Platzen zu bringen. Jetzt saßen wir hier inmitten der Fetzen der Kaugummimasse und fragten uns, wie wir es geschafft hatten, die Blase so riesig werden zu lassen.

Und wie wir dieses eklige Zeug wieder loswurden.

»Wir haben noch ein Problem«, sagte ich und schüttelte meine aberwitzigen Gedanken ab, ließ meinen Blick keine Sekunde von Mokuba, obwohl ich mit Kaiba sprach und räusperte mich. »Aber du darfst jetzt nicht ausrasten, kapiert?«

»Was noch, Wheeler?«, fragte er genervt.

»Christian wollte nicht nur Mokuba gegen dich aufstacheln. Er war echt hier in meinem Zimmer und hat –«

Ich stockte.

Das, was ich erzählen wollte, würde nur Sinn ergeben, wenn ich den beiden ein brisantes Detail offenbarte.

Irgendeine Stimme in meinem Kopf flüsterte, ich solle es lieber lassen.

»Ich muss dir etwas zeigen.«

Ich streckte meinen Arm zu ihm aus, griff in den Ärmel seines Pullovers und zog ihn langsam zu mir.

»Ich verabscheue Überraschungen«, murmelte Kaiba verstimmt und folgte meiner Bewegung trotz seiner Worte ohne Widerstand.

In meinem Bauch flatterte etwas, als ich sein Vertrauen spürte, obwohl wir hier gerade auf Splittern balancierten.

»Hier«, sagte ich und zog den Karton von unter meinem Bett hervor.

Ich hoffte nur, dass mich Seto Kaiba für die Aktion nicht entführen und irgendwo in einer dunklen Ecke verrotten lassen würde.

»Warum habe ich das Gefühl, ich würde mir gleich wünschen, das wäre lediglich deine Hentai-Sammlung?«, sagte Kaiba und ich spürte die Hitze in meinen Kopf steigen.

»Ich habe keine Hentais«, stolperte ich über meine eigenen Worte.

Kaiba bedachte mich einen Moment mit einem Blick.

»Gib mir nur zwei Minuten mit deinem Laptop«, murmelte er ohne mich anzusehen und beugte sich über den Karton.

Mokuba schob sich an meiner Seite entlang und lehnte sich zu mir.

»Er tut nur so bescheiden. Er braucht nicht einmal eine, bis dein Laptop ihm all deine Geheimnisse verrät«, flüsterte er gerade so laut, dass es Kaiba hören konnte.

Als ich dessen schiefes Grinsen sah, atmete ich betont tief durch.

»Mir tut Christian jetzt schon leid.«

Und ich hoffte, ich würde mir nicht selbst leidtun, wenn Kaiba sah, was sich in dem Karton befand.

»Also«, begann ich und wusste dann nicht weiter, also hob ich den Schuhkartondeckel einfach und schwieg.

Mokuba lugte unverhohlen hinein, griff in die Zeitungsartikel und blätterte sich durch die Kopien.

»Wow, das ist –«, sagte er und suchte offensichtlich nach einem Wort.

Peinlich? Unheimlich? Fanatisch?

»Interessant«, schloss er und blieb bei einem Bild von sich und Kaiba hängen, als sie gerade erst zu Gozaburo gekommen sein mussten. Es war eines der Bilder, das zu dem ältesten Zeitungsartikel gehörte, den ich finden konnte.

Kaiba überflog die Schlagzeilen, betrachtete einige Bilder und sah mich dann völlig unbewegt an.

Würde er jetzt gleich ausrasten?

Mich fertigmachen, weil es mich nichts anging?

Würde er sich einfach umdrehen und gehen?

»Sollte ich jetzt mit der Bitte nach einem Autogramm rechnen?«, fragte er trocken und ich glotzte ihn an.

Kein kaiba’scher verbaler Tornado, der mich wie ein zerfetztes Häufchen Elend zurückließ?

»Naja«, murmelte ich. »Was denkst du, würde ich für dein Autogramm auf Ebay bekommen?«

Kaiba schnaubte.

Es war nicht dieses ›Ich-verschwende-meine-Zeit-mit-diesem-Idioten‹, sondern sein ›Ich-teile-deinen-Humor-aber-lache-nicht-offen-über-deinen-Witz-weil-mich-das-nicht-souverän-ausschauen-lässt‹-Schnauben.

Da war dieses Kräuseln seiner Lippen, das ihn trotzdem verriet.

Ob das anderen auch auffiel?

»Uff, ernsthaft. Ich habe gedacht, du würdest gleich eine Krise bekommen.«

Ich fuhr mir erleichtert durch meinen Pony.

Vielleicht würde sich das alles doch einfach klären?

Ich würde erzählen, was Christian hier abgezogen hatte. Wir würden uns Christian vorknöpfen und so dieses ganze Chaos aus der Welt schaffen.

Und dann könnten wir uns endlich wieder brav auf die Schule konzentrieren.

Bei dem Gedanken wäre ich fast lachend vom Bett gerollt.

Wann war mein Leben jemals so strukturiert, dass die Schule mein Fokus gewesen wäre?

»Warte lieber mal ab, bis du siehst, was mein Bruder alles über dich unter seinem Bett gesammelt hat.«

Ich schaute vom Schuhkarton auf und blinzelte Mokuba an.

»Äh, was?«

Kaiba warf seinem Bruder einen pikierten Blick zu.

»Ich habe nichts dergleichen unter meinem Bett.«

»Oder auf deinem Laptop«, flötete Mokuba.

Kaiba hielt einige Bilder zwischen seinen Fingern und sprach zu ihnen statt zu uns.

»Jeder Mitarbeiter in der Firma wird überprüft.«

»Das ist echt creepy«, rutschte mir heraus. »Das ist ja wie in so einem schlechten Science-Fiction-Film.«

Kaiba verdrehte die Augen.

»Die einzigen Informationen, die ich gesammelt habe, sind die, die ich für den Standardprozess vor Vertragsabschluss mit der Kaiba Corporation benötigt habe.«

Er übersprang einen Zeitungsartikel über sich und seine genialen Fähigkeiten und blieb bei einem Foto von sich und Mokuba hängen.

»Schufa, Führungszeugnis, Zeugnisse, gegebenenfalls Beurteilungen. Das ist nichts Ungewöhnliches.«

»Absolut«, warf Mokuba ein und zählte an seinen Fingern ab. »Ungewöhnlich sind nur Hobbies, Wünsche, Lieblingsfach, Lieblingsessen und –«

Meine Weltsicht fiel kopfüber.

»Mokuba.«

Er verstummte, aber seine Mimik sagte mehr als Worte es geschafft hätten.

»Standard«, formte Mokuba mit seinem Mund und seine Augen funkelten amüsiert.

»Dieser Christian«, setzte Kaiba an und bemerkte dann meinen Blick. »Schau mich nicht so an, als hätte ich dir einen Chip eingepflanzt.«

Als hätte ich das auch nur in Erwägung gezogen.

Obwohl ich es Kaiba irgendwie zutrauen würde, bei längerer Überlegung.

Seto Kaiba hatte über mich Recherchen angestellt, noch bevor ich den Beschluss gefasst hatte, über ihn zu recherchieren?

»Moment. Du hast meine Zeugnisse gesehen?«

»Glaubst du, die hat die Abteilung nur aus Vergnügen angefordert?«

Dann schaute er mich an, als erwog er, dass ich das tatsächlich angenommen hatte.

»Und du hast mich trotzdem eingestellt?«

»Du hast eine Eins in Kunst«, sagte er trocken.

»Richtig und ich bin bestimmt die einzige Person mit einer Eins in Kunst, die du kennst«, erwiderte ich ironisch.

»Du bist die einzige Person, die er kennt, die nicht den Schwanz einzieht, wenn du nicht seiner Meinung bist«, warf Mokuba ein, während er abwesend auf ein Bild starrte, auf dem er hinter seinem Bruder im Schatten des Blitzgewitters der Kameras zu verschwinden drohte.

»Als ich den ersten Tag in eure Klasse kam, hast du mein Produktdesign kritisiert.« Wer Kaiba nicht kannte, musste denken, dass das der krasseste Fehler war, den man ihm gegenüber begehen konnte.

Kaiba war Perfektionist.

Wer einen Fehler zu finden glaubte, musste selbst damit rechnen, von Kaibas geballter Kritikunfähigkeit überrollt zu werden.

Aber niemand war perfekt.

Selbst Seto Kaiba wusste das – gerade er.

»Verbal völlig daneben, dein Vokabular war lächerlich, aber deine Einwände waren konstruktiv«, sagte Kaiba betont gelangweilt, als wäre das eine völlig irrelevante Information.

Ich spürte, wie sich ein Grinsen auf meinen Lippen ausbreitete.

Bei Kaiba musste man zwischen den Zeilen lesen, man musste so viel Kontext einbeziehen. Er war es gewohnt, dass ihm Menschen folgten, dass sie nickten und applaudierten, wenn er etwas sagte.

Kaiba war zu reich, zu einflussvoll und zu charismatisch.

Die wenigsten waren daran interessiert, Kaiba zu kritisieren. Er war das Versprechen auf Erfolg und viele nahmen an, je weniger man ihm entgegensetzte umso größer waren die Chancen auf seine Unterstützung.

Meine Erfahrung sah da ganz anders aus.

»Du bist der einzige, der sich nicht entschuldigt, wenn er etwas von mir oder an mir konstruktiv kritisiert. Und der einzige, der mir dabei in die Augen sehen kann.«

»Außer Mokuba«, sagte ich das erste, was mir einfiel, und meine Stimme klang viel zu hoch in meinen Ohren.

»Außer Mokuba«, stimmte er zu und ein Grinsen spielte um seine Augen.

Mokuba murmelte etwas, das verdächtig nach einem ironischen »Sowas von nichts Ungewöhnliches« klang.

 

Mokuba saß auf dem Boden, lehnte sich mit dem Rücken an die Bettkante, wo Kaiba mit überschlagenen Beinen saß. Ich lag kopfüber im Bett und stemmte meine Füße gegen die Wand. Auf der Matratze und dem Boden lagen alle Fotografien, Zeitungsartikel und Kopien verstreut.

Immer mal wieder hörte ich Kaiba einen Artikel überfliegen und etwas sagen wie »so ein Schwachsinn« oder »diese inkompetenten Trottel«. Mokuba schnaufte dann amüsiert und langsam begriff ich, dass das wohl ihre Art war mit all dem öffentlichen Druck umzugehen.

»Dieser Christian war also hier, hat das«, er machte eine vage Geste auf das Chaos um uns herum, »durchgewühlt, versucht Mokuba von mir und seinen Freunden zu isolieren und uns gegeneinander auszuspielen.«

Kaiba schaffte es, diese Kurzzusammenfassung so trocken klingen zu lassen, dass Mokuba und ich in ersticktes Lachen ausbrachen.

Es war so unangebracht und tat doch so gut, über diesen ganzen Scheiß gemeinsam zu witzeln.

Vielleicht verwechselten Menschen Kaibas trockenen Humor mit mangelnder Empathie. Als hätte er keine Gefühle, weil er sie mit Fakten und nüchternen Kommentaren überlagerte.

»Und dann hat er mir gedroht«, sagte ich leichthin, als ginge es um ein amüsantes Spiel. »Dass er dich«, ich schaute zu Mokuba, »fertig macht, wenn ich ihm nicht helfe, dich«, jetzt zu Kaiba, »fertig zu machen.«

Ein Spiel, bei dem der Gegner fast unser Team entzweit und gewonnen hätte.

»Ich freue mich schon mega auf sein dummes Gesicht, wenn er merkt, dass absolut nichts an seinem dämlichen Plan funktioniert hat. Fast nichts.«

Christian war gefährlich nahe an eine Grenze gekommen, die das Band zwischen den beiden Brüdern gesprengt hätte.

Manche Worte konnte man nicht vergessen, manche Taten schnitten so tief, dass selbst nach einer ehrlichen Entschuldigung Narben zurückblieben.

Aber Seto Kaiba ließ sich nicht so einfach besiegen.

»Ob er funktioniert hat oder nicht ist jetzt zweitrangig, Wheeler.«

Irritiert runzelte ich die Stirn.

War das nicht das Entscheidende?

Sein Plan war gescheitert. Mokuba hatte sich Kaiba anvertraut. Sogar ich hatte meine heimliche Recherche und Christians nervenaufreibenden Besuch gebeichtet.

Die Karten lagen offen auf dem Tisch.

»Die Frage ist doch, warum er diesen Plan gefasst hat«, sagte Kaiba.

Ich war absolut planlos.

Aber Kaiba würde gleich einen genialen Plan präsentieren, um Christian in den Boden zu stampfen. Er würde so etwas von bereuen, sich jemals mit Kaiba hatte messen zu wollen.

»Weil er denkt, dass du ein Arsch bist?«, warf Mokuba kokett in den Raum.

Ich schnaufte amüsiert.

»Das denken viele«, erwiderte Kaiba trocken, »aber bisher hat noch nie jemand versucht, dich gegen mich aufzubringen. Die meisten versuchen mir ökonomisch zu schaden oder mich persönlich zu diskreditieren.«

Ich mochte es, wenn Kaiba in seinem stillen Zorn mit Fremdwörtern um sich schmiss.

»Wir brauchen also einen Plan«, sagte ich und schaute kopfüber zu Kaiba und Mokuba. »Um herauszufinden, warum Christian plant, was er halt plant. Dann können wir wahrscheinlich besser einschätzen, was das alles soll, oder? Und was wir dagegen machen können.«

Vielleicht würde Kaiba seinen privaten Geheimdienst (er konnte noch so oft behaupten, er hätte keinen) auf Christian hetzen.

Kaiba zog seinen Aktenkoffer zu sich, ließ ihn aufschnappen und stellte seinen Laptop auf den Schoß.

Vielleicht würden wir uns in Christians Laptop hacken und seine ganzen Daten gegen ihn verwenden.

Vielleicht würden wir ihn tracken und mit einer Wanze ausspionieren.

»Lassen wir Christian glauben, er hätte gewonnen und warten ab, was sein nächster Zug ist«, sagte Kaiba und zertrümmerte meine Vorfreude.

»Was?«, rief ich ungläubig und starrte ihn entgeistert an. »Das können wir nicht machen!«

Das war der bescheuertste Plan, den ich jemals gehört hatte.

Kaiba warf mir einen Blick zu, als wäre meine Aussage die bescheuertste, die er jemals gehört hätte, als wäre ich total schwer von Begriff.

»Das Spiel, Wheeler, hat begonnen.«

»Hö? Welches Spiel?«

Kaiba verdrehte die Augen und Mokuba grinste in einen Zeitungsartikel hinein, ohne etwas zu sagen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Neko20
2018-11-11T08:57:09+00:00 11.11.2018 09:57
Eine sehr interessante Story. Dein Schreibstil gefällt mir.
Bin gespannt, wie es weitergeht.
LG Neko20
Antwort von:  Jaelaki
11.11.2018 20:54
Hey, danke für deine Rückmeldung! : )
~LG Jaelaki
Von:  Trollibaer
2018-11-10T06:49:33+00:00 10.11.2018 07:49
Guten Morgen,
uff, die Kaiba Brüder sind wieder auf kurs, und Joeys Plan ist aufgegangen.
Ich hoffe, Seto berücksichtigt, daß sein Hündchen kein großer Schauspieler ist.

Ich freue mich auf das nächste Kapitel!
Eines aus Kaibas Sicht, oder Mokubas Sicht, wäre auch mal wieder schön.
lg
Trollibaer
Antwort von:  Jaelaki
11.11.2018 20:54
Hey! : )
Ja, mit den dreien geht's voran. Jetzt bleibt Zeit für den Stress von außen. x)

Danke dir!
Ein Kapitel aus Setos Sicht kommt nach Kapitel 66, wobei das in seiner Kindheit spielt.
Ein Kapitel aus Mokubas Sicht war bisher nicht geplant, finde ich aber eine interessante Idee und lass es mir mal durch den Kopf gehen, wo man es einbauen könnte. : )
~LG Jaelaki
Von: abgemeldet
2018-11-09T21:18:33+00:00 09.11.2018 22:18
Oh man, ich liebe deinen Schreibstil! 😍
Du schreibst so voller Gefühl, als wäre man mittendrin und ein Teil des Ganzen. Genial!
Antwort von:  Jaelaki
11.11.2018 20:52
Wow. Was für ein liebes Kompliment. Danke dir! : )
Kapitel 66 ist bereits fast fertig.
~Jaelaki
Antwort von: abgemeldet
12.11.2018 22:22
Ja Boar, geil, ich frei mich! 🤩
Von:  Onlyknow3
2018-11-09T17:24:04+00:00 09.11.2018 18:24
Da zeigt Seto wieder seine Überlegenheit, in dem er den Gegner glauben lässt er hätte gewonnen.
Jetzt heißt es warten was als nächstes kommt. Super Kapitel, weiter so freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  Jaelaki
11.11.2018 20:51
Vielen Dank dir! Ja, Seto spielt eben nach seinen Regeln ... ;-D
~LG Jaelaki
Von:  Luzie_
2018-11-08T21:18:58+00:00 08.11.2018 22:18
Wow. Super Kapitel bin wirklich gespannt wie es nun mit allem weiter geht und was hinter Christian steckt. LG Luzie_
Antwort von:  Jaelaki
11.11.2018 20:51
Hey, vielen Dank für deine Rückmeldung! : )
~LG Jaelaki


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