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Auf den zweiten Blick

von

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Der mieseste Heiratsantrag überhaupt

Nach dem Essen gingen sie zurück ins Wohnzimmer, wo Luca sich zusammen mit Nicholas in einen der Sessel setzte und sich an seinen Freund lehnte. Er mochte Klara und Georg zwar, die beiden waren wirklich nett, aber er fühlte sich einfach wohler, wenn etwas Abstand zwischen ihm und seinen Großeltern war.

Noch immer hatte er sich nicht an den Gedanken gewöhnen können, dass sie jetzt neben seinem Dad und Nina zur Familie gehörten. Aber das lag vermutlich daran, dass er vorher nichts Vergleichbares gehabt hatte und mit seinen Großeltern deshalb nichts anfangen konnte. Mit der Zeit würde es besser werden, vermutete er.

Ninas Eltern hatten, kaum dass das Essen beendet war, beinahe schon fluchtartig das Haus verlassen.

„Ist vielleicht auch besser so“, hatte ihre Tochter dazu gemeint, nachdem sie sie zur Tür begleitet hatte. Die junge Frau brachte ein paar Gläser und Getränke ins Wohnzimmer, ehe sie sich neben Peter auf eines der Sofas fallen ließ. Seine Eltern saßen ihm gegenüber.

Eine Weile herrschte bedrücktes Schweigen, die Stimmung war immer noch von dem Streit vor dem Essen zerstört, bis Peters Vater das Wort ergriff: „Warum wohnt Luca eigentlich auf einmal bei dir? Nicht, dass ich etwas gegen ihn habe. Mich interessiert nur, warum er nach siebzehn Jahren plötzlich zu dir zieht.“

„Hatte seine Mutter Probleme mit seiner Sexualität?“, kam es jetzt auch von Klara, „Ist er deshalb ausgezogen?“

Peter schaute zu Luca, darauf wartend, ob es in Ordnung war, wenn er die Wahrheit sagte.

Der Blonde überlegte. Es war unmöglich, ihnen alles zu verschweigen. Spätestens wenn Jochen und Sonja verurteilt wurden, würde ein Teil an die Öffentlichkeit treten. Keine Details, aber genug, damit sie sich ein Bild machen konnten. Da konnte sein Vater noch so sehr versuchen, die Sache geheim zu halten, es würde ihm nicht gelingen, zumindest nicht vollständig. Es war also nur fair, wenn seine Großeltern es schon vorher erfuhren.

„Nur die Kurzfassung, keine Details“, flüsterte Luca leise. Ihm war klar, dass seine Großeltern es wahrscheinlich trotzdem gehört hatten, sie nur den Anstand besaßen, es nicht zu kommentieren.

Sein Vater nickte. „Ich habe veranlasst, dass ihr das Sorgerecht entzogen wurde.“

„Wieso das denn?“, fragte Klara, „Was hat dich dazu gebracht?“

„Luca wollte von ihr weg und wenn ich ehrlich bin, kann ich das sehr gut nachvollziehen. Ich würde auch nicht bei Sonja wohnen wollen“, antwortete Peter.

Georg runzelte die Stirn. Ein nachdenklicher Ausdruck bildete sich auf seinem Gesicht. „Einer Mutter wird nicht einfach nach siebzehn Jahren das Sorgerecht entzogen, erst recht nicht so schnell, dafür muss es schon triftige Gründe geben. Extreme Vernachlässigung, obwohl man mit siebzehn schon relativ selbstständig ist, oder Misshandlung. Aber-“ Er brach ab. Sein Blick wanderte zu Luca.

Der blonde Junge konnte beinahe schon sehen, wie das Gehirn seines Großvaters arbeitete. Er war nicht dumm, dass hatte Luca bereits herausgefunden. Seine Großeltern waren beide nicht dumm. Außerdem hatte er die Panikattacke vorhin mitbekommen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er die richtigen Schlüsse zog.

Luca kuschelte sich näher an Nicholas, woraufhin der Schwarzhaarige einen Arm um ihn legte. Er hatte keine Angst vor seiner Verwandtschaft, aber er fühlte sich so einfach wohler.

Wenn Georg es nicht schon vorher gewusst hatte, dann hatte er es spätestens durch diese Geste herausgefunden. Sein Blick wurde ernst und er schaute zu Peter, eine Antwort erwartend.

Auch Klara schien verstanden zu haben, worum es ging, denn sie schlug sich erschrocken die Hände auf den Mund. „Das ist nicht wahr“, murmelte sie, „Welches Monster würde-“

„Jochen“, sagte Luca. Seine Stimme klang sicherer, als er sich fühlte. „Für Sonja habe ich ‚nur‘ nicht existiert.“

Peter nickte, der Sache zustimmend, „Luca stand auf einmal mitten in der Nacht vor der Tür. Zuerst wollte ich ihm nicht zuhören und habe ihr wieder weggeschickt. Wenige Tage später hat Nicholas geklingelt. Von ihm habe ich erfahren, dass Luca im Krankenhaus liegt. Er hat gemeint, Luca brauche meine Hilfe. Ich solle nach ihm sehen.“

Neben ihm kicherte Nina. „Gemeint? Er hätte dich notfalls auch ins Krankenhaus geprügelt.“

Luca zweifelte keine Sekunde daran, dass die Aussage auch wörtlich genommen werden konnte.

Die kleine Gruppe lachte, aufgrund der Mehrdeutigkeit der Aussage.

„Als ich Luca im Krankenhaus besucht habe, hat er sich zuerst geweigert, mit mir zu reden. Es hat eine Weile gedauert, bevor er mich überhaupt angesehen hat. Dann hat er mich fast schon angefleht, ihn von seiner Mutter und ihrem Mann wegzuholen. Zuerst war ich unschlüssig, ob ich seiner Bitte nachkommen sollte und was ihn dazu bewegt hat, immerhin war ich ein Fremder für ihn. Ich habe geglaubt, dass es einen Sorgerechtsstreit hinausläuft. Aber nachdem ich von den Zuständen bei ihm zu Hause erfahren habe, hat es gereicht, das Jugendamt auf sie aufmerksam zu machen.“

Georg nickte. „Wie hast du davon erfahren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Luca es dir einfach erzählt hat.“

„Von Nicholas“, antwortete Peter, „Er hat es schon eine Weile vermutet und Luca im Krankenhaus gezielt danach gefragt.“

„Verstehe“, meinte Klara. Sie schien zu überlegen. „Wie kommt ihr miteinander zurecht. Die Situation ist ja nicht einfach.“

Zumindest bezog sie ihn mit ein, stellte Luca fest, und redete nicht nur mit seinem Vater. Auch machte sie ihm keine Vorwürfe, aber das musste sie auch nicht. Das tat Peter auch so. Wenn seine Mutter ihn kannte, dann wusste sie es auch. Und der Blick, mit dem sie ihren Sohn ansah, verriet, dass sie es wusste, nur aus Taktgefühl nicht ansprach. Genauso wie sie nicht weiter nachbohrte, was genau vorgefallen war, sondern es bei Peters Erklärung beließ.

„Gut, denke ich. Wir sind ein paar Mal aneinander geraten, und ich habe den einen oder anderen verbalen Arschtritt von Nicholas erhalten, haben es aber ganz gut gemeistert“, sagte Lucas Vater.

„Und du?“, wollte die Frau von Luca wissen, „Kommst du mit deinem Vater zurecht? Ich weiß, er ist nicht immer einfach und kann manchmal ein ziemlicher Trotzkopf sein.“

„Hey!“, empörte sich Peter.

Nicholas lachte. „Jetzt weiß ich auch, woher mein Freund seine Sturheit hat.“

Luca drehte sich zu ihm um und küsste ihn kurz auf den Mund. „Als ob du da besser wärst“, neckte er den Schwarzhaarigen, wurde aber schnell wieder ernst. „Anfangs hatte ich Schwierigkeiten, aber nachdem wir darüber gesprochen haben, ist es besser geworden.“

„Wie sieht es mit den Regeln aus? Und was passiert, wenn Luca dagegen verstößt?“, fragte jetzt Georg, „Ich meine, du musst schließlich Rücksicht auf ihn nehmen.“

Peter hob die Schultern. „Viel haben wir nicht besprochen. An Schultagen muss er, wenn nichts anderes ausgemacht ist, vor Zehn zurück sein. Seine Freunde dürfen auch nur bis Zehn bleiben. Außer Nicholas, er darf auch hier übernachten. Allerdings will ich nach Zehn nichts mehr hören, ich brauche schließlich auch meinen Schlaf. Luca hat rechtzeitig bescheid zu sagen, wenn er zum Essen nicht da ist oder er bei Nicholas übernachtet. Bis jetzt hat Luca sich daran gehalten und um ehrlich zu sein, habe ich mir noch keine Gedanken gemacht, was ich tue, wenn er es mal nicht tut. Vermutlich das Taschengeld kürzen, Hausarrest, oder seinen Laptop wegschließen.“ Er machte eine kurze Atempause. „Luca möchte nicht mit Samthandschuhen angefasst werden und ich habe vor, ihm diesen Gefallen zu tun.“

„Wie geht es mit Nina und dir weiter. Es hat sich schließlich eine Menge verändert. Du hast jetzt einen Sohn“, fuhr Klara fort.

Peter seufzte. „Was wird das hier? Ein Verhör?“

Die Frau schüttelte ihren Kopf. „Ich will nur wissen, wie sich die Dinge verändert haben. Planst du immer noch, Nina zu heiraten?“

Die junge Frau hielt sich erschrocken die Hand vor den Mund, während Peter eine Grimasse schnitt und seiner Mutter einen verdutzten Blick zuwarf. „Woher weißt du das jetzt schon wieder?“

Klara deutete auf die Schublade hinter ihr. „Du bist mein Sohn. Ich kenne dich. Außerdem hast du vor ein paar Monaten einen Ring gekauft und ihn darin versteckt.“

Nina besaß den Anstand, zu erröten, während Peter sich sichtbar nervös die Haare aus dem Gesicht strich. „Es geht nicht mehr nur um mich. Ich muss auch an meinen Sohn denken.“

Oh nein, dachte Luca, so kam sein Vater ihm nicht davon. Er mochte es nicht, als Ausrede, wofür auch immer, benutzt zu werden. Dazu kam, dass er immer noch etwas wütend auf Peter war, weil er sich die Namen von Wagner geholt hatte, obwohl Luca ihn mehrfach gebeten hatte, die Sache auf sich beruhen zu lassen. „Ich habe kein Problem damit, aber „Mum“ werde ich sie nicht nennen“, warf er ein, „Versteh mich nicht falsch. Ich mag Nina, wirklich. Aber sie ist nun einmal nicht meine Mutter.“ Hätte Luca nicht gewusst, dass die beiden sich liebten, hätte er das sicher nicht getan. Aber er war ja nicht blind und die Blicke, die die beiden sich zuwarfen, mehr als eindeutig. Schon mehrfach hatte er sich gefragt, ob er Nicholas auch so ansah. War es deshalb so offensichtlich für die anderen gewesen?

Schwerfällig erhob Peter sich und lief zur Kommode, wo er einen der Kästen aufzog und ein kleines Schachtelchen herausholte. Dann ging er zurück zu Nina. „Eigentlich sollte das Ganze etwas anders laufen, aber meine Mutter hat das erfolgreich ruiniert. Das wird der mieseste Heiratsantrag überhaupt.“ Er öffnete das Schachtelchen. Zum Vorschein kam ein silberner Ring, der mit einem dunkelblauem Edelstein verziert war.

Luca wusste nicht, wie man ihn nannte, zweifelte aber keine Sekunde daran, dass er echt war.

Peter kniete vor Nina auf den Teppich. „Willst du mich heiraten?“

„Da fragst du noch?“ Die junge Frau wischte sich eine Träne aus dem Gesicht. „Natürlich will ich das.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  tenshi_90
2014-05-29T17:31:08+00:00 29.05.2014 19:31
Na der Heiratsantrag ist ja mal mächtig schief gegangen :)

Aber es ist schön, dass Nina Peter trotzdem heiraten möchte, obwohl ihre Eltern ja ganz schön mies sind...

Luca und Nicholas sind einfach nur süß zusammen.
Antwort von:  Seira-sempai
30.05.2014 15:31
Daran ist Peters liebe Mutter schuld :-)
Die gute Frau konnte einfach nicht die Klappe halten.
Es wird noch "süßere" Szenen zwischen Nicholas und Luca geben und das auch sehr bald...


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