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Manchmal ist es einfach Schicksal

von

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Kapitel 03 - Schatten

♥ *David- und Jack-Fähnchen schwing!* ♥

Jaaa … Die beiden aus 'Augenblicke' tauchen auch gleich hier auf und müssen Leon etwas unter die Arme greifen. Und wer könnte das besser als Jack? (Auch wenn er ja gar nicht will) ;-)

In diesem Kapitel erfahrt ihr außerdem endlich mehr von Aaron und vor allem seiner Vergangenheit.

Ach, lest selbst. Sonst verrate ich noch alles. *Mund halt*
 

Kapitel 03 - Schatten
 

~Leon~

Samstag.

Total aufgeregt stehe ich vor Flos Wohnung und klingle bei ihm. Der Summer geht und ich betrete das Haus.

"Schon da?", ruft er mir von Oben runter. "Komm hoch. Flo ist noch unterwegs."

Ich flitze diesmal die Treppen hoch, will einfach nicht auf den Aufzug warten, und werde von Phil fest in die Arme gezogen.

"Wie geht's dir?" Das ist seit kurzem sein Standartspruch.

"Bin aufgeregt." Mehr sage ich nicht. Ich will nicht über Daheim sprechen. Immer noch nicht. Seit meiner Beichte verliere ich kein Wort mehr darüber.

"Musst du nicht! Wir sind doch bei dir!" Phil lächelt mich aufmunternd an.

"Wie war es für dich, als du das erste Mal da warst?", frage ich ihn und wir gehen in die Küche. Ich setzte mich an den Küchentisch und warte auf Phils Antwort.

"Ich war neugierig. Aber größtenteils war ich nur auf Flo fixiert. Er sah so, ich weiß nicht genau, wie ich das beschreiben soll ..."

"So erfahren und selbstsicher?"

"Ja! Genau! So in der Art."

Ich weiß was er meint. Mir ging es genauso mit Aaron. So Selbstsicher wie er sich gab, so will ich auch mal sein.

"Denkst du oft an ihn?", reißt mich Phil aus den Gedanken.

"Was? An wen?"

"An diesen Aaron." Ist es so offensichtlich? "Du hast eben auch an ihn gedacht, stimmt's?" Anscheinend.

"Ja. Sehr oft. Obwohl ich das nicht will."

"Das kenne ich!" Phil setzt sich zu mir an den Tisch. "Flo wollte auch nicht aus meinen Kopf verschwinden."

"Und was hast du dagegen gemacht?"

Phil lächelt verträumt, scheint kurz wo anders zu sein. Dann sieht er mich wieder an und erzählt. "Ich habe mit Felix gesprochen und er meinte knall hart, ich wäre verknallt. Ich dachte erst, der spinnt doch! Aber als ich länger drüber nachgedacht habe, war ich mir sicher. Ich liebe einen Kerl!"

"Ich hoffe, dass bin ich!" Flo taucht plötzlich wie aus dem Nichts auf und drückt Phil einen Kuss auf die Wange.

"Eigentlich dachte ich gerade an David. Er ist so ein Süßer ..."

"Stimmt. Das petze ich Jack."

Phil wird kurz blass. "Wehe!"

"Selbst schuld!"

Ich kann dem nicht ganz folgen und probiere es auch gar nicht.
 

"Wir können gleich los. Muss mich nur schnell umziehen", sagt Flo und verlässt uns wieder.

"Musste er arbeiten?", frage ich und trinke einen Schluck von dem Wasser, das mir Phil eben eingeschenkt hat.

"Ja. Sie haben einen großen Auftrag. Da hat er noch mitgeholfen. Irgendeine Weihnachtsdeko in einem Hotel."

"Hört sich wichtig an." Hoffentlich hat er wegen mir keinen Stress jetzt.

"Ja. Aber er freut sich drauf. Er ist immer erpicht darauf, so viel wie möglich zu lernen." Phil sieht ganz stolz aus. "Ich frage mich immer noch, wie er sich das alles merken kann. Das Praktikum hat mir gereicht!", stöhnt er.

Phil hat ihn dort während des Praktikums kennen gelernt. In einer Gärtnerei.

"Wie geht es bei dir auf der Arbeit?" Ich weiß worauf er hinaus will. Da ich mit im Familienbetrieb arbeite, habe ich ständig meinen Vater um mich.

"Auf der Arbeit geht's." Erstaunlicherweise stimmt das auch. Ich mag meine Arbeit.

"Willst du dir was anderes suchen?" Worauf will er hinaus? "Vielleicht tut dir das ganz gut, dich von all dem zu lösen."

Erst will ich gar nicht antworten. Ich mag nicht darüber reden, tue es dann aber doch. Er versucht mir ja nur zu helfen. "Daran habe ich auch schon gedacht. Aber ich kann meine Mutter nicht allein lassen. Nicht bei ihm."

"Rede doch mal mit ihr", schlägt er mir vor.

"Als ob ich das nicht versucht hätte! Sie sagt dann nur: In guten wie in schlechten Zeiten. Und ich sage ihr jedes Mal, dass die Guten schon ewig rum sind. Es gibt nur noch Schlechte. Aber ich kann ihr einfach nicht ins Gewissen reden. Sie ignoriert mich einfach."

"Und du nimmst die ganze Last auf dich. Irgendwann zerbrichst du daran. Lass das nicht zu." Phil nimmt meine Hand und drückt sie fest. Ich lächle ihn schmal an.

"Ich packe das schon." Aber so langsam glaube ich mir selbst nicht mehr.

Ich spüre, wie es an mir zerrt. Wie ich langsam drohe in all dem zu ersticken ...
 

"So Leute! Auf geht's! Leons Traummann suchen!", ruft Flo vom Flur aus und bringt mich dazu, knall rot anzulaufen.

"Flo! Halte dich zurück!", mahnt ihn Phil.

Der Blonde steckt seinen Kopf durch die Küchentür. "Das hast du mir noch nie gesagt."

"Nein?"

"Nein!"

Ihre Blicke verhaken sich und sie scheinen ein stummes Gespräch zu führen, von dem ich mir schon denken kann, worum es geht.

Ich räuspere mich. Immerhin bin ich auch noch da. "Können wir los?"

"Ja! Gehen wir!" Flo dreht sich um und schnappt seinen Schlüssel. Ich starre ihm hinterher. Er trägt wieder eine verdammt enge Jeans.

"Finger weg! Alles meins!", zischt mir Phil lachend ins Ohr.

Shit!
 

***
 

~Phil~

"Ich suche mal David. Der wollte nur schnell Jack abholen."

"Okay." Ich sehe Flo zu, wie er in der Menge verschwindet.

Wir suchen schon den halben Abend lang, waren zuerst in dieser Bar M, aber Leon hat ihn dort nicht gesichtet.

"Vielleicht ist er gar nicht da", ruft mir Leon zu.

"Nicht aufgeben! Irgendwann finden wir ihn." Ich versuche optimistisch zu klingen. Auch wenn ich es nicht mehr bin. Es ist einfach zu viel los hier. Heute scheint sie ganze schwule Gemeinschaft der Stadt und deren Umgebung hier zu sein. Sogar draußen auf der Straße herrscht großes Gedränge.
 

Gerade will ich Leon fragen, ob er auch so dringend eine Erfrischung braucht wie ich, da ruft er mir ganz aufgeregt zu: "Da! Da vorn ist er!"

"Wo?" Ich folge seinem ausgestreckten Finger und bin wirklich gespannt darauf, wie dieser Aaron aussieht.

"Er geht gerade raus!" Noch ehe ich was sagen kann, ist Leon schon verschwunden. Anscheinend hinter Aaron her. Mist!

"Hey mein kleiner Engel! Was höre ich? Du willst MEINEN Davi-boy?" Jack!

"Hallo Jack", sage ich und drehe mich zu ihm um. David ist auch dabei und hinter ihm kommt Flo zum Vorschein.

"Flo! Schnell! Leon ist raus! Er hat Aaron gesichtet!"

Ich laufe los, denke, wenigstens Flo läuft mir nach, doch ich werde von Jack am Arm gepackt. "Warte kurz."

"Was ist denn? Ich will nichts von David." Ich funkle ihn wütend an. Für solche Späßchen habe ich keine Zeit!

"Es geht um Aaron." Jack schaut mich so ernst an, dass ich unseren Auftrag komplett vergesse.
 

~Leon~

Ich komme an der Tür an und drücke mich durch den mir entgegenkommenden Besucherstrom. Ich verrenke mir fast den Hals, aber es lohnt sich. Aaron steht draußen und zündet sich gerade eine Zigarette an.

Ich laufe schneller und bleibe vor ihm stehen. "Hallo!", sage ich und verstumme. Jetzt erst merke ich, dass ich keine Ahnung habe, was ich zu ihm sagen soll.

"Hey Leon! Wie geht's?" Aaron lächelt mich an und sofort wird mir heiß. Winter? Was ist das?

"Ganz gut."

"Und? Hast du meinen Rat befolgt?" Ich nicke. "Schön. War halb so schlimm, oder?"

"Ja. Du hattest recht." Ich schlucke nervös. Jetzt gilt es! "Ähm ... Kann ich dich als Dank auf ein Bier einladen?", versuche ich es einfach mal. Dabei rast mein Herz. Sicher sieht er mir meine Nervosität an.

Aarons Gesichtsausdruck ändert sich schlagartig. Er seufzt und sieht mich mehr als komisch an. Bitte nicht!

"Hör mal. Wenn du dir jetzt irgendwelche Hoffnungen machst, lass es lieber. Ich bin nicht der Richtige für jemanden wie dich." Mir wird der Boden unter den Füßen weggerissen.

Trotzdem ringe ich mir ein Lächeln ab. "Wie kommst du da drauf? Ich, also ich wollte mich nur bedanken. Mehr nicht." Ich bin so ein Trottel! Wie konnte ich nur denken, er würde sich für mich interessieren?

"Das ist nett. Aber nein danke. Ich wollte gerade gehen. War ein langer Tag heute. Mach's gut." Ohne Vorwarnung umarmt er mich, drückt mich fest an sich. "Du findest noch deinen Weg", flüstert er mir ins Ohr, lässt mich wieder los und geht dann an mir vorbei.

Wieso schmerzt der Anblick, ihn gehen zu sehen, so sehr?

'Das ist dein Leben, Leon. Willkommen in der Realität.' Ich bin wieder allein ...
 

Jetzt stehe ich hier, zurückgelassen zwischen all den feierwütigen Menschen und weiß nicht was ich tun soll. Warum bin ich nur wieder hier her gekommen? Es war doch so klar, dass mir das Leben wieder voll in den Arsch tritt.

"Leon!" Phil hat mich gefunden und eilt zu mir. "Leon! Alles okay?" Er legt einen Arm um mich und schaut mich an.

Ob alles okay ist? "Er will mich nicht mehr sehen. Er meint, er wäre nicht der Richtige für mich." Mit aller Macht unterdrücke ich meine Tränen. Ich heule doch jetzt nicht, nur weil ein Kerl, den ich nicht mal richtig kenne, mich nicht will! Deshalb lächle ich Phil an. "Pech. Aber er war eh nicht mein Typ. Gehen wir wieder rein? Tanzen?" Ich drehe mich von ihm weg und gehe wieder in den Club.

"Leon! Warte doch mal!" Doch ich bleibe nicht stehen, tue so, als hätte ich ihn nicht gehört. Ich will kein Mitleid! Ich will nur vergessen! Aaron, meinen Vater, meine Homosexualität. Mein ganzes Leben.

Wieso muss bei mir alles so beschissen laufen?
 

~Phil~

Wie traurig er aussah. Und jetzt flüchtet er wieder und rennt in den Club. Dabei muss ich dringend mit ihm reden!

"Und? Hast du es ihm erzählt?" Flo kommt auf mich zu.

"Nein. Er ist geflüchtet. Ich habe ihn mit diesem Aaron zusammen gesehen."

"Was haben sie gemacht?"

"Geredet", sage ich und schaue mich um. Vielleicht ist Aaron noch irgendwo.

"Das ist doch gut!"

"Aaron meinte, er sei nicht der Richtige für Leon."

"Shit! Wir sollten es lassen. Du hast Jack doch zugehört. Bei Leons derzeitiger Situation ist das mit diesem Kerl viel zu kompliziert."

Fassungslos schaue ich meinen Freund an. "Wie kommst du auf diesen Müll?"

"Leon braucht jemanden, der gefestigt ist und nicht selbst so viel emotionsgeladenen Scheiß mit sich rumschleppt. Vielleicht ist es besser so."

Ich bin da ganz anderer Meinung! "Du hast die beiden eben nicht zusammen gesehen! Da lag was in der Luft. Aaron hat ihn umarmt. Sehr lange. Das macht man nicht, wenn man den anderen gerade abweist." Ich bin mir ganz sicher!

"Fein." Flo zuckt mit den Schultern. Ich sehe ihm an, dass er ganz und gar nicht meiner Meinung ist. "Und was hast du jetzt vor?"

"Mit Leon reden. Und du hilfst mir dabei!"
 

~Leon~

Die laute Musik ist genau das was ich jetzt brauche. Da komme ich erst gar nicht in Versuchung über alles nachzudenken.

Ich schließe meine Augen und kümmere mich um nichts und niemanden. Auch die Anmachversuche einiger Typen ignoriere ich. Bis mich plötzlich jemand am Arm packt und fast umzieht.

Ich schaue verärgert, erkenne aber David vor mir. "Wir suchen dich schon überall!" Er lächelt mich an und ich kann ihm nicht böse sein. Er war von Anfang an nett zu mir und sein Lachen ist ansteckend.

"Ich will nicht reden." Ich kann mir denken, warum sie mich suchen.

"Jack will aber, dass du mal mit ihm unter vier Augen redest." Jack? Ich habe noch kein einziges Wort mit ihm gewechselt, geschweige den ihn kennengelernt. "Er kennt Aaron!"

Warum sollte es mich überhaupt noch interessieren? Und warum schlägt mein Herz wieder so schnell, dass es fast meine Brust zertrümmert?

Geschlagen lasse ich mich von David mitziehen. Wir laufen durch den Club, an der langen Bar vorbei auf eine Tür zu, auf der dick 'PRIVAT' steht. Sie führt in einen Flur mit vielen anderen Türen. Durch eine von ihnen werde ich gezogen. "Dürfen wir denn hier rein?", frage ich und schaue mich unsicher um.

"Ich habe eine Sondergenehmigung", lacht David und setzt sich auf eine kleine Couch und ich mich gleich daneben. Diesen Jack sehe ich nirgendwo. "Ich schicke Jack schnell eine SMS das wir hier sind."

"Was will er denn mit mir bereden?"

"Ich will dir was über Aaron erzählen." Plötzlich steht er vor uns. Ich habe ihn gar nicht kommen hören.
 

"Das ging aber schnell!" David steht auf und zwinkert mir zu, ehe er zu Jack geht.

"Lass dich von niemanden angraben, Babe", sagt Jack zu ihm und erntet ein weiches Lachen.

"Mal sehen. Ich glaube 'Niemand' ist heute gar nicht hier." Jack findet Davids Scherz wohl nicht so lustig wie erhofft. David macht eine versöhnliche Geste. "Theo passt schon auf mich auf", beruhigt er ihn. Ein Kuss und weg ist David.

Jack schließt leise die Tür hinter ihm und kommt anschließend zu mir. "Das eins erstmal klar ist: Normal mache ich so etwas nicht. Mich in die Angelegenheiten Anderer zu mischen, aber da du ein Freund eines Freundes meines Freundes bist, mache ich eine Ausnahme." Ich muss grinsen. Was'n das für'n Kerl? "Lach nicht! Sorry, hörte sich echt bescheuert eben an."

"Ja. Tat es."

Er zieht sich einen Stuhl heran, setzt sich auf die andere Seite des Tisches vor mir, seufzt und lehnt sich zurück. Sofort kommt er zum Punkt. "Es geht also um Aaron. Dem guten, alten Aaron. Weißt du, er und ich waren uns mal sehr ähnlich. Wir waren beide ständig auf der Jagt und kannten keine Skrupel. Ohne Rücksicht auf Verluste gingen wir mir jeden ins Bett, der uns ins Netz ging. So haben wir uns auch kennengelernt."

"Du hast mit ihm ...?"

"Oh Gott! Nein! Dazu wusste ich zu gut über ihn Bescheid. Ich lernte ihn durch seinen besten Freund, Andy, kennen. Aaron und Andy. Das Traumpaar der Schwulenszene. Jeden Abend machten sie Party ohne Ende, vögelten ohne Ende und versuchten immer aufzutrumpfen und den anderen mit dem heißeren Date auszustechen. Wer hat den Schärfsten? Wer hatte die Meisten? Wer kam wie oft?"

Ich muss schlucken. "Wieso erzählst du mir das?", will ich wissen.

"Damit du vorgewarnt bist. Er hat einem miesen Ruf."

"Das war's? Das hättest du mir auch draußen sagen können." Es kann mir sowieso egal sein. Aaron will nichts von mir.

"Da ist noch mehr. Bis vor zwei Jahren ging das so mit den beiden. Bis Andy mit einer schlechten Botschaft zu ihm kam. Er war Positiv."

Ich schaue Jack an. Er muss mir nicht groß erklären, was er mit 'positiv' meint. "War?", frage ich ihn.

Jack nickt. "Er hat sich kurz nach der Diagnose das Leben genommen und Aaron gibt sich die Schuld daran." Was?

"Wieso?"

"Er denkt, ihre ständigen Wettbewerbe seien schuld, was wahrscheinlich sogar stimmt. Andy wollte ihm beweisen, dass er der Beste ist. Das er keine Angst vor irgendwelchen Krankheiten hat und ihm keiner was kann. Das er unbesiegbar ist. Dieser Trottel!" Jack schüttelt den Kopf.
 

Auch wenn mich die Geschichte jetzt ziemlich schockt. Was soll ich damit anfangen? Ich habe selbst genug traurige Geschichten, die ich ihm erzählen könnte. So ist das Leben eben. Wenn du denkst, alles wird gut, kommt es, und schlägt dir wieder in die Fresse.

"Aaron bestraft sich seitdem selbst" fährt Jack fort. "Er geht seinen Freunden aus dem Weg, welche ihm tatsächlich teilweise Vorwürfe machen. Manchmal fällt er in ein Tiefes Loch und dann säuft er regelmäßig und lässt keinen mehr an sich ran. Auch Sex ist für ihn größtenteils tabu."

"So kam er mir gar nicht vor. Er meinte, er hätte vorgehabt mich abzuschleppen." Hat er mich belogen?! "Und er hat mich geküsst", füge ich leise hinzu.

"Da bist du der erste, von dem ich das höre. Und wer weiß? Vielleicht hat Aaron in dir endlich jemanden gefunden, von dem er glaubt, nicht aufgrund seiner Vergangenheit verurteilt zu werden."

"Und wieso meint er dann, er sei nicht der Richtige für mich?", frage ich und merke, wie meine Augen wieder anfangen zu brennen. 'Nicht heulen Leon!'

"Weil er dumm ist, und nicht kapiert, was gut für ihn ist. Er will in seinen Schuldgefühlen baden und gönnt sich kein bisschen Glück. Wie gesagt: Er bestraft sich selbst."

Das steigt mir hier gerade alles über den Kopf! Meint er das ernst? Glaubt er wirklich, dass Aaron so über mich denkt? "Was soll ich deiner Meinung nach jetzt tun?", frage ich und versuche meine Gedanken zu sortieren. Gar nicht so einfach, bei all dem, was da gerade herumschwirrt.

Jack holt sein Handy heraus. "Aaron braucht jemanden, der ihn da rausholt. Du kannst ihm dabei helfen, denn ob er es weiß oder nicht, ich glaube, er hat dich aus einem ganz bestimmten Grund gerettet. Hier ist seine Nummer. Mach damit was du willst." Er legt sein Handy vor mir auf den Tisch und steht auf. "Ich gehe wieder zu David. Komm nach, wenn du dich entschieden hast und bring mein Handy mit." Jack grinst und ist schon an der Tür als er sich nochmal zu mir umdreht. "Noch ein Tipp. Es geht mich nichts an, ob du dich bei ihm meldest. Es geht auch erstmal niemand anderen etwas an, okay? Bei sowas passiert es schnell, dass dir jeder reinreden will, auch wenn sie es nur gut meinen. Ich kenne das. Aber du musst das für dich selbst entscheiden. Dann kannst du später besser mit den eventuellen Konsequenzen leben. Aber denk dran: Manchmal muss man über seinen eigenen Schatten springen, um zu erfahren, ob sich das alles lohnt.

So, genug gequatscht! Ich gehe mir jetzt eine kleine Blondine aufgabeln und die nehme ich mir dann so richtig vor!" Er lacht, zwinkert mir zu und schon bin ich allein.
 

Einen Moment starre ich noch die geschlossene Tür an und seufze laut. Jack sah glücklich aus. Hatte er nicht gesagt, er wäre damals auch so wie Aaron gewesen? Und jetzt ist er fest mit David zusammen. Seiner 'Blondine'.

Ohne groß zu überlegen greife ich mein Handy und speichere mir Aarons Nummer ein. Noch keine Ahnung, wie ich das anstellen soll, stecke ich mein Handy wieder ein und schnappe mir das von Jack, um es ihm zurück zu bringen.

'Manchmal muss man über seinen eigenen Schatten springen, um zu erfahren, ob sich das alles lohnt.'

Nur habe ich die Befürchtung, dass mein Schatten etwas zu groß ist, um drüber springen zu können. Ganz zu schweigen von Aarons ganz persönlichen Schatten. Wie groß der ist, darüber will ich gar nicht nachdenken.

Ich sehe, wie sich mein Gesicht in der Glasplatte vor mir spiegelt. "Du musst was ändern, Leon. Jetzt oder nie." Komischerweise lächelt mein Spiegelbild mir aufmunternd zu. Ein sehr, sehr seltenes Bild!

Hm ... vielleicht sollte ich ... Schnell tippe ich auf Jacks Handy. Und da ist sie. Seine Handynummer. Sicher ist sicher!
 

***
 

~Jack~

"Hast du ihm alles erzählt?" Mein blauer Augenstern funkelt mich an.

"Ja. Aber sag es keinem."

"Wieso?" David legt seine Arme um meinen Nacken und küsst meinen Hals. Hmm ... gut!

"Leon muss selbst aus den Puschen kommen ... Davi-boy? Mach nur so weiter. Du weißt, was dir dann blüht heute Nacht."

"Deshalb mach ich's ja ..." Mein Kleiner kichert und haucht mir einige unanständige Dinge ins Ohr. Am liebsten würde ich ihn gleich hier und jetzt, auf der Stelle ...
 

~Phil~

"Wo ist er nur?" Ich kann Leon nirgends entdecken. Als hätte er sich in Luft aufgelöst!

"Bei den ganzen Leuten hier, ist es auch schwer, überhaupt etwas zu erkennen." Flo hat recht. Aber so schnell gebe ich nicht auf!

"Komm mit nach oben!" Ich ziehe Flo mit mir die Treppen hinauf. Hier hat man einen guten Überblick. Angestrengt verenge ich meine Augen zu Schlitzen und suche den Saal ab. "Ich hab ihn!" Leon kommt gerade um die Ecke und geht auf David und Jack zu, gibt den beiden etwas und bleibt bei ihnen stehen. "Komm Flo!"

"Die reinste Schnitzeljagd hier!", lacht er und legt seinen Arm um mich. "Eins muss man dir lassen. Als bester Freund bist du unschlagbar!"

Ich bleibe auf der Treppe stehen und sehe ihn an. "Und als fester Freund? Bin ich da 'ne Niete, oder was?"

"Nein. Da bist du einfach großartig und der Beste in diesem Gebiet!" So klingt das schon besser!
 

~Leon~

Ich komme mir etwas fehl am Platz vor. Ich habe Jack und David eindeutig gestört. Besser, ich mache mich wieder auf den Weg nach Hause.

"Leon! Wir suchen dich schon die ganze Zeit." Phil und Flo kommen angerannt. Heute scheint mich jeder zu suchen. Komischer Abend! So begehrt bin ich selten.

Nun stehe ich zwischen Phil und Flo auf der einen, und David und Jack auf der anderen Seite. Zu viel glückliche Pärchenpower! "Ich gehe jetzt nach Hause. Ist schon spät", sage ich zu Phil.

"Aber ich wollte noch mit dir reden. Über Aaron."

"Brauchst du nicht. Hat Jack schon getan", mischt sich David ein und bekommt von Jack einen Klaps. Phil sieht das aber nicht und ich muss grinsen.

"Ich komme damit klar", antworte ich und das meine ich sogar ernst. Wahrscheinlich muss ich darüber nochmal schlafen, aber im Moment fühle ich mich etwas besser. Jedenfalls weiß ich, dass es nicht an mir liegt, weshalb Aaron mich abgewiesen hat.

Trotzdem mustert Phil mich eingehend. "Sicher? Willst du nicht drüber reden?"

"Nein. Ich bin müde und dadurch mehr als denkunfähig."

"Dann fahren wir dich nach Hause", sagt Flo und ignoriert Phils bösen Blick.
 

Wir verabschieden uns von David und Jack und verlassen den Club. "Jetzt sind die beiden wieder ungestört", lacht Flo und steigt ins Auto.

"Ja. Ich kam mir schon wie das fünfte Rad am Wagen vor", sage ich. Kaum auszuhalten, wenn neben einem zwei verliebte Pärchen rummachen. Und noch schlimmer: Wenn man sowas auch will! Ich schließe kurz die Augen. Aaron. Wie stelle ich das nur an? Oder besser gefragt: Will ich in dieser Richtung überhaupt was anstellen?
 

***
 

~Leon~

"Gute Nacht ihr zwei. Danke fürs Heimfahren."

"Nacht Leon." Flo winkt.

"Ruf an, falls was ist." Noch so ein Standartspruch von Phil.

"Mach ich. Tschüss!" Mein Standartspruch als Antwort.

Phils Auto fährt an mir vorbei und ich laufe zur Haustür. Alles still. Gut!

Ich schleiche mich nach oben und stehe schon vor meiner Zimmertür, als: "Leon?!" Ich zucke zusammen. Mein Vater!

"Ja?"

"Wo kommst su her? .. Hasu gedrungen?" Nein. Aber du, du alter Sack!

"Nein. Ich war bei Freunden." Meine Hand, die auf meiner Türklinke liegt, zittert.

"Bei was für Freunden? Ihr habt was ausgefress'n, oder? Ich zeig dir, was ich mit dir anstelle, wenn das rauskommt!"
 

Da es dunkel ist sehe ich ihn nicht richtig, rieche nur seinen Atem, der nach Schnaps stinkt und werfe mich gegen meine Tür. Die springt auf und ich falle hinein, mein Vater halb auf mir, der mich zurück zieht und mich dann gegen den Türrahmen schleudert. Doch ich kann ihn zurückschubsen, dem Alkohol sei diesmal dank!

Mit ganzer Kraft schließe ich meine Tür und halte den Türgriff nach oben gedrückt. So fest, dass meine Handballen schmerzen.

"Leon! Du undankbares Balk! Mach auf!" Er drückt am Türgriff und in Panik ertaste ich mit einer Hand meinen Zimmerschlüssel, stecke ihn ins Schloss und schließe ab.

"Du kleiner Arschficker! Mach sofort die Tür auf!"

Links neben meiner Tür steht eine Kommode, die ich wie immer davor schiebe wenn er so ausrastet, und dann laufe ich rückwärts bis ans andere Ende meines Zimmers. An der Wand rutsche ich langsam hinunter, spüre Tränen aufsteigen.

So kann es nicht weiter gehen! Lange halte ich das nicht mehr aus!
 

Eine Weile wütet mein Vater noch draußen herum, klopft und schlägt, beschimpft mich wüst, bis er aufgibt und ins Schlafzimmer abhaut.

"Ich mach dich fertig! Du elender Feigling! Du Missgeburt!" Ich hoffe nur, meine Mutter bekommt jetzt nicht alles ab. Sie stellt sich immer schlafend, was sie meist rettet. So wohl auch jetzt. Es wird ruhig.

Meine Hände zittern immer noch und meine Stirn samt Auge tun weh, als ich mein Handy aus der Tasche ziehe und Aarons Nummer anstarre.

'Aaron braucht jemanden, der ihn da rausholt.'

Und wie? Wie soll ich das nur alles schaffen? Ich kann mir doch kaum selbst helfen!
 

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Teddybaer255
2013-12-09T07:30:18+00:00 09.12.2013 08:30
hey!! ^^
ich muss sagen, das kapi ist -wie die anderen, die ich bisher gelesen habe- echt genial ^^ Dein Schreibstil ist einfach so toll *_* (echtes Kompliment ^^ ich kann nicht so gut aus der Ich-Perspektive schreiben :( )
Die Wahrheit über Aaron hat mich ja auch so ein bisschen geschockt O.o (hätte ich ihm iwie nicht zugetraut :/)
Boah und dem Vater würde ich am liebsten eine....*versuch ruhig zu bleiben* *tief ein und ausatme* :p
Bin sehr auf das nächste kapi gespannt ;)
LG Teddybaer
Von:  Ginji92
2013-10-26T07:11:39+00:00 26.10.2013 09:11
Tolles Kapi, Leon kann einem echt Leid tun so nen beschissener Vater....
Bin gespannt wie es mit Leon und Aaron weitergeht und mir gefällt auch dein schreibstil
Weiter so^^


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