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Kill this Killing Man II

Höhen und Tiefen
von

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Jeder muss lernen …

253) Jeder muss lernen …
 

Sam hörte einen Wagen über den Schotterweg rollen. Er lief zum Fenster, schaute hinaus und erkannte Emily Prudells Wagen. Sofort lief er ihr entgegen und sah seinen Bruder schon von Weitem auf dem Beifahrersitz. Aber was war mit ihm? Schlief er? Schnell rannte er zur Fahrerseite und wartete ungeduldig bis Emily die Tür öffnete.

„Was ist mit Dean?“, fragte er voller Unruhe. „Ist er vom Pferd gestürzt?“

„Nein Sam, es ist alles gut. Er ist nur müde.“

„Hat er auf einem Pferd gesessen?“, fragte Sam neugierig.

„Er hat uns verblüfft. Rachel, unsere Reittherapeutin hat ihn erstmal auf einem der Therapiepferde reiten lassen, ist aber schnell zu einem unserer Turnierpferde übergegangen. Er ist besser als unser bester Reiter, Scott. Wo hat er das gelernt?“

Sam atmete erleichtert durch. Dean war nichts passiert. „Er hat über ein Jahr auf einer Ranch gearbeitet. Die haben ihre Rinder noch mit Pferden getrieben. Er hat es geliebt.“

„Na dann ist es kein Wunder, dass er so gut reiten kann. Wir hätten ihm stundenlang zusehen können. Doch die anderen Pferde waren irgendwann vollkommen fertig und wollten sich nicht mehr treiben lassen.“ Sie grinste.

„Er kann sich wieder erinnern?“, fragte Sam voller Vorfreude.

„Der Körper erinnert sich an diese Tätigkeit, der Geist leider nicht.“

Sam seufzte enttäuscht. Es wäre zu schön gewesen! Doch egal. Jetzt sollte er aber erstmal zusehen, dass er seinen Bruder ins Bett bekam.

Vorsichtig öffnete er die Tür und stützte seinen Bruder, damit der nicht aus dem Sitz fiel. Er hockte sich neben ihn und rüttelt ihn vorsichtig am Arm. „Dean?“

„Hm“, grummelte der und versuchte sich auf die Seite zu drehen.

„Komm schon Dean, hier im Auto ist es doch unbequem. Ich bring dich ins Bett und da kannst du gleich weiter schlafen“, lockte Sam.

Nur mühsam öffnete Dean seine Augen, grummelte etwas Unverständliches und ließ die Lider wieder fallen. Er wollte nur schlafen, egal wo. Doch Sam ließ nicht locker.

„Komm hoch. Morgen tut dir alles weh“, versuchte er noch einmal an Dean zu appellieren, doch sein Bruder reagierte kaum. Also fasste er etwas fester zu und drängte ihn bestimmt, aber auch so vorsichtig wie möglich dazu auszusteigen.

„Danke“, sagte er an Emily gewandt und schob Deans ins Haus und in sein Bett.

Ohne ihn noch einmal anzusprechen, es hätte wohl eh nichts gebracht, zog er ihn bis auf die Shorts aus.

„Schlaf gut“, wünschte er leise während er die Decke über seinen Bruder legte. Er wandte sich zum Gehen, blieb aber noch einmal stehen und ließ seinen Blick über seinen Bruder gleiten. So müde, so zufrieden hatte er ihn schon lange nicht mehr gesehen!

Er ließ die Tür angelehnt, vielleicht brauchte Dean ihn ja, und machte es sich mit einem Buch auf der Couch gemütlich.
 

Leises Klappern weckte Sam am nächsten Morgen. Er streckte sich, schlug die Decke zurück und stand auf. Schnell machte er sich fertig und ging nach unten.

Dean stand am Herd und goss gerade eine Kelle Teig in eine Pfanne. Er drehte sich um und schaute schuldbewusst.

„Ich wollte dich nicht wecken“, sagte er, bevor er sich wieder auf seine Pfannen konzentrierte.

„Du hast mich nicht geweckt! Ich hätte mich auch einfach umdrehen und weiterschlafen können, wenn ich das gewollt hätte. Also mach dir darüber keine Gedanken, ja?“

Dean nickte zwar, doch Sam konnte an seiner ganzen Haltung ablesen, dass er seine Meinung nicht teilte. Das hatte er also auch von seinem alten Ich übernommen! Er seufzte lautlos. Warum konnte er diese Details nicht auch vergessen haben?

„Willst du auch?“, riss Deans Frage ihn aus den Gedanken. Fragend schaute er zu seinem Bruder und dann auf die Teller, die er auf den Tisch schob.

Sam nickte. Er hätte heute lieber Müsli gegessen aber wenn Dean sich solche Mühe gab, dann wollte er das auch würdigen. Vielleicht hatte er ja Jodys Rhythmus übernommen. Einen Tag deftig und den anderen Müsli?

Vorsichtig balancierte Dean die heißen Pfannen auf den Tisch, holte noch einen Teller, Besteck und eine Tasse und stellte alles vor Sam, während er sich vorsichtig auf seinen Stuhl sinken ließ.

„Muskelkater?“, fragte Sam, der ihn genau beobachtet hatte.

„Kommt der heute? Wer ist das?“

„Der ist schon da“, grinste Sam. „Du hast ihn. Die Schmerzen, die du fühlst, das ist Muskelkater. Der kommt von den ungewohnten Anstrengungen beim Reiten gestern.“ Im Krankenhaus waren sie es trotz Deans Ungeduld langsam angegangen, so dass er zwar immer wieder an seine Leistungsgrenze gegangen war, jedoch nie von Muskelkater geplagt worden war. Mal ein Zwicken hier oder ein Stechen da, aber nie dieses langanhaltende Ziehen wenn er sich bewegte.

„Darf ich dann nie wieder reiten?“, fragte Dean traurig.

„Doch, natürlich wenn du es willst. Du hast es gestern nur etwas übertrieben. Deshalb hast du heute diese Schmerzen. Sie werden dich wohl auch morgen noch nerven, aber sie vergehen“, tröstete Sam ihn. „Hat das Reiten denn so viel Spaß gemacht?“

„Es war … anders“, begann Dean leise. Sein Blick verlor sich irgendwo in der Ferne. „Ich musste nicht denken. Es war als wüsste ich genau was ich wann und wie zu tun hätte.“ Er kehrte ins Hier und Jetzt zurück. „Konnte ich reiten?“

„Ja, sehr gut sogar.“

„Und wann … wie?“

„Wir haben eine Weile quasi im Wilden Westen gelebt. Du hast auf einer Farm gearbeitet, die ihre Rinder noch mit dem Pferd getrieben haben. Es hat dir Spaß gemacht und du konntest wirklich richtig gut reiten“, erzählte Sam.

„Du nicht?“

„Nein, so gut wie du war ich nie, obwohl ich der Grund war, dass du es überhaupt gelernt hast. Als Kind wollte ich es unbedingt lernen, als wir in der Nähe eines Reitplatzes gelebt haben. Naja, dass du dich für ein Mädchen interessiert hast, das jeden Tag da war, hat wohl auch zu der Entscheidung beigetragen. Willst du denn wieder hin?“

„Ja, gerne“

„Dann solltest du es auch tun! Außerdem ist es gut für dich, für deine Kondition und die Koordination und wenn es dir auch noch Spaß macht, umso besser.“ Sam lächelte breit. Endlich etwas wofür sich Dean interessierte, und das nichts mit lesen und lernen zu tun hatte.

Dean legte den Kopf leicht schief und kaute auf seiner Unterlippe bevor er nickte. „Ja, ich werde Emily fragen, wann sie das nächste Mal hinfährt.“

Sam nickte lächelnd und genoss weiter sein Frühstück. Erst als er seinen Teller beiseite geschoben und nur noch die Kaffeetasse in der Hand hatte, schaute er wieder auf und begann: „Ich gehe morgen in der Bibliothek Probearbeiten. Wenn sie mich nehmen werde ich, bis das College beginnt, täglich da sein. Außerdem kann ich da auch gleich noch lernen.“

„Du musst auch lernen?“, staunte Dean.

„Ja, ich muss auch noch lernen. Jeder Mensch lernt sein Leben lang. Zumindest sollte er das.“

„Aber dann werd ich ja nie fertig!“, resignierte Dean entsetzt.

Sam überlegte kurz und grinste. „Wenn du es so siehst … Nein, mit dem Lernen sollte ein Mensch nie aufhören.“

„Und jetzt?“, fragte Dean noch immer hatte er sich nicht von diesem Schock erholt. Er war immer davon ausgegangen, dass er, wenn er den Schulstoff geschafft hatte, alles wusste. Natürlich hatte Sam immer gesagt, dass das Leben anders war als das Bücherwissen, aber er war doch davon ausgegangen, dass er dann wieder leben konnte, dass er wusste, wie er mit Menschen umgehen musste, dass er einfach wieder normal war! Dieser simple Satz von Sam riss ihm gerade die Füße weg.

„Jetzt? Mach so weiter wie in den letzten Tagen. Wenn nichts Spannendes anliegt kannst du lernen, aber du solltest nicht im Zimmer hocken und dich einigeln während das Leben draußen passiert. Nimm an, was sich dir bietet. Fahr mit Emily zum Reiten oder komm mit mir in die Bibliothek oder hilf Bobby beim Restaurieren alter Wagen. Nur sitz nicht nur über deinen Büchern!“, erklärte er ihm wieder ruhig. Vielleicht verstand Dean ja jetzt endlich, dass das Leben nicht nur aus Büchern bestand. Auch wenn er schon verstehen konnte, dass es verlockend war alles Wissen aus den Büchern zu ziehen und vor allem überschaubar, gerade wenn man gar nichts wusste. Plötzlich tat Dean ihm einfach nur leid. Wie frustrierend musste es sein zu merken, dass man jahrzehntelang gemachte Erfahrungen nicht lernen konnte, dass sie einfach weg waren.

Lange musterte Dean seinen Bruder, bevor er nickte. Er hatte noch immer Angst davor seine Komfortzone zu verlassen, doch das Reiten hatte ihm auch gezeigt, dass es mehr da draußen gab und dass es gar nicht so schlimm war, neue Menschen kennen zu lernen. Er hatte sich bisher immer auf Sam verlassen und auch wenn der ihn aus der vertrauten Umgebung des Krankenhauses gerissen und zu Bobby verschleppt hatte, so war es doch bis auf die Albträume keine schlechte Erfahrung gewesen. Gut, er fühlte sich in dem singerschen Haus noch immer entwurzelt, was wohl auch daran lag, dass Bobby und auch Sam erwartete hatten, dass er sich erinnerte, er es aber nicht konnte.

Sie sprachen diese Erwartungen nie aus, aber er fühlte diesen Druck unterschwellig in jedem Blick, in jeder Geste. Mit Jody war es anders. Auch sie war nicht frei von diesen Erwartungen, doch sie nahm ihn eher wie er war und zeigte ihm neue Wege. Emily war vollkommen frei. Wie ein unbeschriebenes Blatt. Das machte es ihm so viel leichter. Und vielleicht wurde so ja auch der Umgang mit Sam und Bobby Singer etwas leichter?

„Dean?“, fragte Sam etwas lauter um seine Aufmerksamkeit zu erlangen.

„Was?“

„Ich fragte, was wir heute machen. Willst du dich ausruhen oder willst du lieber etwas unternehmen? Müssen wir hier noch was tun?“

„Hier?“, Dean schaute sich um. „Nein. Aber suchst du mir für morgen ein paar Aufgaben zum Lernen raus?“

„Das mach ich heute Abend.“

„Danke“, Dean legte den Kopf schief. „Können wir zu den Trampolins fahren? Oder Minigolf.“

Sam schaute auf die Uhr. „Spielen wir eine Runde Minigolf und wenn du dann noch kannst, wenn dein Muskelkater es zulässt, fahren wir Trampolin springen“, sagte er. Mal sehen, wie sich sein Bruder über längere Zeit bewegen konnte, schließlich wollte er nicht, dass er morgen nicht mehr aus dem Bett kam!

„Okay“ Dean trank seinen Kakao aus und begann den Tisch abzuräumen.

Schnell leerte auch Sam seine Tasse und half seinem Bruder die Küche wieder auf Vordermann zu bringen. Danach fuhren sie zum Minigolfplatz.



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