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Als wir uns wieder sahen

oder, das Problem mit dem Alkohol
von

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Die Bürde der Vergangenheit

Es gab Tage die vorüber gingen, die an ihm vorbei zogen wie ein Windhauch und es gab diese Tage, die ihn mitrissen, als würde ein tosender Sturm aufziehen. Heute war so ein Tag, an dem ihm alles zu viel war. Es war zu laut an der Arbeit gewesen, zu schrill waren die Leute am reden gewesen. Die hupenden Autos, die Millionen Leute, die sich an ihm vorbei gedrängt hatte. Heute schien alles mit einer Intensität auf ihn einzustürzen, die vernichtend war. Er hasste diese Tage und dennoch kannte er sich, hatte sie mindestens einmal im Monat. Sein Problem war nicht, dass sie einfach kamen, sonder das er nicht richtig damit umgehen konnte. Heute hatten sie ihn gerufen, immer und immer wieder. „Hiwatari-san, sie müssen noch diesen Brief lesen, Hiwatari-san Fräulein Yoko hat eine Frage zu diesem Antrag, Hiwatari-san.“ Irgendwann hatte er das Telefon ausgestellt und seiner Sekretärin gesagt, er sei nicht zu sprechen. Diese hatte ihm zwei Stunden ruhe verschafft, als auch sie jedoch mit Notizen überfordert war hatte sie sich, in ihrer kleinen zierlichen Pracht, in sein Büro gewagt und ihm alle auf den Tisch gelegt. Am liebsten wäre er explodiert, als er all dies gesehen hatte. Nur einen Kaffee hatte er sich geholt und schon war seine Ruhe wieder dahin gewesen. Also hatte er gearbeitet, erst eine Stunde länger, dann zwei.
 

Mit drei Stunden Verspätung war er aus seinem Büro geflüchtet, den Kopf voll von zahlen und Namen, die er nicht wissen wollte. Immer wenn dieser Tag kam, blieb er über Nacht in Tokyo, eher in der Innenstadt. Er nah sich dann immer eine dieser Schlafkabinen und verweilte dort. Doch irgendwo musste er mit seinem Frust hin und so kehrte er seit einem Jahr in die gleiche kleine Kneipe, wie man sie hier so oft fand. Ein kleiner Laden an dessen Tresen sechs Hocker passten. Sonst gab es eine schmale Tür zum Klo und einen Tisch mit weiteren zwei Hockern. Für mehr Leute war hier auch kaum platz und er war froh, dass es leer war, als er durch den Vorhang schritt. Seine blau-grauen Haare hingen ihm wirr ins Gesicht, seine Krawatte war locker um den Hals geschlungen und die ersten Knöpfe seines Hemdes waren geöffnet. Als der Besitzer mit dem kurzen Namen Iga ihn sah, begann er wortlos Wasser auszusetzen, während Kai sich auf einen Hocker sinken lies. „Guten Abend Hiwatari-san“ flötete er freundlich und entlockte dem Angesprochenem damit ein seufzen. „Oh ihr seid aber heute gar nicht gut drauf. Um ehrlich zu sein habe ich erst in zwei Tagen mit euch gerechnet. Aber wer weiß schon wie das Leben spielt nicht wahr?“
 

Wann dieser Mann seinen Namen herausgefunden hatte, wusste er nicht. In seiner Heimat Russland war man nicht so gezwungen. Man betrank sich zusammen, sparte sich dieses ganze san und sama und ein chan gab es schon gar nicht. Diese japanische Gesellschaft machte ihn verrückt, seitdem er hier war. Es gab so viele Verhaltensregeln, dass er gelernt hatte sie alle zu vergessen oder gekonnt zu ignorieren. So sagte er Iga keinen guten Abend, sondern nickte nur stumm und nahm die erste Tasse von dem Mann entgegen. Nur hier fand er diesen starken grünen Tee. Der erste Schluck reichte aus um ihm den Mund zu verbrennen und gleichzeitig kehrte ein bitterer Geschmack in ihm ein, der jeden Appetit ertränkte. Besser so, denn in spätestens einer Stunde wäre er sonst wohl an seinem leeren Magen gescheitert. Doch so hatte er gar keinen Hunger mehr und als er den Tee zu ende getrunken hatte, da kam es ihm so vor, als müsste er nie wieder essen. Er schob die leere Tasse mit einem freundlich Nicken zurück und bekam ein neu, dieses mal mit seinem Beruhigungsmittel. Die Japaner tranken es kaum, doch extra für ihn hatte Iga angefangen Wodka zu bestellen. Hier in Tokyo gab es vieles, aber da die Japaner eher weniger vertrugen fand man sein russisches Getränk kaum. Es tat gut etwas heimisches hier zu haben, auch wenn er der Rest seiner Familie kaum vermisste.
 

Im Alter von 16 war er wieder geregelt in die Schule gegangen hatte aufgehört diesem Kinderspiel nachzugeben und erwachsen geworden. Er hatte alleine gelebt und gelernt und mit seinem Abschluss im Alter von 18 war er zurück nach Japan gekommen, wieso konnte er nicht sagen. Hier lebte er nun seit einigen Jahren, arbeitete und lebte in einer Einzimmerwohnung. Tokyo hatte nicht viel platz und diese Wohnung, in welcher man sich ein Bad zu fünfte Teilte, war schon großzügig gehalten, auch wenn alles in einem Raum lag. Er hatte sich damit arrangiert und er lebte noch immer vor sich hin, verdiente gutes Geld. Doch er fand keinen Grund um auszuziehen, sich etwas teures zu kaufen oder sein Geld anzulegen. Er sparte vor sich hin, ohne ein Ziel. Er musste nur diese monatlichen Rechnungen bei Iga bezahlen und sein Zimmer, sowie Lebensmittel. Da war wirklich nichts für das er lebte und es erfüllte ihn mit einer nagende leere.
 

„Hiwatari-san geht es euch nicht gut?“ Seine Augen suchten den Blick seines Gegenübers. Er war auf dem Tisch versackt und das nach nur drei kurzen, oder waren es vier gewesen? „Alles gut,“ gab er kurz von sich und nahm eine aufrechte Position ein. „Wissen sie Hiwatari-san sie kommen seit einem ajhr hierher und immer wieder frage ich mich das gleiche. Wieso machen sie das, haben sie keine Familie zu der sie können. Immer wenn sie hier sind, sehen sie schlecht aus. Erst dachte ich das wäre normal, aber mein Freund sagt mir sie sähen nicht immer so aus.“ Kai gab keine Antwort. Eine falte hatte sich auf seine Stirn geschlichen und nach einem weiteren kurzen – es musste doch sein siebter sein, grummelte er leise etwas vor sich hin. „Hiwatari-san sie sollten so nicht weiter machen. Was auch immer sie in ihrem Wodka ertränken. Das ist keine Lösung.“ „Alkohol ist sehr wohl eine Lösung,“ knurrte er leise „meine Lösung.“ Dann blieb er wieder stumm und sah wie Iga mit den Schultern zuckte. Seine Augen fuhren durch den kleinen Raum, er angelte sich einen Stift und ein Blatt von einem Notizblock. Ungeschickt fuhr er mit dem Stift über da Blatt, begann einige male neu und hatte schließlich ein erkennbares Auge gemalt. Es war als wolle er sagen, dass dieses Auge sein Problem war und irgendwie war dem auch so. Beide starrten sie auf die Zeichnung. Er wusste was es war und während Iga noch rätselte trug ihn der Alkohol zurück in seinen Erinnerungen, zurück in eine Zeit in der alles angefangen hatte.
 

Damals waren sie noch alle zusammen gewesen, die ganzen Bladebreakers und sie hatten zusammen bei Tyson geschlafen, dort trainiert und sich dem Kampf um ihre Bitbeasts gestellt. Das war lange her, sehr lange und wenn sein Kopf an damals dachte, stach ihm etwas durchs Herz. Eines Abends war er aufgestanden, wie so oft und hinaus gegangen, hatte in den Himmel gesehen und nachgedacht. Dann war er gekommen, hatte sich neben ihn gesetzt und ohne ein Wort war der Chinese damals an seine Schulter gesunken. Es war seltsam gewesen. Rei war der einzige mit dem er sprach, immerhin hatte er ihn kennen gelernt, bevor sie zu diesem Team geformt worden waren. Die beiden kannten sich lange, viel länger als die anderen sich kannten und damals hatte er Rei schon ins Herz geschlossen, soweit das eben ging. Sie hatten trainiert, der Chinese hatte mit ihm gesprochen und immer wenn der Andere Sorgen gehabt hatte, waren sie zum anderen gekommen. Rei hatte viel gesprochen und auch in dieser Nacht hatte er es getan.
 

„Weißt du Kai, es ist gut so, wie es ist“, hatte er begonnen und seinen Kopf weiter an seiner Schulter vergraben. In einem Schwall aus Zuwendung, hatte er den Chinesen an sich gedrückt, leicht und behutsam, als wolle er ihn schützen. Das Bild schien so schrill und intensiv in seinem Kopf. Der Atem des Anderen an seiner Schulter, die dunklen Haare, welche über seinen Arm gestrichen hatten. Er hatte sein Herz gespürt, wie es gegen seine Brust gehämmert hatte, wie er immer wieder zu Rei gesehen hatte und innerlich zerbrochen war. Wann er angefangen hatte so zu fühlen wusste er nicht, wann er sich so verändert hatte, er konnte es nicht sagen. Damals hatte er Rei an sich gedrückt, während der Chinese vor sich hin gesprochen hatte, von Angst und Kummer berichtet hatte. Mehr als tröstende Geste hatte er nicht aufbringen können und dennoch hatte sich der Schwarzhaarige weiter an ihn geschmiegt und leise zu weinen begonnen. Er hatte ihn auf den Schoß gezogen, ihn an seine Brust gedrückt und Rei hatte geweint. Es war Nagst gewesen, dass etwas schlimmes passieren konnte und irgendwann war aus der Angst um sich selbst Angst um Kai selbst geworden, die er nicht verstand. „Hey Rei, es ist alles gut. Keinem passiert etwas. Wir sind ein Team, wir passen aufeinander auf.“ „Ja das sagst du uns immer, wir sind alle füreinander da, aber was ist wenn -“ „Es wird nichts passieren“ beinahe zärtlich hatte er ihm durch das Haar gestrichen, den Chinesen auf seinem Schoß zurecht gerückt und ihn behutsam in den Arm genommen. Die Gefühle pochte in ihm, er spürte sie noch heute in seinem Kopf, die Erinnerung verzehrte ihn.
 

Mit einem Grummeln schrak er auf seinem Hocker hoch und sah wieder zu Iga, während die Bilder in seinem Kopf verschwammen und über ihm zu zerbrechen drohten. Rei wie er ihn verweint ansah, wie er sich an ihn klammerte, wie sie sich geküsst hatten. Dieses Gefühl von Nähe, das Prickeln auf seinen Lippen es war wieder so präsent wie vor all den Jahren. Wie lange war es her? Bestimmt neun Jahre. Er wollte nicht zählen, konnte nicht zählen. Die Tage waren quälend gewesen, das schweigen über diese Aktion hatte an ihm genagt, wie alles irgendwo an ihm nagte, was er nicht aussprach. Er sprach so wenig und über seine Gefühle schon gar nicht. Genau wie jetzt. „Hiwatari-san ihr seht sehr kaputt aus, soll ich euch ein Taxi rufen? Ihr habt genug getrunken für heute.“ Er ruckte wieder auf seinem Hocker herum, saß so gerade er konnte und trank noch einen Schluck Wodka. Seine roten Augen musterten den Wirt verschleiert. Er war müde, ausgezehrt und die Erinnerungen an Rei quälten ihn. Tag für Tag dachte er an den Mann, dachte er an diesen Kuss.
 

Er hatte nie eine Frau an seiner Seite gehabt, sich nie einen Mann gesucht. Er war alleine geblieben, all die Jahre und das nur wegen ihm. Jeden versuch von Nähe hatte er abgeblockt, denn er wusste, dass nichts diese Gefühle von damals verzerren durfte. Er hatte ihn aufgegeben, sich nicht bei ihm gemeldet, immerhin wollte er nur sein Glück, sein eigenes hatte er früh begraben. Heute jährte sich der Tag erneut, ja heute mussten es wirklich neun Jahre sein. Er hatte verstört aus dem Fenster gesehen, hatte versucht ihn auf der Straße zu entdecken und er hatte es sich eingebildet, wirklich eingebildet ihn zu sehen. Was für ein Narr war er nur? Er erhob sich von seinem Hocker und legte seinem Bekannten das Geld hin, dass er sich sich hinein geschüttet hatte. Seien Hand fischte Jackett und Tasche zusammen, bevor er doch recht zivilisiert aus dem kleinen Lokal trat.
 

Die Kälte ergriff sofort von ihm Besitz, auch wenn sie nicht so nagend war wie in Russland. Seit er hier war, schien es ihn mehr zu ergreifen, doch er hatte es dort drüben nicht ausgehalten. Seine Vergangenheit trieb ihn von dort fort, zurück nach Japan, zurück zu einem angesehenem Teil seines Lebens. Sie waren Weltmeister gewesen, alle zusammen die Helden und Vorbilder von Kindern, selbst er. Und heute? Er versuchte sich ganz aufzurichten und sah die dunklen Straßen entlang. Dunkel war relativ in dieser Stadt, hier schien immer Licht zu brennen. Die Student, die ihre Vorlesung über geschlafen hatte lernten nun um am nächsten Tag wieder in ihren Vorlesungen zu schlafen. Es war ein Teufelskreis, so wie sein Leben Monat für Monat.
 

Immer wieder kam er hierher, immer wieder trank er zu viel und am Ende dachte er mehr den jeh an Rei. „Warum musst du auch nur so wunderbar sein“ brummte er vor sich selbst her und lehnte sich schwer an eine Laterne. Seine Finger suchten nach der Adresse des Hotels in dem er immer eine Schlafkabine bezogen, wenn es ihm so ging wie es ihm heute ging. Als würde er Nachdenken betrachtete er die kleine quadratische Karte. Doch es gab kein wenn und aber, er musst dort hin, musste schlafen um morgen an der Arbeit – nein bloß nicht. Er fingerte in seiner Tasche herum, zog seinen Planer heraus und erkannte, dass er morgen keine Termine hatte. 'Frei' notierte er sich im Kopf und warf die Karte und den Planer zurück in die Tasche. Er hätte das werfen lassen sollen. Egal wie viel russisches Blut durch seine Adern floss die Büroarbeit hatte ihn schwach gemacht, er wurde mürbe und das schneller als damals. Über was jammerte er eigentlich, er war Mitte zwanzig, er war Jung, hatte theoretisch alles vor sich. Sein Blick glitt verschleiert zu Boden. Wie war sein Planer dort hin gekommen? Stöhnend ging er in die Knie und griff danach, stopfte alles energisch in den schwarzen Koffer der sich Aktentasche schimpfte und versuchte aufzustehen.
 

Es misslang ihm und er fiel nach hinten, landete auf dem Hintern und stöhnte laut auf. Heute war es wirklich nicht mehr auszuhalten. Es war zu viel für ihn. Normale Menschen schrien ihre Frustration heraus, doch er, er ertränkte seinen Kummer einfach in klarem Wodka. Etwas in ihm entschied, dass er mehr davon brauchte. Etwas anderes stimmte diesem ich zu und er zog sich an der Laterne herauf. Zu viele Notizzettel würde ihn übermorgen im Büro erwarten, zu viele Gespräche zu viele Stimmen - zu viel von allem. Als er stand, die Luft ihm durch die Kleider zog, wurde ihm bewusst, wie viel er getrunken hatte. Sein Blick war verklärt, die Umgebung verzerrte sich merkwürdig und trotzdem setzte er einen Fuß vor den Anderen, schleifte seinen Aktenkoffer mit sich mit und sein Jackett hing ihm über die Schulter. Er kam um eine Ecke, dann sank er in sich zusammen und lies sich stumm auf eine Bank fallen. 'Wie wunderbar Bänke sein können,' dachte er und starrte vor sich hin. Sein Kopf hing vorne über, das Haar hing ihm ins Gesicht. Noch dröhnte sein Kopf nicht, doch es würde kommen, seine schwammige Erinnerung sagte ihm, dass er sich entweder übergeben musste oder mit einem Kater leben würde. Er entschied sich für den Kater, auf der Straße würde er sich bestimmt nicht übergeben. „So ein Mist,“ fluchte er, zwang sich aufzustehen. Um so schneller er lag, um so besser für ihn.
 

Wo lang musste er noch mal? Einen Fuß vor den Anderen setzen ging er zurück, an den Ort von dem er immer nach hause kam, seinem Arbeitsplatz. Hätte er hoch gesehen, hätte er bemerkt, dass da jemand auf ihn zu kam, hätte er die Ohren gespitzt gehabt, hätte er die Schritte gehört. Doch er sah und hörte nichts außer den grauen Boden und das Rauschen in seinem Kopf. Sichtlich verstört fuhr er also zusammen, als sich zwei Hände an seine Schultern legte. Er stolperte zurück, versuchte sich aufzurichten und konnte doch nicht gerade stehen. Leidlich seine Augen blickten empor, direkt in ein Gesicht und er erkannte nichts, denn die Straßenlaterne, dieses dumme Dinge, blendete ihn. „Kai wo warst du? Ich habe dir bestimmt zehn Nachrichten hinterlassen und gesagt ich warte hier um 8 auf dich.“ 'Nicht noch einer von der Arbeit', stöhnte er innerlich auf, versuchte sich von den Händen zu befreien, konnte die Kraft jedoch nicht aufbringen. Dieser jemand hielt ihn fest, wenn auch nicht grob, es schien ihm als würde er nur wegen diesen Händen gerade stehen. Er knurrte leise vor sich hin. „Kai Hiwatari hast du getrunken? Verdammt du hast getrunken, wieso hast du nicht auf mich gewartet!“ „Ich war nicht verabredet,“ sagte er mehr zu sich selbst als zu dem Anderen.
 

„Du was? Hast du deine Nachrichten nicht abgehört?“ „Nachrichten?“ „Da nehme ich mir vor dich zu besuchen und du – ich glaube es nicht.“ „Ich auch nicht“, gab er zurück. Sein Kopf hämmerte, er war müde und er gähnte ausgiebig, bevor er blinzelte und sich endlich von der Laterne ab wand um herauszufinden, wer ihm da so auf die Nerven ging. Er war betrunken, da wollte er seine Ruhe. Aber augenscheinlich war heute nicht der Tag für Ruhe, heute war ein verdammt beschissener Tag. Also riss er sich mit großer Mühe los, brachte ein paar Schritte Abstand zwischen sich und den Fremden und sah sich um. Wo war seine Bank? Ach er war vor seiner Firma – Arbeitskollege, stand da ein Arbeitskollege vor ihm? Er blinzelte wieder. Nein, die Haare waren zu wirr, niemand trug bei ihnen weiß ohne Jackett, das war auch kein Hemd. Ihm wurde schlecht und eine Erkenntnis huschte in seinen Kopf.
 

„Erkennst du mich etwa nicht mehr?“ Er wollte etwas sagen, doch dann schieden sich Körper und Geist ganz. Er schritt zurück, übergab sich auf den gepflegten Boden vor seiner Arbeit und keuchte. 'Zu viel für einen Tag', surrte es in seinem Kopf. Dann war da wieder diese Hand und er spürte wie er ihn weg führte, ein paar Schritte weiter zu einer Bank und ihn hinsetzte. „Doch,“ sprach er nun und sah in diese Augen, die bei Tageslicht Gold-gelb funkelten. 'Wie könnte ich dich vergessen Rei.' „Du bist wirklich betrunken Kai, komm ich bringe dich ins Hotel, ich habe mir ein Zimmer genommen während ich hier her gekommen bin.“ Ohne ein Wort lies er sich auf helfen und folgte seinem alten Kameraden, der begonnen hatte zu sprechen. „Ich bin seit zwei Tagen hier. Es war schwer dich zu finden weißt du. Als ich heute deine Nummer heraus bekommen habe, hat deine Sekretärin mir erzählt, du würdest niemandem hören oder sehen wollen, seist sehr beschäftigt. Aber ich dachte du machst eine Ausnahme für mich, also habe ich ihr gesagt, sie soll dir einen Zettel ins Büro legen. Aber du hast nicht angerufen, als habe ich auf dich gewartet, da unten weißt du. Aber irgendwann warst du weg, das hat mir der Pförtner erzählt. Er meinte aber, das du oft zurück kommst. Du scheint viel zu vergessen Kai, so kannte ich dich gar nicht. Nun ich hätte auch nicht gedacht, dass du dich so gehen lässt.“ „Ich lass mich nicht gehen, das nennt sich Stress.“ „Natürlich – Stress macht dich so betrunken das du auf die Straße brichst.“ „Ach sei ruhig.“
 

Er musste jetzt stark sein, musste sich benehmen. Doch sein Gedanken flatterten wild umher, erinnerten sich an die Lippen des Anderen und es wallte tiefe Trauer in ihm auf. Neun verdammte Jahre der Beherrschung und nun so etwas. Er hasste sich dafür, hasste ihn dafür. „Was ist dein Problem Kai? Kannst du dich nicht über meinen Besuch freuen?“ „Nein kann ich nicht,“ zischte er und Rei blieb stehen. „Ich weiß ja das du immer so deine Probleme mit uns hattest aber das wir so schlimm -“ „Verdammt ihr wart nicht schlimm,“ unterbrach er den Anderen. Dieser schien verwirrt, sagte nichts mehr und Kai grummelte vor sich hin. „Neun Jahre verändern einen Eben.“ Was erzählte er da? „Neun? Kai wir haben uns zuletzt vor 4 Jahren gesehen.“ „Jedes Jahr war eine verdammte Qual, jedes verdammte Jahr.“ Er floh von Rei, entriss sich seiner Stütze, den warmen Armen. Seine Füße trugen ihn an eine Wand, an der der zusammen sank. Er konnte nicht mehr. Er war betrunken, fühlte sich schwach auf den Beinen und sein Herz begann zu rasen.
 

Vor neun Jahren hatten sie sich geküsst und heute stand Rei an seiner Arbeit und wollte ihn besuchen. Er hatte es doch geschafft zu leben, wieso musste dieser Kerl ihn so aus seinem Leben reißen. Er war nicht glücklich, um ehrlich zu sein sogar verdammt unglücklich, aber er lebte, verdiente Geld und kam voran. „Ich verstehe dich nicht Kai.“ Der Jüngere hatte sich neben ihn gesetzt, während der Halbrusse sich an seinen Knien versteckte. Eine Hand schloss sich um seine Schultern und Rei rückte zu ihm, drang ihn in seine Arme und Kai gab nach. Er sank zu ihm, lies Aktentasche und Jackett sinken und begann zu zittern. Im war eiskalt und das Brennen in seinem Herzen schien ihn aufzufressen. Irgendwie gelang es Rei seinen Freund auf die Beine zu ziehen und ihn mit sich in sein Hotel zu nehmen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ray-chan
2013-10-17T17:38:04+00:00 17.10.2013 19:38
Soooo. Nachdem ich nun auch das erste Kapitel gelesen habe, macht alles auch viel mehr Sinn *hust*

Kai scheint ziemlich viel Stress und Sorgen zu haben. Er scheint seine Gefühle unterdrücken zu wollen, vielleicht will er sich auch durch die Arbeit ablenken. Zudem wird hier sein Alkoholproblem erkennbar, was ich ja schon beim zweiten Kapitel vermutet hatte. Ihn lassen die Gedanken von damals nicht in Ruhe und es sieht fast so aus, als würden sie ihn quälen. Er lebt in seiner eigenen Welt und schließt alles andere aus. Für ihn gibt es nur den Zeitpunkt von vor 9 Jahren, als sich er und Ray näher gekommen waren.

Ray hat ihn also gesucht. Da ich das zweite Kapitel jetzt schon kenne weiß ich ja, warum er das getan hat ;)

Eine sehr schöne Geschichte. Bin gespannt, wie sie sich noch entwickelt.


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