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Im Namen des Schweigenden

Memoiren eines Golgariten
von

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Enttäuschung

Drei Tage später wurde ich wach. Alles tat mir weh. Was bedeuten musste, dass ich noch lebte. Ich konnte es nicht fassen. Ich öffnete die Augen; besser gesagt öffnete ich nur mein rechtes, das linke hatte ich wohl durch den Hieb der Kreatur verloren. Ich wollte mich umsehen, doch allein beim Versuch schoss mir ein rasender, stechende Schmerz durch den Leib.
 

Sollte dies irgendwann tatsächlich jemand lesen, so wird er sich vermutlich wundern, warum ich so ruhig blieb. Das liegt daran, dass man als Soldknecht auch einigen Veteranen begegnet. Diejenigen, die ein Auge verloren haben, können immer noch kämpfen. Ein verlorenes Bein, oder noch viel schlimmer, ein verlorener Schwertarm jedoch bedeuten einen unfreiwilligen Ruhestand und oft auch Armut.
 

Kaum hatte ich erkannt, dass ich ab jetzt nur noch mit einem Auge auf Dere sehen würde, stürmte eine abgerissen aussehende Gestalt den Krankensaal.

"VOIN!" rief meine Schwester mir entgegen. Baernja sah schlimm aus, übermüdet und bleich. Besorgt und gleichzeitig unendlich erleichtert fiel sie neben meinem Bett auf die Knie.

"Peraine sei dank, du bist aufgewacht." Sie umarmte mich, woraufhin ich einen gepeinigten Laut von mir gab. Sofort ließ sie wieder los. "Oh, entschuldige. Es ist nur, die Geweihten meinten, sie wüssten nicht, ob du überhaupt wieder wach wirst." Sie hastete durch die Worte, ohne Luft zu holen. "Wir hatten solche Angst um dich."

"Baernja, beruhige dich." Oswin kam jetzt auch hineingehumpelt. Sein rechtes Bein war geschient und überall hatte er noch Verletzungen vom Kampf. Aber er grinste mich an wie ein kleiner Junge. Ich würde wohl nie verstehen, woher er seinen Optimismus nahm.

Meine Geschwister erzählten mir, wie die Golgariten die Kreatur, die sich als durch erzdämonische Kräfte erschaffener Thargunitoth-Golem entpuppte, erschlagen und mich gerettet und geheilt hatten. Kurze Zeit später wurden sie von einem der Ordenskrieger hinausgeschickt, damit ich ruhen konnte.
 

Es dauerte eine Woche, bis man mir erlaubte, aufzustehen. Währendessen hatte ich wenig zu tun, da meine Geschwister mich nie für lange besuchen konnten und Golgariten nicht unbedingt sehr unterhaltsame Gesprächspartner sind. Also las ich - Bücher über die Götter und die Geschichte Deres und die "Lex Boronia", die Ordensregeln der Golgariten. Eine Entscheidung begann in mir zu reifen...
 

Es war ein Rohalstag, als ich man mich endlich aus dem verphexten Bett ließ. Meine Geschwister hatten unsere Sachen schon gepackt und erwarteten mich auf dem Hof. Baernja hatte ihre alte Energie und Lebhaftigkeit wiedergewonnen und lächelte mich erwartungsfroh an. Oswin dagegen wirkte untypisch nervös und unruhig, obwohl er sich immernoch auf einen Stock stützen musste. Auch er konnte es nicht erwarten, endlich aufzubrechen.

"Da bist du ja.", rief mir meine Schwester zu. "Komm schon, beeil dich, wir wollen los."

Ich ging ihnen entgegen, wissend, dass meine Entscheidung sie hart treffen würde.

"Warte, Baernja. Ich muss euch etwas sagen."

Oswin seufzte. "Das wird uns nicht gefallen, oder?"

"Was ist denn? spucks schon aus!"

"Ich habe beschlossen, den Golgariten beizutreten."

"WAS?!?" Beide stierten sie mich ungläubig an. Dann flüsterte Baernja: "Warum?"

"Weil ich glaube, dass Boron mich nicht in seine Hallen gerufen hat, damit ich ihm noch hier diene."

"Der Ewige will, dass ausgerechnet du ihm dienst?" Sie sah mich erneut ungläubig an. Dann grinste sie. "Das ich nicht lache. Fast hätte ich dir das geglaubt, aber jetzt lass die Witze. Schnapp dir dein Zeug und wir verschwinden hier."

Als ich mich nicht rührte, verschwand ihr Lächeln. "Korverdammich, du meinst das ernst?"

Ich nickte nur. Stille herrschte im Hof, als hätte der Schweigende selbst jeden Laut ausgelöscht. Dann fiel mich Baernja an. "Das kannst du nicht machen." Schrie sie, während sie mich am Kragen packte und schüttelte. "Du kannst uns nicht allein lassen." Tränen der Wut sammelten sich in ihren Augen.

"Baernja, lass ihn los!" Oswin wollte dazwischen gehen, doch seine Verletzungen verhinderten es, und schließlich mussten zwei Ordenskrieger sie von mir wegzerren. Langsam beruhigte sie sich wieder. Sie starrte mich wütend an, bis sie sich plötzlich umdrehte, ihren Rucksack griff und ging. "Mach doch, was du willst. Aber für mich bist du auf diesem korverdammten Acker krepiert. Komm mir ja nie wieder unter die Augen!"

Oswin, der ihr nachgesehen hatte, drehte sich zu mir: "Du weißt, dass sie das nicht ernst meint, oder?"

"Natürlich. Sie ist wütend. Ich bete zu Hesinde, dass sie meine Entscheidung eines Tages versteht. Pass gut auf sie auf, Brüderchen!" Ich umarmte ihn und küsste seine Stirn. "Kor und Aves mit euch!"

"Und mit dir, Bruder." Er wandte sich um und rief Baernja nach, sie solle auf ihn warten.

Ich sah ihnen schweren Herzens nach, bis sie hinter einer Wegbiegung verschwanden. Dann drehte ich mich um und ließ den Hof zusammen mit meinem alten Leben hinter mir...



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