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This is war

von

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Ein überraschendes Angebot


 

Der Boden schien unter ihren Füßen nachzugeben, das Zimmer verschwamm vor ihren Augen. Das durfte nicht wahr sein. Wie lange war sie fort gewesen? Eine halbe Stunde? Vierzig Minuten? Es war egal, denn wenn Robin das letzte Mal weniger als fünf Minuten gereicht hatten, um sich davon zu stehlen, dann war das sicherlich mehr als genug Zeit für sie gewesen. Sie hatte sich nicht einmal beeilen müssen. Es war schon einmal passiert. Damals hatte Nami die Wohnung nur kurz verlassen, um mit ihrem Chef zu reden, der auf einmal aufgetaucht war. Als sie zurück gekommen war hatte sie zunächst nicht bemerkt, dass etwas anders war. Es hatte einen Moment gedauert, bis sie realisiert hatte, dass Robin’s Sachen verschwunden waren. Und wie so oft bedeutete es auch in diesem Fall, dass sie wieder verschwinden würde. Nami hatte sie nicht damit durchkommen lassen wollen. Sie war aus der Wohnung gestürzt und einfach losgerannt. Robin’s Vorsprung hatte nicht groß sein können. Doch, als sie am Hafen angekommen war, hatte sie einsehen müssen, dass es unmöglich war. Sie wusste nicht welches Schiff das sein würde, welches Robin nehmen würde. In all das hatte sich Wut und Verzweiflung gemischt. Nami hatte nicht klar denken können und war sicherlich eine Stunde am Hafen entlang gerannt und hatte die andere gesucht. Ohne Erfolg. Sie war einfach so aus ihrem Leben verschwunden. Als wäre sie nie da gewesen.

„Scheiße!“ fluchend strich sie sich feste durch die Haare, wusste nicht, was sie nun tun sollte. Die Tränen, die ihr aus Wut in die Augen stiegen versuchte sie dennoch vehement zu unterdrücken. Nicht einfach, wenn die Wunde, um die es hierbei ging, doch so groß war. Warum tat sie ihr das an?

„So eine verfluchte Scheiße!“ es musste raus. Es ging einfach nicht anders. Hatte sie das letzte Jahr damit verbracht die Wut zu verarbeiten, so konnte sie nun wieder von vorne beginnen, musste sich erneut damit auseinander setzen und wofür? Damit es beim nächsten Mal wieder so war? Sofern es denn überhaupt ein nächstes Mal gab.

„Ist alles in Ordnung?“ Die sanfte Stimme hinter ihr traf sie wie ein Schlag. Nami fuhr herum und starrte die Ältere an, die sichtlich verwirrt hinter ihr stand und ganz offenbar nicht verstand, was der Grund für Nami’s Wutausbruch war. Nami schluckte hart, starrte Robin einfach nur an, die sie etwas besorgt musterte.

„Ich..“ Nami brach ab. Für einen Moment fehlten ihr einfach nur die Worte, selbst die Wut, die sie bis vor wenigen Sekunden noch verspürt hatte schien sich völlig aufgelöst zu haben. „Ich habe mir nur den Fuß gestoßen“, Nami deutete unbeholfen auf den Türrahmen, wobei die Ältere eine Augenbraue hochzog und sich dann mit einem seufzen abwandte und sich wieder in die Küche begab.

„Dein Temperament ist immer wieder bemerkenswert“, stellte sie dabei fest, wobei Nami leise in sich hinein seufzte und ihr schließlich folgte. Sie steigerte sich da wirklich zu sehr in etwas hinein. Robin war gerade einmal zwei Tage hier und aus Erfahrung wusste sie eigentlich, dass ihre Aufenthalte mindestens auf eine Woche begrenzt waren. Also kein Grund, um sich Sorgen zu machen, dass sie in der nächsten Zeit verschwinden würde. Doch war dies wirklich eine Garantie? Sicherlich nicht, doch diese Gedanken sollte sie erst einmal auf sich beruhen lassen. In der Küche holte sie das Besteck, während Robin das Essen auf dem Tisch anrichtete und den Wein in zwei Gläser füllte, die sie zuvor geholt hatte. Da alles schnell angerichtet war setzten sich die beiden Frauen an den Tisch und begannen schweigend zu Essen. Nami hing in ihren Gedanken immer noch den vorangegangenen Ereignissen nach, stocherte etwas in ihrem Essen herum und bemerkte somit auch nicht, dass Robin sie aus dem Augenwinkel heraus beobachtete. Es dauerte noch eine ganze Weile, bis die Stille durchbrochen wurde, Nami hatte in etwa die Hälfte ihres Tellers geleert und war bei ihrem zweiten Glas Wein.

"Du dachtest ich sei gegangen." Keine Frage und als Nami nun zu der anderen blickte sah diese sie durchdringend an. Was sollte sie dazu sagen? Eigentlich wollte sie es nicht zugeben, denn Nami war klar, dass ihr Ausbruch für sich sprach. Sie seufzte in sich hinein und wandte sich wieder ihrem Essen zu in dem sie nun wirklich nur noch herum stocherte.

"Du hast nicht geantwortet", antwortete sie lediglich, doch dies sollte wohl auch alles sagen, was Robin wissen wollte. Nami wollte das alles zwar nicht weiter vertiefen, doch nach einem solchen Ausbruch? Sie musste davon ausgehen, dass Robin das wieder einmal anders sehen würde.

"Nami.. du weißt, dass ich so schnell nicht wieder verschwinden werde."

"Woher sollte ich das wissen?" Sie blickte wieder auf, sah Robin direkt an und glaubte für einen kurzen Moment einen traurigen Ausdruck auf ihrem Gesicht erkennen zu können.

"Ich würde nicht her kommen, wenn ich nur ein paar wenige Tage zur Verfügung hätte." Es hörte sich ehrlich an, auch logisch, vermutlich würde die Reise hier her länger dauern, als der Aufenthalt. Je nachdem, von wo sie kam und doch; Nami konnte das nicht so einfach hinnehmen. Sicherlich log Robin in dieser Hinsicht nicht und doch musste sie zugeben, dass es hier wohl ihre schlechten Erfahrungen waren, die aus ihr sprachen. Tonlos seufzte sie in sich hinein, schwieg zu den Worten der anderen. Nach allem wusste sie nicht, was sie noch sagen sollte. Es war schon immer ein Problem zwischen ihnen gewesen und würde auch immer eines sein, da sich an den Umständen wohl kaum etwas ändern würde. Sie konnte sich noch sehr gut an das erste Mal erinnern, das erste Mal als es ihr wirklich weh getan hatte. Bei diesem einen Besuch hatte sie es irgendwie geschafft zu verdrängen, dass die andere wieder gehen würde. Und diesen Fehler würde sie so leicht nicht wieder machen. Das dies dazu führte, dass Nami sich nicht einfach fallen lassen konnte, das sie nie wirklich entspannt war und unterschwellig zu viele Vorwürfe in den Raum stellte, das war ihr nicht immer bewusst. Jetzt? Durchaus.

Eine Hand, die sich auf ihre legte riss sie aus ihren Gedanken. Schlanke Finger verschränkten sich in den Ihrigen, während sich ihre Blicke trafen. Eine ganze Weile saßen sie schweigend da, schienen in den Augen der anderen lesen zu wollen, nach Antworten zu suchen auf Fragen die sie einander vermutlich nie stellen würden. Es gab Dinge, über die sie nie sprechen würden, das wussten sie beide. Es war schwer sich das einzugestehen, schmerzhaft. Und doch die bittere Realität in der sie lebten. Doch ebenso kannten sie beide auch den Grund dafür, sie führten beide ihr Leben, das sie beide nicht so einfach aufgeben konnten und in das sie der jeweils anderen kaum Einblicke gewährten. Tief atmete Nami durch und war diejenige, die den Blickkontakt abbrach, auf ihrer beider Hände blickte und sich fragte wieso eine solch einfache Berührung doch so viel auslösen konnte. Dafür hatte Robin jedoch schon immer ein gewisses Talent besessen. Die einfachsten Berührungen hatten Nami schon des Öfteren aus dem Konzept gebracht und dabei schien es meist so, als seien diese Berührungen völlig belanglos und natürlich. Vielleicht waren sie das auch, manchmal war sie sich da wirklich nicht so sicher, jedoch würde auch das nichts daran ändern, wie sie dabei empfand.

"Was ist los?" Robins sanfte Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Langsam blickte sie wieder auf, zuckte kaum merklich mit den Schultern. Erwartete sie darauf wirklich eine Antwort? Nami hatte nicht vor Robin zu sagen, wie es in ihr aussah, nicht in dieser Hinsicht. Es würde alles nur unnötig kompliziert machen und Komplikationen waren nicht gerade das, was sie gebrauchen konnte. Da gab es genügend andere Dinge in ihrem Leben, die sie auf trab hielten.

"Ich bin einfach etwas durch den Wind. Es ist nichts weiter", wich sie dem ganzen aus und zog schließlich ihre Hand zurück. Langsam erhob sie sich und brachte die Teller weg. Sie musste sich einfach bewegen, brauchte etwas Abstand. Robin gewährte ihr diesen Freiraum und blieb einfach abwartend sitzen. Sie kannte sie wohl lange genug, um zu wissen, dass es nichts brachte, wenn sie nachfragte und Nami von alleine zu ihr kommen und reden musste. Die junge Frau stützte sich auf der Arbeitsfläche ab und sah einen Moment auf das schmutzige Geschirr hinunter.

"Wenn ich könnte, ich würde sie da heraus holen", sprach sie schließlich leise, wohl wissend, das Robin sie dennoch hören würde. Hinter sich vernahm sie eine Bewegung, doch sie stand nicht auf, die erwarteten Schritte blieben aus. Vermutlich hatte sie sich nur eine andere, bequemere Position ausgesucht.

"Die Kleine von heute Morgen?" Nami nickte stumm, löste sich aus ihrer Position und stellte alles in die Spüle, um etwas Wasser darüber laufen zu lassen.

"Was hast du mit ihr zu tun?" Sicherlich war es nicht grade an der Tagesordnung, dass die Bewohner dieser Insel Kontakt zu diesen Kindern hatten. Kinder waren hier den meisten ein Klotz am Bein, man war froh, wenn man sie abschieben konnte und vergas dabei schon einmal gerne und leicht die Tatsache, dass man vielleicht selbst eine so schreckliche Kindheit gehabt hatte. Das sie alle einmal selbst von dem Wunsch getrieben worden waren ein besseres Leben zu haben, geliebt zu werden. Doch die Menschen hier waren nicht so, es gab hier nichts was man mit einer Familie vergleichen konnte.

"Ich habe sie in der Bar gefunden, kurz nachdem ich sie übernommen hatte. Sie hat die Vorratskammer geplündert, war verletzt. Ich habe mich um sie gekümmert aber.. die Alte verdient an den Kindern, also sorgt sie auch dafür, dass sie wieder eingefangen werden, wenn sie davon laufen. Dagegen.. konnte ich nichts machen." Sie erinnerte sich noch genau daran, wie sie in die Bar gekommen waren. Keine Ahnung, wer ihnen den Tip gegeben hatte, doch da man für solche Tips durchaus Geld bekam war es wohl nicht weiter verwunderlich, dass man sie gefunden hatte. Sie hatten die ganze Bar verwüstet, Nami hatte alles wieder neu aufbauen müssen. Doch es ließ sie nicht wieder los. Die Schreie der Kleinen. Nach ihr, nach Hilfe.

"Ich bin noch einmal hin, um nach ihr zu sehen und irgendwie.. naja seit dem gehe ich regelmäßig hin, bringe ihr etwas zu Essen, achte auf sie, so gut ich kann." Alles konnte sie nicht verhindern, aber sie konnte zumindest dafür sorgen, dass sie die Hoffnung nicht verlor. Warum genau sie dies tat wusste sie nicht, vielleicht lag es an ihrer eigenen Vergangenheit. In gewisser Weise erkannte sie sich selbst in diesem Mädchen, was vielleicht ein Fehler war. Es nahm sie zu sehr mit.

"Sie hat dich gern", stellte Robin nachdenklich fest, wobei Nami sich nun abwandte und sich mit dem Rücken gegen die Arbeitsfläche lehnte. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und atmete tief durch.

"Und ich kann sie nicht da raus holen." Die Blicke der beiden Frauen trafen sich. Es war nun einmal eine Tatsache, dass sie das nicht konnte, wie sollte sie auch für ein Kind sorgen? Das ging einfach nicht. Sie sah zu, wie Robin nach ihrem Weinglas griff und einen Schluck trank. Während sie dies tat setzte Nami selbst sich in Bewegung und kam wieder zu ihr an den Tisch, nahm ihr eigenes Glas zur Hand und trank ebenfalls einen Schluck. Kam nun die Reue, dass sie dieses Gespräch angefangen hatte? Vielleicht. Es fiel Nami schwer über sich zu sprechen, besonders mit Robin. Sich noch verletzlicher zu machen war etwas das Mut erforderte. Aber hatte sie den?

"Was noch?" Robin beließ es dankenswerter Weise dabei, doch sie wusste auch, dass dies wohl nicht das einzige war, das die junge Frau belastete. Unschlüssig zuckte sie mit den Schultern, wandte dem Tisch den Rücken zu und rutschte schließlich auf diesen herauf, um sich zu setzen und ein Bein über das andere zu schlagen.

"Du weißt von Zorro und ansonsten gibt es nicht viel."

"Waren da noch andere?" Die Frage überraschte sie etwas und sie sah zu der anderen hinunter, die nur leicht den Kopf zur Seite neigte. Es war eigentlich ein offenes Geheimnis, dass Nami dann und wann das Bett mit Männern teilte, nicht besonders oft, aber es kam vor. Als sie noch mit Zorro zusammen gewesen war, war es anders gewesen. Auch dass sie ihn in ihr Bett ließ kam an seinen guten Tagen vor, wobei diese durchaus zu einer waren Rarität geworden waren.

"Vielleicht einer, ich bin nicht sicher. Wenn ja lebt er zumindest nicht mehr, Zorro kann sich immer weniger beherrschen", sagte sie schließlich etwas nachdenklich und wandte den Blick ab. "Und die Gerüchte über die Marine." Zorro und seine Eskapaden waren nun wirklich nicht das, worüber sie in diesem Moment sprechen wollte. Es löste gleichzeitig auch ein schlechtes Gewissen gegenüber Robin aus und das, obwohl sie ihr nun wirklich keine Rechenschaft schuldig war. Da schob sie lieber ein anderes Thema in den Vordergrund, auch wenn sie in den letzten Stunden eher weniger die Gelegenheit gehabt hatte darüber nachzudenken. Die Gerüchte waren vorhanden und immer wenn es so war machte sie sich unweigerlich Sorgen. Und nun, da sie wusste, welche Verbindungen Robin hatte hoffte sie in gewisser Weise auch darauf etwas mehr von ihr erfahren zu können. Fragend sah sie Robin an, die ihrem Blick einen Moment auswich. Es musste einfach etwas geben, irgendwas. Sie schien darüber nachzudenken, was sie nun sagen sollte und Nami gewährte ihr diesen Moment, auch wenn es schwer fiel die wachsende Ungeduld zurück zu kämpfen. Robin brauchte in vielen Dingen ebenso viel Zeit wie Nami es tat und sie zu drängen würde keinen Erfolg bringen.

"Wie gesagt, ich weiß auch nicht viel über diese Gerüchte. Auf meinem Weg hier her habe ich meine Beziehungen spielen lassen und mich etwas umgehört aber.. viel habe ich nicht in Erfahrung bringen können. Das die Insel der Regierung ein gewisser Dorn im Auge ist, ist schon seit längerem bekannt. Zumindest scheinen um die Insel herum mehr Marineschiffe stationiert zu sein. Es kann durchaus auch sein, dass sie es nicht auf die ganze Insel abgesehen haben sondern nur auf bestimmte Banden, die sich hier aufhalten könnten oder es tun." Sie wirkte nachdenklich, fast schon ein wenig besorgt. Nami empfand diese Worte auch nicht als besonders erbaulich, denn wenn um die Insel herum die Marine aktiver wurde, dann würde sich das auch auf ihr Leben hier auswirken.

"Und du bist trotzdem gekommen? Wäre es nicht sicherer dich von der Insel fern zu halten?"

"Mir ist das Risiko bewusst und ich bin bereit es einzugehen." Klare Worte, die ohne ein Zögern ausgesprochen wurden. Nami nickte nur und dachte einen Moment über die ganze Situation nach. Man merkte es. Die Stimmen in der Stadt nahmen diesen Ton an, den Ton, den man hörte kurz bevor die Welt zusammen brach. Keiner von ihnen konnte es wissen und doch war es da. Wen es am Ende treffen würde war vielleicht nicht wichtig. Auch nicht, ob die Marine auf die Insel kommen oder die Schiffe auf See abfangen würde. Ihr eingreifen würde so oder so Folgen haben und das Leben auf dieser Insel beeinflussen, so wie nachhaltig verändern.

"Außerdem kann ich so sicher gehen, dass du nicht in Schwierigkeiten gerätst", setzte Robin noch nach, wobei Nami leicht die Braue hob und ihre Freundin einen Moment musterte. Dann legte sich doch ein sanftes Lächeln auf ihre Lippen.

"Ich kann sehr gut auf mich aufpassen, weißt du?"

"Auch wenn die Marine zu einem großen Schlag ausholt?" Nami zuckte mit den Schultern. Das Problem war nicht die Marine, das Problem war von der Insel herunter zu kommen. Man brauchte ein Boot und selbst wenn man dieses hatte war das noch keine Garantie dafür, dass man weit kam. Oder man versuchte sich so durch zu schlagen und auf der Insel ein sicheres Versteck zu finden. Letztlich wusste sie nicht, was sie tun würde, wenn es so weit kommen sollte. Für so etwas konnte man keinen Plan entwickeln.

"Wen sollten sie hier vermuten?" fragte sie stattdessen, ohne weiter auf die Frage einzugehen. Robin nahm noch einen Schluck ihres Weins, zuckte dann mit den Schultern.

"Blackbeard. Feuerfaust. Strohhut. Es gibt genügend, die sich in den hiesigen Gewässern herum treiben und die man auf den Inseln in der Umgebung gesichtet hat. Eine neue Ära bricht an, der Umbruch ist deutlich spürbar." Sie wirkte durchaus besorgt und das gefiel Nami nicht, zumal sie sich nicht daran erinnern konnte, wann sie Robin jemals besorgt erlebt hatte.

"Du solltest von hier verschwinden." Tonlos seufzte Nami in sich hinein, hob ihr Glas und leerte es in einem Zug. Wenn es doch nur so einfach wäre. Und was sollte sie dann machen? Wo sollte sie hin? Und mit was?

"Robin.."

"Komm mit mir." Nami hatte gerade zu ihrer üblichen Antwort im Bezug auf dieses Thema ansetzen wollen, als die andere sie unterbrochen hatte. Überrascht sah sie Robin an, die ernst zu ihr hinauf blickte.

"Was?" Sie konnte es nicht wirklich glauben. Nie, in all der Zeit, hatten sie dieses Thema auch nur ansatzweise in diese Richtung gelenkt. Umso überraschender waren nun die Worte der anderen. Zum einen verspürte Nami eine gewisse Freude darüber, zum anderen wusste sie aber auch, dass es dennoch nicht einfach werden würde und Robins Ziele keine waren, die in ihren Interessen lagen.

"Komm mit mir, wenn ich die Insel wieder verlasse, ich kann dich hier sicher weg bringen und du kannst irgendwo anders von vorne anfangen, bevor hier etwas passiert."

"Wo anders kann mir genau so etwas passieren, wie hier", wandte sie ein. Robin seufzte tonlos auf und erhob sich langsam. Nun war sie diejenige, die zu Nami hinunter blicken musste.

"Versprich mir, dass du wenigstens darüber nachdenkst." Sie kannte Nami lange genug, um zu wissen, dass sie ihr keine Entscheidung aufzwingen konnte und so erhielt die Jüngere lediglich ein Angebot. Nami nahm sich vor das ganze wirklich ernsthaft zu betrachten, auch wenn ihr Bauch ihr bereits eine Antwort zuflüsterte. Denn auch wenn sie es nun nicht aussprach, es ging hierbei nicht nur um sie. Sie konnte nicht einfach so verschwinden, das würde sie nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren können.

"In Ordnung, ich werde darüber nachdenken", stimmte sie dann noch zu, da Robin sie ohne diese Zustimmung sicherlich nicht davon kommen ließ. Sie sah zu, wie die Ältere leicht nickte und sich dann abwandte, um die letzten Sachen wieder weg zu räumen. Dabei verfielen sie beide wieder in Schweigen, als müssten sie die vergangenen Minuten sacken lassen. Es war viel gesagt worden, ein paar Dinge, die man verarbeiten musste, ein paar die bekannt waren und viel zu viel war wiederum nicht ausgesprochen worden. Keine Situation, die sonderlich neu für die junge Frau war, war es doch schon das ein oder andere Mal vorgekommen, dass es ähnliche Abende gegeben hatte. Und meist hatten sie alle gleich geendet.

"Wir sollten langsam ins Bett gehen. Du bekommst sonst auch schon zu wenig Schlaf." Damit hatte sie nicht einmal Unrecht. Schlaf war immer ein schwieriges Thema. Sie ging in den frühen Morgenstunden zu Bett und schlief, wenn es ein guter Tag war, bis zum späten Mittag. Einen guten Schlaf hatte sie noch nie wirklich gehabt, Albträume und eine innere Anspannung sorgten stets dafür, dass sie kaum ruhig schlafen konnte. Die einzigen Nächte, in denen es halbwegs in Ordnung war, waren jene in denen sie mit Robin das Zimmer teilte. Jene waren allerdings eine wahre Seltenheit in ihrem Leben. Also nickte sie nur und rutschte von dem Tisch hinunter, um sich mit Robin in das Schlafzimmer zu begeben. Das Gespräch war beendet und, bis sie eingeschlafen war, hätte Nami sicherlich noch genug Zeit, um zu bereuen, dass sie ihren Mut wieder nicht gefunden hatte.

***

"Was ist los?" Meistens wälzte sie sich einfach ein, zwei Stunden in ihrem Bett herum, konnte dann aber irgendwann einschlafen. Heute war einer dieser Tage an denen es nichts half. Ob und wann Robin eingeschlafen war hatte sie nicht sagen können und als sie nach einer gefühlten Ewigkeit immer noch nicht geschlafen hatte war sie aufgestanden. Ein bisschen Bewegung, irgendetwas machen. Sie war an das Fenster in dem kleinen Raum heran getreten, hatte die Arme um den Körper geschlungen und blickte nachdenklich hinaus. Draußen war die Nacht noch lange nicht vorbei, zahlreiche betrunkene Piraten torkelten durch die Straßen, entweder auf der Suche nach etwas zu trinken oder Streit. Meist jedoch beides.

Hinter sich vernahm sie leise Geräusche, eine Bewegung. Vermutlich hatte Robin sich nun aufgesetzt. Es war nicht ihre Absicht gewesen die andere zu wecken, wenn es das gewesen wäre, dann hätte sie es direkt getan, sie wusste, dass sie das konnte. Es war schon das ein oder andere Mal vorgekommen und Robin hatte ebenso erlebt, wie sie schreiend aus einem Albtraum aufgewacht war, wie sie es mit angesehen hatte, wie die andere sich unruhig hin und her wälzte.

"Ein Sturm zieht auf", murmelte sie leise, ohne den Blick von der Straße abzuwenden. Je länger sie sich damit auseinander setzte umso deutlicher wurde es spürbar. Auch wenn man die Menschen dort unten beobachtete. Irgendwas war einfach anders, als sonst.

"Ein Unwetter?" Robin wusste um ihre Fähigkeit das Wetter zu spüren. Jede noch so kleine Veränderung des Luftdrucks wahrnehmen zu können, doch das war es nicht, was sie an diesem Abend meinte.

"Nein". Eine knappe Antwort, mehr nicht. Nach allem, was sie jedoch an diesem Abend besprochen hatten dürfte das jedoch auch Antwort genug sein. "Etwas anderes", fügte sie dennoch hinzu, während sie erneut Geräusche hinter sich vernahm. Leise Schritte. Dann spürte sie einen Körper hinter sich und zwei Arme, die sich um ihren Bauch schlangen, ehe sie sanft an Robin gedrückt wurde. Ohne Zögern gab sie dem nach, lehnte sich etwas gegen die andere, während sie spürte, wie sie den Kopf an Nami’s lehnte und ebenfalls hinaus blickte.

"Mach dir nicht so viele Sorgen, du solltest jetzt lieber wieder ins Bett gehen." Sie nickte leicht. Natürlich hatte Robin recht, doch das hatte beim ersten Mal auch nicht funktioniert und so, wie sie sich momentan fühlte wusste sie, dass sie in der nächsten Stunde auch keinen Schlaf finden würde.

"Mir gefällt das alles nicht", murmelte sie leise und lehnte ihren Kopf etwas mehr gegen den der anderen. Für einen Moment schloss sie die Augen, während sie den Worten der anderen lauschte.

"Macht dir keine Sorgen, es wird nichts geschehen.“ Sie wussten wohl beide, dass es so einfach nicht war, doch vermutlich war es normal, dass man in solchen Situationen dennoch versuchte das ganze positiv zu sehen. Doch wenn das alles wahr war, dann überlebten nur die Stärksten. Sie durften sich nun keine Schwächen erlauben.

"Komm, leg dich wieder hin Nami", sprach Robin sanft, bevor Nami spürte, wie sie wieder von ihr abließ. Nami öffnete wieder die Augen, lauschte, wie Robin sich wieder zu ihrem Bett begab. Noch einen Moment verharrte sie in ihrer Position, dann wandte sie sich ab und folgte Robin. Sie hatte Recht, sie sollte endlich schlafen, zumindest musste sie es versuchen. Vielleicht würde die Welt morgen zumindest ein bisschen anders aussehen. Sie hoffte es, sie hoffte es wirklich.


 



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: robin-chan
2014-01-23T20:08:59+00:00 23.01.2014 21:08
Endlich! Nach der anderen Aktualisierung und dem OS dachte ich schon, du hättest darauf vergessen ;) Schon zu lesen, dass Robin tatsächlich nicht verschwunden ist sondern nur gerade... abgetaucht (?) war. Nami ihre Ausrede war ja sehr überzeugend, aber Robin hätte wohl selbst mit einer besseren Ausrede sofort gewusst, womit dieser Gefühlsausbruch zu tun hatte. Ich frage mich allmählich, wann die beiden wirklich mal offen miteinander sprechen... so was ist nicht gut.. Robins Angebot mit ihr zu kommen, mhm, keine schlechte Idee, allerdings glaube ich kaum das Nami das annimmt? Jedenfalls ist es interessant zu sehen, wie der Prolog mit übernommen worden ist.
Am Ende kann ich einfach nur sagen, ich hoffe sehr, dass es wieder rascher weitergeht ;)

LG
Von: abgemeldet
2014-01-23T20:01:06+00:00 23.01.2014 21:01
Schön, dass Robin doch nicht abgehauen ist :)
Ich finde es süß, wie Robin sich um Nami kümmert, aber Robin scheint wirklich mehr über das Marineschiff zu wissen, als man glauben mag.
Von:  fahnm
2014-01-22T23:33:00+00:00 23.01.2014 00:33
Klasse Kapi^^
Mach weiter so^^
Von:  fahnm
2014-01-22T23:33:00+00:00 23.01.2014 00:33
Klasse Kapi^^
Mach weiter so^^


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