Zum Inhalt der Seite

Die Drachensaga

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die Sage

Noru, Mias Lehrmeister, bringt sie auf den Höchsten Berg des Gebirges, das Ihr Land von dem ihres Feindes trennt. Nun erzählt er ihr die Entstehung des Ganzen.

„Lass mich dir dazu eine kleine Geschichte erzählen.

Vor langer, langer Zeit, noch bevor es unseren Stamm, noch den unserer Feinde gab, lebten hier noch keine Menschen. Auch kein Gebirge war hier. Das Land war eben und wenn man auf die höchsten Bäume kletterte, konnte man rings um sich den Horizont erblicken.

Auch wenn hier keine Menschen lebten, so war das Land an sich nicht unbewohnt. Zahlreiche Arten von Tieren belebten die Gegend und eines davon war der grosse steinerne Drache. Er war der Beschützer des ganzen Landes. Die Tiere hatten keine Angst vor ihm, denn er tat ihnen nichts an, sass immer nur da und überblickte das Land mit seinen wachsamen Augen.

Eines Tages näherte sich vom nördlichen Horizont eine Karawane. Die Wesen, welche die Karawane bildeten hatte der Drache noch nie gesehen. Deshalb reckte er seine Glieder, spannte seine ledernen Flügel aus und flog den Eindringlingen entgegen. Die Menschen, welche die Wesen waren, die der Drache nicht kannte, sahen ihn schon von weitem, doch sie dachten zunächst, das wäre nur ein Fels, der dort lag. Als der vermeintliche Fels aber seine Flügel ausbreitete und auf sie zuflog, erschraken sie zutiefst und wollten fliehen. Doch nach drei, vier Flügelschlägen war der steinerne Drache bei ihnen angelangt. Dann erspürte er ihren Geist und fragte sie in Gedanken mit tief grollender stimme: „ Was wollt ihr in meinem Land?“ Die Menschen schlotterten und einigen entsagten die Knie, so dass sie zusammenbrachen oder gar in Ohnmacht fielen. Ihr Anführer aber fasste sich, trat auf den Drachen zu und antwortete so laut und selbstsicher er konnte: „Oh grosser Herrscher dieser Lande, wir kommen von weit her und sind auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Von dort, wo wir einst lebten, wurden wir vertrieben, denn es herrscht Krieg. Ich bitte dich nun, im Namen der Gastfreundschaft, dass du mich und meine Leute auf deinem Land wohnen lässt, da es uns alles bietet, was wir zum Leben brauchen.“

Nachdem der grosse Drache die Antwort des Anführers angehört hatte, überlegte er lange. Schliesslich sagte er in den Gedanken der Menschen: „Also gut. Ihr habt kein Zuhause mehr. So erlaube ich euch, auf meinem Land zu bleiben. Doch ihr müsst mir versprechen, die Natur nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen.“ Die Menschen versprachen es. Viele Jahre lang lebten sie im Einklang mit der Natur.

Eines Tages schlich sich ein junger Jäger, etwas älter als du jetzt, zum Drachen. Er wollte sein Geschick prüfen, in dem er möglichst nahe an den Drachen heran kam, ohne dass dieser ihn bemerkte. Er schaffte es zwar, zum steinernen Drachen zu gelangen, jedoch nicht unbemerkt. So sagte er zu dem grossen Drachen in all seinem Übermut: „Ich werde es schaffen, du wirst schon sehen!“, worauf der Drache nur entgegnete: „Ich sehe immer und alles.“ „Also wirst du auch sehen, wie ich dich besiege!“, protzte der junge Wichtigtuer. So ging er davon, um sich auszudenken, wie er den Drachen besiegen könnte.

Am nächsten Tag kam er wieder zum steinernen Drachen. Er verband sich die Füsse mit Stoff, so dass der Drache seine Schritte nicht hören konnte, rieb sich mit Erde ein und deckte sich mit Blätter ab, so dass der Drache ihn nicht sehen konnte. Und durch den erdigen Geruch, konnte er ihn auch nicht von dem Geruch des Waldes unterscheiden. Meinte der Junge. Doch er schlug fehl. Der grosse steinerne Drache bemerkte ihn. Der Menschenjunge fragte ihn, wie er das mache. Die Antwort lautete: „Ich verbinde mich mit der Erde. Ich spüre alles, was in und auf ihr geschieht, bis an den Horizont. Wenn du dich also unbemerkt an mich heranschleichen wolltest, müsstest du fliegen können. Doch selbst dann würde ich dich bemerken, denn mit meinen Augen erblicke ich alles, bis an den Horizont.“ Der Mensch war zutiefst beeindruckt. Er wollte das unbedingt auch können und so fragte er den grossen Drachen, ob er ihm das beibringen könne. Dieser verneinte. „Ich habe die Aufgabe dieses Land zu beschützen und nicht, einem Menschenjungen die Drachenkräfte zu lehren.“

Der junge Recke gab trotzdem nicht auf. Er ging jeden Tag zum Drachen, der ihn nicht beachtete und seiner Aufgabe nachging. Der Junge wich ihm nicht von der Seite und fragte ihn ständig alles Mögliche über dessen Begabung. Schliesslich gab der steinerne Drache nach und erzählte ihm, wie er zu seiner Kraft kam, oder eher sie zu ihm. Er hatte sie nämlich schon von Geburt an, da er zur Gattung der Erddrachen gehörte. Er konnte ihm nur beschreiben, was er dabei fühlte, wie die Wurzeln der uralten Bäume, die sich tief in den Boden krallen, oder das Huschen einer Eidechse über einen kleinen Felsbrocken. Auch seinen Zustand beschrieb er, in dem er sich befand, wenn er sich mit der Erde „vereinte“, so sagte er.

Dadurch lernte der junge Recke von dem grossen steinernen Drachen und schrieb seine Studien auf Schriftrollen. Mit der Zeit verstand der Junge, was es mit dieser Kraft auf sich hatte und lernte sie durch das Studieren seiner Schriften zu beherrschen. Er übte sein neues Talent an den Felsbrocken, die er zertrümmerte, riss Bäume mitsamt den Wurzeln aus. Dies missfiel dem Drachen, dem Beschützer und Herrscher der Lande. Er sagte: „Übereifriger Mensch, als du und deine Artgenossen hier her gekommen seid, habe ich euch diesen Ort zum Leben gegeben. Ihr musstet mir im Gegenzug versprechen, dass ihr die Natur im Gleichgewicht haltet. Doch das was du hier tust, entspricht nicht unserem Abkommen.“

Der junge Mann hörte aber nicht auf den grossen Drachen und übte weiter. So beschloss der Drache, zum Wohle des Landes, die Menschen zu vertreiben, denn er begriff, dass sie kein Mass kannten. Aber der junge Sprössling liess das nicht mit sich und seinen Leuten machen und so verteidigte er sie. Es entbrannte ein fürchterlicher Kampf zwischen dem neuen Erdbändiger und dem uralten, grossen, steinernen Drachen.

Bald schon war klar, dass der grosse Drache mit seinem über Jahrtausende altem Wissen dem Manne um vieles überlegen war. Also musste dieser aufgeben. Er versprach dem steinernen Drachen, nie wieder die Macht über die Erde zu missbrauchen. Nur noch ein Mal wolle er sie benutzen, um dem mächtigen Drachen ein Geschenk zu machen. Der Drache willigte ein, denn solange der Mensch sein Wort hielt, würde es ja wohl nichts schaden. So sammelte der Erdbändiger all seine Kraft und formte aus der Erde eben diesen Berg, auf dem wir nun sitzen. Aber damals war er innen hohl. Er sagte dem Drachen: „Dies ist mein Geschenk an dich. Damit du nicht ständig den Gezeiten ausgesetzt bist, soll diese Höhle nun deine Unterkunft sein. Auch zum Dank, dass du uns dein Land gegeben hast, als Heimat, möchte ich dir nun ein Zuhause schenken.“ Der Drache ging vertrauensvoll hinein, um die riesige Höhle zu begutachten. Und sobald er drinnen war, verschloss der Mann den Eingang. „Was soll das?!“, donnerte der Drache. „Du kannst nicht mehr hinaus!“, antwortete der Mensch höhnisch, „Denn wenn du dich bewegst, wird der ganze Berg über dir zusammenstürzen und dich unter sich begraben.“

Daraufhin knurrte der Drache so laut, dass die Erde erzitterte und man das Grollen noch bis hin zum Horizont in der Erde spürte. Der grosse Drache zahlte es dem jungen Bändiger heim, in dem er die Gebirgskette erschuf, die du hier heute siehst. Durch sie wurde der Mann von seinen Leuten getrennt. Auch nahm er dem Mann seine Macht über die Erde und hinderte ihn so daran, das Gebirge zu überqueren. Wie er das tat, bleibt bis heute ein Rätsel, denn Drachen haben manchmal die aussergewöhnlichsten Fähigkeiten. Natürlich konnten die anderen über die Berge ziehen, aber als sie auf der anderen Seite ankamen und nach ihrem Vermissten suchten, haben sie ihn nie gefunden, obschon sie an ein gelöschtes Lagerfeuer trafen oder seine Spur im schlammigen Boden fanden. Der steinerne Drache musste einen Fluch über den Mann gelegt haben, der ihn von seinen Kameraden trennte.

Trotz alle dem, hatten diese aber auch noch ihre Fähigkeiten, die ihnen ihr einstiger Begleiter beigebracht hatte. Sie wollten das Gebirge mit vereinten Kräften wieder dem Erdboden gleich machen… Wortwörtlich. Doch jedes mal, wenn sie ihre Kraft auf das Gebirge konzentrierten, ertönte wieder das tiefe, düstere Grollen und ihre Kräfte drohten zu schwinden. Sobald sie aber davon abliessen, strömte ihre Kraft zurück. Der grosse Drache gewährte ihnen ihre Macht, denn er wusste, solange er eingesperrt war im Berg, konnte er nicht über das Land wachen. So überliess er seine Aufgabe den Menschen und es entstand das Volk der Erdbändiger.“

Der Drachenwald

Glitzernder Tau lag auf den Blättern der Bäume, durch deren Geäst die Morgensonne ihre Strahlen schickte. Mira stand vor ihrer Jurte und streckte sich.

Heute ist der grosse Tag, heute werde ich endlich Fliegen lernen!

Ein Freudenschauer lief ihr über den Rücken, als ihr dieser Gedanke durch den Kopf schoss.

Blinzelnd saht sie sich um, atmete die frische Luft ein. Erst wenige ihres Stammes waren schon auf den Beinen. Diese aber bereiteten sich auf den Tag vor. Sie gingen zum nahen Süsswasserbach, um sich Wasser für die Morgentoilette zu holen oder sammelten Holz für ein kleines Feuer, das die noch steifen Glieder wärmen soll. Mira trottete ebenfalls zum Bach. Doch anders als die anderen schöpfte sie kein Wasser, sondern sprang mit einem lauten Jauchzer ins kalte Nass. Die Strömung war nicht sehr stark und so liess sie sich ein kleines Stück auf dem Rücken treiben, bevor sie die Füsse aufs Flussbett stellte und sich langsam zum Ufer hin bewegte. Mit tropfendem Nachthemd, dementsprechend schlotternd, doch freudig stand sie wieder auf dem Land. Dann machte sie sich schleunigst auf den Rückweg. Schon von weitem sah sie, Dass bereits eine Rauchfahne aus der Rauchluke ihrer sechseckigen Jurte quoll. Als sie den Filzvorhang beiseite schob, winkte ihr Aya, ihre Mutter zu und forderte sie auf, sich zum Feuer zu setzen. Mira lächelte dankbar und setzte sich zum Feuer, während ihr Aya ein Tuch holte, um Mira trocken zu rubbeln. Nachdem sie ein bisschen trockener war, konnte Mira ihre Trainingskleider anziehen.

Als Aya mit dem Frühstück beschäftigt war, fragte sie: „Und wie war das Wasser?“

„Erfrischend!“, antwortete Mira lachend und ihre Mutter schmunzelte.

Dann schlang sie ihr Frühstück hinunter und rannte gleich darauf aus dem Zelt. Sie wurde nicht langsamer, bis sie den Dorfplatz erreicht hatte, welcher das Zentrum bildete. Dort erwartete sie bereits ihr Lehrmeister Nuro. Sie verbeugte sich höflich und wünschte ihm einen guten Morgen. Er grüsste ebenfalls.

„Und bist du bereit?“, fragte Nuro.

„Ja Meister, ich kann es kaum noch erwarten“, erwiderte Mira ihm mit glänzenden Augen.

„Also. Auf!“, sagte Nuro und auf diesen Befehl hin, machten sie sich auf den Weg ins Gebirge. Dabei rannten sie so schnell, dass man sie nur noch als Schatten erkennen konnte. Das Schattenrennen, wie es Miras Stamm nannte, hatte sie schon von klein auf Gelernt und beherrschte es darum schon fast so gut wie ihr Meister.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück