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Der Schneeprinz

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Der Schneeprinz

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Der Schneeprinz


 

In den kommenden Wochen passiert es immer häufiger, dass ich von der Arbeit heim komme und meine Wohnung durch die Abwesenheit jeglicher göttlicher Existenz glänzt. Oder einfacher ausgedrückt, Loki ist nicht da. Und Bob fehlt auch.

So auch heute.

Endlich finde ich mal wieder Zeit das Internet unsicher zu machen und stoße just auf eine Facebook-Freundschaftsanfrage eines gewissen Harry Houdini. Erstaunt lege ich den Kopf schief und bewege mich näher in Richtung Bildschirm.

Die Tür fliegt auf und meine beiden Männer stürmen die Wohnung, Bob voraus.

»Oh«, sagt Loki, als er mich sitzen sieht. »Du bist ja schon da.«

»Hallo auch an dich«, erwidere ich und kümmere mich darum, dass Bob sein Abendessen bekommt.

Loki baut sich vor mir auf, als ich mich von Bobs Fressnapf erhebe, packt meinen Hinterkopf und drückt mir zur Begrüßung einen Kuss auf den Haaransatz.

»Du bist barfuß«, bemerke ich verwirrt, als ich an ihm hinab blicke.

»Ich wusste, ich habe heute morgen etwas vergessen«, sagt er dazu und holt eine Packung Schaumküsse aus einer Einkaufstüte hervor, die er mitgebracht hat, lässt die Absonderlichkeit aber weitestgehend unkommentiert.

»Du hast nicht gemerkt, dass du keine Schuhe anhast?«, frage ich weiter und gehe zurück zum PC, während Loki die Einkaufstüte weiter ausräumt.

»Nein. Ich war wohl zu beschäftigt.«

Apropos.

»Du machst doch nichts Illegales, oder?«

Er hält beim Auspacken inne und schaut überlegend auf.

»Ich hoffe nicht. Obwohl...« Mir stockt der Atem. »Nein, doch nicht.«

Ich werfe mit einem Sitzkissen nach ihm, doch er geht einfach einen raschen Schritt zur Seite, sodass das Kissen nutzlos gegen einen Hängeschrank fliegt und in der Spüle landet. Als hätte er meinen Angriff kommen sehen. Gruselig.

»Hast du mir eine Facebook-Anfrage geschickt?«, frage ich schnell und bewege den Mauszeiger zwischen »Bestätigen« und »Nicht jetzt« hin und her.

»Ja«, die erneute Antwort und ich verziehe das Gesicht zu einem fiesen Grinsen.

»Also ablehnen«, nuschele ich, klicke allerdings auf die Bestätigungstaste.

Loki widmet mir seine Aufmerksamkeit und schenkt mir seinen Mörderblick. Ach du Schreck.

»Hilfe«, fiepe ich und stehe langsam auf, um schnell das Weite suchen zu können.

»Na warte«, sagt er gepresst und krempelt sich betont langsam die Ärmel nach oben. »Wenn ich dich in die Finger bekomme.«

Ich kreische, als er sich in Bewegung setzt und wir uns in einem Ringelpiez-Spiel um das Sofa jagen. Bob bellt dabei freudig und springt zwischen unseren Beinen herum.

»Neeein«, quietsche ich, als Loki mich zu packen bekommt, in die Luft hebt und ich mich keine Sekunde später, auf der Sitzfläche liegend, auf meinem Sofa wiederfinde.

Ich trete um mich und versuche seine Hände davon abzuhalten, mich durchzukitzeln. Es gelingt mir mehr schlecht als recht. Vor lauter Lachen hab ich schon Bauchschmerzen. Loki kennt kein Erbarmen, hält mich mit seinem Gewicht unten und als auch noch Bob mitmischt und seine Zunge über mein Gesicht schleckt, flehe ich um Gnade.

Ein Klopfen lässt uns alle in der Bewegung inne halten. Selbst Bob scheint zu horchen. Loki und ich sehen uns an, während Nick – immer noch katzenlos – mit einem Besenstiel von unten gegen die Decke klopft und um Ruhe bittet. Seine genauen Worte sind nicht zu verstehen, was vielleicht auch besser ist. Jedenfalls brechen wir schallend in Gelächter aus und kommen irgendwann um Atem ringend auf dem Sofa sitzend zur Ruhe.

Loki zappt durchs Programm und bleibt einmal mehr bei einem Fantasyfilm hängen. Der letzte Teil einer Trilogie, wie sich herausstellt. Irgendwas mit einem Ring.

»Schon eine Idee fürs Wochenende?«, fragt er mich, ohne sich die Handlung entgehen zu lassen.

Ich überlege angestrengt. Letzte Woche hatten wir eine Hundeschlittenfahrt ausprobiert, was anfangs zwar spaßig war, aber mit der Zeit auch ziemlich langweilig wurde.

Die Woche davor waren wir mehr oder weniger erfolgreich Jagen gewesen. Ich hätte fast einen Schneehasen erwischt. Nur Nick hatte mich übertrumpft, denn er hatte seinen eigenen Fuß getroffen. Er läuft noch heute mit Gehhilfen durch die Gegend und erzählt jedem, der es hören und nicht hören will, eine haarsträubende Geschichte darüber, wie er in den Bergen Alaskas fast ums Leben gekommen wäre. Natürlich übertreibt er maßlos, denn eigentlich hatte nur seine große Zehe ein klein wenig Schrot abbekommen.

»Wir könnten noch einmal nach Anchorage fliegen«, schlage ich scherzhaft vor. »Vielleicht ist der Gorilla wieder in den Clubs unterwegs und du bekommst eine Revanche.«

»Sehr witzig«, sagt Loki und bewegt seine Augen nicht vom Bildschirm.

Ich gluckse leise vor mich hin und tätschele Bobs Kopf, der auf meinem Knie liegt.

»Oh, ich weiß«, fällt mir ein. »Wir fragen Bill, ob er uns sein Schneemobil leiht. Dann fahren wir in die Berge, wo ich dir etwas ganz tolles zeigen kann.«

»Abgemacht«, sagt Loki prompt und hebt seinen linken Arm. Ein Zeichen dafür, dass ich mich anlehnen soll.

Ich gehorche, kuschele mich an ihn und überlege, was sich zwischen uns eigentlich für eine seltsame Freundschaft entwickelt hat. Verrückt.

Bob ist, vor mir sitzend, den Kopf immer noch auf meinem Knie, eingeschlafen und schnarcht nun leise vor sich hin.

»Dieser Samweis Gamdschie ist für mich der wahre Held«, sagt Loki auf einmal und ich weiß überhaupt nicht, was er eigentlich meint.

»Häh?«, mache ich nur und meine Stirn legt sich von ganz allein in Falten.

»'Der Herr der Ringe'«, klärt er mich auf und deutet kurz mit dem Kinn auf den Fernseher.

Ach so. Ja, ja. Wie auch immer.
 

~
 

»Und du bist sicher, dass du das hinbekommst?«, frage ich noch einmal nach und kralle mich fast krampfhaft um Lokis Mitte.

»Hier ist das Gas und hier die Bremse«, erklärt er mir und deutet auf die Lenkstange des Schneemobils. »Das ist kinderleicht. Deine Worte.«

Schluck. Ja gut. Aber da saß ich auch noch nicht direkt hinter ihm auf dem lauten Gefährt und die Schneefront direkt über unserem Zielgebiet war auch noch nicht dagewesen.

Ach, was soll's, löst sich mein anfängliches Unbehagen plötzlich in Luft auf. Man lebt nur einmal.

»Na dann, gib mal Gas, Houdini.«

Ich unterdrücke ein Kreischen, als das Gefährt einen Satz nach vorn macht, der Motor aufheult und meinen Körper zum Vibrieren bringt. Ich drücke meine Wange gegen Lokis Rücken und versuche mein Gesicht so gut es geht vor dem beißenden Nordwind zu schützen. Als das Mobil sich einen Weg durch die Straßen bahnt, denke ich, dass es vielleicht doch gar keine so schlechte Idee war, Loki ans Steuer zu lassen.

»Da entlang«, sage ich hin und wieder oder »Nach rechts.«

Unser Weg führt uns durch die verschneite Landschaft, über schneeige Gipfel bis hinauf zum Thompson Pass und dem namenlosen Berg, welcher unser Ziel ist.

Als wir nach gefühlten Stunden der Fahrt endlich von dem Gefährt absteigen, fühle ich mich so steif gefroren, dass ich locker als Eis am Stiel durchgehen kann. Meine Wimpern sind vereist und meine Haut gerötet, doch der Blick, der sich uns bietet, als wir in das Tal zu unseren Füßen blicken, ist einmalig und entschädigt den langen Weg.

Der Schneefall hat nachgelassen, die Wolkendecke ist aufgerissen und der nächtliche Himmel würde nach Untergang der Sonne, binnen weniger Minuten voll von Sternen sein.

»Ist dir gar nicht kalt?«, frage ich Loki, der jetzt mit verschränkten Armen locker gegen das abgestellte Schneemobil lehnt und auf Valdez in der Ferne hinab blickt.

»Nein«, sagt er und Atem steigt in weißen Wolken von seinem Gesicht auf. Sein Blick streift mich flüchtig. »Dir?«

»Nein«, schwindele ich. Ich bin in dieser Gegend aufgewachsen, aber die winterliche Kälte raubt mir jedes Jahr aufs Neue die Nerven. Ich bin eben eine Frostbeule durch und durch.

Ein Blick in den Himmel verrät mir, dass das Schauspiel gleich beginnen wird. Von unserem Aussichtspunkt in der Nähe einer Jagdhütte, haben wir einen guten Blick auf das Firmament.

Ich setze an etwas zu sagen, doch plötzlich landet ein Schneeball in meinem Gesicht und fegt mir die Mütze vom Kopf. Wie paralysiert stehe ich mit offenem Mund einen Augenblick still, dann dreht sich mein Kopf langsam in Lokis Richtung, der ganz unschuldig, mit den Händen hinter dem Rücken, dasteht und pfeift.

Ein Glitzern liegt in seinen Augen.

Also schön, Laufeyson, denke ich mir. Was du kannst, kann ich schon lange.

»Attacke!«, schreie ich loslaufend und werfe mich gegen Loki, sodass wir beide mit einem Aufschrei umfallen und im Tiefschnee landen.

Eine kurze Keilerei beginnt, dann eise ich mich los und hechte hinter eine junge Tanne in Sicherheit, wo ich erst einmal Munition in Form von kleinen, weißen Kugeln forme, was mit Handschuhen gar nicht so leicht geht. Hektisch blicke ich mich in alle Richtungen um. Loki ist verschwunden. Was macht man in so einem Fall gleich noch einmal? Ach ja. Herausfordern.

»Komm raus, wenn du dich traust«, rufe ich über meiner Schulter hinweg.

»Ich bin doch hier«, sagt er, plötzlich neben mir stehend und ich habe gerade noch Zeit einen Schneeball in sein Gesicht zu drücken, bevor er mich packt und in eine Schneewehe wirft.

Strampelnd befreie ich mich aus meinem weißen Gefängnis und sehe gerade noch rechtzeitig, wie er hinter einem umgestürzten Baum in Deckung geht. Der Wind trägt ein leises Lachen an mein Ohr und meine Augen verengen sich zu schlitzen.

»Das wird dir nichts nützen«, rufe ich und schleiche näher, einen Schneeball in jeder Hand haltend. »Jetzt kommt mein Spezialangriff.« Ich weiß selber noch nicht, wie genau der aussieht. Aber im Zweifelsfall werde ich einfach laut schreien und tierisch Ramba Zamba machen. »Boom, Baby!«, rufe ich und umrunde den Baumstamm mit einer Schneeballladung direkt im Anschlag, finde dahinter jedoch keinen vor Angst schlotternden Gegner, sondern... nichts. »Mist.«

Dann nehme ich hinter mir eine Bewegung wahr, wirbele herum und gebe blindlings den ersten Schuss ab. Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn, sagt man immer, und das hier ist wohl so ein Fall, denn der Schneeball aus Pulverschnee trifft Loki am Kopf und zerstiebt in Millionen kleine Schneekristalle, die sich überall auf seiner Kleidung und in seinem Haar festsetzen.

Faszinierend, denke ich mir und will sein Haar anfassen, also tue ich es auch, nachdem ich die Distanz zwischen uns überwinde.

»Mein Schneeprinz«, sage ich lächelnd und lasse zu, dass er mir meine Mütze wieder auf den Kopf drückt.

»Und was bist du?«, fragt er leise lächelnd, als würde er es auch so meinen. »Die Schneekönigin?«

Oh nein, das würde ich mir nie anmaßen zu sagen.

»Schau!«, fällt mir plötzlich auf, als ich in den Himmel über uns schaue und Loki sich daraufhin interessiert umdreht.

Fließende Lichter bedecken den Himmel, wabbern durch die Nacht und das grüne Leuchten der Polarlichter lässt unsere Haut ebenfalls grün leuchten, als wir die Köpfe in den Nacken werfen und das Naturschauspiel beobachten. Es ist immer wieder faszinierend.

»Das erinnert mich an etwas«, bemerkt Loki, als wir nebeneinander am Schneemobil lehnen und meine Alarmglocken läuten eine Nervenkrise ein.

Oh Gott. Er erinnert sich an etwas.

Die Regenbogenbrücke zwischen den Welten, fällt mir plötzlich schlagartig ein. Das ist bestimmt ähnlich. Gleich wird ihm ein Licht aufgehen und er wird in einer grünen Rauchwolke verschwinden. Dann wird ihm noch ein Licht aufgehen. Ihm wird klar, dass ich von seiner Identität wusste. Schließlich wird er zurückkehren und mich doch noch in einen Teichmolch verwandeln. Oh je.

»Diese Leuchterscheinung«, spricht er weiter, bewegt sich und stößt dabei mit seiner Schulter gegen meine, was mich zusammenzucken lässt. »wird beim Auftreffen geladener Teilchen des Sonnenwindes auf die Erdatmosphäre in den Polargebieten der Erde hervorgerufen.«

Ach, denke ich und bin froh, dass er sich doch nur als wandelndes Lexikon outet und nicht als Chaosbringer einer Götterwelt.

»Polarlichter«, sage ich dazu nur atemlos, einfach um irgendetwas zu sagen.

»Danke, dass du mir das gezeigt hast«, meint Loki ruhig, greift nach meiner behandschuhten Hand, die auf der Sitzfläche des Schneemobils ruht und drückt sie leicht.

Mein Kopf lehnt sich wie von selbst gegen seine Schulter, als ich lächelnd versichere, dass ich das gern gemacht habe.
 

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Es ist noch nicht spät, aber ich bin trotzdem müde, als Loki die Wohnungstür aufschließt und ich hinter ihm her trotte. Bob begrüßt uns kurz, dann prescht er an uns vorbei und saust die Treppe in Richtung Vorgarten hinunter.

»Ich geh schon«, höre ich mich sagen und mache kehrt, um Bob hinaus zu lassen.

Dort angekommen, läuft er aufgeregt ein paar Runden durch den Tiefschnee, bis er schließlich das Bein hebt und sich erleichtert.

»Feiner Junge«, lobe ich den Hund und wir schlendern gemeinsam wieder in die erste Etage.

Nachdem die Wohnungstür hinter uns ins Schloss fällt, tritt Loki aus der Küche und wirkt irgendwie bedrückt. Er hat so einen Ausdruck in den Augen.

»Was ist?«, frage ich alarmiert und trete näher, doch er versperrt mir vorerst den Zugang zur Küche.

»Du musst jetzt sehr stark sein«, verlangt er und legt seine Hände auf meine Schultern, sieht mir tief in die Augen und tritt dann langsam beiseite.

Mein Blick huscht umher, sucht nach etwas Ungewöhnlichem. Ich weiß gar nicht was-

»Ach du meine Güte!« Ich stürze zur Fensterbank und lege meine Finger um das Goldfischglas, wo der kleine Schleierschwanz reglos, mit dem kleinen dicken Bauch nach oben auf der Wasseroberfläche treibt. »Mr. Fish!«

»Das tut mir sehr leid«, tritt Loki an mich heran und legt erneut eine Hand tröstend auf meine Schulter.

»Danke«, sage ich um Fassung bemüht und beginne doch sofort mit Schniefen. »E-Er war schon alt.«

»Und ich bin sicher, er hatte ein erfülltes Leben«, vermutet Loki und ich nicke nur noch.

Ja, dem kleinen Kerl hat es an nichts gemangelt.

»Was machen wir denn jetzt mit ihm?«, frage ich ratlos und blicke zum Mülleimer. Oh Gott, nein.

Im Garten können wir ihn auch nicht vergraben. Der Boden ist viel zu sehr gefroren.

»Eine Seebestattung?«, schlägt Loki vor und unsere Blicke wandern zum Badezimmer.

Nickend schnappe ich mir das Glas und trage es zu besagten Ort. Einem Trauermarsch gleich, folgen Loki und Bob in gebührendem Abstand. Nachdem wir uns alle um die Kloschüssel versammelt haben, nehme ich allen Mut zusammen und kippe den Inhalt des Glases, samt Aquariumsand, in die Keramikschüssel.

»Möchtest du noch etwas sagen?«, fragt Loki und ich muss blinzeln, als Tränen meine Sicht trüben, nicke jedoch.

»Du warst der Beste Fisch, den ich kenne«, stammele ich mir zusammen. »Mögest du in Frieden ruhen und immer stromaufwärts schwimmen.«

»Schön gesagt«, meint Loki leise und betätigt schließlich die Klospülung.

Nebeneinander stehend, beobachten wir stumm, wie der Strudel Mr. Fish mit sich reißt und er in der Kanalisation verschwindet.

Dann zerstört Bob den Moment, indem er seinen riesigen Schädel in die Kloschüssel hängt und lautstark beginnt daraus zu saufen.

Ich seufze.

»Meinst du, ein Fernsehabend könnte dich auf andere Gedanken bringen?«, fragt Loki vorsichtig.

»Vielleicht«, äußere ich. »Aber nur, wenn es keine Tierdokumentation ist.«

Übereifrig klatscht Loki in die Hände und saust davon, um alles vorzubereiten. Ich überlege derweil, wohin mit dem Goldfischglas. Unters Bett? Auf den Kleiderschrank? In ein Küchenregal?

Schließlich stelle ich die große Kugel unschlüssig neben die Toilette und watschele betrübt zurück ins Wohnzimmer. Auf dem Beistelltisch steht bereits eine Ladung Schokoküsse, zwei Becher Kakao – mit Marshmallows!! – und eine Auswahl an DVDs.

Schnell geselle ich mich auf meinen angestammten Platz neben Loki und beginne Schokoküsse in mich hineinzustopfen. Ich bin gefrustet, okay?

»Also, wir haben die Wahl zwischen einem Action-Streifen und einem Action-Streifen«, erklärt er und hält zwei DVDs auf Blickhöhe in die Luft.

Ich tue so, als würde ich ernsthaft überlegen.

»Den Action-Streifen«, entscheide ich schließlich und Loki nickt einverstanden.

»Eine gute Wahl.«

Ein dumpfes Klopfen an er Tür lässt uns aufhorchen.

»Ich bin's«, dröhnt Nicks gedämpfte Stimme durch die Tür. »Lasst mich rein. Ich habe eine Ewigkeit gebraucht, um die Treppe zu erklimmen.«

Loki springt auf und lässt Nick herein, der mit seinen Gehhilfen sofort in meine Richtung gehumpelt kommt und sich neben mich schmeißt, während ich mich in eine flauschige Kuscheldecke wickele.

»Ich habe einen Vorschlag zu machen«, sagt Nick prompt und greift nach einem Schokokuss. »Ich wollte morgen eigentlich mit euch Eisfischen gehen, aber da ich ja nun ein Handicap habe, will ich, dass ihr ohne mich geht. Und bitte keine Widerrede. Ich bestehe darauf.«

Ich verziehe das Gesicht, als von Fischen die Rede ist und versuche meinen Kummer mit heißem Kakao hinunterzuspülen.

»Das ist vielleicht keine so gute Idee«, klärt Loki auf, schiebt die DVD in den Player und bereitet für Nick einen weiteren Kakao zu. »Wir haben einen Todesfall zu beklagen.«

»Um Himmelswillen!«, entfährt es Nick und er sieht sich schnell nach Bob um, der wieder einmal unter dem Küchentisch in ein spontanes Koma gefallen ist und laut schnarcht.

Ich muss unfreiwillig grinsen. Es ist diese Art von Schnarchen, die dich zur Weißglut treibt, wenn dein Partner dich damit nervt, aber bei Hunden ist es einfach nur goldig.

»Er atmet doch noch«, stellt Nick unterdessen trocken fest, lehnt sich beruhigt zurück und stellt seine Krücke gegen die Lehne des Sofas.

»Mr. Fish guckt sich das Seegras ab jetzt von unten an«, sage ich und erschrecke leicht, als der Film mit einer lautstarken Fanfare beginnt.

»Der Arme«, stellt auch Nick fest und legt seinen schwer verletzten und bandagierten Fuß auf den Couchtisch. »Aber er war ja schon alt. Ihr wollt doch nicht wirklich deswegen die große Lachswanderung verpassen?«

Lokis und mein Blick treffen sich. Er scheint ähnliche Gedanken wie ich zu haben.

»Die Lachse hier wandern doch erst im Sommer«, sage ich daher und Nick winkt ab.

»Ja, ja, ich wollte euch nur auf den Geschmack bringen. Du solltest außerdem kein Fischtrauma entwickeln. Es ist ja auch nicht so, dass du einen kleinen süßen Goldfisch aus Prince William Sound ziehen wirst, sondern nur einen pfundschweren Lachs.«

»Was meinst du?«, frage ich an Loki gerichtet und sehe dabei zu, wie er die Einstellungen der Soundanlage verändert.

»Klingt nach Spaß«, äußert er seine Meinung und ich gebe mich innerlich seufzend geschlagen.

»Also schön«, stimme ich schließlich dem Angeltrip zu. »Aber nur, wenn wir die gefangenen Fische wieder freilassen.«

»Ehrensache«, sagt Loki, während Nick so aussieht, als würde er bei dem Gedanken körperliche Qualen erleiden.
 

~ Ende des 6. Kapitels ~



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