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Dare o erabu kana?

Für wen soll man sich entscheiden?
von

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Alles wie damals, nein

Es war nicht schlimm, es war doch gar nicht so schlimm. Immer wieder und wieder redete sie sich diese Worte ein, wie ein heilendes Mantra, um ihre Unsicherheit zu bekämpfen. Solange sie nur dem Weg der Straße folgte, konnte sie sich nicht verlaufen. Selbst für jemanden wie sie, der sich schon verlief, sobald er um die Ecke eines Wohnblocks auf eine renovierte Seitenstraße bog, war das unmöglich. Ruhig bleiben und immer schön einen Schritt nach dem anderen setzen, ganz gleich, wie lang ihr die Straße auch vorkommen mochte. Immer länger und länger mit jeder Sekunde, die verging.

Sie wusste nicht, wie lange sie schon lief. Seit sie losgegangen war, war kein einziges Auto an ihr vorbeigefahren. Keine Menschenseele kam ihr entgegen, kein Fahrradfahrer ließ sich blicken. Die Gegend wirkte wie ausgestorben, frei von Menschen und lediglich bewohnt von den Vögeln, die in den Bäumen fröhlich zwitscherten und ihr das Gefühl gaben, sie würden sie beobachten. Es war irgendwie unheimlich, sie selbst konnte die Tiere nicht ausmachen, aber sie waren da. Sie waren das Einzige, was sie neben ihren eigenen Schritten begleitete und die klackenden Laute ihrer Absatzsandalen nur noch deutlicher machte.

‚Es ist alles gut‘, redete sie sich ein und kämpfte gegen das heftige Herzklopfen in ihrer Brust an. ‚Es ist nur eine Station. Wenn ich die nächste Haltestelle sehe, weiß ich auch wieder, wo ich bin. Dann müsste ich das Wohnheim schon sehen können und es ist nicht mehr weit. Alles wird gut, nur halb so wild. Ich muss ruhig bleiben.‘ – Oh, das war so viel leichter gesagt als getan. Sie fürchtete, jeden Moment die Nerven zu verlieren. Alles wirkte so groß, weit und fremd, und niemand, absolut niemand, war hier, den sie nach dem Weg fragen könnte, nur um sich zu vergewissern. Aber ruhig bleiben! Ihre Angst, sich bereits verirrt zu haben, malte ihr das Ganze nur schlimmer aus als es wirklich war. Tief durchatmen, nicht so viel nachdenken und nicht zurückblicken.

Weitere Minuten verstrichen, in denen sie stur geradeaus lief. Sie setzte viele Schritte und hatte doch das Gefühl, sie würde sich kein Stück vorwärts bewegen.

‚Es ist zu weit‘, holten sie die Zweifel ein. ‚So weit war es doch gar nicht? Der Bus braucht doch nur wenige Minuten bis zur nächsten Haltestelle. Kann es sein…? Aber ich habe doch nichts verpasst?‘

Verunsichert blieb sie stehen und blickte prüfend hinter sich. Doch da war nichts, keine Haltestelle war zu sehen und auch keine Abzweigung, die sie verpasst haben könnte. Nur derselbe endloswirkende Teerweg, die breite Straße und Bäume, Bäume, Bäume. Nein, unmöglich, sie konnte sich nicht geirrt haben. Oder gar verlaufen.

„Ich verstehe das nicht“, sprach sie leise zu sich selbst und wandte sich wieder nach vorn. Der Anblick war genau derselbe wie hinter ihr. „Müsste ich nicht langsam da sein? Die beiden Haltestellen liegen doch gar nicht so weit auseinander. … Glaube ich.“ Sie zögerte noch einen Moment, schüttelte dann aber entschieden mit dem Kopf und ermutigte sich, dass es gar nichts brachte, nur herumzustehen und in Zweifeln zu versinken. Wenn sie irgendwann einmal irgendwo ankommen wollte, dann musste sie weitergehen. Einen anderen Weg gab es nicht.

Weitere zögerliche Schritte folgten, bis sie ein Geräusch hinter sich vernahm. Erst war es noch weit entfernt, nur ein leises Rauschen, doch es kam näher. – Ein Auto!

Sie erkannte ihre Chance, blieb stehen und drehte sich um. Und tatsächlich hatte sie sich nicht geirrt, dort kam ein gelber Wagen die Straße entlang. Mit etwas Glück würde der Fahrer kurz anhalten, damit sie ihn nach dem Weg fragen konnte. Vielleicht würde man sie sogar mitnehmen? Das war zwar riskant, das wusste sie, aber dennoch… Ermutigt hob sie den Arm, hoffend, und ließ den Wagen nicht aus den Augen, während dieser immer näher kam. Näher, näher … und an ihr vorbeifuhr.

Es brauchte eine Weile bis Haruka realisierte, dass ihre Hoffnung an ihr vorbeigerauscht war. Dass niemand angehalten hatte, auch nicht wenige Meter später, und sie immer noch allein an Ort und Stelle stand. Naiv und mit einem bedrückenden Gefühl in der Bauchgegend, das ihr unverhohlen bewusst machte, dass sie ihre Zweifel und Verirrungsängste nur noch schlimmer gemacht hatte.

‚Reiß dich zusammen!‘, ermahnte sie sich selbst und schüttelte den Kopf. ‚Geh weiter! Du hast dich nicht verlaufen, geh einfach weiter!‘ Damit trieb sie sich an, sich nicht beirren zu lassen, und wollte ihren Weg wieder aufnehmen, als sie auf etwas am Wegesrand aufmerksam wurde. Nur wenige Schritte weiter führte ein Seitenpfad in das Naturreservat hinein, wie sie es auch schon an der Haltestelle gesehen hatte, an der sie ausgestiegen war. Sie zögerte. War sie nicht damals auch immer durch ein Stück Wald auf dem Weg zum Wohnheim gegangen? Damals, bevor sie und die Jungs nur noch zu ihren Terminen chauffiert worden waren oder sich ein Taxi für ihre Ausflüge gerufen hatten. Vielleicht lag es ja daran, dass ihr der Weg so lang vorkam. Vielleicht lief sie um ihr Ziel herum, statt dem direkten Weg zu folgen, den sie zuvor nicht wahrgenommen hatte oder nur nicht wahrnehmen wollte vor lauter Angst.

Ratlos stand sie da und versuchte sich zu erinnern. Versuchte sich auszumalen, wo sie sich im Augenblick befand und wo das große Haus, in dem sie nun schon so lange lebten, stehen müsste. Dann schluckte sie, straffte entschieden die Schultern und wich auf den Pfad aus, der sie ins Grüne führte.

Die ersten Schritte lösten noch kein scheues Gefühl in ihr aus. Natürlich war es irgendwie unheimlich, obgleich es helllichter Tag war und ihr der fröhliche Vogelgesang in den hohen, tänzelnden Baumkronen Zuspruch gab. Doch je tiefer sie ging, umso unsicherer wurde sie, bis sie ihre Entscheidung gänzlich anzweifelte und stehen blieb. Prüfend blickte sie hinter sich, doch sie war bereits so tief in das Reservat vorgedrungen, dass sie nicht einmal mehr die Straße sehen konnte. Wie weit war sie schon gegangen? Sollte sie lieber zurück und doch weiterhin der Buslinie folgen, oder war sie richtig und musste nur weitergehen?

‚Ich habe die Orientierung verloren‘, wurde ihr bewusst und diese Erkenntnis brachte ihr Herz zum Rasen. Mit einem Mal fühlten sich ihre Knie weich wie Pudding an, alles kam ihr noch größer und dichter vor und obwohl sie am liebsten rennen wollte, hatte sie das Gefühl, an Ort und Stelle festgewachsen zu sein. ‚Was mache ich? Was mache ich denn hier?‘, bebten ihre Lippen, bis sie wimmernd hervorbrachten: „Was mache ich jetzt nur?“

…miii!“ – Was war das? Woher kam es?

…namiii!“ – Da, hinter ihr! Jemand rief. Leise zwar, aber es war lauter gewesen als zuvor. Hatte sie…? Konnte es sein, dass sie ihren Namen zwischen dem Blätterrauschen über ihr herausgehört hatte?

Nanamiii!“ – Kein Zweifel, jemand rief nach ihr! Gott sei Dank, jemand hatte sie gefunden.

„Ittoki-kun?“ Sie war sich nicht sicher, ob es seine Stimme gewesen war, entsprechend zögerlich war ihre Antwort. Aber etwas sagte ihr, dass sie sich nicht getäuscht hatte, und sie machte auf den Absatz kehrt.  Ihre Selbstbeherrschung war zu ihr zurückgekehrt, so folgte sie dem Weg, welchen sie eben erst gekommen war, einige hastende Schritte zurück. „Ittoki-kun?“, rief sie noch einmal in jene Richtung, aus der sie die Stimme vernommen hatte, in der Hoffnung, sie würde ihr antworten.

Meter vor ihr wurde eine Person sichtbar. Der rote Haarschopf hob sich deutlich von der schummerigen Umgebung ab wie ein Rettungssignal, das man einfach nicht übersehen konnte. Es war sogar, zuschulden des vereinzelten Lichteinfalls durch die hohen Baumkronen, als würde das Rubin seiner Augen zu ihr herüberleuchten. „Nanami?“

„Ittoki-kun!“ Sie rannte. Erleichterung machte sich in ihr breit, als sie den Freund sicher erkannt hatte und wahrnahm, wie auch dieser auf sie zukam. Er hielt etwas in seinen Armen, das wie eine Einkaufstüte aussah, deswegen rannte er wohl nicht, da sie sein Sicht- und Bewegungsfeld beeinträchtigen musste.

„Was machst du denn hier?“, riefen sie wie aus einem Munde, als sie beieinander angekommen waren, und dieser unbeabsichtigten Synchronizität folgte ein verdutzter Blickaustausch. Im nächsten Moment mussten beide darüber lachen.

„Ich habe dich aus dem Fenster gesehen“, erklärte er schließlich und legte ein schiefes Grinsen auf. „Ich dachte erst, ich hätte eine Fata Morgana gesehen oder so. Nanami mitten im Nirgendwo? Aber dann… Hast du dich etwa wieder verlaufen?“

„I-ich“, stammelte sie ertappt und spürte, wie ihr die Schamesröte auf die Wangen kroch. Leugnen war zwecklos, das wusste sie selbst, also senkte sie nur betreten den Blick, ehe sie in eine tiefe Verbeugung vorfiel. „Tut mir leid“, stieß sie hervor, „ich habe nicht richtig aufgepasst und bin zu früh aus dem Bus ausgestiegen. Ich dachte, es wäre nicht so weit bis zum Wohnheim und dass ich das Stück auch laufen könnte, bis der nächste Bus käme.“

„Vielleicht hättest du besser gewartet“, kam es zweifelnd zurück und als sich Haruka wieder aufrichtete, hatte Otoya seinen Kopf seitlich gelegt. Sein besorgter Blick ruhte auf ihr, was Grund gewesen wäre, verlegen zu werden, wäre sie es nicht bereits gewesen.

„Vermutlich hast du recht“, gestand sie ihre Schuld mit einem scheuen Lächeln. Dann machte sie auf die Papiertüte in seinen Armen aufmerksam, welche bis zum Rand gefüllt zu sein schien, und eigentlich zusammen mit der ebenso gefüllten rot-weißen Tüte, die zusätzlich an seinem rechten Handgelenk baumelte, ihre Frage erübrigte: „Bist du einkaufen gewesen?“

„Mhm.“ Er nickte. „Heute war ich dran. Ich musste sogar bis in die Stadt, weil Masa irgendwelches Papier wollte, was es im Konsum nicht gibt. Für seine Kalligraphie, glaube ich.“ Daraufhin kramte er mit einer Hand in der Tüte herum und erwischte einen schmalen Folienumschlag mit schwarzer Banderole darum. Skeptisch musterte er ihn, drehte ihn zu allen Seiten herum, bis er mit fraglich hochgezogenen Augenbrauen mit den Schultern zuckte. „Ich weiß nicht, was so besonders daran sein soll. Für mich sieht es wie ganz normales Papier aus, nur dass es zu Wucherpreisen verkauft wird. Aber Masa hat darauf bestanden, dass ich ihm dieses mitbringe und kein anderes“, erklärte er.

„Dann muss ich Hijirikawa-san wohl Danke sagen“, lächelte Haruka und schmunzelte kurz hinter vorgehaltener Hand. „Hätte er dich nicht wegen des Papiers in die Stadt gebeten, hättest du mich nicht finden können und ich wäre immer noch verloren.“

Kurz stutzte er, dann stimmte er in ihr leises Lachen mit ein. „Da hast du wohl recht. Sagen wir ihm nachher Danke, ja? Das wird ihn bestimmt verwirren, hehe.“

„Ja“, strahlte sie zurück. Sie blinzelte, als ihr Blick wieder auf die beiden Einkaufstüten in den Armen des Gitarristen fiel. Sie mussten schwer sein, vermutete sie. „Ähm“, wies sie entsprechend auf das Gepäck hin, „soll ich dir vielleicht tragen helfen?“

„Hm? Ach das. Nein, nein, das geht schon“, beteuerte er mit einem Grinsen, wobei er die Papiertüte in eine bequemere Haltung hochrückte. Es klapperte in ihr drin, klang nach Dosen. „Aber wir sollten uns auf den Rückweg machen, bevor mir die Arme taub werden, haha.“

„Bist du mit dem Bus gekommen, Ittoki-kun?“ Allein der Gedanke rief in ihr ein schlechtes Gewissen hervor.

„Mit dem Bus?“ Ein Kopfschütteln folgte. „Nein, ich habe mir ein Taxi hin und zurück genommen. Ging schneller, damit ich pünktlich vorm Abendessen zurück bin.“

„Ah!“ Sie erinnerte sich. Das gelbe Auto vorhin, welches sie gesehen hatte, das musste er wohl meinen. Also war sie doch nicht unbemerkt geblieben und er hatte sie von dort aus gesehen. „Gott sei Dank“, seufzte sie erleichtert.

Otoya schien ihre Gedanken lesen zu können, denn er grinste über das ganze Gesicht. „Das kannst du laut sagen! Hätte ich meinen Augen nicht getraut, dann wäre ich einfach an dir vorbeigefahren. Aber zum Glück habe ich auf mein ungutes Gefühl gehört und den Fahrer überreden können, anzuhalten und mich rauszulassen.“

„Ja“, lachte sie verlegen. Sie konnte ihr Glück kaum fassen. „Das war wirklich großartig von dir! Vielen Dank.“

„Keine Ursache“, stimmte er in ihr Lachen ein. „Also, gehen wir zurück?“

Haruka nickte eifrig, woraufhin sie sich umwandten und dem Waldpfad zurück in Richtung Straße folgten. Nun, zumindest war das der Plan gewesen, stattdessen schafften sie nur wenige Schritte, bevor Otoya ruckartig stehen blieb und sein „Ah!“ verkündete, dass ihm etwas zu diesem Vorhaben eingefallen sein musste.

„Ittoki-kun?“  Fragend blickte Haruka zu ihm auf. Dem Freund waren mit einem Mal die Gesichtszüge entglitten, seine Augen weit aufgerissen.

„Das Taxi!“, keuchte er und ließ diese Aussage für einen Moment offen im Raum stehen, als habe es ihm die Sprache verschlagen. Kurz darauf sackte sein Kopf nach vorn und er wimmerte nur ein weiteres „Das Taxi…“.

„Ittoki-kun?“, sprach sie ihn erneut vorsichtig an.

„Ich bin ausgestiegen“, begann er zu erzählen und hob den Kopf nur so weit, dass er nicht mehr auf dem eingekauften Gemüse wog. Sein Blick ging ins Leere. „Ich… habe gar nicht darüber nachgedacht. Habe mir das Zeugs geschnappt und bin ausgestiegen. Ich habe mich nicht einmal gewundert, dass der Fahrer schon das Geld haben wollte… ich dachte, es wäre eine Art Sicherheitsmaßnahme oder so.“

„Du meinst…?“

„Es tut mir leid, Nanami“, bedauerte er seinen Fehler und sah zu ihr herüber. „Ich glaube, das Taxi ist weg. Vielleicht hätte ich dem Fahrer sagen sollen, dass er kurz warten soll, nicht wahr?“

„Mh“, schüttelte sie den Kopf. Sein trauriger Hundeblick war kaum zu ertragen, sie musste ihn einfach trösten. „Das ist nicht schlimm, wirklich! Das kann doch jedem einmal passieren. Du wolltest ja nur helfen und hättest du dir nicht so große Sorgen um mich gemacht, wäre dir so etwas auch nicht passiert.“

„Dennoch…“

„Wir haben ja noch den Bus“, erinnerte sie, woraufhin sie sich wieder in Bewegung setzten, um auf diese einzige Alternative zurückzugreifen, sofern sie nicht wirklich laufen wollten. Sie beeilten sich, so gut sie konnten, doch das Unglück langte zur Perfektion, als sie gerade aus dem Wald herausgetreten waren und just in diesem Augenblick ihre Mitfahrgelegenheit an ihren Nasen vorbeirauschte. Das brummende Geräusch wurde schnell in der Entfernung leiser, bog um die Kurve, bis es verschwunden war.

„Das war der Bus“, kommentierte Otoya nach einiger Zeit des gemeinsamen Schweigens genauso unnötig wie Haruka daraufhin nickte. Noch immer standen sie beide regungslos am Straßenrand und gaben ein Bild ab wie nicht abgeholtes Gepäck am Flughafen. „Und das Taxi ist weg.“

„Wir… könnten zur Bushaltestelle zurückgehen und auf den nächsten Bus warten“, schlug sie vor.

„Wie spät ist es?“

Folglich hob Haruka ihr Handgelenk, um einen Blick auf ihre Armbanduhr zu werfen. „Viertel nach fünf.“

„Das ist schlecht.“

„Wieso?“ Fragend sah sie zu ihm hoch.

„Ich erinnere mich, dass ich schon einmal in so einer Situation war, nur umgekehrt.“ Nachdenklich kräuselte Otoya die Augenbrauen. „Mir fiel ein, dass ich noch etwas abholen sollte, aber zu um sechs abends fährt kein Bus. Der letzte fährt zu 19 Uhr.“

„Eeeh? Aber… aber das sind ja“, kurz überschlug sie in ihrem Kopf, wann der nächste Bus entsprechend abfahren müsste, „eineinhalb Stunden?!“

Otoya neben ihr lachte unbeholfen auf. „Da können wir auch gleich laufen. Ich habe mein Handy nicht dabei, ich kann uns also leider kein neues Taxi rufen.“

„Ah, aber ich habe meins dabei!“, erinnerte sie sich und begann sofort, in ihrem Täschchen zu kramen. Das kleine rosafarbene Mobiltelefon mit den kleinen Anhängern daran war schnell gefunden. Nach einem prüfenden Blick jedoch… „Es ist aus? Ah, ist der Akku etwa leer?“

„Also doch laufen“, schlussfolgerte Otoya lachend. Sein Gemüt konnte anscheinend nichts trüben, ganz im Gegensatz zu Haruka, welche geknickt die Schultern nach vorn fallen ließ und sich erneut entschuldigte. Dafür, dass sie sich in der Haltestelle geirrt hatte, dass sie ihr Handy nicht aufgeladen hatte, dass sie nur deswegen jetzt in dieser Situation waren – sie hätte noch etliche Gründe mehr gefunden, hätte Otoya sie nicht unterbrochen und ihr irgendwie glaubhaft versichern können, dass alles nur halb so wild war. Immerhin, so versuchte er sie aufzumuntern, war es genauso ihm zuzuschreiben, dass er es verpatzt hatte, das Taxi nicht wegfahren zu lassen.

„Es gibt eine Abkürzung durch das Reservat“, erklärte er und wandte sich, ganz entgegen Harukas Erwartung, nicht dem Straßenverlauf zu, sondern zurück in Richtung Wald. „Die Straße macht einen großen Bogen um das Reservat herum und ab der Haltestelle müssten wir nochmal etwa zehn Minuten laufen. Wenn wir aber hier durchgehen, brauchen wir vielleicht eine halbe Stunde und sind direkt da.“

„Aber…“ Sie zögerte. „Ist das auch sicher?“

„Nur keine Sorge, Nanami! Ich weiß in etwa, wo wir sind und wo wir hin müssen. Cecil hat mir erzählt, dass er viel im Reservat unterwegs ist, und hat mich einmal sogar auf einen Erkundungsspaziergang mitgenommen. Die Bäume sind markiert, weißt du? Wenn wir uns an diesen Markierungen halten, finden wir uns schon zurecht, versprochen!“

Sie glaubte ihm. Zwar wusste sie selbst nicht genau, wieso, aber sie vertraute ihm. Sie hatte keinen Zweifel, dass Otoya sie richtig navigieren würde. An seiner Seite fühlte sie sich sicher. Schon damals an der Saotome Academy war immer alles gut geworden, wann immer er bei ihr gewesen war.  Sie wusste nicht, wie er das immer wieder geschafft hatte, aber er hatte eine gewisse Art an sich, die ihr das Gefühl gab, selbst an den trübsten Regentagen würde noch die Sonne scheinen. – Ja, und genau so war es auch jetzt, irgendwie. Sie fühlte sich nicht mehr verloren und sie hatte auch keine Angst, denn sie hatte Otoya an ihrer Seite.

 

Tatsächlich wurde ihr Vertrauen in den Rotschopf nicht enttäuscht. Sobald sie an der ersten Pfadkreuzung den richtigen Baum mit jener grünen Dreiecksmarkierung, welche Cecil ihm damals gezeigt hatte, entdeckt hatten, zeigte Otoya Zuversicht und führte sie sicher voran. Ihr kleiner unfreiwilliger Spaziergang dauerte seine Zeit und beim zweiten Mal nahm Otoya doch Harukas Angebot an und überließ ihr die rot-weiße Einkaufstüte, die ihm allmählich zu schwer wurde. Sie nutzten die Zeit für einen Plausch und Haruka berichtete von ihrem Treffen mit Tomochika. Natürlich ließ sie die Details aus, welche ihr viel zu unangenehm gewesen wären, doch Otoya erwies sich auch in dieser Hinsicht als unkompliziert und so kamen sie damit aus, dass sie sich ganz belanglos über die gemeinsame Freundin und ehemalige Klassenkameradin unterhielten.

Die Zeit verstrich und ehe sie es sich versahen, lichtete sich der Wald um sie herum und schon wurde das weite Internatsgrundstück vor ihnen sichtbar. Erleichterung machte sich in ihnen breit und beschleunigte ihre Schritte, bis sie endlich vor der Doppeltür angekommen waren. Nur knapp entging Otoya einem schmerzlichen Zusammenprall, als gerade, kaum dass er nach dem Türknauf greifen wollte, die Tür auch schon nach außen aufgestoßen wurde und ein nicht minder verdutzter Tokiya vor ihnen stand.

„Du bist spät“, bemerkte er in Richtung seines Zimmermitbewohners und ließ den Blick zu dessen Begleitung schweifen. Er deutete ein zurückheißendes Nicken, woraufhin sich Haruka beeilte, sich unnötigerweise zu verbeugen. Derweil hatte Otoya irgendwelche Erklärungen und Entschuldigungen gebrabbelt, doch Tokiya überging diese einfach, indem er erklärte: „Shinomiya-san ist noch mit Syo unterwegs. Wir machen heute etwas später Abendessen, wenn sie zurück sind.“ Dann ging er an ihnen vorbei und entfernte sich, gänzlich ohne irgendwelche Utensilien bewaffnet, in Richtung des grundstückeigenen Sees.

Haruka folgte ihm mit ihrem Blick. Seltsam, er war ganz ruhig und entspannt gewesen. Nichts hatte darauf hingewiesen, dass er ihr oder Otoya wütend sein könnte, dass sie allein gewesen waren. Gestern, bei Cecil, war es anders gewesen, glaubte sie, oder trübten sich bereits ihre Erinnerungen? Gerade jedenfalls hatte sie nichts an ihm bemerken können. Tomo-chan musste sich mit ihrer Vermutung geirrt haben.

„Nanami“, vernahm sie Otoyas Stimme neben ihr, schüttelte ihre Überlegungen beiseite und sputete an dem Freund vorbei, der ihr zuvorkommend die Tür mit seinem Rücken offenhielt.

Auf dem Weg durch das große Haus zu der gemeinsamen Küche trafen sie auf niemanden weiter. Für Otoya war es eine sichtliche Erleichterung, als er endlich die randvoll gefüllte Papiertüte auf der grau-blau gesprenkelten Küchentheke abstellen konnte.

„Geschafft“, seufzte er und wischte sich mit dem Handrücken über die verschwitzte Stirn. Neben ihm tat es ihm Haruka gleich und hievte die Plastiktüte auf die Ablage. „Tut mir leid, dass ich dich das tragen lassen habe. War’s sehr schwer?“, erkundigte er sich mit einem schlechten Gewissen.

Haruka sah ohne Frage müde aus, dennoch versuchte sie es zu überspielen und lächelte zu dem Freund hoch. „Nein, war es nicht“, beteuerte sie mit einem Kopfschütteln. „Und du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Es war schließlich meine Schuld, dass du auf einmal mitten im Wald standest mit den schweren Tüten. Nur um mir zu helfen.“

„Schon“, murmelte er leise, wobei er sich verlegen die Wange kratzte, doch Haruka überhörte ihn.

„Ich helfe dir noch eben mit dem Einräumen.“

„Willst du dich nicht kurz ausruhen? Ich kann das auch allein machen.“

„Das ist schon okay“, lächelte sie. „Vier Hände arbeiten schneller als zwei, richtig?“

Gesagt, getan. Gemeinsam machten sie sich daran, das Eingekaufte auszupacken und auf der Theke auszubreiten. Die Sonderbestellungen der Jungs legte Otoya separat zur Seite, um sie später zu verteilen, dann teilten sie die Einsortierung untereinander auf. Otoya übernahm alles, was in die Schränke sortiert werden musste, und Haruka nahm sich der frischen Lebensmittel an, um sie im Kühlschrank unterzubringen. Sie kamen schnell voran.

„Hm“, überlegte Haruka, während sie ratlos den Kühlschrank inspizierte. „Hier ist kein Platz mehr, aber die Milch muss kühl gelagert werden. Was machen wir jetzt? Ittoki-kun, wohin soll ich-“ Noch im Sprechen erhob sie sich aus ihrer Hocke und drehte sich um, um nach dem Freund zu sehen. Als dieser jedoch bereits hinter ihr stand, wohl um ihr über die Schulter zu schauen, erschrak sie so unerwartet, dass sie den Halt um die Milchpackung verlor und diese mit einem lauten klatschenden Geräusch zu Boden fiel und aufplatzte. Die weiße Flüssigkeit verteilte sich schwappend über dem hellen Fliesenboden.

„Ah, tut mir leid!“, sprachen beide wie aus einem Munde und bückten sich gleichzeitig, um sich um das Missgeschick zu kümmern. In ihrer Eile prallten ihre Köpfe gegeneinander, woraufhin beide schmerzhaft aufstöhnten, ein weiteres „Tut mir leid“ simultan ausstießen und sich die Stirn rieben, ehe sich ihre Blicke trafen und sie herzhaft loslachten. So unglücklich ihre Situation auch gerade war, sie war auch einfach zu komisch.

„Man könnte meinen, wir seien ein altes Ehepaar“, brachte Otoya zwischen seinem Lachen heraus und grinste, was Haruka augenblicklich erröten ließ. Zwar wusste sie, wie es gemeint war – oder zumindest glaubte sie das –, dennoch sorgte es in diesem Moment dafür, dass sich ihr Herz für ein oder zwei Schläge überschlug.

Um sich selbst zu beruhigen und ihre plötzliche Verlegenheit zu überspielen, nickte sie lächelnd. „Wir sind ein eingespieltes Team“, bestätigte sie, seine Formulierung dadurch abmildernd.

Otoya schien ihre Intention dahinter nicht zu bemerken, stattdessen streckte er sich nur in Richtung Theke und suchte blind nach der Packung Küchentücher, welche er glaubte, dort irgendwo abgestellt zu haben. Glücklicherweise fand er, wonach er suchte, und verteilte ein paar der Papierblätter an Haruka und sich selbst.

„Weißt du noch, was Natsuki gestern beim Frühstück gesagt hat?“, fragte er wie beiläufig, während sie die Milch aufwischten. Als Haruka zu ihm aufblickte, lag ein verträumtes Lächeln auf seinem Gesicht. „Ich denke genauso. Irgendwie sind wir wie eine große Familie. Wenn wir alle zusammen singen, trainieren, frühstücken oder einfach nur zusammen sind, dann habe ich das Gefühl, ich sei zu Hause. Also so wirklich zu Hause, weißt du?“

„Mhm.“ Sie nickte. „Ich weiß, was du meinst. Mir geht es genauso.“

„Unglaublich, oder? Wenn man so überdenkt, wie viel Zeit seit damals vergangen ist. Wie lange wir jetzt schon so zusammen sind und wie gut wir uns jetzt alle verstehen. Hättest du das damals gedacht?“

„Hm…“ Sie gestattete dieser Frage eine Überlegung. Als sie noch auf der Akademie gewesen waren, waren sie bereits befreundet gewesen. Nicht so eng wie heute, ohne Frage, und vielleicht war nicht jeder mit jedem wirklich „befreundet“ gewesen, aber sie hatten einander gekannt. Allerdings, als sie ihre Entscheidung getroffen hatte, mit den Jungs eine Gruppe zu formen, hatte sie nie so weit überlegt, ob sich alle auf die Dauer verstehen würden. Und noch weniger hatte sie je darüber nachgedacht, ob ein enges Zusammenleben gut gehen würde. Wie hätte sie auch ahnen können, dass es einmal so weit kommen würde?

„Ich weiß nicht“, gestand sie schließlich, „aber ich bin froh, dass es ist wie es ist. Alle verstehen sich und haben Spaß an der gemeinsamen Musik. Das macht mich sehr glücklich.“

„Ja“, lachte Otoya zurück und Haruka dachte, dass er noch etwas hinzufügen würde, doch sein Lachen verstummte nur wenig später. Als sie es bemerkte und daraufhin zu ihm sah, lag keinerlei Frohsinn auf den Gesichtszügen des Freundes. Sein Blick haftete auf den Fliesen und er wirkte auf einmal sehr nachdenklich.

„Ittoki-kun?“, sprach sie ihn zögerlich an, doch zu ihrer eigenen Verwunderung reagierte er nicht darauf. Das war seltsam, gänzlich unüblich für ihn, und es bereitete ihr Sorgen. „Ittoki-kun?“

„Ah, entschuldige“, fuhr er aus seinen Gedanken hoch, nachdem er ihr zweites Rufen endlich wahrgenommen hatte, und legte sich entschuldigend eine Hand in den Nacken. „Ich dachte nur… naja, das kommt vielleicht etwas plötzlich“, stammelte er weiterhin.

Da sie nicht verstand, worauf er hinaus wollte, legte Haruka den Kopf fragend zur Seite. „Was denn?“

„Naja“, zögerte er, „also ich dachte… Es ist viel Zeit vergangen und wir kennen uns jetzt schon so lange. Seit unserem ersten Tag an der Akademie, weißt du noch? Wir waren beide unerfahren mit er Musik und haben unsere ersten Schritte gemeinsam gemacht. Wir sind eigentlich so was wie…“ Während er damit haperte, diesen Satz zu beenden, schlich sich auf seine Wangen eine dezente Röte, die Haruka nicht verborgen blieb. Er rieb sich verlegen den Nacken. „Ich meine, wir waren Partner. Und wir sind Freunde. Also wir stehen uns doch eigentlich… nahe?“

Ihr schoss die Hitze in die Wangen. Abrupt schreckte sie zurück und sah den Freund mit weit aufgerissenen Augen an, als sei er ein Geist, der eben erst aus dem Nichts vor ihr aufgetaucht war. Ihr verwirrtes „Eh?“ verließ vielleicht etwas zu hoch ihre Lippen.

„N-nicht so w-wie du jetzt vielleicht denkst! Das ha-habe ich jetzt nicht so gemeint“, plapperte Otoya sofort los und wedelte abwehrend mit den Händen in der Luft herum. Seine Wangen schienen zu glühen. „M-mir schwirrt das nur jetzt schon so lange im Kopf herum“, erklärte er abmildernd, atmete einmal tief durch und fasste sich wieder. „Nanami… Ich, also… Nach all der langen Zeit, würde es dir etwas ausmachen, mich beim Vornamen zu nennen?“

Jetzt war es raus. Ein schweres Gewicht fiel von Otoya ab. Doch damit war es noch nicht getan, das wusste er. Er musste erst ihre Antwort abwarten, und das erwies sich als fast noch schwerer als seine Gedanken so lange mit sich herumzutragen. Mühsam hielt er den Blickkontakt zu Haruka aufrecht, versuchte sein wildes Herzklopfen und das Kribbeln in seinen Handflächen zu ignorieren und die Sekunden nicht mitzuzählen, in denen sie einander nur anstarrten und sie ihn auf eine harte Geduldsprobe stellte.

„Das… das kommt so plötzlich“, sprach sie schließlich leise, fast flüsternd, und wandte ihren Blick von ihm ab. Ihr war anzusehen, dass seine Bitte sie in Verlegenheit gebracht hatte, doch Otoya war sich seiner Chance bewusst, die er sich mutig erkämpft hatte. Wenn er jetzt abließ, das wusste er, dann würde er kein zweites Mal den Mut aufbringen.

„Ich wollte dich schon lange fragen“, gestand er mit gefestigter Stimme. Er stützte beide Hände auf dem feuchten Boden ab und lehnte sich etwas vor, um ihr näher zu sein. „Ich mag dich, Nanami. Ich mag dich sehr. Ich will dir immer ein guter Freund sein und ich will weiterhin deine Lieder singen. Außerdem glaube ich, dass ich dir am nächsten von allen stehe. Du kennst meine Familie, du kennst mich.“

„Ja, aber-“

„Du nennst Syo doch auch beim Vornamen, oder nicht? Es ist also gar nicht schlimm.“ Ermutigend lächelte er.

„Aber bei Syo-kun…“ Sie schüttelte den Kopf, doch es half nichts. Er fühlte sich überladen, obgleich sie selbst nicht verstand, weswegen ihr das Thema so zu schaffen machte. Es war keine schlimme Bitte, er verlangte nicht zu viel von ihr und seine Argumente stimmten, auch wenn sie überflüssig erschienen. Und dennoch…

„I-ich hole Wischzeug“, schwenkte sie schnell im Thema um und startete im nächsten Moment einen Versuch, aufzustehen. Sie fand sich auf ihre Beine, doch der milchige Boden unter ihren Absätzen war tückisch glatt und so strauchelte sie in ihrer Aufregung, als sie einen zu hastigen Schritt zur Seite machte und dabei ausrutschte. Haruka rechnete bereits mit ihrer unglücklichen Landung, stieß einen Schrecklaut aus … doch der Fall blieb aus.

Otoya hatte schnell reagiert. Noch im Aufrichten fing er das Mädchen auf und stützte sie zurück auf die Beine. Haltspendend drängte er sie gegen den Kühlschrank und fixierte ihren Körper mit seinem, damit sie nicht erneut rutschen konnte. „Sei vorsichtig“, folgte sein verspäteter Kommentar und stellte den Blickkontakt zwischen ihnen wieder her. „Es ist verdammt rutschig.“

Und da war sie wieder, diese peinliche Stille, in der zwei aufgeregte Herzen um die Wette schlugen. Haruka sagte nichts, gerade so als habe es ihr wörtlich die Sprache verschlagen, und Otoya wurde sich viel zu spät bewusst, welche Intimität seine reflexartige Rettungsaktion herbeigeführt hatte. Es wurde hitzig im Raum.

„Ah, entschul-“, setzte er schon wie gewohnt an, doch er stoppte sich. Nein, nicht dieses Mal! Das war seine Chance, und er hatte sich geschworen, sie nicht noch einmal an sich vorbeiziehen zu lassen. Wenn er herausfinden wollte, was das zwischen ihnen war, das sich immer mehr und mehr aufgestaut hatte, dann ging das nur jetzt. Höchstwahrscheinlich.

Ihm war heiß. Er fühlte sich angespannt und zittrig zugleich. Dennoch schluckte er all seinen Unmut hinunter und hielt sich vor Augen, was er wollte. Dass er es wissen musste. So trat er noch einen weiteren Schritt näher an sie heran, beugte sich langsam zu ihr herunter und als er ihr nahe genug war, schloss er die Augen.

Einen Moment später spürte er einen Druck gegen seinen Brustkorb. Ihre Hände, wie sie ihn zurückhielten und versuchten, ihn zurückzudrängen. Sie zitterten.

Irritiert öffnete er die Augen und ihm fuhr sogleich ein Schmerz durch die Brust, als er Harukas Blick begegnete. Noch immer lag die glühende Röte auf ihren Wangen, doch er konnte in ihren Augen lesen, dass sie überfordert war. Sie wollte das nicht, er war zu weit gegangen.

„Es tut mir leid“, sprach sie so leise und mit solch brüchiger Stimme, dass es Otoyas unwohles Gefühl bestätigte, etwas Falsches getan zu haben. Es fühlte sich falsch an, dass sie es war, die sich entschuldigte. „Ich…“, wollte sie eine Erklärung für ihr Verhalten ansetzen, doch wieder fand sie keine Worte. Und als es letztlich zu viel für sie wurde, machte sie auf dem Absatz kehrt und stürmte davon. Otoya wollte sie noch aufhalten – aus Furcht, sie könnte erneut stürzen, so sein erster Gedanke –, doch etwas in seinem Inneren hielt ihn zurück. Es tat weh, doch er sah zu, wie sie floh. Vor ihm.

Kaum bei der Tür angelangt, die aus der Küche hinausführte, wurde diese plötzlich von außen aufgeschoben. Im letzten Moment bemerkte es Haruka und bremste sich gerade rechtzeitig, bevor sie mit der Person zusammenprallen konnte, die gerade eintrat. Kurz strauchelte sie, wurde an den Schultern abgefangen, doch sie drängte sich an den beiden Jungs vorbei, welche sie nur verschwommen aus den tränenbesetzten Augenwinkeln erkennen konnte. Sie drehte sich nicht noch einmal nach ihnen um.

Zwei Augenpaare folgten ihr. Ob sie noch hörte, wie Cecil ihr nachrief, war nicht zu sagen, doch der Prinz wurde von seiner Begleitung davon abgehalten, ihr zu folgen.

Masato neben ihm schwieg. Er sah Haruka noch nach, bis sie um eine Ecke verschwunden und nicht mehr auszumachen war. Erst dann senkte er seinen Arm wieder, mit welchem er Cecil den Weg versperrt hatte, und drehte sich zur Küche um. Im hinteren Kochbereich erkannte er Otoya, der mit gesenktem Kopf zu Boden blickte und sich auf die Unterlippe biss, jedoch keinen Ton von sich gab. Und da wurde ihm klar, dass etwas zwischen ihm und Haruka vorgefallen sein musste.

„Shinomiya und Kurusu sind zurück“, sprach er ruhig und gefasst wie üblich, ohne sich seine Besorgnis um den Vorfall, der sich hier ereignet haben musste, anmerken zu lassen. „Wir bereiten das Abendessen vor.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2013-08-31T16:26:33+00:00 31.08.2013 18:26
Entweder muss ich langsamer lesen, oder du einfach noch mehr schreiben :)
Wieder ein zauberhaftes Kapitel mit viel Ironie und Ernsthaftigkeit in einer süßen Art geschrieben und alles wieder so herrlich In-Character, dass meine Augen schon eine Herzform annehmen. :3
Ich freue mich schon auf viele weitere Kapitel dieser Art (ohne großartig hetzen zu wollen xD).

Liebe Grüße wieder einmal auf diesem Wege! ♥
[[Bereena]] - zuvor hieß ich Berreeh, um Verwirrungen zu vermeiden. ;)
Antwort von:  Shizana
01.09.2013 12:02
Du bist wirklich süß. :) Mehr zu schreiben wäre zwar durchaus drin, weil ich in den letzten Kapiteln wirklich sehr mit der Wörteranzahl zu kämpfen hatte, dass es nicht zu viel wird, aber ich denke, ca. 5.000 Wörter ist ganz angenehm zum Schmökern. ;)
Dafür werde ich jetzt aber wieder meinen wöchentlichen Uploadrhythmus aufnehmen. Alle Hürden sind überwunden und das Schreiben läuft wieder flüssig, es sollte also keine weiteren Probleme darstellen. Sofern es dir ein Trost ist.
Ja, ansonsten einfach nur danke für dein liebes Feedback. Ich freue mich, dass ich erneut überzeugen konnte, und vor allem, dass du mir als Leser erhalten geblieben bist. Vielen lieben Dank für deine Treue. -^^-

Alles, alles Liebe
Shizana


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