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Sein

von

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Er war eine Existenz, der man sich einfach nicht entziehen konnte. Wie er dastand und sich bemühte meinen Blicken auszuweichen. War er schüchtern? Verängstigt? Ich konnte es nicht sagen. Ich war zu überwältigt von ihm. So fremd, so einsam und rein wie er im feurigen Abendlicht wirkte, war er wie ein Wesen einer anderen Welt. Seine Haut schien darin zu leuchten, als wäre sie es, die einen leichten, warmen Schein abgab und nicht das Licht, das durchs Fenster fiel, während seine langen seidigen Haare Schatten auf sein Gesicht und seinen Oberkörper warfen, in denen er sich zu verstecken versuchte. Er war wirklich schön, obgleich des Staubs und des Schweißes, die an ihm hafteten, wie sie es an jedem Geschöpf der Straße taten. Etwas wie ihn, konnte man nicht übersehen. Er war ätherisch, magisch und übte eine derartig starke Anziehungskraft auf mich aus, dass ich gegen ein merkwürdiges Schwindelgefühl ankämpfen musste, um nicht in seine Richtung zu taumeln.

Oh, wie sehr ich ihn wollte. Seit ich das erste Mal einen flüchtigen Blick auf ihn werfen konnte. Er litt so sehr und ich litt mit ihm, obgleich mein Leiden von einer unstillbaren Sehnsucht herrührte, die wohl nichts mit seinen körperlichen Qualen gemein hatte. Denn er war ein Sklave, jemand ohne Besitz, Namen, oder Rechte und sein Peiniger war ein grausamer Mann, dem es Vergnügen bereitete rote Striemen auf unversehrte Körper zu malen. Er schrie, und flehte, zerbiss sich die Unterlippe, aber die Peitsche drosch wieder und wieder erbarmungslos auf ihn ein. Es gab auch nichts, das sie hätte stoppen können. Denn das einzige Verlangen, das sein Besitzer hatte, war es, sie weiter auf sein Fleisch herab regnen zu lassen, um seine Haut blutig zu küssen. Das war sein Wunsch, nicht mehr und nicht weniger. Und mein wunderschönes, flehendes Wesen, gab ihm was er wollte. Er konnte nicht anders, als seinen Körper zu geben, wo er doch keine Freiheit hatte, sich zu rühren.
 

Welches Unrecht hat man dir angetan? Wie konnte man, deinen reinen Körper nur so schänden? Die bloße Erinnerung daran macht mich rasend vor Wut und füllt mich erneut mit dem seltsamen Verlangen, selbst der Herr der Peitsche gewesen zu sein.

Aber nun ist es vorbei. Nun gehörst du mir. Freust du dich, mein zu sein? Seit ich dich gekauft habe, hat sich deine Miene nicht geändert. Du wirkst irgendwie leer, puppenhaft und immer noch weichst du meinen Blicken aus.

Meine Hände sind leer. Ich halte keine Peitsche, nicht wie er. Aber auch wenn ich jetzt auf dich zugehe, mein wunderschönes, perfektes Wesen, bleibt dein Blick gesenkt. Wieso nur?

Ist es, weil deine Wunden noch so frisch sind? Ich rieche Eisen, als ich mich dir nähere. Du bist dreckig und verletzt und ein nervöses Zucken ging durch deinen Arm, als ich darüber strich. Mein von der Sonne geküsstes Wesen, ich werde dir das Vergessen lehren.
 

Ein Ort, so sauber und mit Reichtum angefüllt, das ich fast glaubte zu träumen. Die Gerüche hier waren angenehm, aber fremd. Alles hier war ungewohnt und machte mich nervös und wäre ein Außenstehender hier gewesen, wäre wohl unschwer zu erkennen gewesen, dass ich nicht in diese Räumlichkeiten passte. Vermutlich hatte ich durch meine bloße Anwesenheit die Böden mit Blut und Dreck beschmutzt. Denn das war alles, das ich besaß, etwas Leben in mir und viele Schichten Schmutz an mir, ob innerlich oder äußerlich.

Ich wusste nicht, weshalb ich hier war. Natürlich wusste ich, dass ich verkauft worden war, an den Besitzer dieser Räumlichkeiten, der mich nun schon eine Weile lang anstarrte. Aber ich wollte nicht sein Eigentum sein, ich wollte niemandes Eigentum sein. Dennoch war ich hier, vermutlich hatte ich Fieber und dieser Mann, dieser starrende Mann, sprach kein Wort zu mir. Wollte er zusehen, wie ich das Bewusstsein verlor? Vielleicht bereitete es ihm Freude. Nur war die Art WIE er mich ansah, eine, die ich schwer beschreiben konnte. Es war unangenehm, es war durchdringend, ich konnte sein Vergnügen spüren und viele unausgesprochene Fragen. Er verunsicherte mich, quälte mich auf einer neuen Ebene. Wollte er, dass ich mich für meine Existenz schämte? Erwartete er eine Verbeugung, oder dass ich vor ihm auf meinen Knien herum kroch? Die Stille war drückend, meine Schläfen pochten lähmend und ich wünschte mich weit weg von hier, zurück auf die Straße, wo ich ein niemand, aber frei war.

Dann kam er näher, der Fremde, streckte eine Hand nach mir aus. Ich konnte nicht anders, als zurück zu zucken. Ich hatte noch nie eine so reine Hand wie diese gesehen, sie war weich und die Nägel waren perfekt gefeilt und absolut sauber. Ich hatte auch noch nie einen Menschen getroffen, der einen so angenehmen Geruch verströmte, etwas blumig und doch männlich. Vermutlich war es der Duft der Reichen.

Warum war ich hier? Warum hatte er mich gekauft? Ich schämte mich für meinen Schmutz und mein erbärmliches Auftreten. Wegen meines Verhaltens rechnete ich nun jeden Augenblick mit einer Strafe. Und siehe da, die Berührungen des Reichen wurden grob. Die Hand, die ich eben noch wegen ihrer Reinheit bewundert hatte, umklammerte nun unsanft mein Kinn und zwang mich hoch zu sehen. War es das? Wollte er irgendein Ritual vollziehen, in dem ich ihn als meinen neuen Besitzer anerkennen sollte? Ich wollte ihn nicht ansehen, ich sah zur Seite, gleich wie er meinen Kopf zu drehen und wenden versuchte. Dennoch hatte ich wohl für Sekundenbruchteile sein Gesicht gesehen.

Als ich mich jedoch stur weiterhin wehrte, gab er auf. Der Griff um mein Kinn löste sich und seine tiefe, raue Stimme ertönte zum ersten Mal in meinen Ohren, als er nach einem Diener rief.

Er musste bemerkt haben, wie dreckig ich war, als er mich von nahem sah, denn der Diener brachte mich in ein geräumiges Bad, in dem er mir bei meiner Säuberung assistieren sollte. Mir wurde geholfen, meine Kleidung abzulegen, als wäre ich selbst ein reicher Mann und dies wäre mein Haus. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass meine Kleidung an den Wunden meines Rückens klebte und jeder Versuch, sie zu lösen samt den neuerlichen Qualen, schmerzhafte Erinnerungen in mir weckte. Ich war froh um die Hilfe und doch ließ ich den Diener meinen Körper nicht waschen, als sich das Wasser um mich herum rötlich färbte. Ich hatte Angst vor neuen Schmerzen und ich war verunsichert, was meinen Aufenthalt hier anging.

Nach dem Bad brachte man mir neue Kleidung. Sie wirkte teuer und fühlte sich angenehm an auf der Haut, trotzdem kam ich mir darin seltsam vor, als ob sie für jemand anderen geschneidert worden wäre, jemanden eines anderen Ranges. Der Diener führte mich durch das Haus zu einem der Zimmer, in dem ich ruhen sollte. Kaum hatte ich es betreten – ich sah nie ein schöneres – war ich wieder allein. Sollte das bedeuten, dass dies hier mir gehören sollte? Stellte man mir einen eigenen Bereich nur für mich allein zur Verfügung? Worin lag der Sinn von all dem? Es machte mich so müde, das Nachdenken, das Fieber. Wie gut es doch tat, meine Erschöpfung in das neue große Bett zu legen.
 

Nun lag er hier, in seinem Bett, und hatte nicht gehört, wie sich die Türe öffnete, oder seine Schritte näher kamen. Wie schön er aussah, wie friedlich er wirkte und welche Reinheit er ausstrahlte, als er so unschuldig und noch voll bekleidet in dem übergroßen Bett lag und schlief. Er war sein. Seine Hand strich vorsichtig durch die dunkle Seide seiner Haare, als er sich über ihn beugte, um ihm einen Kuss zu stehlen. Er war sein. Die Lippen seines Wesens waren etwas rau und schmeckten doch so süß, wie Honig. Auch als sich die Augen des Überfallenen abrupt und panisch öffneten, war er sich sicher, dass er sein war. Die Hände die sich gegen sein Brust drückten, um ihn von sich zu schieben waren überraschend kräftig. Er war nicht willkommen in dieser Nacht. Und Angst war in den Augen seines Liebsten zu sehen.

Auf diese Weise wollte er nicht von ihm gesehen werden und so zog er sich wieder etwas zurück. Sein Verlangen hingegen steigerte sich im Augenblick seines Rückzugs nur noch mehr. Er wollte diese Unschuld korrumpieren, er wollte diesen Körper schänden, er wollte ihn für immer an sich binden und doch, wollte er ihn bewahren, wie er war, wollte ihm kein Leid zufügen und ihm Sicherheit und Zuflucht gewähren. Wie verwoben und trügerisch doch seine Gefühle waren und doch liebte er auch sie und genoss den Nervenkitzel den sie mit sich brachten, wann immer er in seiner Nähe war. Denn er war seine Rettung, seine Unschuld, sein Untergang. Nichts würde ihn jemals mehr in den Bann ziehen, als er.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  sensi-chan
2013-08-23T21:06:25+00:00 23.08.2013 23:06
wow
dass ich das erst jetzt bemerkt hab...
es ist der wahnsinn, ich LIEBE es
wie du es gschrieben hast!
ich finds fast schon schade dass das n oneshot is, aber es is ein wunderschöner oneshot <3
ich find auch beide charaktere richtig interessant und diese drei seiten machen richtig lust auf mehr von denen
hach <3
wirklich, daumen hoch ey, und ich versteh nicht wieso ich hier das erste kommentar schreib...


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