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Ein Lied für uns

meine Liebe für dich
von

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Phänomenal Egal

Hugo war stolz wie... nun ja, Hugo eben. Die Brust rausgestreckt, die Schultern nach hinten und den Kopf gehoben stand er vor dem schwarzen Brett der Hufflepuffs und betrachtete das hübsche Stück Pergament, das seit wenigen Minuten dort angenagelt hing.

McGonagalls säuberliche Handschrift verkündete:
 

“Verehrte Schülerschaft,

für die ersten beiden Wochen des neuen Halbjahres sei es Ihnen ermöglicht, an Tanzschnupperstunden teilzunehmen. Diese werden von einem qualifizierten Lehrer angeboten und sollen Ihnen einen Einblick in die Option einer extra curricularen Aktivität näher bringen.

Zeigen sich genügend Interessenten, werden Tanzkurse in das Angebot unserer Schule aufgenommen. Diese können im Hinblick auf Tanzstil, Altersgruppen und Anzahl der Gruppen bei Bedarf ausgebaut werden.
Tragen Sie sich bitte bei Interesse in die unten beigefügte Liste ein.”
 

Noch war die Liste leer, doch die meisten Schüler waren ohnehin gerade im Unterricht. Hugo war sich sicher, dass dieses Angebot auf große Freude und Neugier stoßen würde. Lily würde an die Decke gehen, wenn sie das las und ihm wahrscheinlich wieder voller Dankbarkeit um den Hals fallen. Hoffentlich würde sie ihm aufgrund dieses Erfolges auch das vergangene Quidditchspiel verzeihen, denn der Dezember hatte für Hugo erstaunlich gut begonnen.
 

Das Quidditchspiel vor zwei Tagen hatte die Gryffindors und Hufflepuffs zittern lassen, dea der letzte Kalendermonat wie auf Kommando Schnee über die Ländereien gepeitscht hatte. Hugo hatte gedacht, er würde entweder an seinen Besen gefrieren oder vor Taubheit einfach hinunter kippen, doch als seine Augen einmal den Schnatz erfasst hatten, vertrieb das Adrenalin jegliche Kälte. Gryffindor hatte ausgezeichnete Jäger und einen noch besseren Hüter. Doch ihr Sucher, eine Stufe unter Hugo, war gänzlich unerfahren. Wäre der Schnatz nicht so früh aufgetaucht, hätten die Löwen sie platt gemacht. Roxanne, Lily und Garett verwandelten einen Ball nach dem anderen und hieben den Hufflepuffs die Tore nur so um die Ohren, mit dieser Glanzleistung hätten sie bei einem späteren Schnatzfang locker gewonnen.
 

Doch so hatte der goldene Ball zwischen Hugos Fingern die Hufflepuffs mit zehn Punkten Vorsprung zum Sieg geführt.

Lily war stinkwütend auf Hugo gewesen und er, der immer alles für sie tat, hatte auch dafür Verständnis gehabt. Es war nun mal die kleine aufbrausende Lily, die wirklich keine Gnade kannte, wenn es um Quidditch ging. Auch wenn Hugo sie gänzlich unterstützte, fragte er sich manchmal, weshalb Lily ihr Talent im Sport nicht verfolgte und stattdessen Model werden wollte, doch vielleicht kannte sie selbst die Antwort auf dieses Geheimnis noch nicht.

Zumindest wurde der Weasley nun von seinem Haus gefeiert. Er hatte dieses nicht nur in der letzten Sekunde gerettet, sondern zugleich seine eigene Familie geschlagen, was scheinbar sehr bewundernswert war. Beim Mittagessen würde auch Lily ihn wieder feiern.
 


 


 

Wie Recht er hatte. Unbekümmert seinen mit gebratenem Gemüse und Fleisch beladenen Teller leerend, tat Hugo ganz unschuldig, als er Lily in die große Halle tänzeln sah. Ihre Schritte führten sie nicht zum Tisch ihres Hauses, sondern zu ihm.

“Hugo!”, quietschte sie vergnügt. “Du wirst es nicht glauben!”

Interessiert sah er zu ihr auf, als könne er ihre Neuigkeiten kaum erwarten.

“Es werden Tanzstunden angeboten!”

“Wow!”, machte er und nickte anerkennend. Beinahe enttäuscht beugte sie sich näher vor.
 

“Hörst du mir zu? Tanzstunden! Genau das, was ich gerade brauche, es ist einfach unglaublich!”

“Klar. Spitze!” Ein kleines Grinsen konnte er sich nicht verkneifen und natürlich entdeckte sie gleich den Schelm in seinen Augen. Ihr Mund klappte auf und ihre Augen wurden riesig. Als sein Grinsen nicht verschwand, verstand sie und warf sich ihm, wie erwartet, um den Hals.

“Hugo! Du bist der aller aller beste! Ich glaubs ja nicht! Du Held!”

Zufrieden tätschelte er ihr den Rücken und zwinkerte seinen verwirrten und neidischen Freunden zu. Wie immer, wenn er die Aufmerksamkeit des schönsten Mädchens ihres Alters erhielt und keiner wusste, weshalb.
 


 


 


 


 

Verteidigung gegen die dunklen Künste war neben Zaubertränke das einzige Fach, in dem Scorpius auf Rose Weasley traf. Er war eine absolute Niete in Zauberkunst, also hatte er das Fach aufgrund fehlender Konzentration abgewählt, wobei es eines ihrer besten war. Sie saß weiter vorne und lauschte dem Vortrag Professor Martens. Nur wenige Schüler interessierten sich für die theoretischen Sicherheitseinführungen und auch Rose Weasley schien an diesem Tag etwas abgelenkter. Ständig spielte sie mit ihrer Feder.
 

Scorpius dankte Merlin, dass Lysander tatsächlich aufpasste und zwischenzeitlich sogar mitschrieb, sodass er nicht bemerkte wie konzentriert der Malfoy auf das rothaarige Mädchen vor ihnen war. Dieses Mädchen, für das Scorpius nie viel übrig gehabt hatte und das ihm nun, laut Albus Diagnose, gehörig den Kopf verdrehte. Der Blonde wusste, dass es nicht nur Albus Analyse, sondern die Wahrheit war. Er hatte ihr sagen wollen, dass er sie liebte, doch so weit ging es wohl doch nicht. Liebe war ein viel zu großes Wort, für seine Gefühle. Interesse war ein besseres Wort. Starkes Interesse.
 

Zwar lieg ich nachts stundenlang wach und denk an dich, doch in Wirklichkeit lieb ich dich nicht.’, erklärte Scorpius innerlich Roses Hinterkopf.

Zwar gibt es keine schönere Frau auf der ganzen Welt für mich, doch in Wirklichkeit lieb ich dich nicht.’ Es war wichtig, diese Worte auszuformulieren, schließlich sollte sie nicht nur ihr Hinterkopf verstehen, sondern auch Scorpius selbst. Sie war schöner als jedes Mädchen hier, ganz definitiv, aber das hieß noch lange nicht, dass er sie liebte. Er durfte sich nicht in irgendwelche ungewohnten Gefühle reinsteigern.

Eigentlich bist du mir egal.’, dachte er, während er gebannt beobachtete, wie sie ihren Zopf löste, sodass diese wunderschönen feurigen Haare hinabfielen, bevor sie sie wieder aufnahm und erneut hochband.

Eigentlich bis du nicht mein Typ und auf jeden Fall bin ich gar nicht in dich verliebt.’
 

“Auf keinen Fall.”, murmelte er.

“Hm?”, kam es von der Seite. Lysander sah ihn fragend an.

“Hab nur grad beschlossen auf keinen Fall mit einer Hufflepuff aus der Sechsten zum Ball zu gehen. Die hatte mich heute morgen gefragt.”, fischte Scorpius eine Lüge aus der Luft.

“Ah.”

“Weißt du, mit wem du gehst?”, erkundigte sich Scorpius.

Lysanders Blick war weiterhin auf Professor Marten gerichtet, als höre er den Anweisungen zu.

“Nein. Dachte mir, ich frage vielleicht Weasley.” Die Spur eines süffisanten Grinsens kroch auf Lysanders Gesicht.

“Welche?”

“Die, mit der am ehesten was laufen würde.”

Verärgert runzelte Scorpius die Stirn.

“Keine von denen würde was mit dir anfangen.”

Schelmisch grinsend wies Lysander mit dem Kinn auf Rose.

“Die schon, schließlich ist sie ihre tägliche Dosis Slytherin gewohnt.”
 

Der Druck, den Scorpius Kiefer ausübte, hätte Knochen zermahlen können. Er durfte sich diese immense Wut, die in ihm aufstieg, nicht anmerken lassen. Durfte dem Verlangen seinem Kumpel heftig eine rein zu hauen nicht nachgeben.

“Ey!”, flüsterte Lysander eindringlich. “Ruhig ruhig, ich wollte dich doch nur ein bisschen necken! Als ob ich mich an deine Erzfeinde ranmachen würde.”

‘Richtig.’, korrigierte Scorpius sich. Seine Erzfeinde, deswegen war er wütend. Es lag nicht an Rose, sondern generell an den Weasleys.

“Sorry. Ich dachte schon, du hättest nicht mehr alle Zutaten im Kessel.”

Belustigt hieb Lysander ihm mit der flachen Hand auf die Schulter.
 

“Mr. Scamander!”, kam es schrill von vorne. Professor Marten sah ihn forsch an.

“Möchten Sie mir vielleicht erklären, inwieweit das Klagen einer Todesfee medizinische Wirkung hat?”

Charmant lächelnd lehnte Lysander sich vor.

“Der Klagegesang einer Todesfee ist tödlich für jeden, der ihn hört und kann daher in der Medizin zur Einschläferung gebraucht werden, was in Europa jedoch verboten ist und nur in radikaleren Ländern des nahen Ostens gebraucht wird, solange eine Banshee sich dorthin verirrt. Hierzulande wird aber in seltenen Fällen eine Attrappe gebraucht: Ein magisch nachgeahmter Klagegesang, der den Patienten in einen komatösen Zustand versetzt, um schwere Eingriffe sicher durchführen zu können. Diese Maßnahme wird nur in Notfällen ergriffen, da der Zeitpunkt des Erwachens ungenau ist.”

Nicht anders als gewöhnlich hatte die Professorin an seinem Vortrag nichts auszusetzen und fuhr fort.
Lysander wandte sich wieder seinem Freund zu.
 


“Um ehrlich zu sein, habe ich nicht vor irgendwen zu fragen. Wieso sollte ich mich für ein Date entscheiden, wenn ich mir auf dem Ball immer noch die Hübscheste aussuchen kann?”

Scorpius verdrehte die Augen und blickte auf sein Blatt Pergament.

“Ich hatte überlegt Lindsey zu fragen. Als Freundschaftsdienst sozusagen.”, erklärte er.

“Oh, das hatte Earl auch vor. Vielleicht sprecht ihr euch mal ab?”

“Earl?” Verwirrt hob Scorpius die Brauen. Es war ganz ungewöhnlich für Earl, sich überhaupt ein Date zu suchen.
 


 


 

Daher stattete Scorpius dem Gemeinschaftsraum einen Besuch ab, sobald der Unterricht vorbei war. Er wusste, dass Rockwood eine Freistunde gehabt hatte und wie erwartet saß dieser in einem Sessel. Lässig warf Scorpius sich ihm gegenüber auf das Sofa.

“Jo, wie war’s?”

“Langweilig. Hör mal, Earl. Lysander hat grad verlauten lassen, dass du mit Lindsey zum Ball willst?”

“Ich habe sie schon gefragt.”, gestand Earl leicht säuerlich.

“Oh. Und?”

“Sie hat nein gesagt.”

Verdutzt sah Scorpius seinen Kumpel an.
 

“Möchte sich lieber selbst jemanden raussuchen, anstatt den Abend mit einem ihrer Freunde zu versauern, die sich eh an jemand anderes ranmachen, sobald sie angekommen sind.”

“Autsch.”, machte Scorpius.

“Ist schon wahr, aber jetzt hab ich keine.”

“Warum willst du überhaupt ein Date?”, erkundigte Scorpius sich ehrlich interessiert.

“Weil ich noch nie eins hatte.”

Ein guter Gedanke, wie Scorpius zugeben musste. Auch er wollte eigentlich sein letztes Schuljahr nutzen, um ein Mädchen auszuführen mit allem drum und dran. Selbst wenn er sie beim Ball irgendwann stehen lassen würde. Nur Rose, sie würde er nicht stehen lassen, wenn er sie denn fragen könnte.

“Mach dir keinen Kopf, Earl.”, beruhigte Scorpius ihn.

“Wahrscheinlich wollte sie dich nur hinhalten, fragt am Ende doch niemanden, weil sie Angst vor Verpflichtungen hat und kommt auf dich zurück.”
 


 


 


 


 

Vom Schlossportal aus sah Lindsey hinab auf die Gewächshäuser, in denen gleich der Unterricht vorbei sein sollte. Möglichst gelangweilt drein blickend hockte sie auf der Steinmauer und erwischte sich immer wieder dabei, wie sie nervös mit dem Fuß wippte.

‘Lächerlich.’, dachte sie sich. Doch sie war wütend. Immer gingen ihre Freunde davon aus, dass sie ihnen zur Verfügung stand. Schon, sie hatte nie großes Interesse an Romantik gehabt, oder gar einer Beziehung. Sich von ihren Kumpels als billiges Date ausnutzen zu lassen, wollte sie jedoch auch nicht. Dieses Jahr war sowieso alles anders.

Genauso plötzlich wie anscheinend Earl war ihr bewusst geworden, dass sie eine vernünftige schulische Erfahrung machen wollte. Eine Teenager Erfahrung. Sie wollte auf einen Ball ausgeführt werden und einen schönen Abend verbringen. Anstatt die Dates anderer Mädchen auf die Toilette zu führen, wollte sie ein eigenes haben und wenn überhaupt nur diesem einen Jungen den Kopf verdrehen. Bei ihrem Zielkandidaten würde jedoch selbst das schwer werden.

Ihre Nervosität rührte daher, dass die winzige Möglichkeit bestand, dass er nein sagen würde. Sagte er ja, konnte es sein, dass sie diese Entscheidung irgendwann bitter bereuen würde.
 

Trotz alledem war sie sich sicher, dass er ihr genau den Abend bescheren könnte, den sie sich wünschte. Ausnahmsweise mal voller Anstand.

Dort war er. Gemeinsam mit den anderen Hufflepuffs kam er die Ländereien hochgestapft, bepackt mit Büchern und seiner Brille schief auf der Nase.


“Longbottom.”, grüßte Lindsey etwas zu scharf.

Wie von einer Peitsche getroffen, zuckte er zusammen.

“Flint.”, murmelte er dann verwirrt, aber abweisend.

‘Kein guter Anfang.’, dachte Lindsey und sah ihn weicher an.

“Wie war der Unterricht?” Er kniff die Augen zusammen.

“Gut, aber ich weiß, dass dich das nicht interessiert.”

Sie seufzte und fuhr sich durch die Haare. Der Kerl hatte definitiv an Selbstbewusstsein gewonnen.

“Hast Recht. Das interessiert mich überhaupt nicht. Ich wollte mich entschuldigen für unser Verhalten dir gegenüber.”

Carl schwieg.

“Ich glaube dir nicht.”, sagte er dann steif.

Frust baute sich in ihr auf.

“Ich mein es ernst!”
 

Voller Unbehagen trat er von einem Fuß auf den anderen. Seine Freunde waren weiter gezogen, warfen ihnen jedoch neugierige Blicke zu.

“Was willst du, Flint?”

“Hör zu, als Entschuldigung wollte ich fragen, ob du mich zum Ball begleiten würdest.”

Durch eine blitzschnelle Reaktion konnte er die ihm entgleitenden Wälzer gerade noch auffangen. Ein nervöses Husten entwich seinem Mund.

“Lustig.” Kopfschüttelnd wandte er sich ab.

“Überhaupt nicht lustig.”, kam es etwas schrill von ihr.

“Also, dann sage ich nein.”, murmelte er entschuldigend.
 

Lindsey rang um Fassung. Zwar hatte sie eine Absage in Betracht gezogen, jedoch nie wirklich damit gerechnet.

“Warum?”

“Ich weiß nicht, welches Spiel du treibst, aber ich lasse mich nicht von dir demütigen.” Er hatte sich vor ihr aufgebaut, doch durch die erneut verrutschte Brille wirkte es weniger imposant.

“Ich treibe kein Spiel. Ich will nur ein vernünftiges Date zum Ball.”, fuhr sie ihn an und schämte sich gleich. Wie konnte sie nur so miserabel im Umgang mit ihm sein?

“Willst du, dass ich leer ausgehe?”

“Wirst du schon nicht.”, wehrte er ab.

“Ich werde mit niemand anderem außer dir gehen.”
 

Es war nur zu deutlich, dass er ihr nicht glaubte und dass er kein Mitleid mit ihr hatte. Vielleicht sollte sie auf ihre altbewährte Masche zurückgreifen.

Sanft rückte sie ihm die Brille zurecht.
“Du wirst nicht leer ausgehen.” Mit laszivem Lächeln blickte sie ihn an und er stolperte zurück.

“Ähm, was?”, stotterte er. “Nein. Ich brauche nichts und ich sage nein.”

Wie konnte ihr Ausschnitt keine Wirkung zeigen?

“Verdammt, Longbottom, ich schlaf auch mit dir.” Herausfordernd stemmte sie die Hände in die Hüfte.

Sein Gesicht nahm eine tiefrote Farbe an, dennoch schüttelte er heftig den Kopf.

“Ich sage nein. Vor allem lasse ich mich nicht auf solche Deals ein. Such dir einen anderen.” Damit stolperte er davon und Lindsey klappte der Mund auf.
 


 


 


 


 

“Ladies!” Niemand wusste, wie sie es schaffte, doch Dominique schien stets von Innen heraus zu leuchten. Nun tänzelte sie auf ihre Freundinnen zu und strahlte über das ganze Gesicht.

“Erst einmal, Rose: Wie genial sind diese Tanzstunden? Ich kann es kaum erwarten!”, jauchzte sie und Rose zwinkerte gutherzig; dabei schob sie sich einen Löffel Joghurt in den Mund.

“Zweitens: Nächstes Wochenende geht’s nach Hogsmeade zum Kleider kaufen!”

“Wo willst du denn in Hogsmeade vernünftige Kleider herbekommen?”, gähnte Amy, die in der Nacht an einem eigenen Artikel geschrieben hatte.

Ein verschwörerischer Ausdruck legte sich auf Dominiques Gesicht.

“Wer wäre ich, wenn ich keine Quelle hätte? Maman hat eine Auswahl an Kleidern besorgt, an denen wir uns austoben können. Sie wird Samstag tagsüber in Hogsmeade sein.”
 

Die Beigeisterung, die Amy in diesem Augenblick fehlte, machte sich dafür umso mehr auf Roxanne und Roses Gesicht breit.

“Auf dich ist immer Verlass!”, bedankte Rose sich. “Dass ich ein eigenes Kleid brauche habe ich über die Organisation ganz vergessen und dann müssen die Professoren uns vor den Ferien natürlich noch ein paar Tests reinknallen.”

Rücken knackend streckte sie sich unter den mitleidigen Blicken ihrer Freundinnen.

“Kann Malfoy dir nicht was abnehmen?”

“Och Roxy, was meinst du was er tut? Der halst sich genauso viel auf wie ich. Die Vertrauensschüler könnten uns mal mehr abnehmen!”

“Pardon?” Anstatt beleidigt zu sein, strahlte Dominique weiter. “Ich habe alle Dekokisten durchsucht, die vor zwei Tagen ankamen und fein säuberlichst aufgeschrieben, wie viel von was da ist und was noch fehlt und habe bereits an einem Dekorationsplan gearbeitet, den ich euch demnächst vorlegen wollte.”


“Schon gut, schon gut, Dome.”, lachte Rose. “Dich meinte ich damit ja nicht, du fleißiges Bienchen.”

Zufrieden lehnte die Blonde sich zurück.

“Samstag morgen geht’s also los. Ich werde Maman nachher einen Brief schreiben.”
 

Äußerst unwillig wandte Rose sich wieder ihrem Aufsatz für Verwandlung zu, den sie kurzzeitig aus ihrem Gedächtnis vertrieben hatte. Vorm Abendessen wollte sie ihn beendet haben, damit sie sich vielleicht abends noch einmal mit ihrem Kollegen zusammensetzen konnte.

Die letzten zwei Wochen waren so stressig gewesen, dass sie ihre Treffen hatten stark einschränken müssen.

Rose fehlten die gemütlichen Abende wegen des Tees, des Kaminfeuers, seiner Akzeptanz gegenüber ihren weihnachtlich gemusterten Socken. Überhaupt wie weiblich sie sich in seiner Gegenwart fühlte, als sei sie sich erst vor kurzem ihrer selbst bewusst geworden. Ihm fiel so viel auf an ihr, so viele Details, dass sie sich stets wohlig unter Beobachtung fühlte.

 

Natürlich, Malfoy wusste, wie man ein Mädchen ganz ohne Worte umgarnen konnte. Dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte, war bloß seine Wirkung auf die weibliche Allgemeinheit selbst, wenn er ganz normal war. Vermutlich konnte er die Flirterei gar nicht abstellen, so sehr hatte er sich daran gewöhnt. Dennoch, war etwas anders gewesen an dem Abend, als er ihre Lippen kommentiert hatte. Auf sie hatte er unsicher, beinahe schuldbewusst gewirkt und sein Kompliment zusammenhangslos und dennoch ehrlich. Wenn er ihre Lippen tatsächlich so außerordentlich schön fand, dann musste er sich auch zu ihr hingezogen fühlen - es sei denn er trieb irgendein komisches Spiel mit ihr.
 

Mittlerweile waren sie so gute Freunde, dass sie sich das kaum vorstellen konnte. Denn sie waren Freunde und nichts weiter. Hoffentlich dachte er nicht, dass sie sauer auf ihn war, denn seit dem Abend hatten sie sich nur selten und wenn flüchtig gesehen. Dies lag zwar einzig und allein an ihrem Arbeitspensum, doch woher sollte sie wissen, ob ihm das klar war. Sie mochte ihn schließlich genauso sehr wie zuvor, fühlte sich zu ihm hingezogen.
 

In Gedanken schüttelte Rose den Kopf.

Eigentlich bist du mir egal, Scorpius Malfoy.’ Glücklicherweise waren ihre Freundinnen in ein Gespräch vertieft und Rose wollte sich auch lieber wieder auf den Aufsatz konzentrieren, anstatt sich in lose Ideen hineinzusteigern. War sie wirklich so verzweifelt allein, dass sie Scorpius Malfoy attraktiv fand?

Eigentlich bist du nicht mein Typ. Überhaupt nicht mein Typ.’

Ihr Typ war intellektuell, natürlich, originell, lustig, charmant... Malfoy war nun wirklich überhaupt nicht natürlich. Die wohlgeformten Muskeln, die seine Arme, seinen Rücken, ja wirklich seinen ganzen Körper zierten, waren so schrecklich maskulin und stark - und damit gänzlich uninteressant für sie.
 

“Rosy, wie weit bist du?”, katapultierte Roxanne ihre Freundin zurück in die weniger warme und beschämende Realität. Diese spürte einen Anflug von Röte auf ihren Wangen und schob ihn auf die Unfertigkeit ihres Aufsatzes.

“Absolut geringe Motivation im Moment, also nicht zu weit. Wieso?”

“In einer halben Stunde gibt es Abendessen.”

“Bitte?” Entsetzt starrte sie auf ihr Pergamentpapier. Niemals hatte sie so lange in dem Gedanken an Malfoys Körper geschwelgt, der sich nun erneut heimlich Eintritt zu ihrem Kopf verschaffen wollte. Er kam im Schlepptau mit Scorpius neckischem Lachen, seinen anzüglichen Augenbrauen, seiner Sorge und seinem Ernst, wenn es um seine Pflichten ging.
 

Das verwirrte Weasleymädchen gab auf. McGonagalls Zaubersprüche konnten sich in diesem Augenblick gegenüber der geballten Manneskraft nicht behaupten.

“Lasst uns essen gehen.”, seufzte sie. “Mir ist das alles ein bisschen viel grad.”

Voller Tatendrang versicherte Dominique ihrer Freundin unterwegs, dass sie den anderen Vertrauensschülern einen ganz fiesen Fluch aufhalsen würde, wenn sie nicht anfingen zu arbeiten. Keine ihrer Freundinnen wollte der friedlichen Dominique jedoch glauben.

Die Große Halle war beinahe leer, als sie eintrafen und Roses erster Gedanke war, dass Scorpius glauben würde, sie habe nichts zu tun und ginge ihm gewollt aus dem Weg.

‘Hornschwanzmist.’ Sie musste den Slytherin aus ihrem Kopf verbannen und ihre Konzentration wiederfinden.

Auf jeden Fall bin ich gar nicht in dich verliebt.’ Attraktivität hin und her, sie durfte nicht mehr in ihre Situation herein lesen, als es tatsächlich zu lesen gab.
 

“Mit wem gehst du eigentlich zum Ball, Dominique?”, erkundigte sich Amy eine Spur zu bissig.

“Weiß ich noch nicht.” Ausnahmsweise reichte bei dieser Antwort das strahlend weiße Lächeln nicht Dominiques Augen. Endlich etwas, auf das Rose ihre Konzentration umlenken konnte.

“Haben dir die Angebote nicht gefallen?”

“Man muss sich ja nicht für den erstbesten entscheiden.”

“Also hast du jemand bestimmtes im Sinn.”, analysierte Roxanne.

“Zählt es als jemand bestimmtes, wenn er besser aussehen soll als Manfred Hopkins und mehr Grips mitbringen sollte als Alex Fryer?”

“Argument akzeptiert.” Rose nickte bekräftigend.
 

Amy, die anscheinend kaum hatte warten können Dampf abzulassen nutzte die Gesprächspause.


“Ich wollte mit meinem Bruder gehen, aber nein! Carl hat angeblich schon jemanden.” Genervt verschränkte sie die Arme, traf jedoch nicht auf Verständnis bei den Mädchen.

“Ist doch schön.”, kam es zaghaft von Dominique.

“Bitte? Mit wem soll ich denn nun gehen? Mich fragt mit Sicherheit niemals jemand, der hübscher ist als Manfred Hopkins. Also ob du dir da Sorgen machen bräuchtest. Bei dir würden sie Geld bezahlen, nur um dich fragen zu dürfen.” Theatralisch verdrehte Amy die Augen.

“Mmh, Amy.”, begann Roxanne leise. “Wenn dein Bruder ein Date, also ein richtiges Date, mit einem nicht verwandten Mädchen bekommen hat, solltest du dich dann nicht freuen? Ich meine, das ist ein großer Schritt im Leben eines Jungen.”

Man sah Amy an, dass sie dieses Argument nachvollziehen konnte, doch selbstkritisch wie sie war, sorgte sie sich augenscheinlich um den Mangel eines ansehnlichen Dates.
 

Weitere Schüler waren in die Große Halle getrudelt und in diesem Augenblick marschierten die Schlangen herein. Für einen winzigen Augenblick haftete Roses Blick am Gesicht des Schulsprechers, dann konzentrierte sie sich so sehr darauf, ihn zu ignorieren, dass sie genauso abgelenkt war.

Du bist nur Luft für mich, ganz unwichtig, total banal.

Sein Lachen war unüberhörbar, als die kleine Gruppe an ihrem Tisch vorbeikam. Albus winkte ihr fröhlich, doch sie mochte nicht aufschauen.

Ich nehm’ dich gar nicht wahr.

“Rose.”

Du bist mir einfach phänomenal egal.’

“Rose!”
 

Widerwillig sah sie auf und dort stand Albus mit beinahe wütender Mine.

“Oh.”, machte sie leise.

“Hast du Fliegen im Kopf?”, schnaubte er. “Ich habe dir gewunken Cousinchen und da erwarte ich einen Gruß von dir!”

Unwillkürlich musste sie kichern. “Du bist ein bisschen dreist, Al.”

Dennoch erhob sie sich und drückte ihn. Scorpius Malfoy saß bereits am Slytherintisch, gerade zur rechten Zeit, denn das Essen erschien.

“Du darfst dich nicht so stressen, wenn es dich davon ablenkt, mich zu grüßen.”, mahnte Albus streng. Dann drückte er sie zurück auf die Bank, deutete auf ihren Teller und befahl ihr: “Iss.”

Grinsend gehorchte sie.
 


 


 


 


 

Bis zu den Weihnachtsferien war es nicht mehr weit und Dominique wurde zunehmend nervöser und enttäuschter. Sie griff Rose unter die Arme, wo sie nur konnte, jonglierte gleichzeitig die Besorgung von Geschenken einer langen Liste, die bei solch einer Familie zustande kam und büffelte für die letzten Tests.

Ihre eigentlich Sorge, wie es sich für eine gebürtige Delacour gehörte, war das Date für den Silvesterball. Natürlich war sie nicht nur von hässlichen oder dummen Jungen gefragt worden, doch allen hatte sie abgesagt und damit womöglich ihre Chancen auf ein schönes Date ruiniert. Die Anfrage, auf die sie gehoffte hatte, war noch nicht gekommen und wie es aussah, würde sie das auch nicht mehr.
 

Dabei war es jedem bewusst, dass man sich für ein Date mit Dominique beeilen musste. Sie wollte nicht eingebildet auftreten, doch sie war schön und definitiv beliebt. Fred wiederum war kein Idiot und augenscheinlich hatte er sich gegen ein Date mit ihr entschieden.

Für Dominique jedoch war kaum jemand anderes zufrieden stellend. Fred war mit seiner Unzuverlässigkeit auch nicht das beste Date, doch sie waren eigentlich Freunde. Eigentlich etwas mehr als Freunde, wenn sie an die heimlichen Treffen dachte, die ihr nun Bauchschmerzen bereiteten. Angesichts seiner enttäuschenden Freundesqualitäten fühlte sie sich widerwärtig und billig, denn sie hätte längst wissen sollen, dass sie nur eine von vielen war. Das hätte sie niemals ignorieren dürfen.
 

Ungewöhnlich traurig für ihr heiteres Gemüt wühlte sie in einem Karton voller Besteck, unsicher wonach sie eigentlich suchte. Die Tür der Abstellkammer flog mit solch einer Wucht auf, dass sie gegen die Steinmauer krachte.

“Aha.”, machte der Schrank im Türrahmen. Seine Schultern waren breit, seine Augen düster und er schaute drein, als wolle er sie gleich in Stücke sprengen. Verteidigungsbereit sprang sie auf und seine dunkle Mine verwandelte sich in ein herzhaftes Lachen. Entgeistert starrte sie ihn an.

“Du hast mich zu Tode erschreckt, Rockwood.”, klagte sie.

“Du mich nicht, Blondie, ich dachte mir doch, dass du hier bist.” Lässig lehnte er sich an die Tür.

“Warum?”, platzte es aus ihr heraus, da sie für eine Sekunde vergaß wütend zu sein.

“Scorp hat verlauten lassen, dass du dich in Arbeit einbuddelst.”

“Warum bist du hier?”, führte sie die Frage aus.

“Ich wollte zu dir.”
 

Frustriert trat sie auf ihn zu und wedelte ihm mit dem Zeigefinger unter der Nase.

“Ich bin nicht zum Scherzen aufgelegt, Rockwood. Komm zur Sache, oder ich hex dich in den Kerker, wo du hingehörst.”

“Hee Blondie! Ganz ruhig, lach mal wieder. Das tust du sonst so gerne.”, amüsierte er sich und sie atmete mehrere Male tief ein, um sich zu beruhigen.

‘Nicht schon wieder ein Streit.’, sagte sie sich und sah erneut zu ihm auf.

“Hab gehört, du bist sehr wählerisch dieses Jahr. Hab mich gefragt, woran das wohl liegt und bin zu dem Schluss gekommen, dass du von mir zum Ball ausgeführt werden willst.”

Kurz herrschte Stille in der Kammer und Dominique hätte schwören können sich selbst blinzeln zu hören. Dann brach unwillkürlich ein Lachen aus ihr heraus, das verletzt, ungläubig und höhnisch zugleich war.
 

“Ich kann dich nicht leiden, Rockwood.”, widersprach sie, sobald sie sich beruhigt hatte.

“Jedes anständige Mädchen mag böse Jungs. Wieso sagst du sonst allen ab, von denen du eine Anfrage erwartest, wenn nicht, um von jemandem gefragt zu werden, bei dem es kaum anzunehmen ist?”

“Du kannst mich auch nicht leiden.”, überging sie die Frage und wandte sich wieder dem Besteck zu.

“Du bist ein bisschen zickig und zu optimistisch.”, gab er zu.

“Ich lass mich von dir nicht verarschen, also geh mit wem anders.”

“Ich will ein echtes Date.” Sie hielt inne.

Earl Rockwood hatte die Karten auf den Tisch gelegt. “So schlimm wie du glaubst, bin ich nicht. Scorpius versucht mich zu dressieren.”
 

“Slytherins haben keine Manieren. Wie sollte der eine den anderen erziehen?”

Froh darüber, wieder ihre Aufmerksamkeit zu haben, lächelte er wieder.

“Du würdest dich wundern, Weasley. Wir wachsen ziemlich traditionell auf. Respekt und Manieren stehen da an erster Stelle.”

“Was ein Jammer nur, dass das bei Schulbeginn verloren geht.”

“Geht es nicht.”, hielt er dagegen. “Messer und Löffel rechts, Gabel links. Keine Ellebogen auf den Tisch. Um sie zu beschützen, geht der Mann außen, die Dame innen. Auf der Treppe läuft er hinter ihr, falls sie stürzt. Beim Tanzen gehört die Hand unter die Schulterblätter, nicht auf den Hintern. Frauen müssen nie auf die Toilette, sie gehen ihre Nase pudern.”

Beim letzten Kommentar entlockte er Dominique tatsächlich ein Kichern, sie fing sich jedoch schnell wieder.
 

“Warum gehst du nicht mit jemand anderem?”, fragte sie offensichtlich kooperativer.

“Lindsey hasst dich.”

“Hm, ich schätze schon. Und?”

“Sie geht nicht mit mir und das nervt. Also werde ich das schönste Mädchen der Schule ausführen, um es ihr zurückzuzahlen.”

“Das ist nicht gerade charmant.”

“Aber ehrlich.”

“Ich habe aber noch nicht zu gesagt.”

“Das wirst du.”
 

Blond und zierlich stand gegenüber dunkel und massig. Sein Motiv war nicht sehr nobel, doch gleiches würde auch in Dominiques Fall helfen. Wenn etwas Fred ärgern würde, dann ein Date mit Earl Rockwood.

“Ich denke darüber nach.”

Er grinste zufrieden, doch bevor er gehen konnte, wollte sie ein paar Regeln klarstellen.

“Das ist eine rein praktische Verabredung. Wir haben beide absolut unromantische Gründe, sie in Betracht zu ziehen.” Er nickte zustimmend.


“Du behandelst mich respektvoll und legst dich mächtig ins Zeug, damit der Abend schön wird.” Ein weiteres Nicken.

“Du flirtest mit keinem Mädchen, fängst mit keiner etwas an, es sei denn ich gebe dir ausdrücklich die Erlaubnis dazu.” Er zögerte.

“Mein Abend soll perfekt werden, Rockwood.”, fügte sie hinzu. “Wenn du das nicht gewährleisten kannst, vergiss es gleich.” Endlich nickte er.
 

“Gut, wenn du das alles nicht hinkriegst, wirst du eine schrecklich Strafe erleiden.”

“Welche?”, fragte er unsicher.


“Die Ungewissheit musst du in Kauf nehmen.”

“Habe dich nie für eine Sadistin gehalten.”

“Da siehst du mal, wie man sich irren kann.”

“Gut, Blondie. Sag mir am Wochenende Bescheid, klar?”

Dominique nickte und hatte das ungute Gefühl, sich auf den Pakt eines Teufels einzulassen. Doch noch war nichts besiegelt. Noch hoffte sie auf eine Heldentat Freds, wenn ihre Hoffnung auch mit jeder Minute schwand.
 


 


 


 


 

Der Samstag kam und brachte eine traumhafte Stimmung mit sich. In dicke Fellmäntel gepackt, die Füße warm und die Ohren geschützt, durch Ohrwärmer, Stirnbänder und Mützen stapften die vier Mädchen durch die schneeigen Straßen Hogsmeades.

Am Tag zuvor hatte Rose ein paar Worte mit Scorpius gewechselt und sich von aller Arbeit für diesen Tag befreit, mit der Begründung, dass sie auch ein Mädchen sei und Organisation eines Balles eben nicht alles für sie war.


“Ich will ja nicht nur anderen den Traum eines perfekten Abends erfüllen.”, hatte sie erklärt und gütig wie er war, akzeptierte er diese Ausrede ohne jegliches Klagen. Er hatte ihr viel Spaß und Erfolg gewünscht und ganz leger verlauten lassen, dass er ihre Begleitung für den Ball beneiden würde. Der kleine Satz hatte ihrem Herz einen winzigen Hüpfer versetzt und nun war ihr die Auswahl des perfekten Kleides umso wichtiger.
 

Dominique hatte verkündet, dass sie ihre Mutter im Eberkopf treffen würden. Zwar war die Familie Weasley seit der Schlacht in Hogwarts vor so vielen Jahren gut mit dem Wirt Aberforth befreundet, dennoch erschien Rose der Pub eine eigenartige Wahl, um dort Ballkleider anzuprobieren.

Die Kneipe war spärlich besucht und Aberforth begrüßte sie auf seine übliche mürrische Art und Weise, dann wies er sie an, die Treppe hinauf zu steigen. Und was sie dort erwartete schien das Mekka ein jeden Mädchens zu sein.

Die Wände waren vor lauter Stoff und Steinchen nicht zu sehen. Verschiedenste Farben strahlten ihnen entgegen; Spitze, Pailletten, Chiffon, Tüll, Seide, Taft und Organza reihten sich aneinander. Der Boden war mit Stoff ausgelegt und ein riesiger Spiegel zierte die Wand.
 

Inmitten alldem stand Fleur Delacour, majestätisch und schön. Sie zog ihre Tochter und deren Freundinnen in die Arme und küsste sie auf beide Wangen.

“Les filles, kommt alle ‘er. Ihr seht fabel’aft aus.”

Geschickt platzierte sie das immer noch staunende Grüppchen auf vier Stühlen und strahlte über das ganze Gesicht.

“Atemste'lend, non?” Wie die Mutter so die Tochter, dachte Rose glücklich.

“Dürfen wir alles anprobieren?”, fragte Amy tonlos und definitiv überwältigt.

“Mais, oui! Aber sieht eusch erstmal die Mantel aus. Isch ‘abe Aberfoß das Simmer ‘eizen lassen.”
 

Das Anprobieren begann. Sie schlüpften in immer neue Kleider, lachten, staunten und schwärmten und unterzogen sich immer wieder dem kritischen Blick Fleurs. Schweigen bedeutete "eine Katastrophe", ein Kopfschütteln war ein klares "Nein", ein Kopfschräglegen ein netteres "Nein", ein halbherziges Nicken implizierte "wenn es sein muss". Zwischendrin ließ sie Tee bringen und aus Spaß fragten sie auch Aberforth öfter nach Rat, doch er war jedesmal sichtlich überfordert.

An einem Punkt hörte man Fleur ruckartig sehr tief einatmen.

“Oh, Dominique, ma chérie, tu es trop belle. Cette, c’est la robe.” Wie ein Wasserfall sprudelte Fleur auf schnellem Französisch, während sie die Hände auf die Brust presste und ihr Tränen die Kehle zuschnürten. Auslöser war Dominique, die offensichtlich das perfekte Kleid gefunden hatte.
 

Grundsätzlich war es cyanblau und bis zur Hüfte enganliegend. Das Oberteil war teilweisen von flachen Perlen in dunkleren Blautönen besetzt, die nach Blubberbläschen oder im Wasser glitzernden Steinen aussahen. Der Rock war aus Chiffon gefertigt und mehrteilig. Während Dominique ein paar Runden drehte teilte er sich vorne und umspielte ihre schönen Beine wie Wellen.

“Comme une sirène!”, flüsterte ihre Mutter noch immer ergriffen, bevor sie Dominique in eine heftige Umarmung zog.
“Wie eine Meerjungfrau.”, übersetzte Dominique glücklich und sah erwartungsvoll zu ihren Freundinnen, die gleichermaßen neidisch und begeistert hinüber sahen.

“Es ist perfekt.”, stimmte Roxanne Mrs Weasley zu und die anderen beiden nickten zustimmend. Begeistert hüpfte Dominique auf und ab.

“Merci, Maman! Je t’aime et je l’aime.”
 

Während die beiden Damen ihr Gespräch für die anderen unverständlich fortfuhren, suchten diese weiter nach Kleidern, bis Amy mit höchst zufriedenem Blick hinter dem Umkleidevorhang hervortrat.

“Ich nehme dieses.”, legte sie fest, ohne auch nur um Rat gefragt zu haben.

Sie hätte gleich aus den 50ern angereist sein können. Ihr Kleid war rosa, das Büstier eng und ab der Taille fiel es weit aus bis zur Hälfte der Waden. Mehrere Unterröcke aus Tüll stützten die Spitzenrüschen.

“Dazu trage ich eine Perlenkette, cremefarbene Pumps und die Haare alle so über den Kopf auf eine Seite und lockig.” Zur Erklärung wühlte sie ein wenig in ihrem Haar rum und nach kurzem Überlegen nickte Dominique, während ihre Mutter eher kritisch dreinblickte.
“Es sieht sehr nach dir aus.”, drückte Roxanne ihre Begeisterung aus.


“Ich denke auch, dass es umwerfend aussehen wird.”, stimmte Rose zu und Amy lächelte zufrieden.

“Spitze!”
 


 


 

Nach einer ewig langen Verabschiedung verließen die Mädchen den Pub im Nachmittag. Sie waren mit Tüten bepackt und ließen sich in den Drei Besen auf einen heißen Kakao nieder. Sogleich fühlten sie sich dafür schlecht, nicht im Eberkopf zum Trinken geblieben zu sein.

“Deine Mutter ist ein Engel.”, lobte Rose, sobald ihre Getränke vor ihnen standen.

“Chouette! Belle! Mon Dieu!”, imitierte Roxanne kichernd und Dominique stimmte ein.


“Sie hatte auch Spaß daran, glaubt mir. Insgeheim war sie bestimmt traurig, dass sie nicht auch ein Kleid kaufen konnte.”
 

“Habt ihr eigentlich alle immer noch kein Date?”, fragte Roxanne und brachte das komplizierte Thema erneut zu Tage.

“Doch klar.”, widersprach Rose sogleich. “Ich gehe mit Albus. Das stand schon lange fest und du mit Lorcan?”

Zwischen zwei Schlucken nickte Roxanne.

“Wird bestimmt lustig mit ihm.”

Gespannt wanderten alle Blicke zu Dominique.


“Ich werde wohl einem der Angebote zusagen. Habe mich aber noch nicht entschieden welches.”

Sie sprachen Amy nicht auf das Ausbleiben ihrer Angebote an und unterhielten sich stattdessen über Weihnachten. Sie alle vier würden in der Schule bleiben. Natürlich hatte dies mit dem Ball zu tun, doch für Amy auch wegen der Zeitung, die im Moment ihre große Sorge war.

Gegen sechs Uhr war es Zeit zum Aufbruch in Richtung Schule.

“Wisst ihr was, geht schon mal vor. Ich muss noch was holen und komme dann nach.”

Zuversichtlich lächelte Rose ihren Freundinnen zu, die neugierig abzogen. Sobald die Tür hinter ihnen zu fiel, drehte sie sich um, ging an die Theke und gab eine Bestellung auf.
 


 


 


 


 

Sich die nassen Haare mit einem Handtuch rubbelnd betrat Scorpius seinen Schlafsaal. Er war voll mit seinen Freunden, die sich auf den Betten fläzten. Kein ungewöhnliches Bild.

Earl zog Lindsey mit der Geheimnistuerei über ihr Balldate auf. Ebenfalls nicht ungewöhnlich. Scorpius halb nackter Körper lenkte Earl von Lindsey ab.

“Ey du Angeber, hör mal auf hier so rum zu prollen mit deinem Quidditchkörper.”

Sie lachten.

“Hättest selbst auf die Idee kommen müssen, das T-shirt auszuziehen.”, konterte Scorpius und schlüpfte in eine Jeans.
 

Dann bemerkte er den Zettel mit dem Lysander spielte. Als dieser die Aufmerksamkeit seines Freundes bemerkte, entfaltete er den Zettel.

Nach einem kurzen Räuspern las er vor.

'Triff mich um 8 Uhr. RW'

Mit gehobenen Brauen musterten alle Anwesenden den Malfoy.

“Was will die Weasley denn?”, fragte er genervt.

“Falls du es rausfinden willst, solltest du dich sputen.”, grunzte Earl.

Beim Anlegen seiner Armbanduhr warf Scorpius einen Blick darauf. Zehn Minuten vor acht.

‘Rose Weasley.’, tadelte er. ‘Das ist leicht kurzfristig.’

“Zieh dir gefälligst was an!”, fauchte Lindsey als er schon auf dem Weg zur Tür war. Fluchend schnappte Scorpius einen dünnes Sweatshirt aus seinem Schrank und streifte es über.


“Bis später.”, rief er ihnen zu und verschwand.
 

Hastig eilte er die Treppen hinunter. Hoffentlich gab es keinen Notfall wegen des Balls oder Sonstigem, denn Arbeit hatte er genug um die Ohren.

Am gemeinsamen Büro angekommen, riss er dessen Tür auf und sah Rose am Schreibtisch zusammenzucken. Sie drehte sich mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht herum, griff nach zwei Flaschen und hielt sie in die Höhe.

“Hatte dir doch ein Butterbier versprochen, oder?”

Erleichtert nahm er die Flasche entgegen.


“Merlin, du hast mir einen ordentlichen Schrecken eingejagt, kleine Löwin.”

Geschickt öffnete sie das Bier.

“Warst du duschen?”

“Ja. War gerade erst fertig, als dein Memo angekommen ist.”

Verwirrt runzelte sie die Stirn.

“Das habe ich vor anderthalb Stunden geschickt.”
 

Finster drein blickend ließ Scorpius sich auf der Couch nieder.


“Dann darf ich später Lysander dafür danken, es mir nicht gegeben zu haben.”

“Oh.” Aus ihm unerfindlichem Grund wurde sie rot. Darüber lächelte er und musterte sie. Sie trug Jeans und eine hübsche Bluse, ihre Haare waren offen und er könnte schwören, dass ihre Lippen nur einen Hauch röter waren als gewöhnlich.

“Du siehst gut aus.”, sprach er seine Gedanken aus und prompt verschluckte sie sich an ihrem Bier.

“Wie war der Mädchentag?”, fragte er weiter, um ihre Verlegenheit zu übergehen.

“Unglaublich fantastisch!”, schwärmte sie sogleich. “Domes Mutter hat atemberaubende Kleider mitgebracht und wir haben jede unser perfektes Kleid gefunden.”

“Für was für eins hast du dich entschieden?”

“Davon darfst du dich Silvester überraschen lassen.” Sie zwinkerte und beinahe wollte er es als einen Flirt ansehen, doch dann besann er sich.
 

Beim Trinken streckte sich ihr Hals, die Bluse spannte um die Brust und er hätte am liebsten einen seiner Hemdknöpfe geöffnet.

Zum Glück verlief das Gespräch in weniger aufregenden Bahnen. Er berichtete ihr vom Fortschritt des Quidditchteams, denn schließlich hatten sie länger nicht mehr miteinander geredet. Auch tauschten sie sich über die Schulaufgaben und den Ball aus, der noch immer nach einer Menge Arbeit schrie.

Irgendwann erhob Rose sich, nahm seine leere Flasche und holte unter dem Schreibtisch zwei neue heraus.

“Oha, du hast ja richtigen Vorrat.”, lobte er, bemerkte während sie sich bückte jedoch, wie gut die Jeans ihren Hintern betonte.

‘Kröterkacke.’

Er sprang ebenfalls auf und reichte ihr den Flaschenöffner, welchen sie dankend annahm. Sie ließen die Biere aneinander klingen.
 

Rose fing seinen Blick, während sie trank und er konzentrierte sich darauf, sich nicht auch zu verschlucken. Und dann, als das Rothaarige Mädchen mit der Zunge den Schaum von ihren Lippen leckte, ohne verschämt weg zu blicken, wurde ihm bewusst, dass sie mit ihm spielte. Die Erkenntnis durchfuhr ihn warm und prickelnd, jedoch nicht so heiß und atemraubend wie gleich darauf. Denn es war zu spät. Eine kühle zierliche Hand griff den Kragen seines Hemdes und jene Lippen legten sich auf seinen Mund.

Überrascht führte er eine Hand hinauf und hielt ihren Kopf darin. Ein zaghafter, doch entschlossener Kuss, probierend und zielstrebig und er wusste, es hatte sie allen Mut gekostet.
 

Ihr Gesicht wich ein wenig von seinem und er ließ es zu soweit, bis er ihr in die Augen sehen konnte. Groß, tief und braun, mit wunderschönen Wimpern und eleganten Augenbrauen. Fragend und sanft und erleichtert sah sie ihn an und ihm war schrecklich warm. Gewagt und unschuldig zugleich - ihm war bewusst, dass nichts jemals so erotisch gewesen war, wie dieser eine Blick des Mädchens vor ihm. Die Dinge, die er tun wollte. Küssen, berühren, verführen. Dennoch wusste er, dass sie führen musste.

Zaghaft wanderte eine Hand an seine Wange, eine ruhte auf seine Schulter und keinmal brach der Blickkontakt. Er ließ seine Hand in ihrem Nacken und geduldete sich bis zu dem Augenblick, in dem sich ihre Finger dezent in seine Schulter drückten, sie sich auf die Zehenspitzen erhob und ihm erneut den Atem raubte. Diesmal mutiger. Er schmeckte das Bier und wollte dessen Kälte von ihren Lippen vertreiben.

Er schlang die Arme um sie und zog sie näher, während sie ihm gleichermaßen Halt gab, wie sie ihn selbst suchte. Sie küssten sich wollend und zärtlich, vollends damit zufrieden nur diesen einen Teil des anderen kennenzulernen.
 

Scorpius hob sie hoch und trug sie zum Sofa, wo ihr Kuss ausklang und sie bei einander darauf warteten, dass ihre Herzen wieder normal schlugen.

“Rose.”, flüsterte er und das Lächeln, mit dem sie zu ihm aufsah, sorgte ihn.

Ich muss es dir gestehen.

Aufmerksam betrachtete sie sein Gesicht und er hätte schwören können, dass besonders sein Mund sie interessierte. Doch das durfte jetzt nicht von Bedeutung sein.

Selbst wenn dein Herz daran zerbricht.”, fügte er hinzu und sie kicherte, denn sie verstand nicht, was er ihr sagen musste.

Du hast so schöne Augen und ein noch schöneres Gesicht.”, murmelte er, von ihrem Anblick gefesselt und schluckte schwer.


“Rose, in Wirklichkeit lieb’ ich dich nicht.”, gestand er mit trockenem Mund.
 

Entgegen aller Erwartung nickte sie.


“Ich weiß. Wirst du mich dennoch weiter küssen?” Der Schelm blitzte in ihren Augen auf, doch Scorpius fühlte sich nun noch elender als vorher.

“Hey, eigentlich bist du nicht mein Typ.”, erklärte sie dann beschwichtigend. “Wirklich gar nicht mein Typ und auf jeden Fall bin ich gar nicht in dich verliebt. Mach dir keine Sorgen.” Ihr Lächeln war schwach und er musste seines am Schwinden hindern, denn ihre Worte hinterließen eine unangenehme nervöse Leere.
 

Erneut fand sie seine Lippen und er verdrängte das ungute Gefühl. Dieser Moment gehörte ganz ihr. Er wollte sie wahrnehmen, wollte sich ihren Geschmack einprägen. Das Gefühl ihrer kleinen Hände, ihrer sanften Haare, wie sie sein Gesicht und seinen Hals kitzelten. Den Anblick ihrer genüsslich geschlossenen Augen und ihre angenehme Schwere auf seinem Schoß.

Als zärtlich ihre Zunge seine Lippen liebkoste, wusste er, dass er gelogen hatte. Dass er sich noch nie so gefühlt hatte und dass dieses Gefühl seines sein sollte. Seine Finger verwoben sich mit ihren und er hielt sie, während sie dort lagen und wie sie zuvor nahm auch er seinen Mut zusammen und öffnete den Mund.

Fast gar nicht in dich verliebt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Farbwolke
2013-12-29T22:20:51+00:00 29.12.2013 23:20
Hallo
Wohaaa ich liebe das Kaitel. Arme Dome nichts von Fred gehört, stattdessen von einer Schlange ohohoh. Ich will wissen in wen Al verliebt ist! Das ende vom Kapitel war genial. ich liebe es einfach! Hoffentlich stellen die zwei sich nicht weiter so an :/ Du hast das Kapitel gut beschrieben :)

Grüße
Traumtaenzerin


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