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Bi-Sho-Nen

von

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Ein normaler Arbeitstag

Sam konnte nicht schlafen und setzte sich daher um drei Uhr morgens an den Schreibtisch und schaltete seinen Laptop an. Wieso sinnlos im Bett liegen, wenn man die Zeit nutzen konnte? In der Wohnung war es still und alle schienen tief und fest zu schlafen. Nun war es schon fast 2 Wochen her, dass ihre neuen Kollegen eingezogen waren und er horchte immer noch, ob sich jemand seinem Zimmer näherte. Sam hasste es, wenn jemand ungefragt eintrat, vor allem, wenn er gerade am arbeiten war. Doch das hatte bisher keiner getan, außer Rafael. Daher verstand er nicht, warum er immer noch so paranoid war und schüttelte den Kopf. Ja klar, da stand einer der Anderen extra um drei Uhr morgens auf, nur um ihn im Zimmer zu überraschen und sein kleines Geheimnis zu lüften? Ist klar! Seufzend stand Sam auf und trat aus dem Zimmer, um sich in der Küche leise einen Kaffee zu machen. Allerdings schien er doch nicht der Einzige zu sein, dennschon von seinem Zimmer konnte er Licht durch den Türspalt entdecken. Da war wohl noch jemand schlecht im Einschlafen?

Leise betrat er seine Küche und entdeckte eins der Mädchen, Faith. Sie bemerkte ihn nicht und schien verschlafen auf die Maschine zu schauen. Sie und die Kaffeemaschine standen immer noch leicht auf Kriegsfuß und die Jungs amüsierten sich jeden Tag über sie, was sie mit Humor abwehrte.

Faith war für ein Mädchen recht groß und reichte sogar ihn fast mit der Höhe ein. Faith erinnerte ihn ein wenig an sich selbst. Auch sie scherte sich nicht um das Aussehen und war auf die Arbeit fokussiert. Sie war eine der ersten, die morgens aufwachte und eine der letzten, die ins Bett ging. Sie redete leider nicht viel über ihren Tagesablauf, auch wenn sie abends zusammen in der Küche standen und für die Gäste kochten. Sam wusste nur, dass sie früh morgens zum Familientempel ging und dort ihrem Vater aushalf. Nachmittags war sie dann mit anderen Nebenjobs beschäftigt. Über weitere Dinge, Familie und Arbeit betreffend schwieg sie, was ihn allerdings weniger störte.

Lächelnd lehnte er sich gegen die Wand und schaute noch ein wenig zu, wie sie mit der Maschine kämpfte, ehe er ihr seine Hilfe anbot. „Soll ich helfen? Ich brauche auch einen Kaffee!“

Überrascht schrak sie zusammen und war nun anscheinend hellwach. Faith schaute ihn entschuldigend an und seufzte. „Hab ich dich etwa geweckt? Wenn ja tut es mir Leid…“

„Ach nicht doch. Ich konnte nicht mehr schlafen und wollte mir einen Kaffee holen. Glück für dich, würde ich mal sagen!“, lächelnd und mit schneller Bedienung hatte er auch schon alles erledigt und der Kaffee konnte ungehindert in die Tassen fließen. „Dafür, dass du in der Küche sonst so gut bist, ist es wirklich verwunderlich, dass das hier so schwer sein soll!“

Faith lächelte lediglich entschuldigend und nahm die Tasse mit einem Danke in Empfang, um gleich darauf wieder in ihr Zimmer im zweiten Stock zu verschwinden. So viel zum Thema gesprächig! Nachdem sein Kaffee fertig war, schaltete er das Licht aus und verschwand ebenfalls in sein Zimmer, um sich dort ein wenig seinen Geschichten zu widmen, die er nachts für eine Zeitschrift schrieb. Davon wusste allerdings niemand, außer seinem Halbbruder, und das sollte auch so bleiben!
 

Ohne eine Vorwarnung schwang die Zimmertür auf und Rafael stand in seinem Zimmer. Mürrisch drehte sich Sam um und fauchte ihn an, dass er das nächste Mal klopfen sollte. Was diesen jedoch recht wenig juckte. „Ich dachte du hast verschlafen, weil du noch nicht in der Küche stehst… anscheinend hast du allerdings einfach nur die Zeit vergessen, wenn ich dich so vor dem Laptop sehe.“

Sam schaute auf die Uhr und musste feststellen, dass er Recht hatte. Er HATTE die Zeit vergessen und um diese Uhrzeit war er längst mit dem Frühstück fertig. War er mal wieder so in Gedanken, dass er den morgendlichen Werdegang in der Küche verpasst hatte? Dabei waren seine Mitbewohner in der Regel mehr als leise. Mit einem knappen „Ich komme gleich“ scheuchte Sam seinen Halbbruder aus dem Zimmer und ging rasch ins Bad, um sich ein wenig frisch zu machen und kurz darauf in der vollen Küche zu stehen. Im Grunde waren fast alle anwesend, außer Faith und John. Erstere war sicher schon im Tempel und John hatte sicher wieder vergessen den Wecker zu stellen.

Rafael saß mit Nici am Tisch und unterhielt sich ein wenig. Nici oder eher Nicole war die zweite Frau in der WG und war hier wohl mit Rafael gut vergleichbar. Sie war zwar kleiner als Faith, jedoch viel aufgeschlossener und redete gerne über sich und ihr Umfeld. Man merkte ihr richtig an, dass sie Spaß am Leben hatte, zumal sie ihr Hobby zum Beruf gemacht hatte. Trotz ihrer 20 Jahre und dem auf gestyltem Aussehen, hatte sie etwas Kindliches an sich, was vor allem Männer anzog. Das spürte man vor allem in ihrer abendlichen Schicht, wenn man Rafaels Worten glauben konnte.

Morgens arbeitete Nici in einer Software Firma und nach dem Mittag arbeitete sie als Visagistin an verschiedenen Orten für kleinere Aufträge. Das Kellnern im Restaurant war eher eine Nebenbeschäftigung, um Erfahrungen zu sammeln.

Sam wurde durch die drei anderen Kerle aus den Gedanken gerissen. Seiji und Alex machten sich mal wieder über Matt(hew) her und schikanierten ihn. Matt tat ihm schon fast Leid, doch ein wenig war er selbst schuld, zumal er ständig so provokant reagierte. Da wurde selbst er an so manchen Tag schwach und ließ gerne mal einen Kommentar von sich.

„Also ganz ehrlich, Kleiner…!“, Alex nahm mal wieder die falsche Anrede in den Mund, denn Matt griff sich die Servierten Rolle und schmiss auch gleich nach ihm. Was noch harmlos war, denn der Kleine hatte keine Hemmungen auch andere Dinge durch die Luft fliegen zu lassen.

Matt war mit seinen 18 Jahren der Jüngste und Kleinste von allen Männern hier - und sehr leicht zu ärgern, was ihn schnell und einfach zur Zielscheibe von allen machte. Allerdings ließ er sich keineswegs unterkriegen, was letztendlich zu einer lauten Situation führte oder er schmollend aus dem Zimmer marschierte. Für sein Alter war er recht intelligent, was die Noten bestätigten. Trotz der Arbeit und dem abendlichen Judo- und Karatetraining, schaffte er es noch irgendwie zu lernen, was beachtlich war. Auch Matt war bei ihm in der Schicht und half ihm nachmittags in der Küche aus, hauptsächlich Süßes. Denn das war seine Spezialität. Über sein Privatleben wusste keiner etwas, da war er noch verschwiegener als Faith, was kaum vorstellbar war.

Alex ließ es sich von Anfang an nicht nehmen den Jüngeren zu schikanieren, was mit seinen 23 Jahren nicht gerade von Reife zeugte. Zu seiner Verteidigung entschuldigte er sich immer lachend bei den Anderen und begründete sein Verhalten damit, dass er einfach alles toll fand, was süß war. Das sollte Matt allerdings am Besten nie zu Ohren bekommen. Ansonsten war Alex eine recht ruhige und ehrliche Person, der in seiner Freizeit Musik komponierte und in einer Band spielte. Aufgrund seiner gescheiterten Beziehung beschloss er ebenfalls in die WG zu ziehen, um seine Ex endlich loszuhaben. Mit ihm unterhielt sich Sam recht oft in seiner Schicht, zumal sie ein paar gleiche Interessen hatten und man sich allgemein gut mit ihm unterhalten konnte.

„Nenn mich NICHT Kleiner!“

Seufzend versuchte Sam den kleinen Krieg zu ignorieren und trat zum zweiten Mal an diesem Morgen an die Kaffeemaschine, nur um festzustellen, dass das Wasser und die Kaffeebohnen alle waren. Was er auf den Tod nicht leiden konnte, war die Tatsache, dass er auf seinen Kaffee warten musste. Genervt drehte er sich um und fixierte die drei Jungs mit einem kalten Blick.

„Wer von euch hat zuletzt Kaffee gezogen?“, nach den Worten wurde es augenblicklich ruhig, nur Rafael und Nici redeten weiter. Seiji trat einen Schritt vor und legte Sam freundschaftlich den Arm um die Schulter. „Chef, das ist nicht mehr nachvollziehbar, aber wenn du dich an den Tisch setzt und geduldig wartest, werde ich sogar meine Verspätung in Kauf nehmen und dir einen Kaffee zubereiten!“ Seiji versuchte sich mal wieder rauszureden und bei Sam ein zu schleimen. Das hieß also, dass er der Letzte war.

Seiji war ein recht offener Kerl, gerne mal sarkastisch und vor allem ehrlich – auf seine Art zumindest. Er versucht sich zwar aus Problemen rauszuhalten, verursacht die Meisten allerdings selbst. Schon in den ersten Tagen lernte man ihn als humorvolle Person kennen, der sein Leben auch auf diese Weise genießt. Außerdem offenbarte er direkt, dass er aufs gleiche Geschlecht stand und nicht vor hatte irgendeinen in der WG anzuschmachten, da keiner sein Typ war. Ob man sich darüber freuen oder weinen sollte, sei mal dahingestellt. Seiji war noch Student und ist nur in die WG gezogen, da sich in dem Wohnheim ein Brand ereignet hatte und er seinem Freund nicht länger auf der Tasche liegen wollte. Neben dem Job im Restaurant gab er noch gelegentlich Nachhilfe Stunde in Mathe und verdiente sich hier ebenfalls noch ein paar Groschen, die Partybesuche musste er schließlich auch alle irgendwie zahlen.

„Seiji… es reicht mir schon, wenn du das, was du geleert hast, auch wieder nachfüllst!“, Sam schaute ihn mit einem bösen Blick an und merkte im Augenwinkel, dass sich Matt verdrückte und Alex sich grinsend an den Tisch setzte. „Mach, dass du Land gewinnst!“

Sam seufzte und drehte sich zu der Maschine um. Er wusste genau, dass Seiji wieder zu spät dran war und die Vorlesung verpassen würde. Da musste er wegen dem Kaffee nicht gleich noch nachhelfen. Er hörte noch, wie Seiji mit einem „Du bist der Beste!“ aus der Küche lief. Und so wie er es einschätzte grinste dieser breit und zwinkerte Alex auch noch frech zu. Er war ja selbst schuld, er konnte dem Jüngeren nichts abschlagen.

„Du lässt dich zu leicht um den Finger wickeln, Sam!“, meinte nun Rafael, der sich, auch wenn er es nicht offen zeigte, darüber amüsierte.

„Schnauze…!“, es dauerte bis Sam seinen Kaffee in den Händen hielt, marschierte dann aber mit Alex runter ins Erdgeschoss in die Restaurantküche. „Sag mal, muss das eigentlich jeden Morgen so ablaufen? Matt tut mir manchmal echt leid!“

Alex grinste wieder breit und öffnete seinem Chef die Tür. „Es tut mir ja wirklich Leid, dass ihr alle darunter leiden müsst, aber es ist einfach immer wieder eine Bereicherung für mich ihn aufzuziehen. Allein dieser böse Blick von ihm und die Reaktionen sind einfach göttlich! Als wäre er noch ein kleiner Junge. Da fällt es einem echt schwer damit aufzuhören.“ Alex schwelgte kurz in Erinnerungen. „Erinnerst du dich noch ein paar Tage nach dem Einzug, als ich hinter ihm hergegangen bin und ihn das wieder aufgeregt hat?“ Nachdem Sam genickt hatte, fuhr Alex direkt fort. „Da hat er mich doch wieder so tierisch angemeckert und seine ganze schlechte Laune raus gelassen. Vor allem seine rhetorische Frage >Bist du auch schwul, oder was?< fand ich sehr vorlagenreif. Ich hätte nicht gedacht, dass ihn meine Antwort so aus der Fassung bringt. Ich glaube, dass hat es mir besonders angetan!“

Alex lachte und Sam konnte nur schmunzeln. „Na ja, du hast dem Kleinen wohl einen riesen Schrecken mit der Antwort eingejagt. So ein plötzliches >Ja, und ich find dich richtig süß!< kriegt man schließlich nicht jeden Tag von einem Kerl zu hören! Wir mussten uns im Wohnzimmer wirklich zusammenreißen nicht zu lachen!“

Die beiden plauderten noch ein wenig über Matt und holten alle Lebensmittel herein als der Lieferant vor der Tür stand.
 

Nici und Rafael saßen noch am Küchentisch, nachdem Sam und Alex verschwunden waren und hörten die schnellen Schritte über ihnen. „Ich würde jetzt einfach mal schwer behaupten, dass John doch tatsächlich aufgewacht ist!“, schmunzelt nahm Nici ihren letzten Schluck aus der Tasse und stand auf. Nachdem ihre Tasse in der Spülmaschine stand, kam auch schon ein zurechtgemachter John in die Küche gerast.

„Warum weckt mich denn keiner?“, fragte dieser hektisch und nahm sich ebenfalls einen Kaffee, um richtig wach zu werden.

„Das hatte ich vor. Mit einem Eimer kalten Wasser, um genau zu sein!“, Rafael schaute den Verschlafenen mit einer ernsten Miene an und klopfte ihm dann auf die Schulter. „Du hast die Haare vergessen!“

Damit marschierte Rafael ebenfalls nach unten ins Restaurant und ließ den armen Jungen allein zurück, da sich Nici gleich nach seiner Ankunft schon verdrückt hatte. Seufzend schmierte John sich etwas Kleines und raste mit seinem Frühstück nochmal nach oben ins Bad, nur um Festzustellen, dass Rafael ihn auf den Arm genommen hatte. Natürlich hatte er seine Frisur gerichtet, ehe er nach unten gelaufen war. Fluchend aß er alles auf und verschluckte sich an seinem Kaffee, ehe auch er sich an die Arbeit machte. John wollte Rafael nicht alleine lassen, denn das durfte er sich sonst die nächsten Tage vorhalten lassen.

„Na, wach?“, fragte ihn dieser als John das Lokal betrat.

„Das ist nicht lustig!“, warf er Rafael vor, der ihn nur grinsend anschaute. „Aber ja, danke der Nachfrage. Ich BIN wach!“

„Du solltest ruhig früher aufstehen. Das Frühstück am Morgen ist das Highlight des Tages bei uns. Alex und Seiji konnten es mal wieder nicht lassen Matt zu ärgern.“

John wurde direkt hellhörig, denn auch er gehörte zu denjenigen, die es gerne mal auf Matt abgesehen hatten. Vielleicht sollte er seine Mitbewohner einfach mal bitten ihn aufzuwecken, wenn sie aufstanden. Dann musste er nicht jeden Abend verzweifelt dran denken, den Wecker zu stellen. Allerdings wollte Rafael nicht mit der Sprache rausrücken, was diesmal der Anlass war - anscheinend war dies Strafe genug für sein Verschlafen.

John gehörte zu den Leuten, die am liebsten lange schliefen, doch er ließ keinen im Stich und selbst wenn er verschlafen oder halb nackt arbeiten müsste, würde es ihm nichts ausmachen. Er hatte Spaß am Kellnern und nachmittags hatte er gelegentlich Aufträge als Model. Nur durch die derzeit magere Auftragslage versuchte er nebenher noch anders Geld zu verdienen und zu sparen, was ihn dazu bewegt hatte sich bei Sam und Rafael zu melden.
 

Der Vormittag verlief recht ruhig und Rafael hatte sogar zwischendurch etwas Zeit das Haushaltsbuch nebenher zu vervollständigen, während John von einem Tisch zum Anderen hechtete. Rafael musste zugeben, dass sie mit ihrer Auswahl genau ins Schwarze getroffen hatten. Seine neuen Arbeitskollegen waren nicht nur eifrig, sie lockten mit ihrem Aussehen und Charakter auch immer wieder neue Gäste an, die so langsam zu Stammgästen wurden. Lächelnd beobachtete er den Jüngeren, wie er gerade wieder an einem Tisch mit vier Frauen stand und diese ein wenig an flirtete.

Nach den ersten Tagen fand er dies ein wenig unpassend, aber warum nicht? Es schadete ihrem Image keineswegs und lockte so noch mehr Leute an. Außerdem bot der Umbau nun einen kleinen Bereich als eine Art Café an, was bei den jüngeren Gästen sehr gut ankam.

Allerdings musste Rafael Sam zustimmen, als dieser damals eingeworfen hatte, dass es ggf. zu Problemen führen könnte, wenn sie die Gäste anschmachteten und eine Beziehung zu Stande kam oder die Freundin mal vorbei kam. Um dies vorzubeugen hatte er direkt zu Beginn ein kleines Machtwort ausgesprochen, und jeder war damit einverstanden. Aus dem Grund war es nicht gestattet, eine engere Beziehung zu Gästen zu haben, wenn diese ihre Eifersucht nicht zügeln konnten oder gar seinen Freund oder seine Freundin ins Restaurant einzuladen. Außerdem hatte Rafael verlauten lassen, dass er unter den Kollegen keine Beziehung erlaubte, da dies bei Streitigkeiten zu Problemen führen könnte. Sowohl Privat in der WG als auch während der Arbeitsschichten. Dies klang zwar etwas altmodisch, doch jeder war bereit diesen Kompromiss einzugehen, um die Harmonie zu wahren. Was bisher auch super geklappt hatte.
 

Kurz bevor es Zeit wurde Alex und John abzulösen, erschienen Seiji und Matt auch schon in der Küche. „Hey, Chef. Du kannst Pause machen!“, posaunte Seiji auch gleich lauthals und schnappte sich eins der Erdbeeren vom Tisch, nur um kurz darauf einen Schlag mit Alex Handtuch auf die Schulter zu bekommen.

„Hör auf zu klauen und schieb deinen Hintern raus, um Rafael eine Pause zu gönnen!“

„Du willst ja nur meinen hübschen Hintern beim Rausgehen betrachten! Gib es zu!“, Seiji schüttelte theatralisch seinen Kopf, als wäre er enttäuscht und marschierte dann doch zu Rafael. Sie ließen die Schichten absichtlich überlappen, damit sich sowohl Sam als auch Rafael eine Pause nehmen konnten.

Während sich John und Seiji draußen köstlich mit den Gästen amüsierten, versuchte Matt Alex nicht zu nahe zu treten. Er hasste diese überlappende Zeit, konnte allerdings nichts dagegen tun. Alex bemerkte dessen Unbehagen jeden Tag und konnte einfach nicht anders als ihn strahlend und voller Freude zu triezen. Da er vorhin sein letztes Gericht fertig gestellt hatte, stellte er sich kaum hörbar hinter den Kleineren und flüsterte dann neben seinem Ohr, warum er denn so angespannt da stand. Matt erschrak fürchterlich und ließ sogar fast seine Utensilien fallen, wurde aber kurz darauf wieder gefasst und schlug mit seinem Ellenbogen nach dem Älteren.

„Lass den Mist! Ich bin am Arbeiten. Wenn du kein Bock mehr hast, verschwinde.“

„Du bist ganz schön herzlos, dabei will ich dir doch nur bei der Arbeit zuschauen!“

„Das juckt mich nicht, zieh Leine! Ich kann dich nicht leiden, wenn es dir noch nicht aufgefallen ist!“

Alex legte die Hand aufs Herz und schaute ihn mit einer traurigen Miene an. „Das trifft mich jetzt tief. Sehr tief. Dabei kann ich dich sehr gut leiden!“

„Ja klar, so sehr, dass du mich ständig nervst und aufziehst, oder was? Danke, aber darauf kann ich verzichten!“

Matt wurde unbewusst wieder lauter und die Gäste draußen mussten ja nicht gleich alles mitkriegen. Aus dem Grund nahm Alex ihm den Löffel aus der Hand und stemmte seine Arme auf den Tisch, um Matt am Fliehen zu hindern. Schnell hatte er den Abstand zwischen den beiden verringert und war nun ganz nah an dessen Gesicht, sodass ein Flüstern ausreichte, damit Matt ihn verstand.

„Du bist selbst schuld. Wenn du dich nicht so süß aufregen würdest, dann hätte ich auch keinen Narren an die gefressen, Kleiner.“

Matt wollte gerade etwas erwidern, doch Alex stoppte ihn noch rechtzeitig, damit kein Gebrüll aus seinem Mund kam. „Nur ein lauter Ton und ich küsse dich!“ Sofort schloss der Jüngere den Mund und schaute Alex giftig an. Schnell ließ er ihn wieder frei und lachte leise, ehe Matt ausholen und ihm eine verpasste. Er musste zugeben, dass Matt für sein Aussehen nicht schwach war, das machte wohl das abendliche Training aus, und er wollte auf keinen Fall der Ersatz des Sandsackes sein. Das stand fest.

Matt hingegen hatte sich derweilen umgedreht und arbeitete ohne aufzublicken. Anscheinend schmollte dieser wieder und war wütend. Das sah man besonders am Kraftaufwand, wie er das Fleisch schnitt. Still schweigend beobachtete er ihn die restlichen Minuten, ehe Sam wieder die Küche betrat und Alex für heute befreit war.
 

Auch der Nachmittag und der nächste Schichtwechsel verlief ruhig und entspannt. Doch das war für einen Montag ganz normal und nach dem stressigen Wochenende nötig. Nachdem die letzte Schicht alles aufgeräumt hatte, schlossen sie das Restaurant und marschierten wieder nach oben in die Wohnung.

Nici ging lachend neben Rafael her und unterhielt sich über ihren Tag, um sich erst mal in der Küche noch einen Kaffee zu holen. Sam und Faith hingegen wollten lieber zuerst unter die Dusche um dem Essensgeruch zu entfliehen.

Nachdem Nici ihren Kaffee ausgetrunken und Rafael eine gute Nacht gewünscht hatte, wollte auch sie endlich unter die Dusche. Im ersten Stockwerk war leider eins der Bäder besetzt, doch das zweite Bad schien frei zu sein. Also suchte sie ihre sieben Sachen zusammen und beeilte sich schnell hineinzuschlüpfen, ehe ein anderer eintrat. Voller Elan öffnete sie die Tür und stand Seiji entgegen, der sich gerade in seinen Boxershorts rasierte.

„Ich weiß, dass ich einen geilen Körper habe, allerdings kannst du den Mund wieder schließen, Liebes!“, grinsend zwinkerte er ihr zu und rasierte sich weiter. „Entweder kommst du rein oder gehst wieder, ich bin gleich fertig!“

Das ließ sie sich nicht zweimal sagen und trat ein. Da er schwul war und null Interesse an Frauen hatte, war das sicher kein Problem. „Wehe du schaust mir etwas ab!“

Seiji erwiderte nichts darauf und schmunzelte über die Reaktion, die er nicht erwartet hatte. Es gab schließlich wenige Frauen, die sich vorbehaltslos in die Höhle des Löwen trauten – auch wenn er nicht wirklich auf Frauen stand.

„Respekt.“, murmelte dieser als er im Spiegel mitbekam, dass sich Nici hinter ihm zu entkleiden begann.

„Das hat mit Respekt nicht viel zu tun. Du bist schwul, ich hab vor dir nichts zu befürchten, oder wirst du dich etwa über mich hermachen? Außerdem will ich schnell unter die Dusche. Bis du fertig bist, dauert es sicher noch ein paar Minuten!“, damit ließ sie die letzten Hüllen fallen und trat in die Duschkabine, ohne sich weiter um den Älteren zu scheren.

Seiji pfiff Nici leise hinterher, denn auch wenn er nicht auf Frauen stand, musste er doch gestehen, dass alles am rechten Platz saß. „Wenn ich das den Jungs erzähle, werden die doch glatt neidisch werden. Manchmal hat es wirklich Vorzüge auf Männer zu stehen!“, flüsterte er leise und achtete danach nicht mehr auf Nici, um sich mit der Klinge nicht zu schneiden.
 

Rafael marschierte mit einem Handtuch um die Schulter und lediglich seiner Hose nach unten in den ersten Stock, um nochmal bei Sam vorbei zuschauen. Dieser war schon geduscht und saß ebenfalls nur mit einer Hose bekleidet an seinem Schreibtisch. Rafael betrachtete seinen Halbbruder und hob lediglich die Augenbraue.

„Dir ist auch nicht mehr zu helfen, oder? Du stürzt dich von einer Arbeit in die nächste. So dringend brauchen wir das Geld nun auch nicht!“

Sam ließ sich nicht beirren und schaute seinen Bruder nicht mal an. „Das hat weniger mit dem Geld zu tun, sondern damit, dass ich das Manuskript morgen Nachmittag vorlegen muss. Wie wäre es, wenn du nicht da rumstehst und mir lieber hilfst, dass passende Wort zu suchen?“

Rafael schloss mit ernster Miene die Zimmertür und schmiss sich regelrecht auf Sams Bett, der ihn nun mit einem mahnenden Blick anschaute. „Was? Wenn ich dir helfen soll, dann kann ich es mir doch wenigstens bequem machen, oder nicht?“

„Was wolltest du eigentlich hier?“

„Aha… erst anlocken und jetzt abschieben? Danke, aber ich habe es mir gerade erst gemütlich gemacht!“

„Rafael….“

„Morgen ist unser freier Tag und die zweite Woche, sprich das gemeinsame Essen steht an. Soll ich alle aus dem Bett werfen und Bescheid geben oder meinst du ein Zettel auf dem Tisch genügt?“

Sam überlegte kurz, denn er wusste, was Rafael meinte. Sie hatten beschlossen jede zweite Woche an ihrem freien Tag ein Abendessen mit allen zusammen zu genießen. Allerdings hatte es keiner von beiden heute während der Schicht erwähnt und wer weiß, was die anderen Morgen vor hatten.

„Leg ein Zettel in die Küche. Wer nicht kann, soll absagen!“, war Sams einzige Aussage und schon schrieb er weiter, da ihm endlich eingefallen war, was er schreiben wollte. Alles andere blendete er aus und bemerkte nicht mal, dass Rafael nach wenigen Minuten wieder aus dem Zimmer verschwand, um sich ins Bett zu legen.
 

Matt stand unschlüssig vor Faiths Tür und war sich nicht ganz sicher, ob er nun klopfen oder sie morgen früh belästigen sollte, zumal es doch recht leise in ihrem Zimmer war. Matt fasste sich letztendlich ein Herz und klopfte leise, nur um kurz darauf ein „Herein“ zu vernehmen. Erleichtert seufzte er auf und öffnete die Tür, um die Ältere an ihrem Schreibtisch zu sehen. Sie blickte auf und hob die Augenbraue als sie Matt erblickte.

„Tschuldige für die spätere Störung!“, Matt entschuldigte sich als erstes, zumal er trotz seiner aufbrausenden Art doch gut erzogen war. „Hast du vielleicht fünf Minuten?“ Er zeigte auf sein Buch und sie nickte. Matt war der Einzige, der wusste, dass Faith nachts nebenher für ihr Fernstudium büffelte, da sie zu den anderen Tageszeiten keine Zeit hatte. Außerdem beschäftigte sie sich hauptsächlich mit Geschichte, worin er gelegentlich mal auf dem Schlauch stand. Er hielt den Mund und sie erklärte ihm diverse Dinge, damit konnten beide gut leben.

Da Matt nicht auf den Kopf gefallen war, waren sie auch wirklich nach knappen fünf Minuten fertig und er erfuhr auch gleich mehr über Details, die nicht im Buch standen. Er bedankte sich wie immer bei ihr und wünschte eine gute Nacht, ehe er aus dem Zimmer trat. Nachdem er die Tür hinter sich schloss und plötzlich Alex neben sich bemerkte, erschrak er fürchterlich.

„Na, seid ihr heimlich am Regel brechen?“, fragte er den Jüngeren mir einer hochgezogenen Augenbraue und war interessiert, was er denn bei Faith zu suchen hatte. Er selbst kam gerade aus dem ersten Stock, wo sich Seiji, John und er in Seijis Zimmer einen Film angeschaut hatten, da sie zu faul waren ins Wohnzimmer im zweiten Stock zu laufen.

„Das geht dich nichts an!“, zischte Matt ihn an und machte einen Bogen um Alex, damit er ungestört in sein Zimmer gehen konnte. Der Ältere fühlte sich allerdings nicht sonderlich angesprochen und folgte ihm einfach mit ins Zimmer.

„Hey, ich habe ausnahmsweise mal nichts gemacht, warum bist du immer so abweisend?“

Matt fixierte den Anderen und fragte sich, ob dieser wirklich so dumm war oder sich absichtlich verstellte. „Wenn es dir noch nicht aufgefallen ist, den Grund habe ich dir heute Mittag schon genannt. Ich kann dich nicht leiden, also hau aus meinem Zimmer ab!“

„Und wenn ich nicht will?“, provokant trat er vollständig ein und schloss die Tür hinter sich. Er wusste, dass das seine Privatsphäre war und er selber es nicht leiden konnte, wenn jemand bei ihm so handelte, aber irgendein Teil von ihm wollte jetzt nicht so einfach gehen.

„Was… ist dein Problem, Alexander?“

Lächelnd ging er ein paar Schritte auf ihn zu und legte dem Jüngeren seine Arme locker auf die Schulter. „Ich glaube, das ist das erste Mal, dass du mich beim richtigen Namen genannt hast. Sag das nochmal!“

Matt war zunächst irritiert und wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte, doch als er in das wartende Gesicht des Älteren schaute, kam er wieder zu Besinnung und fluchte innerlich, wie blöd er denn war. Mit einer schnellen Handbewegung warf er dessen Arme von sich und schob ihn mit einem kräftigen Hieb Richtung Tür. „Mach das du Land gewinnst und lass dich hier nicht mehr blicken!“ Er versuchte sich nicht noch weiter aufzuregen, da die Chance bestehen könnte, dass schon jemand im Bett lag, doch das kostete ihn sehr viel Beherrschung.

Alex schürzte die Lippen und legte den Kopf leicht schief, um kurz über die Situation nachzudenken. Entschied sich die Sache allerdings auf sich beruhen zu lassen und wünschte dem Anderen eine gute Nacht, ehe er den Raum verließ. Auch er wollte es nicht riskieren von ihren beiden Chefs eine Abmahnung bei Nacht zu kassieren. Tagsüber war das schon eine andere Sache. Alex blieb kurz vor Matts Tür stehen, ehe er sich in das gegenüberliegende Zimmer verschanzte und zu Bett ging.
 

~+~ Kapitel 1 zu Ende ~+~



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