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Bi-Sho-Nen

von

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Versöhnung

„Du gehst jetzt noch aus?“ John schaute seinen Freund ganz irritiert an als Seiji in seiner verblassten Hose und einem seiner schicksten Hemden an der Küche vorbeilief. John wollte sich eigentlich nur eine Kleinigkeit für den kleinen Hunger holen und war nun sichtlich überrumpelt. Hatte der andere morgen nicht direkt in der ersten Stunde eine Vorlesung? Seiji grinste John allerdings nicht an und winkte mit der Hand ab. Und was sollte das jetzt heißen? Ja oder nein? „Wie meinen?“

„Ich geh nicht aus, ich geh mir nur meinen ‚Sport‘ für heute abholen, sonst drehe ich durch“, damit schob er sich schnell zur Tür und verschwand aus Johns Blickfeld. Seiji hatte heute während seiner Schicht an nichts anderes denken können. Wie zum Teufel ist das passiert? Er musste John nur gegenüberstehen und schon reagierten alle Sinne. Dass er noch keine ausgebeulte Hose vor dessen Augen hatte, war nur eine Frage der Zeit. Er musste sich dringend etwas überlegen und bis dahin würde er sich eben seinen Hunger jeden Abend woanders holen. Er sollte John ein wenig aus dem Weg gehen, und zwar unauffällig… was sich sicher für schwierig erweisen würde. Seufzend marschierte er in die nächste Gay Bar und suchte sich sein Opfer für heute Abend aus…
 

# # #
 

John marschierte ins Wohnzimmer und entdeckte Faith und Alex vor dem TV. Der laufende Film schien nicht sehr anspruchsvoll und auch von der Mitte schaubar zu sein, also setzte er sich neben Faith und nickte den beiden zur Begrüßung kurz zu. Diese hatten natürlich nichts dagegen, je mehr Leute, desto mehr konnte man sich amüsieren. Im Grunde handelte es sich um einen Action Film, in dem leider auch eine Spur Romantik enthalten war. Eine Liebe, die nicht in Erfüllung gehen kann.

„Leute… was für einen Schmarrn schaut ihr euch da schon wieder an? Seit wann steht ihr auf schnulziges Zeug?“ John war fix und fertig.

„Na komm, es gefällt dir nur nicht, weil du dich sicher in einer gleichen Position befindest! Deine Liebe ist für dich unerreichbar, stimmt’s?“, Nici grinste ihn frech an und stockte leicht als John sie mit einem irritierten Blick anstarrte. „John…?“

Nun wurde auch Alex stutzig, denn er hatte mit einer guten Retourkutsche gerechnet. Er beugte sich leicht nach vorne, um seinen Kollegen besser sehen zu können und schaute diesen nun ebenfalls fragend an. Dieser hingegen wich den Blicken langsam aus und stand geräuschlos auf, um dann gedankenversunken aus dem Wohnzimmer zu gehen. Eine unerfüllte Liebe? Er? Warum fühlte er sich bei Nicis Worten ertappt? Er war doch eigentlich gar nicht… verliebt?
 

„Weißt du, was das sollte? Sag mir nicht, ich habe ins Schwarze getroffen und er ist wirklich verliebt… kommt aber nicht an sie ran?!“ Nici schaute John kurz nach und drehte sich dann fragend zu Alex um, der allerdings nur mit den Schultern zuckte.
 

# # # Sonntag # # #
 

Die Tage vergingen wie im Flug und gewisse Launen besserten sich nicht sonderlich, was den Anderen so langsam auffiel. Sam und Rafael standen alleine im Restaurant vor Öffnung und tranken zusammen einen Kaffee. „John ist nicht sonderlich auf der Höhe, kann das sein?“, Sam begann das Thema nun endlich mal anzusprechen. Rafael nickte knapp und trank einen Schluck seines Kaffees. „Aber er ist nicht der Einzige. Seiji… ist nicht besser gelaunt. Man könnte meinen er strotzt nur vor schlechter Laune, auch wenn er im Laden immer mit einem Lächeln herumläuft und die Mädels an flirtet.“

„Ja, das stimmt auch wieder… und was ist mit Alex und Matt los? Um die zwei ist es verdammt ruhig geworden. Matt schaut ihm nicht in die Augen und Alex zieht ihn kaum noch bis gar nicht mehr auf… das geht schon seit knapp einer Woche so.“, Sam schob sich sein letztes Stück Sandwich in den Mund und kaute genüsslich darauf herum.

„Hm… sollen wir das mal ansprechen? Ich meine…“ Rafael überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf. „Nein, das ist nicht unser Problem, solange sie die Arbeit nicht vernachlässigen und alle anderen mit der Laune anstecken. Warten wir einfach mal ab.“ Sam nickte zustimmend und sie hielten sich beide erstmal weiter bedeckt.
 

# # #
 

Für einen Vormittag war doch recht viel los. Rafael und John hatten alle Hände voll zu tun und daher bemerkte John seinen Freund recht spät. Seiji saß an einem Tisch mit einem anderen Mann, den er nicht kannte und zu gut aussah für seinen Geschmack. War das der Kerl mit dem Seiji in letzter Zeit verkehrte? Ihm kam es außerdem vor als würde Seiji ihn meiden. Nach seiner Schicht verkroch er sich in sein Zimmer, um angeblich für Prüfungen zu lernen und seine Hausarbeit zu erledigen und danach eilte er auf und davon. Keine gemeinsamen Abende mehr mit einem kleinen Essen, DVDs oder Partygänge. Er hätte nicht gedacht, dass er in den vergangenen Wochen so abhängig geworden war. Einen kleinen Vorteil hatte das ganze natürlich schon: Er hatte die letzten paar Tage mal wieder etwas mit seinen anderen Freunden gemacht, von denen er deswegen auch ordentlich gerügt worden war. Seufzend marschierte er zum Tisch, da Rafael gerade in die Küche gehuscht war und versuchte keine Emotionen zu zeigen, denn es passte ihm gar nicht, dass er hier mit seinem Macker auftauchte.

„Was kann ich euch bringen?“, er schaute dabei eher Seiji als den anderen Mann an und wartete geduldig auf dessen Antwort. Seiji hingegen schaute John nicht in die Augen und fragte stattdessen seine Begleitung, was er denn zu trinken wollte. Das nervte ihn tierisch und er tippte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden. „Also?!“ Die genervte Stimme ließ Seiji aufhorchen und nun blickte ihm dieser doch in die Augen.

„Schlecht geschlafen, John? Du solltest lieber etwas Lächeln, das gibt nicht viel Trinkgeld heute“, Seiji meinte es natürlich nur gut, auch wenn es halb im Scherz gesprochen war. Allerdings schien diese Aussage das I-Tüpfelchen der Woche sein.

„Sag mal, willst du mich verarschen? Erst ignorierst du mich die ganze Woche und jetzt tadelst du mich unverfroren?! Hol dir dein Zeug gefälligst selbst und vergiss nicht zu zahlen. Leg auch gleich noch ein bisschen mehr Trinkgeld drauf, da ich ja gerade nicht viel abstaube!“, genervt drehte er sich um und eilte zum nächsten Tisch, um dort mit einem zuckersüßen Lächeln – was ihn sehr viel Überwindung kostete – die Bestellung aufzunehmen.
 

Die restliche Schicht verlief ruhig. Er machte um Seijis Tisch einen großen Bogen und war dankbar als diese nach dem Mittag rum war. Sofort haute er ab und würdigte Seiji keines Blickes. Selbst Rafael nickte er nur knapp zu und in der Küche huschte er einfach an allen vorbei. Er wollte etwas für sich sein und beschloss der Agentur einen Besuch abzustatten. Vielleicht würde das Fotoshooting nach vorne verlegt, sodass er auf andere Gedanken käme.
 

Er konnte es immer noch nicht fassen, dass er Seiji vor dem Kerl wie ein eifersüchtiger Teenager angeblafft hatte. Das war absolut nicht seine Art. Mal davon abgesehen, dass er auch noch wütend auf Seiji war, da er ausgerechnet bei ihnen im Restaurant auftauchte. Was sollte das? Er konnte sich nicht erklären, warum ihn das so wurmte, bis tatsächlich der Groschen fiel und er ruckartig mitten auf dem Gehweg stehen blieb. Eifersucht? Konnte das wirklich sein? Aber worauf? Er war schließlich hetero und hatte noch nie etwas mit einem Kerl angefangen oder gar Interesse bzw. Neugier dafür gezeigt. Seiji war sein Freund und mehr sah er nicht in ihm. Nein, das konnte nicht der Grund sein. Vielleicht war es auch einfach nur die Tatsache, dass dieser ihn links liegen gelassen hatte. Er war eindeutig neidisch auf den Typen, dass dieser den Tag mit Seiji verbrachte und ihm Nahe war.

John setzte sich wieder in Bewegung, doch der Gedanke daran ließ ihn einfach nicht los. Er schüttelte den Kopf und konnte nicht fassen, dass er so tief sank. Wieso führte er sich wie ein kompletter Idiot auf, nur wegen einer solchen Kleinigkeit? Natürlich hatte jeder von ihnen eigenen Freundeskreis, da brauchte man weder neidisch noch eifersüchtig zu sein. Vielleicht sollte er sich zur gegeben Zeit bei ihm entschuldigen… sofern dieser je wieder ein Wort mit ihm wechselte.
 

Das Fotoshooting wurde natürlich nicht nach vorne verlegt, doch er konnte sich zum derzeitigen Shooting dazugesellen und das Ganze beobachten. Er setzt sich auf einen freien Stuhl und beobachtete das Getümmel erstmal in Ruhe, bis er schließlich ein paar Männer in Badeshorts erblickte. John kam nicht umhin sich deren Körper sehr genau anzuschauen und musste zugeben, dass diese wirklich unheimlich gut gebaut waren. Sein Blick blieb an einem der Jüngeren hängen und er musste zugeben, dass dieser Seiji im Körperbau sehr glich.

Er erwischte sich dabei, wie er grinsend dasaß und an den Anderen dachte. Seiji hatte sich damals eiskalt sein Shirt ausgezogen und lief halbnackt durch das Zimmer, bis er sich für ein anderes Oberteil entschieden hatte. John hatte ihn damals genau gemustert und jetzt wo er über die Situation nachdachte, erinnerte er sich daran, dass ihm bei dem Anblick ein kleiner Schauer über den Rücken gelaufen war. Stirnrunzelnd versuchte er sich an seine Gedanken zu erinnern und stockte. Er hatte sich damals rasch abgewandt und sich anderweitig beschäftigt. Doch John wusste wieder ganz genau, was der Grund war. Er hatte das Verlangen zu Seiji zu gehen und ihn zu berühren. Warum hatte er das nur vergessen? Während er so darüber nachdachte, musste er sich eingestehen, dass er heute noch immer dieses leichte Verlangen danach hatte. Woher das Alles kam, konnte er jedoch nicht ausmachen. Er rutschte unruhig auf seinem Stuhl, da er den Gedanken einfach nicht aus dem Kopf bekam. Ob er es einfach mal ausprobieren sollte? Vielleicht würde ihn das endlich zur Ruhe bringen…aber mit Seiji? Augenrollend stand er auf und lief ein wenig umher. Irgendwie nervte ihn das wieder. Er musste später unbedingt etwas mit seinen Freunden trinken gehen. Das war doch einfach nicht zum Aushalten.
 

# # #
 

„Hey Seiji, ich weiß ja nicht, was los ist… aber klärt das endlich. Das ist langsam nicht mehr zum Aushalten!“, Rafael wollte eigentlich nichts zu ihrem Dilemma sagen, doch Johns Aufbruch war etwas zu viel für seinen Geschmack. Ohne auf Seijis Antwort zu warten, ging er weiter und bediente einen Damentisch, die ihn regelrecht anschmachteten.

Seufzend kratzte sich der Andere am Kopf und überlegte, was er am besten tun konnte. Er hatte sich wirklich Mühe gegeben John aus dem Weg zu gehen und sich auf andere Männer zu konzentrieren. Was allerdings nach hinten los ging: Er schlief unruhig, träumte ständig von seinem Freund und der Sex mit Anderen war auch nicht das Wahre vom Ei. Vielleicht sollte er sich wieder mit John beschäftigen, so wie sie es immer taten und das Ganze war einfach nur eine Phase. Er wusste zwar nicht, ob es wirklich helfen würde, doch so weiter gehen konnte es definitiv nicht. Er würde es heute Abend angehen. Mit diesem Entschluss machte er sich wieder an die Arbeit bevor Nici ihn später ablösen kam.
 

# # #
 

Alex und Matt standen mal wieder allein in der Küche und keiner sprach auch nur ein Wort. Sam musste kurzfristig leider weg und so blieb Alex etwas länger als seine normale Schicht eigentlich war, was Matt absolut nicht gefiel.

„Wie… lief deine Woche so?“, Alex versuchte tatsächlich ein Gespräch zu beginnen, nachdem sie knappe zehn Minuten in Stille verbracht hatten. Der Kerl konnte wohl einfach nicht den Mund halten?

„Hm…“, war die einzige Antwort, die Matt zu Stande brachte und schnippelte weiter am Gemüse. Alex seufzte kaum hörbar und legte seine Utensilien beiseite.

„So kann das nicht weiter gehen“, begann er nun das Gespräch, wovor er sich seit Tagen drückte. „Können wir nicht normal miteinander umgehen? Du gehst mir aus dem Weg…“

„Wäre nicht so, als würde ich dir nicht schon seit unserer ersten Begegnung aus dem Weg gehen…“

„Das ist etwas anderes… ich meine, da haben wir ja noch miteinander geredet, auch wenn es auf eine verdrehte Art war… jetzt reden wir nicht mal das Nötigste und du schaust mir nicht einmal in die Augen!“

„Das kann nicht sein…“, Matt versuchte nicht mal das Desinteresse in seiner Stimme zu verbergen. Stattdessen nahm er sich nun das Fleisch vor und begann hier das Messer zu schwingen. Er wollte nicht über das Thema reden und noch weniger wollte er dem Älteren in die Augen schauen. Es war ihm einfach zu peinlich, dass er sich am freien Abend so hatte gehen lassen und das auch noch bei einem Mann, bei Alex! Wobei er noch weniger verstand, warum Alex so scharf auf ihn war. War er vielleicht bi? Oder gar schwul? Diese Gedanken schwirrten schon seit Tagen in seinem Kopf und er fand einfach keine Antwort.

Seine Gedanken wurden abrupt von Alex unterbrochen. Besagter stand plötzlich neben ihm und hielt Matts Hand fest, damit dieser nicht weiter schneiden konnte. „Was?“ perplex schaute er zum Größeren und geradewegs in dessen Augen. Für wenige Sekunden hielt er Alex ernstem Blick stand, wich ihm dann jedoch wieder aus.

„Siehst du… genau das meinte ich! Warum kannst du mir nicht in die Augen schauen? Was ist los?“ als Matt immer noch nicht antwortete, sprach er den Gedanken aus, der ihm nicht mehr aus dem Kopf ging. „Hast du… mich angelogen als du meintest, du wüsstest nicht mehr, was am Dienstag passiert ist?“ Bei diesen Worten spürte Alex, wie Matt leicht aufzuckte. Da hätten wir also den Grund. Er wusste sehr wohl, was sie damals in Matts Zimmer getrieben hatten. Tja, und was jetzt? Sollte er sich entschuldigen, obwohl es nichts zu entschuldigen gab? Erst mal ließ er den Jüngeren los und trat einen Schritt zurück, was den Anderen zur Verblüffung führte. Er schaute Alex überrascht an und hatte vergessen, dass er ihm eigentlich nicht mehr in die Augen blicken wollte.

„Hör mal, es tut mir leid… nein, eigentlich nicht. Du warst an dem Tag einfach zu süß… und ich konnte mich einfach nicht zurückhalten. Eigentlich stehe ich mehr auf Frauen, bin aber nicht gegen männliche Begleiter abgeneigt… und an dem Tag hast du mich echt scharfgemacht, das hatte absolute Überwindung gekostet aus dem Raum zu gehen. So viel Selbstbeherrschung wirst du nie wieder bei mir sehen, also pass‘ das nächste Mal auf… denn da werde ich dich vollends vernaschen, betrunken hin oder her!“ es sprudelte einfach nur so aus ihm heraus und es war ihm egal, dass der Kleine vor ihm plötzlich einen Rotschimmer auf den Wangen hatte und übereilig zur Seite schielte. Das sollte für heute reichen, um ihn zum Nachdenken bewegt zu haben. Er ließ von Matt ab und widmete sich wieder seiner Arbeit zu, genau rechtzeitig, da Rafael die Küche betrat und eine weitere Bestellung aufgab.
 

# # #
 

„Super! Das war toll, John! Du warst heute ja besonders bei der Sache und so ehrgeizig. Das sind klasse Fotos geworden. Wir sind fertig!“ John war endlich fertig mit seinem Fotoshooting und hatte sich vollends darauf fokussiert. Er wollte wenigstens für einen kurzen Moment einfach alles verdrängen, was ihm auch gelungen war. Er unterhielt sich noch mit dem ein oder anderen und zog sich dann um. Er hatte noch etwas Zeit und so bummelte er durch die Straßen bis er plötzlich eine SMS erhielt. Er konnte seinen Augen nicht trauen als er den Absender erkannte. Seiji schickte ihm eine SMS? Das musste ja super wichtig sein, wenn er sich endlich mal meldete. Allerdings fiel die Nachricht sehr knapp aus. ‚Zeit? Jetzt?‘ Wollte er ihn auf den Arm nehmen? Warum wurde er wieder fuchsteufelswild, wenn er die Nachricht las? Er verstand sich selbst nicht mehr, wollte ihn aber auch nicht ignorieren. Wobei ihm das sicher mal guttun würde. ‚Jetzt hast du auf einmal wieder Zeit für mich? Ich geh mich mit meinen richtigen Freunden die Kante geben!‘ Ehe er sich versah, hatte er die SMS auch schon abgeschickt. Verdammt, so genervt und verletzend wollte er eigentlich nicht klingen. Aber na ja…was soll’s… es war Zeit sich endlich vor der Bar zu treffen, seine Freunde warteten sicher schon.
 

# # #
 

Seiji wartete geduldig auf die Rückkehr seines Kollegen, wurde mit der Zeit allerdings ungeduldig und schickte ihm eine SMS. Vielleicht hätte es sich besser angehört, wenn er ein wenig mehr geschrieben hätte, was er auch prompt gezeigt bekam. Seijis Augenbraue wanderte nach oben und er las die Nachricht mehrfach, um zu realisieren, was dieser da geschrieben hatte. Seine richtigen Freunde? Sich die Kante geben? Zähneknirschend stand Seiji auf, steckte sich das Handy in die Hosentasche und schnappte sich seine Jeansjacke. Er wusste genau in welche Bar er sich ‚die Kante‘ geben wollte und marschierte schnurstracks dahin.
 

Angekommen, betrat er gelassen die besagte Bar und schaute sich in Ruhe um, nur um kurz darauf auch schon Johns Clique zu entdecken. Gesuchter saß am Rand und schien bereits leicht angeheitert zu sein. Es dauerte einen Moment bis John merkte, dass jemand neben ihm stand und es sich um Seiji handelte. Perplex starrte er diesen an und wollte gerade etwas sagen, als Seiji einfach Geld auf den Tisch knallte, seine Hand nahm und ihn mit leichter Gewalt auf die Beine aufhalf „HEY!“, schrie John überrascht auf und folgte seinem Kollegen nur widerwillig. „Seiji, was soll der scheiß?“

„Wir müssen uns unterhalten.“

„Ich will aber nicht.“ Gut, er klang nun wie ein trotziges Kind, aber Seiji benahm sich auch nicht viel besser. „Was willst du auf einmal von mir? Kann das nicht bis später warten? Das hat dich die letzten Tage schließlich…“ Ehe John seinen Satz beenden konnte, zog ihn Seiji in eine dunkle Nebengasse und schubste ihn gegen die Wand. „Argh! Spinnst du…?“

„Vielleicht… aber anders hörst du mir ja nicht zu!“ Ein Blick auf Seiji ließ John verstummen. Er wehrte sich nicht mehr gegen den Anderen und schon kurz darauf hörte der Druck gegen die Wand auf. Seiji ließ seinen Gegenüber frei und trat einen Schritt zurück. „Wollen wir nach Hause gehen und uns da mal aussprechen?“
 

Nachdem endlich jeder mit jedem reden wollte, liefen sie schweigend nach Hause. Sie trafen keinen der anderen und schlichen sich leise in Seijis Zimmer, in dem sich John direkt aufs Bett setzte.

„Also… wo drückt der Schuh? Was ist dein Problem? Ich sag‘s dir gleich: Ich hasse es ignoriert zu werden… und bescheißen brauchst du mich auch nicht. Ich war richtig sauer die letzten Tage! Ich hoffe, du hast eine Erklärung, sonst sind wir geschiedene Leute!“

Auch wenn er die Worte sicher nicht ganz so ernst meinte, traf es Seiji doch ein wenig. Dieser stand geschockt vor dem Bett und schaute auf John herab. Er wusste, dass John sauer war… aber, dass er gleich Freundschaften deswegen kündigen würde, war ihm nicht bewusst.

„Mein Gott, schau nicht so geschockt… kannst du nicht einfach mit der Sprache…“ John hatte dessen Blick bemerkt und versuchte den Wert seiner Worte etwas zu mindern, wurde jedoch gleich vom Anderen abgewürgt.

„Du machst mich scharf, deswegen habe ich mich die letzten Tage von dir ferngehalten und bin mit anderen Kerlen in die Kiste gehüpft.“, ohne Umschweife sagte er ihm den richtigen Grund und biss sich selbst auf die Zunge. Na klasse, da hätte er ihm auch gleich die Freundschaft kündigen können! Ein Blick auf Johns Gesicht sagte ihm, dass er mit der Reaktion nur knapp danebenlag. Besagter schaute ihn mit offenem Mund perplex an und wusste anscheinend nicht, wie er reagieren sollte. Schließlich brach John in Gelächter aus und konnte sich nicht mehr einkriegen. Seiji hingegen war mit der Situation absolut überfordert, denn damit hatte er nicht gerechnet. Er lachte? Ernsthaft?

„Ähm… John…?“

„Sorry…. Aber das ist gerade zu köstlich… und deswegen hast du dich die ganze Woche so abweisend verhalten? Warum um Himmelswillen hast du nichts gesagt?“

Seiji schaute bei seinen Worten nur überraschter. „Bist du dir sicher, dass du verstanden hast, was ich eben gesagt habe?“

„Ja klar!“, John winkte ab und lehnte sich lässig zurück. Gut, er musste zugeben, dass er über Seijis Worte doch gestaunt hatte, aber das würde sein komplettes Verhalten der letzten Woche erklären. Vielleicht hatte er auch zu sorglos reagiert. Jeder andere Hetero wäre ausgetickt oder zurückgewichen. Vielleicht war er einfach nicht normal? Aber wenn er genauer drüber nachdachte, wäre Seijis Offenbarung eigentlich die Lösung für sein eigenes Problem. Vielleicht war Seijis Verlangen ebenfalls reine Neugier, so etwas wie Trophäensammlung mit Heteros, und so würden sie beide zur Ruhe kommen. Aber konnte er das wirklich? Da war er sich wirklich nicht ganz sicher.

„Na ja, meinetwegen brauchst du dich nicht zurück zu halten. Dann warst bzw. bist du eben rollig… ist ja nicht so als hätte ich nicht gewusst, dass du auf Männer stehst. Solang du mich nicht von gleich auf jetzt anspringst, komme ich damit klar.“

„… weißt du eigentlich, was du da sagst?“ Seiji starrte ihn fassungslos an und war sich ziemlich sicher, dass dieser die Worte ohne Überlegung von sich gegeben hatte.

„Bitte?“ John sah ihn verständnislos an und wartete auf eine Erklärung, die er allerdings nicht bekam. Seiji kratzte sich am Kopf und seufzte laut auf. War der andere schon immer so naiv und begriffsstutzig gewesen? „Schon gut… sag mir lieber, warum du heute Vormittag so genervt warst?“

„Heute Vormittag?“ John musste kurz überlegen, bis ihm schließlich die Sache mit dem anderen Kerl einfiel. „Ach das… vergiss es einfach. Dass du da mit deinem Macker plötzlich aufgetaucht bist, hat einfach das Fass zum Überlaufen gebracht. Bei dem Gedanken wie ihr…“ Abrupt hörte John auf zu reden, da ihm bewusst wurde, was er da eigentlich sagen wollte. Vor allem, weil ihm erst jetzt klar wurde, was ihn wirklich an dem Anblick gestört hatte. Es war nicht die Tatsache, dass er ihn links liegen gelassen hatte, sondern, dass er mit dem Anderen in die Kiste hüpfen würde. Es störte ihn, dass Seiji mit anderen Männern zugange war. Bei dem Gedanken lief John ein wenig rot an und schaute schnell zur Seite. Na toll, das war jetzt äußerst geschickt und überhaupt nicht auffällig. Doch er konnte ihm ja nicht sagen, dass er eifersüchtig war und am liebsten mit seinem Macker den Platz getauscht hätte… in jedweder Hinsicht. Sein Selbsttadel war jedoch überflüssig, Seiji ließ sich auf den Boden plumpsen und lachte nun selbst schallend.

„Alta, das war mein älterer Bruder. Ich schleppe doch meine Sexpartner nicht ins Restaurant.“ Seiji grinste frech und bemerkte Johns Erleichterung. „Was… ist los? Weswegen bist du so erleichtert?“ Noch bevor John sich etwas zur Antwort überlegen konnte, fiel allerdings auch bei Seiji der Groschen. Hatte er schon immer eine so lange Leitung gehabt? Das hätte er doch schon vorhin merken können. War er etwa eifersüchtig? Er bemerkte nun auch den leichten Rotschimmer auf dessen Wangen, was ihn tierisch anmachte.

Wie in Trance erhob sich Seiji langsam vom Boden und trat zum Bett, ohne dabei den Blick vom anderen abzuwenden. Ehe er sich versah, war er bereits auf das Bett gekrabbelt und beugte sich zu John, bis sich ihre Gesichter nur noch wenige Zentimeter trennten. In Johns Blick sah er Verwunderung und hielt inne, da ihn dieser Anblick wieder zurückholte. Was hatte er sich eigentlich dabei gedacht? Er konnte ihn doch nicht sofort nach seiner Offenbarung direkt hier und jetzt überfallen. Vor allem, John war jahrelang ein Hetero und hatte null Erfahrung in seinem Metier. Er sollte die Sache nicht überstürzen, zumal dieser nicht direkt gesagt hatte, dass er es gerne mit ihm versuchen wollte. Innerlich seufzend, begann er sich wieder auf zu richten und vom Anderen abzulassen, als John plötzlich selbst nach Seijis Hemd griff und ihn erneut zu sich zog.

„Grübel weniger und tu es doch einfach!“ damit überwand John nun selbst die letzten Zentimeter und legte seine Lippen auf Seijis. Er ahnte, was Seiji vorgehabt hatte, auch wenn es ihn etwas überrumpelt hatte. Er wusste, dass der Andere nie etwas anbrennen ließ… doch, dass dieser sich direkt auf ihn stürzen wollte, war im ersten Moment überraschend. Dennoch war John selbst neugierig und würde gerne das ein oder andere austesten. Warum nicht mit einem Kuss anfangen? Hieß es nicht immer, dass man stets seinen Horizont erweitern sollte?

Seiji schien noch etwas unentschlossen und vor allem fühlte er sich durch Johns abrupte Aktion selbst überrumpelt. Er wollte eigentlich nichts überstürzen, doch schon nach wenigen Sekunden änderte er seine Meinung und erwiderte den Kuss.

Seiji leckte vorsichtig mit der Zungenspitze über Johns Lippen und bat um Einlass, den er auch augenblicklich erhielt. Sofort drang er in Johns Mundhöhle ein und erkundete gierig jeden einzelnen Fleck, den man ihm darbot. Er wusste nicht, ob es eine einmalige Sache war oder ob John mehr wollte, doch er nahm, was er kriegen konnte. Dem Anderen schien es nicht anders zu gehen, denn er spürte, wie Johns Hand sich von seinem Hemd löste und ganz langsam immer weiter nach unten wanderte. Ein Schauer lief ihm den Rücken herunter als die Hand unter seinem Hemd verschwand und er diese auf seiner Haut spürte. Schon nach wenigen Sekunden pulsierte auch etwas Anderes in seiner Jeans. Er hätte nicht gedacht, dass eine so einfach Berührung eine solche Auswirkung auf sein Geschlecht hatte. Noch immer nahm Seiji Johns Mund in Beschlag und ließ sich gemächlich auf seine Beine nieder, um John entgegen zu kommen. Natürlich konnte er es sich nicht nehmen selbst auf Erkundungstour zu gehen und knöpfte dabei Johns Hemd ganz langsam auf, nur um dabei beiläufig dessen Haut zu berühren. Anscheinend schienen seine Berührungen das Ziel nicht zu verfehlen. John seufzte in den Kuss hinein und musste wohl etwas Luft holen, da er sich aus diesem befreite. Keiner rührte einen Finger, stattdessen starrten sie sich lange an, bis Seiji endlich die Stille mit einem kleinen Witz brach.

„Hm... doch nicht so Hetero, wie du dachtest?“ er grinste ihn an und tippte sachte auf Johns Ausbeulung.

„Pff, entschuldige, aber welchen Kerl lässt so einen Kuss schon kalt? Und woher willst du wissen, dass ich mir nicht vielleicht eine Frau vorgestellt habe, hm?“ John konterte gekonnt und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Außerdem bist du um einiges angeturnter als ich, wenn ich das mal beiläufig erwähnen darf.“

Damit war das Gespräch auch wieder beendet, denn Seiji versiegelte dessen vorlaute Lippen erneut, die immer noch nach dem Whiskey aus der Bar schmeckten. Gerade als er sich erneut Johns Bekleidung widmen wollte, klopfte es plötzlich an dessen Tür und beide zuckten ertappt zusammen. Seiji löste umgehend den Kuss und beide Köpfe schnellten erschrocken zur Tür.
 

~+~ Kapitel 5 zu Ende ~+~



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