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Die Ferne des Himmels

Zurück auf los
von

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Alles was ich will ist zu lernen wie man fliegt...

Yui
 

Fliegen...
 

Ja, alles was mir wünschte war, zu lernen wie man fliegt...
 

"Sie nur, da ist diese Yui. Sie ist neu hier und scheint sich mit niemandem abgeben zu wollen.", "Stimmt, ich habe auch noch nie gesehen, wie sie sich mit jemandem unterhält. Aber es heißt, dass sie die Blicke vieler Jungs auf sich zu ziehen scheint.", "Schon krass...aber wen wunderts..."
 

Das war nicht das erste Mal, dass ich sowas hörte. Schon früher war das so...es hatte sich nichts geändert...rein gar nichts...nicht mal durch den Schulwechsel.

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Seid meiner Kindheit war ich es gewohnt, abgelehnt zu werden. Immerzu sagte man mir, dass ich nichts weiter als Ballast und zu nichts wirklich nütze sei.

Meine Mutter war früh gestorben und mein Vater, ein Alkoholiker und Kettenraucher, hatte Lungenkrebs, zwar noch nicht im Endstadium aber... eine Heilung war ausgeschlossen... Aber ob er nun starb oder nicht machte für mich keinen Unterschied mehr, da ich eh nicht gewollt war.

Als meine Mutter schwanger wurde, war noch nicht mal klar, ob mein Vater auch wirklich mein leiblicher Vater war und um ehrlich zu sein, wusste ich es bis heute nicht...Ich konnte auch genauso gut das Kind eines Anderen sein.

"Yui! Hey Yui! Wo ist das Essen?! Wieso habe ich noch nichts zu essen?", brüllte mein Vater mich an. Er war wie immer betrunken, stank nach Alkohol und Zigaretten. Wirklich unangenehm! Ekelhaft! Wiederwertig! Ich hasste diesen Geruch! Aus tiefsten Herzen!

"Ich hatte bis eben Schule, falls du das vergessen hast!", schrie ich ihn an. "Das ist mir egal! Wenn du nach Hause kommst, hast du mir unverzüglich was zu Essen zu machen! Oder muss ich dir das etwa erst wieder einbläuen!?", brüllte er zurück. Ich biss mir auf die Unterlippe. "Ach, mach dir gefälligst selber was! Du bist doch den ganzen Tag zu Hause!", schrie ich wütend. Es war jeden Tag dasselbe. Jeden verdammten Tag! "Mir reichts! Ich verschwinde!", versuchte ich ihm klar zu machen und machte auf dem Absatz kehrt. Als ich die Haustür gerade erreichte packte er mich am Kragen und zog mich mit voller Wucht zurück. Ich landete auf dem Boden. Er war über mir, fletschte die Zähne und knurrte mich an wie ein tollwütiger Hund. Seine Faust traf mich direkt ins Gesicht. Ich schrie und versuchte mich zu wehren.

Wie immer schrie er wildes Zeug herrum, von wegen, dass er mich lehren musste, was ich zu tun und zu lassen hatte.

Es hörte erst auf, als ich ihn mit meinem Knie gekonnt in die Magengrube traf und er vor Schmerz zur Seite kippte. Die jahrelangen Schläge hatten mich veranlasst, mir ein bisschen selbstverteidigung bei zu bringen...Das verhalf mir, dass ich mich befreien konnte und lief weg. Wie so oft. Was anderes blieb mir nicht übrig. Sonst würde er mich noch windelweich prügeln. Schon mehr als einmal hatte ich eine Gehirnerschütterung, oder gebrochene Rippen.

Ich rannte hinaus. Weg von zu Hause, an einen Ort, wo ich allein war. Auf den Spielplatz im Park.

Auf einer Bank sakte ich zusammen und hielt mir die Hände vor das Gesicht, das schrecklich demoliert aussehen musste. So konnte ich nicht zur Schule gehen. Was sollten die Anderen von mir denken? Sie würden noch schlechter von mir denken, als sie es ohnehin schon taten. Ich weinte...ich weinte für mich allein. So wie immer...schaute dabei zum fernen, fernen Himmel empor...von dem aus die Sonne mich auslachte...
 

An solchen Tagen wünschte ich mir, dass mir Flügel wuchsen, das sie mich einfach davon trugen, weit, weit weg, an einen besseren Ort...aber das war nur ein kindischer Traum, der sich niemals erfüllen würde nicht wahr?...

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Ich blieb mehrere Tage von der Schule fern, bis die Verletzung nicht mehr zu sehen war. Sah anfangs schlimmer aus, als es war. Es tat auch schnell fast nicht mehr weh. Ja, ich glaubte, dass ich irgendwann vergessen hatte wie es war Schmerz wirklich zu spühren. Aus eigener Erfahrung wusste ich, dass es weit aus schlimmeres gab, als verprügelt zu werden.
 

Dennoch gab es noch einen Schmerz, den ich noch nie zuvor gespürte hatte. Ein Schmerz, den ich erst nicht wahrnahm, da ihm ein Gefühl vorran ging, dass mich vollends ausfüllte und mein verwundbares Herz mit heilsamer Wärme umschloss. Ein Gefühl das ich für eine kurze Zeit spürte und erfuhr was es hieß so etwas wie Glück zu empfinden. Dieses Gefühl sollte intensiver sein, als alles andere ...und zugleich das schmerzvollste, bitterste und süßeste von allen...Es sollte Momente geben in denen ich Flügel bekam, wenn gleich auch nur für einige, wenige Augenblicke...
 

Das erste Mal, dass ich dieses Gefühl hatte war, als ich ihn das erste Mal sah. Benjamin, der am Schultor auf jemanden zu warten schien. Ein großer, schlank gewachsener Typ. Er war mir sofort aufgefallen mit diesen verwuschelten, braunen Haaren . Und das Schauspiel das sich nur wenige Minuten später bot, lieb keineswegs unbeobachtet. Weder von mir, noch von anderen. Besonders bei den Mädchen machte das schnell die Runde. Denn an jenem Tag stritt er sich mit seiner Freundin, die sich vom ihm trennte, weil er wohl fremd gegangen war. Das löste einen ganz schönen Tumult unter den Mädchen aus. Nicht, weil Benjamin fremd gegangen war, sondern weil er wieder zu haben war. Es schien niemanden zu stören, was er für ein Typ war. Zumindest nach außen hin. So wie er sich verhielt wurde ich das Gefühl nicht los, dass es ihn kaum störte, dass sie nichts mehr von ihm wissen wollte. Viel mehr schien er sich über etwas ganz anderes zu ärgern...Später hörte ich über mehrere Ecken, dass Vanessa, wie seine Ex hieß, völlig empört über diese Belanglosigkeit war, dass er kein bisschen, um ihre Beziehung gekämpft hatte. Es war, als sei das Alles eine schlecht durchdachte Aktion, um ihn zu testen, wie sehr er wirklich an ihr hing. Ein verzweifelter Versuch in dem Glauben, sie sei ihm wichtig. Doch dem war nicht so...
 

Das hielt die anderen Mädchen aber nicht davon ab, dass sie von ihm schwärmten. Mir ging es nicht anders. Benjamin gefiel mir und so ein inneres Gefühl sagte mir, dass ich ihm näher kommen wollte. Nur wusste ich nicht wie. Er war so weit weg, erschien so unerreichbar wie die Flügel die ich mir seid Jahren wünschte.

Zudem musste ich feststellen, dass er nicht nur ein Frauenhelt zu sein schien, sondern auch noch ein ziemlich berechnender Vollidiot, der die Schwächen anderer ganz klar ausnutze.
 

Ich hatte Glück, dass ich keines seiner Opfer war, aber wann immer wir uns über den Weg liefen würdigte er mich entweder keines Blickes, oder er war kurz angebunden, oder schlicht und ergreifend schlecht drauf. Mir fiel auf, dass ich ihn nie ernsthaft lachen sah. Nicht mal, wenn er mit seinem Anhängel, Billy glaube ich, hieß er, "rumalberte". Nein. Sein Gesicht war immer so ernst und düster, als trüge er eine schwere Last mit sich. Manchmal dachte ich, er sei wie ich. In einem kleinen Winkel meines Herzens, wollte ich daran glauben, das wir uns ähnelten, weil er fast so einsam wirkte wie ich mich fühlte. Trotz dessen, dass er immer von Menschen umgeben war und den Anschein erweckte, ziemlich beliebt zu sein. Aber war er das wirklich? Oder war das Alles nur Schein?
 

Bis zu einem gewissen Zeitpunkt, bekam ich von ihm kaum emotionen zu sehen. Alles was ich von ihm kannte war, dass er sich über andere lustig machte, zeigte wie wenig er auf andere hielt und wie belanglos er in den Tag hinein lebte. Unbekümmert und schulterzuckend. Doch es gab einige, wenige Momente, in denen er ganz andere Seiten von sich zeigte.
 

Seine erste, wirkliche Reaktion bekam ich von ihm bei einem Basketballspiel, bei dem die Klassen gegen einander antraten. Beim Sport glänzten seine Augen. Wie losgelöst war er. Als sei er zuvor eingeschränkt. Doch gleichzeitig hatte er Gefallen daran gefunden einen meiner Klassenkameraden zu piesaken und seine unsportlichkeit auszunutzen. Ständig sorgte er dafür, dass er die Bälle abbekam, stachelte seine Mitschüler an, ihn aus dem Spielfeld zu mobben. Der kleine Akira wusste sich kaum zu wehren und floh schließlich an den Spielerrand, direkt neben mich. Die Menge der Schüler war in Gelächter ausgebrochen. Immerzu machten sie sich über ihn lustig. Für etwas, wofür er rein gar nichts konnte. Also beschloss ich mich Benjamin zu stellen.

Auch wenn ich zunächst beschlossen hatte nicht mit zu spielen. Aber das wars mir wert. Ich wollte ihm in die Augen sehen. Benjamin war wirklich verdammt gut in Sport, aber ich war es auch, auch wenn man es mir nicht ansah. Aus einem inneren Trieb herraus wollte ich ihm zeigen, was ich drauf hatte. So geschah es. Auge um Auge, Zahn um Zahn standen wir uns gegenüber und kämpften um die Punkte. Zu seinem Erstaunen und zum Erstaunen unserer Mitschüler besiegte ich ihn in einem Zweikampf.

In seinem Gesicht konnte ich ablesen, dass er sich in seinem Stolz gekränkt gefühlt haben musste. Denn er schnaufte verächtlich in meine Richtung und sein Gesicht hatte sich verärgert verzogen und er dampfte knurrend ab. Trotzdem...hatte er mich bemerkt. Mich wahrgenommen und mein Herz machte einen Freudensprung.

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Doch schon bald darauf erlebte ich die erste Enttäuschung. Es war an einem Samstag Abend auf einer Party. Er saß an einem Thresen und trank ein Bier. Eine ganze Weile hatte ich ihn beobachtet und fasste irgendwann den Mut an ihn herran zu treten. Das fiel mir nicht leicht, da ich nicht wusste wie er reagierte. Als ich meinen Mut endlich gefunden hatte und neben ihm saß bemerkte ich schnell, dass er darüber nicht sehr erfreut war. Erst wirkte er sehr überrascht und auch ich konnte ihn eine Weile nur antsarren, obwohl ich ihn ja bereits gesehen hatte...sicher wurde ich rot. Dafür schämte ich mich ein bisschen,weil ich nicht wollte, dass er es bemerkte. Beim Sport konnte ich es kontrollieren, aber in einer solchen Umgebung war die Situation ganz anders. Das nutzte er aus. Er beleidigte mich und ja...er nutzte meine Unsicherheit aus. Ganz schamlos. Ich war mir ziemlich sicher, dass er sich innerlich über mich lustig machte. Trotzdem wollte ich nicht davon laufen. Trotzdem wollte ich ihm nah sein, diesen Moment genießen. War das dumm? Aber was sollte ich denn dagegen machen? Mein Herz schlug schon schneller, wenn er mich nur ansah und bei dem Klang seiner männlichen Stimme wurde mir ganz anders...ich mochte seine Stimme...ich mochte sie sehr. Alles in mir kribbelte...was war das nur?

Doch wenn er mit mir redete, wenn ich seine wundervolle Stimme hörte, hörte ich nichts weiter als Ablehnung und Spott. Er durchschaute mich. Durchschaute mich sehr genau. Er hatte sogar erkannt, dass ich durch meine sportliche Herrausforderung seine Aufmerksamkeit erlangen wollte...Knallhart konfrontierte er mich mit dieser Wahrheit...so dass ich gar nichts mehr darauf zu antworten wusste... mein Herz zog sich zusammen...Das tat weh...nur ein bisschen...Ich wusste was Schmerz war, aber dieser Schmerz, war mir neu...

Doch als Billy plötzlich auftauchte und mich nach meinem Befinden fragte konnte ich nichts anderes tun, als so zu tun, dass es mir gut ging. Für einen kleinen Augenblick hatte ich sogar das Gefühl, dass Benjamin ein wenig überrascht war. Aber diese Überraschung wich schnell wieder aus seinem Gesicht. Ganz egal was geschah...ich wollte nicht, dass Benjamin mich hasste...Trotzdem kam es noch schlimmer.
 

Nachdem ich mit ihm und Billy noch das Bier trank, dass ich nur trank, um ihm zu zeigen, dass ich was aushielt, ließ ich mich von Billy auf die Tanzfläche ziehen und von der Menge treiben. Tanzen war auch etwas, was ich gut konnte, was mir Spaß machte. Beim Tanzen war ich frei, bewegte mich...leichtfüßig...Manchmal hatte ich das Gefühl zu schweben...doch es reichte nicht, um völlig abzuheben...

Er viel später merkten wir, dass Benjamin nicht mehr unter uns war. Orientierungslos sahen wir uns in der Menge um.

"Billy, kannst du ihn sehen?", fragte ich ihn. Er schüttelte den Kopf. "Nein, keine Sorge, der kommt schon wieder. Das macht er öffter weißt du? Und dann, ganz plötzlich taucht er wieder auf, wie durch Zauberei.", meinte er nur lächelnd. Na dem konnte die Laune wohl nichts verderben. Wie konnte der nur so gelassen bleiben? Billy machte allgemein einen ziemlich entspannten Eindruck. Ich seufzte, "Okay, ich sehe trotzdem mal nach ihm.", teilte ich ihm mit. als sich plötzlich meine Blase meldete. War wohl Zeit aufs Klo zu gehen.

Wie es der Zufall so wollte lief ich direkt Benjamin über den Weg und er war nicht allein. Hinter ihm her kam ein sehr knapp bekleidetes Mädchen, das sich ihre Kleidung glättete, als hätten sie...ja sie hatten! Ganz sicher sogar...Das war der Moment in dem mir das Herz in meiner Brust wieder einen Moment aussetzte, als beging er ein Verbrechen...Dieser Anblick schmerzte, weil ich genau wusste, was sie getan hatten. Das war noch viel schlimmer als jede Beleidigung die er mir an den Kopf werfen konnte. Dieser Schmerz ging ins Herz. Ich konnte nur den Kopf senken, meine Lippen zusammenpressen und an ihn vorbei in die Damentoilette flüchten. Dort verkarribadierte ich mich in einer der Kabinen und weinte das erste Mal, wegen ihm...wegen dieses unerträglichen Schmerzes...Da wurde mir das erste Mal bewusst dass ich mich in ihn verliebt hatte...

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Auf den ersten Schmerz gab es jedoch auch Momente, in denen er mich sogar beschützte. Ja, er schützte mich vor meinen Mitschülern, die mich fertig machen wollten, vertrieb sie. Da sah ich zum ersten mal sowas wie Wut oder Ärgernis in seinem Gesicht. Es sah aber nicht so aus, als galt das Alles mir. Mir war, als sei er es einfach satt sich das an zu sehen. Trotzdem war ich unheimlich glücklich, dass er mich beschützte. Mich, die sonst nie jemand beschützte. Ich war mir sicher, mit diesem Gefühl...wenn es doch nur länger anhielt, hätte ich fliegen können. Dazu gab er mir aber nicht mal die den Hauch einer Chance...nicht mal bedanken konnte ich mich richtig. Er ließ mich nicht mal ausreden, zog einfach ab, als sei das Alles nur belangloses Zeug, aber das war es nicht,...nicht für mich...Ich verstand ihn einfach nicht...Benjamin war ein Wiederspruch in sich...mal mobbte und trietzte er andere....mal beschützte er sie.. Nicht immer war alles was er tat gleich offentsichtlich... Nur eines war klar...dass alles was er tat immer irgend einen Sinn ergab...Manchmal, wenn man dachte, dass er weg sah, wenn Ungerichtigkeiten passierten, musste man im nächsten Moment erkennen, dass auch dass so gewollt war...Sein Handeln konnte anfeuern, oder aber zu tiefst verletztend sein...

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Was dann passierte, bohrte sich wie ein Dolch tief in mein Herz und hinterließ eine Verletzung so tief, dass immer eine Wunde zurückbleiben sollte...

An diesem Tag begegnete ich Jorden zum ersten Mal. Jorden war in Begleitung von Benjamin und sie schienen ein recht vertrautes Verhältnis zu haben. Zunächst kam es mir vor wie eine Einbildung, weil Benjamin selbst mit Billy nicht so umging, obwohl dieser sein bester Freund war.

Billy hatte mich dazu überredet zu dieser Party zu gehen. Ich ließ mich darauf ein, weil er meinte, dass auch Benjamin dabei sein würde. Er musste gemerkt haben, dass ich Benjamin mochte...Kein Wunder, ich verhielt mich auch nicht gerade unauffällig. Doch mit Jorden hatte ich nicht gerechnet...Er saß im Rollstuh und strahlte so viel Kraft und Stärke aus, dass es einem Angst einjagen konnte..
 

"Benji? Hey Benji mein Freund! Ah und Jorden ist auch da, na das ist ja passend, wir waren gerade auf dem Weg um euch abzuhohlen!", rief er ihnen zu, und sammelte sie auch promt ein.

Wir erfuhren, dass sie gerade vom Einkaufen kamen und sich wohl vor der Party drückten. Außerdem wurde klar, dass die Jungs Benjamin wohl auch gerne als Weibermagnet misbrauchten, was Benjamin auf den Tod nicht ausstehen konnte. Man sah es ihm an.

Doch es dauerte nicht lange, bis Billy die beiden dazu überredete.
 

Schon in den ersten Momenten wo ich die beiden zusammen sah und wie Benjamin mit ihm umging wurde mir klar, dass da irgendwas zwischen ihnen war, was ich nicht definieren konnte. Wenn ich sah, wie Benjamin ihn anschaute, wie er auf Billys Scherz mit dem Beschützterinstinkt reagierte. Als sei er fast etwas... verlegen? Schon jetzt machte mein Herz einen Sprung. Nur diesmal nicht vor Glück, sondern...weil es schmerzte, als versetzte man ihm einen kleinen Stich. Mit einer kleinen, fiesen Nadel. Das war doch nicht zu übersehen...nicht wahr?
 

Auf der Party angekommen, nahm Benjamin, Jorden auf eine beschützende Art und Weise auf die Arme, trug ihn fest an sich gedrückt durch die feiernde Menge. Jeden der Jorden auch nur einen Millimeter zu nahe kam, oder ihn auch nur komisch ansah beschenkte er mit einen tödlichen Blick und setzte ihn auf einem der Sofas ab. In seinem Rollstuhl war es hier so gut wie unmöglich sich frei zu bewegen. Dazu war es zu eng. Aber Jorden schien sich damit nicht ganz unwohl zu fühlen. Benjamin rührte sich von dort aus vorerst nicht mehr vom Fleck. Selbst das Bier ließ er sich von einem seiner Bekannten holen. Auch die Mädels die ihn am laufenden Bande versuchten anzumachen hatten keine Chance.

Zusammen mit Billy zog ich mich zum Trinken an einen Tisch zurück. Von hier aus konnten wir die Beiden gut sehen.
 

Billy kratzte sich am Kopf.

"Mensch irgendwie hatte ich mir das schon gedacht.", meinte er plötzlich.

"Was denn?", wollte ich wissen.

"Sieht man das nicht? Benjamin sitzt da wie ein Soldat, der einen Schatz beschützt. Selbst, wenn er wo anders hinsieht bemerkt man sofort, dass eine Hälfte immer auf Jorden gerichtet ist. Er meint zwar immer, dass es Will, also Jordens großer Bruder ist, der ihm im Nacken sitzt, aber in Wahrheit sucht er nur nach einer Ausrede. Aber das kann er sich natürlich nicht eingestehen. Dazu ist er zu stolz.", erklärte er mir. Also musste es Billy auch auf gefallen sein.

"Du meinst also...", murmelte ich, als ich plötzlich begriff, dass Billy sogar noch weiter dachte als ich.

"Bingo. Du solltest dich beeilen Yui. Du magst ihn doch auch, oder?", erkannte er und ich wurde rot.

"Ha, da haben wirs. Du siehst ihn schon die ganze Zeit so an. Forder ihn doch mal zum tanzen auf. Vielleicht öffnet er sich dir ja.", schlug er vor. Ich schüttelte den Kopf.

"Nein, das glaube ich nicht...eher glaube ich, dass er mich nicht leiden kann.", gestand ich. "Ich habe immer das Gefühl, dass ich ihn irgendwie nur nerve."

Billy lachte kurz auf.

"Weißt du, bei Jorden hat er sich zunächst auch verhalten wie der letzte Arsch, aber als er merkte, dass Jorden für sich selbst einstehen kann und den Mut bewieß ihm zu sagen, was er denkt...da hat er glaube ich angefangen ein zu lenken. Auch wenn er immer so tut, ist er nicht unantastbar weißt du? Benjamin...ist auch nur ein Mensch...", erklärte er mir. Ich war erstaunt über Billy und mit welchen Augen er seinen besten Freund sah. Nicht mit Missgunst, Hass oder Neid. Er sah ihn mit purem Optimismus. Glaubte an das Gute in ihm, obwohl Benjamin jeden Tag aufs Neue bewies, was für ein Arsch er war. Trotzdem hielt Billy zu ihm.

Ob Benjamin das überhaupt zu schätzen wusste?

"Tja, Benjamin mag nicht der einfachste Mensch sein, aber tief in seinem Herzen ist er kein schlechter Kerl. Er braucht nur hin und wieder nen Arschtritt...", erklärte er mir.
 

Plötzlich konnte ich sehen, wie ein Mädchen sich neben Benjamin setzte und sich an ihn schmiegte und irgend etwas auf ihn einredete. Ich erkannte sie sofort. Es war Vanessa, sein Ex. Zwar konnte ich nicht hören was sie redeten, aber es gefiel mir gar nicht. Mir gefiel ihre Art nicht, wie sie in antatschte, als sei es selbstverständlich.

"Oh je...Vanessa, wo sie auftaucht macht sie nur Ärger. Hatte sie nicht letztens noch nen Typen dabei?", merkte Billy an.

"Gut möglich."

Plötzlich mischte Jorden sich ein und hing halb über Benjamins Schoß und schob ihre Hand von ihm weg. Ich wusste nicht was er ihr sagte, aber er sah verärgert aus und schien sie verscheuchen zu können. Denn kurz darauf verschwand sie wieder. Benjamin war mindestens so Baff wie sie in diesem Moment.

"Wow, da scheint Jorden ihr ja ganz schön die Leviten gelesen zu haben. Glaub ich hab noch nie gesehen, dass jemand Vanessa so schnell verscheut hat.", lachte er. "Hmm,... Lass uns mal rübergehen Yui und dann forderst du ihn mal zum tanzen auf. Er kann jetzt bestimmt Ablenkung gebrauchen.", beschloss Billy und schob mich durch die Menge zu Benjamin und Jorden.

Billy tat so, als ob er von Vanessas Auftritt zuvor nichts mitbekommen hatte und deswegen eher überraschat war. Benjamin war wieder wie immer und moserte vor sich hin und ließ sich wiederwillig von Billy davon überreden mit mir zu tanzen.

Schneller als ich gucken konnte waren wir auch schon in der Menge verschwunden. Kurz noch schaute er zu Jorden zu schauen, ehe wir sie aus den Augen verloren.

Ich fragte mich kurz, ob er wirklich nur Angst hatte, ob er Ärger mit dessen großen Bruder bekam, oder ob es noch einen anderen Grund gab, warum er sich scheinbar nicht von ihm lösen wollte.

Allerdings wollte ich darüber nicht zu sehr nachdenken.
 

Die Stimmung wurde mit der Zeit immer ausgelassener. Sogar Benjamin lies sich gehen und wir tanzen schon bald ziemlich eng an einander. Das gefiel mir. Denn plötzlich hatte ich so ein Glücksgefühl. Es machte solchen Spaß mit ihm zu tanzen. Irgendwann kamen wir uns immer näher und schließlich lag ich in seinen Armen. Wir küssten uns gierig, verlangend nach mehr. Ich ließ mich vollkommen auf ihn ein und irgendwann waren auf der Herrentoilette, auf der wir es taten. Wie in einem Rausch der Vollkommenheit spürte ich ihn in mir und stöhnte unterdrückt vor Lust gegen seine Lippen. Unsere Seelen....unsere Körper...sie waren eins und endlich hatte ich das Gefühl nicht nur zu schweben...sondern zu fliegen vor Glück und ich dachte, wenn es doch immer so schön sein konnte wie jetzt...Das wäre wie ein Traum...

Viel zu schnell kamen wir zum Punkt und dann war es auch schon vorbei. Für einen Moment...nur für einen winzigen Moment erhoffte ich mir, nun endlich das Eis gebrochen zu haben. Doch ich täuschte mich.

Kurz klammerte ich mich an seinen Körper, um mich zu erholen. Ich wollte dieses Gefühl, ihn so nah bei mir zu spüren einfach nur etwas genießen. Seine Haut, war so warm und fühlte sich so gut an.

Nach einer Weile entschiet ich mich schweren Herzens auf zu stehen und mich wieder an zu ziehen. Er tat es mir gleich.

Ich sah mich zu ihm um, "Und jetzt?", wollte ich wissen. Ich musste einfach wissen, was er darüber dachte. Doch ich bekam nur ein belangloses Schulterzucken. Er verließ den Raum einfach ohne mich weiter zu beachten.

Innerlich zerbrach mein Herz in tausend Scherben. Dieser Schmerz war der Schlimmste, den ich je gespürt hatte. Schlimmer all die Schläge, als alle Beschimpfungen, die ich je erlebt hatte.
 

Wieso? Wieso nur muss ich mich ausgerechnet in ihn verlieben...
 

Mir blieb nichts,...außer dem Gefühl von Einsamkeit und Traurigkeit...nicht gewollt zu sein...so war es doch schon immer...es hatte sich nichts geändert...
 

Dabei wollte ich doch...nur fliegen...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Neko-Tenshi
2015-01-03T18:57:17+00:00 03.01.2015 19:57
Hast du wirklich toll geschrieben
Von:  Morphia
2014-12-26T19:48:01+00:00 26.12.2014 20:48
Sehr, sehr traurig. Yui tut mir leid. :(


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