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Harvest Moon - The Distance Between Us

Chelsea&Vaughn
von

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Zerrissenes Familienglück

Kapitel 37

Zerrissenes Familienglück

 

 

Andreas hatte eine unruhige Nacht hinter sich. Weit nach Mitternacht fand er ein wenig Schlaf und dieser war weitaus schlimmer, als wenn er wach geblieben wäre. Die merkwürdigsten Bilder waren in seinen Träumen aufgetaucht und raubten ihm die letzte Chance auf die restlich verbliebende Erholung.

Um fünf Uhr stand er gerädert auf und zog sich mechanisch an. Sein Tagesablauf war in den letzten Jahren immer derselbe geblieben. Er kannte seine Routine und sein Körper verrichtete diese automatisch. Dieses Beständige spendete ihm Trost, denn es war ihm vertraut. Veränderungen konnte Andreas eigentlich noch nie leiden. Für ihn war Ordnung und permanente Kontrolle das wichtigste. Sowohl mit seinen Pflichten auf seinem Betrieb, als auch in seiner Erziehung.

 

Der morgendliche Kontrollgang brachte keine Überraschungen. Alles war wie immer. Seit dem Tod seiner Frau war ihm das Vertraute und Unveränderliche ein ständiger wiederkehrender Trost, der ihm neue Kraft und Hoffnung schenkte. Zudem bestätigte es ihm in seiner Annahme, zumindest war er davon überzeugt, dass er richtig handelte und sämtlichen Abweichungen oder Fehltritten vorbeugen konnte.

Ja, Andreas liebte seinen Betrieb, seine Kinder und seine gesamte Existenz. Er hatte wahnsinniges Glück gehabt, sagte er sich immer wieder,  dass seine Kinder sein Familienerbe weiterführen würden. Folglich würde alles bestehen bleiben, wie es jetzt war. In seinem  zukünftigen Ruhestand würde er zufrieden und stolz zurückblicken können und es als Segen empfinden, dass er zwei wunderbare Kinder geschenkt bekommen hatte, die sein Werk fortführen würden.

 

Die einzigen Änderungen, die zwangsläufig kommen werden,  die ihn aber keineswegs abschreckten, waren der andauernde technische Fortschritt, dass er sehr begrüßte, denn sein Betrieb würde ebenfalls davon profitieren, dessen war er sich ganz sicher.

Zweitens, würden garantiert,  sowohl Mark als auch Chelsea, irgendwann einen geeigneten Lebenspartner finden und hoffentlich eine eigene Familie gründen. Er sehnte sich nach Enkelkindern und konnte es kaum noch erwarten, bis es endlich soweit sein würde.

Andreas liebte Kinder und würde sie nur zu gerne verwöhnen und sie um sich haben wollen.

Natürlich setzte er in seiner Vorstellung voraus, dass die Familie weiterhin auf dem Hof leben würde. Eine große glückliche Familie, die gemeinsam Hand in Hand arbeiten wird.

 

Demnach war es für ihn auch so ein gewaltiger Schock, dass seine Tochter allem Anschein nach etwas mit diesem Vaughn hatte. Obwohl er inzwischen häufiger mit Vaughn zu tun gehabt hatte, konnte er seine Meinung über ihn nicht ändern. Er fand ihn immer noch unhöflich,  arrogant, wortkarg und irgendwie, passte er nicht in diese Stadt, an diesen Ort, den er gern hatte. Mirabelle schwört, dass er sich bezüglich Vaughn irrte, doch Andreas ließ sich nicht davon abbringen, seine Abneigung ihm gegenüber zu behalten.

Außerdem, wenn es nach ihm ginge, wäre ein fester Freund für Chelsea noch zu früh. Weiß Gott, was ihr alles passieren könnte, wenn sie an einem selbstsüchtigen Bengel geraten würde oder dergleichen. Im Laufe seines Lebens hatte er schon die wildesten Geschichten über Jugendliche gehört, die leichtsinnig miteinander schliefen ohne entsprechende Vorkehrungen zu treffen, die eine Schwangerschaft verhinderten.

Selbstverständlich waren seine Kinder aufgeklärt. Trotzdem wünschte er seiner Chelsea nicht ein ähnliches Schicksal, wie vielen anderen Mädchen in ihrem Alter.

 

Nachdem Andreas seinen Rundgang beendet hatte, fiel ihm nicht sofort auf, dass etwas an diesem Sonntagmorgen anders war. Ausnahmsweise hatte er sich dieses Mal mehr Zeit gelassen, um alles zu kontrollieren – zum Teil hatte auch seine Müdigkeit dafür gesorgt, dass er länger brauchte als sonst – weswegen ihm erst nach einigen Sekunden auffiel, dass etwas, besser gesagt jemand,  in der Küche fehlte. Chelsea.

 

Ihm war bewusst, dass Sonntag war, aber dass seine Tochter noch nicht in der Küche war, machte ihn stutzig. Immer, wenn er über den Hof gelaufen war und am Ende in der Küche ankam, stand Chelsea vor ihm mit einer frischen warmen Tasse Kaffee. In diesem Moment fehlte dieses duftende Aroma und auch Chelsea.

Er sah, dass die Kaffeemaschine nicht angerührt wurden war und überlegte, ob er wohlmöglich zu streng mit seiner Tochter am Vorabend gewesen war. Mit aufkeimenden Selbstvorwürfen entschloss er, erstmal noch nicht zu Chelseas Zimmer zu gehen, um sein Verhalten von gestern wieder gutzumachen. Vielleicht war es das Beste, wenn sie noch Zeit für sich allein hatte, um später gemeinsam und in Ruhe über alles zu sprechen.

 

Unbeholfen setzte er nun selber den Kaffee auf, wobei er einige Flüche nicht unterdrücken konnte, da ihm ständig Kaffeepulver vom Löffel fiel. Am Ende hatte er es aber geschafft eine fertige Kanne Kaffee aufzusetzen und auch davon zu trinken. Während dessen fiel ihm ein, dass noch keine Brötchen aufgebacken waren, bzw. der ganze Tisch noch nicht gedeckt war. Über solche Dinge musste er sich schon lange keine Gedanken mehr machen. Seine Tochter war ja immer da gewesen und hatte für alles gesorgt, sodass er und auch Mark von dieser Aufgabe befreit waren.

 

In der nächsten Stunde, die verging, dachte er über all diese Sachen nach, und wie abhängig er davon war. Er setzte diese Dinge für ein harmonisches Familienleben voraus. Jeder hatte seine festen Aufgaben. Mark und er arbeiteten auf dem Hof, versorgten die Tiere, pflegten die Felder und bedienten die Maschinen. Das waren Aufgaben, die für ein Mädchen oder eine Frau oft zu schwer waren. Nebenbei hatte Chelsea auch bei den Tieren geholfen, die Ställe sauber gemacht oder die Tiere gefüttert, aber ansonsten war sie im Haus eingeteilt wurden und kümmerte sich jeden Tag um den Haushalt.

Sie war gut darin, dachte Andreas. Ihrer Mutter stand sie in nichts nach. Wahrscheinlich sorgte die Ähnlichkeit der beiden dafür, dass es für ihn selbstverständlich war, dass Chelsea überwiegend im Haus blieb, um ihre Pflichten dort zu erfüllen.

 

Hatte er damit falsch gelegen? War Chelsea mit dieser Rollenverteilung überhaupt glücklich? Andreas musste zum ersten Mal zugeben, dass er mit einer Sache nicht sicher war. Er wusste nur, dass sich Chelsea nie beklagt hatte, was aber noch lange nicht hieß, dass sie auch zufrieden damit war. Von vornherein hatte er sie nie an die schweren Maschinen gelassen, aus Sorge,  dass sie sich verletzen könnte, und dass es eben aus seiner Sicht, keine Aufgabe für ein Mädchen war. Schon immer hatte er ausschließlich männliche Azubis eingestellt. Sie sind und bleiben nun mal kräftiger, wodurch auch sichergestellt wurde, dass man sie überall einsetzen konnte. Bei Mädchen oder jungen Frauen ist das schon wieder etwas anderes.

 

Ein Blick auf die Küchenuhr verleitete Andreas doch dazu, bei Chelsea an die Tür zu klopfen, um zu fragen, ob alles in Ordnung war. Inzwischen war es fast neun Uhr geworden. Normalerweise wäre seine Tochter längst in der Küche erschienen, um zu frühstücken. Ihr langes Fernbleiben bereitete ihm allmählich Sorgen.

Er muss zu streng mit ihr gewesen sein, sagte er sich immer wieder. Eine andere Erklärung konnte er nicht finden.

 

Allerdings reagierte Chelsea auf kein Anklopfen oder auf seine Rufe. Daher trat Andreas entschieden ins Zimmer und riss verblüfft seine Augen auf. Chelseas Bett war leer. An seiner Müdigkeit konnte es nun nicht mehr liegen. Dank des Kaffees war er hell wach und das leere Bett vor ihm war gewiss keine Halluzination. Hastig überlegte er, ob Chelsea, ohne das er es bemerkt hatte, das Haus verlassen hatte, zu den Ställen rübergegangen war, oder ob sie sich irgendwo anders im Haus aufhielt, nur um ihn aus dem Weg zu gehen. Aus dem angrenzenden Bad hörte er keine Geräusche, die darauf schließen konnten, dass sich dort jemand aufhielt.

 

Noch einmal lief Andreas seinen ganzen Hof ab, um Chelsea zu suchen. Nachdem er ausschließen konnte, dass sie sich nicht außerhalb des Hauses befand, suchte er sämtliche Innenräume ab, jedoch auch hier ohne Erfolg. Panik stieg in ihm auf. Wo konnte seine Chelsea, seine über alles geliebte Tochter sein?

Erneut lief er zurück in ihr Zimmer und sah nach, ob er nicht irgendeinen Anhaltspunkt finden konnte, der verriet, wo sich Chelsea gerade aufhielt. Er entdeckte, dass ihre Schulsachen nicht an ihrem ordnungsgemäßen Platz neben ihrem Schreibtisch standen. Einer spontanen Eingebung folgend, schaute er im Badezimmer nach, ob noch sämtliche Drogerieartikel, wie Zahnbürste und so weiter vorhanden waren. Doch auch hier hatte er keinen Erfolg. Der Platzhalter unter dem Spiegel war leer. In ihrem Schrank fehlten ebenfalls einige Klamotten und ein großer Koffer war von ihrem Schrank verschwunden.

 

Ratlos setzte sich Andreas auf ihr Bett und verbarg sein Gesicht in den Händen. Mehrere Male atmete er tief ein und aus, ehe er einen verstohlenen Blick auf ihren Schreibtisch richtete.

Dort entdeckte er zusammengefaltet einen Brief, der an ihn gerichtet war. Nachdem er ihn gelesen hatte, war ihm wortlos jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen.

 

 

Vater,

 

wenn du  diese Zeilen liest, werde ich längst in der Stadt sein. Noch gestern Abend habe ich den letzten Bus genommen und bin zu Vaughn gefahren.

Es tut mir Leid, aber ich kann nicht länger auf dem Hof bleiben, während Denny hier arbeitet. Du kennst ihn nicht,  so wie ich, und ich hatte so sehr gehofft, dass du mir glauben würdest.

Du musst dir keine Sorgen machen. Das Nötigste habe ich bei mir, und ich kann dir versichern, dass ich jeden Tag zur Schule gehen werde. Außerdem bin ich bei Vaughn gut aufgehoben. Er ist kein schlechter Kerl, wie du mir weißmachen wolltest und woran du anscheinend glaubst.

 

Bitte verzeih mir, dass ich dir das antue, aber ich habe keinen anderen Ausweg gesehen. Ich werde wieder zurückkommen, doch vorerst möchte ich dich auch darum bitten, dass du mich nicht holen kommst. Ich denke, dass es so das Beste ist.

Ich werde dich bald anrufen.

 

Deine Chelsea



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