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Lebt wohl!

von

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Da stand sie nun. Auf den Klippen, umringt von dichtem Wald. Als sie diese Klippe zum ersten Mal entdeckt hatte, war sie zufrieden mit ihrem Leben gewesen. Jetzt stand sie zum vermutlich letzten Mal hier und blickte hinab auf das Meer, das sich an der felsig-kantigen Wand brach.

Einen Abschiedsbrief hatte sie geschrieben. An ihre Eltern, an... An einfach alle, die ihr am Herzen lagen.

Heute war Freitag, der dreizehnte. Ein sehr guter Tag um sich von den Klippen in den Tod zu stürzten. Für wenige Augenblicke fliegen zu können und dann ab in die ewige Erlösung. In den Bäumen, die schon mehrere tausend Jahre die Klippe vom normalen und friedlichen Leben trennten, schienen die Vögel das Mädchen gerade zu anzufeuern, so laut zwitscherten sie ihr Lied.

Eine Träne bahnte sich ihren brennenden Weg abwärts, genau wie sie es wohl gleich tun würde.

Sie sah sich um.

>Er ist nicht da. Dabei hatte ich ihm doch so offensichtlich gesagt, dass er mich nie mehr sehen würde. Ich hatte in der Schule zu ihm gesagt: „Leb wohl!“ Er hatte mich schief angesehen und gefragt: „Wo willst du hin?“ Als ich sagte, dass ich auf die Klippen gehen würde, habe ich ihm seine Traurigkeit angesehen. Er hatte mich doch noch umarmt und meinte: „Ja!“ Mehr nicht. Er hatte nicht versucht, mich aufzuhalten oder es mir auszureden. Er hatte mich einfach gehen lassen. War ich ihm nichts wert? War er froh, dass ich springen würde? Würde er mich überhaupt vermissen?<

Sie seufzte und schrie dann das Meer an. „Das Leben ist grausam!“ Ihr Blick glitt über die Wellen, die an der Felswand brachen. So ruhig und blau war es schon lange nicht mehr gewesen. Sarkastisch lachend sagte sie: „Ist das meine letzte Ehre, die du mir höchst persönlich erweist?“

Sie sackte in sich zusammen. "Das Leben ist grausam und unfair und es würde sich nie etwas ändern. Nicht in meinem", nuschelte sie. Mit gefalteten Händen blickte das Mädchen zum Himmel. Die Sonne lachte ihr ins Gesicht. "Geh weg. Verschwinde. Mach dich vom Acker. Kann es nicht regnen? Dann wäre das Wetter wenigstens genauso wie meine Stimmung," motzte sie. Doch die Sonne brannte nur erbarmungslos, strahlend hell und majestätisch auf die Erde herab.

Schon längst hatte sie aufgehört an Gott zu glauben, doch heute wollte sie noch ein letztes Mal beten. Sie wollte für alle, die sich einen Dreck um sie scherten und ihr doch am Herzen lagen beten. Nach ihrem Gebet, das nur das Wichtigste beinhaltete, stand sie auf und ging ganz dicht an die Kante. Es ging verdammt tief runter. >Um so besser<, dachte sie. Somit lag die Chance höher, dass sie durch den Aufprall mit dem Wasser sofort starb. Wenn es nicht so wäre, würde sie auf Grund der Wellen, die sie nach unten ziehen würden, einfach ertrinken. Ihre Zehen lugten über die Kante. Sie zögerte. >Warum zögere ich noch? Mich hält eh nichts mehr am Leben! Also warum?< Einen Moment stand sie noch bewegungslos da, dann breitete sie die Arme aus und lies sich vornüber fallen.

Und dann verstand sie, wie die Vögel sich fühlten. Ein angenehmens Prickeln durchflutete ihren Körper. Es war ein wundervolles Gefühl. Man war wie schwerelos. Der Wind wehte einem ins Gesicht und rauschte an dem Körper entlang. Betäubte jeden Muskel. Sie lächelte und schrie schließlich zum letzten Mal gegen den Wind und das laute Schlagen der Wellen, die sich an den Felsen brachen: „Lebt wohl, ihr . . . . .



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