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Cosmo Aftmermath

Vermissen bis in alle Zeit
von

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Erinnerungen


 

„Everyday

Takes figuring out how to live,

Sometimes, it feels like a mistake.”

In Flames, “Delight and Angers”
 

Tails schrie.

Wie am Spieß.

Dann wachte er auf. Die Dunkelheit hielt ihn noch einen Moment in ihren Fängen. Er saß aufrecht im Bett, die rechte Hand in der Bettdecke verkrallt, dass seine Knöchel weiß wurden.

Nach und nach wurde ihm bewusst, dass er sich in seinem Haus am Strand befand.

Ein kleines Eigenheim, das er selbst errichtet hatte.

Und in welchem ihm tagtäglich jene Erinnerungen begegneten, die er lieber vergessen hätte.

Ein Donnern des Gewittersturmes von draußen, gefolgt von einem Blitz, der die Wände in ein helles Licht tauchte, brachte ihn zur Besinnung.

Er war durchnässt vom Schweiß.

Miles sackte in sich zusammen. Die Anspannung wich, die Verkrampfung war noch einen Moment präsent, ehe sie der Resignation Platz machte.
 

Würde das jemals vorbeigehen?
 

Er fühlte sich beklemmt und wie gerädert als er die durchwalkte Bettdecke zur Seite schob, um sich auf die Bettkante zu setzen und das Gesicht in den Händen zu verbergen.

Es war fast so, als konnte sie ihn nicht loslassen.

Doch die Wahrheit war eine andere.
 

Der Fuchs atmete ein paar Mal tief durch und konzentrierte sich auf seine vertrauten vier Wände. Er bewegte die Zehen, um den flauschigen Teppich unter seinen Füßen zu fühlen.

Das Ticken der Uhr wurde fast vollständig vom Sturm draußen übertönt.

Er hob den Kopf, schaltete die Nachttischlampe an.

Sein orangerot gestrichenes Schlafzimmer. Dazu weiß lackierte Möbel. Schwarzweiß karierte Bettwäsche, der hellgraue Teppich.

Und er selbst.
 

Miles Prower, ein orangefarbener Fuchs. 11 Jahre alt, zwei Schwänze. Warum? Nun, das wusste er selbst nicht genau.

Es roch nach Vertrautheit, nach Zuhause.

Mit einer Spur von Schweiß.

Angewidert verzog er das Gesicht, stand auf und zog sich mit Mühe das verschwitze T-Shirt und die Shorts aus.

Seine Beine trugen ihn automatisch durch den Flur in das Badezimmer.

Er sah sich im Spiegel an.
 

Unter seinen blauen Augen waren deutliche Spuren von Schlafmangel zu sehen.

Er seufzte und wandte sich vom Spiegel ab.

Klamotten in die Waschmaschine, ab unter die heiße Dusche.

Lange stand Miles so da und versuchte sich die üblen Erinnerungen an den Albtraum abzuwaschen. Doch er konnte sein Fell noch so oft mit Shampoo einreiben und wieder abbrausen, es half nichts.
 

Wie in so vielen Nächten blieb die klebrige Frage, wie es weitergehen sollte, an ihm haften.

Und wie so oft kehrten seine Gedanken zu dem Pflanzenmädchen zurück.

Fast so als wollte ihm sein Unterbewusstsein einen üblen Streich spielen.

Sie hieß Cosmo und war damals auf dem Planeten Möbius eingetroffen, um Sonic zu suchen. Sie hatte ihn vor den Metarex warnen wollen.

Doch Sonic hatte schon mit einem von ihnen gekämpft und die Chaos Emeralds quer durchs Weltall geschickt, damit diese ihnen nicht in die Hände fielen.

Es begann eine Odyssee quer durch das all. Voll heftiger Kämpfe, voll Gefühl, Freundschaftsbeweisen, Meinungsverschiedenheiten. Kurzum, ein Abenteuer wurde wahr.

Während dieser langen Reise über die verschiedensten Planeten hatte Cosmo sich in Tails verliebt.
 

Und er sich in sie.

Auf ihre Art waren sie glücklich gewesen.

Doch es währte nicht lange.
 

Denn das Abenteuer wurde zur bis dahin schwersten Belastungsprobe seines Lebens.

Sie opferte sich, um ihn, seine Freunde und alle Planeten in der Galaxis zu retten.

Und Cosmo verlangte von Tails selbst den tödlichen Schuss abzugeben.

Er hatte mit sich gekämpft, hatte sich dagegen gesträubt. Er wusste, dass diese Tat die einzige Lösung zum Sieg über die Metarex war.

Wie eine Schleier legte sich ein Film über sein Gesichtsfeld, führte ihn noch einmal genau vor Augen, wie das alles passiert ist: Cosmo, die als einzige das Magnetfeld des Metarex Dark Oak durchdringen konnte und so den Weg für den Angriff von Shadow und Sonic frei machte. Ihre Aufforderung zu feuern.

Und nicht nur ihre.

Tails stöhnte. Die Erinnerung ließ nichts aus, zeigte ihm auch, wie seine engsten Freunde ihn zu dieser Tat gedrängt hatten. Sie waren sich vielleicht nicht im Klaren über seine Beziehung zu ihr gewesen, dennoch.
 

Er hasste sie auf eine Gewisse Art und Weise dafür.
 

Auch wenn es damals richtig war.
 

Alles Einreden half nichts.

Es war ein ewiger Kampf zwischen Miles und seinem Unterbewusstsein, welches naturgemäß das fühlte und ihn durchströmen ließ, was jeder in dieser Situation gefühlt hätte: Seine Ohnmacht und seinen Hass.

Auch wenn er sie nicht hassen wollte.

Er hatte es tun müssen. Hatte gefeuert, hatte sie sterben gesehen.

Die Blende verschwand.
 

Er hatte während des Flashbacks direkt in die Deckenlampe seines Bades geschaut. Der Junge wandte den Kopf nach links und rechts und fühlte die kalten Fliesen unter sich. Die Feuchtigkeit der Dusche hatte sich noch nicht verzogen.

Sein Herz schien ihm aus der Brust springen zu wollen. Es klang wie eine schnell angeschlagene Bass-Drum eines Schlagzeugs. Wummwumm-Wummwumm-Wummwumm.

Er atmete tief durch. Sein gebrochenes Herz hörte auf zu wummern, konnte sich jedoch nicht auf den Ruhepuls einpendeln.

Im nächsten Moment fand Tails sich im dunklen Raum wieder, hatte sich in der Ecke zusammengekauert, die Beine angezogen, Schwänze und Arme um sich geschlungen.

Er weinte hemmungslos.
 

Lange saß er so dar, eingepfercht zwischen Waschbeckenabfluss und WC-Schüssel. De Kälte des Porzellans und des Metalls spürte er nicht.

Und irgendwann waren seine Tränen versiegt.

Langsam richtete er sich wieder auf.

Eine Ewigkeit schien verstrichen zu sein.

Wie fast jeden Tag.

Das war doch kein Leben mehr, oder?
 

Ihm fröstelte. Sein Badezimmer war abgekühlt, doch die Feuchtigkeit noch immer drin.

Leicht vornübergebeugt ging er zur Entfeuchtungsanlage und schaltete sie ein. Es war eine kleine Erfindung von ihm, die er ebenso über der Kochzeile eingebaut hatte.

Sie saugte die feuchte Luft an einer Stelle an, erhitzte sie etwas, und führte sie mit optimiertem Feuchtigkeitsgehalt wieder dem Raum zu. Sie war so konstruiert, dass sie sich automatisch abschaltete.
 

Tails lebte besser als manch anderer. Er hatte mithilfe von selbst gebauten Maschinen dieses Haus erschaffen. Als Mitglied der Freedom Fighters hatte man ihm den Antrag zur Bebauung dieses Grundstückes schnell bewilligt. Nun trat er aus dem Bad in den Flur und sah sich um.

Das leise Summen der Entfeuchtungsanlage vermischte sich mit dem leisen Prasseln von Regen auf den Fensterscheiben. Der Sturm schien sich beruhigt zu haben.

Alles war in dunkles Blau gehüllt.
 

Da kam die 80x80 Zentimeter große Fotografie in dem grünen Rahmen kaum zur Geltung. Erst recht nicht, weil Sonic ja an sich ein blaues Fell hatte.

Lediglich das weiße T-Shirt und seine Augen waren deutlich erkennbar. Er reckte mit der rechten Hand den Daumen, den linken hatte er um die Schultern seines „kleinen Bruders“ gelegt. Beide lächelten.

Bei diesem Anblick, in dem Sonic fast mit der Dunkelheit verschmolz und Tails scheu lächelnd ins nichts zu gucken schien, fühlte er sich noch einsamer.

Wann hatte er ihn eigentlich zum letzten Mal gesehen?

Der junge Fuchs konnte sich nicht erinnern.
 

Miles wusste, dass es goldene Zeiten gab, bevor Cosmo auf den Plan trat. Er kannte sich jedoch nicht mit Genuss daran erinnern. Alles schien verblichen, wie eine Fotografie der roten Rücklichter, am letzten Wagen eines verpassten Zuges in einer verschneiten Novembernacht.
 

Sie hatten herumgetollt, gelacht, gescherzt. Mal zu zweit, dann mal mit Cream, Amy und sogar Knuckles.

Zusammen hatten Sie Gegnern wie Dr. Eggmann getrotzt, hatten auf der Fremden Erde mit der Familie Thorndyke gegen Wesen wie Chaos gekämpft und gewonnen.

Kurzum, bis zum Tod von Cosmo waren sie unzertrennlich gewesen.
 

Was bewog das Leben, solche Wege einzuschlagen? Tails flüsterte seinen Gedanken leise, doch da war niemand, der ihn hören konnte, geschweige denn darauf antworten.
 

Immer noch barfuß trugen ihn seine Füße zum Kleiderschrank. Mit jedem Schritt fühlte er sich etwas wacher. Gut so. Der Anfall von Frust und Trauer schwächte ab.

Er dimmte den Deckenfluter in der Ecke des Schlafzimmers ein wenig hoch und öffnete den Kleiderschrank.

Er entschied sich für ein relativ bequemes Outfit. Dunkelblaue Slimfit-Jeans samt Gürtel und schwarz-rote Sneaker, dazu ein weißes T-Shirt, ein weiß-rot-kariertes Hemd darüber. Zum Schluss folgte eine schwarze Softshelljacke und ein knielanger, schwarzer Regenmantel.
 

Er schloss den Kleiderschrank, schaltete das Licht aus und ging in die Garage.

Sein Auto, eine nachtblaue Sand Splatter-Limousine, stand so vor dem verschlossenen Tor, dass sich die Neonröhren in der Decke verzerrt im Lack spiegelten.

Er stieg ein. Mit einem dumpfen Klack fiel die Tür ins Schloss. Die Beleuchtung im Wagen ging langsam aus. Der Wagen roch noch ganz neu.

Erst jetzt, mehr aus Gewohnheit, denn aus Interesse, blickte Tails auf die Uhr neben dem Tacho.
 

4 Uhr 35 Morgens.
 

Er zuckte die Achseln, als wollte er der Welt zeigen, dass das keine Rolle spielte, startete den Wagen und öffnete per Fernbedienung das Garagentor.

Das Licht im Raum ging aus. Miles legte den ersten Gang ein und ließ die Kupplung kommen. Langsam rollte er aus der Garage, setzte den Blinker nach rechts und bog auf die Uferstraße Richtung Autobahn.

Hinter ihm hatte sich bereits das Garagentor geschlossen. Der Horizont nahm eine kaum wahrnehmbar hellere Färbung an, als der Sand Splatter beschleunigte und davonschoss. Als einziger Wagen zu dieser Stunde.



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