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Des Prinzen Spielmann

von

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Kapitel 1

Schwer seufzend ließ sich Dorian am Rande des Marktplatzes auf einer Mauer nieder, ließ Schalmei und Drehleier zu Boden gleiten, ohne die ledernen Träger los zu lassen, und besah sich die schwer schuftende Menge mit geistesabwesender Ruhe.

Welch ein Schauspiel. Mütter, zumeist mit ihren Kindern im Gefolge, die von Stand zu Stand huschten, um das Nötige für eine warme Mahlzeit zu besorgen.

Junge Knappen und Mägde, die für ihre Herren um die Preise feilschten.

Ab und an sogar die geschickten Diebe, wie sie mit leeren Taschen kamen und mit vollen wieder verschwanden. Jeden Tag kurz vor der Mittagszeit wiederholte sich der Ablauf und dennoch war es jedes Mal spannend für ihn zuzusehen.

Ein normales, geregeltes und nicht selten auch einfaches Leben. Hatten sie doch noch nie mit einem Hurensohn, der sich als Spielmann durchzuschlagen versuchte, getauscht.

Wie oft er sich ein solch normales Leben gewünscht hatte, vermochte er nicht mal mehr zu erahnen.

Sein Blick glitt hinüber zum Kiespfad, der zum Schloss des Königs führte, jedoch an einem schweren Eisentor ein jähes Ende fand. Drei Männer gehobenen Alters hatten sich einen schattigen Platz im Schutze der Mauer gesucht und vertrieben sich die Zeit mit einem Würfelspiel. Einer von ihnen küsste die Würfel und warf sie in die Mitte, bevor ein Freudenruf von ihm erklang.

"Glück im Spiel ..." erklang eine ihm wohl bekannte Stimme neben Dorian und ohne den Blick in die Richtung ihres Besitzers zu werfen, beendete er den angefangenen Satz.

"Und somit Geld für die Liebe."

Der junge Mann ließ ein Lachen von sich hören, welches jedoch weniger belustigt als gezwungen klang, und lehnte sich an die hüfthohe Steinmauer, den Blick gen Himmel gerichtet.

Dorian sah zu ihm, konnte ein Lächeln bei diesem wundervollen Anblick nicht unterdrücken und setzte sich auf, besah sich seinen Kindheitsfreund genauer. Die dunkelbraunen Haare, welche ihm bis zwischen die Schulterblätter reichten und zu einem zarten Pferdeschwanz gebunden waren, schimmerten wie feinste Seide im Sonnenlicht. Markante Gesichtszüge paarten sich geschmeidig mit seiner reinen Haut. Seine breiten Schultern ließen vermuten, er sei ein Ritter von noch recht niedrigem Stand, dabei war Alessio ein genau so armer Spielmann wie er selbst. Seinen ausgeprägten Muskelbau hatte er jahrelanger Spielerei und Bastelei am Dudelsack zu verdanken.

Es war wohl wahrlich kein Wunder, dass Alessio so gut wie nie Probleme damit hatte, ein Weib für sein Vergnügen zu finden. Doch neidisch war er auf seinen Freund nie gewesen, dafür eher auf die Damen, auf die seine Wahl denn ab und an mal fiel.

Kopfschüttelnd verdrängte Dorian jenen Gedanken, vergrub ihn tief in sich bei all den anderen und lachte heiter auf. So urplötzlich, dass Alessio erschrocken zusammenzuckte und den Blick seiner graugrünen Augen auf ihn richtete.

"Was ist dir denn widerfahren, hast du dein Spiegelbild gesehen?" fragte Alessio sogleich, diesmal ein echtes Lachen unterdrückend. Schon früher hatte Dorians Gelächter ihn stets angesteckt, so rein und herzhaft wie es war.

"Hast du schon die neueste Kunde gehört, Alessio? Der Sohn des Königs sucht einen Leibeigenen, einen jungen Burschen aus dem Volk. Was meinst du, soll ich um Audienz bitten und mich ihm anbieten?"

So schwer es ihm eben noch fiel, das Lachen zu unterdrücken, galt es nun, den Schock in seinen Augen zu verbergen. Dorian war stets offen damit umgegangen, dass er eher dem männlichen Geschlecht zugetan war und wirklich gestört hatte es ihn nie, bis auf die Tatsache, das er des öfteren Geld für seine Dienste annahm, doch scheinbar war nun ein Schalk über ihn gekommen.

"Halt mich nicht zum Narren, Dorian. Der Sohn des Königs verdüstert die Seelen aller, die in seiner Nähe verweilen."

"Ja Ja, und anschließend, wenn die Seelen geschwärzt sind, verschlingt er ihre Herzen um sich selbst noch mächtiger zu machen, ich kenne die Gruselgeschichten des Volkes." tat Dorian mit einem Wink ab und überzog die Lippen mit einem schelmischen Grinsen.

"Wenn du sie kennst hör auf solche Scherze zu reißen. Zumahl ich denke, dass der Prinz nur jemanden nehmen würde, der gefügig sein kann, was ich von dir mal nicht behaupten würde." Alessio verschränkte die Arme und hob eine Augenbraue an, woraufhin Dorians Grinsen jedoch nicht wich, sondern einem verführerischem Lächeln platz machte. Mit geschmeidigen Bewegungen rutschte er näher an seinen Freund heran, krallte die Finger in seine Haare und zog ihn sachte an sich, bevor seine Lippen für den Bruchteil eines Augenblickes sein Ohr streiften.

"Zwei Kupfertaler und ich beweise dir, wie gefügig ich sein kann." schnurrte die Stimme des jungen Spielmanns, ehe er ihn wieder los ließ und sich auf die Zunge biss, bereit dafür, einem seitlich kommendem Hieb auszuweichen. Wie erwartet musste sein Freund einen Moment die Worte verarbeiten.

"Narr!" schallte Alessios Stimme und die flache Hand prallte, anders als erwartet nicht in die Seite, sondern gegen Dorians Brustkorb, wodurch der Kleinere einen Moment schwankte und rücklings wieder auf die Mauer sank. Lachend rieb er sich über die getroffene Stelle und wischte sich gespielt eine Träne aus den Augen.

"Wieso denn? Bin ich dir etwa zu teuer? Du als mein Freund darfst auch abbezahlen." feixte er weiter, nicht bemerkend, wie sich die Miene seines Freundes für einen Moment verfinsterte.

"Nutze deine Taten nicht um mich zu verletzen, klar?"

"Wie jetzt?", Dorian setzte sich auf, blickte verwundert zu Alessio, der jedoch nicht zu ihm, sondern mit ernster Miene ins Nichts sah, "Bisher hat es dich doch auch nicht gestört, wenn ich meinen Körper verkaufe. Ich komme eben ganz nach meiner Mutter, es liegt in meinem Blut, die Männer zu verführen."

Kaum hatte Dorian seinen Satz beendet, da sah Alessio wieder zu ihm, seufzte tief und schloss für einen Augenblick kopfschüttelnd die Augen.

"Du solltest ernsthaft darüber nachdenken, aus deinem Leben was gescheites zu machen. Oder willst du ewig im Schatten verkehren?"

"Sprach Alessio, der mit seinen Spielleuten noch nicht mehr erreicht hat als ich."

Kurz versuchte er den Blickkontakt zu Alessio aufzubauen, dieser schenkte ihm aber nicht mal mehr einen Kommentar zu seinem und so seufzte er nur innerlich, griff nach den Trägern seiner Instrumente und hievte sie neben sich auf die Mauer. Dorian kannte Alessio nun so lange, wie er sich zurückerinnern konnte. Ihm hatte er es zu verdanken, dass er jene Instrumente überhaupt spielen konnte. Und auch, wenn es stets nur eine Freundschaft war, die sie miteinander verband, so empfand Dorian doch weitaus mehr, weshalb ihm die Worte des zwei Jahre älteren in der Brust stachen.

"Du, Dorian." setzte Alessio zögernd an, sah jedoch noch immer nicht zu ihm. "Es gibt etwas, dass ich dir unbedingt sagen muss-" Von einem höher gelegenem Platz, weiter östlich der Marktmauer, erklang ein Ruf, der sie beide zum Aufblicken brachte. Einer der Spielleute verlangte nach Alessio, der sich leicht räuspernd von der Mauer abstieß und nur noch kurz zu ihm sah.

"Tut mir leid, ich muss los. Wir sehen uns später." verabschiedete er sich knapp und wartete keine Reaktion des Schwarzhaarigen Spielmannes mehr ab, sondern ließ ihn rätselnd zurück. Was hatte er ihm sagen wollen?

"Spinner... Von wegen es tut dir leid." murmelte Dorian und wandte den Blick in Richtung des Armenviertels unter ihm. Die gesamte Stadt war auf einem Hügel erbaut worden, die ihn gänzlich umhüllte und am nördlichen, westlichen und östlichen Ende noch weiter reichte. Dort begannen sich weite Wiesen und Wälder zu erstrecken, in die sich nur die Mutigsten oder Dümmsten der Stadt oder die Ritter des Königs wagten. Vereinzelte Bauernhöfe, Getreide- und Maisfelder bildeten den Abschluss der Stadt. Südlich befand sich das Meer, am westlichen Fuße des Hügels das Handwerker-Viertel und die Stallungen der Reiter, östlich das Fischer-Viertel, welches direkt am Fluss Nereg lag. Den gesamten Fuß des Hügels bildete das Armen-Viertel, gefolgt vom Neutralen-Viertel, in dem die lebten, die sich als unabhängig bezeichneten. Abgesehen davon, dass auch sie dem Wort des Herrschers unterlagen. Weiter gen Hügelspitze errichteten sich der Markt und die Richters- und Henkersplätze. Genau genommen, war diese Schicht die Wichtigste in der Stadt, da sich nur dort sämtliche Beamtengebäude, Gelehrte, Schule und Universität befanden. Auch war es das einzige Viertel, abgesehen vom Schlossgelände, an dessen Rand sich eine hüfthohe Mauer erstreckte, da es so weit in die Höhe reichte, dass ein Sturz tödlich enden würde. Doch egal in welche Richtung man versuchte, einmal das komplette Beamten-Viertel zu durchlaufen, wurde man von schweren Eisentoren aufgehalten, die den Kiespfad zum Schloss hinauf blockierten. Von einem Tor zum anderen würde der Weg jedoch die Zeit vom frühen Morgen bis hin zum späten Abend in Anspruch nehmen.

Dafür, dass es ein recht kleines Reich am Rande des Landes war, hatte es gigantische Ausmaße.

Den Blick vom Armen-Viertel lösend, bemerkte Dorian in weiter Ferne, am Rande des Waldes mehrere Bewegungen. Er verengte die Augen zu Schlitzen und erkannte, dass es Reiter des Königs waren, die dem langen Pfad zur Stadt folgten. Das würde bedeuten, dass die Stadtwächter bald wieder ihre Runden drehten, um die Ankömmlinge zu empfangen. Und auf ihrem Weg würden sie sicherlich die Augen nach jungen Männern wie ihm offen halten, die auf öffentlichen Plätzen herumlungerten. Also ward es höchste Zeit für ihn aufzubrechen.

Seufzend legte er sich die ledernen Träger um und hüpfte von der Mauer herunter. Während er sich zunächst den Schmutz von den Kleidern klopfte, sah er in östliche Richtung, zu dem Platz, wo Alessio hin aufgebrochen war, um mit seinen Spielleuten zu üben oder sonst was. Er hätte ihn wenigstens einladen können mitzukommen.

Früher war es zwischen ihnen viel harmonischer gewesen. Täglich hatten sie die gänzlichen Tagesstunden miteinander verbracht, stets zu zweit was unternommen, wobei es nicht selten vorkam, das sie Ärger kassierten. Aber er hatte Alessio für sich gehabt, seine Aufmerksamkeit, jene flüchtigen Berührungen und seine Nähe, weshalb der Ärger ihm nichts ausmachte. Doch mit dem Tode von Alessios Vater setzte scheinbar bei ihm der Verstand ein. Er lernte häufiger auf seinem Dudelsack, der Drehleier und der Schalmei zu spielen, zu Anfang noch mit ihm zusammen, suchte sich weitere Spielleute und verdiente etwas Geld, wenn er mit ihnen spielte. Selbst für die Schule fand er Zeit und Geld und versorgte nebenbei noch seine kränkliche Mutter. Mit der Zeit war Alessio ein Paradebeispiel eines guten Sohnes geworden, doch fehlte ihm von da an die Zeit für Dorian. Zwar ließ keiner der beiden zu, dass sie sich zu sehr auseinander lebten, doch hatte Dorian immer mehr zu spüren bekommen, was er eigentlich für seinen Freund empfand und aus Furcht vor kompletter Ablehnung suchte er ihn nun weitaus seltener auf, als Alessio es noch immer tat.

Dorian hatte den Sprung nie geschafft, sich auf legalem Wege ein paar Münzen zu verdienen, gestand er sich selbst dafür nicht das nötige Durchhaltevermögen ein, sondern begann im zarten Alter von 17, seinen Körper an zahlende Männer zu verkaufen, die ihr Verlangen nach einem Jungenkörper niemals der Öffentlichkeit preisgeben würden und zusätzliches Schweigegeld zahlten. Es war nicht viel, wenn man bedachte, dass er davon Steuern, die Beschaffung und Erhaltung seiner Instrumente und das tägliche Leben finanzieren musste, aber zumindest besaß er mehr als Taschendiebe und jene, die im Armenviertel lebten.

Dorian zählte zum neutralen Volk, war sein eigener Herr und niemandem gegenüber pflichtig. Nachdem seine Mutter verstorben war, gab es in dem Freudenhaus seiner Kindheit keinen Platz mehr für ihn. Sein Vater könnte jeder Stadtbewohner oder Reisende sein und so hatte er sich vom Armenviertel zum neutralen Viertel hochgearbeitet. Wobei die Bezeichnung hochgeschlafen wohl zutreffender sein dürfte...

Von einem Geräusch in seinen Gedanken unterbrochen, sah Dorian zum Tor, welches sich mit einem Knirschen und Scharren öffnete, um einige Stadtwächter durchzulassen. Eilig hob er die Drehleier, spielte eine zweitönige Melodie und wiederholte den Singsang, den er auf dem Weg zum Marktplatz bereits verkündet hatte, um sich mehr oder minder unauffällig an den Wachleuten vorbei zu schleichen. Einer der Hünen beobachtete ihn dabei genau, strich sich mit Daumen und Zeigefinger über einen peinlich feinen Schnurrbart und lächelte breit, was Dorian jedoch nicht bemerkte. Genauso wenig vernahm er, dass jener Stadtwächter gezielt ihm folgte, sondern erreichte nach wenigen Minuten eine Treppe hinab ins Neutralen-Viertel und meinte, der Wächter hatte seine Runde in eben jenem zu drehen.

Sein Ausruf wurde leiser, bis er schließlich verebbte und Dorian eine kurze Rast einlegte, wobei er möglichst unauffällig hinter sich blickte, ob der Wächter noch in seiner Nähe war. Auch wenn er nichts verbrochen hatte, so war er nicht sonderlich scharf darauf, dass er sah, wo er wohnte. Doch scheinbar hatte er Glück, denn er konnte den Mann nicht mehr sehen, war sich sicher, nicht verfolgt worden zu sein und betrat eine Seitentür der Schenke vor ihm. Unwissend, dass er von einer Gasse aus genauestens in Augenschein genommen worden war.

Dunkelheit empfing ihn, als er die Tür hinter sich zuzog, doch aus Gewohnheit brauchte er den Lichtschalter nicht zu betätigen, sondern stieg die Stufen zu seiner Kammer hinauf, öffnete diese und hievte sich durch die Luke. Die Dachkammer der Schenke war zwar nicht sonderlich geräumig und beherbergte nur ein Strohbett, eine Kleidungstruhe, einen schmalen Schrank mit Spiegel und Wasserschale, eine weitere Tür, die zur Toilette führte und eine Dachgaube mit zwei Fenstern, aber dafür war sie bezahlbarer als eines der Zimmer, die unter ihr lagen. Zudem drang der Lärm des Schankraumes dort weitaus gedämpfter zu ihm. An und für sich also ziemlich zufriedenstellend.

Die Drehleier stellte er neben das Bett an die Wand, setzte sich ab und legte die Schalmei auf seine Knie, die er schweigend betrachtete. Sie war sein ganzer Stolz und wertvollster Besitz. Zwar war die Drehleier um einige Münzen teurer gewesen, doch dafür hatte die Schalmei einen ganz besonderen Wert für ihn. Sie war Alessios Anfänger-Instrument und ihm hatte er sie nach lange andauerndem Bitten abgekauft. Nämlich mit dem Versprechen, sie ihn Ehren zu halten, zu pflegen und an seiner statt zu spielen.

Fast schon behutsam legte er sie sich an die Lippen, sammelte das nötige Lungenvolumen und spielte ein paar sanfte Töne, wobei er sich zurücklehnte und die Augen schloss.

Das war er, der Klang der Freiheit und ihrer jahrelangen Freundschaft. Die Töne verstummten, als er spürte, wie eine Träne seine Wange hinab lief. Blinzelnd wischte er sie weg und seufzte schwer. Hatten Alessios Worte ihn so tief getroffen, das er es selbst kaum bemerkte?

"Was aus meinem Leben machen ... oder ewig im Schatten verkehren ..." hauchte er die Worte in Richtung der Fenster. Doch was solle er denn mit seinem Leben anfangen? Zu welcher Arbeit war er denn schon geschickt genug, außer den Sünden des Fleisches dienlich zu sein? Für das Handwerk war er nicht kräftig genug, für die Fischerei zu ungeduldig und allgemein zu schwächlich, als das er unter all den Arbeitern überhaupt ernst genommen werden würde.

Sicherlich war sein Vater ein Schreiberling oder er hatte einfach zu viel von seiner Mutter geerbt, die so klein und zierlich gewesen war, dass sie gerade mit ihrer unscheinbaren Gestalt unter all den üppigen und normal gebauten Weibern auffiel. Eine Schönheit, wie man sie sonst nur als Tochter eines Edelmannes vermuten würde. Scheinbar hatten sie die selben Gründe zu ihrer Arbeit bewegt wie ihn. Es war schon verwunderlich, dass er überhaupt die Kraft seiner Lunge sammeln und Blasinstrumente spielen konnte, die mehr Kraft beanspruchten als eine Flöte.

Ein Klopfen ertönte an seiner Dachluke und ließ ihn erschrocken hochfahren. Dorian schlug sich die flache Hand an die Stirn, als ihm bewusst wurde, dass es nur der Schankwirt sein konnte, der ihm etwas vom übrig gebliebenen Mittagessen brachte. Glücklicherweise waren er und seine Frau gütige Menschen, die ihm stets etwas Essbares brachten, wenn sie hörten, das er in seiner Kammer war. Dabei war er sich sicher, gar nicht so laut auf der Schalmei gespielt zu haben, als das sie es unten hätten hören können. Nicht weiter darüber nachdenkend erhob er sich aus dem Bett und eilte zur Luke, um sie aufzuschließen und freudestrahlend seinem Besucher auf der Leiter entgegen zu lächeln. Eben jenes Lächeln gefror jedoch zu einer Grimasse, als er den Mann, in der Rüstung der Stadtwächter mit dem schmalen Oberlippenbart erkannte.

Kaltes Grauen huschte ihm durchs Mark, als er den Stadtwächter erkannte, den er zuvor auf dem Marktplatz gesehen hatte und der ihm ins Neutralen-Viertel gefolgt war. Hunderte Gedanken schossen durch seinen Kopf. Hatte er vielleicht doch etwas angestellt, weshalb man ihn suchte?

"G-guten Tag, Herr.", begann er stotternd "Kann ich weiterhelfen?"

Der Mann besah ihn einen kurzen Moment, zögerte anschließend nicht länger und kam die Leiter hinauf, ohne um Erlaubnis zu fragen und sah sich in der Dachkammer um. Dorian erhob sich zögernd und räusperte sich nur über das Verhalten des Fremden. Zwar war er so manch frevelhaftes Tun von ihnen gewohnt, aber scheinbar wusste er nicht, in welchem Viertel er sich hier aufhielt und es ihm eigentlich nicht gestattet war, so zu handeln. Dorian überlegte kurz, ob er den Stadtwächter aufklären wollte, dass er in diesem Viertel neutral behandelt werden musste, verwarf den Gedanken dann aber und verschränkte die Arme.

"Ziemlich ärmlich hier." Die Stimme des Mannes passte wie abgestimmt zu seinem Erscheinungsbild und dem Verhalten. Dunkel und Kratzig.

"Was erwartet Ihr von der Mittelschicht des Reiches? Tut mir leid, aber ich hatte gerade vor Arbeiten zu gehen. Wenn ich also bitten dürfte..." Dorian musste sich auf die Zunge beißen, damit nicht noch schärfere Worte über seine Lippen schnellten. Doch der Mann lachte nur kalt auf und besah sich den jungen Spielmann erneut, diesmal genauer, eindringlicher.

"Ich kann mir fast vorstellen, als was du arbeitest. Und ich habe dir ein Angebot zu machen, das du nicht abschlagen möchtest."



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