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Unverhoffte Nachbarn

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Folter

7. Kapitel: Folter
 

Sie wusste nicht wie lange sie bereits in dieser Hölle festsaß, doch momentan wünschte sie sich nichts sehnlicher, als endlich zu sterben. Catherine hatte Angst, Todesangst und doch auch Todessehnsucht zugleich. Sie wollte einfach nur, dass dieser Alptraum endlich endete.

Seitdem sie aufgewacht war, hatte sie nichts anders mehr gesehen außer weiß gefliesten Wänden, die sie stumm ansahen. Catherine war gefangen in einer gerade mal fünf Quadratmeter großen Zelle in der sich nichts befand außer einer schäbigen Matratze und einem Eimer für ihre Notdurft. Bloß grelles, kaltes Licht von einer schlichten Neonröhre erhellte ihren Käfig und jeder ihrer Schritte wurde dabei genauestens von vier Überwachungskameras beobachtet.

Catherine wusste nicht, wie lange sie ohnmächtig gewesen war nachdem die drei maskierten Männer in ihrer Wohnung sie K.O geschlagen hatten. Die ersten Stunden- sie glaubte zumindest, dass es sich um Stunden gehandelt hatte- hatte sie in vollkommender Isolation verbracht. Kein Geräusch, kein Kontakt, keine Kommunikation nach außen. Absolut nichts. Es war, als wäre sie allein auf einem eiskalten, weißen Planeten ausgesetzt worden.

Bald hatte Catherine angefangen mit sich selbst zu reden und unruhig wie ein eingesperrtes Tier durch ihren Käfig zu laufen. Menschen waren soziale Wesen- zumindest die meisten-, doch Catherine wurde dieser Kontakt eiskalt in einer beängstigenden Situation entzogen. Es gab keinen Halt, keine Stützte für sie und so hatte sie das Gefühl gehabt ins Bodenlose zu fallen. Irgendwann hatte sie die Kamera angeschrien, sie gefragt, was sie denn von ihr wollte, doch das Glas des Objektives hatte bloß geschwiegen. So war es immer wieder gegangen. Der Kreis hatte sich ständig wiederholt. Vermutlich war das ganze über mehrere Stunden gegangen, doch ihr waren es wie Jahre vorgekommen.

Irgendwann hatte Catherine aufgegeben und war zur Matratze gekrochen. Sie war immer noch geschwächt gewesen und die ständige Stresssituation hatte an den Kräften ihres Körpers gezehrt. Stets war er angespannt gewesen, bereit den unbekannten Feind gegenüber zu treten. Flucht wurde schließlich schwierig in dieser kleinen Zelle.

Als die Erschöpfung jedoch gesiegt hatte, hatte sie sich wie ein verletztes Tier auf der Matratze zusammengerollt um etwas Schlaf zu finden. Da hatte sie sich aber ordentlich zu früh gefreut.

Gerade als sie kurz davor gewesen war endlich einzuschlafen, war das Licht in ihrer Zelle plötzlich gleißend hell geworden. Völlig erblindet war sie aufgesprungen und durch ihr Gefängnis getaumelt. Dann war noch dieses markerschütternde Tröten hinzugekommen, welches Catherine vollständig desorientiert hatte. Völlig hilflos war sie durch die Zelle gestolpert und mehr als einmal hingefallen.

Immer lauter war dieser monotone Ton durch ihr Gehör gebrandet, hatte ihr sogar physische Schmerzen beschert.

Völlig verängstigt hatte Catherine sich eine Ecke gekauert, die Hände über die Ohren gepresst, auch wenn es völlig sinnlos war, und hatte schlussendlich gegen dieses alles verschluckende Geräusch in blinder Verzweiflung angeschrien. Dann war es plötzlich verstummt und das Licht verblasste.

So ging das Spiel immer wieder. Immer, wenn Catherine kurz davor war einzuschlafen, wurde sie mit dem gleißendem Licht und dem ohrenbetäubenden Lärm gequält.

Schlafentzug, Angst und Paranoia waren die Folge. Catherine war nicht dumm, sie wusste was ihre Entführer damit bezweckten. Sie wollten ihre Psyche brechen und sie waren auch verdammt kurz davor. Nicht mehr lange und sie würde wahnsinnig werden. Ihr Körper war konsequent unter Stress und auch wenn momentan wieder Stille unheilvoll in ihrer kleinen Welt herrschte, so wusste sie nur zu gut, dass ihr Körper bald wieder schlafen wollen würde und somit unweigerlich dieses Horrorszenario wiederkehren würde. Sie wartete förmlich angespannt darauf.

Seit einigen Stunden rannte sie in ständigen Anfällen apathisch durch ihr Gefängnis, trommelte gegen die Wände, bis ihre Fingerkuppen bluteten in der Hoffnung, dass es zu irgendeiner Reaktion von außen kam, doch die kühlen Fliesen blieben stumm.

Das einzige was Catherine in dieser unerträglichen Stille blieb, war ihr Verstand und selbst den würde sie bald verlieren. Schlaf- und Nahrungsentzug führten unweigerlich zu Halluzinationen, was bedeutete, dass sie bald sich selbst auf ihren Kopf nicht mehr verlassen konnte. Aber zumindest verriet ihr dass, das sie noch nicht länger als 36 Stunden hier sein konnte, denn ab diesen Zeitraum kam es zu diesen Erscheinungen. Auch dass sie noch nicht verdurstet war, war ein Indiz, dass sie noch nicht allzu lange hier war, auch wenn sie beinahe schon glaubte, dass sie ihr gesamtes Leben hier verbracht hatte.

Catherine wusste aber auch, dass sie wenn nur noch einige Stunde hatte um sich einen Fluchtplan auszudenken, bevor ihr Verstand sie verließ. Sie wusste allerdings nicht wie. Die Fliesen in der Wand gingen nahtlos in einander über und sie konnte nirgendwo eine Tür oder dergleichen ausmachen an der sie sich postieren könnte, um eine Wache zu überraschen, die ihr Nahrung bringen würde. Denn irgendwann würde einer kommen, dessen war Catherine sich sicher. Warum auch immer sie hier war- und sie hatte wirklich keine Ahnung in was sie da geraten war-, sie sollte nicht getötet werden. Wenn dies der Fall gewesen wäre, so hätten sie das schon längst getan und müssten sich nicht erst die Mühe geben ihre Psyche zu brechen. Nein, Catherine war sich ziemlich sicher, dass sie am Leben bleiben sollte. Die Frage war warum. Sie hatte keine Ahnung warum man sie hier gefangen hielt. Schnell schob sie die Frage beiseite. Das Warum war erst einmal nicht von Belang. Wichtig war, dass sie einen Weg fand wie sie hier herauskommen könnte.

Langsam hob sie den Kopf von ihren Knien, auf dem sie ihn die letzte Zeit gebettet hatte. Schon eine ganze Weile saß sie in die hinterste Ecke gekauert da und versuchte nachzudenken. Ihre Beine waren mittlerweile von dieser Kauerstellung eingeschlafen, doch sie wagte nicht die Stellung aufzugeben. Sie wusste nicht, wann sich ihre Chance ergab. In der Zelle gab es absolut nichts, was ihr helfen könnte. Nichts, was sie zum Zuschlagen verwenden könnte, sobald irgendjemand diesen Raum betrat. Der Eimer war aus einfachem Plastik, damit könnte sie niemanden überwältigen.

Verdammt! Ihre Chancen waren wirklich denkbar schlecht. Eigentlich bestand ihre einzige Chance darin, dass sie schnell genug war um den Moment abzupassen, wenn die Tür sich öffnete, sie sich an demjenigen vorbeiquetschen konnte und fliehen könnte. Doch vermutlichen waren zu viele Wachen hier und sie hatte auch keinerlei Ahnung wie dieser Bunker aufgebaut war. Dieser Plan war also quasi zum Scheitern verdammt und was in diesem Fall mit ihr geschehen würde, malte sie sich lieber gar nicht erst aus.

Die andere Alternative war, dass sie Jemand retten kam. Doch wer sollte das sein? Die einzige Möglichkeit waren John und Sherlock und damit konnte sie wohl nicht rechnen. Sie wusste ja selber nicht warum sie verschleppt worden war, wie sollte es dann Sherlock herausfinden? Zumal er ja mehr als deutlich gemacht hatte wie sehr sie ihn angeekelt hatte.

Zitternd holte Catherine tief Luft und versuchte die Tränen zu unterdrücken, die sich unaufhaltsamen ihren Weg suchten. Es brachte jetzt nichts zu weinen. Sie musste ruhig bleiben und weiter überlegen. Niemand würde sie retten kommen. Sie hatte ja schließlich Niemanden mehr. Also musste sie sich selbst eine Lösung überlegen und für ihr Leben kämpfen. Egal wie schwierig es werden würde.
 

~*~
 

„Ich kann dir keine Informationen geben, Bruder. Tut mir leid.“, sagte Mycroft schlicht am anderen Ende der Leitung mit der typischen Kälte in seiner Stimme. Sherlock knurrte gereizt. Es war doch nicht zum Aushalten. Bereits seit einer halben Stunde telefonierte er mit seinem Bruder, versuchte an Informationen zu kommen, die ihm helfen könnten, Catherine zu finden, doch Mycroft hatte beschlossen auf stur zu schalten.

„Von wegen es tut dir leid.“, antwortet Sherlock kühl und begann genervt durch die Wohnung zu laufen, wobei er von John beobachtet wurde. Ihnen lief die Zeit davon und Mycroft hatte nichts bessere zu tun, als seine Machtkarte auszuspielen. „Mycroft, es geht hier nicht um die Lappalie. Ihr Leben steht auf dem Spiel.“

„Sie ist bereits tot, Sherlock. Ich muss dir doch wohl nicht die Regeln einer Entführung erklären, oder?“ Er konnte förmlich hören wie sein älterer Bruder eine Augenbraue hochzog und auch entging ihm der spöttische Unterton nicht.

„Nein ist sie nicht!“, erwiderte er heftig und blieb mitten im Wohnzimmer stehen. Wütend verschmälerte Sherlock seine Augen und die Hand, indem er sein Blackberry hielt, zitterte. „Hätte die Entführer sie töten wollen, hätten sie es direkt getan. In London gibt es genug Ecken, wo sie es unauffällig hätten tun können, aber Lestrade hat keine Leiche gefunden. Nirgendwo.“ Ein leiser Seufzer kam von Mycroft und er hörte, wie er eine Tonlage anschlug, die gerne benutzt wurde um einen Kind einen äußerst dummen Irrtum auszureden.

„Du sagtest doch selber, sie wissen vermutlich, wer du bist. Sie werden nicht so dumm sein sie in deinem Bereich zu töten.“

„Aber Lestrade hat auch in allen anderen Präsidien angefragt. Nichts. Sie lebt noch, Mycroft, und das bedeutet, dass die Entführer etwas von ihr wollen.“ Sherlock holte tief Luft und versuchte ruhig zu bleiben. Es brachte nichts, wenn er nun auch noch den Familienzwist miteinbrachte. Es würde Mycroft nur noch abweisender machen und so jegliche Chance verwehren. „Sie müssen sie außer Lands gebracht haben und wenn dem so ist, dann weißt du davon, Mycroft.“

„Nein, tut mir leid. Mir ist nichts bekannt.“, kam es zu schnell von seinem Bruder. Sherlock senkte die Augenbrauen und atmete bebend aus. Sein Bruder kostete ihn ja immer gerne Nerven, doch dieser Machtkampf ging wirklich so weit. Hier ging es nicht um sie beide, sondern um Catherine, deren Leben in höchster Gefahr schwebte.

„Du kannst wirklich vieles mit mir machen, aber verkauf mich nicht für blöd, das funktioniert nämlich nicht.“, zischte Sherlock und biss sich wütend auf die Unterlippe.

„Nichts läge mir ferner.“, kam es ruhig von Mycroft, doch Sherlock kannte diesen Ton nur zu gut. Er bedeutete das genaue Gegenteil.

„Ein Spion gegen einen kriminellen Ring von Serben wird direkt nebenan ermordet, seine jünger Schwester fällt einem Giftanschlag zum Opfer, überlebt diesen nur knapp und wird außer Landes gebracht um dort ermordet zu werden und du willst mir erzählen, dass du davon nichts weißt?“ Sherlocks Stimme triefte vor Wut, die Adern an seinem Hals traten hervor und er pressten wütend die Zähne zusammen. Wenn sie bald nicht etwas unternahmen, kamen sie wirklich noch zu spät. Sherlock hatte die Vermutung, dass die Entführer sich Informationen von Catherine erhofften und sie foltern würden und auch wenn Catherine geistig stark war, so würde sie den Methoden einer solchen Bande höchsten ein paar Tage standhalten. Solche Leute wussten wie sie an Informationen kamen. Catherine hatte allerdings keine, also würden sie sie ziemlich schnell als wertlos einstufen und töten.

Am liebsten würde Sherlock einfach auflegen, doch er brauchte seinen Bruder um Catherine zu finden und das wusste Mycroft nur zu genau.

Sein Atem ging immer härter und er sah auch wie John im Sessel sich anspannte und Sherlocks Reaktionen genau beobachtete um so herauszufinden, was Mycroft sagte.

Einige Zeit herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung. Er überlegte wohl seinen nächsten Schritt, doch die Ungeduld in Sherlock wuchs. Die Situation war angespannt und drohte leicht zu kippen.

„Sie ist doch bloß ein einfaches Mädchen. Was interessiert sie dich, Sherlock?“, sagte Mycroft dann plötzlich und etwas Lauerndes lag in seiner Stimme. Sherlock hob eine Augenbraue, warf John kurz einen Blick zu, zuckte mit dem Achseln um ihn zu signalisieren, dass er keine Ahnung hatte, was sein älterer Bruder nun vorhatte und überlegte nun genau was er sagen sollte.

Catherine hatte ihm nichts gesagt, als er sie verhört hatte. Sie hatte nichts von ihrer „Beziehung“ preisgegeben, doch Sherlock war sich sicher, dass Mycroft bereits mehr wusste. Er musste nur einschätzen wie viel, denn das war für den weiteren Verlauf dieses Gesprächs entscheidend.

„Es geht hier nicht um Catherine…sie bedeutet mir nichts“, antwortete schließlich Sherlock vorsichtig, doch mit genügend Überzeugung in der Stimme. Aus den Augenwinkeln sah er, dass John schon aufspringen und heftig etwas erwidern wollte, doch Sherlock wedelte unwirsch mit der Hand und bedeutete ihm es bleiben zu lassen. Sherlock wusste, dass er den sachlichen Weg gehen musste um Mycroft vielleicht doch zu überzeugen. Er war ja schon gefühlskalt, doch sein Bruder toppte es noch bei Weitem. Mycroft schaffte es zwar immer den Schein zu bewahren, ein Sinnbild der britischen Regierung zu sein, ruhig, gelassen und vor allem höflich, doch Sherlock wusste es besser. In Wahrheit war sein Bruder noch berechnender und manipulativer als er selbst. Er wurde nicht umsonst ‚Iceman‘ genannt, denn wo Sherlock doch manchmal Gefühle wie Freude oder auch Frustration zeigte, blieb Mycroft eiskalt. Auf die emotionale Ebene zu geben machte also in diesem Fall erst Recht keinen Sinn. „Sondern bloß darum, dass sie solch einen Angriff direkt vor meiner Nase gewagt haben und meinen damit durchzukommen.“ Mycroft zögerte, wog Sherlocks Erklärungen offensichtlich ab.

„Sherlock…diese Männer sind nicht ungefährlich.“, sagte sein älterer Bruder langsam, so als pirsche er sich vorsichtig daran heran. „Dieser Ring ist gut organisiert und zum Äußersten bereit.“

„Dann werde ich ihn halt sprengen.“ Sherlocks Stimme ließ keinen Zweifel daran, dass er das glaubte. Wenn einer das schaffte, dann er. Niemand konnte ihm das Wasser reichen.

„Das wirst selbst du nicht schaffen, werter Bruder.“ Mycrofts Stimme schwang plötzlich ins Kalte um, kalt wie Eis. Mycroft duldete keinen Widerspruch. Er wollte auf keinen Fall, dass sich Sherlock dieser Gefahr aussetzte, das war selbst Sherlock nicht entgangen und er witterte darin seine Chance.

„Mycroft, ich fliege nach Serbien. So oder so. Du hast nun die Wahl: Entweder, du gibst mir alle Informationen, die du hast, und erhöhst somit die Wahrscheinlichkeit, dass dein kleiner Bruder wohl behalten zurückkehrt oder du lässt es bleiben. Deine Entscheidung.“ Sherlock konnte förmlich Mycrofts Frustration hören. Er sah auch wie John irritiert eine Augenbraue hochzog und ihn fragend ansah. Der Dunkelhaarige zwinkerte ihm kurz zu und sein berühmtes Lächeln legte sich auf die Lippen. John und Catherine waren also der Meinung Mycroft wäre eine Glucke? Gut, dann wollte Sherlock das doch gleich mal nutzen. John blinzelte kurz, verstand dann aber und schüttelte nur leicht lächelnd den Kopf. Auch wenn die Situation beinahe unerträglich war, sie selbst an Sherlocks Nerven fraß, so konnte der Arzt sich das kleine Lächeln nicht verkneifen. Vermutlich ein verzweifelter Versuch mit den Begebenheiten zu Recht zu kommen.

Endlich vernahm Sherlock ein Seufzen am anderen Ende der Leitung. Wieder grinste er ein wenig breiter. Gewonnen! Sein Bruder seufzte immer so, wenn er nachgab.

„Du lässt dich ja eh nicht davon abhalten…“ Plötzlich klang Mycroft müde und sogar ein klein wenig besorgt, doch darum konnte Sherlock sich jetzt nicht kümmern. „Was brauchst du?“

„Informationen. So viele wie du hast und am besten noch einen Jet, aber bitte keinen der Regierung die sind so auffällig.“, sagte Sherlock nun wieder ernst. Seine Augenbrauen senkten sich. Das Machtspiel war vorbei, nun ging es um die Planung und bei diesem Gegner musste sie verdammt gut sein.
 

~*~
 

Monotonie konnte wohl nicht ewig fortbestehen, selbst wenn diese noch so grausam war. Ungefähr einen Tag später, so glaubte zumindest Catherine, veränderte sich etwas. Irgendetwas musste vorgefallen sein, denn aus der blanken, weißen Wand schälten sich plötzlich die Umrisse einer Tür und sie schwang auf, doch noch bevor sie überhaupt etwas erkennen konnte, wurde es stockdunkel in ihrem Gefängnis.

Catherine drückte sich so weit wie es ihr möglich war in die Ecke, als sie Schritte hörte. Hastig, blind vor sich hin tastend, versuchte sie ihnen zu entkommen, denn sie wollte gar nicht wissen, was nun geschah, doch die Wände warfen das Echo verzerrt wider, sodass sie nicht ausmachen konnte, woher sie kamen. Blind starrte sie, versuchte Umrisse auszumachen, doch sie war vollkommen ausgeliefert.

Plötzlich waren sie hinter ihr, das konnte sie spüren. Catherine wollte zurückweichen, doch sie wurde grob an den Haaren gepackt, ihr Kopf brutal in den Nacken gerissen. Ein Stöhnen entwich ihr, als ein Brennen durch ihre Kopfhaut zog. Etwas wurde um ihre Augen gelegt, es war weich. Vermutlich ein Handtuch, doch das nahm sie gar nicht wahr. Panik stieg in ihr auf und ihr Körper begann unweigerlich zu zittern. Was hatten sie mit ihr vor? Was würde nun geschehen? Würden sie sie töten?

Dann ging das Licht wieder an, das konnte sie schemenhaft erkennen, doch man hatte Catherine ein Tuch oder Ähnliches vor die Augen gebunden. Sie konnte nichts mehr sehen, nur noch grob hell von dunkel unterscheiden.

Hinter ihr knurrte ein Mann etwas in einer fremden Sprache und der Griff um ihre Haare wurde fester. Catherine zischte und versuchte sich dagegen zu wehren, doch er war einfach zu stark.

„Wo sind sie?“, fragte eine eisige Stimme mit einem harten Akzent sie. Catherine fuhr vor Angst zusammen und begann zu zittern. Die Stimme hatte einem gefährlichen, brutalen Unterton, sodass Catherine nicht daran zweifelte, dass eine falsche Antwort qualvolle Konsequenzen mit sich trug und vermutlich war eine falsche Antwort schnell gegeben.

„Antworte!“, brüllte die Männerstimme und plötzlich spürte Catherine einen harten Schlag an ihrer Wange. Ihr Gesichtsfeld explodierte in einem Meer aus Farben und sie schlug hart auf dem Boden auf. Wimmernd blieb sie legen, krümmte sich zusammen wie ein Embryo, rechnete sie doch mit weiteren Tritten, doch stattdessen wurde sie noch fester auf den Boden gepresst. Sie ächzte, als ein starker Druck auf ihrer Brust lastete und sie versuchte krampfhaft zu atmen. Vermutlich hatte man ihr einen Fuß auf die Brust gestellt.

„Wo sind die Drogen?“, fragte eine andere Stimme über ihr. Catherine erstarrte und hielt die Luft an. Drogen? Was für Drogen? Was ging hier nur vor?

„Was für Drogen?“, jappste sie angestrengt und bekam sofort einen Tritt in die Rippen. Catherine schrie schmerzerfüllt auf und versuchte dem Fuß zu entkommen, doch der auf ihrer Brust hielt sie fest, sodass sie auch dem nächsten nicht ausweichen konnte.

„Die Drogen, die uns dein Bruder gestohlen hat.“, flüsterte die erste Stimme gefährlich nah an ihrem Ohr. Panik überspülte Catherines Sinne. Jeffrey hatte Drogen gestohlen? Das konnte doch nicht sein. Sie mussten sich irren! Ihr Bruder würde so etwas niemals tun.

„Sie…müssen sich irren! Mein Bruder…war Makler…“ Ein heiseres Krächzen entwich ihr, als der Druck stärker wurde und sie kaum noch Luft bekam.

„Halte uns nicht für dumm, Gör. Dein Bruder hat uns den Prototyp einer neuen Droge gestohlen. WO IST ER?“ Bebend holte Catherine Luft und verlor in diesem Moment jegliche Hoffnung. Sie wusste nichts, gar nichts und das bedeutete, dass sie hier nicht mehr lebend herauskommen würde. Sie hatte keine Informationen und die Russen, Polen oder wer auch immer hatten ihr zu viele Informationen gegeben, als das sie sie am Leben lassen würden. Ihr blieb nur noch zu beten und zu hoffen, dass sie doch irgendeine Idee in dieser aussichtlosen Situation kam.

„I…ich weiß es nicht…“, flüsterte sie mit schwacher Stimme. Es war aussichtslos.

So ging es mehrere Minuten. Die Männer verprügelten sie und stellten ihr immer wieder dieselbe Frage. Mittlerweile schmerzte jeder Zentimeter ihres Körpers und er wurde immer noch fest auf den Boden gehalten, doch Catherines Antwort war jedes Mal dieselbe. Sie wusste nicht wo die Drogen waren und lügen hatte auch keinen Zweck. Es würde ihre Qualen nur noch verlängern.

Schließlich seufzte der erste Mann über ihr frustriert und bellte einen Befehl in der fremden Sprache. Sofort wurde sie wieder an ihren Haaren hochgerissen und mehr aus dem Raum geschleift, denn gezogen. Catherine versuchte aufzustehen um mitlaufen zu können und so den Schmerz zu verringern, doch sie hatte keine Chance.

Kurze Zeit später schienen sie am Ziel zu sein, denn die Schritte wurden langsamer, kamen schließlich zum Stehen. Wieder wurde ein Befehl gebellt und Catherine hochgehoben. Sie schrie, kreischte und versuchte sich den starken Händen zu entreißen. In diesem Augenblick verspürte sie nichts mehr als blanke Panik. Sie war blind und den Entführen vollkommen ausgeliefert. Ihre Gefangenschaft hatte gleichzeitig noch dafür gesorgt, dass sie kaum noch denken konnte. Kurz bevor die Männer in ihre Zelle gekommen waren, hatte Catherine bereits angefangen zu halluzinieren, nur das Adrenalin hatte verhindert, dass ihre Gedanken allzu abstrus wurden. Doch dieses Stresshormon konnte nicht ewig aufrecht gehalten werden und Catherine wusste, dass es nur noch eine Frage von Stunden war bis ihr Geist vollkommen gebrochen sein würde. Alles nur eine Frage der Zeit und ihre Entführer saßen definitiv am längeren Hebel.

„Halt still, Schlampe!“, fluchte der Mann an ihren Schultern und schlug ihr ins Gesicht. Catherine stöhnte auf und hielt dann still. Sie wollte nicht mehr. Keine Qualen, keine Schmerzen mehr. Sie hatte genug davon. Sollten sie sie doch endlich umbringen, dann hätte sie es zumindest hinter sich und wäre wieder bei Jeffrey. „Geht doch! Kluges Mädchen!“ Sherlock! Oh Gott, wie sehr sie sich wünschte es in seinem spöttischen Ton zu hören, doch sie war allein. Wie immer. John würde ihr Verschwinden zwar sicher auffallen, doch Sherlock würde ihm keine Chance lassen nach ihr zu suchen. Würde der Consulting Detective es überhaupt bemerken? Nach seinem Abgang im Krankenhaus war sie sich nicht so sicher, ob er sie überhaupt noch sehen wollte. Eine kleine Träne rollte aus ihren Augen und unter dem Handtuch hervor. Würden das ihre letzten Gedanken sein? Ihre letzten Gedanken galten diesen arroganten Soziopathen und John?

„Spannt sie an!“, kam eine Stimme aus der Ecke. Sie war noch kälter als die anderen und doch schwang ein Ton von Freude mit. Vorfreude und dies ließ Catherine erschaudern. Das hieß nichts Gutes.

Sie hörte wie Schritte näher kamen und sie fühlte einen fauligen Atem direkt neben ihrem Ohr.

„Zwei Minuten und wir haben alles von ihr, was wir brauchen.“ Catherine hörte förmlich das Grinsen und holte jappsend Luft. In diesem Moment verlor sie endgültig jegliche Stärke und ihre Angst breitete sich in ihr aus wie ein reißender, eiskalter Bach.

Ein heiseres Lachen, vorfreudiges Lachen drang an ihr Ohr. Es war ein dreckiges, furchteinflößendes Lachen. Catherine wurde nur noch höher gehoben und gedreht. Sie wand sich, versuchte irgendwie freizukommen, schrie und kämpfte verbissen, doch die psychische Folter hatte ihrem Körper sämtliche Kraft ausgesaugt, sodass ihr Versuch mehr als jämmerlich war.

Wieder lachte der Mann, der sie festhielt und es war noch eine Spur grausamer als zuvor. Diese Männer kannte keine Gnade. Mit nichts und Niemanden. Die Schritte ihres Trägers hallten unheilvoll von den Wänden wieder. Catherine kam es wie Ewigkeiten vor. Sie wusste nicht was kommen würde, doch sie wusste nur zu gut, dass es qualvoll werden würde.

Catherine wurde auf irgendetwas mit dem Kopf nach unten geschnallt. Sie vermutete ein Brett oder so etwas. Ihre Füße wurden mit dicken Lederriemen gefesselt und einer der Männer riss ihre Hände brutal auf den Rücken, verdrehte ihr Handgelenke, sodass es nur kurz davor war zu brechen und fesselte auch diese. Sie wimmerte erstickt und kämpfte mit aller Macht gegen ihre Tränen. Sie wollte den Entführern nicht noch diese letzte Genugtuung geben. Dieses letzte Stück Stolz würde sie sich bewahren und sei es bis zum letzten Atemzug.

„Alles vorbereitet?“

„Ja.“, war nur die knappe Antwort und wieder trat Jemand an sie heran. Etwas wurde um ihren Mund gebunden. Wasser floss über ihren Kopf, tropfte ihre Haare hinab. Instinktiv versuchte Catherine Luft zu schnappen und musste mit Entsetzten feststellen, dass es nicht ging. Verzweifelt versuchte sie zu atmen, doch was auch immer ihr um Mund und Nase gebunden worden war, enthielt Wasser, sodass sie nur gerade eben noch Luft bekam. Es fühlte sich an, als würde sie ertrinken. Von blanker Todesangst überrannt, atmete sie immer heftiger, immer schneller und bekam so nur noch weniger Luft. Wieder wurde ihr Wasser über den Kopf gekippt umso die Illusion zu verstärken. Catherine schrie in blanker Angst gegen das Tuch, kämpfte gegen die Fesseln, doch sie saßen zu fest und jedes Mal, wenn sie zerrte, drohten sie ihre Handgelenke zu brechen.

Nach gefühlten Stunden, dabei waren es vermutlich noch nicht einmal zwei Minuten, trat einer an sie heran und nahm ihr das Tuch von Mund. Gierig schnappte sie nach Luft, füllte ihre Lungen mit wohltuenden Sauerstoff. Catherine hechelte und versuchte die Angst zu unterdrücken, die von ihr Besitz ergriffen hatte, doch sie hatte keine Chance.

„Wo ist die Droge?“

„Ich weiß es nicht…“, antwortete sie wieder einmal mit zitternder Stimme. Sofort wurde ihr wieder ein frisch getränktes Tuch um den Mund gebunden und Catherine hatte das Gefühl, als befände sie sich gefesselt auf dem Grund des Meeres. Automatisch wurde ihre Atmung panisch und das Gefühl verstärkte sich. Catherine wusste, dass dieser Druck, dieses Gefühl dem Tod nah zu sein sie in naher Zukunft um den Verstand bringen würde und sie ihnen alles erzählen würde nur damit sie endlich aufhörten sie zu foltern.

Nach gefühlten zwei Stunden wurde ihr wieder das Tuch abgenommen und der Anführer stellte ihr dieselbe Frage, doch wieder war ihre Antwort dieselbe.

Diese Prozedur wiederholte sich fünf Mal. Immer wieder klammerte sich Catherine an den Gedanken, dass es nur eine Illusion war. Sie konnte nicht ertrinken, weil sie mit dem Kopf nach unten hing, das wusste und doch schrien sämtliche Instinkte in ihr, dass sie dabei war zu ertrinken und so sehr ihr Kopf es auch versuchte ihrem Körper klar zu machen, er hörte nicht auf sie.

Catherine war mittlerweile nur noch an Zittern, bettelte um Gnade und um den Tod, sobald ihr das Tuch abgenommen worden war. Sämtlicher geistiger Widerstand war dahin und an ihr nagte nur noch blanke Todesangst. Hätte Catherine Informationen gehabt, hätte sie ihnen diese längst gegeben. Mittlerweile konnte sie auch die Tränen nicht mehr zurückhalten. Wie ein Häufchen Elend hing sie auf diesem Gestell, schüttelte sich vor Angst. Sie war vollkommen gebrochen und wünschte sich nichts sehnlicher als einfach zu sterben und so ihren Frieden zu finden.

„Sie ist zäh…“, hörte sie ein leises Flüstern durch ihre mittlerweile kaum noch vorkommenden Gedanken. „Die meisten sind schon nach der ersten Runde gebrochen und weinen wie ein Baby.“

„Dann müssen wir den Druck erhöhen.“ Catherine weitete die Augen unter ihrer Augenbinde und bettelte, doch die Männer lachten alle und der grausame Klang kam wie Wellen von den Wänden zurück.

Sie spürte wie sich Jemand neben sie hockte und wieder spürte sie diesen fauligen Atem neben sich.

„Hat Sherlock Holmes sie? Oder doch eher John Watson? Vielleicht sollten wir ihnen mal einen Besuch abstatten.“ Schock lähmte Catherines Gedanken und beinahe wäre ihr ein erstickter Schrei entrungen, doch in letzten Moment konnte sie ihn aufhalten. Für einen kurzen Moment flammte ein letzter Rest geistiger Kraft auf. Ihr Leben war verwirkt, das wusste sie schon seit Stunden, doch sie würde nicht zulassen, dass Sherlock und vor allem John in diese Sache hineingezogen wurden. Sie würde diese zwei verteidigen und sie beschützen, denn das hier war alles ihre eigene Schuld.

„Ich…“, begann sie zu stottern. „Ich kenne keinen Sherlock Holmes…und auch keinen John…Waners…“

„Watson!“, knurrte der Mann neben ihr und schlug ihr ins Gesicht. Ihr Kopf ruckte zur Seite und sie schrie vor Schmerzen. Stoßweise atmend hob sie ihren Kopf soweit sie konnte und blickte in die Richtung, indem sie den Fragensteller vermutete. Sie hörte seinen gepressten Atem, die unterdrückte Ungeduld und Wut. Catherine wusste, dass dieses Spiel längst gefährlich war, dass sie gefährlich nah an ihrem Verderben tanzte und sie so vermutlich alles nur noch schlimmer machte, aber sie würde kämpfen. „Und lüg uns nicht an, Miststück. Wir haben gesehen wie du diesem Holmes die Unterlagen über unsere Schmuggelaktionen gebracht hast.“ Was? Catherine verstand nicht. Ihre Gedanken brauchten ewig, bis sie verstand, was das bedeutete. Die Unterlagen, die sie beim Aufräumen gefunden hatte! Um Gottes Willen, dann hatte Jeffrey wirklich etwas hiermit zu tun gehabt, er hatte deswegen sterben müssen. Ihr Mund öffnete sich vor Entsetzten, als ihr klar wurde wie alles zusammenhing.

„Also nochmal, wo sind die Drogen? Sonst werden wir zu ihnen gehen und sie gaaaaanz langsam umbringen. Wir werden mit Herrn Holmes anfangen und ihn vor den Augen von seinem Mitbewohner umbringen. Wir werden ihn aufschlitzen und dann… “

„ICH SAGTE DOCH, ICH WEIß ES NICHT!“, schrie sie in blanker Verzweiflung, Tränen aus ihren Augen rollend. Nein! Nein, nein, nein, sie durften ihnen nichts antun. Wieder band man ihr das Tuch vor dem Mund, wieder hatte Catherine das Gefühl langsam in die Tiefe des Wassers zu entgleiten, wieder wurde alles um sie herum schwarz. Die Anspannung in ihrem Körper wich und ihre Muskeln entspannten sich, warteten auf die Umarmung des Todes.

„Sie weiß wohl wirklich nichts.“, hörte sie dumpf. „Bringen wir es zu Ende.“ Catherine wurde losgeschnallt und gezwungen sich auf den Boden zu knien. Nur wenige Augenblicke später hörte sie das Entsichern einer Pistole, holte zitternd Luft, als sie das kalte Metall an ihrer Schläfe spürte, wich ihm automatisch aus, doch der Druck blieb. Es klackte, als der Mann langsam den Abzug betätigte. Catherine hielt den Atem an, wartete unweigerlich auf den Schmerz.

//Sherlock, John…es tut mir leid…bitte verzeihen Sie mir…//, dachte sie in ihren letzten Augenblicken, dann kam der ohrenbetäubende Knall der Pistole.



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