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Fremde Welten: Das Schloss am Meer (#2)

Crimsons eigene Serie, yay!
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Am Morgen 18 (ein Tag nach dem Ende des Letzten Kapitels) Komplett anzeigen

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Väter und Söhne

Am nächsten Morgen brachte Ray Fire mit.

„Yo, Alder!“ Der Bursche begrüßte Crimson auf Kriegerart, nur dass er noch die andere Hand dazu nahm und die des Schlossherrn ordentlich schüttelte.

„Ah... freut mich.“ Crimson überprüfte sein Ellenbogengelenk auf Beschädigungen.

Fire blieb neben dem Bett stehen, verschränkte lässig die Hände vor dem Unterleib und lächelte selbstgefällig. Er hatte einen sonnengebräunten Teint, glutrote Augen und ebensolches Haar. Letzteres bestand aus kleinen Zöpfen, die zur Zeit über seine Schultern hingen und auf der Vorderseite locker seine Brust bedeckten. Es war eine ordentlich gemachte Frisur, die ihn aber insgesamt wild aussehen ließ. Dieser Eindruck kam aber vielleicht auch durch die mittelbraune Lederkleidung zustande, die aussah, wie sehr oft getragen und gelegentlich ausgebessert. Sein Oberteil war ärmellos, dafür trug er zahlreiche schmale Lederarmbänder und Lederschnüre mit bunten Steinen um beide Handgelenke. Fire wirkte kräftig und gut trainiert und schien vor Selbstbewusstsein nur so zu strotzen.

„Der Junge ist erst mit sechs auf die Schule gegangen, aber er hätte bald seinen Abschluss an der Eisigen Universität gemacht,“ erzählte Ray. „Hat den kleinen Abschluss schon geschafft, der dem an der Akademie entspricht. Aber danach hat ihn offensichtlich die Geduld verlassen.“

Der Prinz saß wie immer neben Crimsons Bett auf einem Stuhl und hielt ein kleines Pläuschchen mit ihm, während er ihm sein Frühstück zuteilte. Der Verband an seinem Kopf war etwas weniger geworden. Weniger war auch der Anteil an Lotus geworden. Crimson kam mit einem kleinen Glas Saft davon. Der Saft war rosa.

„Der wird aus den Blüten gekocht,“ erklärte Ray, da er den verwunderten Blick seines Gesprächspartners bemerkte. „Wir hatten inzwischen genug Zeit, um welchen herzustellen, aber am Anfang musste alles ganz schnell gehen. Der wird dir schmecken, denke ich.“

Der Geschmack war wirklich nicht übel, aber Crimson hatte das Gefühl, Parfüm zu trinken. Er konnte seinen Eindruck nur als blumig bezeichnen, und etwas medizinisch frisch. Wie bei einem Hustensaft, den ein Kind ganz gut ertragen kann.

„Wenn ich das richtig verstehe, hat Fire im Prinzip eine abgeschlossene Grundausbildung,“ kam er schließlich wieder auf den neuen Schüler zu sprechen.

Ray nickte. „Danach kann sich ein junger Magier einen Lehrmeister suchen, aber einen persönlichen Lehrer zu haben, ist doch sehr stressig...“

„Ey, red nich, als wär ich faul!“ grummelte Fire. „Ich hab nur kein' Bock mehr auf das Unigeschwafel, das wird mir jetz' voll zu speziell. Lieber'n bisserl relaxen und ab und zu mal was lern'n. Ach ja un' ich will meine Homies auch herhol'n. Keine Angst, sind alle voll korrekt.“

„Ähm... ja, kein Problem... denke ich,“ antwortete Crimson ihm. Er fand den Sprachstil etwas gewöhnungsbedürftig. „Deine Freunde sind aber auch alles Magier, oder?“

„Und wennich? Ich sach dir, Alder, die kannste alle gut gebrauchen! Aba ich hab versprochen dassich für ne Bleibe sorg und das machich auch!“

„Ist schon klar... ich seh sie mir mal an,“ lenkte Crimson ein. Da Fire eine große Hilfe in der Bekämpfung der Merasfresser war, wollte er ihn nicht vor den Kopf stoßen.

„Wenn du gefrühstückt hast, darfst du das Bett verlassen,“ teilte Ray ihm mit, als die Sache mit Fire einigermaßen geklärt war. Er hatte eine Tagesrobe für Crimson mitgebracht.

„Und was ist mit mir?“ beschwerte Mava sich vom Rand des Zimmers.

„Du bleibst noch zur Beobachtung, denn dich konnten wir nicht von Anfang an behandeln. Laut Olvin kann sich die Dauer der Krankheit dann verlängern,“ richtete Ray ihm aus.

„Och menno,“ maulte der junge Lichtmagier und ließ sich zurück ins Kissen fallen. „Das tut mir so Leid, Crimson... hätte ich mal besser aufgepasst.“

„Die Diskussion hatten wir schon,“ winkte Crimson ab. „Und du hättest ja wohl schlecht einem Kranken nicht helfen können, oder?“ Er frühstückte in Ruhe fertig und zog sich dann um.

Auch Dark schickte sich an, aus dem Bett zu steigen. Natürlich gab es keine Robe für ihn, aber er zog sich den Umhang von Opa Sage über und verkündete, er werde sich eine holen.

„Du sollst auch noch einen Tag liegen bleiben!“ protestierte Ray.

„Dann versuch mal, mich aufzuhalten,“ gab Dark zurück und verließ das Zimmer noch vor Crimson.

„Vermutlich will er nur zu Blacky,“ überlegte Crimson. Vielleicht hatte Dark auch eine bessere Konstitution als andere. Oder er war einfach nur störrisch.

Als er das Zimmer verließ, stieß er fast mit Yugi zusammen, der ihn kurz angrinste und dann zu Yamis Bett huschte. Appi folgte ihm auf dem Fuße, aber er ging zu seinem Bruder. Beide Jungen trugen noch Schlafsachen, waren also offenbar auch noch nicht entlassen worden. Vielleicht konnte ja jetzt die Aufteilung der Betten etwas angepasst werden, andererseits lohnte das kaum noch.
 

Crimsons erster Weg führte ihn in den Turm. Wenn Cathy ihm nichts von den Parasiten erzählt hatte, wer konnte dann schon wissen, ob mit dem Trank noch alles in Ordnung war? Er hatte nicht mehr nachgefragt, obwohl es ihm schwerfiel, aber er ging davon aus, dass seine Leute die Merasfresser im Griff hatten.

Im Alchemieturm waren alle Türen mit dem gleichen Siegel geschützt, das auch die Krankenzimmer gesichert hatte. Auf jeder Etage gab es nur ein Zimmer.

Ab dem dritten Stockwerk (das erste war das Erdgeschoss) sah das Siegel anders aus. Crimson konnte die Schrift gar nicht mehr lesen, aber sie kam ihm vom Schriftbild her bekannt vor. Höchstwahrscheinlich stammte sie von Sorc, und er musste wieder an die Schriftzüge an den Schlosswänden denken. Das war aber nicht der einzige Unterschied. Andere Siegel waren für gewöhnlich rund, dieses aber hatte eine völlig unregelmäßige Form.

Auf der vierten Etage und schließlich ganz oben, wo das Labor war, sah das Siegel wieder etwas anders aus. Darin war kein Sinn zu erkennen. Aber als Crimson vor der oberen Tür stand und die Hand nach der Klinke ausstreckte, war es ihm, als wehe ihm ein unangenehm kalter Wind entgegen, ein übler Geruch und ein schriller Ton. Er wusste, dass all das nicht real war, aber sein Körper schaltete automatisch auf Abneigung. Der Effekt war so schlimm, dass es ihm nicht gelang, die Klinke wirklich zu berühren.

Nach einer halben Minute wurde die Tür von innen geöffnet. „Hallo, Direktor,“ begrüßte Sorc ihn. „Wie gut, dass du kommst. Ich kann mich eine Weile mit Alchemie befassen, aber auf die Dauer verliere ich die Geduld, und das ist gefährlich bei mir. Insofern übergebe ich dieses Projekt mit Freuden zurück an dich.“

„Direeeektoooor!“ Vom Sessel sprangen Rosi und Saambell auf. Beide trugen ein Nachthemd, das ein paar Nummern zu groß war, und eine kleine Decke als Umhang.

Crimson war verwirrt. „Was macht ihr denn hier?“

Er entdeckte ein Beistelltischchen, das vorher nicht hier gewesen war. Darauf standen eine Kanne und Gläser mit Lotussaft und eine Schüssel mit Keksen. Auf einem Tablett auf dem seitlichen Arbeitstisch befand sich gebrauchtes Geschirr, zu dem auch alchemistische Teile gehörten. Aber abgesehen von dieser kleinen Ecke sah es recht aufgeräumt aus, wenn man bedachte, dass hier das Chaos regiert hatte.

„Die Kinder hatten Angst vor all den fremden Leuten und wollten nicht alleine bleiben,“ erklärte Sorc. Er trug eine bis zu den Füßen reichende Robe mit langen, schmalen Ärmeln, was Crimson befürwortete, denn das schützte einen Alchemisten vor Verletzungen durch gefährliche Zutaten und heiße Spritzer. Die Haare hatte er sich zusammengebunden, so dass sie nicht in den Kessel hingen.

„Hab schon gehört, dass du ganz gut mit ihnen klarkommst,“ bemerkte Crimson.

„Es muss schwierig für die Kleinen sein, ohne ihre Eltern... aber andererseits haben wir Magier das alle mitgemacht.“ Sorc kippte eine blaue Flüssigkeit in den Kessel und rührte dabei langsam um. „In dem Alter kamen doch unsere Eltern immer noch regelmäßig zu Besuch, und die Schulen bieten so kleinen Kindern mehr Ferien. Sofern man sie denn dann schon auf die Schule schicken will. Naja... für mich war die Schule fast schöner als die Ferien, weil ich dort zumindest Freunde hatte. Als Prinz aufzuwachsen hat seine Nachteile.“

„Verstehst du dich gut mit Ray?“ wollte Crimson wissen. Er mochte es, wenn Sorc in Plauderstimmung war, und momentan machte der Mann den Eindruck, dass er sich mal wieder nach einem vernünftigen Gespräch sehnte. Vielleicht hatte er in den letzten Tagen keine Gelegenheit gehabt.

„Oh ja.“ Sorc nickte eifrig. „Er ist schließlich mein Bruder. Familie. Mutter und Vater haben uns so erzogen, dass Familie über alles geht.“

„Aber...“

„Ich weiß, was du jetzt sagen willst. Kayos ist mein Sohn. Als wir auf verschiedenen Seiten gekämpft haben, habe ich mich darauf verlassen, dass er alle Gefahren überleben wird. Wir Chaosmagier erreichen manchmal Dinge, indem wir schlicht und einfach dem Universum mitteilen, dass es so kommen wird. Es war... eine Gratwanderung. Ich habe ihn benutzt, und er wurde stärker, während er gegen mich kämpfte. Das zu beobachten war aufregend für mich und machte mich stolz. Du musst das nicht verstehen, Direktor. Aus deiner Sicht ist es gewiss eine verquere Logik.“

Crimson war auf jeden Fall fasziniert davon, dass Sorc erstmals mit ihm über diese Sache sprach. „Hast du von Anfang an gewusst, dass er dein Sohn ist?“

„Sobald ich ihn traf, ja. Das war auf der Astralebene... ich gelangte so einfach in seine Gedanken, dass überhaupt kein Zweifel an der Verwandtschaft bestand. Aber ich wusste nicht von Anfang an, dass er einer meiner Hauptgegner sein würde, falls du das meinst.“ Sorc sah ihn offen an, bereit, mehr zu erzählen, falls er gefragt wurde. „Fire ist auch mein Sohn,“ sagte er.

Crimson hob erstaunt die Augenbrauen. „Der Feuermagier? Das hätte ich nie erraten. Der sieht dir kein bisschen ähnlich!“

„Naja... das sagen viele,“ meinte Sorc schulterzuckend. „Er war gut in der Schule – ich frage mich, was passiert ist.“

„Ich kann schon verstehen, dass jemand schlicht und einfach keine Lust mehr auf Schule hat,“ grinste der Schlossherr. Was er allerdings zugeben musste, war, dass er nicht sicher wusste, ob er jemandem, der seine Schule praktisch schon abgeschlossen hatte, noch etwas bieten konnte.

Eine kleine Bewegung in seinen Gedanken machte ihn darauf aufmerksam, dass Sorc selbige verfolgte.

„Verzeihung,“ sagte der Chaosmagier dazu. „Du musst wirklich lernen, dich besser abzuschirmen... Naja, was ich sagen wollte: Vielleicht solltest du darüber nachdenken, ob das hier wirklich eine Schule werden soll. Wenn ja, musst du kompetente Lehrer einstellen, solche, die jeweils auf einem Gebiet sehr gut sind. So planlos, wie du an die Sache rangegangen bist, solltest du nie wieder von mir behaupten, ich sei planlos.“

„Ich wollte einfach nur das Schloss haben... Das mit der Schule kam irgendwie aus Trotz,“ gestand Crimson.

„Du würdest dich wundern, wie viele Dinge aus Trotz geschehen,“ deutete Sorc an. Er fügte nichts weiter hinzu, aber sollte das ein Hinweis darauf sein, dass manche Entscheidungen noch einmal überdacht werden sollten?

Der Trank brauchte für einige Stunden keine Zuwendung, und Sorc zeigte Crimson, wie er den Schutzbann mit einer kleinen Geste soweit deaktivieren konnte, dass er von außen die Tür öffnen konnte. Er brauchte ein bisschen Übung, bis es klappte.

„Du schaltest ihn mit einem Schnipsen aus? Wo lernt man denn sowas!“ rief Crimson entgeistert.

„Sorcs persönliche Schule des Chaos,“ freute der Ältere sich. „Spart ziemlich viel Zeit, die du nicht damit zubringen musst, lange Sprüche zu rezitieren.“

Sie gingen den Turm hinunter, nachdem sie sichergestellt hatten, dass der Bann nach dem Schließen der Tür wieder aktiv wurde. Am Tag war die Gefahr durch die Merasfresser ziemlich gering, weil sie das Licht in jeder Form scheuten.

Sorc trug Rosi auf einem Arm, wobei sie sich zutraulich an seinem Hals festhielt, und hatte Saambell an der Hand. Crimson fand es gefährlich, denn so hatte der Chaoshexer selbst gar keinen Halt am Geländer, aber seine Schritte waren auch auf der steilen Treppe sicher.

„Uhm... hast du schon öfter mal zwei kleine Kinder gleichzeitig gehabt?“ fragte Crimson ihn, als sie das Erdgeschoss erreichten, denn wie Sorc mit den Mädchen umging, ließ ihn das vermuten.

Der Blauhäutige machte eine nachdenkliche Mine. „Öfters, ja... Ich hatte zum Beispiel Ruin und Demise gleichzeitig, und manchmal sogar drei oder vier... dann aber natürlich nicht alles meine. Sie haben ab und zu die Nachbarskinder zu Besuch gehabt.“

Sie brachten Saambell und Rosi in das Zimmer für Frauen, wo sich auch Lily, Eria und Atria befanden. Während Sorc die Kleinen zu einem besonders breiten Bett ganz rechts geleitete und ihnen erklärte, dass sie ein bisschen ohne ihn auskommen mussten, ging Crimson nach seiner Schülerin schauen. Sie hatte die Krankheit noch nicht so gut überstanden wie er, da sie erst später krank geworden war. Außerdem war sie fast noch in einem Alter, das sie für Schattenpocken qualifizierte, aber das wollte sie nicht hören.

Lily hatte das Bett neben den Mädchen, dann kam die Amazone, dann Eria. Sie hatte sich dieses Bett ausgesucht, damit sie zumindest an einer Seite eine Wand hatte, besonders, da sie rechtzeitig mitbekommen hatte, dass Sorc ein und aus ging. In allen Einzelheiten berichtete sie Crimson von seinen Machenschaften.

„Er hat ab und zu das Essen für Lily und die Kleinen gebracht, und Rosi und Saambell sind ja noch so jung, die haben sich total von ihm einwickeln lassen! Er hat sie sogar immer mitgenommen, wenn er am Tag was zu tun hatte, manchmal war er auch ganz lange hier bei ihnen!“ Eria redete leise und schnell, so dass Crimson sich mit dem Zuhören anstrengen musste.

Mit einem liebenswürdigen Lächeln tauchte Sorc neben dem Bett auf, denn ihm war das natürlich nicht entgangen. „Sie hat sich schon einen Tag früher krank gestellt, damit sie aufhören konnte, das Bad zu putzen,“ petzte er.

Eria blies empört die Wangen auf. „Hey! Lüg hier nicht rum! Ich hab die meiste Arbeit gemacht! Ich hab den Abfluss gereinigt, in dem sich lauter Steinchen verfangen hatten!“

„Ja, mit Wassermagie, mit der du auch den Raum ausgespült hast. Ohne mir vorher zu sagen, was du vorhast.“

„Hättest eben besser aufpassen müssen...“

„Von der Wucht sind die größeren Steine, die ich schon zusammengetragen hatte, wieder überall verteilt worden.“

„Du hast doch sonst für alles ne Lösung!“

„Ich glaube, dass der Abfluss nicht verstopft worden wäre, wenn wir den Dreck vorher weggebracht hätten.“

„Du warst eben zu langsam!“

Crimson konnte sich vorstellen, wie das in etwa abgelaufen war. Allerdings war der Raum wohl zumindest benutzbar, schließlich hatte Eria ihn ja gespült...

„Hört auf zu zanken!“ verlangte er. „Sorc. Ich hab dich mit der Sicherheit beauftragt, aber dazu gehört nicht, dich mit meiner Schülerin zu streiten!“

Der Chaosmagier warf ihm einen glühenden Blick zu, doch seine Mine verriet wieder einmal nichts. „Verstanden, Direktor,“ sagte er betont förmlich.

Eria streckte ihm die Zunge raus.

„Und du, meine Schülerin, wirst aufhören, den Rehabilitanden zu provozieren,“ fuhr Crimson fort. Er sah, dass sie protestieren wollte, und schnitt ihr vorsorglich mit einer Geste das Wort ab. „Ende der Diskussion!

„Ich werde mich dann verabschieden, um weitere Unruhe zu vermeiden.“ Sorc verneigte sich ansatzweise und entschwand schwungvollen Schrittes durch die Tür.

„Hm, der wäre vielleicht was für meine Tante, weißt du, ob er frei ist?“ fragte Atria.

„Er ist ein Verbrecher!“ zischte Eria, doch das beeindruckte die Amazone offenbar nicht.

„Ich hab gehört, er ist schon fest gebunden,“ antwortete Lily plötzlich, was Crimson überraschte. Andererseits... zwischen den beiden lief doch was!

Er hielt sich aber nicht mehr allzu lange bei den weiblichen Patienten auf, sondern fand noch ein paar nette Worte für sie und setzte dann seinen Weg zum Büro fort. Es kam ihm seltsam vor, an sein eigenes Büro zu klopfen, aber er tat es höflich und schob die Tür auf, als man ihn herein rief.

„Guten Morgen, Crimson!“ rief Luster ihm sogleich entgegen. Er saß hinter dem Schreibtisch und besprach mit Sage, Olvin und Kuro – letzterer stand hinter ihm – einige Notizen, die er auf dem Tisch ausgebreitet hatte, hauptsächlich Skizzen, die wie Angriffspläne aussahen.

Sage wollte für Crimson Platz machen, doch dieser hielt ihn davon ab. „Du wirst doch wohl nicht einem jungen Burschen wie mir den Stuhl anbieten, Opa!“

„Du sollst mich doch nicht so nennen, mein Lieber, da fühle ich mich alt,“ lachte der weise Magier. „Ach, es ist so schön, meine beiden Enkel und Söhne mal wieder am selben Ort zu haben.“ Er tätschelte Crimsons Rücken, ehe er sich wieder dem Problem auf dem Schreibtisch zuwandte.

Luster sah den Schlossherrn kurz fragend an, aber da dieser schwieg, fuhr er mit der Besprechung fort. Sie machten Pläne für die Bekämpfung der Parasiten. Es klang sehr logisch, aber Crimson stellte fest, dass sein Hirn den großen Zusammenhang noch nicht wieder begreifen konnte, also gab er sich irgendwann keine Mühe mehr. Wenn er gebraucht wurde, würde es ihm schon jemand sagen. Eigentlich war er ganz froh darüber, dass andere ihm eine Sorge abnahmen – was vermutlich auch ein Zeichen dafür war, dass er sich noch etwas auskurieren musste.

„Ich glaube, ich gönne mir ein Bad, wenn von euch keiner was dagegen hat,“ teilte er der Gruppe mit.

„Aber nicht im Keller, das ist im Moment zu gefährlich,“ warnte Luster ihn.

Da Crimson ihm das gerne glaubte und nun wirklich kein Verlangen nach einer weiteren Begegnung mit einem Merasfresser im Dunkeln hatte, machte er sich auf den Weg zum Strand. Dieses Schloss brauchte dringend ein Tageslichtbad.

Obwohl es einen Seitenausgang gab, der den Weg zum Strand verkürzt hätte, nahm Crimson das Haupttor, weil er auf diesem Wege das Lager draußen sehen konnte. Die Magier hatten an der Grenze der Quarantänezone in Abständen von einem halben Meter auffällige Steine verteilt. Es gab auch eine magische Sperre, aber es war immer besser, wenn diese nicht aktiviert werden musste. Ob die Merasfresser wohl auch eine Gefahr für die Lagernden waren?

Crimson stand eine Weile in der Nähe der Steinlinie herum, ehe sein Vater auftauchte. Shiro näherte sich in flotten Schritten, hielt dann aber von der anderen Seite einen Sicherheitsabstand ein.

„Ah, ich bin erleichtert, dich wohlauf zu sehen, mein Sohn!“ sagte er lächelnd.

„Ihr alle habt mir sehr geholfen,“ meinte Crimson verlegen. „Außerdem bin ich noch nicht wieder ganz der Alte, also gönne ich mir noch einen Tag Erholung und kümmere mich einfach nur um den Trank.“

Er musste wohl etwas gesagt haben, das dem Lichtmagier bisher nicht aufgegangen war, denn diesem entglitten alle Gesichtszüge. „Ach du meine Güte, der Trank! Ist damit alles in Ordnung? Aber wen hast du damit betraut? War nicht Dark auch krank?“

„Dem Elixier geht es gut, keine Sorge. Ich war vorhin dort. Es hat die Farbe, die es haben soll, die Konsistenz ist okay und es riecht heute nach einem unterirdischen Salzsee... zumindest ist alles so, wie es in dem Buch steht. Sorc hat sich gut darum gekümmert.“ Crimson hatte keine Erfahrung mit diesem Projekt, deshalb musste er sich auf die Angaben im Rezept verlassen.

„Du hast es Sorc machen lassen?“ Shiro sah ihn an, als wäre er nicht ganz bei Sinnen. „Versteh mich nicht falsch, Junge... du wirst deine Gründe gehabt haben, aber ich hätte nicht gedacht... naja.“

Crimson äußerte sich nicht dazu, denn zumindest vor seinem Vater wollte er nicht erklären müssen, warum er ausgerechnet Sorc mit wichtigen Aufgaben betraute. Statt dessen fragte er: „Hat euch jemand über... das andere Problem informiert?“

„Die Parasiten? Ja doch... wir lassen nachts Lichter brennen, weil wir nicht sicher sind, ob sie von der Quarantänegrenze abgehalten werden. Leider kann ich dir gar keine Tipps geben, ich hatte das Problem noch nie. Linda und Xenia haben ein Selbstdiagnoseprogramm, das einmal täglich überprüft, ob alles in Ordnung ist.“

Crimson versuchte, nicht allzu schockiert zu wirken, denn er hatte keine Ahnung, ob Cathy sowas besaß. Vielleicht gab es das erst bei neueren Schlossherzen. „Wie konntest du das am Laufen halten, als du ganz alleine im Schloss warst?“

Shiro lächelte und legte neckisch den Kopf schief. „Na wie, he? Wir generieren Energie durch den Wasserfall. Jetzt tu mal nicht so, als wäre dir das alles neu. Jedes Schlossherz hat eine natürliche Energiequelle. Außer Drachenfels vielleicht, es wurde schließlich gebaut, um Exodia zu versiegeln.“

„Klar... mein Hirn ist noch nicht wieder auf der Höhe,“ redete Crimson sich heraus.

„Ich freu mich schon auf den Moment, wenn der Quarantänemodus beendet wird und ich dich wieder auf Trab bringen kann. Ich werde mir gut ansehen, wie es bei dir so läuft,“ prophezeite Shiro.

„Tu das, Paps. Ich gehe jetzt eine Runde schwimmen...“ Crimson streckte die Hand aus, wich aber gleichzeitig zurück, so dass es zu keiner Berührung kam. Er war nicht der Typ, der seinem Vater seine Liebe in Worten bekundete, aber Shiro wusste es, denn er kannte seinen Sohn gut. Manchmal fragte er sich, warum der Mann eigentlich keine weiteren Kinder hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Hikari-Yumi
2013-08-19T19:01:45+00:00 19.08.2013 21:01
huhu^^
tut mir leid, bin spät...
aber ein geniales kapitel!
im großen und ganzen kann ich mich anschließen...

sorc und die kidies sind voll knuffig^^
auch der abwehrmechanismus und sein schnipsen... x)
selbstdiagnosemodus... erinnert mich an mein lappi... er muss cathy unbedingt danac fragen...
yugis chleicht sich zu yami x3

aber super!
echt super!
Antwort von:  Purple_Moon
19.08.2013 21:40
Dankeschön! :D
Sorc kann garantiert auch Windeln wechseln! XD
Cathy hat einen solchen Modus, aber er funktioniert nicht. ;) Insgesamt sind diese Schlossherzen ja schon wie Computer, nicht wahr? Die haben ja sogar Internet, wenn der Schlossherr eines anderen anwesend ist. Momentan dürften die eine muntere Gesprächsrunde haben...
Wie gesagt... das Schnipsen wird noch erklärt, haha.
Die Verschwörung, um Sorc und Eria zu versöhnen, läuft auch schon, aber das wissen die beiden natürlich nicht.^^
Erstmal gibt es noch eine Entspannungsfolge und dann denke ich mir mal wieder was Spannenderes aus. Aaaah ich hab voll Spaß! Ihr seid toll!
LG
PM

Von:  jyorie
2013-08-19T14:51:31+00:00 19.08.2013 16:51
Hey ^_^

Sorc hat noch mehr Kinder?! okay *blinzelt* ... irgendwie wird er immer nochmaler und man kann fast garnicht mehr glauben, das er mal so etwas gemacht hat, wie „fast die Erde und das RdS“ in Schutt und Asche zu legen.

Ich fand den Streit zwischen Eria und Sorc ziemlich amüsant, fast ein bisschen, als wenn die beiden wieder „kindisch“ werden und Crimson dann beide in die Schranken weißt ... oder hat Sorc das auch wieder extra gemacht und ihm so eine Vorlage geliefert, das Crimson mal etwas eindeutig aussprechen kann. Manchmal könnte man meinen das Sorc so ein bisschen Crimson unter seine Fitische nimmt und ihn anleitet. (Aber Eria tut mir etwas leid – sie ist ja jetzt auf verlorenem Posten, keiner will es sehen, wie böse Sorc ist und niemand glaubt ihr ... hoffentlich kommt die Kleine damit klar)

Was mir sehr gut gefallen hat, war als Crimson in den Turm kam und Sorg die ganze Ordnung und das lange Rezept jetzt zu viel wird *chaos ... lacht ... muahahahah* außerdem das Chlap-System mit Fingerschnippen *Zauber an / Zauber aus* hi hi

CuCu Jyorie

Antwort von:  Purple_Moon
19.08.2013 18:29
Ja, ich hab mich noch nicht genau entschieden, wie viele, aber der hat einige... aber manche sind "nur" adoptiert. Fire hat ein Bild in der Charaliste, kannst ja mal gucken.
Sich so mit Eria zu zanken, ist ja eigentlich nicht Sorcs Stil, aber er ärgert sie inzwischen gerne... jedenfalls, wenn sie vorher über ihn gelästert hat. Das lässt er sich nämlich nicht gefallen. Naja und außerdem wolltet ihr Kommischreiber ja wissen, was im Bad passiert ist. ;)
Es muss ja einen Grund geben, warum Crimson immer noch der bessere Alchemist ist. XD Und Sorcs Schule des Chaos ist harte Arbeit, auch wenn's einfach aussieht *lach* Aber das zeige ich bei Gelegenheit noch.
Ich beeile mich mit der nächsten Folge... sie spielt am Strand und zeigt lauter unangezogene Kerle.^^
Danke sehr!
LG

PM


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