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Fremde Welten: Das Schloss am Meer (#2)

Crimsons eigene Serie, yay!
von

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Unausgereifte Pläne

Kapitel 8: Unausgereifte Pläne
 

Nach dem Bad stattete Crimson sich und seine jungen Gäste mit Bademänteln aus und zeigte ihnen dann ein Zimmer, das nicht wirklich benutzt wurde, wo aber eine Menge an Kleidung lagerte. Cross folgte Crimson wie ein Schatten und wartete schweigend vor der Tür. Die Gruppe beachtete ihn kaum, sondern widmete sich den Kleiderbeständen. Alles roch etwas muffig.

„Tut mir Leid, wir sind noch nicht so gut organisiert,“ meinte er schulterzuckend. „Wir haben auch noch keinen, der die Wäsche wäscht, das macht im Moment immer der, der gerade Dienst hat.“ Er verschwieg mal, dass der passende Dienstplan auch nicht immer ganz klar war, meistens machte es halt irgendwer, manchmal auch jeder für sich.

„Ach, macht doch nichts,“ winkte Yugi ab. „Ich finde es aufregend, dass wir deine Schule in ihrer Entstehung sehen können. Ist doch klar, dass noch nicht alles perfekt läuft.“

Tatsächlich hatte Crimson sich manche Sachen einfacher vorgestellt, andere ganz vergessen oder auf später verschoben... aber er hatte nicht aufgegeben, auch wenn er manchmal schon alles hinschmeißen wollte.

Yugi und Yami suchten sich jeder etwas aus. Es gab schlichte Roben in interessanten Farben wie zum Beispiel Rosa oder Babyblau, aber auch in kräftigen Gelbtönen, Blütenweiß und Frühlingsgrün. Anscheinend war das noch ein Überbleibsel von Barbarella und ihrer geplanten Schönheitsfarm. Crimson und seine Bewohner nutzten diesen Vorrat selten. Sie bevorzugten Brauntöne, Schwarz, Violett, Dunkelblau oder – speziell er selbst – Rot.

„Hier Yami – das weiße Kleid!“ kicherte Yugi amüsiert. „Hattest du nicht auch früher, in deinem anderen Leben, Weiß an?“

„Mit Gold dazu würde es vielleicht gut wirken, aber guck dir nur den Schnitt an! Wie ein Bettbezug! Unmöglich!“

„Die Trompetenärmel sind doch toll!“

„Yugi!“

„Naja fein, dann das hier?“

„Du willst mich wohl auf den Arm nehmen!“

Crimson beobachtete die beiden geduldig dabei, wie sie etwas aussuchten, das ihnen passte und zugleich ihren Geschmack traf. In der Welt des Blauen Lichts hatte man offenbar andere Vorstellungen davon, was ein Mann tragen sollte oder nicht. Ein bisschen jedenfalls. Er notierte sich im Hinterkopf, dass er Leute einstellen musste, die sich um diese Dinge kümmerten und eine eigene Modekollektion für Besucher entwerfen konnten.

Von den weißen Gewändern waren nicht mehr so viele übrig. Yami fand keines, in das er richtig hineinpasste, und musste sich deshalb für eine andere Farbe entscheiden – Goldgelb erschien ihm dann immer noch besser als Schweinchenrosa. Yugi wählte ein Hellgrün, denn es erinnerte ihn an Mava, der diese Farbe mochte, wenn er nicht sein dunkles Kartenkostüm trug. Sie banden sich Kordeln um die Hüften und zupften den Stoff etwas zurecht, so dass jeder am Ende ganz passabel aussah. Ihre Haare trockneten allmählich und wirkten jetzt nicht mehr so plattgegelt.

Crimson zeigte ihnen sein privates Zimmer und zog sich erst dort um. Seine Roben waren allerdings definitiv zu lang für die Jungs, aber Yami schaute sie sich trotzdem sehnsüchtig an, so dass der Magier glatt überlegte, ihm eine zur Verfügung zu stellen. Aber er hatte momentan nicht mehr so viele brauchbare. Heute zog er eine seiner ältesten an, nur für den Fall, dass damit wieder etwas passierte.

Yugi indessen erkundete den Balkon und schaute zum Meer hinunter, das direkt unter ihm gegen die Felsen schäumte. „Das ist voll cool, Crimson! Sorc hat erzählt, dass dies das Schloss ist, das er vorher hatte. Aber er hat bisher nicht erzählt, dass es einen Geist in dem Schloss gibt. Dafür scheint er aber viel darüber zu wissen.“

„Ja, hm... er ist etwas älter, vielleicht hat er einfach mal davon gehört...“ mutmaßte Crimson.

Yugi kam zurück ins Zimmer und verschloss die Balkontür, welche so gestaltet war wie die Fenster – aus Buntglas mit einem Muster aus Meeresmotiven, und wahlweise konnte man noch Holzläden außen davor verschließen. Wenn es zum Beispiel sehr stürmisch war. Der Junge betrachtete die Bilder neugierig und sah sich auch sonst interessiert um wie in einer Schatzkammer.

„Du hast Yugis Brief noch gar nicht gelesen, oder?“ bemerkte Yami schließlich, zumal der Brief auf dem Schreibtisch lag – geöffnet, aber ansonsten unberührt.

„Ähehehe... ich bin noch nicht dazu gekommen,“ gab Crimson zu. „Ihr glaubt nicht, was hier los war... aber das erzähle ich gleich, wenn Paps auch dabei ist.“

„Du könntest ihn ja jetzt lesen,“ schlug Yami vor. „Sonst kommst du dann wieder nicht dazu.“

Crimson nickte zögernd. Er kam sich etwas dumm vor, doch er setzte sich an seinen Schreibtisch und holte den Brief aus dem Umschlag. „Übrigens... danke für die Karte, Yugi. Wird sie jetzt eigentlich in Serie hergestellt oder wie das heißt?“

„Glaube schon,“ antwortete Yugi. „Aber ob Pegasus sie schon verkauft, weiß ich nicht.“

Crimson nickte und entfaltete das Papier.
 

Lieber Crimson,

ich habe gute Nachrichten – zumindest hoffe ich, dass du es gut findest! Yami und ich kommen dich besuchen. Wir werden mit Genesis ins Reich der Schatten reisen und ein paar Tage bei ihm bleiben. Im Moment sind wir in England auf seinem dortigen Landsitz und genießen unsere Ferien. Es regnet zwar ziemlich oft, aber das geht schon in Ordnung. Die Landschaft ist einfach super hier und wir können reiten! Yami bringt es mir bei. Er kann es anscheinend noch von früher, aber inzwischen hat er ja auch seine Erinnerungen zurück, wie du weißt.

Wir können uns ja dann noch persönlich miteinander unterhalten, daher will ich jetzt gar nicht so lange darum herum reden. Genesis hat vorgeschlagen, dass wir Sorc mit zu dir nehmen, wenn wir anreisen. Er meint, der Mann wäre bei dir besser aufgehoben als bei ihm, denn Sorc ist kein Vampir und sollte deshalb Zugang zu Tageslicht haben. Außerdem sind die Kerker der Villa nicht für längere Besuche eingerichtet und es ist zu mühsam, ein Gästezimmer dauerhaft abzuriegeln, deshalb kann sich Sorc seit einiger Zeit frei im Haus bewegen und wird von den Vampirladys immer sehr in Beschlag genommen, weil er ja eine mühelose Blutquelle darstellt. Er tut zwar so, als würde er das einfach wegstecken, aber auf die Dauer wird das nicht gehen. Genesis ist es auch lieber, wenn seine Ladys nicht so faul werden. :P

Ich muss zugeben, dass mir ein bisschen mulmig zumute ist, wenn Yami und ich dann womöglich ein Zimmer neben Sorc haben und mit ihm an einem Tisch sitzen, aber Genesis hat uns versichert, dass es kein Problem geben dürfte – solange man ihn nicht an die Playstation lässt. Genesis musste sich eine neue besorgen, weil Chaosmagie sich anscheinend nicht mit unserer Technologie verträgt. Ich habe daraufhin Großvater angerufen und ihn gebeten, meine Konsolen zu überprüfen, ich glaube nämlich, Blacky war da mal dran. Ich selbst hatte in all den Monaten, seit ich Besuch aus dem Schattenreich bei mir zu Hause hatte, gar keine Zeit mehr dafür, denn ich war voll damit beschäftigt, all die Formalitäten für Yami zu erledigen, und dann war ja da die Sache mit diesen Leuten aus Atlantis... Aber davon habe ich dir ja schon in meinen letzten Briefen berichtet.

Ich schlage vor, wir bringen Sorc einfach mit, wenn wir zu dir kommen. Sollte dir das nicht recht sein, schick uns bitte irgendeine Nachricht. In der Zwischenzeit solltest du auch eine Bewerbung von Sorc bekommen haben. Ich weiß zwar nicht als was, aber irgendwie wird er sich schon nützlich machen können. Genesis wäre dir wirklich sehr dankbar, wenn du ihn nimmst. Allerdings verstünde er auch, wenn du nicht willst.

Er lässt dir übrigens ausrichten, dass er die Angelegenheit sehr gerne mit dir persönlich *diskutieren* würde. Beim... Essen oder so. Irgendwie hab ich einen gewissen Verdacht, wie er das meint...

Also, wir freuen uns auf den Besuch bei dir!
 

Viele Grüße

Yugi & Yami
 

Crimson legte den Brief ohne einen weiteren Kommentar wieder weg, aber die beiden Jungs grinsten ihn vielsagend genug an. Also erzählte er ihnen ausführlich, was in letzter Zeit hier vorgefallen war, wobei er Olvins Identität aber noch nicht näher erläuterte. Im Anschluss verstanden Yami und Yugi sehr gut, dass er den Brief nicht gelesen hatte. Aber vielleicht war es ganz gut so, überlegte er. Vielleicht hätte er sich sonst dagegen gewehrt, dass Sorc herkam. Der Typ würde es aber ziemlich schwer haben, befürchtete er. Obwohl... befürchten war nicht das richtige Wort.

Seit Yugi, Yami und Sorc im Schloss waren, konnte Crimson durch Cathy spüren, dass mehr Energie zur Verfügung stand, wenn auch nicht in Unmengen. Bei den wenigen Bewohnern machten drei Personen aber schon einen Unterschied. Die anderen Gäste – Endymion und seine Truppe – wurden nicht angezapft. Cathy hatte es nicht übermäßig versucht, aber als Crimson daran dachte, erfuhr er, dass die Leute magische Sperren um sich hatten, wodurch sie geschützt wurden. Das war logisch, denn man begab sich nicht in ein Schloss mit Schlossherz, wenn man feindliche Absichten hatte oder zumindest befürchten musste, dass es zu einer Auseinandersetzung kommen könnte.

„Paps ist auf dem Weg,“ stellte er schließlich fest. „Jungs... das wird jetzt gleich etwas peinlich für mich, bitte haltet euch mit Fragen ein bisschen zurück, ja? Es fällt mir schwer genug, das meinem Vater zu erklären.“

Yugi und Yami tauschten einen Blick aus und nickten dann synchron. Sie setzten sich aufs Bett und warteten ab. Crimson blieb stehen, um seinem Vater den Stuhl am Schreibtisch anbieten zu können.

Shiro erschien kurz darauf. „Ich bin's echt nicht gewohnt, so viele Treppen zu steigen!“ schnaufte er. „Also, mein Junge, was ist los? Es hat nichts mit diesen Kindern zu tun, oder?“

„Nicht so direkt, aber jemand hat versucht, mir etwas anzuhängen. Das hat in gewisser Weise schon was mit meinem Problem zu tun... Äh, setz dich doch...“ Crimson wusste nicht recht, wie er beginnen sollte. Wenn sein Vater nun so enttäuscht von ihm war, dass er nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte?

„Crimson, du läufst sinnlos hin und her,“ bemerkte Shiro, der sich am Schreibtisch niederließ. Er verschränkte die Arme und lächelte auffordernd. „So... was hast du angestellt?“

Der Weißhaarige blickte unschlüssig auf den Fußboden. „Nun ja... Paps, du weißt, dass ich nie ein Musterschüler war...“

„Komm zur Sache.“

„Also... es ist wegen Olvin... also Professor Vindictus. Das war damals nicht ganz so, wie du es von den Lehrern gehört hast. Ich denke... nun, es ist an der Zeit, dass ich mich auch mal dazu äußere...“ Damals hatte er bequem darauf verzichtet, den Ausführungen des Kollegiums noch besonders viel hinzuzufügen, somit hatte er seinen Vater auch nicht anlügen müssen. Doch nun erzählte er die Wahrheit. Und zuletzt erwähnte er die Probleme, die Olvin ihm nun bereitete, um sich zu rächen. Er war sich vage bewusst, dass auch Yugi und Yami da waren, doch er drehte sich nicht zu ihnen um. Erst wollte er die Meinung seines Vaters hören.

„Also erzählst du mir das alles nur, weil seine Taten dich quasi dazu zwingen,“ stellte Shiro schließlich fest, nachdem er sich alles schweigend angehört hatte.

„Nun... ja.“ Das musste Crimson wohl zugeben. Unter anderen Umständen hätte er wohl für immer sein kleines, dunkles Geheimnis behalten.

„Theoretisch müsstest du dich jetzt besser fühlen, weil du dir das von der Seele geredet hast,“ sinnierte sein Vater. „Aber was gedenkst du jetzt zu tun?“ Shiro hatte den Tonfall eines ernsten Lehrers angenommen.

Crimson kannte diese Erziehungsmethode von ihm. Sein Vater schrie nicht herum, schimpfte nicht und regte sich nicht auf. Aber er verlangte, dass er seine Schuld eingestand und die Folgen trug. Das hatte er schon immer so gehalten. Er ging nicht hin und beseitigte das Problem für seinen Sohn. Doch wenn er es allein nicht schaffte, war Shiro für ihn da. Er stärkte ihm den Rücken, gab ihm Tipps, schob ihn in die richtige Richtung. Auch jetzt schien er darauf zu warten, dass Crimson ihm sagte, was er brauchte.

„Ich, uhm... ich hab da ein paar Ideen... Aber erstmal... hat Eria dir gesagt, ob sie schon bei der Akademie war? Ich habe nämlich auch dorthin einen Brief geschickt, in dem ich eine Erklärung abgebe...“ Fast hatte Crimson schon heute mit dem Besuch der Direktorin gerechnet, aber vielleicht war sein Schreiben noch auf dem Ablagestapel.

„Eria war schon dort, das hat sie mir erzählt, ja. Sie kommt aber erst morgen wieder her, weil sie beim Kristallschloss alte Freunde getroffen hat,“ antwortete Shiro. „Das ist doch in Ordnung, oder? Ich versprach ihr, dich schon zu überzeugen.“

Crimson machte eine wegwerfende Handbewegung. Er hatte damit kein Problem, schließlich war er im Moment eh kein guter Lehrer. „Du könntest mir helfen, indem du die Familie von Olvin ausfindig machst,“ überlegte er. „Soweit ich weiß, hat er einen Sohn, der sich von ihm abgewandt hat, als das damals bekannt wurde.“

Shiro hob die Augenbrauen. „So! Dann willst du ihn mit seinem Vater versöhnen.“

„Ja, so hab ich mir das gedacht. Du könntest ihn bitten, mir zu schreiben, oder mir mitteilen, wo ich ihn erreiche. Wenn du es für richtig hältst, kannst du ihm auch die Wahrheit schon erzählen. Ich werde ziemlich beschäftigt sein demnächst, denn ich muss generell Olvins Ruf aufbessern, und dann ist da noch die Sache mit seiner Gesundheit... er macht mich dafür verantwortlich, dass es ihm schlecht geht, denn das kommt daher, dass er für Sorc arbeiten musste, weil ihn sonst niemand eingestellt hat. Ich schulde ihm quasi zehn Jahre seines Lebens.“

„Naja, zumindest die wirst du kaum ersetzen können. Du kannst ihm höchstens für den Rest seines Lebens anbieten, hier zu wohnen oder so... oder auch zu unterrichten. Ich nehme an, das hast du dir überlegt?“

„Ja, aber ob ihm das reicht... Vater, ich hab da in einem Buch etwas gefunden...“

Shiro verspannte sich auf seinem Stuhl. „Wenn du mich Vater nennst, muss es sehr ernst sein.“

Das brachte Crimson zum Lächeln. „Nun ja... schon. Du wirst die Idee nicht mögen, aber ich bitte dich um deine Unterstützung. Ich will es eigentlich erstmal geheimhalten, aber dir als meinem Vater sollte ich es wohl erzählen...“

„Ich bin ganz Ohr.“

„Sollen wir lieber raus gehen?“ schaltete sich nun doch Yugi aus dem Hintergrund ein.

Crimson hatte ihn und Yami fast vergessen. „Ist schon gut, Yugi, bleibt nur. Da ihr nun schonmal hier seid, werde ich auch eure Hilfe gebrauchen können.“

„Du kannst auf uns zählen!“ versprach Yami.

Also berichtete Crimson, was er plante. Er wollte sich Mühe geben mit Olvin... seinen Fehler so gut wie möglich ausbügeln. Zumal die Sache auf seinem Gewissen lastete, jetzt wo er wusste, was er mit seinem Streich damals bewirkt hatte.

Shiro hörte zu, bis sein Sohn fertig war. Es dauerte nicht wirklich lange, aber er war erst einmal sprachlos. Er schwieg eine Minute lang und murmelte dann: „Dass du so weit gehen würdest... bist du sicher, dass du das tun musst? Das Risiko, Crimson... ich will dich nicht verlieren!“

„Aber du verlierst mich doch nicht,“ protestierte der Weißhaarige.

„Du setzt dein Leben aufs Spiel,“ beharrte Shiro. „Auf eine Art, die ich nicht gutheißen kann... auch wenn der Zweck mir einleuchtet und alles. Dein Plan ist nobel. Aber als dein Vater kann ich das nicht gut finden, ebenso wie all deine Freunde es nicht gut finden werden.“

„Aber es ist richtig so, davon bin ich überzeugt.“

„Dann musst du es tun.“ Shiro seufzte unglücklich. „Ich habe dich immer tun lassen, was du für das Richtige hältst, damit du daraus lernst, wenn es sich als dumme Idee erweist. Aber in diesem Fall muss ich dich warnen und meine Bedenken äußern. Es wird kein Zurück geben!“

„Ich weiß, und ich habe gut darüber nachgedacht, Paps.“

„Nun gut. Wenn das deine Entscheidung ist, helfe ich dir dabei, auch wenn ich es nicht mag.“

Crimson war erleichtert. Dass sein Vater seine Idee gutheißen würde, hatte er nicht erwartet, umso mehr bedeutete ihm seine Unterstützung. Und er brauchte Hilfe, nicht nur von ihm. Zwar arbeitete Crimson am liebsten allein, um Fehler zu vermeiden, aber bei seinem Vorhaben musste er sich helfen lassen. „Bleibst du noch etwas?“ erkundigte er sich. „Ich werde noch einmal nachlesen, was ich von dir brauche. Noch weiß ich allerdings nicht, wann ich beginnen kann. Manche Sachen brauche ich dann erst ganz frisch.“

Shiro nickte. „Das kann ich wohl einrichten. Nachdem nun so viele Magier im Kristallschloss wohnen, kann ich auch leichter mal von dort weg. Übrigens, Dark lässt dich grüßen. Er ist damit beschäftigt, Burg Drachenfels neu zu errichten, und konnte sein Schlossherz bergen. Oder heißt das dann Burgherz?“

„Im Prinzip wohl schon, aber im Sprachgebrauch ist man nicht so pingelig,“ überlegte Crimson, der ganz froh über den Themenwechsel war. „Ich hab mir nie besonders viele Gedanken darüber gemacht, dass Dark überhaupt eins hat... Bah, vielleicht wollte ich das nicht wahrhaben, er war schließlich mein Rivale.“

„Ach, ist er das nicht mehr?“ grinste Shiro. „Mir ist durchaus schon aufgefallen, dass er für dich quasi ein Heiliger ist, seit er deine Magie freigelassen hat.“

„Uhm...“ Crimson blickte errötend zu Boden, fing sich aber gleich wieder. „Naja, ich schulde ihm was, und komischerweise macht es mir nichts aus.“ Normalerweise hasste er es, in jemandes Schuld zu stehen.

„Hm, naja, wie gesagt... Dark hat sein Schlossherz geborgen und arbeitet an seiner neuen Burg. Es ist etwas umständlich jetzt, denn es ist ja kein Monster mehr da, um für Energie zu sorgen, zugleich ist es dadurch natürlich ungefährlicher. Der Energiekern muss neu eingestellt werden, eventuell verliert er ein, zwei Stufen...“

„Öhm... was für ein Schlossherz war das denn vorher?“

„Stufe fünf, glaube ich.“

Crimson atmete scharf ein. Stufe fünf?! Ihm hatte es ja schon gereicht, sich mit einem Stufe zwei zu verbinden! Nun, es gab da verschiedene Klassifizierungsmethoden, aber eigentlich bezeichnete die Stufe, was dieses Schlossherz leisten konnte. „Ich nehme an, das braucht man, wenn Exodia unter einem versiegelt ist.“

„Genau,“ nickte Shiro, den das völlig kalt zu lassen schien. Seine beiden vom Kristallschloss waren vermutlich auch keine Zweier. „Der Energiekern wurde teilweise durch Exodia gespeist, andersherum hat die Energie des Schlossherzes Exodia gebannt. Naja und es gibt wohl auch noch eine Thermalenergiequelle, so wie hier.“

„Ja, Dark hatte heiße Quellen im Garten,“ überlegte Crimson. „Da muss etwas gewesen sein. Meine sind im Keller.“ Er war mit der Optik seines Baderaumes noch nicht so zufrieden. Dafür störten sich seine Schüler und Angestellten überhaupt nicht daran. Sie benutzten das Bad oft, wenn ihnen das Meer zu kalt war. Das galt sogar für Eria, die mit ihm Gefangene in den Kerkern gewesen war.

„Gegen so ein heißes Bad hätte ich jetzt auch nichts einzuwenden,“ sagte Shiro auf einmal. „Die Reise hoch in der Luft war doch recht kühl. Und morgen schwimme ich dann im Meer! Du hast hier wirklich eine malerische Lage, mein Sohn.“

Crimson lächelte. „Wir sind ja auch keine Festung, sondern nur eine Schule. Schöne Landschaft hilft, eine lockere Atmosphäre zu schaffen.“

„Das eine schließt das andere ja nicht aus,“ meinte der Lichtmagier. „Man kann es sich nicht leisten, die Verteidigung zu vernachlässigen. Aber das wird schon klappen.“

„Genau, zumal ich ja jetzt ganz mit Cathy verbunden bin.“ Crimson hob seine leicht verbundene Hand, was zugleich eine Erklärung für seinen Vater war, der vielleicht gedacht hatte, das wäre noch von dem Schlangenbiss. „Sag, Paps... wo hast du dein Zeichen des Schlossherzes?“

„Das wüsstest du gerne, hm?“ Shiro grinste. „Kuro und ich waren ganz jung. Wir versuchten, eine möglichst coole Stelle dafür zu kriegen. Mehr sage ich dazu nicht.“

Das überließ es Crimsons Vorstellungskraft, wie die Antwort lauten könnte. Aber zumindest wusste er jetzt sicher, dass Kuro der zweite Schlossherr war. Shiro bezeichnete sich meist als Schlosshüter, nicht Schlossherr, denn er hütete die Geheimnisse des Gebäudes. Crimson hatte immer damit gerechnet, einmal der Nachfolger zu werden, aber sein Vater beschwerte sich nicht darüber, dass das jetzt nicht mehr ging. Er dachte ja hoffentlich auch nicht daran, demnächst zu sterben! Vielleicht hatte Shiro auch schon immer eher seine Enkelkinder dafür eingeplant. Zumindest eins hatte er ja jetzt. Aber ob das dann in Frage kam? Nun... Crimson war noch nicht zu alt für weitere Kinder, aber er verbannte den Gedanken erstmal in weite Ferne.

Shiro verabschiedete sich und machte sich auf den Weg zu seinem heißen Bad. Crimson konnte seinen Weg verfolgen, wandte seine Aufmerksamkeit aber wieder Yami und Yugi zu, die ihn mit großen Augen ansahen. Naja... zumindest Yugis waren besonders groß. Warum er die beiden ins Vertrauen gezogen hatte, wusste Crimson nicht genau, aber es spielte auch gar keine Rolle. Vermutlich wusste irgendwann ohnehin jeder Bescheid, es war im Grunde auch egal. Inzwischen hatte er gemerkt, dass seine Freunde zu ihm standen, daher hatte er auch keine Angst mehr davor, seine Vergangenheit und seine Pläne offenzulegen. Es war ein interessantes Gefühl für jemanden, der immer gerne alles alleine und heimlich gemacht hatte.

„Ich hab das mit dem Trank, den du planst, nicht ganz kapiert,“ sagte Yugi schließlich. „Also der dauert ungefähr einen Monat und besteht aus lauter komplizierten Zutaten, und er ist anscheinend gefährlich für den Anwender... aber warum macht sich dein Vater solche Sorgen um dich, wenn er doch Olvin helfen soll?“

Natürlich konnte Yugi das trotz seiner Magierausbildung nicht wissen, schließlich ging es hier um einen verbotenen Trank. Shiro hatte das anhand der Bezeichnung sofort gewusst, denn er verfügte über das theoretische Wissen eines Bibliothekars, der jedes seiner Bücher mindestens einmal gelesen hatte. Er wusste, wozu Crimson das Gebräu brauchte.

„Das Elixier von Sil-har'kahn wurde früher oft verwendet, dann aber häuften sich die Missbrauchsfälle, und es wurde auf die Liste der verbotenen Tränke gesetzt,“ erklärte er den beiden. „Es wurde früher gerne benutzt, um das eigene Leben künstlich zu verlängern, aber es gab dabei Opfer... und damit meine ich nicht den, der es getrunken hat. Das Elixier kann giftig sein, wenn es falsch zubereitet wird, aber es sind keine tödlichen Fälle bekannt. Doch es benötigt Blut.“

„Ach so, dann gab es Alchemisten, die jemanden dafür getötet haben?“ ging es Yami auf.

Crimson war dankbar für die Vorlage, denn so kam er um eine genauere Erklärung herum. „Ja, so kann man es sagen,“ bestätigte er. „Und es geschah nicht aus Unvorsichtigkeit, sondern einfach, weil es diesen Leuten egal war. Ich aber werde keine weitere Person hineinziehen und vorsichtig sein. Da passiert schon nichts.“

„Wie viel Blut braucht man denn?“ hakte Yugi nach.

Crimson winkte ab. „Ach, nur ein bisschen. Einige Tropfen reichen schon.“

„Dann regt dein Vater sich ziemlich umsonst auf, was?“

„Ja, genau!“ Crimson lächelte erleichtert, denn das Gespräch verließ die kritische Richtung. „Er ist eben mein Vater und hat einen starken Beschützerinstinkt mir gegenüber, das ist alles. Manchmal übertreibt er. Wahrscheinlich hat er auch einfach Angst, dass ich den Alchemieturm in die Luft sprenge und dabei zu Schaden komme oder so.“

Yami und Yugi lachten amüsiert. Keiner von beiden ritt auf Crimsons Jugendsünde herum, dafür fragte Yugi: „Können wir denn jetzt irgendetwas tun, um dir zu helfen?“

„Noch nicht sofort,“ antwortete Crimson zögerlich. „Ich könnte theoretisch jederzeit anfangen, aber die Gefahr, dass etwas schiefgeht, weil Olvin mich ärgert, ist mir zu groß. Wenn ich einen Tag ausfalle, weil ich mich verletze, kann ich den Trank vergessen. Er braucht ständige Zuwendung. Alle paar Stunden muss eine Zutat hinzugefügt werden. Dazwischen müssen die Sachen vorbereitet werden, und ich bin quasi darauf angewiesen, dass alles rechtzeitig hier eintrifft. Normalerweise kann ich improvisieren, denn es gibt immer Zutaten, die man durch andere ersetzen kann. Aber in diesem Fall würde ich es nicht wagen, dafür habe ich mit diesem Elixier einfach zu wenig Erfahrung.“ Nämlich überhaupt keine. „Ich muss erst mit Olvin reden, damit er mich eine Weile in Ruhe lässt.“

„Wissen deine Schüler davon?“ erkundigte Yugi sich weiter.

Crimson schüttelte den Kopf. „Bisher nicht, und ich... ich will ihnen auch nicht wirklich alles sagen... sie müssen ja eigentlich nur wissen, dass ich einen komplizierten Trank herstellen will.“

„Aber es könnte irgendwie herauskommen,“ gab Yugi zu bedenken. „Sie sind doch sicher neugierig. Sollten sie es nicht lieber von dir hören?“

Der Weißhaarige seufzte frustriert. So langsam stieß er an die Grenzen seiner Selbstbeherrschung. Er hatte die Geschichte einigen Vertrauten erzählt, und dabei wollte er es eigentlich belassen, aber Yugis Argument war einleuchtend. Bevor seine Schüler irgendwelche Gerüchte hörten und sich dann von ihm abwandten, war es sicherlich besser, er sagte es ihnen selbst. Sie wussten, dass er kein Heiliger war. Trotzdem...

Yugi stand vom Bett auf und legte ihm eine Hand auf den Arm. „Crimson, wenn du willst, überlass das mir. Ich werde dafür sorgen, dass deine Schüler und alle anderen Schlossbewohner hinter dir stehen, wenn es ernst wird. Kümmere du dich um deine Vorbereitungen, damit es einfach nur noch losgehen muss, wenn es soweit ist.“

Da war gar kein Zweifel in den großen Augen. Crimson fing an zu begreifen, was Dark an diesem Jungen fand. In einer Welt wie dem Schattenreich, wo Entschlossenheit und Glaube Berge versetzen konnten, gehörte der Kleine zu den ganz Großen. „In Ordnung,“ willigte er ein. „Ich schnappe mir mein Buch und arbeite die einzelnen Schritte aus. Du erklärst den anderen das Problem. Und Yugi... vielleicht solltest du dich auf Bannzauber, Schutzschilde und Beschwörungsmagie spezialisieren. Es braucht einen starken Geist wie deinen dafür.“

Der Junge schenkte ihm ein erstauntes Lächeln. „Ich merke mir das,“ versprach er. „Komm Yami, wir legen gleich los!“

Crimson schaute den beiden nach und fühlte sich besser als seit Wochen. Endlich ging es aufwärts. Oh... da lag sein Ring auf dem Schreibtisch. Gut dass er ihn jetzt fand, er hatte gar nicht bewusst gemerkt, dass er fehlte – hätte böse enden können...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  jyorie
2013-06-24T15:00:50+00:00 24.06.2013 17:00
Hallo ^_^

ich nehme es Crimson nicht ab, das er für den Trank der Olvins Gesundheit wieder herstellen(?) soll nur ein ganz kleines bisschen Blut benötigt – wenn dafür früher sogar Leute über die Klinge gesprungen sind?! Und ob Olvin dem einfach zustimmt, das er die Gesundheit zurück bekommt und seine Schöne Rache nicht ausleben kann, das klingt nicht wirklich so, als er sich darauf einlassen würde ... na mal sehen, was rauskommt :D

Ich finde es super, wie du Yugis Stärke immer wieder herausstellst.

Der letzte Satz hat mich Stutzig gemacht ... Crimson hat nicht gemerkt das ihm sein Ring gefehlt hat, das kann doch nur wieder etwas von Olvin sein – Und ich zweifele auch daran, das dieser Ring der Ring von Crimson ist...

CuCu Jyorie

Antwort von:  Purple_Moon
30.07.2013 18:54
Hi!
Doch, man braucht wirklich nur ein bisschen Blut dafür. Crimson hat nicht gelogen. Aber sieh genau hin... er hat einen Teil verschwiegen. Und Shiro weiß es...

Crimson hat den Ring nicht getragen, seit ihn die Schlange gebissen hat. Wenn ich mich recht erinnere, hat Eria ihn den Ring abgenommen, weil seine Finger dick geworden sind. Seither hat er vor lauter Stress nicht daran gedacht, ihn wieder anzustecken. Allerdings hat er ihn vorher auch nicht auf seinem Schreibtisch entdeckt... hm, wer weiß? Kann gut sein, dass er für eine Weile gefehlt hat...

Danke für den Kommi!
PM
Von:  Hikari-Yumi
2013-02-06T19:22:25+00:00 06.02.2013 20:22
Huhu :)
Habe es zwar schonmal geschrieben...
Aber egal ^^

Ich mag das Kapitel ^^
Und ENDLICH! kommt crimson mal dazu den Brief zu lesen :3

Bekommt dark eigentlich noch einen direkten Auftritt?
So als Besucher?

Ich bin gespannt auf den Trank...
Weiter so, will schließlich lesen :)


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