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Gedankenzauber

von

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{1} - Ein Tag wie Jeder andere

Hey Leute. Mein Name ist Fina Richmond.

Warum ich euch das erzähle? Na ja, um ehrlich zu sein, weiß ich das auch nicht so genau. Mein Leben ist nicht gerade das spannendste und schon gar nicht das beste.
 

Mit meinen 25 Jahren sehe ich noch eher kindlicher aus als ich es sein sollte. Eine zierliche Figur, große rehbraune Augen, eine etwas zu klein geratene Nase und von der Größe eines Halblings mal ganz abgesehen, ist das Gesamtpaket nicht ganz zu meiner Zufriedenheit. Aber wer ist das schon mit sich selber.
 

Ich lebe mit meinen Eltern und meinem kleineren Bruder Simon in einem kleinen Dorf namens Teethwood. Es ist eher eine unscheinbare und triste Gegend die die Menschen lieber meiden. Das liegt wohl daran, dass Teethwood am Rande der Stadt Branstorm liegt. Weit abgeschnitten von jeglichen Aktivitäten. Die Langeweile in Person. Eine große Industrieanlage und wohl gemerkt von dem Geruch der immer weiter wachsenden Müllanlage, die neben uns kürzlich erbaut wurde, nicht zu vergessen. Ich kann mich noch gut daran erinnern wie viele Proteste die Bewohner letztes Jahr, ich glaube es war im Frühling, gestartet hatten, um sich gegen Nachbar Müll zu wehren. Leider ohne jeglichen Erfolg. Seitdem sind viele Familien von hier weggezogen. Auch einige gute Freunde von mir, von denen ich, wenn ich mich recht entsinne, schon lange nichts mehr gehört habe. Frechheit. Zu meinem großen Glück ist mir wenigstens Keiko geblieben.
 

Keiko und ich kennen uns schon ziemlich lange. Sagen wir es so, die Zeit in dem es hieß ‚meine Puppe, meine Puppe’ haben wir schon gemeinsam erlebt. In der Fachsprache ist das die sogenannte Kindergartenzeit. Laut, bunt, kreischend. Einfach ein lautes, geistesgestörtes Durcheinander und die Dings-bums-freundschaften fingen an. Was Dings-bums-freundschaften sind? »Fina.« Jeder hat das als kleines Kind mitgemacht. Die Praxis ging so. Dir wurde von einem anderen fremden Kind etwas geschenkt, ob es nun Süßigkeiten oder irgend welche Sachen waren mit denen man spielen durfte, und prompt war man die aller besten Freunde. »Fina!« Ein schöner Gedanke, wenn man mal darüber nachdenkt, wie viele Gedanken sich Menschen am Tag machen. Und diese sind nicht mal Positiv. Aber das ist wohl der Lauf der Zeit. Erwachsene machen sich zu oft Gedanken über alles und Jeden und wundern sich am Ende, dass sie dadurch kaputt gehen.

»Fina Richmond, kommst du jetzt endlich oder willst du die ganze Zeit auf das Gemüse starren. Die Tüten tragen sich nicht von alleine.«

Ich schreckte kurz auf, blickte in alle Richtungen und sah wie meine Mutter an der Kasse stand und sich bemühte die schweren Einkaufstüten zu halten. An ihrer Seite quengelte mein kleiner Bruder der schnellst möglich nach Hause wollte, um seinem neuen Lieblingshobby nachzugehen. Fußball. Warum Jungs es immer mit Fußball haben weiß ich nicht. Zwei Mannschaften rennen einem runden Etwas hinterher und freuen sich wie Honig wenn es in ein eckiges Etwas rollt. Ein Genie war der Erfinder nicht gerade. Sport war eh nicht mein Ding.
 

»Los nun beeile dich doch Fina. Und Simon,« fuhr sie ihn langsam genervt vom ständigen Jacke ziehen an. »hör auf mir die ganze Zeit an der Jacke zu ziehen. Wir gehen ja jetzt nach Hause. Hier, nimm schon mal den Schlüssel und mach den Kofferraum auf.«

Sie kramte mit leicht verrenkten Bewegungen in ihrer Tasche und holte den Autoschlüssel heraus, drückte ihm sie in die Hand und bemerkte, dass eine Tüte an ihren Beinen umgekippt war. Die Erleichterung in ihrem Gesicht den Schreihals endlich los zu sein konnte man ihr ansehen.
 

Ich sprintete zur Kasse, drängelte mich durch die dichte Schlange, wobei die genervten Blicke der Leute mich förmlich durchbohrten und half meiner Mutter die Äpfel, die eben aus der umgefallenen Tüte fielen, wieder einzusammeln. Einkaufen war einer der langweiligsten Dinge die man im Alltag erledigen musste. Dicht gefolgt vom Aufräumen, Putzen und Verantwortung übernehmen bei kleineren Geschwistern, deren Hauptaufgabe es war, die Älteren in jeder Lage um den Finger zu wickeln oder einem hemmungslos und ohne Verluste auf den Keks zu gehen. Mein Bruder ist einer der Sorte Kind, auf den das zutrifft. Naja, bei welchem Kind trifft das nicht zu.
 

Meine Mutter und ich gingen langsam und voll bepackt bis unter die Arme zum Auto wo Simon schon ungeduldig wartete. Wir packten alles in den Kofferraum, stiegen ein und fuhren los. Unser Auto war ein schwarzer alter VW Fox aus Südamerika. Nicht mehr das jüngste Auto, da es schon eine Menge Kratzer, Beulen und Roststellen aufwies. Meine Mutter gehörte nicht gerade zu den besten Fahrern, aber das Auto erfüllte seinen Zweck und fuhr noch einigermaßen knatterig von Ziel zu Ziel. Es war halt ein Kasten mit vier Rädern.
 

Ich blickte aus dem Fenster und machte es ganz runter um mir ein bisschen Wind ins Gesicht wehen zu lassen. Meine langen schwarzen leicht gelockten Haare wehten mir teilweise ins Gesicht, was aber sehr angenehm war. Der Sommer fing langsam an und das Wetter wurde von Tag zu Tag wärmer. Allerdings schien in Teethwood nicht häufig die Sonne, da die Industrieanlagen meistens den ganzen Himmel verdunkelten. Somit war unsere Gegend ein einziges Tropenhaus. Kaum auszuhalten.
 

Während wir in Richtung Heimat fuhren blickte ich in die kahlen und tristen Straßen. Die Häuser waren alt und grau und auch teilweise so kaputt, dass sie anfingen an manchen Stellen zu bröckeln. Die Straßen waren überfüllt von Menschen die ihre Kleidung in Pennymärkten kauften und jeden Cent umdrehen mussten, um gut durch den Tag zu kommen. Ja, wir lebten in einem Armenviertel. Unser Haus war auch eins von vielen Anderen. Grau, alt und zerbröckelt. Es befand sich in einer Siedlung wo ein Haus neben dem Nächsten standen, kaum Platz für Pflanzen, Bäume oder anderes Grünzeug was ich so liebte. Nur das karge Unkraut wucherte aus allen Asphaltritzen.
 

Nach einer Weile kamen wir zu Hause an. Simon sprang sofort aus dem Auto und rannte ins Haus. Meine Mutter stieg kopfschüttelnd aus dem Wagen und ließ einen kurzen Blick zu mir rüber schweifen, was soviel hieß wie ‚räum bitte die Einkäufe ins Haus’. Na toll. Mit leicht verdrehten Augen schob ich meinen Hintern vom zerkratzten Sitz und tat das, was mir unfreiwillig auf erzwungen wurde.

(Das Leben ist mir nicht gerade zum Guten bestimmt..)

Ich packte viele Tüten gleichzeitig und schleppte mich kaum sehend zur Haustür. Ich fühlte mich wie ein Packesel und wollte schon anfangen wie einer zu brüllen, woran ich aber von Keiko abgehalten wurde die gerade hinter mir stand und mich keck angrinste.

»Na Finchen. Ich sehe du bist wieder schwer bei der Arbeit.« Sie griemelte.

»Ist ja sehr witzig..«

»Mhh.« Mit ihrem Grinsen starrte sie immer wieder auf die voll bepackten Tüten und wieder zu mir hoch. Sie kicherte leise vor sich hin, entschloss sich aber mir doch zu helfen.

»Will ich mal nicht so sein.«

Sie packte sich 3 Tüten und tapselte ins Haus als ob sie Watte tragen würde. Ich guckte ihr leicht verdutzt hinterher.

(Eine Elfengleiche sportliche Figur und so viel Mumm in den Knochen. Respekt.)

Ich ging ins Haus und setzte die restlichen Tüten in der Küche ab, wo Keiko schon lange wartete.
 

»Keiko, sollen wir was in den Park gehen? Ich brauch ein wenig Auslauf, sonst werde ich hier noch wahnsinnig.«

Kurz nach Beendigung des Satzes bekam ich plötzlich einen kleinen Ball an den Kopf geworfen. Einmal... Zweimal...Dreimal... Bevor Simon ein viertes Mal werfen konnte, schnappte ich mir den Ball, quetschte ihn in meiner Hand wie einen Wutball, ließ in dann aber doch fallen. Während meine restliche gute Laune langsam das Weite suchte lachte mich Simon kack frech an und lief schnell nach oben in sein Zimmer. Er wusste, wenn ich ihn erwischen würde, oh was würde ich alles mit ihm anstellen. Man könnte einen Horrorfilm drehen, wenn ihr versteht was ich meine.
 

Keiko sah mich mit ihren großen blauen Augen an und kicherte.

»Klar, gern.«

Ich zog meine leicht verdreckte Jacke aus und rief die Treppe rauf, wo ich meine Mutter vermutete.

»Mama? Ich bin jetzt mal weg. Keine Ahnung wann ich wieder komme.« Es war leise.

Da ich nichts hörte nahm ich an, dass sie es gehört hatte und ging mit Keiko aus dem Haus Richtung Park, der ganz in der Nähe war. Der einzigste Ort an dem die Welt nicht ganz so leblos aussah. Ich mochte Blumen und ihre vielen bunten Farben. Sie stimmten mich immer friedlicher. Sie waren für mich wie eine Art Droge, nur das sie legal waren und mir nach der Ansicht ihrer wunderschönen Blüten ein Rausch der Benommenheit erspart blieb. Wenigstens etwas, was hübsch war in dieser schrecklichen Stadt.
 

Der Park war nicht groß, trotzdem versammelten sich hier immer sehr viele Leute. Besonders die Jungen die sich hier mit Bierkästen und lauter Musik auf der gesamten Wiese breit machten. Hauptsächlich mied ich es in deren Umgebung zu sein, da ich Ruhe viel lieber mochte, als das ständige Party machen. Immer gut drauf sein, wer kann das schon. Außer Keiko vielleicht. In der Mitte des Parks war ein großer klarer See. Obendrauf lagen jede Menge Seerosen. Bei näherem betrachten, fiel einem auf, dass die Seerosen nicht einfach so auf dem Wasser schwammen, sondern nach jedem Windstoß anfingen zu tanzen. Wie ein langsamer Walzer. Ich konnte nicht tanzen, weder die Klassischen noch die Jugendtänze die in Diskos verlangt wurden.
 

Wie jedes Wochenende war auch Heute der Park brechend voll. Keiko und ich setzten uns unter eine große Linde, machten es uns dort gemütlich und sahen auf den See. Eine Zeitlang schwiegen wir uns an und genossen den warmen Wind der über den See wehte und unsere Gesichter streichelte. Bis ich das Schweigen brach und leicht abwesend vor mich hin nuschelte.

»Ich habe keine Lust mehr hier mein Leben zu verbringen. Alles das Gleiche. Es gibt gar keine Möglichkeit aus diesem Mistloch raus zu kommen. Vielleicht gerade eine Stadt weiter. Aber ich will mehr als das. Ich möchte die Welt sehen, andere Kulturen oder durch irgend welche Dschungel stapfen. Von mir aus auch unter Wasser oder in der Luft. Irgend etwas spannendes erleben halt. Wie in den Märchen Büchern.« Ich seufzte und lehnte mich an den Stamm.

Keiko sah mich an und nickte mir zu. »Ja, wer wünscht sich das nicht. Aber ich habe da eigentlich keine Sorge. Jedem wieder fährt mal etwas Gutes, auch uns. Du wirst schon sehen. Es geht manchmal schneller als man denkt.« Sie lächelte mich an.

Ich war wie immer fasziniert von ihrer Zuversicht, Dinge die meist aussichtslos erschienen doch noch ins positive Licht zu rücken. Keiko war eine Frohnatur. Ganz im Gegensatz zu mir. Ich war froh sie zu haben. Die einzigste Person die mich versteht und in dieser tristen Welt zum lachen bringen konnte. Ich wüsste gar nicht was ich ohne sie machen würde.
 

Wir saßen noch eine ganze Weile am See und genossen den restlichen Tag. Der warme Wind wurde nach einiger Zeit kühler und der Himmel zog sich langsam zu, bis die leicht grau-gelbe Sonne hinter den Baumkronen und dem dichten Rauch verschwand und der Abend anbrach. Wir standen auf, klopften hängen gebliebene Grashalme von den Hosen und gingen in Richtung Heimat, bis der dunkle Abendhimmel uns in seiner Tiefe verschluckte.



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