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Fight of my heart

Volleyball kann zwar ein Stückchen Leben, aber das Leben alleine niemals nur Volleyball sein
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Melo ist zurück ^-^
Es ist ein fieses Kapitel :D habt Spaß :D


~Yamamoto bittet Yushima um ein Freundschaftsspiel zwischen Aoba und der russischen Mannschaft, um Shirakawa ihre Unterlegenheit zu demonstrieren. Milas Mannschaft hat sie geschlagen, sie weiß, dass sie das nicht schaffen können, den Vizeweltmeister zu schlagen. Sie ließ ihre Mannschaft in eine schier aussichtlose Situation laufen…~ Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich bin wieder da, nach ewigen gefühlten Zeiten :D
Und ich habe mich bei diesem Kapitel irgendwie so richtig ausgelassen, deswegen ist es auch so lange... ^^ Komplett anzeigen

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Der Ausfall des Kapitäns

Also eines mal vorweg: Das ist meine erste Mila-story und ich bin ein Yushima-Fan. Was das heißt könnt ihr euch ja denken. Er und Mila sind Hauptpersonen und es soll eine Lovestory werden, aber wartet es ab. So schnell wird das nicht gehen. Ich lasse mir Zeit.. und ein paar Spiele werden auch kommen, keine Angst XD aber nun viel Spaß mit dem ersten Teil ^^
 

Infos: Bei den Namen der Anderen Spieler, hoffe ich, dass die niemand durcheinander bringt XD ich habe manchmal den Vornamen, dann wieder den Nachnamen genommen X'D
 

Shigemi ist z.B der Vorname von Kiyama usw. wenn was unklar ist nachfragen bitte ^_~

<--- dafür habe ich jetzt die Namen als Charabeschreibung aufgelistet ^-^


 

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Shigemi war sofort zu Mila gelaufen, als Yushimas Freund und Mannschaftskamerad Oota ihr mitgeteilt hatte, dass der Kapitän für das Halbfinale wohl ausfallen würde. Sie war auf dem Weg zu Kaoris und Milas gemeinsamen Zimmer, lief auf dem Gang jedoch nur Kaori über den Weg, welche ihr verwundert nachblickte, als sie das Mädchen über den Gang rennen sah. Zuerst dachte sie, dass Kiyama vor dem Leibhaftigen davonlief, so ein Tempo hatte sie drauf und das Blitzen ihrer Augen war ihr auch nicht verwehrt geblieben. Im Prinzip ging es sie aber herzlich wenig an, was Kiyama hatte und sie interessierte sich auch nicht für ihre Mannschaftskollegin. Noch immer war sie ihr unsymphatisch, sie konnte sich an Milas freundlichen Getue keinen Reim machen, auch wenn man ihr erklärt hatte, wieso sie es tat. Das Mädchen hatte aus ihrer Sicht ein wenig zu gutes Gemüt und ihre Naivität hatte sie schon oft bereuen müssen. Vielleicht wollte Kaori es einfach nicht wahrhaben, dass Mila Shigemis Freundin war, oder sie fand es nur ungerecht, dass man sie überging. Schließlich hatte Kaori nie gegen sie intrigiert und ihr immer geholfen. Aber Kaori nahm es ohne mit der Wimper zu zucken hin.

Shigemi Kiyama wollte zu Mila, doch diese war nicht im Zimmer, also blieb ihr nichts anderes übrig, als mit Kaori Vorlieb zu nehmen und sich an sie zu wenden, auch wenn es ihr nicht schmeckte. Der Hass der Beiden beruhte immerhin auf Gegenseitigkeit, die Beiden waren nur innerhalb der Spiele und nur zum Schein Kameradinnen. "Wo ist Ayuhara hingegangen? Wärst du so freundlich.." Schon alleine diese Worte, kamen sehr schwerfällig über Kiyamas Mund.

"Sie ist mit Yuriko Matsuyama einkaufen gegangen", antwortete Kaori mit soviel Freundlichkeit, wie es ihr möglich war und sah Shigemi dabei nicht direkt an.

"Kannst du ihr etwas von mir bestellen?"

"Was denn?" Kaori wandte nun den Blick doch Kiyama zu, die sehr aufgeregt und besorgt schien.

"Yushima fällt aus, das dürfte sie interessieren. Er ist beim Training einfach umgekippt. Ich glaub, es ist was ernstes, der Kapitän würde nämlich nicht, wegen einer Kleinigkeit nicht..naja das Spiel gegen die USA findet wohl ohne ihn statt.."

Kaori sah sie erst perplex, dann mit schweißübersäten Gesicht an.

"Das wird schwierig", verriet sie ihre Gedanken, "die Mannschaft hat immer auf ihren Kapitän vertraut. Es wird der ganze Kampfgeist verloren gehen.."

"Das denke ich auch und Mila dürfte es sehr beschäftigen, wenn es was ernstes sein sollte. Sie hat jede freie Minute genutzt, um an Yushimas Technik zu feilen. Ich glaube die Beiden verbindet mehr als nur der Sport, sonst würde sie sich nicht so um ihn bemühen."

"Du hast deine Nase wieder in fremde Angelegenheiten gesteckt, nicht wahr, Kiyama??" fragte Kaori, obwohl sie es bereits wusste. Das Mädchen konnte es wohl nicht lassen. "Aber ich sag's ihr, sobald ich sie sehe."

"Hoffen wir, dass alles gut geht.."

Nuriko Yamagami kam, dicht gefolgt von Yuriko und Mila Ayuhara, zum Zimmer. Die drei hatten jede Menge Einkäufe erledigt, schließlich war man nicht oft im Ausland und wollte sich Souvenirs besorgen. Die Ausbeute wollten sie erstmal verstauen. Mila öffnete die Tür und sah Kaori auf dem Bett liegen, die sich ausruhte.

Langsam öffnete diese die Augen, blickte zu ihrer Freundin hinüber und richtete sich auf. Das Mädchen schien bester Laune zu sein.

"Na, wie war euer Einkauf??"

"Spitze, was sonst? War mal etwas anderes als Training."

"Mila, Kiyama war vorhin hier, es ging um Yushima, ich soll dir etwas ausrichten.."

Die Angesprochene machte große Augen. "Yushima, Kiyama? Was ist mit den Beiden?" Sie wurde hellhörig.

"Kiyama dachte, dass es dich interessieren könnte, dass es Yushima schlecht geht. Er ist beim Training einfach zusammengebrochen. Das ist nicht seine Art, schlapp zu machen!"

Mila ließ ihre Tüte zu Boden fallen und rannte aus dem Zimmer. Auch Kaori bemerkte, was mit dem Mädchen los war, denn so benahm sie sich nur seinetwegen. Doch sie selbst sah es als selbstverständlich an. Sie rannte, wie vorher ihre Mannschaftskameradin. Wie war es nur zu dem Zusammenbruch gekommen? Yushima war doch an Stärke und Ausdauer nicht zu überbieten, schließlich war er Japans bester Spieler und der Kopf der Mannschaft. Ohne ihn würden sie sicher verlieren. Außerdem machte sie sich fürchterliche Sorgen um ihren Freund.

Sie kam nach kurzer Zeit, des Rennens und total aus der Puste bei der Sporthalle an, erblickte die Spieler seiner Mannschaft und bemerkte, dass trübe Stimmung herrschte. Keiner war richtig bei der Sache. Die Jungs machten sich genauso viel Gedanken, wie sie.

Langsam schritt sie auf Trainer Hirata zu, blieb kurz unschlüssig hinter ihm stehen, ohne sich bemerkbar zu machen. Ihr Atem rasselte vor Aufregung. Dann schluckte sie und tippte ihm auf die Schulter. Er drehte sich zu ihr um und sah sie mit fragenden Augen an, auch wenn er wusste, was sie wollte. Jedem war das im Moment klar, dass sie wissen wollte, was mit Yushima war. Das Mädchen blieb stumm, wie ein verängstigtes Kind. Es war ihr irgendwie peinlich nach Yushima zu fragen, denn alle Blicke waren auf sie gerichtet und sie würden alle für dessen Freundin halten, was sie aber nicht wollte. Sie dachte, Volleyball sei alles, was sie verband, doch da war noch eine andere Tatsache, von der nur sie allein wusste, denn sie hatte niemanden davon ein Sterbenswörtchen gesagt. Beide hatten sie einen geliebten Menschen durch den Tod verloren. Sie nahm all ihren Mut zusammen, atmete tief und gleichmäßig durch, bevor sie zu einer Frage ansetzte.

"Entschuldigen sie bitte die Störung, aber man sagte mir, der Kapitän wäre zusammengebrochen und ich.. wollte wissen.. wo er jetzt ist und wie es ihm geht."

"Man hat ihn ins Krankenzimmer gebracht, zum ausruhen. Es ist wahrscheinlich nichts ernstes, aber einen nicht komplett fitten Spieler kann ich nicht einsetzen. Was wenn soetwas noch einmal passiert? Deshalb wird er morgen ausfallen", antwortete Hirata freundlich und bemerkte sofort ihren erleichterten Blick, den sie ihm zuwarf.

"Danke vielmals." Sie verbeugte sich leicht zum Dank.

"Keine Ursache."

Sofort rannte sie zum Krankenzimmer und klopfte leise an.

"Herein", erklang eine Stimme und sie trat ein.

"Hallo", Yushima lächelte gequält. Man sah ihm sofort seine Misslaune an.

"Schön, dass du gekommen bist. Morgen kann die Mannschaft beweisen, wie gut sie ist und wie sie ohne mich siegen können."

"Glaubst du wirklich daran, dass sie ohne dich gewinnen? Sie haben noch nie ein Spiel ohne dich bestritten."

"Jeder unserer Mannschaft ist gut genug, um eine Mannschaft anzuführen. Oota wird meinen Platz einnehmen. Wenn sie ihr bestes geben, schaffen sie es auch. Es kann nichts passieren, glaub mir! Ich kenne doch meine Mannschaft und es bringt auch nichts, wenn ich das Team durch meinen Egoismus zerstöre. Ich würde gerne der Star der Mannschaft sein, aber noch so ein Zusammenbruch und sie werden von ihrer Sorge beherrscht. Sie würden sich nicht mehr konzentrieren können. Weil sie nur an ihren Kapitän denken. Ich tu's nur für die Mannschaft. Beim Endspiel bin ich sicher wieder dabei. Das fordere ich Revenge für das letzte Spiel, bei dem wir an den eisernen Blocks von Shiwilanzki, Kawski und Beriakov gescheitert sind. Wenn wir diese drei ausschalten können, haben wir gute Aussichten auf einen Sieg. Alles, was zählt ist doch, dass wir gemeinsam kämpfen und dazu gehört auch, dass man an das Wohl der Kollegen denkt."

Mila wusste damals schon, dass Manumba und er eine ähnliche Meinung hatten, aber das war alles so selbstlos. So könnte sie niemals sein. Sie dachte immer an sich. Das musste sie dringend ändern. Damals schon hatte sie die Kenianerin bewundert. Ihre Mannschaft war für sie das Wichtigste, doch als sie bei einem Spiel, wegen des ungewohnten Klimas zusammenbrach, sagte sie: Wenn ich jetzt wieder rausgehe und noch mal umkippe, dann mache ich die ganze Teamarbeit kaputt! Deshalb war sie im Krankenzimmer geblieben und ihre Mannschaft wurde mit 3:0 geschlagen. Das Schlimmste war, dass es ihr letztes Spiel war. Ihre Familie war arm und sie musste sie unterstützen, dafür sogar das Volleyball aufgeben. Yushima dachte ebenso: Die Mannschaft war das wichtigste!

Sie bewunderte ihn dafür.

"Du hast vollkommen Recht: Nichts geht über das Wohl der Mannschaft!

Ich verspreche, dass du morgen dein größtes Spiel haben wirst. Es muss so sein, nachdem was wir alles ertragen haben." Mila senkte leicht den Kopf, blickte dann jedoch wieder auf, um ihn anzusehen und seine Hand zu ergreifen. Sie wollte ihn so gut es geht unterstützen.

"Was hat der Arzt gesagt, wie lange du pausieren sollst?"

"Er meinte ich solle mich ausruhen, dann würde es (über)morgen auch wieder gehen. Aber ich fühle mich so ausgelaugt, als hätte man mir sämtliche Kraft entzogen." Jetzt, wo es drauf ankam, musste er schlappmachen und dafür hatte man dann bis zum umfallen trainiert. Er konnte nichts anders tun, als auf die Anderen hoffen und, dass das Spiel gut verlief, sonst wäre alles umsonst.

"Es tut mir leid, dass du meinetwegen so viele Unannehmlichkeiten hattest. Hoffen wir, dass es wenigstens etwas gebracht hat, dass wir so hart trainiert haben. Ich bin dir jedenfalls dankbar für deine Hilfe."

"Ach hör auf! Ich danke dir. Du bist es immer, der mir Mut macht. Es ist dein Verdienst, dass ich niemals daran denke aufzugeben. Du schaffst es immer mich wieder aufzubauen. Egal wie sinnlos es sein sollte, wir kämpfen!"

Yushima legte seine Hände auf ihre. "Gemeinsam schaffen wir es schon irgendwie." Er zog sie leicht zu sich auf die Brust. Wenn sie zusammenhielten dann konnte gar nichts schief gehen. Langsam schloss er seine Augen, genoss den leichten Druck ihrer Hände auf seiner Brust und ließ sie einige Zeit dort verweilen, indem er sie nicht losließ. Er tat es nicht oft. Niemand brach die eingetretene Stille. In solchen Momenten genoss er einfach den schüchternen Körperkontakt zwischen ihnen und vermied etwas zu sagen, was die Stimmung zerstören könnte. Jedes Mal, wenn er etwas schönes sagen wollte, rastete sie irgendwie aus, geradeso als würde es ihr nicht passen, dass sie sich näher kamen. Doch damals hatte sie auch nichts dagegen gehabt. Yushima glaubte fest, dass sie es verhindern wollte, aber weshalb sie es tat, wusste er nicht. Vielleicht hatte sie sich seine Worte damals zu sehr zu Herzen genommen und es war eine Schutzreaktion ihres Körpers. Er wusste dennoch nicht genau, was es damit auf sich hatte. Ihm lief Schweiß übers Gesicht. "Mann ist mir heiß, ich glaub das Fieber ist wieder gestiegen", sagte er leise, was allerdings mehr eine Art Ablenkung war.

"Hey! Von Fieber hat mir aber keiner was gesagt. Ich kümmere mich lieber ein bisschen um dich." Zum ersten Mal seit langem schenkte sie ihm ein Lächeln.

"Du solltest öfter mal lachen, das steht dir sehr gut", flüsterte er leise, als habe er Angst sie könnte ihn hören. Wieder fühlte er sich zu ihr hingezogen, aber nicht, weil sie es war, sondern weil sie ihn an seine zerbrechliche Yohko erinnerte. Vor diesen Gefühlen fürchtete er sich, weil er sie nicht verstand. Er unterdrückte sie, weil er nicht damit klarkam, dass die Beiden sich so ähnlich wie Geschwister waren. Empfand er denn nun das Gleiche, wie für seine kleine Schwester, oder steckte da mehr dahinter? Vielleicht war es auch einfach nur diese Leere. Normalerweise war er nicht gefühlsduselig, sonderlich seit Yoko tot war, das war immerhin 4 Jahre her, und ihn somit verlassen hatte. Immer wenn es ihm schlecht ging und er die Kontrolle zu verlieren drohte, dachte er an Yoko und, dass nichts schmerzhafter war, als ihr Tod. Dann wusste er, dass ihm die kleine Schwester im Leben fehlte. Aber war es das wirklich oder einfach nur Einsamkeit?

Gegen Schmerz und solche Dinge war er immun geworden. Nichts konnte ihn verletzen, nachdem das schlimmste schon geschehen war. Er dachte daran, als sie weg war, doch als sie wieder zurückkam, mit einer Schüssel Wasser in der Hand, riss er sich am Riemen und wirkte wie immer.

Mila drückte ihm ein mit Wasser getränktes Tuch auf die Stirn und wischte ihm die Schweißtropfen weg. Sie tauchte es erneut in die Schüssel, wring es aus und platzierte es erneut auf seiner Stirn.

"Du hast also mit Fieber trainiert, und obwohl du krank bist, konntest es trotzdem nicht lassen, du Sturkopf!" schimpfte sie.

"So ähnlich. Ich dachte, so ein bisschen Fieber kann mir nichts anhaben."

"Ich dachte schon, es sei etwas ernstes, du kippst ja für gewöhnlich nicht so einfach weg."

"Mach' dir keine Sorgen um mich, mir geht's ja bald wieder besser und zum Endspiel steh' ich auf dem Feld und mache ein fantastisches Spiel!"

Sie fuhr ihm durch die verklebten Haarsträhnen und strich sie von seiner Stirn.

"Das werden wir ja sehen, ob du überhaupt spielen kannst." Als wenn sie darauf Einfluss hätte.

"Auf jeden Fall werde ich spielen!" bestand er.

"Du bist ein wenig wie ich."

Was er auf ihre Worte dachte, sagte er nicht laut: Sie war wie seine Yoko! Nicht er war ihr ähnlich sondern nur sie.

"Das glaube ich kaum, dass ich wie du bin", antwortete er mit sicherer Stimme. "Du würdest heulen, wenn du in einem Spiel aussetzen müsstest."

Da hatte er nicht Unrecht. "Du musst mich ja für eine ganz schöne Heulsuse halten, wenn du schon so was denkst! Immer sagst du nur, ich soll nicht heulen! Tut mir Leid, dass dich das so stört! Niemand zwingt dich mit mir befreundet zu sein!" sagte sie ruppig, verriet mit ihrem Blick, der zur Seite schwang, dass sie es ihm übel nahm, was er gesagt hatte.

"Du vergisst wohl, wem du zu verdanken hast, dass du nicht aufgegeben hast, als im Trainingslager alle gegen dich waren. Du hast oft geweint und ich hab' dich wieder aufgebaut! In Hokkaido warst du am verzweifeln.." Er stockte. "Du wusstest nicht, wie es denn weitergehen soll. Ich mein, ich kann das verstehen.. ich hab meine eigene Meinung über dich und die solltest du endlich akzeptieren!" Er klang wirklich wütend, dämpfte sich jedoch. "Davon abgesehen tut es mir Leid, dass meine Worte so geklungen haben, als würde ich dich für eine Heulsuse halten."

Sie glaubte ihm, weil er sich ihrer Meinung nach so reuevoll und gekränkt anhörte.

"Schon gut. Wir sollten uns nicht wie Kinder streiten."

"Aber du hast angefangen und musst wohl auch wieder damit aufhören."

"Ja, ja, schieb's nur wieder mir in die Schuhe, wenn du nicht krank wärst, dann kämst du mir nicht so davon!"

"Ich liebe es, wenn du so was sagst! Dann funkeln deine Augen so verführerisch auf!"

Na klasse, jetzt hatte er es wieder geschafft, etwas zu entdecken, dass er an ihr liebte. Gleich würde sie wieder ausflippen!

Musste er es denn wirklich immer auf diese Weise versuchen? Ständig gerieten sie aneinander und das war alles bloß seine Schuld! Sie hatte das Gefühl, dass er das manchmal brauchte. Immer wenn sie in Streit ausbrachen, sagte er etwas, was sie aus dem Konzept brachte: Wie zum Beispiel, dass er ihre Augen am liebsten mochte, wenn sie wütend war. Und den flirtenden Unterton, den er dann stets annahm. Sie konnte das wirklich nicht ausstehen und vielleicht wollte er sie nur ärgern, weil er wusste, dass sie seinem Charme so nicht widerstand. Und diese Annahme war es schließlich, die sie zurückschrecken und dann wütend werden ließ. "Ach halt die Klappe! Lass mich mit diesem Ich-liebe-es-Quatsch bloß in Ruhe! Meine ganze Liebe und Leidenschaft gehört dem Volleyball und daran habe ich auch nicht vor eine Änderung vorzunehmen!"

"Ist ja gut", besänftigte er sie. "So war's auch wieder nicht gemeint."

Mila hatte vor 4 Jahren ein einflussreiches Gespräch zwischen ihren damaligen Trainer Hongo und Herrn Inokuma mitangehört. Sie hatte sich die Worte gut gemerkt und langsam begriffen, dass er Recht hatte. Wenn man erfolgreich sein wollte, dann musste das Volleyball wichtiger sein als alles andere und Gefühle waren einfach fehl am Platze. Warum war sie jetzt eigentlich hier bei ihm? Sie wollte und musste doch für das morgige Spiel trainieren! Immerhin spielten sie gegen eine der stärksten europäischen Mannschaften. Auch die Tschechen waren gegen Spanien gescheitert. Es war für die 17-Jährige unverständlich, wie die Spanierinnen es so schnell so weit bringen konnten. Sicher hatten sie bis zum Umfallen dafür trainiert. Klar, das war's!

Wenn sie ins Finale kommen wollten, dann mussten sie es ihnen gleich tun.

"Tut mir Leid, aber unser Training ist noch mal fällig. Das morgige Spiel wird kein Zuckerschlecken für meine Mannschaft. Ich komme später wieder. Bis dann!" Sie entfernte sich zur Tür, nahm die Klinke in die Hand und warf ihm einen sehnsüchtigen Blick zu, bevor sie den Raum verließ.

Yushima war klar, dass dieses Spiel für immer zwischen ihnen stehen würde, aber es war ihm egal, schließlich verstand er sie.
 

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Fortsetzung folgt...

Feuerprobe

Atemlos blieb sie vor der Tür stehen. Ihr Herz klopfte wie wild und sie griff sich dorthin. Lieber wär sie bei ihm geblieben, aber das Spiel war einfach zu wichtig für sie, als, dass sie das Training vernachlässigen würde. Schnell rannte sie zur Umkleide, um sich die Trainingsklamotten anzuziehen und verschwand dann in der Halle nebenan, wo man sie schon erwartete.

"Was hat dich aufgehalten?" fragte Inokuma in wütenden Ton und warf sogleich einen Ball in ihre Richtung, den sie im letzten Moment annehmen konnte. Ihre Augen weiteten sich, denn aus irgendeinem Grund hatte er immer etwas dagegen, wenn sie bei Yushima war. Er hatte wohl Angst, sie würde ihre Pflichten als Mannschaftskapitän vernachlässigen.

"Die japanische Damen-Nationalmannschaft zeichnet sich seit eh und je durch ihre perfekte Verteidigung aus und du, Mila, solltest da keine Ausnahme bilden. Deine miserable Annahme-Technik ist unser Schwachpunkt und das müssen wir korrigieren, sonst wird man uns über kurz oder lang in die Knie zwingen. Von mir aus machen wir das mit Trainung bis zum Umfallen. Gib dir gefälligst Mühe, verstanden??"

"Jaha", erwiderte sie nervös.

"Ansonsten bin ich gezwungen dich auf die Bank zu setzen", drohte er. "Willst du das??"

"Nein, Trainer!"
 

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Nach dem Training ging sie noch mal ins Krankenzimmer. Yushima döste ein wenig, denn im Grunde fand er das hier sterbenslangweilig, lieber hätte er mit den Anderen trainiert, aber der Arzt hatte empfohlen, sich auszuruhen und der Trainer gab ihm Recht, also nahm Yushima es hin. Mila schien er gar nicht zu bemerken, als sie die Tür herein kam. Sanft legte sie ihre Hand auf seine glühende Stirn und verlor kurz all ihre Vorsätze aus dem Sinn.

Als er die Augen öffnete, trafen sie auf ihre. Sie musste hart trainiert haben, denn sie sah irgendwie total fertig aus.

"Was machst du denn schon wieder hier?" fragte er stichelnd, obgleich er sich über ihre Anwesenheit sehr freute. "Die Anderen dürfen trainieren und ich langweile mich hier. Weißt du wie mich das alles anödet?"

"Ich kann es mir zumindest vorstellen, aber das rechtfertigt nicht, in diesem Ton mit mir zu reden!"

"Schon gut, ich bin etwas gereizt, ist ja kein Wunder. Das Training war heute wohl sehr heftig, was?" erkannte er.

"Die Annahme muss besser werden, kannst dir ja vorstellen, was das heißt? Heute hat er mir sogar gedroht."

"Ja, kann ich. Das Training war bestimmt sehr heftig. Inokuma hat dich rumgescheucht, oder?"

"Das war auch wieder nötig! Man kann wirklich nicht gut genug sein. Auch, wenn Angriff die beste Verteidigung ist, meine Annahmen sind dennoch zu schwach, also müssen wir das in den Griff kriegen."

"Verausgabe dich besser nicht, ruh dich besser auch aus, schließlich hast du selbst gesagt, dass das Morgen nicht leicht wird, also musst du fit sein", riet er.

"Es geht schon, der Trainer weiß außerdem genau, was er tun und lassen kann!"

Mein Gott, er hatte es ja auch nicht angezweifelt! "Ich meinte nur, weil du so gern übertreibst. Ich kenne dich doch, Mila. Du trainierst von morgens bis spät abends, aber pass lieber auf, dass du bei den Spielen auch ausgeruht bist. Aber ich sollte mich da besser raushalten, das ist Aufgabe des Trainers, euch das zu verinnerlichen."

"Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen, Yushima! Und wie sieht es aus, geht's dir besser?"

"Klar, wenn man mich so lieb umsorgt."

"Ganz schön frech mein Lieber, pass lieber auf, wenn deine Krankenschwester sich weniger um dich kümmert."

"Damit komme ich schon klar." Seine Hand ruhte nun auf ihrer. "Ich werde es schon schaffen. Ich habe nicht pausenlos trainiert, um das Spiel gegen Russland zu verpassen, worauf ich mich so lange vorbereitet habe."

"Ich weiß, was du empfindest. Ich würde nach diesem Training auch nicht so leicht aufgeben. Ich bewundere dich für deine Stärke."

Er war also ihr Vorbild, was ihm sehr schmeichelte.

Ihn dem Moment wurde die Tür geöffnet und Yuko Furumoto trat ein.

"Entschuldigt, ich möchte eure traute Zweisamkeit ja nicht stören, aber ich soll dir sagen, Mila, dass wir gleich die Taktik für unser nächstes Spiel besprechen." Ein kleines Grinsen huschte über ihr Gesicht, sie zwinkerte ihnen zu und drehte ihnen wieder den Rücken zu, wobei ihr Pferdeschwanz, den sie eigentlich für gewöhnlich über ihre Schulter nach vorne gelegt hatte, nach hinten schwang.

Mila schrak augenblicklich auf, ließ hastig Yushimas Hand los und machte große Augen, da sie sich ertappt fühlte. Sie sah ihn an. "Du hast ja gehört, ich muss zur Besprechung. Gute Besserung und bis Morgen."

Auch er bemerkte, wie ihre Nervosität die Oberhand gewann und ihre Stimme zittern ließ, obwohl die Situation so beruhigend gewirkt hatte, bevor Furumoto reinkam. Er konnte nicht von sich behaupten, dass ihr Auftauchen ihn beglückte, nein, er betrachtete sie gar als Störenfried, der alles zerstörte, was gerade zwischen ihnen geherrscht hatte.

Mila trat vor die Tür und sah ihre Kollegin mit böse funkelnden Augen an. Oh ja, sie war zurecht sauer.

"Hast du noch nie davon gehört, dass man vorher anklopft, bevor man ein Zimmer betritt?" Missgelaunt drehte sie sich von ihr weg und ließ sie einfach stehen. Den blöden Spruch hätte sie sich echt sparen können. Von wegen, sie wollte ihre traute Zweisamkeit nicht stören!! Was fiel ihr überhaupt ein?? Mila fühlte sich missverstanden.

Alle zwölf Mädchen fanden sich im Gemeinschaftsraum ein und saßen wenig später am großen Diskussionstisch.

Der Trainer ergriff das Wort: "Also Mädchen, wie ihr alle wisst, spielen wir morgen um halb elf gegen die spanische Frauenmannschaft und ihr habt alle das Spiel gegen die Tschechen gesehen. Auch Jessicas hervorragende Annahmetechnik haben der Mannschaft nicht mehr als die Niederlage eingebracht. Was gedenkt ihr gegen eine solche Mannschaft zu tun?"

"Wir könnten sie durch kraftvolle, trickreiche Schmetterschläge und Schnelligkeit aus dem Konzept bringen. Keine Europäerin könnte unsere Angriffe voraussehen."

"Gut, Mila, aber das wird wenig bringen. Die Spanierinnen müssen bis zur völligen Erschöpfung trainiert haben, um so perfekt zu spielen. Es wird durchaus nicht enfach werden ihre Erfolgsserie zu durchbrechen. Am besten, wir spielen so frei wie möglich. Wir müssen unbedingt abwechslungsreich vorgehen, damit sie uns nicht vorraussehen können. Abwehr und Angriff müssen dafür jedoch im absoluten Gleichklang sein."

"Das bedeutet also, wir müssen Schwächen gekonnt verstecken. Weder unser Angriff noch die Verteidigung dürfen zeigen, dass wir in einem besser oder schlechter sind."

"Gut erkannt, da kommt ein starkes Stück Arbeit auf uns zu."
 

Vor dem wichtigen Spiel fühlte sich Mila gar nicht wohl. Sie hatte wohl wirklich mit dem Training etwas übertrieben. Bei der ersten Angabe der Spanierinnen zitterte sie schon vor dem Gegner. Ein ungutes Gefühl, welches nicht zu verachten war, machte sich in ihren Gliedern breit. Es hatte sie fast nie getäuscht. Mit rasender Schnelligkeit kam der Ball flach über das Netz geflogen und raste an Milas Schulter vorbei. Sie hörte nur, wie Yamagami Nuriko den Ball annahm. Als nächstes wurde er gekonnt gestellt, flog knapp über das Netz, direkt vor Mila, sie sprang hoch und schlug ihn ins Feld des Gegners, doch ein geschickter Block machte den Angriff zunichte. Der Ball donnerte wie eine Kanone vor Kaoris Nase, welche parierte, jedoch nicht verhindern konnte, dass er kurz vor ihr den Boden berührte. Der erste Angriff konnte das Spiel entscheiden, da er die Mannschaft, jene den ersten Punkt machte, offensiver und selbstbewusster werden ließ. Der Rest der Mannschaft wurde meist vom Kampfgeist mitgerissen. Mila wollte es verhindern, das so etwas geschah und zerstörte den nächsten Aufschlag mit einem direkten Schmetterball. Doch schon nach diesem kraftvollen Ball, fühlte sie sich schwach und ausgelaugt. Sie musste sich schonen, das wusste sie, sonst würde alles in einer Katastrophe enden.

Unter großer Anstrengung gelang es den Japanerinnen gleich zu ziehen, doch egal wie gut sie spielten, es gab immer eine Spielerin der Spanier, die dieses Niveau gekonnt brach und Japan übertrumpfte, bis sie den ersten Satzball hatten. Eigentlich hatte man mit weniger Gegenpunkten gerechnet, die Reporter dachten an das Spiel gegen Tschechien zurück. Der erste Satz war bereits regelrecht zu Gunsten der Spanierinnen verlaufen, Tschechien hatte nicht den Hauch einer Chance. Lediglich fünf Gegenpunkte hatte Jessica mit ihrer Mannschaft geschafft, mehr war einfach nicht drin gewesen, egal, wie sehr sie sich auch bemühten.

Mila spürte den Druck, den man auf sie ausübte, dass man von ihr ein gutes Spiel erwartete und verlangte. Alle Blicke waren stets auf sie gerichtet, allein aus dem Grund, weil sie Spielerin Nr.1 war. Zehn Punkte hatte sie für Japan machen können, doch zu mehr war sie an diesem Tag nicht in der Lage, denn sie lieferte eher ein mittelmäßiges Spiel. Bei einem Stand von 10:14 angekommen, retournierte man jeden Schmetterball ihrerseits, den sie ausführte, egal wie gekonnt und heftig er war. Die Anspannung war ihnen allen regelrecht anzusehen. Schweiß stand auf jedermanns Stirn, auch auf Kiyamas und Matsuyamas. Als der Ball erneut über das Netz ins Feld der japanischen Mannschaft flog, setzte Mila zu einem Sprung an, kurz nach ihr sprangen zwei Spanierinnen ebenfalls, jedoch mit hochgestreckten Händen, hoch, um den Ball schnell mit einem Block abzuwehren, doch Mila wechselte den Schlagarm und trickste so ihre beiden Gegnerinnen aus. Der Ball sprang knapp auf die Auslinie, der Punkt wurde gegeben, was ihrer Mannschaft eine kleine Chance gab. Furumoto stand auf der Position der Aufschlägerin, zögerte nicht und servierte den Spanierinnen einen ihrer gekonnten Flatteraufschläge, denen kaum eine Spielerin, auch die Spaniens nicht, parieren konnte. Sie holte ihrer Mannschaft einen Punkt und so langsam fassten ihre Mitstreiterinnen wieder Mut. Damit wurde der Spielstand auf 12:14 verkürzt. Doch die Spanierinnen hatten nicht vor diesen satz zu verlieren, da sie zu nah dran waren, immerhin fehlte ihnen lediglich ein Punkt, der gemacht werden musste, um den Satz zu gewinnen. Doch zuerst mussten sie das Aufschlagrecht zurückbekommen, um überhaupt punkten zu können.

Wieder kam der Aufschlag von Furumoto, doch sie machte den Fehler des Wiederholens, eine Spanierin erwischte ihn, eine weitere pritschte den gebaggerten Ball flach über das Netz und kaum fünf Sekunden später schmetterte die Mannschaftsführerin ihn in Milas Hälfte, das Mädchen hechtete nach dem Ball, doch berührte ihn nur der Faust, worauf er im hohen Bogen nach hinten flog und ihn keiner mehr erreichen konnte. Verdutzt starrten die Japanerinnen auf den Ball, der über das Feld sprang. Sie hatten nicht einmal den Hauch einer Chance daran zu kommen. Mila lief der Schweiß übers Gesicht. So einen schnellen Angriff hatte sie nur selten erlebt und niemand hatte es je geschafft einen solchen zu retournieren. Sie hatte keine Zeit darüber zu grübeln, wie sie das geschafft hatten, denn schon erfolgte der Aufschlag. Kaori nahm den Ball mit einer Hand aus der Luft an, Shigemi Kiyama stellte ihn gekonnt und Mila schmetterte ihn mit voller Kraft in eine für sie freischeinende Ecke, doch bevor der Ball am Rand der rechten Hälfte einschlug, hechtete die fünf der Spanier nach ihm und erwischte ihn gerade eben. Der Ball flog auf Japans Hälfte zu, die Mannschaftsführerin schlug ihn aus einer beachtlichen Höhe übers Netz, so dass er kaum erreichbar war, jedoch von Iwatani erfolgreich angenommen wurde. Ein paar spannende Ballwechsel später, schaffte es Spanien doch den Satzball zu verwandeln, auch wenn Japan gekämpft hatte.

Der zweite Satz lief nach Spaniens Regeln, Japan hatte es extrem schwer überhaupt die Finger an den Ball zu bekommen. Bei einem miserablem Punktestand von 7:14 war es auch schon geschehen. Mila wurde durch Spaniens Nr.1 geschlagen worden und landete durch einen regelrechten Kanonenschmetterball am Boden. Ihr hatte die Kraft gefehlt, um einen derart gekonnten und gezielten Schmetterball anzunehmen. Auch die Saltoannahne wirkte da sinnlos, denn sie brachte sie nur zu Fall. Sie war auf einen derart kraftvollen Schlag ohnehin nicht gefasst gewesen und sie fühlte sich schuldig, denn wenn die ihre Annahmen besser wären, dann hätten sie öfter zurückschlagen können.

Deprimierte Gesicher schritten auf Inokuma zu. "Es tut uns leid", enschuldigte sich Mila für die gesamte Mannschaft.

"Mila nehme ich erst Mal raus, um die Verteidigung zu stärken. Ihr alle seid erstklassige Spielerinnen, vertraut in eure Technik und gewinnt den dritten und vierten Satz, das erwarte ich von euch. Im fünften lasse ich den Kapitän wieder aufs Feld, aber dann müsst ihr es erstmal so weit kommen lassen. Mila kommt mir etwas geschwächt vor, lasst sie die beiden Sätze Luft holen." Der Trainer ballte die Hand zu einer Faust. "Lasst sie Punkt für Punkt eure Kraft spüren, bringt sie dadurch völlig aus dem Konzept!"

Die Worte des Trainers gaben ihr keinerlei Schuld und doch fühlte sich der Teamchef für das Desaster verantwortlich. Inokuma nahm sie jedoch raus, um die Abwehr zu stärken, die durch sie etwas in Mitleidenschaft gezogen worden war. Für sie kam Masako Onosawa ins Spiel, welche die Rückennummer Neun trug.

Mila versank während des Spieles total in Gedanken. Nicht einmal feuerte sie ihre Mannschaft an, denn es traf sie hart, dass man sie einfach durch eine andere Spielerin ersetzte. Sie stand auf. "Trainer, ich gehe zur Krankenstation", verriet sie. Ihre Worte waren nicht als Frage formuliert und Inokuma traute seinen Ohren kaum. "Du bleibst", ordnete er an, doch da war sie schon durch den Ausgang weggerannt. Ihr Weg führte sie zu keinem anderen, als ihrem Freund Yushima.

Tränen standen in ihren Augen. Sie klopfte zaghaft gegen die Tür, welche umgehend geöffnet wurde. Yushima musterte sie, denn er hatte sie nicht erwartet. "Ist das Spiel etwa schon zuende? Ist wohl nicht so gut gelaufen, was?" fragte er, als er ihren deprimierten Blick sah und erkannte, dass etwas nicht in Ordnung war.

Mila schüttelte nur den Kopf. "Man hat mich raus genommen.."

"Warum denn?" Entsetzt sah Yushima sie an. Sie sah nun noch deprimierter aus. Milas Nerven waren stark angekratzt, sie warf sich ihm hemmungslos an die Brust und heulte einfach drauf los. "Ohne.. mit der Wimper zu.. zucken.. hat er mich ausgewechselt. Ich habe heute, wo's drauf ankam.. nicht gut genug gespielt. Ich.. fühle mich.. so.. elend."

"Du weißt, dass ich dir da nicht helfen kann?"

"Darum geht's nicht." Mila erhob den Kopf leicht. "Ich brauche nur deine starken Arme, um mich besser zu fühlen."

Yushima bemerkte das Zittern ihres Körpers und schob sie leicht nach vorne. "Was ist, geht's dir nicht gut?" wollte der junge Mann von ihr wissen.

"Ich hab keine Kraft!" Immer noch rollten Tränen über ihr Gesicht, doch Yushima verzog keine Miene.

"Beruhige dich und hör auf dir selbst leid zu tun. Ich bin der Letzte, der dich trösten wird. Du musst alleine klarkommen. Ich habe selbst Probleme, das weißt du auch. So einfach ist das nicht, du kannst nicht verlangen, dass jemand anderes deine Probleme löst. Und vorallen solltest du bei deiner Mannschaft sein, statt hier. So etwas verantwortungsloses ist mir ja noch nie untergekommen!" schimpfte er.

Mila schluchzte. Das war gemein von ihm, aber es verwunderte sie nicht, denn manchmal war er kälter als ein Eisberg zu ihr. Sie suchte Trost bei ihm und das Einzige, was ihm einfiel war, dass sie keine Verantwortung übernahm. Manchmal verhielt er sich wie jetzt und dann war er wieder nett. Sie wusste wirklich nicht, was das sollte und stand verwirrt vor ihm. Aber seine Ratschläge waren immer gut gewesen. "Ich gehe, du hast mal wieder Recht. Ich sollte als erstes an die Mannschaft denken. Ich krieg meinen Kopf schon frei.." Gesenkten Hauptes schloss sie dir Tür hinter sich.

Yushima war durchaus bewusst, wie hart er manchmal mit ihr umsprang, aber er wollte nicht, dass ihr etwas wichtiger war als die Mannschaft und es war wieder nötig gewesen ihr die Augen zu öffnen. Sicher verstand sie das und war ihm nicht böse deswegen. Dass er ihre zarten Gefühle verletzte, darauf kam er nicht.

Inokuma bemerkte, als Mila sich lautlos neben ihn setzte, dass etwas nicht in Ordnung war, aber er schwieg, denn seine ganze Aufmerksamkeit gehörte dem Team, das eisern um jeden Punkt kämpfen musste. Der dritte Satz war sehr knapp und mit ein wenig Glück gewonnen worden und nun musste der vierte auch erkämpft werden. Und es sah gar nicht mal so schlecht für Japan aus. Spanien schien sich ein kleines bisschen verausgabt zu haben, denn sie schnappten ziemlich heftig nach Luft. Trotzdem war der Trainer noch lange nicht zufrieden. Wenn sie schon jetzt, gegen so eine Mannschaft, nur wegen günstiger Umstände gewann, dann konnten sie sich darauf wirklich nichts einbilden. Dennoch war er froh, dass die Mannschaft auch ohne Mila stark genug zum siegen war. Er dachte an die Herrenmannschaft und, was dieser bevorstand, dass sie ihne Yushima ganz schön was leisten mussten. Da waren sie wirklich besser dran. Jede Spielerin kämpfte mit Erfahrung um den Ball und der Erfolg gab ihnen Recht. Inokuma war stolz auf die Mädchen. Doch Mila machte ihm gerade Sorgen. "Mila, wir werden diesen Satz zwar gewinnen, aber im fünften wird alles an dir liegen. Nochmal schaffen wir das nicht, der Gegner wird das nicht zulassen, sie werden nicht kampflos aufgeben. Sie haben lange und hart trainiert, das sieht man, keine Mannschaft würde da vorschnell aufgeben. Alles hängt vom letzten Satz ab. Wir müssen in jeder Hinsicht besser sein als sie, um zu siegen. Verstanden?" Inokuma bekam Milas überraschten Blick mit und sie sah so verunsichert aus. "Seit wann kann man dich so leicht entmutigen? Bisher warst du immer die Rettung. Du schaffst das schon."

Das war ja gerade das Problem. Sie ganz alleine hatte den Sieg oder die Niederlage in der Hand, wenn sie schlecht war, musste die ganze Mannschaft leiden. Kurz gesagt, das Mädchen hatte Angst.

"Bitte nicht. Heute habe ich nur versagt, weil ich nicht gut war!"

Inokuma hätte sie für die Worte am liebsten ins Gesicht geschlagen. "Hör auf dich so unterzubewerten! Du gehst gleich da raus und machst ein gutes Spiel!"

"Warum ich?"

"Das ist eine törichte Frage! Du bist Mannschaftsführerin und hast Verantwortung zu tragen! Alle schauen zu dir auf, also lass dich nicht so gehen."

Mila nickte bloß. "Ich werde immer mein bestes geben!"

"So will ich dich hören." Der Ball schlug, nach langem Ballwechsel, im gegnerischen Feld ein und mit diesem Punkt für Japan war auch der vierte Satz gewonnen. Allerdings war es für alle etwas zu knapp gewesen. 16:18 Die MÄdchen kamen auf ihren Trainer zu. Alle sahen erledigt aus. "Die kriegen Bälle, die man normalerweise nicht mehr erreichen kann, so was habe ich noch nie gesehen. Sie machen wirklich selten mal einen Fehler. Gegen Ende sind die Spanierinnen wieder munter geworden. Da war nichts mehr von Erschöpfung zu sehen", meinte Matsuyama und wurde dann mit Inokumas tadelndem Blick bestraft.

"Das kommt, weil ihr dachtet, diesen Satz lkönntet ihr genauso gewinnen, wie den dritten und deswegen wart ihr zu sorglos. Aus diesem Grund konnten sie sich erholen. Im nächsten Satz werdet ihr keinen Trick auslassen. Man darf ihnen keine berechenbaren Angriffe zum returnieren geben. Spielt intuitiv. Plant weniger Angriffe. Spielt nach dem Zufallsprinzip. Das wird sie sicher verwirren."

Die Spielerinnen nickten und rannten zurück auf's Spieleld, denn Inokuma schickte sie nach der kurzen Pause wieder zurück. Mila war wie versprochen mit von der Partie, ihre Augen strahlten großen Kampfgeist aus, sie schwor die Mädchen nicht zu enttäuschen und großartig zu spielen, egal was kommen mochte. Wenn sie auf dem Feld stand, ihr bestes gab und ihre Mannschaft am gewinnen war, fühlte sie sich wirklich glücklich. Nur dann. Und auch heute würde sie der Sieger sein, sie und ihr Team, niemand sonst. Der Satz fing gut an, Japan ging suverän in Führung, da Mila einen tollen Schmetterball nach dem anderen schlug, bis leichte Erschöpfung zu erkennen war, da sie sich etwas übernahm und einen Ball verfehlte. Sie landete an Boden, kam kaum hoch, nur mit großer Anstrengung schaffte sie es. Spanien hatte ein Opfer gefunden und nahm Mila auf's Korn. Die Schwäche kam wieder, es war die Gleiche wie im zweiten Satz. Ihre Augen konnten den schnellen Attacken nicht mehr folgen. Punkt für Punkt entfernte sich der Sieg von ihr.

Leichtfertiger Sturkopf!

Ihr Körper klebte regelrecht am Boden, alles tat ihr weh und der Kopf schien ihr zu schwer zu sein. Unter großer Anstrengung kam sie wieder hoch. In so einer Situation musste man einfach durchhalten und das wollte sie auch schaffen. Nachdem der Ball per Aufschlag in das Feld der Japanerinnen flog, holte Mila mit einem sehr schnellen Angriff die Angabe zurück. Kaori führte sie aus, der Gegner stellte ihn und schlug ihn zurück in Japans Hälfte. Der Ball flog in Milas Bereich, doch sie musste rennen. Ihre Beine waren auf einmal schwer wie Blei und sie schleppte sich mühsam übers Feld. Mit knapper Not und einer Bauchlandung schlug sie den Ball einarmig zu Yamagami, die ihn zu Kiyama spielte, wo er zum Schmetterschlag umgewandelt wurde. Spanien blockte ihn und Mila musste wieder nach vorne, um ihn anzunehmen. Mit einer Japanrolle wollte sie ihn baggern, doch in dem Moment schmerzte ihre Lunge höllisch, so dass sie fast dachte, sie würde keine Luft mehr bekommen. Sie streckte ihre Faust nach dem Ball aus, kämpfte mit dem Schmerz und sie schaffte es, den Return mit knapper Not zu vereiteln. Einige Sekunden blieb sie wieder am Boden liegen. Der Ball wurde direkt zurückgeschmettert, vor Milas Nase, sie lag noch immer am Boden, also wurde sie von Iwatani gedeckt. Sie baggerte den Ball mit ihrer katzenhaften Annahmetechnik. Mila kniete am Boden. Der Ball war genau über ihr. Mit letzter Kraft stieß sie sich ab und setzte zu einem Schmetterball an. Sie schlug ihn kraftvoll nach unten und die Nr.5 der Spanierinnen überschlug sich bei der Annahme, ohne den Ball zu erwischen. Wieder ein Punkt für Japan. Hart erkämpft und absolut verdient. Wackelig stand Mila auf den Beinen, musste die Zähne zusammenbeißen. Sie wusste sehr wohl, dass etwas mit ihr nicht in Ordnung war. Ihr Blick war stets auf den Ball gerichtet.

Langsam bemerkte Inokuma Milas Schwäche und wollte schon eine Auszeit nehmen, doch da erfolgte schon der Aufschlag, Mila baggerte ihn und Kiyama verwandelte ihn mit einem schnellen Angriff. Die Spanierin Nr.3 war chancenlos gegen einen solchen ungeplanten Angriff. Inokuma änderte seine Meinung und ließ die Mädchen weiter spielen, da er ihren Einsatz erkannte und Mila wieder mehr Kraft zu haben schien. Hoffentlich hatte er sich da nicht verkalkuliert, denn einen Moment lang hatte er noch gedacht, dass sie auf dem Spielfeld zusammenbrach. Nach verschiedenen trickreichen Kombinationen erreichten sie den Matchball. Der Ball kam vom Hinterteil des japanischen Feldes über das Netz geflogen, die spanische Mannschaftsführerin ballerte ihn zurück, Mila sah ihre Chance, sprang mit beiden Beinen so hoch, wie es ihr möglich war. Ihre Augen funkelten gefährlich. Die Nr. 2 und 3 sprangen hoch, da sie erkannten, was Mila vorhatte, die Blockerinnen wurden jedoch getäuscht, als sie den Schlagarm wechselte und mit links statt rechts schlug. Der Ball wurde einfach nach unten geschmettert. Sie legte soviel Kraft in den Schlag, dass sie einen beißenden Schmerz in ihrem Handgelenk verspürte. Der Angriff war unberechenbar, da er durch den Bogen, der ihr Handgelenk beschrieb, eine große Wendung machte. Statt geradeaus zu fliegen drehte er sich halb im Kreis und landete an einem völlig ungeahnten Punkt. Auch als zwei Spielerinnen nach dem Ball hechteten, konnten sie ihn nicht erreichen und scheiterten. Der Ball schlug genau in der rechten Ecke ein.

Mila wurde etwas schwarz vor Augen, fast verlor sie den Halt unter ihren Füßen, weswegen sie sich an Kiyamas Schulter festhielt. Die Mädchen bedankten sich für das Spiel und verließen als Gewinnerinnen den Platz. Draußen im Flur angelte sich Mila an der Wand entlang und hatte die Hand auf ihre Brust gelegt. Ihr Atem raste, die Kraft verließ sie und ihre Beine gaben endgültig nach. Schweiß lief ihr in Unmengen die Stirn hinab. Kaori half ihr dabei gerade zu stehen. "Was ist los, ist dir irgendwie nicht gut?" fragte sie ein wenig besorgt. "Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, du kippst jeden Moment um."

"Ich konnte während des Spiels nicht plötzlich aufgeben!" Mila kniff die Augen zusammen. Wieder überkam sie ein Schwindelgefühl.

Matsuyama sprintete daraufhin los. "Rühr dich nicht vom Fleck, ich hol die Mannschaftsärztin!" Aufgeregt rannte sie an Yushima vorbei, der zur Tür herauskam. Er wurde beinahe über den Haufen gerannt. "Hey! Pass besser auf!" Keine dreißig Sekunden später kam sie mit Frau Miyahara zurück und Yushima wusste einfach, dass etwas passiert sein musste. Er schaute den beiden Frauen lange nach, aber leider hatte er keine Zeit für so was, denn gleich würde das Endspiel beginnen und er hatte deswegen keine Zeit zu verlieren. Das tat er auch nicht.
 

Die Mannschaft gab ihr bestes, bis zum Schluss, auch wenn man sofort bemerkte, dass Russland keinesfalls verlieren wollte, die waren eben sehr ehrgeizig. Yushima lief zu Hochtouren auf, von seiner kurzzeitigen Schwäche war rein gar nichts mehr zu erkennen. Nur, die harten Schmetterschläge, ausgefeilte Taktiken brachten nicht das erhoffte Ergebnis wie erhofft und auch Yushimas ausgeklügelter, verbesserter Schnellangriff aus der rückwärtigen Position erzielte nicht die Wirkung, wie es eigentlich geplant war, denn nach zwei Sätzen hatte man sein Geheimnis schnell rausgefunden. Die Russen waren schon immer für schnelles Einstellen auf die Taktik des Gegners trainiert gewesen. Egal, wie gut der Kapitän spielte, der Gegner schaffte es immer noch besser zu sein.

Im dritten Satz, nachdem die ersten Beiden verloren gegangen waren, musste Japan um jeden Ball mit äußerster Kraft kämpfen. Die Russen fingen wieder an sich mit ihren eisernen Blocks zu verteidigen, sie schafften das sogar beim rückwärtigen Schnellangriff, da sie jetzt wussten wie er funktionierte. Es wurde Zeit für die Trickkiste. Russland schlug auf und Yushima erwischte den Ball durch eine Japanrolle, er wurde gestellt und zwar von jemanden aus dem hinteren Bereich. Die drei Angriffs-Spieler sprangen zu dritt hoch. Erst waren es nur zwei, Oota und Yushima, darauf folgte noch Kita, der den angetäuschten Angriff der Beiden fingierte, indem er den Ball zur Seite ins Feld des Gegners stieß, es war gar kein richtiger Schlag. Die Russen waren ebenfalls zu dritt hochgesprungen, hatten sich zu einem Dreierblock zusammengefunden, doch da der Ball an ihnen vorbei flog, hatten sie keine Chance. Es klappte einmal, als es die Japaner das zweite Mal versuchten, war einer der Abwehrspieler darauf gefasst und Russland holte sich den Aufschlag zurück, den sie bis zum Matchball nicht mehr hergaben. Die Japaner versuchten es mit Blocks, doch da die Angriffskombinationen der Russen sehr außergewöhnlich waren, schafften sie es nur selten einen Ball zurückzugeben. Es reichte nicht, um das Aufschlagrecht zu behalten.

Der Ballwechsel dauerte nun schon über eine Minute an. Japan wollte nicht verlieren und fing wieder an zu kämpfen, doch die russischen Spieler schienen überall zu sein. Der Ball flog flach über das Netz, nachdem Oota ihn mit knapper Not zurückgespielt hatte und zwei Russen sprangen hoch, der eine täuschte und der andere schlug den Ball ins Feld. Yushima parierte, der Ball drehte weg, da er angeschnitten war, er konnte ihn mit einem Hechtsprung zwar erwischen, jedoch driftete der Ball zur Seite ab und schlug an Rand im Boden ein. Yushima blieb einfach auf dem Feld liegen, es war ohnehin vorbei. Vor Anstrengung war es ihm tierisch heiß geworden. Wie im letzten Jahr waren die Japaner mit 3:0 von den Russen geschlagen und Yushima überkam ein Deja-vu-Erlebnis, alles schien sich zu wiederholen. Die Niederlage tat weh. Obwohl sie wesentlich besser geworden waren und auch besser gespielt hatten, als im vorigen Jahr, hatte es nicht zu mehr gereicht. Das gleiche Ergebnis, als sei die Zeit stehen geblieben.

Der junge Mann erhob sich geschwächt und trottete ziemlich entkräftet auf Trainer Hirata zu. Sein Kopf war gesenkt.

"Ich hätte nicht gedacht, dass du dich so erholen würdest und ein solches Spiel liefern würdest", meinte dieser. "Egal, ob wir verloren haben, einen Vorwurf brauchen wir uns nicht zu machen. Wir haben gekämpft und gezeigt, was wir können. Das ist das Wichtigste. Ihr habt gut ausgesehen. Es war ein tolles Spiel. Bei den olympischen Spielen werden wir uns noch mehr anstrengen müssen, dann will ich euch nämlich als Sieger sehen."

Yushima ließ sich kraftlos auf die Bank sinken. Ihm ging Trainer Hiratas optimistisches Getue auf die Nerven. "Verlierer sind immer noch Verlierer!" meinte er streng zu allen Anderen. Oota setzte sich neben ihn und legte seine Hand auf Yushimas Stirn, da dieser sehr fertig aussah. "Oh Gott, du glühst ja..", sagte Oota unheilvoll.

"Na und?" fragte Yushima und schlug Ootas Hand weg. Hirata verdonnerte ihn danach dazu sich durchchecken zu lassen. Es war sehr gefährlich in einem solchen Zustand zu spielen. Der Trainer war mächtig sauer auf den Kapitän, obgleich er ihn eben noch gelobt hatte, das nur aus dem Grund, da man ihn so sehr hinters Licht geführt hatte.
 

Als Yushima ins Krankenzimmer kam, sah er dort Mila schlafen. Er wunderte sich leicht, denn Kaori, Shigemi und Yuriko standen vor ihr und machten entsetzte Gesichter. Der junge Mann bemerkte sofort, dass es Mila schlecht ging und drängte sich deswegen an Kaori vorbei. "Was ist passiert?" fragte er.

"Sie hatte einen Schwächeanfall. Der Arzt hat gesagt, es sei ihre Lunge, und dass es ihr schon länger schlecht gehen muss. Sie soll für eine Weile keinen Ball anrühren, es ist also schon sehr ernst!" erwiderte Kaori.

Yushima machte ein ernstes Gesicht. Mila wirkte auf ihn eher tot als lebendig, als hätte man ihr sämtliche Lebenskraft entzogen, es war ein grässlicher Zustand, wie er ihn bei ihr noch nie zuvor gesehen hatte. "So schlimm?" fragte er jedoch nach. Sie hatte bisher doch immer so voller Elan gesteckt.

"Wir haben nur gewonnen, weil sie nicht aufgegeben hat, aber sieh dir das Ergebnis an! Ist es das wert? Wir hätten früher etwas merken müssen, deshalb hatte der Trainer ausgewechselt. Er wusste, dass es ihr schlecht ging.. und trotzdem hat er sie zum fünften Satz wieder auf's Feld geschickt. Was glaubst du, wie ich mich jetzt fühle?" Kaori stand kurz davor zu weinen, es machte sie auch wütend, dass dem Trainer ihre Gesundheit so wenig am Herzen zu liegen schien, denn dann hätte er sie nicht mehr zurück auf's Spielfeld gelassen.

"Ich kann es mir vorstellen, wie du dich fühlst, aber dennoch.. du solltest jetzt nicht an solche Dinge denken. Ihr spielt gleich gegen die Russinnen, gebt für Mila euer bestes, ja?" Yushima war nicht ohne Hintergedanken, er wollte die Mädchen eigentlich nur loswerden.

"Wie ist euer Spiel denn gelaufen?" fragte Kiyama auf einmal.

"Russland ist Weltmeister, obwohl ich dachte, es mit den Anderen zu schaffen, aber trotzdem haben wir verloren, was sonst, hast du etwas anderes erwartet?" Man konnte ihm die Enttäuschung regelrecht ansehen.

"Nein, aber gehofft haben wir es alle..", antwortete Kiyama.

"Du siehst aber auch nicht gerade gesund aus", fiel Yuriko Matsuyama auf. "Immer noch nicht ganz fit, oder? Ruh dich aus! Die Meisterschaft ist für euch eh gelaufen."

Yuko Furumoto sah ihn daraufhin flehend an. "Bring es dem Kapitän schonend bei, dass sie nicht mit ins Trainingslager darf."

"..Bitte", bettelten alle im Chor. Dazu konnte Yushima rein gar nichts mehr sagen.

Kiyama tat sie einfach nur leid, das auch, weil Mila selbst mit ihrer schwachen Lunge besser gewesen war, als sie selbst. Sie hatte Mila schätzen gelernt, akzeptierte sie als Führerin der Mannschaft und fand es deswegen schrecklich, dass man sie auf diese Art für ihr gutes Spiel bestrafte. "Ich bitte dich auch, ganz besonders, sogar..", meinte sie daraufhin leicht verlegen, was man bei ihr gar nicht gewohnt war.

Yushima wunderte sich etwas über Kiyama und er bemerkte, dass Kaori fand, dass sie sich wieder in den Vordergrund drängte, was Mila anging. Sie schien ein klein wenig neidisch zu sein, schließlich war sie ihre beste Freundin hier, da sie sich schon etwas länger kannten. "Kiyama, Matsuyama, auch ohne Mila habt ihr eine reelle Chance auf den Titel, gebt alles, tut es für sie und für Japan.." Die Drei reichten sich die Hände und lächelten zustimmend. "Noch eine Bitte, Yushima, sei nicht immer so hart zu ihr, du weißt ja gar nicht, wie sensibel sie sein kann, besonders deinetwegen..", sagte Kiyama und Yushima staunte auf ihre Worte. Ausgerechnet ihr fiel so was ein? Ihre Worte verstand er zwar nicht so recht, aber sie hatte ja Recht. Jetzt brauchte sie erst mal jemanden, der auf sie aufpasste, sonst würde sie trotzdem spielen.

Die Mädchen verließen das Zimmer.

"Arme Mila.. was soll ich machen? Wenn ich dich so sehe, wirkst du so zerbrechlich wie sie.." Ohne zu merken, hatte er seine Gedanken laut ausgesprochen. "Wie Yoko.. meine Schwester.."

Mila öffnete unerwartet ihre Augen. "Yushima, wie war dein Spiel? Leider hat man mich nicht zusehen lassen." Es interessierte sie wie immer nur Volleyball. Ihre gebrochene Stimme klang wie ein Hilfeschrei in seinen Ohren. "Schon gut..."

"Wo wollen die anderen denn hin? Zum Spiel? Und was ist mit mir?"

Bei Yushima schnürte sich die Kehle zu. "Du bist krank und fällst eine Weile aus." Seine Stimme bebte. "Wenn du geduldig bist, dann..."

"Dann was?" fragte sie in trotzigem Ton. "Ich habe keine Lust dazu! Das ist unser wichtigstes Spiel. Schirenina. Sie ist dabei, also muss ich auch!"

"Nein, verdammt noch mal! Du setzt aus!" Er erhob seine Tonlage, wirkte dadurch sehr streng, doch es musste sein. "Versteh mich doch! Du musst aussetzen, um dich zu erholen. Was ist schon ein Spiel? Wenn du wieder übertreibst, wirst du gar nicht mehr spielen!" Ihr empörter Gesichtsausdruck war mehr gespielt, das wusste er, denn die Tränen verrieten Trauer und Schmerz, als sie ihre Wangen hinab tropften. "Unser Spiel ist übrigens nicht so gelaufen, wie geplant, für mich ist alles schon zuende und für dich, so Leid es mir tut, auch. Der Arzt verbietet dir mit ins Trainingslager zu fahren. Wir sollen uns beide erholen. Sei vernünftig!"

"Sag mir nicht, was ich zu tun habe! Du bist weder mein Vormund, noch stehst du mir so nahe, dass du dir das anmaßen kannst!" Geknickt senkte er den Kopf. "Freundschaften sind wohl auch nicht mehr das wert, was sie mal waren..." Sicher wusste sie nicht, was sie da sagte und es war nur der Trotz. "Ich will mich hier auch gar nicht aufspielen. Ich meine es nur gut." Sie hatte wohl kein Vertrauen mehr zu ihm, als dass sie sich sagen lassen konnte, was am besten für sie war. "Wenn du jetzt nicht aufhörst, wirst du es bald für immer. Also, wenn dir das lieber ist... Damit beförderst du dich mal wieder komplett ins Aus."

"Du weißt wie immer alles besser!" meinte sie bissig und warf ihm böse Blicke zu. "Du bist wohl neidisch!" Ganz bestimmt meinte sie es nicht so. Yushima musste sich etwas einreden, um nicht gleich auszuflippen, aber vielleicht musste man es bei ihr einfach. Dabei hatten die anderen gesagt, er solle nicht wieder gemein werden. Aber leider tat er es bei solchen Dingen immer. "Komm ja nicht angekrochen, wenn etwas schiefläuft und du wieder Trost brauchst. Wenn du dich kaputt machen willst, da ist die Tür!" Er zeigte auf den Ausgang. "Dann geh doch..." Er tat gleichgültig, auch wenn sie ihm alles andere als egal war. "Du bist doch nicht etwa beleidigt?"

"Dummes Mädchen! Ist in deinem Alter wohl so. Ich mache mir Sorgen und du denkst, ich sei beleidigt. Bei dir ist echt alles zu spät." Sehr viel Selbstvertrauen und großes Ego. "Ich bin dumm?" Sie fand, dass er sich mal wieder viel zu viel rausnahm. "Und du bist komplett verblödet, lass mich einfach in Ruhe, du Idiot!"

"Ich gehe ja schon, dir ist echt nicht mehr zu helfen." Jetzt war er tatsächlich beleidigt und eingeschnappt, denn sie hatte wirklich keinen Schimmer, welche Sorgen er sich um sie machte und was sich bei ihm abspielte.

"Hau nur ab!" Mila donnerte ihr Kissen heftig gegen die Tür. Einen Moment lang vergrub sie ihren Kopf in den Händen, dann fiel ihr ein, dass sie sich ja fertig machen musste, wenn sie mitspielen wollte.

Sie rannte nach draußen, zu der Umkleide. Dort wurde sie irritiert angesehen. "Was machst du denn hier? Du sollst doch nicht..." Yuko Furumoto raste auf sie zu, nachdem Kaori wie angewurzelt stehenblieb und nur die Worte sagte, die verrieten, wie besorgt sie um Mila - ihre Freundin - war.

"Also wirklich, wie sollten wir gut spielen, wenn du uns ständig Kummer bereitest", meinte Furumoto kopfschüttelnd. "Ab ins Bett, aber zackig!" warf Kiyama ihr zu, wobei sie ziemlich wütend klang.

"Ich fühle mich vollkommen fit und weiß nicht, wieso ihr euch so aufregt", seufzte Mila.

"Das hat man vorhin gesehen", meinte Yuriko mit einem Seufzen.

"Das war nur eine kurzzeitige Schwäche, nichts schlimmes also", widersprach die 17-jährige und demonstrierte, wie gut sie sich fühlte, wobei sie lächelte.

"Uns brauchst du nicht zu überzeugen. Der Trainer hat nämlich mit dem Arzt gesprochen, der dir verboten hat zu spielen. Inokuma denkt zwar oft nur an Erfolg, doch deine Gesundheit dermaßen aufs Spiel setzen, wird er nicht", gab Matsuyama zurück.

"Hat Yushima eigentlich nicht mit dir über deine Auszeit geredet?" fragte Kaori, es kam dieser nämlich vor, als würde Mila ihre Krankheit unterschätzen und sie deswegen so unterdrücken. Sie musste besser auf sich aufpassen. Wenn sie darüber geredet hatten, dann musste sie es doch verstanden haben. Aber was, wenn nicht?

"Lass mich bloß mit dem in Ruhe", zickte das Mädchen mit dem Pferdeschwanz und drehte den Kopf demonstrierend weg. Bei ihrem gehässigen Tonfall zuckten alle außer Kiyama zusammen.

"Spinnst du?" Sie scheuere ihrer Kollegin eine. "Er macht sich Sorgen und meint es nur gut. Und du scheinst uns wenig zuzutrauen."

"Ich will nur dabei sein.." Sie senkte den Kopf, hob ihn aber gleich wieder und überzeugte alle mit einem entschlossenen Blick, dass sie unbedingt mitspielen wollte. Aber so leicht kochte man diese nicht weich, außerdem war da noch Dr. Miyahara, die Mannschaftsärztin, die würde es keinesfalls zulassen. Doch nichts konnte sie davon abhalten, ihr Spiel zu spielen, das wusste besonders Kaori sehr genau. Selbst bei ihrem Freundschaftsspiel damals, gegen Korea hatte sie trotz ihrer Armverletzung gespielt. Sie bewunderte ihren Einsatz, auch wenn er sehr töricht war. "Komm schon, Mila, beruhige dich, das ist schlecht für deine Gesundheit", versuchte sie ihr dennoch gut zuzureden. "Du weißt, wie wichtig mir dieses Spiel ist, Kaori."

"Das wissen, glaube ich alle hier", meinte Kaori dann und schüttelte nur den Kopf. Das Mädchen war so was von leichtsinnig. "Na also, ich bin bereit!" Dafür, dass sie vor kurzem erst so am Ende gewesen war, wirkte sie nach außen hin, nun vollkommen fit. Man konnte sich jedoch täuschen, Mila konnte der bloße Gedanke ans Spiel beflügeln. Inokuma empfand es als ihre Entscheidung, wenn sie spielen wollte, dann sollte sie spielen. In Milas Kopf schien kein Platz mehr für Gefühle zu sein, Kaori war besorgt um sie. Kein Mensch kam ohne sie - die Gefühle - aus. Sie hatte einmal mit ihr über ihren Schmerz geredet, den man verspürt, wenn eine wichtige Person stirbt. Auch für Kaori war es schwer gewesen, zu verkraften, dass ihre Mutter einfach starb und sie im Stich ließ, immerhin hatte sie zwei Schwestern, die noch nicht erwachsen waren und um die sich Kaori als Älteste kümmern musste. Sie versuchte ihren Platz einzunehmen, aber niemals wollte sie, dass ihr Leben nur aus Volleyball bestand. Mila hingegen lebte einzig und allein dafür, die Nummer 1 zu werden und auch zu bleiben. Aber nicht nur für sich, sondern auch für Tsutomu. Yushima würde das sicher niemals begreifen und schon gar nicht tolerieren, wenn sie dann ihr Leben so aufs Spiel setzte. Wenn er nur wüsste, was sie bewegte, dann hätte er sie sicher so manches Mal anders behandelt. Kaori war jedoch sicher, dass er sie im Grunde tief in sein Herz geschlossen hatte und diese Härte nur Tarnung war.

Teuflisches Spiel

Aber was ging hier überhaupt vor? Kaori konnte doch nicht, während sie auf dem Feld stand, über solche Dinge philosophieren. Jetzt wollte sie sich nur noch auf den Ball konzentrieren. Kaum hatte sie mit dem Gedanken abgeschlossen, flog auch schon der Ball in ihren Bereich, den sie meisterhaft annahm. Die Russen hatten sie für eine Schwäche gehalten und abgemacht, sie anzuspielen, doch sie war fest entschlossen, so gut wie noch nie zu spielen. Ihre Mutter wäre sicher sehr stolz auf sie.

Mila ignorierte jegliche Einflüsse ihres Körpers und reagierte fast wie eine Maschine. Man machte sich Sorgen um sie, doch das bemerkte sie nicht einmal. Sie wollte schmettern, so gut sie es konnte, etwas anderes interessierte sie überhaupt nicht. Schirenina fand es immer wieder spannend sie als Gegnerin zu haben. Sie war wirklich die Einzige, die in ihrem Niveaubereich lag. Die beiden Konkurrentinnen lieferten sich einen erbitterten Kampf. Jedoch ohne besondere Bälle und Tricks anzuwenden. Beim Satzball für Japan sah der Kapitän jedoch die Chance für einen gesonderten Angriff. Dem Blick des Trainers zu urteilen, stimmte er ihr zu. Jetzt würde sich zeigen, ob der neue Angriff etwas brachte. Die Russin mit den brünetten Zöpfen, nahm Kiyamas Aufschlag noch während des Laufens an, Schirenina spielte ihn zu ihrem Kapitän, der ihn kraftvoll zu Iwatani schlug. Die Verteidigerin baggerte ihn ins hintere Spielfeld, wo Kiyama schon darauf wartete, ihn lang zu schmettern. Schirenina machte sich dazu bereit, den harten Ball anzunehmen, doch war sicher, er würde übers Netz und dann quer ins Aus gehen. Ihre Augen weiteten sich, als Mila hochsprang, genau im entgegengesetzten Winkel, so dass sie ihm eine Zickzack-Wendung gab. Milas Handbewegung beschrieb einen großen Bogen, so dass der Ball leicht wie ein Ei, dennoch schnell und hart ins Feld sprang. Er war in dem Moment so überraschend geschlagen worden, dass man ihn weder baggern noch blocken konnte. Solche Angriffe sah man selten, weshalb das Publikum tobte, solche Bälle wollte man sehen. Damit ging der erste Satz 13:15 an Japan.

Im nächsten versuchten sich die Russinnen an die neue Technik zu gewöhnen, doch Mila durchkreuzte ihren Plan geschickt, indem sie ihn jedes Mal anders schlug und man die Flugbahn so nur ungenau berechnen konnte, so dass der Ball jedes Mal eine Überraschung darstellte, wenn er über das Netz kam. Erst auf diesem Weg konnte man darauf reagieren. Einmal setzte sie in der Kombi sogar den variierten Ball ein. Alle staunten, zu was sie so alles in der Lage war, wo sie doch nicht so ganz gesund zu sein schien. Ihnen machte das Spiel Freude. So war es schon immer gewesen. Sie stand im Mittelpunkt. Wie immer überraschte sie mit ihrer Schlagkraft aus dem Handgelenk heraus und Technik und Ausdauer. Von ihrer Krankheit spürte man nichts - noch. Sie verbarg es gekonnt vorm Gegner und den Mitspielerinnen. Aber Inokuma spürte etwas. Trotz Sonnenbrille entging ihm nichts.

Eigentlich sah das japanische Herrenteam stets von Anfang an zu, es sei denn, sie hatten ein eigenes Spiel. Das war jedoch längst beendet, also blickte Kiyama kurz zur Tribüne. Dort entdeckte sie die Komplette Mannschaft, nur Yushima fehlte. Der Streit zwischen ihm und Mila musste also recht heftig gewesen sein. Sie mochte ihre Streitigkeiten nicht. Japan führte mit 3 Punkten, obwohl sie gerne souveräner im Vorteil wären, war es gut so. Nur könnte es noch etwas besser sein. Sie mussten Druck ausüben, bevor die Russen zu ihrem wahren Spiel fanden. Mila servierte ihnen zusammen mit Kiyama, so dass dem Gegner hören und sehen verging, dennoch schien dies Schirenina recht kalt zu lassen, die führte doch eindeutig etwas im Schilde. So hatten sie es immer gemacht. Erst zum Schluss setzten sie ihre stärksten Waffen ein, damit man sich nicht an die Technik gewöhnen und so hinter das Geheimnis dieser kommen konnte. Aber so wie es momentan aussah, mussten sie ihre Taktik begraben, bevor man ihnen auch den zweiten Satz nahm. Gut, sie würden so weiter spielen. Der Satz war ohnehin so gut wie verloren. Doch beim nächsten würde es sich ändern. Eigentlich hatten sie nicht vorm vierten damit rausrücken wollen, aber es führte zweifelsfrei kein Weg vorbei. Doch, wenn der Dritte verloren ging, war alles vorbei. Mit einem Zeit-Differenzierungsangriff holte Kiyama ihrer Mannschaft den 2. Satz.

Fröhlichkeit und Zufriedenheit stand den Japanern im Gesicht geschrieben, als sie auf den Trainer zukamen. "Gut, so weit, so schön. Aber sie werden den dritten Satz um keinen Preis verlieren wollen, also wünsche ich noch mehr Einsatz und seid auf alles gefasst. Ganz sicher werden sie eine neue Technik ins Spiel bringen, das ist unmöglich schon alles gewesen, spielt weiter intuitiv."

"Ja", antworten alle im Chor und rannten zurück aufs Feld, nachdem sie sich das Gesicht abgetrocknet hatten. "Was denkst du über die Ansichten des Trainers, Mila?" fragte Kiyama. "Du kennst Schirenina ja schon länger."

"Der Trainer liegt zu 90 % richtig, also seid wachsam."

"Kämpfen und siegen!"

"Ja genau, verlieren werden wir auf keinen Fall." Für die Kapitäne fand jetzt erst der eigentliche Kampf statt. Ihre Augen blitzten gefährlich auf. Ebenso wie die von Schirenina, ihrer Gegnerin, seit Russland zu einem Freundschaftsspiel nach Japan kam.

Die Russen gingen das Spiel locker an, bei einem Punktestand von 6:6 fingen sie erst richtig zu zaubern an. Fast kein Ball berührte den einheimischen Boden. Sie fingen mit ihren wundervollen Angriffen an, die von der Verteidigung am Netz ausgetragen wurden, während der Angriff mit der Abwehr durch Blocks beschäftigt war. Bis Riskal einen Ball extrem hochspielte und er ins Hinterfeld flog. Mila fiel auf einmal auf, dass Volynskaya auf dem Feld stand, sie hatte sie mit der neuen Frisur fast nicht wiedererkannt. Rechts am Netz stand sie, um genau zu sein. Das würde doch nicht etwa ein Angriff der Zwei werden? Schirenina sprang hoch, wirbelte über durch einen Salto in der Luft, als sie den Ball mit gekreuzten Armen baggerte. Volynskaya verstärkte die Wucht des Schlages durch einen ihrer tödlichen Schmetterbälle, indem sie ihn einfach nach unten schlug. Iwatani kam noch mit der linken Hand an den Ball, doch er flutschte ihr regelrecht weg und sprang knapp über den Boden, drehte sich immer weiter, bis er nur noch kullerte. Iwatani hielt sich das Handgelenk. So, wie es aussah, würde ihre Annahmespezialistin wohl ausfallen, was man anhand des knallrot gefärbten Handgelenkes feststellen konnte. "Was war das nur für ein Schmetterball, wenn Iwatani ihn nicht mal nach oben spielen konnte?" fragte Kiyama, die zusammen mit Mila ihrer Kollegin beim aufstehen halfen und sich das Gelenk ansahen.

"Ein tödlicher Schmetterball, aber ein ganz gewaltiger", meinte Mila mit einem Schweißtropfen an ihrer Schläfe, der auf den Boden fiel, nachdem er ihre Wange hinabgerollt war. Kiyama glaubte nicht, was sie da hörte. "Dann müssen wir jetzt wirklich aufpassen."

"Wir müssen den Bällen ihren natürlichen Drill zurückgeben, dann gelingt es uns auch ihn zurückzuspielen", sagte Mila. "Aber wie stellen wir das an?" fragte Kaori.

"Wir geben nicht auf!" schrie Matsuyama. "Genau und ob!" gab ihr die Mannschaft Recht.

"Macht euch keine Sorgen, wir kommen hinter ihr Geheimnis." Mila fiel auf, wie sehr sich Volynskayas Bälle mit der Zeit verändert hatten. Schirenina gab mit ihrem Salto einen gewaltigen Drill ab und der wurde durch Volynskajas einzigartige Schlagtechnik noch verstärkt. Eine gefährliche Kombination. Sie war viel effektiver, als Kiyamas und Milas doppelt rotierender Schmetterball, dabei dachten sie mit diesem Angriff zu gewinnen. Aber so leicht war es wohl nie. Die Wucht des Angriffs musste geschwächt werden, sonst würden sie sich noch alle Knochen brechen. Jetzt standen sie erst mal hilflos da, ohne Mittel, das sie entgegensetzen konnten. Damals hatte die Russin noch die Brust des Gegners angespielt, doch jetzt veränderte sie die Flugbahn, indem sie ihn einfach nach unten schlug. Wie konnte man einem solchen Ball erfolgreich entgegenwirken? Mila beobachtete wegen jener Frage die Russinnen genau, wie sie ihre Kombis ausführten. Schon bald konnte sie die Technik fast auswendig, als würde sie sie selbst einsetzen. Als Volynskaja wieder zu einem Schlag ansetzte, parierte Mila durch einen Vorwärtssalto, knapp flog der Ball über das Netz, in die gegnerische Hälfte, wo Schirenina ihn mit Leichtigkeit direkt zurückschlug. Mila kniete noch am Boden, konnte sich gerade so mit dem rechten Fuß abstoßen, um den Ball nachzuhechten, doch sie erwischte ihn nicht richtig, so dass er nur zur Seite und ins Aus ging. Sie hasste es, wenn ihr derartiges bei einem Ball ihrer größten Konkurrentin passierte, weil es zeigte, wie überlegen sie ihr war. Das konnte sie nicht auf sich sitzen lassen, also spielte sie einen kraftvollen Schmetterball nach dem anderen. Jedoch kamen genauso viele Bälle Schireninas zurück, so dass es in einem erbitterten Kampf der beiden endete. Nach dem kleinen Duell, nach welchen die Zwei Luft schnappen mussten, kam unverhofft einer von Volynskajas tödlichen Schmetterbällen. Es war ein hoher Ball gewesen, den sie mit voller Wucht nach unten schlug, so dass er sich schnell um sich selbst drehte. Als er schnell Richtung Feld flog, stürzte Kiyama vor und parierte dem harten Ball, welcher dennoch nach außen flog und im Aus landete. Kiyama hielt sich die Hand, welche schmerzte. Wie war es ihrem Teamchef nur möglich gewesen, einen solchen Ball zu returnieren? Bewunderung stand der Nummer 6 ins Gesicht geschrieben. Milas Handgelenke mussten wirklich sehr stark sein. "Los, Mila, jetzt zeigen wir es ihnen!" forderte sie ihren Kapitän auf.

Schirenina schlug mit einem Sprung auf und Mila wollte mit einem direkten Schmetterball antworten, doch da sprang Matsuyama hoch und führte den Schlag an ihrer Stelle aus, wodurch die Schlagrichtung geändert wurde und sie einen Punkt kassierten, da selbst der russische Dreierblock scheiterte. Die jüngste Japanerin wirkte nun erschöpft und Kiyama und Matsuyama kümmerten sich fortlaufend um die Angriffe.

Nach ein paar Punkten für Japan, bekam Kaori Volynskajas Kraft am eigenen Leib zu spüren, als sie den Ball direkt ins Gesicht bekam und am Boden landete. Sie stand mutig wieder auf und zeigte einen verbissenen Blick. Noch mal würde ihr das sicher nicht passieren, das nahm sie sich fest vor.

Der 3. Satz ging somit an Russland.

12:15

Die Mädchen ruhten sich einen Moment aus und besprachen den weiteren Ablauf. Inokuma dachte darüber nach, den Teamchef herauszunehmen, da sie fertig aussah. "Soll ich dich auswechseln?"

"Nein, ich schaffe das schon." Mit den Worten war die Spielerin mit den anderen schon wieder auf das Feld verschwunden. "Dann zeigt es ihnen!" Im 4. Satz war es ein ewiger Kampf zwischen Russlands Angriffs- und Japans Abwehrspielerinnen. Mila und Kaori bemühten sich so gut es ging, den Attacken der Russen zu parieren, wobei sie oft den Boden grüßten. Man nahm die beiden mal wieder mächtig aufs Korn. An Volynskajas Bällen scheiterten sie jedoch oft. Sobald sie die Finger ran bekamen, schrieen sie vor Schmerz auf. Diese Bälle wurden immer gefährlicher und kraftvoller, ascheinend kam die Frau erst jetzt so richtig aus sich raus. Ihr Gegner wurde immer besser.

Wieder einmal flog Volynskajas Schmetterball direkt zu Mila, welche einen Schock bekam, da die Schnelligkeit sie aus dem Konzept brachte und der Ball riesig wurde, da in Richtung ihres Gesichtes flog. Wegen des Schreckes nahm sie ihn mit einem Salto rückwärts an. Der Ball blieb im Spiel und flog hoch über das Netz, so dass die Zuschauer aufstanden und laut applaudierten.

,Das wurde ja auch mal Zeit, dass sie ihn kriegen', dachte sich Inokuma mit einem Grinsen. Matsuyama spielte ihn direkt auf die Linie rechts außen. Schirenina und ihre Partnerin Volynskaja grinsten jedoch nur. Ihre Angriffe flogen immer mehr in Milas Richtung, mit dem einzigen Ziel sie zu ermüden. Wenn sie auszuschalten war, war das Spiel so gut wie gelaufen.

Auch der 4. Satz ging an die Russen, als Schirenina mit einem Schmetterball diesen für ihre Mannschaft entschied, wobei Mila einen Meter über den Boden rutschte, ohne den Ball zu erwischen. Harte, trickreiche Bälle waren noch immer ihre Spezialität. Kiyama und Matsuyama wurden total von den Spielerinnen am Netz gedeckt, sie fingen an ihre Blocks zu spielen und waren deswegen klar im Vorteil. An Kiyamas getimten Angriff schienen sie sich auch gewöhnt zu haben. Der doppelt rotierende Schmetterball musste also wieder gespielt werden, auch wenn sie den schon kannten und sicher parieren würden.

Die vorderen Spieler wurden dann jedoch von Milas zwei Arm-Technik ausgeschaltet, schließlich schlug sie links wie mit rechts.

Aus Rache schlug Schirenina eisern auf den Ball ein und forderte Mila zum Kampf auf, als sie einen Ball direkt in ihren Magen donnerte, so dass sich die junge Spielerin kurz diesen hielt.

Die Nummer 4 der Russinnen schlug auf und Matsuyama antwortete direkt mit einem Schmetterball, den Riskall erwischte und zu Schirenina spielte, welche hochsprang, weit ausholte und Mila den Ball mit vollem Karacho ins Gesicht donnerte, so dass diese gar nichts tun konnte und rückwärts zu Boden geworfen wurde. "Ist alles okay?" fragte Matsuyama besorgt, der Ball hatte es aber in sich gehabt. Sofort rannten alle zu der am Boden knienden Spielerin hin, welcher Blut aus dem Mundwinkel trat. "Das war Absicht, die will mich fertig machen... die gibt nicht auf. Mir geht es gut, geht zurück auf eure Positionen und greift an, was das Zeug hält!" brüllte sie mit hochgerissener Faust.

"Sie muss doch klein zu kriegen sein", sagte Schirenina zu sich selbst und warf ihrer Partnerin einen Seitenblick zu. "Letztes Jahr war sie nicht so gut drauf, Chef."

Erleichtert begaben sich die Japanerinnen auf Position und warteten auf den Aufschlag, welcher diesmal von Volynskaja kam. Mila entschloss sich aus der Abwehr heraus einen langen Schmetterschlag auszuführen, Schirenina jedoch erkannte ihren Plan und sprang kurze Zeit später ebenfalls hoch. Noch während Mila am Boden aufkam, nachdem sie gesehen hatte, was die Russin plante, donnerte Shirenina ihr schnell den Ball in die Lungengegend, was höllische Schmerzen in ihr auslöste. Sie ging kraftlos zu Boden und blieb regungslos liegen.

Den Spielern lag der Schreck ins Gesicht geschrieben.

Auch Schirenina war geschockt und nahm schnell eine Auszeit, damit man ihrer Rivalin helfen konnte. Die Sanitäter trugen die ohnmächtige Spielerin vom Feld, das Publikum applaudierte lautstark. Die Japanerinnen machten besorgte Gesichter.

"Hoffentlich hat sie sich nichts getan", meinte Kiyama und warf der blonden Russin einen verärgerten Blick zu. ,Du wusstest, dass ihr etwas fehlt, jetzt kannst du was erleben.' Ein richtiger Treffer in ihre Lunge und es war vorbei. Die Sorge gewann Überhand über das Spiel.

Schirenina fand, dass sie Mila schuldig war, Auszeit zu nehmen, schließlich hatte sie es darauf angelegt. Tja, aber Mila hatte sich wohl zuviel zugemutet und damit nun der eigenen Mannschaft geschadet, selbst schuld, wenn diese jetzt verlieren würde. Inokuma schickte Shiyôko Seki und Tomiko Shimamoto hinterher. Noch immer war Mila bewusstlos, als sie dort ankamen. Die beiden standen entsetzt vorm Bett ihrer Kollegin. "Weißt du, Tomiko, diese Bälle sind gefährlich, sie sind das schrecklichste, was ich je gesehen habe. Selbst Iwatani ist an ihnen gescheitert, wie sollte Mila das schaffen? Sie war nie die beste Annahmespielerin. Gut, dass wir Reserve sind."

"So was darfst du nicht sagen, wenn der Trainer das nämlich mitbekommt, zieht er uns das Fell über die Ohren."

"Aber sieh' dir das doch mal an!"

Die Tür ging auf und Yushima stand in ihr. "Was ist denn hier schon wieder los?" fragte er ahnungslos. "Es sind die Schmetterbälle der Russen. Sie breiten der gesamten Mannschaft Probleme, aber Mila ist am meisten betroffen. Sie wurde am laufenden Band angespielt und ist auf einmal in Ohnmacht gefallen... Da kriegt man es mit der Angst zu tun...", antwortete Shiyôko.

Yushima ahnte schon das Schlimmste, immerhin ließen sich die Frauen nicht so leicht einschüchtern, auch nicht vor ihrem großen Gegner. Doch Mila war selbst schuld, dass sie jetzt wie ein Frack so da lag. Sie wollte nun mal nicht hören, dieser Sturkopf. "Ich habe sie gewarnt."

"Du bist unfair, Iwatani hat's auch erwischt, aber nicht so sehr, wie den Kapitän! Sie hat ein klasse Spiel gespielt, war aber wohl doch zuviel verlangt... Sie hat am meisten für das Spiel getan und dementsprechend auch das Meiste abbekommen, die Russen sind solche schlechten Verlierer, die gehen bis zum Äußersten."

"Das war überhaupt nicht so gemeint, trotzdem war sie nicht fit für so einen Gegner, immerhin hat der Arzt verboten, das Spiel anzutreten. Erwartet ihr da wirklich, dass man sie auch noch bemitleidet?"

Natürlich hatte Japans Nr. 1 Recht, sehr sogar, sie brachte ihr Leben mit ihrer Verbohrtheit in Gefahr. Alle waren besorgt deswegen.

"Du Trottel, kannst du ihre Gefühle nicht verstehen? Sie nimmt dieses Spiel eben verbissen ernst. Dafür, dass sie krank ist, hat sie aber gezeigt, was in ihr steckt." Missmutig sahen die beiden den Mann an, welcher leichten Schweiß im Gesicht hatte.

"Hey, ich wollte euch nicht angreifen, ich weiß doch wie das ist." Er war immerhin auch aufs Feld gegangen, obwohl er sich unwohl fühlte. Yushima blickte besorgt auf Mila hinab und sah sie mit traurigen Augen an. ,Sturer Dummkopf!'

"Was wird wohl sein, wenn sie aufwacht? Geht doch zurück zur Mannschaft und unterstützt sie, das wäre auch in Milas Sinne. Ich passe schon auf sie auf", versicherte er. "Du hast Recht, aber sei bloß nett zu ihr, sonst lernst du uns kennen. Sie ist sicher ganz schön mit den Nerven runter, also hack' nicht noch zusätzlich auf ihr rum." Warum wollten alle eigentlich immer, dass er liebevoll mit ihr umging? Sie war doch nicht aus Zucker. Ihm ging das allmählich gewaltig auf den Keks. Er sagte eben stets seine Meinung und eckte oft bei ihr an. War das denn so falsch, seine Meinung zu sagen? Vielleicht wussten die Mädchen ja mehr als er??

Aber was, zum Teufel, wussten sie, was ihm unbekannt war???

Vorübergehender Abschied

Einige Minuten saß der Kapitän still an ihrem Bett und wachte über sie, bis er das Sitzen nicht mehr aushielt. Er ging zum Fenster, öffnete es und blickte in den Himmel. Eigentlich wusste der 23-jährige genau, was in ihr vor sich ging. Ohne Volleyball würde ihm auch was wichtiges fehlen. Auch er lebte für dieses Spiel, besonders nach Yokos Tod, um diesen besser zu verkraften. Damals hatte er durch den Sport seinen Lebenswillen zurückbekommen. Er konnte ja nicht wissen, dass sie ähnliches durchgemacht hatte.

Wenig später flackerten Milas Augen, was er, da er am Fenster stand, nicht mitbekam, schließlich hatte er ihr den Rücken zugewandt. Ihre Umgebung war erst leicht nebelig und wurde langsam klarer. Die Erinnerung kam rasch wieder. Schirenina hatte ihren Ball direkt zurückgeschlagen und dann war sie in die Lunge getroffen worden.

Blackout. Weiter wusste sie nicht mehr.

Ein Stöhnen kam über sie, da sie Schmerzen in ihrer Brust verspürte und es ihr schwerfiel, Luft zu bekommen. Ihr Blick schweifte zur Seite, denn sie wollte wissen, ob jemand da war. Nur war es keine ihrer Mitspieler, wie erhofft, sondern er.

"Du schon wieder", meinte die 17-jährige. "Ich weiß, wie du denkst. Erspar's mir trotzdem." Mila wollte seine Standpauke nicht über sich ergehen lassen müssen. Der junge Mann hatte sich soeben zu ihr herumgedreht und zwang sich jetzt ein Lächeln auf. "Ich sag' ja nichts, und eine Predigt werde ich dir auch nicht halten, aber hier, um dich zu trösten, bin ich auch nicht, das weißt du ja." Seine Worten waren ein Widerspruch zu seinem sanften Lächeln.

Sie seufzte. "Ich weiß, das hast du mir ja quasi versprochen, aber dieses Spiel..." Ihre Augen wurden geschlossen. "Es bedeutet mir eben viel, trotzdem kann ich nicht verlangen, dass du mich verstehst." Tränen tropften auf das Laken und sie verbarg den Rest davon, indem sie es über ihr Gesicht zog. Sie wollte ihm nicht schon wieder ihre schwache Seite aufhalsen, stark und selbstbewusst sollte er sie sehen.

Yushima wusste nicht, wie er hart bleiben sollte, schließlich wurde er stets weich, wenn sie vor ihm zu weinen begann. Wie sollte er sie nicht bemitleiden, wenn er doch ihr Schluchzen genaustens vernehmen konnte? Sein Stolz hielt ihn zum Glück fest und hielt ihn davon ab, hinzugehen und sein Vorhaben, sie nicht zu trösten, über Bord zu werfen. Dann sollte sie eben weinen, sie würde sich ja irgendwann wieder beruhigen. Als sie die Tränen mit der Decke weggewischt hatte, setzte er sich ihr gegenüber und hatte einen Gedanken, den er unbedingt mit ihr teilen wollte, auch wenn sie dann wieder sauer sein würde. Er wollte es sowieso wieder drauf anlegen. "Ich könnte dich jetzt einfach so... küssen, aber das würde wohl unwillkürlich in die Kategorie Trösten fallen, also lass ich es lieber bleiben." Yushima sah förmlich, wie ihr die Augen raussprangen und sie ihn mit ihren Blicken am liebsten töten würde, weshalb er lachen musste. "Du kannst dir deine Ohrfeige gerne persönlich abholen, wenn du willst, ich kann sie dir aber auch per Post schicken." Ihr Humor war aber auch nicht zu verachten, anscheinend wollte sie ihm das jetzt doch nicht übel nehmen, oder wieso blieb sie so ruhig? Er grinste vor sich hin. "Es tut mir Leid, ganz ehrlich, ich habe mir gewünscht, dass es gut geht", besänftigte er sie. "Es hat eben nicht sollen sein. Würdest du mir einen Gefallen tun? Nachschauen, wie das Spiel steht?"

Wieso auch nicht, wenn sie das beruhigte? Yushima erhob sich von seinem Platz. "Ich bin gleich wieder da, in Ordnung?"

Einige Minuten blieb er am Eingang stehen und beobachtete, mit welchem Ehrgeiz und welcher Leidenschaft die Mannschaft am Kämpfen war, doch auch das reichte oft nicht, diese bittere Erfahrung hatte er selbst schon des Öfteren machen müssen. Verzweifelt versuchten sie den Russinnen etwas entgegen zu setzen, dennoch sah es übel aus, doch das wollte er seiner Freundin nicht sagen, er konnte und wollte das nicht. Auf dem Rückweg grübelte der Schwarzhaarige, was er machen sollte. Schließlich entschloss er sich zu einer kleinen Notlüge, sonst kam sie noch auf die Idee, wieder nach draußen zu rennen, das war ihr durchaus zuzutrauen. Mit kleinen Schritten ging er zurück zum Krankenzimmer, wo sie gespannt auf seine Auskunft wartete. "Es wird schon gut gehen, mach' dir nicht zu viele Gedanken, ja?" meinte er sanft lächelnd zu ihr. "Schlaf besser, immerhin warst du ohnmächtig."

"Ich habe lange genug geschlafen, ich denke, es reicht allmählich!" meckerte sie ihn mit bösem Blick an. "Na, na, na, ich hab's doch nur gut gemeint, kein Grund wütend zu werden."

"Das weiß ich doch", meinte sie seufzend und griff nach seiner Hand, da sie nun doch Trost nötig hatte. ,Was ist das nur, wenn ich in seine Augen schaue?' Verwirrt musterte sie den Mann, der ganze 6 Jahre älter als sie selbst war. "Mir machst du nichts vor, ist das ein Zittern?" fragte sie ihn. Sie verstand nicht, was mit ihm los war. "Komm, hör auf so zu sprechen, sei lieber du selbst, so mag ich dich viel lieber." Es kam selten vor, dass sie sich gut verstanden und nicht stritten, im Moment war es aber nun mal so und darum waren beide eigentlich froh. Streits waren nun mal verletzend, besonders für sie, wenn er wieder schroff zu ihr war. "Was soll ich denn drei Monate lang ohne Volleyball machen?" fragte sie ratlos und wirkte deprimiert.

"Wie wäre es, wenn du mal Dinge machst, zu denen du nie kommst und eine Idee hätte ich auch schon." Im Moment strahlte er großes Selbstvertrauen aus, so, wie gerade eben, hatte er sie schon einmal angesehen. Dann zwinkerte er ihr noch zu und bemerkte sogleich ihren fragenden Blick, der aussagte, dass sie wissen wollte, welche Ideen er so hatte. "Dann können wir ja mal ausgehen, wie wir es vor knapp einem halben Jahr wollten. Das wäre die Gelegenheit. Danach warst du so beschäftigt mit deinem neuen Angriff, dass ich dich einfach gehen ließ. Nicht, dass mich das gestört hätte, aber... jetzt... bietet sich die Gelegenheit ja an", er hatte das Gefühl sich rechtfertigen zu müssen, weswegen Schweiß in sein Gesicht trat. "Was hältst du davon?" Irgendwie hatte der sonst so mutige junge Mann Angst eine erneute Abfuhr zu kassieren.

"Ausgehen, mit dir?" Sie lachte kurz. "Ausgerechnet mit einem Blödmann soll ich ausgehen? Aber, da ich ohnehin nichts besseres zu tun haben werde, meinetwegen...", gab sie sich geschlagen, ohne zu zeigen, wie sehr sie sich eigentlich über seinen Vorschlag freute.

"Wie nett", meinte er in einem Schmollton. "Vertrau mir doch ein wenig. Ich sage dir, in diesen drei Monaten werden wir uns amüsieren und erholen. Das ist ja auch Sinn der Sache."

"Du redest mal wieder zuviel, das scheint bei euch Studenten ja normal zu sein."

"Ganz schön frech, muss ich schon sagen." Jetzt hatte er sie wohl erfolgreich auf andere Gedanken gebracht, er war ganz stolz auf sich, doch zu früh gefreut. "Ich will trotzdem am liebsten heulen."

"Ich halte dich nicht davon ab", meinte er bedrückt, klang jedoch ziemlich gefühlskalt, wenn er so etwas sagte. Aber sie war ja eigentlich genauso. "Weißt du, was man mal über mich geschrieben hat? Ich hätte ein Herz aus Stein. Findest du das nicht auch sehr gemein?" Yushima erinnerte sich noch daran, dass man so etwas über sie geschrieben hatte, schließlich hatte er diese Zeitung gelesen. Es war damals, bei der Qualifikation für das Inter-Highschool-Turnier.

"Ach, das merkst du nicht?" fragte Yushima sie mit einem Kopfschütteln. "An was denkst du denn, wenn's mal nicht um dein Volleyball geht?"

Der war ja mal wieder unverschämt. "Aber sonst geht es dir gut, ja? Deswegen bin ich noch nicht gefühlskalt!" fauchte sie ihn an und schon war wieder der übliche Streit da. "Du solltest deine Freizeit neben dem Spiel mehr genießen, sonst wirst du mal unglücklich!"

"Ich weiß, das höre ich nicht zum ersten Mal. Meine Mutter meinte, ich werde immer nur Volleyball im Kopf haben..."

,Und mich nie verlieben... Ja, das sagte sie, aber sie hat Unrecht...'

"Und von dir, du weißt eh immer alles besser, Yushima! Woher willst du eigentlich wissen, dass ich mich nicht amüsiere? Beobachtest du mich heimlich?"

"Ich kenne dich, das ist alles, dafür muss ich dich nicht beobachten. Eine Volleyballfanatikerin, die an nichts anderes denkt!" Er wollte gerne, dass sie offener wurde, ihm mehr vertraute und Zeit mit ihm verbrachte, doch außer Volleyball schien sie nichts zu verbinden. "So bist doch du, aber ich finde es gut, wenn jemand kämpft. Nur man muss auch mal an was anderes denken, warum verstehst du das nicht?" Er raufte sich die Haare und blickte verärgert auf sie hinab. "Und im Grunde weißt du auch, was ich sagen will."

"Du wirst schon sehen, dass ich mich durchaus amüsieren kann." Die Dunkelbraunhaarige drehte den Kopf beleidigt weg. "Ja, das werden wir dann ja sehen." Wie sie klang, als hätte man ihr was geklaut. Er lachte kurz auf und sah sie dann fies grinsend an. "Dann kannst du meine Hand ja loslassen, wenn du beleidigt sein willst."

"Bin ich gar nicht!" Nein, gar nicht, sie zog ja nur einen Schmollmund. Was erwartete sie eigentlich schon wieder von ihm? Immer noch umklammerte das 17-jährige Mädchen seine Hand. "Was ist? Du bist ja auf einmal so still!" Sie war es, weil sie sich ihrer Gefühle für den jungen Mann bewusst war und gerade errötete. "Midori hat von all dem noch keine Ahnung. Was soll ich denn sagen? Euer starker Teamchef braucht doch mal eine Pause? Die halten mich für verrückt. Sie denken alle, ich bin eine Volleyball schlagende Maschine. Alle bewundern mich. Wenn ich auf einmal so krank daher komme, was denn dann?" Obwohl ihre Worte eine Art Ablenkung darstellen sollten, war es auch die Wahrheit.

"Ich glaube nicht, dass sie so denken. Erinnerst du dich denn nicht mehr daran, wie groß ihre Sorgen waren, als du in den Bergen beinahe ums Leben gekommen bist? Ihr seid doch alle Freunde, also mach' dir keine Sorgen", beruhigte er sie.

Und ja, sie erinnerte sich noch genau an diese Zeit. Damals, als sie Yushima zum ersten Mal begegnet war und ihr Treffen hatte wahrlich nicht besser beginnen können, schließlich hatte er ihr das Leben gerettet, als sie zu ertrinken drohte, aber dann kam der Schock, der sie so verletzt hatte und zurückweichen ließ, obgleich sie sich auf den ersten Blick in ihn verliebt hatte. Ihr Schwarm hatte immerhin ihren größten Konkurrenten trainiert, die Aoba-Highschool. Bei diesem Gedanken ließ sie blitzschnell seine Hand los. Das Vertrauen schwand jedes Mal dahin. Sie wusste keine Art zu denken mehr, ihr Kopf drehte sich einfach nur im Kreis. Was er empfand, wusste sie nicht, dafür wurde ihr klar, was sie ihm gegenüber verspürte. Das Leben konnte nun mal nicht nur Volleyball sein, aber Volleyball ein Stückchen Leben - Hongo hatte das schließlich gesagt und Recht gehabt. Ihr war das auch klar und das machte es ja schließlich so schwer. Keiner der beiden sagte noch etwas, sie schauten einander nur mit traurigem Ausdruck in die Augen.

Bis die Tür aufging und einige Frauen der japanischen Mannschaft eintraten. Milas Frage wurde durchaus erwartet und doch antwortete keiner, bevor sie gefragt hatte. Sie kam daher auch nicht überraschend. "Und, wie ist es gelaufen?"

"Wir konnten ihren Attacken leider nichts entgegensetzen." Das klang aber gar nicht nach Sieg, dabei hatte Yushima gemeint, sie würden es schaffen. "Sie haben ihre Hausaufgaben gemacht und uns gut studiert, Captain. Das nächste Mal fordern wir Revanche. Darauf kannst du Gift nehmen", sagte Kiyama bestimmt. "Und dann machen wir sie alle gemeinsam fertig!" Sie senkte den Kopf. "Mir haben deine Vorbereitungen gefehlt und dem Angriff Biss, mit anderen Worten, ohne dich sind wir nur halb so gut und stark."

"Schirenina fand es schade, dass du nicht weiterspielen konntest, das Spiel hat ihr so keinen Spaß gemacht", versuchte Kaori ihre Freundin wenigstens zu beruhigen, auch wenn es ja wohl eine Frechheit war. "Das nächste Mal wird's bestimmt rund gehen, dann nehmen wir sie auseinander."

Yushima schwieg noch immer, ging dann aber zur Tür. "Danke, dass du auf sie aufgepasst hast", warf ihm Furumoto noch zu. "Kein Thema", und schon ging die Tür von außen zu. Er hielt es dort einfach nicht mehr aus, zu viele Leute um ihn herum, waren der Grund. Er war eben lieber mit ihr alleine. "Ich glaube, er fühlt sich nicht so gut, hast du irgendwas mit ihm gemacht?" wollte Matsuyama wissen und erntete nur einen verständnislosen Blick seitens Mila. "Ich, warum immer ich? Vielleicht ist er wegen seines vergeigten Spiels deprimiert?!" Das war zwar möglich, doch niemand hielt es für den wahren Grund. Kaori verließ das Zimmer und folgte Yushima. "Warte doch bitte", meinte sie einfühlsam. Er stand am Fenster im Gang und blickte hinaus, bis man ihn ansprach und er sich aufgrund dessen herumdrehte. "Warum bist du eigentlich rausgegangen? Ist es noch das Spiel?"

"Nein, ist es nicht! Es ist gelaufen und Schluss, wir bekommen ja die nächste Chance."

"Was ist es denn dann? Willst du darüber reden?"

"Ich weiß es nicht, vielleicht, weil sie geweint hat... dann erinnert sie mich immer an Yoko." Ein deprimiertes Seufzen kam und ein trauriger Schimmer war in seinen Augen zu entdecken.

"Yoko ist deine jüngere Schwester, richtig?" fragte Kaori noch einmal nach, bevor sie voreilige Schlüsse zog.

"Ja, war sie. Und immer, wenn Mila mich an sie erinnert, verunsichert es mich. Es ist ja auch absurd, dass einen das Mädchen, das man mehr mag, als alles andere, an die tote Schwester erinnert. Ich weiß nicht, was ich über meine eigenen Gefühle denken soll."

"Du liebst sie, habe ich nicht Recht?" Seine Augen verengten sich kurz, bevor er Antwort gab. "Wie auch immer, auf eine gewisse Weise tue ich das wohl, ja."

"Ich dachte mal, du seiest wie unser Kapitän, aber ich lag falsch, du bist bei weitem offener als sie. Sie redet nie über Gefühle, zumindest nicht mehr, seit wir den Weltmeistertitel mit nach Hause nahmen."

"Na ja, sie findet, dass die Presse spinnt, weil man sie als kaltherzig bezeichnet hat. Sie will mich glatt vom Gegenteil überzeugen." Kaori musste lächeln. "Sie ist ja auch nicht kalt, nur etwas fanatisch, dabei vergisst sie gerne alles andere. Das eine schließt das andere ja nicht aus, nicht wahr? Außerdem bewohnen wir ein Zimmer, da bekommt man auch mal was mit", meinte sie geheimnisvoll.

"Was zum Beispiel?" Er war neugierig geworden.

"Das wüsstest du wohl gerne. Aber, hast du schon mal was von Frauengeheimnissen gehört? Entschuldige mich. War nett sich mal mit dir zu unterhalten, aber wir müssen uns um Kyoko und Mila kümmern." Sie ging zurück zur Mannschaft, auch, um sich nicht ausquetschen lassen zu müssen. Diese hatte sich bei Mila eingefunden und sich jetzt bei Kyoko Iwatani versammelt.

Kaoris Andeutungen gingen dem Mann nicht mehr aus dem Sinn. Was meinte sie mit diesen Geheimnissen wohl?
 

So gingen die Qualifikation zuende. Danach mussten sich alle um das Training für die Winterspiele kümmern, die in Sapporo auf Hokkaido, wo auch das Trainingslager war, stattfinden würden. Während alle nach Hokkaido zum Sommer-Oylmpia-Training fliegen würden, mussten Mila und Yushima als einzige Spieler zum Erholungsurlaub nach Fujimi. Oder sollte man sagen: Zum Trainingsverbot? Inokuma war zuerst dagegen, dass die beiden Kapitäne gemeinsam verreisten, doch er musste sich quasi geschlagen geben. Er dachte, die beiden würden Dummheiten machen, er vertraute Yushima nicht im Geringsten, er war immerhin auch nur ein Mann. Und seelische Probleme konnte sein kleiner Star gar nicht brauchen. Doch dem Argument, dass sie ja erwachsen waren, konnte er nichts entgegen setzen. Außerdem konnte die kleine Mila einen Aufpasser sehr gut gebrauchen. Kaori hoffte, dass sie die Zeit wenigstens nutzen würden, um sich näher zu kommen. Beim vielen Training hatten sie ja keine Gelegenheit dazu. Drei Monate waren eine lange Zeit, wenn man sie zusammen verbrachte, da konnte und musste einfach etwas passieren. Beide hielten doch soviel vom anderen.

Mila musste noch bei Midori anrufen, um ihr Bescheid zu sagen, wann sie ankam und dass sie jemanden mitbringen würde, also wählte sie ihre Nummer. Ein Tutgeräusch ertönte, bis sich ihre Freundin mit Nachnamen meldete.. "Hayakawa?"

"Hey, Midori, schön dich zu hören. Ich wollte dir nur sagen, dass wir morgen Abend gegen 8 Uhr in Urawa ankommen."

"Wir?" entgegnete die Rotbraunhaarige. "Ach ja, das hätte ich fast wieder vergessen. Ich bringe einen Freund mit. Ich hoffe doch, dass dich das nicht stört und in Ordnung ist."

"Warum sollte es? Ich freue mich, die anderen übrigens auch. Bis morgen, ich hole dich dann ab. Dewa mata."

Das war jetzt jedenfalls erledigt. Jetzt musste sie Midori morgen nur noch wegen des Verbots aufklären. Das hatte sie in all der Aufregung vergessen.

Schnell rannte sie ihrer Mannschaft nach, die zum Bus ging, der sie zum Flughafen fahren würde.

"Hey, Leute, müsst ihr echt schon zum Flughafen?" fragte die 17-jährige und fiel so mit der Tür ins Haus. "Ja, du Arme, dein Flug geht erst um fünf", sagte Kiyama, ging auf sie zu, um sie zum Abschied herzlich zu umarmen. "Wenn dir Yushima dumm kommt, haust du ihm eine runter, verstanden?" Mila stürzte auf Kiyama zu und fing sofort an zu heulen. Sie würde sie vermissen.

"Kiyama", lenkte Kaori mit strenger Stimme ein, denn sie fand, dass man Männer nicht immer gleich verprügeln musste, wie Kiyama meinte. Die tat das ja andauernd mit Moriyama. Wenn sie aufdringlich wurden, war das ja okay, aber Yushima war zweifelsfrei nicht so einer, der Mädchen bedrängte, also wirklich.

"Was mache ich nur ohne euch?" schluchzte die Dunkelhaarige mit dem Pferdeschwanz, so dass alle feuchte Augen bekamen und jeder einzeln sie einmal in die Arme schloss, bis Kaori an der Reihe war. "Yushima ist ja ein guter Ersatz", zwinkerte Kaori ihrer Kollegin zu und lachte kurz. "Ich weiß, wie du dich fühlen musst. Mir ginge es genauso. Wir haben doch alle Probleme, wenn wir nicht trainieren können."

"Mir wird schlecht!" zischte Kiyama und stieg in den Bus ein. Nicht, weil Kaori so liebenswürdig war, sagte sie es, sondern, weil sie Milas Liebe zu Yushima nicht wirklich verstand und fast etwas eifersüchtig war.

"Du weißt doch, dass weinen nichts bringt und in drei Monaten hast du es ja auch schon überstanden", meinte Yuriko Matsuyama, "aber jetzt geh' ins Hotel packen, mhm? Wir müssen ja auch jetzt los." Sie klang wie eh und je, wie die erwachsenste in der Gruppe, schließlich war sie ja auch die älteste der Frauenmannschaft. "Kopf hoch, Mila, wird schon schief gehen", meinte Kyoko Iwatani, die ja ebenfalls ein verletztes Handgelenk hatte, aber mit links weitermachen würde, das konnte ja nicht schaden.

Sie würde ihre Mannschaftskameradinnen sicher vermissen, sie alle waren fast schon so etwas wie eine große Familie. "Mach's gut und komm' in alter Frische wieder zu uns zurück. Verstanden?" lachte Matsuyama, bevor sie in den Bus verschwand und Kiyama noch einmal den Kopf rausstreckte. "Wir haben's zwar eilig, aber eines noch,... Wenn du Yushima triffst, dann sag ihm liebe Grüße und er soll auf dich aufpassen", sagte Kaori, so dass Kiyama sich wieder einmischte. "Nein besser, kneif' ihn, Kleine", neckte diese Mila, welche sie schmollend anblickte, da sie sich verschaukelt vorkam. "Bis in drei Monaten, bis bald..." Ihr kamen die Tränen, also lief sie weg und begab sich wieder ins Hotel.
 

Sie saß noch lange in ihrem Zimmer, um zu grübeln. Drei Monate und pausenlos Yushima an ihrer Seite, ob das wirklich gut ging? Sie bezweifelte es leicht. Sie würde es nie aus freien Stücken zugeben, aber sie hatte Angst vor dieser Zeit. Außerdem nahm sie sich vor, alte Freunde zu besuchen. Die würden vielleicht Augen machen.

Sie starrte zur Decke und schwelgte in Erinnerungen.

"Hey, Mila", Yushima war ohne anzuklopfen ins Zimmer eingetreten. Sie hatte ihn nicht gehört, auch wenn er förmlich ins Zimmer platzte. "Was wollen wir die nächsten 3 Stunden noch so anstellen?"

"Packen!" meinte sie säuerlich und mit verärgertem Ton in ihrer Stimme, da er sich wieder anhörte, als wolle er sie ärgern.

"Was, du bist immer noch nicht fertig? Die anderen sind schon längst unterwegs."

"Tschuldigung, aber ich habe nachgedacht..." Er setzte sich neben sie aufs Bett und legte seinen Arm um ihre Schulter, ihm war langweilig, schließlich war er mit Packen längst fertig. "Worüber denn?" Neugierig schaute er sie von der Seite an, so dass sie ihn wegstieß. "Das geht dich überhaupt nichts an, Yushima!" Man war die mal wieder feindselig. Sie erhob sich und packte alles zusammen, er erkannte natürlich ihre Mittel sich auf Distanz zu geben, weswegen er hastig das Zimmer verließ. Wie sollten sie es drei ganze Monate miteinander aushalten, wenn das nicht mal 5 Minuten funktionierte?

Mila hatte vor Midori um Rat zu fragen, denn diese hatte wesentlich mehr Erfahrung, was Freundschaften und Liebe anging, schließlich hatte sie in Mitamura einen Freund und Kumpel. Sie konnte ihr sicher helfen.
 

Yushima wartete vor dem Hotel auf Mila, als sie endlich kam, machte er ein ärgerliches Gesicht und verschränkte die Arme. "Wo hast du dich denn rumgetrieben?"

"Pöh, das geht dich wie immer gar nichts an."

"Oh doch, diesmal schon, Ayuhara! Zufällig komme ich mit und wenn wir den Zug nicht verpassen wollen, dann müssen wir uns sputen."

"Ja, ja, nur keine Hektik!" Wieso fing er an, sie Ayuhara zu nennen? Mit dem stimmte eindeutig was nicht.

Das Resultat war, dass sie viel zu früh am Bahnhof ankamen, aber besser das, als zu spät. Mila schmollte deswegen, immerhin hatte er sie ziemlich gehetzt, aber woher sollte Yushima wissen, wie lange sie zum Bahnhof brauchen würden? Sicher war eben sicher. Er war sich keinerlei Schuld bewusst.

"Wie lange noch?" fragte Mila aufgeregt wie ein kleines Kind und tippte mit dem Fuß am Boden. Bald würde sie ihre besten Freunde wiedersehen.

"10 Minuten."

"Super, dann hätten wir noch Zeit gehabt und hätten uns auch gar nicht so zu beeilen brauchen."

"Reg dich deswegen doch nicht so auf. Außerdem ist das doch sicher nicht der wahre Grund. Oder? Bist du immer noch sauer auf mich?"

"Wenn du es genau wissen willst.. ja!"

"Verzeih mir." Er sah ihr rief in die dunkelgrünen, fast schwarzen Augen und ergriff ihre Hand. Sein Blick hatte etwas flehendes und sanftes an sich, so einem Blick konnte sie einfach nicht widerstehen. "Meinetwegen, ich will meine Freundin nicht mit unnötigen Streits stressen."

"Gut." Wie froh er eigentlich war, zeigte er ihr natürlich weder anhand seiner Worte, noch seines Gesichtsausdrucks, aber es fiel ihm ein Stein vom Herzen. Wenn sie sich immer zofften, belastete es ihn doch sehr. Da kam auch schon der Zug, der einfuhr. Yushima schnappte sich ihr Gepäck, da er nett sein wollte. "Wie aufmerksam du sein kannst", meinte sie frech und musste über ihre eigenen Worte lachen, die als nächstes kamen. "Vielleicht wird aus dir eines Tages doch noch eine gute Partie?"

In einem noch sanfteren Ton sagte sie dann: "Dankeschön!" Die Zugfahrt dauerte etwa eine halbe Stunde länger, da es heftig zu regnen begann. Am Flughafen stiegen sie in ihre Maschine ein und sie schlief gleich, nachdem sie sich angeschnallt hatte, ein, so dass er Stunden lang seinen Blick nicht von ihr abwenden konnte. Seine kleine Kratzbürste sah im Schlaf so friedlich aus.
 

Spät am Abend, etwas verspätet, kamen sie in Narita an und nahmen den Zug nach Urawa, wo sie von Midori empfangen wurden. Sie begrüßte ihre Freundin herzlich. "Ich dachte schon, ihr kommt gar nicht mehr." Yushima kam sich bei den beiden jungen Damen fast überflüssig vor, sagte jedoch mit keinem Wort etwas dazu. Midori bemerkte ihn jedoch sofort. "Willst du mir nicht jemanden vorstellen?"

"Ach ja, den Blödmann habe ich vergessen, ihr kennt euch doch sicher schon."

"Ich muss passen, Mila." Natürlich erinnerte sich die 17-jährige an die unverschämte Person, die Mila schlaflose Nächte bereitet hatte. Sie hatte ihn nur energischer in Erinnerung. "Yushima Hiro, wir haben uns doch in Nara kennen gelernt und wollten Freunde werden, bis wir in Erfahrung brachten, dass wir Gegner sind..."

Ach und jetzt konnte sie ihn gar nicht mehr leiden? Welche Aussichten...

"Wusst' ich's doch, wie kommt Mila ausgerechnet dazu, dich mit zubringen?" Irgendwie musste Midori ja zugeben, dass er nicht schlecht aussah...

"Was für eine Frage, Midori, du willst wie immer alles wissen." Yushima fing urplötzlich an zu lachen. "Deinen Gesichtsausdruck solltest du sehen..." Mila sah total empört aus und schmollte wohl wieder, das war einfach amüsant für ihn.

"Beachte ihn gar nicht, Midori, der ist immer so..."

"Er erinnert irgendwie ein bisschen an Mitamura.."

"Untersteh dich, Midori..." Wie konnte sie bloß so etwas sagen?

"Ach ja, was ich vergessen habe zu erwähnen... Herr Hongo und die Mannschaft sind ins Trainingslager gefahren. Dort gibt es nicht genug Betten für uns alle, das bedeutet... na ja..."

"Spuck's schon aus."

Midori grinste und zwinkerte ihrer besten Freundin zu. "Ich schätze, du hast nichts dagegen, mit dem gutaussehenden Herrn, ein Zimmer zu teilen, oder?" Mila sah diese ungläubig und mit reichlicher Skepsis an, während Yushima sich halbtot zu lachen schien, immerhin war dieser Gesichtsausdruck einfach unbezahlbar. "Mila, ich beiße nicht, keine Angst. Außerdem bin ich sehr vertrauenswürdig."

,Oh Gott, will die mir das echt antun?'

"Wenn ich du wäre, wäre ich vorsichtig, Mila kann bissig sein." Auch Midori musste über das errötete Gesicht ihrer Freundin herzhaft lachen. Sie wusste immerhin ganz genau, was mit ihr los war.

"Kann ich mir vorstellen, dass dir das gefällt, Yushima, aber ich warne dich, keine Tricks, sonst bist du krankenhausreif."

"Siehst du?" Midori musste wieder lachen. Yushima fand ja, dass beide etwas übertrieben und spinnen. Also wirklich, was die ihm so zutrauten, ungeheuerlich. Nicht zu fassen. Sie mussten erst mal einen längeren Fußmarsch zurücklegen und zum Trainingslager in Urawa finden, was jedoch keinem etwas ausmachte.

Einquartiert

Wenig später kamen sie jedoch an und gingen hinein, woraufhin Mila sich das Zimmer anschaute und ihr flau im Magen wurde, immerhin war hier nur ein Bett. Oje, das war mit Sicherheit Absicht von Midori, die war ja immer so fies. Diese saß draußen mit Yushima und trank mit ihm einen Tee. Sie warteten auf die anderen, aber verstanden sich auf Anhieb so gut, dass sie gerne auf sie verzichten könnten und sie sie nicht vermissten.

"Sag' mal, Yushima", meinte Midori, nachdem sie ihre Tasse vom Mund abgesetzt hatte und durchbohrte ihn etwas mit ihrem Blick. "Wie macht sich Mila denn beim Training? Ist es besonders hart?"

"Ganz schön heftig, aber sie ist ja bekannt dafür, dass sie nichts erschüttern kann."

"Ich muss dir was anvertrauen", erwiderte Midori sehr leise und sah ihn bekümmert an, so dass er das schlimmste erwartete und sie traurig ansah. "Mila ist sehr sensibel, auch wenn das so mancher nicht fassen kann."

"Wieso sagst du das ausgerechnet mir?" wollte Yushima verwirrt wissen.

"Tu doch nicht so unwissend, du weißt sehr wohl, warum. Weil du ein Mann bist und ihr alle das gleiche Kaliber seid."

"Vielen Dank", gab er zurück. So etwas hatte er noch nie besonders leiden können, wenn man ihn abstempelte. Das nahm er jetzt aber wirklich persönlich.

"Ich will dich ja nicht beleidigen, aber ich vertraue dir immerhin meine beste Freundin an. Aber auch nur, weil sie dich sehr zu schätzen scheint."

"Hey, ich tue, was ich kann, damit es ihr gut geht, aber es steht ihr eine harte Zeit bevor", er schloss wehleidig die Augen, "3 Monate ohne Volleyball ist für sie doch so gut wie ein Ding der Unmöglichkeit." Was sagte er da? Midori war mehr als nur baff, schließlich hatte ihre Freundin kein Wort diesbezüglich erwähnt. "Wieso 3 Monate ohne Volleyball?" fragte Midori schockiert. "Sie ist krank und kommt nur zum Erholen hierher. Ich habe mich ein wenig verausgabt und übertrieben, das kommt beim Sport nun mal ab und zu vor, deswegen begleite ich sie und weil ich aufpassen wollte, dass sie sich an ihr Verbot hält."

"Ach so, ich dachte, weil ihr..." Das war der Rotbraunhaarigen nun doch ziemlich peinlich, so dass sie leicht errötete.

"Dachte ich mir, das denken viele, leider ist das nicht so..." Bevor Midori sich freuen konnte, dass er anscheinend mehr für ihre Freundin übrig hatte, riss diese die Tür auf und starrte beide empört an. Sie stürmte zu ihnen hin. "Ihr redet über mich, ist ja nicht zu fassen!" Ein Seufzen entkam ihr, bevor sie sich zu ihnen setzte. "Da ist man kaum 5 Minuten abwesend und schon wird gelästert!" Anhand ihrer sarkastischen Worte, bemerkten die Zwei, dass sie rein gar nichts mitbekommen hatte und nur so tat, als ob, was sie erleichterte. "Was haltet ihr von einer Herausforderung im Kartenspielen? Sagen wir, wenn die anderen wieder da sind?"

"Die wollen nach dem harten Training sicher erst mal ihre Ruhe haben", erwiderte Midori lachend.

"Ach Mila", fiel Yushima ein, der unschuldig lächelte. "Mir ist vorhin rausgerutscht, weswegen wir hier sind, nicht böse sein, ja?"

"Schon gut, da hast du mir was abgenommen."

"Was hast du wieder gemacht, dass du nicht spielen sollst?" Midori sah sie tadelnd an. "Hast du wieder übertrieben?"

"Das sowieso", antwortete Yushima frech für Mila, so dass diese ihn böse ansah. "Klappe! Meine Krankheit, die ich als Kind immer mit mir rumgeschleppt habe, hat sich wieder gemeldet, tja."

"Deine Krankheit?" Davon hatte ihre beste Freundin ja gar nichts gewusst. Sie hatte doch immer so stark gewirkt.

"Ja, die Fujimi-Region hat mir damals schon gut getan, deshalb bin ich eigentlich hier."

"Verstehe und die ganzen Jahre über hast du das mit keinem Wort erwähnt, wirklich sehr liebenswürdig." Genau wie Midori wunderte sich auch der Mann im Raum, der sie zwar noch nicht so lange kannte, wie Midori, es ihr aber auch nie angesehen hatte. Ihre Stärke hatte ihn immer beeindruckt. Schon damals beim Inter-High. Es war ihm nur umso schleierhafter, wie sie das die ganze Zeit über geschafft hatte. Hoffentlich war es nicht Inokumas eisernes Training, das sie so fertig gemacht hatte.

"M-I-L-A!" Freude stand im Raum. Kyoko, Ishimatsu, Nakasawa, Takaichi und Dekô standen plötzlich vor ihr.

"Hätten wir gewusst, wann du kommst, hätten wir früher Schluss gemacht", meinte Ishimatsu fröhlich und fiel ihrem Boss um den Hals.

"Willkommen zurück, Boss", neckte Nakasawa sie und grinste frech, denn sie wusste, dass Mila es nicht mochte, wenn man sie Boss nannte. "Endlich, ich dachte schon, du hast dich für alle Zeit aus dem Staub gemacht", sagte Takaichi und setzte dann weniger fröhlich hinzu: "Leider stehen die Abschlussprüfungen an und dieses Jahr fällt das Turnier für mich leider aus. Mir bleibt einfach keine Zeit mehr für's Volleyball."

"Dann muss jemand deine Position übernehmen. Das heißt Trainingsplanänderung. Ishikawa wird das schon schaffen", meinte Mila mit einem Lächeln, sie hatte vollstes Vertrauen in die Teammitglieder.

"Ich?" Ishikawa hatte sich bisher immer an Takaichi gehalten und nun sollte sie gleich ihre Freundin ersetzen.

"Komm schon, wenn Kyoko damals als Anfängerin gleich Miyuki Oonuma ersetzen konnte, dann schaffst du das auch mit Leichtigkeit", versuchte Mila dem Mädchen Mut zu machen. "Außerdem ist das alles Frage des Trainings, das für mich leider ausfällt."

Yushima blickte zur Seite, wo sich seine Begleitung den Kopf hielt.

"Was, wieso denn?" wollte Ishimatsu hektisch wissen. "Wir haben gehofft, du hilfst uns und zeigst uns ein paar Tricks. Wir sind doch so stolz auf unseren Boss. Schließlich bekommt man nicht einfach so ein Training mit der Nr. 1 im Angriff."

"Tut mir echt Leid, aber vorerst muss ich mich schonen, macht es mir nicht so schwer."

"Schluss jetzt!" lenkte Midori ein. "Wie unhöflich, sie ist doch gerade erst angekommen. Ist ja wieder typisch Ishimatsu, immer mit der Tür ins Haus fallen."

"Sei still, Midori!" Mila stand sofort auf und stellte sich schlichtend zwischen die Beiden. "Kein Grund Streit anzufangen. Etwas mehr Respekt gegenüber eurem Teamchef. Ich übergebe Midori nämlich die Mannschaft, bei ihr ist sie in guten Händen." Alle grölten laut auf. "Wenn du das sagst, Boss."

Ishimatsu bemerkte nun Yushima, der am Tisch saß und schrie, während sie mit dem Finger auf ihn zeigte: "Ihhhh, ein Spion in unseren Reihen!"

"Ich bin kein..." Er nahm das vollkommen ernst, während Mila nur lachen musste.

"Das war nur ein Scherz." Was er nun gar nicht witzig fand und Ishimatsu ansah, als hätte sie ihn beleidigt.

Midori erinnerte an Milas Herausforderung im Kartenspielen, so wurde erst mal gespielt. Es wurde gelacht und gescherzt, bis Hongo ins Zimmer kam und um etwas Ruhe bat, da es schon recht spät war. "Es wird Zeit, dass ihr schlafen geht, wir haben einen langen Trainingstag vor uns. ... Guten Abend, Mila." Warum verhielt er sich denn so reserviert? Womöglich wegen Yushimas Anwesenheit? Das musste sie morgen wohl noch klären. Was die anderen als Witz meinten, war bei Hongo vielleicht ernst. Mila erhob sich und gähnte demonstrierend. "Er hat Recht, ich bin müde. Ich werde schlafen gehen, gute Nacht." Und schon war sie ins Nebenzimmer verschwunden, die hatte es vielleicht eilig. "Was hat sie denn, Yushima?" fragte Nakasawa, die sich ziemlich sorgte. "Ich glaube, in letzter Zeit war ihr alles etwas zuviel. Ich werde dann auch schlafen gehen!" Nun erhob sich der 23-jährige, woraufhin Midori lachte. "Ja, geh sie mal etwas aufbauen." Ishimatsu sah Midori und den Mann skeptisch an, bevor sie einen halben Schreikrampf erlitt. "Soll das heißen, ihr verfrachtet den da", sie zeigte mit dem Finger auf Yushima, "zu ihr ins Bett?"

"Ja, tun wir, was dagegen?" fragte Midori.

"Und ob, lasst mich bei ihr schlafen. Bitte", flehte Ishimatsu.

"Ähm, was soll das denn jetzt?..." Midori flüsterte ihr ins Ohr. "Hey, das habe ich so schön eingefädelt. Untersteh' dich alles kaputt zu machen. Was willst du überhaupt bei ihr?"

"Komm mit raus." Die beiden verschwanden nach draußen und Yushima saß Nakasawa gegenüber. Sie schwieg ihn erst einmal an. "Das Mädchen hat wohl was gegen mich, was?" Das Mädchen mit dem seitlichen Zopf starrte ihn böse an. "Tu bloß nicht so unschuldig! Wir wissen alle, was du mit unserem Boss gemacht hast. Uns täuschst du nicht. Ich frage mich sowieso, wie Midori auf die Schnapsidee kam, dich und Mila in einem Zimmer unterzubringen. Lass sie bloß in Ruhe..! Damals, das hat gereicht!"

Yushima wusste nicht ganz, was Nakasawa damit meinte, also dachte er darüber nach. Was konnten die schon über ihn wissen? Vielleicht hatte Mila über ihn geredet? "Was hat sie über mich erzählt?"

"Du warst Trainer-Assistent bei Aoba und hast dich fies an sie rangemacht, um sie zu verunsichern!" warf sie ihm an den Kopf, so dass er beinahe gezuckt hätte.

"Was?" Er stand entrüstet auf. "Genau deswegen habe ich mich ja von ihr ferngehalten!" Er hatte sie nicht verletzen wollen und obwohl er sie sehr mochte, hatte er es abgelehnt ihr näher zu kommen, was er im nachhinein bedauerte. Seit er sie damals abgewiesen hatte, war sie oft zickig und ließ ihn erstrecht nicht an sich heran.

"Ach ja, wirklich?" Sie schien ihm nicht zu glauben. "Ich kenne Mila schon länger, als Midori. Wer ihr wehtut, bekommt es mit mir zu tun. Hast du das verstanden?" Ihre Worte waren die Drohung schlechthin, was er aber ja irgendwie süß fand. Er war froh, dass sie solch treue Freunde hatte, die ihr helfen würden, alles zu überstehen. Aber enttäuscht darüber, was man ihm zutraute, war er schon. "Gute Nacht", sagte er nun doch sehr beleidigt.
 

Inzwischen hatte Midori Ishimatsu aufgeklärt. "Midori, das ist eine blöde Idee, die passen nun wirklich nicht zusammen."

"Das spielt keine Rolle, was du denkst. Ich will, dass es was wird, also haltet euch etwas zurück, besonders dich bitte ich, Ishimatsu."

"Ja, schon gut, aber hoffen wir, dass er es nicht wie damals macht und sie enttäuscht. Ich frage mich sowieso, wie er sie so... na ja... wie er es geschafft hat, sie.. zu verletzen."

Midori lachte leise, die war heute ja mal wieder nicht gerade die Hellste. "Ist euch das wirklich noch nicht aufgefallen?" fragte sie lächelnd. "Sie hat sich schon damals in ihn verguckt. Und nun seid ehrlich: er sieht doch wirklich verdammt gut aus, oder? Wollt ihr mir da nicht beipflichten?"

Ishimatsu nickte. "Nun ja..."

"Sie hat mir am Telefon erklärt, wie sie zu ihm steht. Außerdem habe ich mich sehr nett mit ihm unterhalten. Es scheint mir, als ob er ein bisschen auf sie aufpasst."

"Lass uns zurück zu den anderen gehen..."

"Gut." Ishimatsu öffnete die Tür, doch Yushima saß nicht mehr, wo er vorhin Platz genommen hatte. "Wo ist der Schnucki denn auf einmal hin?" scherzte Ishimatsu.

"Wie witzig", meinte Nakasawa und zeigte auf die Tür zu Milas Zimmer, "dahin, zu Mila. Ich bin ihm offensichtlich zu nahe getreten."

"Sei nett zu ihm! Ist besser so...", sagte Midori seufzend. "Jaha!" schrie Ishimatsu nur dazwischen und benahm sich wie immer nicht ihrem Alter entsprechend. Nakasawa aber schüttelte nur den Kopf, ihr war unwohl dabei. "Was für ein arroganter Typ, der hält sich glatt für was besseres! Ich muss aufpassen, sonst kriege ich mich mit dem noch gewaltig in die Wolle!"

"Ruhig Blut, Naka, das geht schon gut, überlass das getrost Midori, sie weiß, was sie tut."

"Ich habe nicht so das Gefühl, Ishimatsu", sorgte sie sich trotzdem und senkte nachdenklich den Kopf.
 

Mila lag unterdessen auf ihrem gemeinsamen Bett und er stand seit er reingekommen war an der Tür, bis ihm etwas zu Nakasawas Verhalten ihm gegenüber einfiel. "Sag mal! Was hast du den anderen Mädchen über mich gesagt? Das würde mich mal interessieren, warum mich alle, außer Midori, irgendwie hassen."

"Gar nichts, ich weiß nicht, was du meinst", tat sie unschuldig, obwohl man natürlich über Dinge redete, die einen bewegten, wenn man schon so viele gute Freunde hatte.

"Hätte ja sein können", versuchte er sich zu entschuldigen, ging auf sie zu und legte sich an die Decke starrend neben sie. "Es hat mich nur gewundert."

"Ich geh mich umziehen, du solltest dir auch was anderes anziehen."

Als wenn er das nicht selbst wusste.

Die Zeit, in der sie verschwunden blieb, nutzte er, um seine Schlafsachen hervorzuholen und anzuziehen. Natürlich brauchte sie weit länger als er, was sie beide aber nicht wunderte.
 

Yushima lag da und schien in Gedanken versunken zu sein. "Kann ich das Licht schon ausmachen?" fragte sie und holte ihn damit aus seinen Überlegungen.

"Ja, kannst du."

Immer noch wirkte er wie weit weg, denn sein Blick haftete an einem entfernten Punkt.

"Mach dir nicht zu viele Gedanken über andere", meinte sie, während sie auf ihn zuging und unter die Decke schlüpfte, um sich ins Bett zu legen, obgleich sie es viel zu klein für sie beide fand. "Was andere von mir denken, hat mich noch nie gejuckt. Das sollte dir allmählich klar sein."

Es würde bestimmt eng werden, das machte sie etwas nervös, doch ihn schien das herzlich wenig zu interessieren. "Schlaf gut", sagte er leise, fast geflüstert, bevor er, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, die Augen schloss. "Gute Nacht." Mila traute sich kaum, eine Bewegung zu vollführen. "Bist du deswegen nervös, weil wir uns so nahe sind?" fragte Yushima die Jüngere, da ihm ihr Zittern aufgefallen war. "Ein wenig schon", gab sie zu, so dass er seinen Kopf zu ihr herumdrehte. "Aber wieso denn?" Die 17-jährige musste über sich selbst lachen. "Weiß ich selbst nicht so genau." Es war eine glatte Lüge, denn ihr war schon seit langem klar, dass man das Gefühl, das sie verspürte, Liebe nannte. Natürlich wusste sie auch, dass sie es sich wünschte, ihm näher zu kommen, sich aber nicht traute. Sonst war sie nicht ängstlich, jetzt schon. Doch sie musste auch immer wieder an Inokumas Worte denken: Liebe und Zuneigung haben noch keinen guten Spieler hervorgebracht.

Ja, nur Können und Technik konnte das, was von Sanjô stammte.

Damals hatte sie das für haarsträubenden Unsinn gehalten, aber Tsutomus Tod hatte ihr die Augen geöffnet, deshalb wehrte sie sich gegen Gefühle, wie diese. Doch sobald sie ihr Ziel erreicht hatte, wollte sie sich ihren Gefühlen hingeben, was aber gar nicht so leicht war, jetzt, wo es so weit war.

Als sie ebenfalls zur Seite blickte, trafen sich ihre Augen. Lange blieb ihr Blick standhaft, bis er lächelte und sie ihn abwenden musste, denn sie hatte Angst, vor ihm rot zu werden.

Yushima spürte nun auch die heiße Welle der Zuneigung, als er in den Genuss kam, ihr in die schönen Augen zu sehen, die er im Grunde so sehr liebte. Er war für einen Moment wie von ihnen gefangen. Wann hatte er das letzte Mal so etwas schönes verspüren dürfen? Es war jedenfalls recht lange her. Es war kurz vor Yokos Tod gewesen. Danach hatte er sich dem Volleyballspiel verschrieben und wie irre trainiert. Trotzdem sehnte er sich innerlich nach einer Person, die ihn verstand. Das tat jeder, bestimmt auch sie, weswegen er ihr klarzumachen versuchte, dass Volleyball alleine nicht glücklich machte.

Unweigerlich rückte er näher an sie heran, als sie den Blick abgewandt hatte, was ihm gar nicht gefiel. Seine Hand glitt unter der Decke zu ihrer Hüfte, so dass er merkte, dass ihr Nachthemd doch recht kurz war, während die andere über ihre Wange fuhr. Was war denn auf einmal nur mit ihm los? Wieso fühlte er sich dermaßen zu ihr hingezogen? Ob es ihr genauso ging?

Warum schaute er sie so sehnsüchtig an? Empfand er genauso...?

Ihre Frage wurde wenig später durch seine Lippen beantwortet, die leicht geöffnet die ihren streiften. Er fragte sich ernsthaft, was sie wohl jetzt über ihn dachte, oder ob ihr Kopf leer war.

Langsam gewann der Kuss an Druck und Tiefe. Sie entzog sich ihm, als sie sich zu sehr von ihm bedrängt fühlte, kuschelte sich jedoch in seine Arme. "War das ein Fehler?" Die Frage quälte ihn und er wollte sofort eine Antwort von ihr haben, um sich besser zu fühlen. Er hätte es wohl lieber sein lassen. "Nein, ich musste gerade an jemanden aus meinem früheren Leben denken."

Die Worte trafen ihn ziemlich hart. Das hatte er gar nicht erwartet, weswegen es sich wie ein Schlag mitten ins Gesicht anfühlte. Er hatte das Bedürfnis zu schreien, tat jedoch nichts dergleichen. Es war so ungerecht, aber man konnte es wohl kaum ändern, weswegen er sich ihr nun komplett entzog und zur Wand rückte. "Lass uns besser schlafen...", schlug er vor, während er über ihre Worte nachdachte. Was bedeutete für sie eigentlich früheres Leben?

"Wir sollten lieber darüber reden", meinte sie bekümmert. "Hast du dich schon einmal einem Menschen verpflichtet gefühlt? Ich meine, denkst du manchmal, dass du einer Person Rechenschaft schuldig bist?" Genauso fühlte sie sich in diesem Moment.

"So ein Unsinn, so etwas kann nur von dir kommen! Das ist mein Leben, nur meines, das geht keinen was an!" Mila kniff die Augen zusammen und war anhand seiner Tonlage vollkommen sicher, dass er wütend auf sie war. Sie hatte ein ganz mieses Gefühl, als würde sie Tsutomu mit Yushima betrügen, auch wenn er tot war. Das war ein grässlicher Gedanke und sie wischte ihn mit einem anderen einfach weg.

Yushima wusste kein Wort mehr zu sagen, ihre klangen nämlich, als hätte sie bereits jemanden, den sie liebte.

Er war auf dem Holzweg, eigentlich hörte er meist auf seine Intuition, doch diesmal schien sie ihn zu täuschen. Noch nie in seinem gesamten Leben war er sich so dämlich vorgekommen, wie in diesem Augenblick. Dabei war er sich bis eben so sicher gewesen, dass sie es so wollte. Damals hatte sie sich ihm gegenüber noch anders verhalten, er hatte es schlichtweg verbockt. Warum hatte er sie auch wegen Aoba und Yamamoto abweisen müssen? Es war zu ihrem Besten gewesen, um ihr eine Enttäuschung zu ersparen. Doch jetzt schien ihm dieser Schritt falsch gewesen zu sein. Er bereute es wirklich zutiefst. Die Art, wie sie ihn ansah, mit ihm sprach, das alles waren Dinge, die er bei anderen nicht entdecken konnte. Und sie nahm die Worte der anderen nicht so ernst wie seine. Ihm wurde wieder klar, wie hart er manchmal mit ihr umsprang. Das war nun mal seine Art, immer seine Meinung zu vertreten, egal was andere darüber dachten.

Sie spürte, dass er verzweifelt über etwas nachdachte, aber sie sagte nichts zu ihren Überlegungen. Sie beschlich jedoch das bösartige Gefühl, dass er sich die Sache jetzt sehr zu Herzen nahm.

Die Müdigkeit allerdings übertrumpfte ihre hartnäckigen Gedanken und zerrte sie in einen unruhigen Schlaf.

Er lag lange wach, bis auch über ihn eine Müdigkeit überkam, die ihn übermannte.

Vergangenheit

Yushima hatte entschlossen das Mädchen ausschlafen zu lassen, schließlich hatten sie ja viel zu viel Zeit. Später würden sie nach Tokorozawa rüber fahren und etwas in der Stadt unternehmen. Vielleicht konnte er sich dort, aber vor allem sie, ablenken. Die Zeit über, als sie noch schlief, machte er einen Dauerlauf nach Niiza und zurück.

Als er um halb 11 dann völlig außer Puste zurückkehrte, kam sie ihm entgegen. „Wo warst du denn um die Uhrzeit?“

„Ich hab’s im Bett nicht mehr ausgehalten und bin nach Niiza und zurückgelaufen.“

„Ahja, wegen gestern“, sie senkte leicht den Kopf, „Es tut mir Leid.“

„Braucht es nicht, wir sind immerhin beide erwachsen genug, um damit umgehen zu können.“

Ihr Blick ging nun noch tiefer als bisher. „Ja, du vielleicht... Du hast bestimmt... ach vergiss, was ich gesagt habe!“ Sicher war er total erfahren und hatte schon sehr viele Freundinnen gehabt, im Gegensatz zu ihr. Sie war doch ein unerfahrenes Mädchen und konnte mit so etwas überhaupt nicht umgehen.

Leider konnte er das nicht so einfach. Was hatte sie sagen wollen? Bestimmt dachte er einfach nur zuviel nach, aber es kam ganz von selbst.

„Ich würde nachher gerne in die Stadt, kommst du mit?“

„Natürlich, wieso auch nicht? Ich habe ja nichts vor“, freute sie sich und lächelte, um das von gestern wieder gutzumachen.

Unerwartet, als sie über eine Wiese gingen, entdeckten sie beide jemanden, den sie kannten. Yushima wollte sie erst abhalten, da hier eine Volleyballmannschaft trainierte, aber sie ging voraus und er ihr nach. Kannte sie jemanden, oder war es schlichtweg ihre Sucht nach dem weißen Ball? Ihm war das noch nicht so ganz klar. „Ohara-san!“ rief Mila und winkte dem Kapitän der Mannschaft in Blau zu. „Schön dich zu sehen.“

Verwirrt musterte Yushima die beiden und wirkte reichlich vor den Kopf gestoßen. „Ihr beiden kennt euch?“ Er dachte einen Moment an frühere Zeiten, immerhin war Mari Ohara Yôkos beste Freundin gewesen. Damals, als alles noch so unkompliziert gewesen war.

Ohara erschrak, als sie Yushima entdeckte und versuchte ihn weitestgehend zu ignorieren.

„Hey, Mila, was treibt dich hierher? Solltest du nicht in Hokkaido trainieren?“ wollte die Uni-Spielerin mit dem langen Pferdeschwanz sofort wissen.

„Meine Lungenkrankheit,... ich hab’ gedacht, sie sei vollständig auskuriert, aber ich glaube, es war nur die Luft von Fujimi, die mir gut tat. Ich muss wohl drei Monate pausieren. Ich sehe es jetzt schon als Qual an, das kannst du mir aber glauben. Kannst du dir das vorstellen?“

„Ja, kann ich, das ist für dich sicher ganz besonders hart. Es wundert mich aber doch etwas, dass Hiro bei dir ist...“

Was war denn hier kaputt? Sie nannte ihn beim Vornamen? Auch wenn sie es fast geflüstert aussprach. „Hast du was gesagt? Und wieso flüsterst du denn so?“ Die 17-jährige hatte bereits bemerkt, dass Oharas Blick ab und zu zur Seite schweifte, wo nun mal Yushima stand. „Woher kennst du eigentlich Yushima, Ayuhara?“

„Das könnte ich dich genauso gut fragen, ehrlich. Ich kenne ihn, weil wir beide in der Nationalmannschaft spielen, aber kennen gelernt habe ich ihn in den Bergen von Nara...“ Oharas Blick verwandelte sich in Schockierung. „Was... Nara?“ Wieso eigentlich ausgerechnet dort? Es musste für Yushima immer noch schmerzhaft sein, an diese Berge zu denken, auch wenn er dies immer gut hatte verbergen können. In dem Moment fiel ihr auch auf, dass Mila als Yôkos Zwillingsschwester hätte durchgehen können, vielleicht verstanden sich die beiden ja auch deshalb gut. „Nara ist eine sehr schöne Gegend, aber auch gefährlich...“, meinte Ohara nachdenklich.

Mila fiel sofort Oharas Blick auf. ‚Sie weiß es?’

„Wem sagst du das? Man hat mir dort gleich zweimal das Leben gerettet.“

„Ahja.“ Die Ältere setzte sich ins Gras und bat Mila an, sich zu ihr zu setzen, sie folgte der Einladung. „Du wolltest doch wissen, woher ich diesen jungen Mann da kenne. Nun ja, er ist der ältere Bruder von Yôko Yushima. Sie war meine beste Freundin und kam bei einem Ausflug in die Berge von Nara ums Leben. Ich kenne die beiden schon seit meiner High-School-Zeit. Außerdem war er Trainer in unserer Mannschaft, bevor er auf eine Sporthochschule ging.“ Ihr Aussprache ließ nicht darauf schließen, dass sich die beiden nicht gut verstanden, doch ihre Blicke sagten etwas in der Richtung aus. Irgendwas war zwischen ihnen vorgefallen, nur was?

„Yôko hat bei uns mitgespielt, doch Volleyball war nicht mehr als ein Hobby für sie, da sie zu ihrem großen Bruder aufschaute. Sie war immer fröhlich und lebenslustig. Aber das ist eben vorbei... Manchmal vermisse ich sie ziemlich, das kann man jedoch nicht ändern. Ich habe sie vor 4 Jahren auf einer Party das letzte Mal gesehen. Sie sang ihr Lieblingslied. Danach haben ich, eine Freundin und sie auf einem Gelände zusammen mit ihm“, sie schaute zu Yushima, wobei ihre Stimme einen ehrfürchtigen Ton annahm, „Volleyball gespielt.“

„Ich glaube, wir beenden allmählich die Märchenstunde“, mischte sich Yushima nun ziemlich verärgert ein und warf Ohara einen bösen Blick zu.

„Sag’ mir nicht, was ich zu tun habe, das mochte ich schon damals nicht! Yôko war so stolz auf ihren neuen Aufschlag! Du wusstest nur wie immer ganz genau, wo der Ball aufkommt. Sie wollte einen perfekten Aufschlag spielen, dann hast du mit deinem Schmetterball wieder mal so übertrieben, dass sie geweint hat!“

Jetzt machte sie ihm Vorwürfe, das war ja nicht zu glauben. Mila kam mit seiner seltsamen, manchmal vorhandenen, Härte gut klar. Kein Wunder, dass er fand, sie war seiner Schwester charakterlich nie ähnlich.

„Ich kann nichts dafür, dass sie so zimperlich war!“ verteidigte er sich mit einem Seufzen – ihm war doch klar, dass Volleyball für seine Schwester nicht das Richtige gewesen war. „Sie war eine gute Spielerin, aber leider zu anfällig, man konnte sie leicht verängstigen.“

„Hört jetzt auf zu streiten“, versuchte Mila zu schlichten, wobei sie laut und schwungvoll sprach, genau das Gegenteil von Yôko.

„Mila, du bist die Gegenseite zu Yôko, du hast Kraft!“ Geknickt ging Yushima jetzt an den beiden vorbei. „Das Thema Yôko, ist immer noch ein Streitpunkt zwischen uns.“

Mila wurde schlagartig bewusst, dass sie ihn im Prinzip nur als Volleyballspieler und Trainer kannte. Doch was wusste sie schon von ihm als Menschen? Dieser Mensch hatte auch so seine Probleme, wie hatte sie das anzweifeln können? Selbst wenn man diese Probleme auf den ersten Blick nicht erkannte. „Ohara-san, darf ich Sie etwas fragen?“

„Aber klar, na sicher, schieß schon los, Mila.“

„Wie war es für Yushima, als Yôko starb?“

„Er wurde zum Volleyballfanatiker, es zählte sonst gar nichts mehr. Er war oft deprimiert, aber ich glaube, der Sport hat ihm geholfen, die nötige Kraft zu entwickeln, um den Schmerz zu überwinden. Er hat sich seit damals sehr verändert...“

„Ich kenne ihn noch nicht allzu lange. Es ist jetzt fast ein Jahr. Manchmal ist er die Nettigkeit in Person, dann... dringt seine andere Seite zu ihm durch“, sie schluckte, „dann weiß ich nie, was ich denken soll. Er ist manchmal zu ehrlich, er vertritt seine Meinung derart drastisch, dass es manchmal wehtut. Er scheint sich alles zu trauen. Was er sagen will, sagt er.“

„Mhm?“ Seine Meinung? Das war eher Besserwisserei, so empfand das zumindest Ohara.

„Ich kann seinen Kummer wegen seiner Schwester nachvollziehen. Ich habe diese Erfahrung auch schon machen müssen...“, meinte Mila bedrückt und seufzte anschließend.

„Wie stehst du zu ihm, Mila, verrätst du mir das? Seid ihr Freunde?“

„Ich weiß es oft selbst nicht, tut mir Leid...“ Noch ein Seufzen kam, diesmal jedoch ziemlich genervt, wenn auch nicht von der Person an ihrer Seite.

„Bevor Yôko von uns ging, war er meine große Liebe...“

„Ich... ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll... er ist schon ganz nett und sieht gut aus...“, die 17-jährige errötete leicht. „Warum ist er überhaupt so schnell weg?“

„Ich glaube, es ist wieder Yôko...“ Ohara blickte während ihrer Worte zu Boden. „Er hat sie wirklich geliebt, mehr als alles andere...“ Die Worte schmerzten, Mila kannte dieses Gefühl nur zu gut, so sehr, dass ihr Tränen kamen und sie hastig aufsprang. „Ich muss zu ihm!“ Sie rannte davon und hoffte ihm auf dem Weg zu begegnen. Doch er war nirgends auffindbar, also fragte sie ihre ehemalige Mannschaft, ob sie ihn gesehen hatten.

„Ich habe vorhin ein dröhnendes Geräusch gehört, als ich vom Training kam“, meinte Midori, „Ich denke, er trainiert irgendwo... in der Nähe...“

„Danke, Midori...“ Mila ging nach draußen und sah sich etwas um, bis sie das Geräusch eines Balles vernehmen konnte, der gegen eine Wand flog und diesem folgte. Schließlich wurde der Lärm lauter und sie entdeckte ihn. Er machte einen Aufschlag und Schmetterball nach dem anderen. Durch den Aufprall gegen die Wand flog er verstärkt zurück. Er nahm ihn an, schmetterte ihn und jagte sich so von einer Ecke in die andere, als wolle er sich für irgendetwas bestrafen. Dennoch entging ihr nicht die Deprimierung, die sein Blick zeigte. So einen Blick hatte sie noch nie an ihm gesehen und es tat ihr in der Seele weh, wie er auf den Ball einschlug, obwohl er wohl lieber sich selbst schlagen würde. Als er dies wieder tat, stellte sie sich zwischen den Ball und ihn, überschätzte die Schnelligkeit und Härte, so dass sie ihn nicht annehmen konnte, ohne dabei zu Boden zu gehen. Sie rieb sich das Handgelenk und richtete sich allmählich wieder auf. „Mannoman, da steckt aber Kraft dahinter. Kannst du mir mal sagen, was das soll?“

„Ich trainiere, das siehst du doch, also, mach Platz, du störst mich dabei!“ meinte er unbeherrscht und schrie dann fast. „Geh zur Seite, ich schlag’ auf!“

„Wenn du trainierst, tue ich das auch!“ brüllte sie ihn an.

„Lass mich, du sollst dich schonen...“

„Der Ball kann nichts dafür.“ Daraufhin begann er zu zittern, da ihm klar war, dass sie Recht hatte und ging vor ihr auf die Knie. Er krallte sich in den Boden. „Sie fehlt mir.“

„Wer? Yôko oder Ohara?“ fragte Mila unschlüssig und ging langsam auf ihn zu.

„Meine kleine Schwester, wie kommst du auf Mari?“

Sie sah schon, dass er kurz davor stand, zu weinen. „Schon gut...“, meinte sie und kniete sich zu ihm hinab, wie er es einmal getan hatte, als sie sich schlecht fühlte. „Mein bester Freund starb, als ich ein wichtiges Spiel hatte...“, platzte aus ihr heraus, diesmal jedoch weinte sie nicht wie so oft, wenn sie darüber redete.

„Was?“ Schockiert sah er sie an und sah Tränen in ihren Augen funkeln. „Nein, er war sogar mehr als nur ein Freund. Ich habe oft daran gedacht ihm zu folgen...“ Ihr Blick ging nun zu Boden. Sie klang jetzt genauso deprimiert, wie er, was er einfach nicht ertragen konnte, so dass er sich einen Moment nicht unter Kontrolle hatte und die Fassung in Form einer Ohrfeige verlor. „So etwas darfst du nicht einmal denken!“ Er rüttelte an ihren Schultern. „Das Leben ist ein Geschenk.“

„Hey, hey, ganz ruhig, ich werde mich schon nicht umbringen...“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich sagte nur, dass ich mal darüber nachdachte. Wolltest du noch nie alles hinschmeißen? Bist du immer nur glücklich? Wohl kaum!“

„Natürlich nicht, aber sag’ nicht, dass du sterben willst! Dafür hast du keinen Grund!“ Er wischte sich Schweiß von der Stirn. „Sterben können wir früh genug, man weiß doch nie, ob man den nächsten Tag noch erlebt...“

„Das weiß ich, Yushima... was hältst du davon, wenn wir uns gegenseitig trösten, anstatt einen Ball und uns selbst zu quälen?“ Die Dunkelhaarige rutschte näher an ihn heran und blickte ihm tief in die Augen, die Schmerz und Trauer widerspiegelten. „Tsutomu wusste damals schon mehr über mich, als ich selbst. Seine Mutter gab mir sein Tagebuch, in dem drinnen stand, dass er mir sagen will, dass er mich liebt, sobald ich die beste Angriffsspielerin der Welt bin...“ Nun musste sich die 17-jährige doch die aufkommenden Tränen wegwischen, um nicht zu weinen. „Dann hat er dich eben besser gekannt, als alle anderen, er war sicher ein toller Mensch. Schade ist nur, dass du Yôko und ich Tsutomu... dass wir die beiden nicht kennen lernen können...“ Es kamen ihr erneut Tränen, die er ihr sanft wegwischte und dabei sogar ein Lächeln über sich brachte. „Ist das ein Grund zu weinen?“

„Wir denken beide immer noch oft an sie.“

„Das sind bloß Erinnerungen, nicht mehr und auch nicht weniger“, meinte Yushima in einem Ton, der undefinierbar klang, sie wusste nicht, ob sie ihn positiv oder negativ deuten sollte.

„Ich finde es furchtbar traurig“, sie lehnte den Kopf an seine Brust und schloss die Augen. Tsutomu begleitete sie oft in ihren Träumen, sie fühlte sich einfach nicht frei. Es belastete sie, zu wissen, dass es ihm da mit einer anderen Person wohl ähnlich ging.

‚Nein, nicht wirklich! Es ist magisch – ich musste dich schließlich dort treffen, wo einst alles aufhörte und doch…’ Ein Ende war immer auch ein Neuanfang, so war es eben, sie hatten es nie leicht gehabt und würden es wohl auch nie leicht haben.

„In Momenten wie diesen fühle ich mich gar nicht so traurig“, obwohl er es flüsterte, verstand sie es sehr genau, sie spürte seinen Atem über ihr Ohr streifen und löste sich, um ihm ins Gesicht zu sehen, nur ihre Hände blieben mit ihm im Kontakt, indem sie auf seiner Brust liegen blieben.

„Wieso das denn?“ In seinen Augen sah sie dieses Funkeln, aber sie wusste es nicht zu deuten und musste nachhaken.

„Du stellst interessante Fragen – welcher Mann hat traurige Gedanken mit einem hübschen Mädchen in seinen Armen?“ Er wusste, dass er sie verlegen machte und sie wohl gleich wieder wütend werden würde, wenn er so etwas sagte, aber der 23-jährige konnte nicht anders. Es war auch irgendwie ein spielerisches Necken, wenn sie wieder einmal nichts verstand.

Stattdessen trat eine zarte Röte in ihr Gesicht – wieso musste er solch peinliche Sachen von sich geben? „Ach, hör auf!“

„Wieso sollte ich? Es macht Spaß.“

Was daran so spaßig sein sollte, verstand sie beim besten Willen nicht. Er schien sich nicht daran satt sehen zu können, sie zu ärgern und zu verunsichern. Nie wusste sie, ob es nun ein Scherz oder Ernst war. Wenn er auch immer so grinste – ja genau dieses freche, dreiste Grinsen, wie man es eben von Männern kannte, die etwas von sich hielten – so war es doch?

Ohrfeige aus Liebe

Die nächsten Tage musste Yushima Mila immer davon abhalten, aus dem Bett zu kullern, da sie sich immer bis zur Kante rüberkämpfte und dort einschlief. Er wusste beim besten Willen nicht, was er nun schon wieder falsch gemacht hatte. Das Mädchen war einfach nur unerfahren und wusste nicht, was sie von seinen Worten halten sollte. Ob sie es ihm wirklich krumm nahm, dass er so etwas gesagt hatte? Sie war schon seltsam und speziell. Er machte ihr ein Kompliment und sie wurde sauer deswegen, oder unsicher. Es war wirklich jedes Mal so, immer wenn er dachte, etwas Nettes zu sagen, reagierte sie überhaupt nicht so, wie er dachte. Gut, er mochte es, wenn sie aus der Haut fuhr, aber gestern, das war was anderes gewesen. Sie hatte ihm diesmal keine Ohrfeige gegeben, sondern war so niedlich rot geworden, seither war ihm klar, dass sie überhaupt keine Ahnung von Männern hatte. Er wusste ja auch nicht, wann ihr so genannter bester Freund gestorben war. Es konnte schon lange her sein.

Man sagte von Männern, dass sie auf Knopfdruck einschliefen, doch dem war nicht so, er lag oft lange wach und grübelte über ihr Verhalten.

Dass sie von Tsutomu träumte, war ihm bewusst, denn im Schlaf murmelte sie oftmals seinen Namen und wenn er sich dann zu ihr robbte, um sie anzusehen, sah er jedes Mal Tränen in ihren Augen glitzern. Meistens drehte er sich mit einem Seufzen weg und versuchte dann auch zu schlafen, was nach einer Weile dann auch klappte.

An einem dieser Morgen öffnete sich ganz leise die Tür und ein Augenpaar linste hinein.

Es war Nakasawa, die nur mal die Lage checken wollte – so wie es aussah, waren sie sich nicht so nahe gekommen – jedenfalls hatte er was an, wie sie sehen konnte. Beruhigt schloss sie wieder die Tür und wurde draußen von Midori überrascht, woraufhin sie sich fürchterlich erschrak. „Man, hast du mich erschreckt, Midori!“

„Was tust du da, Nakasawa? Sag’ nicht, dass du reingesehen hast?“

„Ich wollte mal gucken, ob alles in Ordnung ist, aber das scheint es. Mila ist wahrscheinlich schon aufgestanden – das wundert mich jetzt gar nicht.“

„Sie müsste gar nicht so früh aufstehen, sie soll sich erholen – so weit ich weiß, sind sie gestern erst kurz nach 12 Uhr ins Bett gekrabbelt, er scheint noch zu schlafen, wie?“

„Ich denke, er kann sich einfach besser entspannen als sie, sie ist gewohnt um 6 Uhr in der Früh schon zu trainieren.“

Midori begann plötzlich zu lachen. „Er ist Japans bester Spieler – was glaubst du wohl, wann er seine Mannschaft zum morgendlichen Training verdonnert, mhm? Aber im anderen Punkt hast du Recht – er kann sich entspannen, Mila konnte das noch nie. Ich frage mich, wie das werden soll! Es ist für sie doch schon eine Qual ein paar Tage auszusetzen…“

Nakasawa nickte, woraufhin beide zu den anderen Mädchen gingen, diese hatten gerade ihre Trainingskleidung angezogen und waren auf dem Weg zu Herrn Hongo, der sie noch immer trainierte.
 

Mila hingegen lief den ewiglang wirkenden Feldweg entlang und betrachtete sich die Natur, viel zu selten schaute sie sich in ihrer Umgebung um, es sei denn, es handelte sich um ein Volleyballfeld. Wenn sie den Weg komplett hinter sich brachte, würde sie in der Stadt landen. Wobei man das Ganze wohl kaum Stadt nennen konnte, Tokyo war ein bisschen anders und dort war sie ja schließlich 12 Jahre lang aufgewachsen, bis sie nach Fujimi kamen.

Sie hatte es sich in den Kopf gesetzt, heute noch Kashiwagi zu besuchen, die in dieser Gegend immer mit Freundinnen spielte, zumindest hatte sie davon erzählt. Sie war als eine der wenigen früh von der Schule abgegangen – was sie wohl beruflich so trieb, wenn sie schon nicht zur Senior-Highschool gegangen war?

Gut eine halbe Stunde lief sie durch die Stadt bis sie das Haus der Kashiwagis erreicht hatte. Sie hatte sich ein bisschen verirrt und fragte ihre Eltern danach, wo sich ihre Freundin momentan aufhielt. Man sagte ihr, sie spielte in der Nähe des Strandes Beachvolleyball – Mila erinnerte sich an ihr allererstes Training mit den Rebellen, das hatte auch dort stattgefunden, also machte sie sich – rennend – auf den Weg dorthin.

Bis auf Kashiwagi kannte sie kaum einen in der Mannschaft, bis ihr Ikizaki auffiel, die zusammen mit Kashiwagi wohl am Netz stand. Es waren zwölf Mädchen, die einfach nur zum Spaß Volleyball spielten… Ja, Spaß – bei ihnen war alles blutiger Ernst.

„Kashiwagi!!!!“ rief sie ihrer Freundin zu, noch während sie rannte, der Ball war gerade in der Luft, so dass dieser als Gruß zu Mila geschmettert wurde, welche ihn mit einem Sprung zurück donnerte – er sauste an Kashiwagis Kopf vorbei wie der Blitz, nur den Wind spürte sie noch an sich vorbei ziehen.

„Was machst du denn hier bitteschön, Mila? Solltest du nicht in Hokkaido sein?“

Diese Frage kannte sie schon, wieso musste sie sie immer wieder beantworten, das Mädchen seufzte und kam dann am Netz zum Stehen. „Willst du mitspielen?“

„Ja… schon…!“ es beantwortete beide Fragen auf gewiss Weise und dann schaute sie traurig zu Boden. „Ich darf beides nicht – ich bin hier zum Erholen, ich dachte, dass ich euch hier mal besuche, du hast es also wirklich wahr gemacht, du spielst mit ein paar Mädchen aus der Stadt!“

Das gesamte Team starrte auf Mila, bestimmt kannten sie sie, aber mit einer solchen Reaktion rechnete Mila nicht. Eine von ihnen kam unter dem Netz hervor, rannte auf sie zu und wollte sich den Ball zurückholen, dachte man. „Boah, Mila Ayuhara, die Nummer 1 des Volleyballs! Das ist ja so aufregend, ich hätte nie gedacht, dass wir dich mal persönlich kennen lernen! Bitte zeig uns einen Angriff“, sie redeten mittlerweile durcheinander, die anderen hatten sie zwar erkannt, aber nur gehofft, dass sie es wirklich war, es für Einbildung gehalten.

„Zeig uns deinen Tornado-Schmetterball, den fand ich schon im ersten Spiel total spannend! Zeig uns wie du das machst! Aus nächster Nähe… Bitte!“

Kashiwagi hob eine Hand. „Halt! Nicht so vorwitzig, ihr Lieben! Sie sagte doch, sie ist zum Ausruhen hier! Also, Mila, was hast du angestellt? Du bist jawohl die einzige, die selbst mit einer Verletzung weitertrainieren will…“

„Verletzung ist nicht ganz richtig, ich bin nicht verletzt“, gab sie zu, doch dann sah sie diesen weißen Ball und konnte den Blick nicht abwenden. „Ich werde mir schon nichts brechen, es spricht nichts dagegen, gern führ ich ihn vor, aber dazu brauche ich eine sehr erfahrene Stellerin, die den Ball mir fast ins Gesicht pritscht!“

Etwas entsetzt sahen sie die beiden Stellerinnen an. „Ins Gesicht?“

Mila lächelte ihnen zu. „Um genau zu sein, muss der Ball so fliegen, dass er mich beim hochspringen eigentlich an der Luftröhre treffen müsste – natürlich werde ich nach hinten ausweichen! Also, wer traut sich’s zu?“

Es herrschte Stille, Mila schaute sich um, doch keine schien sich eine Antwort zuzutrauen.

„Mhm – lass es mich machen“, erwiderte Kashiwagi, immerhin kannte sie Mila schon sehr lange. „Die anderen kennen dich dafür viel zu wenig – also soll ich dir den Ball mehr entgegen werfen, ja?“

Ein Nicken kam und Mila nahm Position direkt vor dem Netz. Es klappte nicht gleich beim ersten Mal, aber nach einigen Versuchen schaffte es Kashiwagi ihr den gewünschten Ball zu geben. Die gesamte Mannschaft war sprachlos, keiner hätte es gewagt, einen Versuch zu starten, einen solchen Ball anzunehmen. Aus einem einzigen Angriff wurden 10 – daraus dann 20, bis Mila so ziemlich alles, was sie in ihrem Leben gelernt hatte, zeigte – sie konnte einfach nicht anders und vergaß ihr Verbot vollkommen. Sie spielte nicht nur Schmetterbälle, sie zeigte ihnen auch ein paar Annahmetricks. Obwohl sie in der Frühe losgegangen war, tauchte sie zum Mittagessen nicht auf…
 

Yushima hatte sich wirklich gewundert, als er um halb 10 aus dem Bett gefallen war, dass sie schon auf und ihre Seite in ihrem Bett leer war. Sonst war er es, der früher als sie aufstand, doch heute war es anders herum. Von Midori erfuhr er dann, dass sie bereits vor 7 Uhr losgegangen war, noch ehe die Mädchen zum Morgentraining gegangen waren. Allmählich fing er dann wirklich damit an sich Sorgen um sie zu machen.

Als sie sich zum Essen einfanden, hatte er nicht wirklich Appetit und entschuldigte sich bei ihren Freundinnen für sein Verhalten und verließ den Essraum. Die Mädchen konnten sich sein Verhalten nicht erklären – dass er sich Sorgen wegen ihres Verbleibs machen könnte, daran dachten sie nicht, sie konnte immerhin zum Essen auftauchen, wann sie wollte, oder auch nicht. Sicher hatte sie sich einen schönen Tag gemacht und die Zeit dabei vergessen.

Er hingegen begann sie verzweifelt zu suchen, er schnappte sich ein Fahrrad und fuhr den ganzen Weg ab, so weit konnte sie doch nicht etwa gelaufen sein. Sie hatten die Reise nicht umsonst zu zweit gemacht, irgendwie fühlte er sich dafür verantwortlich, was mit ihr geschah. Man konnte es großen Bruder-Komplex nennen, den er ganz sicher besaß, aber auch war er wie ihr Vorbild, wenn es ums Volleyball ging, dabei hatte sie selbst genug Können, um ihn vielleicht sogar besiegen zu können, es wäre immerhin möglich, zumal sie nicht bloß Japans beste Spielerin war, nein, sie war die beste Angriffsspielerin der Welt. Und sie hatte geschafft, wozu er nicht in der Lage gewesen war…

Er genoss es, ihrem wunderbaren Spiel zuzusehen, es machte ihm Spaß – für ihn war sie so etwas wie die Göttin des Volleyballs – ach wie albern, dass er an solche Dinge dachte. Aber der Moment, als sie die Trophäe in den Händen hielt und so glücklich war, hatte auch ihm viel bedeutet. Durch die Stadt radelnd, kreuzte seinen Weg auch irgendwann den Strand, wo er eine Volleyballmannschaft bei ihrem Training beobachten konnte – es hätte ihn wenig interessiert, fremde zu beobachten, wäre nicht der Ruf „nimm ihn Mila“ von einer gekommen, er hielt an und seine Augen wurden riesig, bevor sich Schweiß in seinem Gesicht breit machte, er sein Fahrrad einfach zu Boden segeln ließ und nach unten rannte.

„Hör sofort auf damit, Mila!“ hörte man ihn rufen, wobei es eher ein wütendes Schreien war. Ja, er war zornig und das nicht zu wenig, wie konnte sie das Verbot nur einfach so hinter seinem Rücken brechen? Wollte sie sich schon wieder selbst kaputtmachen? Sie dachte doch wohl nicht, dass er das zulassen würde, oder?

Obwohl es ihr total gut ging, bemerkte sie Yushima, wandte ihm den Blick zu und konnte dann dem Ball nicht parieren, so dass sie stattdessen den harten Ball mit einem Karacho in Brustgegend bekam, dass sie am Boden landete und dann mit einem zugekniffenen Auge an ihm hochschaute. Sein Blick hätte auch von Inokuma sein können, der ihr Training mal wieder zu schwach fand und deswegen enttäuscht von ihr war.

„Ich glaube nicht, was ich da sehe!“

Fassungslos traf sie sein Blick, sie erhob sich langsam und stand dann etwas pikiert vor ihm, sie schämte sich, sie hatte sich gehen lassen. Verständlicherweise war er wütend, so hatte sie auch Tsutomu einmal angesehen, als ihm etwas nicht schmeckte und dann holte er aus und seine Hand traf ihre Wange, weshalb sie gleich fast noch einmal hinfiel. In ihren Augen brannten Tränen.

Kashiwagi krempelte sich die Ärmel hoch und kam wutentbrannt auf den jungen Mann zu.

„Was bilden Sie sich ein, sie zu schlagen? Wer sind Sie überhaupt?!“

„Oh Mist! Kashiwagi, dass ist Yushima Hiro, der Mannschaftsführer der japanischen Herren-Nationalmannschaft!“

„Was? Und das gibt ihm das Recht, seine Mannschaftskollegin ins Gesicht zu schlagen??“ Ihre wütend funkelnden Augen trafen die von Yushima, doch dieser zuckte nicht einmal.

„Weißt du, warum ich sie schlage? Eine andere Sprache scheint sie nicht zu verstehen!“ Mit einer Hand ergriff er ihr Handgelenk und riss grob daran, so fest, dass sie taumelte und einen beißenden Schmerz im Handgelenk verspürte, was ihr als gute Angriffsspielerin aber nicht viel ausmachen dürfte, sie war mehr gewohnt, als mal hart angepackt zu werden. „Wir sind hier, weil sie schwer krank ist und keinen Ball anrühren soll! Sie hat es versprochen! Irgendjemand muss ja auf sie aufpassen…“ Seine Stimme war noch immer so laut, sie sagte nichts, wieso ließ sie sich von so einem Kerl das alles gefallen? Was hatte sie? In ihren Augen standen Tränen, das war das einzige an Gefühlsregungen, die sie von sich gab.

„Was schwer krank?“ erwiderte Kashiwagi entsetzt und hielt sich die Hand vor den Mund. „Aber sie hat doch so gut gespielt und sieht gar nicht krank aus…“

„Komm, Mila, wir gehen!“

Trotzdem führte sich dieser Mann auf, als sei er ihr Vormund. „Yushima Hiro, ja? Nimm dich nicht zu wichtig! Wir wussten nicht, dass sie krank ist, sonst hätten wir sie nicht zum Spielen eingespannt, verstanden? Und nun lass sie los, oder es passiert was!“ drohte sie dem Mann, mit ihr war nicht gut Kirschen essen, sie würde sich niemals einem Mann unter ordnen, so viel stand fest – sie hatte Mila auch immer für eine solche Person gehalten, wieso war sie nur so still? Wollte sie ihn nicht einmal die Meinung sagen?

„Lass mich… LOS!“ Mila entriss ihm ihr Handgelenk. „Fass mich nicht an!“ Das 17-jährige Mädchen ging einen Schritt von ihm weg, woraufhin er wieder auf sie zukam.

„Was würde euer Trainer bloß sagen, wenn er wüsste, dass sein Sturkopf zuwider aller Verbote handelt? Ein guter Sportler muss wissen, was er sich zumuten kann und du bist erst neulich nach einem Spiel zusammen gebrochen, weil du nicht hören konntest! Willst du wirklich so früh schon deinen Körper ruinieren? Dann hast du die längste Zeit Volleyball gespielt!“ Sein Atem ging schnell und heftig, erneut nahm er sie am Handgelenk, diesmal aber nur fest, nicht gar grob und zog sie zu sich. „Ich weiß genau, das könntest du niemals ertragen“, er war ein wenig leiser, fast sanfter in seiner Art zu sprechen geworden.

„Tut mir Leid, aber sie muss nun gehen – Volleybälle zu sehen, tut ihr gerade wenig gut.“ Ohne, dass sie viel tun konnte, wurde sie von den Mädchen getrennt. Sie wusste, dass er Recht hatte und fühlte sich einfach schrecklich – ja, verdammt, er hatte so oft Recht – sie war so fanatisch, dass sie ihr Leben ruinieren würde, eines Tages.

„Gomen nasai, Kashiwagi, aber er hat Recht – ich muss gehen! Wir wohnen in einer Berghütte im Tal… könnt mich besuchen… ohne irgendwelche Bälle.“ Sie hatte es den anderen noch zugeworfen und war dann verstummt, stumm wie sie war, ließ sie sich hinterher ziehen. Seine warme Hand hielt ihr Handgelenk fest umschlossen, sie traute sich kein Wort zu ihm zu sagen, er war so wütend, dass man besser still war, obwohl es nicht ihre Art war, er war es überhaupt nicht gewohnt von ihr angeschwiegen zu werden, nachdem er wieder gemein gewesen war.

Das Fahrrad vom Boden aufhebend war auch er zunehmend still. Er hatte sie genug angemeckert, sie musste erkannt haben, dass er es gut gemeint hatte, obwohl er selbst fand, dass er ziemlich über die Strenge geschlagen hatte. So behandelte man keine Frau, aber sie war auch manchmal nicht ganz normal, weshalb er sie auch selten normal behandelte, sie hatte manchmal eine Spezialbehandlung nötig. Sie körperlich zu drillen, damit hatte er keine Probleme, aber die Ohrfeige tat ihm nun doch sehr Leid. Kein Mann hatte das Recht zu so etwas, nicht als Einschüchterungsmethode, noch um sie zu verletzen. Er war nur fast wahnsinnig in der Gegend herum gefahren, nur um dann zu sehen, wie sie leichtfertig ihre Gesundheit mal wieder aufs Spiel setzte. Es lag ihm zufällig etwas daran, dass sie ihm erhalten blieb. Und wer wusste, ob es nicht lebensgefährlich war, wenn sie sich nicht dran hielt.

Über eine halbe Stunde lief sie ihm nach und als sie die Hütte erreichten, hörte man das Gelächter der Mädchen, sie schienen sich gut zu amüsieren.

Nakasawa kam gerade aus dem Zimmer und entdeckte beide.

„Himmels Willen, habt ihr mich erschreckt – was ist denn mit euch los?“ Mila lief ins Zimmer und warf die Tür zu, während Yushima stehen blieb.

„Was hast du mit ihr gemacht?“ Mit dieser Frage hatte der Mann eigentlich gerechnet, doch wie sollte er antworten? Natürlich dachten alle gleich wieder, er hatte sonst was mit ihr angestellt.

„Ich will nicht drüber reden! Frag sie lieber, was sie getan hat!“

Mit einer derart patzigen Antwort hatte das Mädchen mit dem Seitenzopf nicht gerechnet.

„Bitte, was soll das heißen? Du kannst mir nicht so kommen, nachdem sie ins Zimmer gerannt ist! Wenn du ihr wehtust, bring ich dich eigenhändig um!“

Dass sie gute Freundinnen hatte, bemerkte er an diesen Worten und er verstand es ja auch auf eine groteske Art und Weise. „Wieso bin ich ständig das Scheusal, wenn ich mal wieder besorgt um sie bin und deswegen ausflippe? Sie kann nicht hören!“

„Was? Du hast sie jawohl nicht alle! Es ist ihr gutes Recht, sich dir zu widersetzen!“

Als Ishimatsu das Gestreite draußen vernahm, kam sie ebenfalls aus dem Zimmer und fragte sich, was wieder passiert war. Nakasawa schien jedenfalls mit ihr einer Meinung zu sein.

„Was ist hier los? Macht der Schönling wieder Ärger?“

„Er hat irgendwas mit Mila gemacht! Hält sich wohl für unwiderstehlich und denkt, er könnte sich alles erlauben!“ Wie sie solche Typen hasste und ihn mochte sie dadurch wirklich nicht mehr.

„Bevor ihr mich hier gleich in den Boden stampft, möchte ich nur noch loswerden, dass eure Freundin gerade ihr Leben aufs Spiel gesetzt hat! Auch wenn mir das keiner von euch beiden glauben wird, macht es mir ziemlich viel aus, wenn sie das wieder tut! Vielleicht habe ich einen Fehler gemacht und bin zu weit gegangen, aber doch nur… Meinetwegen denkt was ihr wollt!“ Beim letzten Satz hatte er sich herumgedreht und hatte die Hütte verlassen, er wollte jetzt erst einmal seine Ruhe haben – weder mit ihnen streiten wollte er, noch zu Mila ins Zimmer gehen, wo er sich nur schrecklich fühlen würde – wahrscheinlich weinte sie nun…

Midori blieb natürlich nicht unbemerkt, dass die Mädchen sich mit Yushima stritten und kam zu ihnen. „Seid ihr wieder jähzornig? Und was ist diesmal der Grund?“

Nakasawa seufzte schwer, nach seinen Worten konnte sie ansatzweise verstehen, was in ihm vorgehen musste. Sie kannte Mila von allen Anwesenden am längsten und wusste, dass sie ein wahrer Volleyballfreak war, was hieß, dass auch keine Krankheit sie vom Spielen abhalten konnte.

„Ach Midori, ich glaube, wir haben einen Fehler gemacht! Wir haben ihn völlig falsch eingeschätzt! Er war nur besorgt um Mila und deswegen muss er wohl grob zu ihr geworden sein, weil sie nicht hören kann, du weißt schon. Wohl hat sie gespielt, obwohl sie es nicht sollte… Seinen Worten zufolge ist das lebensgefährlich.“

Midoris Augen wurden größer und sie schlug sich gegen die Stirn. „Dieses Mädchen würde jeden Mann um den Verstand bringen mit ihrem Volleyball!“ Noch ehe sie den Satz beendet hatte, öffnete sie die Tür zum Zimmer, in welches Mila wohl gegangen war und schloss sie hinter sich. Sofort drang ihr Schluchzen an Midoris Ohren und sie ging langsam auf sie zu, blieb am Fenster jedoch stehen.

„Ich weiß, dass das schrecklich sein muss und ich versuche es auch zu verstehen“, die Rotbraunhaarige dachte zu wissen, was der Grund für ihre Tränen war. „Aber wenn du dich nicht endlich entspannen lernst, wirst du eines Tages nie mehr Volleyball spielen können. Yushima hat vollkommen Recht, wenn er dir seine Meinung sagt! Lerne damit umzugehen!“

Midori hatte nicht den Eindruck, dass Mila ihr zuhörte, noch immer drangen ihre Tränen zu ihr durch und sie setzte sich zu ihr ans Bett, wo das Mädchen mit dem Pferdeschwanz lag und verkrampft die Hände ins Kissen krallte.

„Meinung… sagen?“ Mila rannten die Tränen übers Gesicht, als sie Midori einen Blick schenkte. „Seit wann sagt man Meinungen in Form von Ohrfeigen?“

„Er hat dich geohrfeigt?“ Eigentlich durfte sie das nicht wundern, nicht jeder konnte mit ihrer hitzköpfigen Art umgehen und selbst besonnene Menschen wie Tsutomu hatte sie schon so weit gebracht. „Ach komm, Mila! Willst du mir sagen, dass du deswegen weinst? Schon komisch – alle Männer wollen dich immer ohrfeigen, woher kommt das?“

Zuerst wusste Mila nicht, was Midori ihr sagen wollte, aber als sie ihre Frage weiterführte, wusste sie es.

„Wäre es Tsutomu gewesen, wäre es was anderes, nicht wahr?“

„Lass das! Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun!“ Sie wischte sich die Tränen weg. „Wenn Tsutomu das tat, dann nur, weil ich es verdient hatte und er hat sich auch entschuldigt und schlecht gefühlt…“

Ihre beste Freundin schüttelte leicht den Kopf. „Du denkst, dass er sich nicht schlecht fühlt, wenn er dir eine runterhaut? Wie blind bist du eigentlich?! Was denkst du, weshalb hat er es getan? Weil es ihm Freude bereitet, dich zu verletzen? Du bist so ein Dummkopf! Der Mann hat aufs Essen verzichtet, nur um dich zu suchen, er hat sich wohl zu recht Sorgen um dich gemacht! Wieso stellst du alles in Frage? Mag sein, dass er ein etwas anderer Mensch als unser Tsutomu ist, aber… ich meine… ähm…“ Midori brach den Satz ab und senkte den Blick tief, schon lange hatten sie nicht mehr über ihn geredet, es war geradezu wie ein verbotenes Thema. „Wie würdest du dich fühlen, wenn er sein Leben aufs Spiel setzen würde? Ich weiß genau, dass du ihn mehr magst, als du zugeben willst! Und wenn es ihm schlecht geht, dann…“

„Ach Midori… Was soll ich bloß tun? Ich hab mich hinreißen lassen! Er kann so grausam sein! Und dann merkt er nicht einmal, wenn es mich verletzt.“

„Ich glaube, das weiß er sehr gut.“

„Für ihn bin ich doch nur eine Volleyball schlagende Furie – ein Mädchen mit einem Herzen aus Stein, so wie man es von mir geschrieben hat…“

Midori konnte es nicht fassen, dass Mila nun selbst schon diesen Schwachsinn glaubte. Man musste ihr mal wieder die Augen öffnen. „Erinnerst du dich an damals, als sich heraus gestellt hat, dass er Trainerassistent für Aoba war? Stell dir vor, was wäre geschehen, wenn ihr damals so gute Freunde geworden wärt, wie ihr es nun seid? Hätte dich das nicht auch unheimlich verletzt?“

„Das hat es auch so, Midori, es tat weh! Ihn auf der gegnerischen Seite zu sehen. Vielleicht vertraute ich ihm deswegen nicht, ach ich weiß auch nicht! Ich habe Angst, Fehler zu machen!“

Sie war eben doch nur ein normales, verliebtes Mädchen, das Angst hatte, ihn zu enttäuschen, das war ihrer Freundin klar.

„Nun ja, ich denke, dass er dich aus diesem Grund nicht an sich rangelassen hat. Er wollte dir die Enttäuschung eigentlich ersparen, aber du hast noch empfindlicher reagiert. Was ich meine, ist, er weiß, dass du kein Herz aus Stein hast und nun wein nicht mehr wegen ihm. Stattdessen solltest du mit ihm reden. Wir beide wissen, dass du ihn eigentlich sehr gern hast und sehr gerne dich auf mehr eingelassen hättest, hätte er dich damals nicht abblitzen lassen.“

„Er sagte zu jener Zeit, dass ich ihn nur an seine Schwester erinnert habe, aber gar nicht wie seine Schwester wäre, und er wiederholt es immer wieder, wie unähnlich ich ihr bin. Es ist verletzend, als wenn er mich nicht mag, wie ich bin.“

Midori musste einfach auflachen. „Man, Mila – ich an deiner Stelle wäre froh, wenn er in dir nicht seine Schwester sieht, denk mal drüber nach!“ Es war zu lustig, zu schade, dass sie wahrscheinlich nicht dahinter kam, was ihre Freundin meinte…

„Was daran ist lustig?“ Die Angesprochene fand es jedenfalls überhaupt nicht lustig, dass Midori darüber lachte.

„Dass das nicht unbedingt bedeuten muss, dass er dich weniger mag. Wenn es dich so unruhig schlafen lässt, dann frage ihn, was er für dich empfindet!“ Midori stand auf und blickte auf ihre Freundin hinab. „Sonst wirst du wahrscheinlich weiterhin der Antwort hinterher laufen. Ich denke die Antwort zu kennen… Wenn du von selbst nicht dahinter steigst, frag ihn.“ Als sie die Tür hörte, seufzte Mila. Sie konnte ihm doch nicht solche unverschämten Fragen stellen, er würde sofort bemerken, dass sie… was tat sie eigentlich? Was war dieses Gefühl, welches sie erst neulich mit ihm verspürt hatte? Liebe?

Der Zusammenstoß

Beide schienen sehr stolz zu sein, keiner wollte nachgeben, so wirkte es. Aber eigentlich waren sie beide voller Gewissensbisse. Sie, weil sie sich nicht traute ihn auf die Sache direkt anzusprechen und er weil er wusste, dass er etwas gemacht hatte, was man eben nicht tat als Mann, schon gar nicht, wenn man wesentlich stärker war und das war er. Man hielt sie für total tough, doch war sie zerbrechlicher in ihrem Inneren, als es oft den Eindruck machte.

Mehr oder weniger versuchten sie sich aus dem Weg zu gehen, es lag dicke Gewitterstimmung in der Luft und die meisten konnten sich dieses Verhalten nicht erklären. Midori machte sich schon ziemliche Sorgen – für so schüchtern hatte sie sie wirklich nicht gehalten, nicht damit rauszurücken, was sie abhielt, wusste sie auch nicht genau – sie merkte es ja schließlich auch, dass er sie mochte, jeder musste es merken, wie es ihn belastete, dass sie ihm die eiskalte Schulter zeigte. Es wäre besser für beide, hätten sie mehr miteinander unternommen, statt sich der Langeweile hinzugeben. Die einzige Zeit, die sie wirklich miteinander verbrachten, war zum Frühstück, Mittag- und Abendessen – na gut, das Schlafen zählte auch dazu, doch da lagen sie meist mit dem Rücken zum anderen, sprachen kein Wort und grübelten jeder für sich darüber nach, ob man nicht klein beigeben sollte. Passieren tat jedoch nichts – vier Tage lang waren die einzigen Worte, die sie aneinander richteten – Gute Nacht und Guten Morgen. Und selbst das war mehr erzwungen, als wirklicher Ernst.

Eines Morgens war es dann so schlimm geworden – dass sie im Bett blieb, nichts frühstückte und vor sich hin vegetierte, wie ein sterbender Schwan – sie fühlte sich einfach nicht gut. In ihrer Brust schmerzte es nur unendlich – hasste er sie denn nun, wollte er nie mehr ein wahres Wort mit ihr wechseln? Was ging in diesem Mann bloß vor sich? Mit einer Entschuldigung hätte sie schon gerechnet, aber es kam keine – er bereute es also nicht… Das war es, was sie wirklich fertig machte und ihr dieses Stechen in der Brust beibrachte – was war das wohl – war’s das, was man Liebeskummer nannte? So schlecht und leer gefühlt hatte sie sich nur damals, als Tsutomu gestorben war. Sie hatte niemanden, bei dem sie sich anlehnen konnte – und ihr Volleyball, was lange Zeit ihre seelische Stütze gewesen war, war unter ihr einfach zusammen gebrochen…
 

Eine Entschuldigung hätte gar nichts gebracht, sie hasste ihn einfach dafür, dass er sie unterzubuttern versucht hatte – dabei war er vor Sorge fast gestorben um sie, und nun benahm sie sich so abweisend ihm gegenüber. Ihr Guten Morgen klang immer noch so, als wolle sie sagen: Du schon wieder… Warum bist du noch hier? Wieso haust du nicht einfach ab? Es kam ihm vor, als könne sie ihn nicht mehr ertragen, was ihm doch mehr zusetzte, als er gedacht hätte.

Als es ihr zu langweilig wurde, verschwand sie wohl einfach wieder – diesmal jedoch lief er ihr nicht hinterher, er war es Leid, das zu tun, sie sollte mal ein bisschen erwachsen werden und ihre eigenen Entscheidungen treffen lernen, ohne gleich ihr Leben zu riskieren.

Bei einem Spaziergang durch die Stadt, welchen sie beide getrennt machten, standen sie meterweit entfernt voneinander an einer Ampel. Sie sprang auf grün um, doch zögerte sie, als sie ihn sah. Ob sie ihm einfach folgen sollte? Gedankenverloren sah Mila dem jungen, gut aussehenden Herrn nach, der doch recht zügig die Kreuzung dabei war zu überqueren, sie ging erst viel später los, gerade in dem Moment, als die Ampel schon ein Piepen von sich gab und auf Rot umsprang.

„Um Himmels Willen die Ampel ist rot, passen Sie doch auf!“ rief eine junge Frau Mila zu, die ganz geschockt mitten auf der Straße stand und Autos auf sie zugeschossen kamen. Es war fast schon zu spät, denn eines schien es besonders eilig zu haben, doch da riss sie etwas von den Socken und sie fiel zu Boden. Auf dem Hintern landend gab sie einen Schmerzenslaut von sich, bevor es aufs heftigste direkt vor ihren Augen krachte. Der Fahrer bremste sehr spät, er hatte die Geschwindigkeit überschritten, zweifellos.

Eine Frau schrie hysterisch auf, als sie das Ganze sah und griff sich mit beiden Händen entsetzt ins Gesicht. Ein junger Mann, wohl so Mitte zwanzig war vom Auto erfasst und zu Fall gebracht worden, er lag regungslos am Boden, keiner wusste, ob er überhaupt noch atmete.

Mila hatte nur einen Kratzer abbekommen – sie sollte da liegen – sie war so dumm bei rot über die Ampel zu laufen und er… Ja, er… Was tat der Vollidiot? Er lief direkt ins Auto hinein.

Der Fahrer war aus dem Wagen gesprungen und auf den Herrn zugestürzt, hatte sich nach ihm erkundigt. „Oh Scheiße… er bewegt sich nicht…“

Bewegen tat er sich nicht – ein Albtraum – sie stand regungslos da, sie konnte sich nicht rühren, ihr gesamter Körper war wie gelähmt, bis schließlich ihre Beine erstrecht nachgaben und sie noch mehr in sich zusammen sackte.

„Dann rufen Sie doch ’nen Arzt, Sie Idiot!“ beschimpfte man den Autofahrer und schon brach ein schrecklicher Streit zwischen einer Passantin und dem Fahrer los.

„Du meine Güte, hören Sie auf, er blutet ja sogar – sehen Sie doch, am Kopf! Bewegen Sie ihn ja nicht!“ Die junge Frau beugte sich zu dem Schwarzhaarigen hinab und betrachtete ihn genau, sie war wohl Ärztin. Und als Mila sie genauer ansah, erkannte sie sie. Irgendwoher kannte sie diese Frau, wo hatte sie sie bloß schon mal gesehen? Ja, genau! Die Schulkrankenschwester ihrer ehemaligen Schule Yumiko Kanazawa. Sie hatten sie alle immer sehr gern gehabt.

„Kanazawa-san – le… lebt… lebt er denn noch…?“ Als keine Antwort kam, wurde das Mädchen wahnsinnig. „Er ist doch nicht tot? Nein, nein, nein! Bitte nicht! Nicht schon wieder!“ Sie warf die Hände ins Gesicht und begann wie auf Knopfdruck zu weinen.

„Er ist bewusstlos“, erwiderte sie, erkannte dann aber Mila und war etwas überrascht, war sie in den Unfall verwickelt gewesen und deswegen so aufgebracht, oder kannten sie sich näher?

„Nein – keine Sorge, er ist nicht tot.“

Als er sich dann stöhnend bewegte, huschte Mila an ihn heran. Das erste, was er sah, war ihr hübsches Gesicht und ihre verheulten Augen.

„Kannst du denn nicht aufpassen?“ schellte er sie, anscheinend war er dafür fit genug, so schlecht konnte es ihm nicht gehen – am liebsten wollte sie ihn gerade schlagen, so wie er sie geschlagen hatte, auf ihn einboxen wollte sie, wäre er nicht am Boden gelegen mit diesen Schrammen am Kopf, dem zerrissenen Hemd und Blut verschmiert, sie hätte ihm Saures gegeben.

„Sagt der, der vor ein Auto läuft!“ kam schmollend von ihr, sie drehte den Kopf von ihm weg, boah, war sie vielleicht sauer, wie konnte er es wagen? Die übliche Streiterei war wieder da, sie geiferten sich an, bis ihm schwindelig wurde und schwarz vor den Augen und sich den Kopf halten musste. „Sch-Scheiße“, gab er gezischt von sich, „ich habe ’nen Brummschädel!“

Es war nun das dritte Mal, dass er sie beschützt hatte, ja sogar gerettet, wie ein Schatten war er immer dann da, wenn sie in Gefahr schwebte.

„Bei so einem Dickkopf ja auch kein Wunder, da tut es doppelt so weh, ha!“ Mitleid konnte man das wirklich nicht nennen, sie war zornig und ließ es ihn spüren, aber das machte ihm überhaupt nichts aus. Lieber eine Schreckschraube, als kein einziges Wort von ihr zu hören, er genoss es ja richtig, dass sie sauer wurde – das hatte der junge Mann schon damals gerne getan, auch wenn er gerade wahnsinnige Kopfschmerzen hatte und es in seinem Schädel hämmerte, als hätte man mit einem Werkzeug mehrmals darauf eingeschlagen.

Aber doch zu ihrer Beruhigung erhob er sich wenig später. „Da hat man mir aber wirklich eins vor’n Latz geknallt“, sich an den Kopf fassend, spürte er Blut, aber bei seiner Sportart passierte das nicht selten, dass mal Blut floss. Dieses bisschen Blut, es war nicht so schlimm.

„Bin in Ordnung, geht schon“, zu wem er den Satz sagte, wusste man nicht so genau, aber wohl eher zu der hilfsbereiten Frau, als zu Mila, so empfand sie es jedenfalls, da er sie nicht einmal ansah.

„Herrje – so was ist mir ja noch nie untergekommen“, schimpfte der Fahrer mit Yushima, der langsam vom Boden hochkam. „Einfach so bei Rot über die Straße, seid ihr verrückt, Kinder?!“ Er stieg ins Auto ein, scheuerte die Tür zu, dass es nur so knallte und Yushima zuckte. „Idiot! Hat fast jemanden tot gefahren und dann stänkert der noch… Arg, mein Kopf!“ Ihm war schwindelig und doch lächelte er die Frau an und meinte, es ginge ihm gut. Auch von seinem Ellenbogen tropfte etwas Blut, die Frau sah es und hielt ihm ein Taschentuch hin. „Hier! Das dürfte erstmal reichen, es sollte aber desinfiziert werden…“

„Das weiß ich – ich mache Sport, kommt bei mir fast täglich mal vor, dass ich mich volle Breitseite auf den Boden lege“, er gab ein ganz kurzes Lachen von sich, auch wenn das nicht gerade angenehm war und deswegen auch so kurz ausfiel.

„Passt auf euch auf, die Autos fahren hier manchmal ziemlich schlimm!“

„Ist mir auch noch nie passiert…“ Nur ganz kurz warf er Mila einen Blick zu, sie spürte es deutlich, dass er ihr die Schuld gab und irgendwie hatte er ja Recht, sie war wie in Trance auf die Straße gelaufen und als sie auf ihn zukam und ihn zumindest etwas stützen wollte, lief er los und wollte anscheinend ihre Hilfe nicht.

Wieder einmal ohne Worte gingen sie zurück zum Camp und er verkroch sich erst einmal ins Badezimmer, wahrscheinlich zum verarzten – warum ließ er sie das nicht machen?

Das einzige, was er gerade tat, war sich das Gesicht waschen, die Kratzer am Ellenbogen waren sowieso schon total verklebt und so saute er wenigstens den Boden nicht voll.

Mit lautem Gelächter stürmten die Mädchen ins Zimmer, gerade als er aus dem Badezimmer kam.

„Du liebe Zeit, was ist denn mit dir passiert? Wieso hast du dir den Kopf bandagiert?“ fragte Takaichi, während Ishimatsu mit einem Grinsen, einem zugekniffenen Auge und ausgestrecktem linken Finger meinte: „Vielleicht ist er mit seinem Dickkopf gegen eine Mauer gerannt??“

„Der war nicht witzig, Matsu!“ kam es von Midori, die wohl Milas Meinung teilte, jedenfalls war Ishimatsu sofort ruhig, als ihr BOSS sie so ansah. „Tschuldigung!“

„Es war ein Auto um genau zu sein – ich bin müde, ich leg mich hin.“ Er ging zum Bett und ließ sich sehr kraftlos darauf niederfallen, wo er wohl recht schnell einfach so einschlief. Midori und Nakasawa nahmen beide einen Arm von Mila und zogen sie raus aus dem Zimmer.
 

„Habt ihr euch schon wieder gestritten?“ wollte Midori draußen dann von Mila wissen und diese schüttelte bekümmert den Kopf mit einem abwährenden Geräusch. „Wäre schön wenn…“

„Was?“ Geschockt war kein Ausdruck, sie sahen Mila an wie einen Geist, da sie so etwas sagte – sie wollte wirklich mit ihm streiten? Na, die hatte vielleicht ein Gewittergemüt.

„Wir haben nun vier Tage so gut wie kein Wort gewechselt, langsam verliere ich den Verstand – er scheint noch immer böse auf mich zu sein… Ich wollte doch bloß – spielen.“ Sie lief zum Fenster und die beiden Mädchen ihr nach.

„Du hast mit ihm nicht darüber gesprochen, nicht wahr? Du hast es nicht einmal versucht, das Thema anzuschneiden…“ Was zunächst wie eine Frage wirkte, war in Wirklichkeit eine Feststellung von Midori, sie hatte ihr doch geraten, endlich mit ihm darüber zu reden, warum tat sie es nicht endlich?

„Ach…“, Mila wurde schnippisch, „und was sag ich dann? Yushima, ich bin unsterblich in dich verliebt, bitte verzeih mir?! Niemals!“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust und machte dadurch eine abwehrende Gestik. So tief konnte echt kein Mensch sinken.

Es war schon komisch, Mila das sagen zu hören, fast hätte Midori ein bisschen lachen müssen. „Wenn du es nicht sagen kannst, dann zeig es ihm mal, er hat sicher total keine Ahnung…“

In ihrem Gesicht wurde es auf einmal heiß. „Sag mal… Wenn du so redest, wie weit bist du bitte mit Mitamura schon gegangen??“ Es wurde spannend und Midori zog die Nase in die Höhe und hatte einen Moment was eingebildetes, was aber nur gespielt war.

„DAS würdest du gern wissen, was? Ich gehe ja bald von der Schule ab – ich nehme alles so, wie es kommt!“

Ein bisschen entsetzt von Midori war Nakasawa ja schon, dass sie es einfach so locker sagte, dabei hatte sie sich mal total aufgeführt, als Tsutomu mit einem Mädchen gesehen worden war und zwar hinter der Schule, nicht zu fassen, wie die sich verändert hatte.

„Wie meinst du, du nimmst alles, wie es kommt?“ Mila war ganz blass, es klang irgendwie so WOW.

„Wenn’s ihm Recht ist, kann er in unserem riesigen Haus einziehen!“ Es würde ihrer Freundin wirklich ein leichtes sein einen Mann an sich zu binden, dachte sie denn gar nicht mehr daran Karriere zu machen? Wollte sie aufhören?

„Verstehst du es wirklich nicht, Mila?“ Nakasawa lächelte sie an, jedoch nicht wie Midori, um sie aufzuziehen.

„Mhmmhm…?“

„Alles hinnehmen heißt – dass sie… na ja…“

Nakasawa war im Grunde selbst noch gar nicht so weit und konnte es deswegen nicht ohne rot zu werden aussprechen.

„Ich fasse es nicht!“ Mila klang, als wenn sie ihr gleich den Kopf waschen würde. „Hat er denn überhaupt Interesse an so was? Ist er nicht ein fanatischer Fußballer?“ Es schien sie gar nicht so sehr zu schocken, sie war da eben ein bisschen anders, was nicht hieß, dass sie noch nie dran gedacht hatte.

„Oh, man kann ihn ganz leicht auf andere Gedanken bringen, wenn man ihm schöne Augen macht – das klappt bei jedem Mann, man muss nur wissen wie.“ Mit anderen Worten, sie wollte nur sagen, dass das bei Yushima auch wunderbar klappen würde, wenn sie es drauf anlegte, zumal er auch viel älter war als die anderen, die sie so kannten.

„Ein erfahrener Mann hat schon so seine Vorteile…“

„Ääääh!“ Nakasawa starb fast vor Verlegenheit und Mila fing an zu lachen, sie kullerte sich und kniete auf dem Boden. „Ist nicht dein Ernst, als wäre Mitamura ein erfahrener Mann! Wer da die Hosen anhat, kann ich mir denken.“

„Wäre mir da nicht so sicher, die sind mindestens so schlimm wie ihr – nur streiten sie sich mittlerweile weniger, er scheint sie sehr zu mögen, ne, Midori-chan?“

„Meine Mutter sagte mal, dass du dich viel besser entspannen kannst, als ich, ich wollte es nicht wahr haben, aber es scheint wohl doch ein Stückchen Wahrheit dran zu sein – ich kann mich überhaupt nicht entspannen…“ Sie hielt sich die Wange und wirkte reichlich verlegen. Wenn er in der Nähe war, war sie alles andere als entspannt.

„Er wird sich schon nicht fressen – aber ich kenne dich schon so lange, ich kann fast deine Gedanken lesen. Ich seh’s in deinem Gesicht, dass du dich nach ein bisschen Liebe sehnst, nimm die Worte von Inokuma bloß nicht so zu Herzen – selbst er, ob man es glaubt oder nicht besitzt ein liebendes Herz, das beste Beispiel ist seine Schwester, oder etwa nicht? Und den armen Yushima, wie lange willst du den noch mit deinem furienartigen Verhalten und deinem fanatischen Volleyball quälen? Ich glaube, er ist am Ende seines Lateins und er hatte sicher die eine oder andere Freundin in seinem Leben – wohl aber kaum so eine durch geknallte, wie dich…“ Midori war frech und streckte ihr die Zunge raus, es war nun einmal so, wenn sie darüber nachdachte.

„Wir werden nun noch mal trainieren gehen, ihr habt die Hütte für euch!“ Mit einem kleinen Lachen drehte sich die amüsierte Midori herum, Milas Gesicht eben war einfach unbezahlbar, sie versank förmlich im Boden. ‚Was denkt die sich?’ Sie hielt sich lange im Nebenraum auf und ging erst nach über eine Stunde in ihr gemeinsames Zimmer, wo er noch immer wie ein Stein lag. Sie beobachtete ihn eine Weile von der Tür aus und setzte sich dann auf das Bett, da er sie quer darauf geworfen hatte und so nicht das gesamte Bett einnahm. Weil sie sich recht nah an ihn aufs Bett gesetzt hatte, rollte sein Kopf zur Seite direkt auf ihren Schoß. Die Röte schoss ihr ins Gesicht, dass er einfach so ungezwungen nun seinen Kopf da ablegte – ach er schlief ja und merkte es gar nicht. Erst einmal noch etwas zurückhaltend legte sie ihre Hand an seinen Kopf, den er sich ihretwegen so hart aufgeschlagen hatte. Irgendwie sah er schlafend ganz putzig aus, musste sie zugeben. Als sie so seinen Kopf berührte, fuhr sie mit der Hand in die Haare, das hatte sie noch nie bei einem Menschen getan und sah dabei sehr vergnügt aus, wobei sie eine Melodie zu summen begann. Gerade schlief er und stresste nicht so unendlich rum, was sie glatt mutig werden ließ.

Doch dann öffnete er die Augen…

Die Richtige

Ein paar Prellungen und Schürfwunden hatte er ja schon davon getragen, eigentlich war er viel zu K.O. zum Wach sein. Dieser erschrockene Blick von ihr, es brachte ihn zum Schmunzeln. „Nicht, dass du mich gleich vom Bett beförderst, so wie du guckst“, Yushima verkniff sich ja wirklich total frech zu werden, immerhin fühlte sie sich von ihm ertappt. Was zum Teufel tat sie hier eigentlich? Er bemerkte nur, wie sie die Hand mehr als nur schnell von seinem Kopf wegnahm.

„In deinem Zustand wäre das wirklich nicht nett, finde ich, das ist aber kein Grund, gleich frech zu werden, sonst überlege ich es mir noch einmal…“

Die letzten Tage hatte sie nicht einmal gebündelt so viel miteinander gesprochen wie gerade. Vielleicht sollte er öfter mal mit einem Auto zusammenstoßen, wenn es einen solchen Effekt hatte.

„Ich muss aufpassen, sonst gewöhn ich mich noch dran!“

Sie schien ihn förmlich zu bespitzeln mit dem Blick, doch wurde sie aus seinen Worten nicht schlau, er hatte es so völlig normal von sich gegeben, nicht wie immer mit einem gewissen Unterton. Er machte es ihr nicht leicht, ihn zu durchschauen. „Woran?“

„Auf deinem Schoß zu schlafen und dann aufzuwachen – wäre nicht sehr ratsam, denn irgendwann ist mein Kopf wieder in Ordnung.“

‚Dein Kopf ist nie in Ordnung, du hast doch ’nen Knall, willst du mich anbaggern?? In einem solchen Zustand und dann wieder solche Anspielungen machen! Arg! Er regt mich echt auf!’ Dass er auch immer so sein musste, es war doch für ihn nicht mehr als ein Spaß, den er mit ihr gerne machte, weil sie so schön drauf ansprang, das war ihr klar.

Die Hand, welche sie benutzt hatte, um in seinen Haaren, die sowieso in alle Richtungen lagen, zu fahren, nahm er an sich und hielt sie fest. „Da du nun wieder ein liebes Mädchen bist, kann ich es dir ja sagen“, seine Worte ließ er ein kleines bisschen geheimnisvoller klingen als sonst und dabei war sein Blick stets auf sie gerichtet.

Mila erlitt fast einen Herzinfarkt, jedenfalls sah sie so aus, solche Sachen wollte sie jetzt nicht hören, wirklich nicht, wer wusste, was dann dabei raus kam, jawohl nicht das, was sie nun gerne gehört hätte.

„Ich bin ein bisschen weit gegangen, um dich zur Vernunft zu bringen, eigentlich tut es mir Leid. Ich wollte bestimmt nicht deine Gefühle verletzen oder dich gar beherrschen, es kam so über mich – ich war so wütend, weil du scheinbar leichtfertig wie du oft bist, deine Gesundheit mit Füßen trittst! Ich konnte es nicht verstehen und da ist mir dummerweise dann die Hand ausgerutscht. So verrückt war ich noch nie.“

Mila schaute ihn mit einem giftigen Blick an, er hatte ja gut angefangen, aber sie wollte einfach nicht Ja und Amen sagen, nur weil er gerade einen Brummschädel hatte. „Ich hätte zurückschlagen sollen“, giftete sie, konnte diese Fassade aber nicht lange aufrechterhalten und bekam feuchte Augen. „Du hast dich nicht besser verhalten! Was fällt dir eigentlich ein, meinetwegen vor ein Auto zu laufen?? Ich bin richtig entsetzt gewesen und dann hatte ich plötzlich Angst, am liebsten wäre ich zu dir hin und hätte dich getreten und geschlagen dafür! Aber in diesem Moment dachte ich nur daran, was passieren würde, wenn du nicht mehr aufgestanden wärst!“ Es wurde ihr klar, dass er sich wohl ähnlich gefühlt haben musste, als er sie spielen sah, sie war wirklich dumm, so empfand sie sich selbst.

„Ich würde es aber wohl jedes Mal aufs Neue genauso machen. Warum träumst du auch mitten auf der Straße?“

„Bitte nicht!“ Mila kniff die Augen zu, es sollte niemandem ihretwegen etwas zustoßen. Das konnte er unmöglich wollen.

„Ich kann nun mal nicht anders, irgendwer muss doch auf dich aufpassen – fang jetzt bitte nicht an zu weinen, es ist doch alles gut.“ Es war schon solang her, dass er ein aufrichtiges Lächeln im Gesicht gehabt hatte und mit diesem in ihre Augen geblickt hatte und seine Stimme hatte auf einmal auch etwas total Sanftes angenommen, was man nur vernahm, wenn er von seiner Schwester sprach, dann hatte er genau diese Stimmlage.

Eigentlich hatte er ja Recht, es war im Moment alles gut, man sollte es dabei belassen, aber sie musste ständig an die Worte der Mädchen denken, dass sie es ihm endlich verraten sollte, aber irgendwie bekam sie Beklemmungen. Ihre Brust schnürte sich total zu und sie konnte kaum Atmen vor lauter Angst.

„Irgendetwas bedrückt dich – was ist los!? Mir kannst du es sagen!“ Es war ein ernster aber etwas besorgter Blick in sein Gesicht getreten, sie war so ruhig, das war nicht oft der Fall. Üblicherweise war sie laut und ungestüm und nun so still.

Es klang so, als könne sie mit ihm über alles sprechen, das Gefühl hatte sie nicht, ihre Angst hemmte sie.
 

Ich selbst habe auf dem schweren Weg gelernt, es nie so weit kommen zu lassen. Ich habe gelernt auf der sicheren Seite zu spielen, nur um nicht verletzt zu werden.

Mein Herz kann nicht brechen, denn es ist schon so lange nicht mehr komplett. Ein Teil ist damals in mir gestorben… einfach abgestorben wie eine kranke Pflanze. Wegen damals finde ich es schwer nicht nur mir selbst zu vertrauen, sondern auch jedem jungen Mann um mich herum. Ich bin misstrauisch… Mir selbst traue ich nicht! Aber deinetwegen… gebe ich mein Bestes alles zu vergessen. Seinetwegen weiß ich nicht, wie ich irgendjemand anderes an mich herankommen lassen soll. Ich schäme mich manchmal für mein verrücktes Leben, weil es so leer ist… Ich will mich auch mal verlieben und auch mal was Normales machen… es ist wie eine Schuldigkeit.
 

„Bestimmt hältst du mich für total verrückt, sogar bescheuert! Ich… Ich bin ein Freak, alle denken das, doch selten spricht es jemand aus.“ In ihren Augen kamen erneut Tränen auf, welche über die Augenränder quollen und dann wurde ihre Art zu sprechen immer energischer. „Es tut mir Leid, dass du es immer wieder vergeblich versuchst… Im Moment fühle ich mich nur total leer… und auch verlassen… die Mädchen kümmern sich so rührend um mich, aber… ich undankbares Stück denke immer nur ans Volleyball und stoße alle vor den Kopf… Ich war früher mal viel unbeschwerter! Ich verlor, was mir wichtig war und bin eingebrochen, es fühlt sich an, wie nicht mehr aufstehen können, nachdem man gefallen ist.“

Stille herrschte im ersten Moment, er wollte sie nicht unterbrechen und dann fiel ihm nicht sofort das Rechte ein, das er ihr hätte sagen können. Im Liegen ging das nicht so gut, weshalb er sich von ihrem Schoß erhob und aufs Bett kniete, ihr gegenüber – ihre Hände nahm und sie recht fest drückte, aber nicht so, dass er ihr damit wehtat.

„So etwas habe ich mir fast schon gedacht, aber du lässt mich ja nicht an dich ran. Ich würde deine Leere gerne füllen… wenn du mich denn lassen würdest. Ich weiß, wie sehr du an deinem Sport hängst, es muss schlimm sein, so lange Zeit aussetzen zu müssen, du musst auch wahnsinnige Angst haben, dass die anderen dir den Rang ablaufen, aber das wird nicht geschehen – du bist als einzige Japanerin von einer Highschool gekommen und hast es der ganzen Welt gezeigt. Du wirst es wieder schaffen!“

Als er ihre Hände losgelassen hatte, legte sie diese auf seiner Brust ab und ließ den Kopf gegen den oberen Teil seines Körpers gleiten, noch immer schniefte sie und schloss die Augen. Er ließ seine rechte Hand auf ihrem Rücken nieder und strich vorsichtig darüber. „Na komm, Mila!“ Er wollte ihr Mut machen, aber dieses Mal war es noch viel schwerer als sonst, sie war regelrecht in einen Abgrund gestürzt. Was auch immer sie brauchte, er würde es ihr geben. Wenn es nur seine starke Schulter zum Anlehnen sein sollte, oder ein paar aufmunternde Worte, auch Standpauken konnte sie haben, wenn es nicht anders ging, aber im Grunde meinte er es immer gut und aufrichtig. Seine Härte war im Grunde bloß antrainiert. Er musste ja ein bisschen hart sein können, wenn er einen solchen Sport nicht nur betrieb, sondern auch nebenher als Trainer gearbeitet hatte. Volleyball war eben kein Zuckerschlecken, sondern mit harter Arbeit verbunden.

Es fühlte sich so gut und so richtig an, sich an ihn zu lehnen, ohne irgendetwas befürchten zu müssen. Ein bisschen aufgetaut war sie letztlich schon, das fiel auch ihm auf, vielleicht sollten sie anfangen etwas mehr miteinander zu kommunizieren, sie redeten viel zu wenig, die letzte Zeit erst recht. Bisher hatte sie nur in seinen Armen gelegen, aber bald wurde aus dieser Umarmung mehr – nämlich als sich seine Arme um ihren Körper schlangen und sie gefangen nahmen. Ihr blieb fast das Herz stehen, als sie seine Arme so deutlich spüren konnte und öffnete die Augen. Sein warmer Körper hielt sie so eng umschlungen, dass es glatt peinlich werden könnte, wenn nun jemand hereinkäme. Aber ihn schien es weniger zu kümmern, dass die Tür nicht verschlossen war, im Grunde gesehen war es ja auch nur eine Umarmung. Bisher war sie locker gewesen, aber diese starken Hände fuhren über ihren Rücken, etwas weiter herab. Das Eis zwischen ihnen war endgültig gebrochen und er bemerkte, dass sie nun den Körper anspannte. Jetzt waren sie wieder an der Stelle angekommen, wo sie ihn neulich sprichwörtlich schlafen geschickt hatte, weil sie es mit der Angst zu tun bekommen hatte. Irgendwie hoffte Yushima ja ein bisschen, dass es nicht wieder genauso endete, was mit ein Grund dafür war, dass er sie nur festhielt. Jedoch war da irgendetwas in ihr, was sich damit nicht zufrieden gab, sie hätte es aber niemals ausgesprochen. Mila beneidete Midori, die damit so völlig offen umzugehen schien und wohl viel erfahrener und erwachsener geworden war als sie.

Für ihn war sie nicht bloß ein kleines Mädchen, sie war eine äußerst hübsche, junge Frau, die es ihm einfach mit ihrer Zickigkeit total angetan hatte.

Ihre etwas zittrig wirkenden Arme, die sich für sie anfühlten als seien sie aus Pudding schlangen sich nun auch um seinen Körper und sie drückte ihren beinahe schamlos schon an ihn.

Es war wie aufgefordert werden. Es war so still, dass man sie atmen hörte, als seine eine Hand mehr ins Becken fasste und die andere sich auf ihrer Wange ablegte, während seine Lippen es sich an ihrem Hals gemütlich machten und ihr nur sanft einen Kuss aufdrückten.

Die Chance zu ergreifen zu können, war mindestens genauso groß, wie vom Bett geworfen werden, aber ohne ein Risiko konnte man nicht gewinnen.

In ihrer Halsgrube wurde es sofort heiß, als er den Mund nur ganz schwach dagegen drückte – kaum hatte es ihr angefangen zu gefallen, löste er sich und das schöne Gefühl verging.

Obwohl er sie nicht fragte, antwortete sie ihm, ihre Körpersprache tat es, sie drückte sich an ihn und man bemerkte nicht den geringsten Widerstand, als er sie aufs Kreuz legte und über ihr war. Ihr Gesicht sanft mit der Hand streichelnd, wanderte er an der Seite ihr Haar entlang, einen Moment sah er sie einfach nur an.

Ihr Körper zitterte sozusagen wie Espenlaub, sie sah wie ein unterwürfiges Mäuschen an ihm hoch und hatte so etwas ehrfürchtiges, als wäre er der böse Kater, der sie gleich fressen würde.

Jemand ihres Alters konnte es schon mit der Angst zu tun kriegen, wenn ein Mann, der ganze 6 Jahre älter als sie war, plötzlich auf ihr drauf lag mit seinem gesamten Gewicht und sie niederdrückte. Gewissermaßen war sie bewegungsunfähig und als er sie küsste, durchfuhr es ihren Körper geradezu.

Seine Lippen huschten zu ihren und diesmal bei weitem energischer als beim letzten Mal noch. Wie kam er bloß auf die Idee, dass er das jetzt einfach so durfte? Die Selbstsicherheit, welche er in dem Moment ausstrahlte, er schien total davon überzeugt zu sein, dass er all das tun durfte – und ihre Reaktionen gaben ihm ja auch irgendwie Recht.

Immer bloß vor ihm wegzurennen wie ein ängstliches Kind brachte nichts, sie machte sich nur selbst damit verrückt. Ein bisschen ihm zu vertrauen, schadete nicht, jedoch hatte sie schon Angst, dass er es ausnutzen könnte und er plötzlich doch Sachen tat, die sie überhaupt nicht wollte. Ihr Herz schlug so schnell, als wäre sie 10 km ohne Pause gerannt, ihr Atem ging heftig, es war schlichtweg die Aufregung, was er vielleicht als nächstes probieren könnte; dass er eine Grenze überschreiten könnte.

Wie oft hatten die Frauen sie vor Männern gewarnt, dass sie wachsam sein sollte, sie waren doch alle viel älter und wussten eher wie sie tickten, aber damit machte es keine von ihnen besser, sie wurde nur noch schüchterner, obwohl sie das sonst nie gewesen war, sie hatten ihr diese Hirngespinste in den Kopf gesetzt und sie so erschüttert. Die Geschichten vom bösen Wolf, der das Rotkäppchen frisst, waren aber doch nun wirklich mehr albern.

Um die Lage zu checken, guckte er sie an und hatte die Augen geöffnet, während ihre Lippen noch so dicht beieinander waren. Beim Blick in seine Augen wurde ihr ganz heiß.

„Geht es dir nun wieder etwas besser, mhm?“

Dass sie auf eine solch einfache Frage total sensibel reagieren würde, konnte er nicht wissen, aber sie gab einen entsetzten Laut von sich. Sie nur aus Mitleid zu küssen, weil es ihr so schlecht ging, war doch nun wirklich, sie dachte gleich zu platzen.

„Was ist?“

„RUNTER! Sofort runter von mir, Yushima!“ Ihre Hände ballten sich zu Fäusten und dann begann sie wie wild um sich zu schlagen, er fühlte sich, als wenn sie ihn mit einem Volleyball verwechselte, sie war alles, nur nicht schwach.

Natürlich war er sich keinerlei Schuld bewusst – er war ausnahmsweise mal richtig nett gewesen und hatte sich bemüht, das Richtige zu tun – aber jedes Mal, wenn er das dachte, war es genau anders rum, sie tickte eben doch ziemlich schnell aus, wenn sie etwas missverstand und es war bestimmt ein Missverständnis.

Mit einem Lachen nahm er ihre Arme gefangen und schleuderte sie mit Schwung aufs Bett.

„Und nun? Was willst du nun tun? Glaubst du wirklich, dass du stark genug bist, um mich runterzukriegen?!“ Er fand es anscheinend so lustig, dass er lachen musste, weil sie sich wie eine wilde Bestie aufführte. Wenn er ehrlich war, stand er total auf Wildkatzen, die sich sträubten. Ihre Augen sahen nun wieder ganz besonders anziehend aus und leuchteten in diesem kraftvollen Grün, das ihn einfach schwach machte.

Es war ja nur Spaß, er würde sie nie zu etwas zwingen und wenn sie das nicht wusste, dann kannte sie ihn ziemlich schlecht.

„Lass meine Arme sofort los oder ich brülle das Haus zusammen!“

„Wie wäre es einfach mit bitte, Yushima, geh von mir runter?“ Es machte so viel Spaß sie damit zu ärgern und zum ersten Mal fuhr sie nicht aus der Haut, sondern fing an zu lachen und grinste dann fies. „Ey, na warte! Von einem Schwerverletzten fühle ich mich ganz bestimmt nicht bedroht!“ Sie wandte ihre Handgelenke in seinen Händen und packte dann seine, schon waren sie in einen Kampf verwickelt, allerdings nur spaßeshalber.

Es dauerte zwar seine Zeit, aber da er wirklich etwas eingeschränkt war mit seinem Brummschädel schaffte sie es, sich mit ihm rumzudrehen und saß dann auf ihn drauf und machte ihn zur Abwechslung wehrlos.

„Na, und nun?“ wiederholte sie seine Worte, und entlockte ihm ein Grinsen.

„Ja, nun? Was tust du mit einem schwer verletzten, wehrlosen Mann? Hast du eine Idee? Jetzt bin ich gespannt…“ Eine erfahrene Frau hätte sofort Antworten darauf, aber er möchte wetten, dass ihr entweder nichts einfiel oder sie sich nicht traute, ihren Ideen freien Lauf zu lassen.

Zu ihm runtergebeugt, war ihr Blick lange bei seinen Augen gefangen. Oh ja, und wie viele Ideen sie gerade überkamen, doch war sie zu schüchtern, sie umzusetzen.

Und ihr fiel mehr als nur ihn Küssen ein. Warum war sie gerade nur so… so.. unausgeglichen? Lag es noch am mangelnden Training, dass sie zu viel Energie hatte und sich mit ihm auf dem Bett tollte, also wirklich. Er hatte wirklich ein sanftes Gemüt, welcher Mann ließ sich schon von einer Frau so besteigen und hatte sich dann noch unter Kontrolle. Ob er sie hätte, wenn sie es darauf anlegen würde? Es interessierte sie zwar brennend, aber so mutig sie im Spiel war, umso zurückhaltender war sie gerade in ihrer gesamten Art.

Sein Blick war stets so durchdringend, das machte sie erst recht nervös, aber sie konnte den Ihren nicht von ihm abwenden. „…“ Nichts sagend starrte sie ihn einfach nur an.
 

Mit Schwung legte sie ihre Lippen auf seine und drückte ihn fest ins Kissen nieder, während sie sich komplett auf ihm niederließ. Zwar hatte sie keine Ahnung davon, aber sie küsste ihn – stürmisch und so leidenschaftlich, wie man sie auch vom Sport her kannte.

Der Kuss war Ausschlag gebend für seine nächsten Handlungen, die nur daraus bestanden, ihr mit festem Griff in den Hintern zu fassen und sie näher an sich anzudrücken, seine Hände fuhren ihr unter das Oberteil und glitten schnell ihren Rücken hinauf, wobei er das Oberteil mitnahm. So schnell waren Männer, schwupps hatten sie einem schon das erste Kleidungsstück einfach geklaut…
 

Etwas die Augenbrauen hochziehend, stupste er ihr gegen die Stirn. „Erde an Mila – aufwachen! Träumst du denn schon mit offenen Augen?“

Erschrocken zuckte sie auf – sie hatte wohl etwas viel geträumt, es war alles nicht passiert, nur in ihren Vorstellungen. Wie peinlich, hoffentlich sah er es nicht, was für Gedanken er ihr in ihr hatte aufkommen lassen.

Um sich schnell zu retten, suchte sie sich eine Ausrede. „Hab nachgedacht… Wieso hast du eigentlich keine Freundin? Man möchte meinen, ein gut aussehender Mann in deinem Alter sei nie alleine!“

Baff guckte er sie an – er war einfach überrascht darüber, dass ihr diese Frage in den Sinn kam, ach ja, sie hatte endlich bemerkt, dass sie ihn gut aussehend fand, das war immerhin ein Fortschritt – er begann sich selbst in Gedanken zu veralbern. Es war schon lustig, sie hätte sich auch gleich anbieten können, aber so einfach würde er es ihr und sich selbst natürlich auch nicht machen. Er wollte diesen Wunsch nicht durch die Blumen hören, sonst sagte sie am Ende noch, er hätte es sich eingebildet. Aber es war keine Einbildung, er wusste ganz genau, dass sie jede Menge für ihn übrig hatte, deswegen hatte sie die Sache mit Yamamoto damals auch so runter gezogen. Sie wusste ja gar nicht, wie leicht zu beeindrucken sie war. Es handelte sich eben immer noch um ein Mädchen, das war ihm bewusst, weshalb er vorsichtig war. Vorsicht war besser als Nachsicht sagte man ja immer.

„Ich warte…“

Von langen Antworten hielt er wohl gerade nichts, oder wie?

„Auf was?“ Ihre Gegenfrage war aber auch nicht besser, das wusste sie, aber mehr musste man darauf ja auch nicht von sich geben.

„Die Richtige…“

Ihm war klar, dass er genauso undurchschaubar redete, wie sie es versuchte, aber es klang dann doch wieder nur, als wolle er sie beeinflussen, nein, das wollte er nicht.

Natürlich bekam sie es in den falschen Hals, was eigentlich für ihn absehbar sein müsste. Sie war also nur Zeitvertreib für ihn, bis er wirklich die Frau für’s Leben fand, jedenfalls hörte es sich so an.

‚Ich warte darauf, dass die Richtige bereit für mich ist und von sich aus entscheidet, dass sie es will – nicht mit Überredungsversuchen, das bringt doch alles nichts. Sie muss es wirklich wollen, mehr als alles andere, andere Beziehungen halten ohnehin nicht auf Dauer.’ Er war nicht wirklich so ein Draufstürztyp. Er hatte mal gesagt, dass Volleyball momentan das Wichtigste für sie war, solange das so blieb und sie an nichts anderen denken konnte und wollte, hatte er überhaupt keine Chance. Da konnte sie ihn noch so sehr mögen.

„Und Ohara-san??“ Wieso ihr gerade sie einfiel, vielleicht weil sie auch Volleyball fanatisch war und sie ja schließlich mal zusammen gewesen waren.

„Ich bitte dich – das ist schon so viele Jahre her. Wir haben uns vor 4 Jahren getrennt, da gibt es nichts mehr zu sagen.“ Dass sie es in Erwägung zog wunderte ihn wirklich.

„Ach, komm schon, lüg doch nicht“, kam trotzig von ihr, „du warst die letzten 4 Jahre jawohl kaum ohne Pausen alleine.“

„Ich bin mit dem Studium beschäftigt gewesen. Was glaubst du eigentlich, wie es auf einer Sportschule ist? Wenn du nicht Theorien in dich reinkloppst, trainierst du! Ich wäre nicht die Nummer 1, wenn ich nicht pausenlos trainiert hätte.“

So konnte man natürlich auch antworten, aber das würde auch heißen, er war ihr ähnlicher als sie gedacht hatte, nur mit dem Unterschied, dass er etwas daran ändern wollte.

„Also gibt’s auch Männer, die nur Volleyball im Kopf haben, das lässt mich hoffen!“

Dass er nur das im Kopf hatte, hätte er nun nicht gedacht, er versteckte sich schließlich nur dahinter. Wenn er jemandem ähnlich war, dann war es Inokuma. Nur hatte er seine Gefühle nicht so gut im Griff wie der Trainer, der sie nun wirklich nicht zuließ, zumindest nicht, wenn es darum ging, ihnen zu predigen, dass sie an nichts anderes denken durften. Wenn er jetzt hier wäre, wäre aber der Teufel los, da ging Yushima jede Wette ein. Wenn er wüsste, dass er seinen Star geküsst hatte, würde er ihn ungespitzt in den Boden rammen – Inokuma hatte es doch schließlich nur erlaubt, weil er nichts zu befürchten hatte – bis jetzt jedenfalls noch, er hatte nicht vor aufzugeben, das war nicht seine Art.

„Das lässt dich hoffen?“ Etwas verwirrt zog er eine Augenbraue hoch.

„Dass ich doch nicht total abnormal bin, ganz einfach. Und dass du mich irgendwo doch verstehst.“

Dass er sie immerzu verstand, konnte man nicht sagen, aber Yushima gab sich alle Mühe.

„Ja, ich verstehe es, aber ich kann auch eine Weile mal ohne Volleyball. Ich fühle mich nicht mehr so daran gebunden, wie vor ein paar Jahren…“ Es war ja nur so schlimm gekommen, weil er dem Schmerz rund um den Verlust seiner einzigen Schwester entgehen wollte – dann war sie gekommen. Man konnte es mit einem langen Verlust der Sonne vergleichen, die nun zu ihm zurückgekehrt war, ein Lichtblick in seinem Leben. Beinahe hätte er ihr den Grund genannt, aber das sollte sie mal schön brav selber rauskriegen.

„Trotzdem bist du deswegen nicht abnormal, du hast eben Ehrgeiz! Weißt du, dass es selten jemanden gibt, der mehr als einmal zur besten Spielerin der Welt gewählt wurde? Ich kann mir vorstellen, dass du das scheinbar Unmögliche erreichen willst und ich werde dir helfen, deinen Traum zu verwirklichen.“

In ihrem Gesicht sah man mit einem Mal so viel Angst, so war es immer gewesen. Sie hatte Angst und er versuchte sie ihr zu nehmen, weshalb er nun ihre Hand hielt.

„Ich müsste auch pausenlos trainieren, denn ich bin sicher Schirenina tut es auch. Ich wurde zur besten Spielerin gewählt, aber eigentlich… bin ich nur die beste Spielerin im Angriff. Was die Verteidigung angeht, bin ich Schirenina total unterlegen. Man sagt zwar, dass Angriff die beste Verteidigung ist, aber bei einer Spielerin wie ihr kann man das nicht mit Bestimmtheit sagen, du hast sie doch gesehen… Wir beide beherrschen die Saltoannahme, aber ihre ist so viel effektiver als meine.“

„Ich halte nichts von solchen Annahmen.“

„Es ist aber das Einzige, was ich besitze, was ihr ebenbürtig wäre!“

„Selbst Jessica, die früher auf ihre Saltos nie verzichten wollte, hat gelernt, dass sie in einem harten Spiel nutzlos sind! Sie hat gelernt, sich auch ohne sie zu verteidigen… Klammer dich doch nicht an irgendwelche akrobatischen Tricks, nur weil deine Rivalin sie scheinbar perfekt beherrscht.“

Es war schon merkwürdig, dass er und Inokuma wieder gleicher Meinung waren. Im Sport waren sie das oft, vielleicht war das so, weil er auch Trainer war und nicht bloß Spieler. Aber wohl viel mehr, weil er Sport studierte und man die Volleyball-Theorie in ihn hineinpresste.

„Es wundert mich, dass du so gut Bescheid weißt. Das ist doch schon so wahnsinnig lange her.“

„Es steht in Zeitungen… Ist also kein Wunder.“ Er hielt sich den Kopf, es war irgendwie peinlich und nur deswegen tat er es, nicht weil er einen so furchtbaren Brummschädel hatte. Eigentlich hatte er heute auch gar keine Lust mit ihr nun wieder über Volleyball zu reden. Meistens stritten sie, wenn es um dieses Thema ging…

„Eine Mannschaft, die mehr als nur eine gute Annahmespielerin hat, wird den Gegner immer nervös machen, weil es ihnen erschwert wird Punkte zu machen, deswegen setzen die Russinnen so sehr auf ihre Blocks und vor allem aber auf Schirenina. Sie ist die einzige, die ihre Annahmen perfektionieren konnte. Aber das ist nicht alles – schon bei den Junioren war sie die Spielerin, die im rechten Moment zuschlug und ihre Schmetterbälle so gut platzierte, dass es unserem tollen Team misslang sie zurückzuschlagen. Ohne Verteidigung gibt’s auch kein Angriff – deswegen ist Angriff ist die beste Verteidigung etwas oberflächlich betrachtet. Es würde stimmen, wenn man nicht nur mit eigener Angabe zum Punkte machen fähig wäre.“

Ja, eine Mannschaft mit einem Verteidigungsteam hatte ihnen oft das Leben schwer gemacht und zwar das Fukuoka-Team, sie waren schließlich mehr defensiv und sie hatten es so schwer gehabt, Punkte zu machen. Und wenn eine solche Mannschaft auch noch gute Angreiferinnen hatte, waren sie fast unschlagbar. Das war es, was sie gerne erreichen wollte, ein würdiger Gegner, der es den anderen schwer machte. Solange die beste Spielerin schwach in der Annahme war, würde man sie kaum als den Kapitän anerkennen. Man konnte sie beinahe mit Oota vergleichen, der wahnsinnig gut schmetterte, aber nicht an Yushima rankommen konnte, weil dieser einfach viel besser war in der Defensive.

„Es ist eine bekannte Taktik, die schwächste Spielerin zu attackieren, ich bin es Leid, diese Spielerin immer selbst zu sein, zusammen mit Kaori. So viele Punkte ich mache, so viele verlieren wir meistens auch durch meine eigene Schuld. Es ist wie bei Oota, den die Russen total fertig gemacht haben. Und man kann es auch mit Yamamoto vergleichen, sie ist auch die beste Spielerin ihres Teams und hat eine schwache Annahme. Wobei sie sich verbessert hat, sie hat nun kaum Schwächen und wenn doch, dann konnten wir sie nicht erkennen. Kannst du mir nicht auch beibringen, so gekonnt meine Schwächen zu verbergen?? Du musst sie ganz schön hart trainiert haben, damit sie schließlich eine so starke Waffe für ihr Team sein konnte.“

Yushima gab ein Seufzen von sich, er wollte ihr darauf am liebsten nicht antworten, Yamamoto war ein schlechtes Thema, nachdem sie sich mal privat amüsiert hatten, nun waren sie wieder beim Volleyball angelangt und er hatte das Gefühl, sie würde nie locker lassen.

„Und wer hat letztendlich das wichtige Spiel gewonnen? Yamamoto oder du?“ Mehr musste man ja eigentlich nicht sagen, er wollte sie einfach wieder davon abbringen, sonst dachte sie die nächsten 2 ½ Monate nur noch ans Trainieren, obwohl sie es nicht konnte. „Mach dir darum doch nicht jetzt schon Sorgen! In 2 ½ Monaten kannst du dir immer noch das Hirn zermatern. Wenn wir im Trainingscamp sind, hast du immer noch genug Zeit bis zum Sommer, um deine Fehler in den Griff zu bekommen.“ Aber doch nicht jetzt, sie sollten sich erholen – wie sollte sie das, wenn sie an nichts anderes mehr denken konnte?

„Für dich ist es also okay, wenn deine Mannschaft wegen Schwächen ihres Kapitäns sang und klanglos untergeht, so wie es bisher immer war? Ist es okay für dich, wenn sie dich pausenlos abblocken und du deine eigene Kraft am eigenen Körper spüren musst? Du scheinst das sehr locker zu sehen! Ich hingegen nehme nur sehr ungern den Misserfolg in Kauf. Ich hasse es zu verlieren!“

Es war schon fast wieder ein Streit ausgebrochen. Wieso war sie bloß so… rechthaberisch?

„Sieg ist nicht alles – solange du das nicht verstehst, bist du kein guter Kapitän! Du musst in der Lage sein, deine Leute nach einer Niederlage wieder aufzubauen, wie willst du das können, wenn Verlieren für dich das schlimmste überhaupt ist?“ Sie war nicht sonderlich gut darin, ihre negativen Gefühle zu verbergen. „Wenn dich eine Niederlage schon runterzieht, wie willst du dann dein wahres Glück in deinem Leben finden? Es gibt auch noch andere Sachen, die dir wichtig sein sollten. Irgendwann macht Siegen auch nicht mehr glücklich.“ Er musste das schließlich wissen, er hatte fast nur von Sieg und Ruhm gelebt und fand es auf Dauer nicht wie das pure Glück, was er ihr auch immer wieder versuchte klar zu machen, aber dummerweise kamen sie immer wieder zu diesem Spiel zurück – ein normaler Mann würde durchdrehen mit ihr als Freundin, da ging er jede Wette ein.

„So was hat einer meiner ehemaligen Trainer auch mal gesagt und uns gegen die Russinnen spielen lassen – wir haben damals haushoch verloren, sie waren größer, stärker und viel besser vorbereitet und uns hat unser letzter Sieg so sehr geblendet, dass wir uns für unschlagbar hielten. Den Fehler will ich nun mal nicht noch einmal machen. Wenn du gut bist, wollen andere dich besiegen, also musst du ihnen zuvor kommen. Das fällt mir wirklich schwer, wenn ich Däumchen drehen soll… Ich fühle mich überhaupt nicht so krank, um komplett mit dem Training auszusetzen.“

„Hach je“, seufzte er – wie gesagt, sie ließ nicht locker, bis sie ihren Willen bekam und gerade war wieder so ein Umstand eingetreten. „Wenn du für heute einfach mal NICHT an Volleyball denkst, fällt mir morgen sicher was ein, okay?“ Ideen hatte er ja schon, da sie sich fit genug für ein Training fühlte, er würde ihr den Gefallen tun, ihr Vorschläge zu machen. Ob sie ihr gefielen, war etwas anderes. Wenn sie weiter so unausgeglichen war, würden sie nur noch streiten.

„Tut mir Leid, ich vergesse, dass man dich auch zum Nichts tun verdonnert hat.“

‚Nein, ich bin im Moment einfach nur stinkfaul, es ist nicht so, dass ich gar nicht könnte. Ich nutze es schamlos aus, kein guter Zug von mir! Es ist ganz gut, wenn wir vielleicht ein bisschen trainieren, um wenigstens unsere Form zu halten, ansonsten wird’s uns da wirklich schlecht ergehen.’ Eigentlich hatte Yushima gedacht, es wäre der perfekte Urlaub für sie beide, und dass sie so vielleicht mal an was anderes denken konnten, aber bedauerlicherweise haute das Ganze nicht so wirklich hin.

Man, nun war er tatsächlich so verzweifelt, sie zu ködern, nur um sie mal von diesem Thema abzubringen – es war so schwierig.

„Nein, nicht zum Nichts tun, mehr dazu, mich zu erholen – und ich finde es sehr erholsam mit dir, zumindest wenn wir nicht streiten, gerade will ich das nicht.“ Seine Hände lagen mit einem Mal auf ihren Wangen – das hier war sein Kompromiss, den sie hoffentlich dann auch genoss.

‚Er küsst mich schon wieder… bestimmt…’ Es wurde allmählich zum Dauerzustand. Mit wie vielen Mädchen er es in diesen besagten vier Jahren wohl genauso getan hatte? Vielleicht hatte er auch mit Yamamoto… Kein guter Gedanke, sie wollte nicht dran denken und doch stellte sie es sich vor. Das Kribbeln, was sie erfasste, als sie seine Lippen wieder auf ihren spürte, drang durch ihren gesamten Körper, ehe sie wusste, wie ihr geschah, lag sie wieder im Kissen. Es war ja klar gewesen… Doch dieses Mal blieb er nicht dabei ihre Lippen nur zu küssen, sie spürte so viel mehr dabei, ihr stockte der Atem – es war wirklich schön, wenn er nur genauso empfand und es für ihn nicht nur ein Spiel war, das er mit ihr veranstaltete. Obwohl es ein so leichter, zärtlicher Kuss war, war es auch eine wahre Bedrängung für sie, doch sie konnte sich nicht wehren.

Eigentlich wollte er ihr bloß etwas Schönes zeigen, etwas ohne Volleyball, aber auch ihm ging es nicht anders als ihr – nachdem er damit angefangen hatte, begann er zu spüren, wie etwas in ihm nach mehr verlangte. Er sollte vielleicht nicht so etwas fühlen, aber plötzlich war es da und seine Hand auf ihrem Hals rutschte ein ganzes Stück nach unten zur Schulter, von dort über ihren Arm und an ihre Seite. Unter ihrem Arm wieder hoch kommend, schob er die Hand die Schulter entlang unter ihrem Oberteil.

Unendliche Hitze machte sich in ihrem Körper breit und irgendwie bekam sie………… PANIK.

Ihre Gedanken waren ala Oh Gott, er hat mich angefasst. Seine Hand an dieser Stelle war sozusagen ja schon schlimm genug, doch dabei blieb es nicht, nachdem er die Lippen von ihren gelöst hatte und sie seinen Geschmack noch immer schmeckte, als würde er sie noch immer küssen. Stattdessen wanderte die Hand noch tiefer hinein und seine Lippen gingen vom Gesicht zu ihrem Ohr über, spielerisch begann er an ihrem Ohr zu spielen und sie musste lachen. „Oh bitte, Yushima, das kitzelt… Bitte…“ Es lenkte sie aber auch irgendwie davon ab, dass seine Hand richtig unanständig wurde und nun bald komplett in ihr Teil gewandert war, auf dem Weg zu einer Gegend, die Männer besonders toll fanden.
 

CUT

Ätsch… Xp So jetzt führen wir hier Werbung ein und spannen alle Leser mal auf die Folter *lol* Für diejenigen unter euch, die nun was richtig Schmutziges erwarten… tja… Glaubt ihr wirklich daran? XD Na ja, man wird es erleben, ich beeil mich auch ^.^ noch ist Weekend, da schaffe ich vllt noch ein bisschen was ^^

Eine Ankündigung habe ich allerdings noch – Shirakawa wird im nächsten Kapitel auftauchen >D

Wahrheit und Lüge

Es war gar nicht mal so, dass Mila nicht damit gerechnet hatte, das hatte sie sehr wohl. Sie hatte es sich ja schließlich vorgestellt.

Das Spiel an ihrem Ohr brachte sie aber so zum Lachen, dass sie erst einmal vergaß, dass ein Mann sich einfach so auf sie gelegt hatte und gerade über sie herzufallen versuchte.

Noch war er nicht vom Bett geworfen worden, was ihn mehr als freute, da Yushima mittlerweile mit seiner Hand tief hinein gefahren war und diese nun freie Bahn hatte. Das enge Oberteil ließ wenig Spielraum, um sich zu bewegen, aber der Platz, der ihm nicht gegeben war, den verschaffte er sich, indem er in ihren engen BH fasste, seine Hand lag nun eng an ihre eine Brust gepresst und fuhr darüber.

Einerseits fand sie es total frech von ihm, dass er so was machte, andererseits hatte sie es bisher auch nicht geschafft, ihn davon abzuhalten, ihr Körper war einfach so was von gelähmt.

Für andere wäre es ein harmloses Spiel, für sie war es ungewohnt und gar nicht so harmlos, sondern sie fühlte sich von ihm hingerissen, verführt. Was er wohl auch bezweckte, sonst würde er sie ja nicht anfassen. Oh Gott, was sollte sie bloß tun?? Es war schlimm genug, dass sie es geschehen ließ. Ihr Körper verkrampfte sich regelrecht bei seiner Berührung, sie hatte einfach Angst…

Ihre Angst besiegen, oder wieder den leichten Fluchtweg nehmen? Die Antwort war ihr noch nicht so ganz klar, jedenfalls hatte sie schreckliche Angst, dass er noch weitergehen wollte. Und ihre Angst blieb auch nicht unbegründet. Da sie eine enge Bluse trug, was es für ihn ein leichtes, weiterzugehen, das machte er auch. Sie spürte wie die andere Hand den Stoff entlang glitt und er mit zwei Fingern den ersten oberen Knopf öffnete. Geschockt guckte sie leicht runter, ballte die Hand zu einer Faust und krallte sie ins Laken. Eigentlich wollte sie sich ja gar nicht wehren, da sie ihn liebte, wollte sie ihm gern ein bisschen Spaß lassen, aber es war große Überwindung, für einen Moment hatte sie seine Hand packen und von sich nehmen wollen, hatte es nun aber doch sein lassen. Die Luft anhaltend, ließ sie ihn auch den zweiten und den dritten Knopf vom Knopfloch lösen. Sie spürte seine Blicke förmlich, auch wenn sie ihm nicht ins Gesicht guckte vor lauter Scham, die sie jetzt befiel. Es hatte noch nie einer GEWAGT, einfach ihre Bluse aufzumachen. So viel Frechheit hätte sie aber auch nur ihm zugetraut, er hatte schon so oft Anspielungen gemacht, dass sie ihm gefiel und es waren keine Scherze gewesen, das war nun klar.

Yushima war genug damit beschäftigt, sie zu bewundern und zu hoffen, dass sie nicht gleich los schrie. Er hatte auch ein bisschen Angst davor, dass es plötzlich mit ihr durchging und sie vielleicht mit Kratzen und Beißen anfing, bisher war das noch nicht der Fall, aber er schloss es nicht ganz aus. Locker sein, nannte man etwas anderes, sie war es nicht. Es war ihm aber auch klar, warum – sie sollte keine Angst haben – vor ihm doch nicht, auch wenn er manches Mal vielleicht etwas gemein zu ihr war, würde er ihr niemals absichtlich wehtun. Es war viel zu früh für so was – für sie beide! Ihn hatte nur leider gerade die Leidenschaft gepackt und er konnte einfach nicht anders; wie viele sagten, er war auch nur ein Mann. Und wenn einem solchen etwas in den Schoß fiel, woran er gefallen fand, dann würde er es ohne nachzudenken annehmen. Ihr geringer Widerstand war so eine Situation, solange sie ihn ließ, würde er sich bestimmt nicht beschweren. Es war einfach viel zu schwer, sich selbst zu sagen, dass es nicht in Ordnung war, nur weil sie sich nicht wehrte…

Zum ersten Mal wurde ihr der große Altersunterschied bewusst, und dass er ein Mann im heiratsfähigen Alter war, mit ganz anderen Vorstellungen von einer Beziehung, sie hingegen quasi noch ein kleines Mädchen. Sie wäre von sich aus doch nie auf so was gekommen, er hatte sie darauf gebracht, es ihr quasi aufgezwungen. Und das hatte sie nun davon: Eine geöffnete Bluse und einen auf sie starrenden Mann. Nachdem er sie offen hatte, guckte er sie lange an, sie schaffte es nicht einmal ihm ins Gesicht dabei zu sehen, ihr Kopf war zur Seite geneigt und sie musste furchtbar rot im Gesicht geworden sein.

Seine Hände wurden auf ihre Wangen gelegt und er drehte ihr Gesicht zur Mitte hin, so dass sie ihm nun doch ins Gesicht sah. „Es ist mir peinlich… bitte schau mich nicht so an…“

Beschämt wollte sie am liebsten wieder den Kopf wegdrehen.

„Ach komm“, er schüttelte den Kopf, „das redest du dir bloß ein! Für mich ist es nicht peinlich und dir muss es auch nichts peinlich sein.“ Seine Hand strich ihr ganz sanft über den Hals. „Ich hatte es die ganze Zeit über gut verdrängt. Aber jetzt ist mir klar, dass es bloß Schein war und ich mich doch viel zu sehr danach sehne…“

Wusste er nicht, dass es ihr so nun noch peinlicher wurde, wenn er es ansprach?

„Solange du mich magst, muss es dir nicht peinlich sein! Oder war dir je peinlich, wenn du jemandem sagtest, dass du ihn magst – es ist eigentlich dasselbe.“

‚Oh nein, Yushima, für mich ist es nicht dasselbe… Es ist… Es ist… als wenn dich jemand beim Duschen erwischt!’ Den Vergleich fand sie passend, wollte es aber auch nicht zugeben und ihm mitteilen. Für ihn war es so leicht und für sie hingegen so schwierig, vor allem ihn zu verstehen, was seine Beweggründe waren, nun so zu handeln.

Wenigstens wusste sie, dass er sie mochte, das hatte er damit doch auszudrücken versucht…

Er mochte sie – na toll… und deswegen vergriff er sich an ihrer Bluse.

„Und jetzt möchte ich eigentlich diese sinnlose Konversation beenden! Schließ einfach die Augen, wenn es dir zu peinlich ist, mich anzusehen, das ist schon ok, außerdem…“ Ein Grinsen huschte über seine Lippen, bevor er sich zu ihrem Ohr neigte, „wirst du dann umso mehr Schönes fühlen, wenn du es nicht siehst…“

Spätestens jetzt hatte sie richtig Angst gekriegt – nein, sie konnte doch die Augen nicht zumachen und ihn lassen, dann bekam sie ja nur noch die Hälfte mit… Ihr Atem ging nun so schnell, dass sie dachte, gleich blieb er ihr ganz weg. Sie zuckte, als sie seine Hand an ihrem Rippenbogen spürte und wie er mit den Händen unter den BH verschwand, diesmal jedoch beidseitig. Er schob ihn hoch. Sie gab sich ja wirklich Mühe nicht aufzufiepsen… aber ein erschrockener Laut kam dann doch von ihr. Vorsichtig begann er ihr Dekolleté mit Küssen zu übersähen und ließ sich dabei Zeit, um sie nicht noch zu Tode zu erschrecken, außerdem wollte auch er es ein bisschen genießen, dass sie mal nicht zickig wurde, nachdem er angefangen hatte sich ihr zu nähern und ihr sogar gesagt hatte, dass er sie schon lange sehr mochte, obwohl sie das natürlich von selbst längst bemerkt haben musste. Auch er hatte starkes Herzklopfen dabei, immerhin war es das erste Mal mit ihr und sie war so jung, er wollte ihr wirklich alles andere als Angst einjagen. Wie man es drehte oder wendete, da er sich nach unten küsste, stieß er auch alsbald auf ihren wirklich hübschen BH, den er hochgeschoben hatte. Er übersprang ihn und küsste ihre Mitte.

Ihr Herz schlug bis zum Hals, er war ja eigentlich sehr lieb zu ihr und sie hätte keinen Grund so in Panik zu geraten, aber sie musste immer wieder daran denken, dass er sie mochte – und dann so etwas mit ihr tun wollen… Und sie glaubte sehr genau zu wissen, wonach es in ihm gerade verlangte. Aber zumindest dachte sie daran, es einfach zu tun, es hinter sich zu bringen. Es war ja nicht so, dass sie ihn unattraktiv gefunden hätte, einen Freund wie ihn konnte man sich als junge Frau nur wünschen, ihr wäre nur lieber gewesen, unter anderen Umständen.

Sie machte sich selbst verrückt, wie immer eben und war geradezu hysterisch im innerlichen Sinn, man sah rein gar nichts davon, aber in ihrem Inneren war sie total verzweifelt. Sie war genau in dem Alter, in dem die meisten Jugendlichen ihre ersten Erfahrungen mit Männern machten, nicht selten waren es Klassenkameraden. Sie war, was das anging, eigentlich schon ziemlich spät dran, hatte sie doch immer nur Volleyball im Kopf gehabt und sich seit Tsutomus Tod nicht mehr für das andere Geschlecht interessiert. Und nun…

So viele überflüssige Gedanken konnte nur eine Frau haben – er dachte bestimmt an gar nichts, außer vielleicht daran, dass sie hübsch war. Sie hatte ihre Mutter ja schließlich nicht umsonst mal danach gefragt, ob sie sie hübsch fand.

Aus ihren Gedanken gerissen, reagierte sie doch hyperempfindlich, als er sie zum ersten mal an ihren Brustwarzen berührte, seine heiße Zunge hatte nur ganz zärtlich darüber geleckt und nun nahm er sie komplett in seinem Mund auf. Spätestens jetzt war ihr Widerstand bei 0% angelangt und sie warf den Kopf ins Kissen, wobei ihrem Mund ein Keuchen entkam. Ihr Körper war total zugetan davon, was er ganz offensichtlich gut machte. Sie fühlte sich wie ein Kessel, der nach einer Erwärmungsphase nun bei der Kochphase angekommen war. Ihr gesamter Körper begann zu glühen, gerade fing sie an sich daran zu gewöhnen und es schön zu finden.

Dass er es offensichtlich geschafft hatte, sie hinzureißen, spürte er an ihrer Hand, die es sich an seiner Schulter gemütlich machte.

Er löste eine Hand von ihrem Körper und zog sich von der Seite sein T-Shirt über den Kopf, warf es zur Seite, wo es am Boden landete, es störte ihn ungemein, denn sein Motor war sowieso total heiß gelaufen, alles ihre Schuld, er hatte sich kaum noch unter Kontrolle.

Leicht errötet bei seinem durchtrainierten Anblick, schlang sie die Arme um seinen Körper und fesselte ihn damit doch ein wenig. Sein Körper war so schön warm und sie drückte ihn total schamlos an sich.

Misses Ayuhara wurde wohl gerade mutig, fand er, und grinste prompt über beide Ohren. Dass sie seinen Körper so an ihren drückte, machte ihn wirklich glücklich. Er glaubte, dass es da kaum noch eine Steigerung gab, außer… (Anm. der Autorin: Hose ausziehen und loslegen? Oo Sorry, aber das konnte ich unmöglich wirklich so schreiben XD)

Mutig ihm ins Gesicht sehend, während sie ihn so drückte, sah er sofort die vielen Fragen in ihren hübschen, grünlichen Augen.

„Ich will dir schon die ganze Zeit was sagen, aber ich habe mich nicht getraut, Yushima…“ Sie wollte ihm wenigstens gesagt haben, was sie für ihn empfand, wenn sie hier schon halbnackt sich in den Armen lagen. Wenn sie sich jetzt nicht traute, würde sie sich niemals trauen. Er sollte wenigstens wissen, was er kaputtmachte, wenn er eine gute Freundin nur benutzte. Dass es ihr das Herz brechen würde…

„Dabei weißt du doch, dass du mir alles sagen kannst“, er meinte es ehrlich, was sollte es da geben, was sie ihm nicht hätte mitteilen können, zumal er auch schon oft zu ehrlich zu ihr gewesen war; in seiner Meinung total drastisch gewesen war.

„Bitte brich mir nicht mein Herz, ich könnte das nicht ertragen – nicht noch einmal. Für mich ist das nämlich kein Spiel, sondern blutiger Ernst. Es war Liebe auf den ersten Blick, als wir uns dort im Grünen begegnet sind… Ich musste nur einmal in deine Augen sehen und…“ Mila fühlte sich sehr befreit, sie hatte es wirklich gesagt, das konnte die 17-jährige selbst kaum glauben.

Etwas überrumpelt sah er sie nun doch an, mit einem Geständnis hatte er nicht gerechnet. Dass es nun ernst wurde, konnte er sich denken, sonst würde sie sich ja nicht gedrängt fühlen, es ihm zu sagen.

„Sag nichts mehr, ich hab’s begriffen“, meinte er; sie musste dem nichts mehr hinzufügen, er verstand es vollkommen, aber auch schien es ihn so sehr nicht zu überraschen. Dass sie ihm endlich Verziehen hatte… nach all der Zeit, es hatte immer zwischen ihnen gestanden, diese Sache von damals mit Yamamoto. Obwohl sie sehr gute Freunde geworden waren, hatte etwas gefehlt.

Es war nicht ganz das, was sie von ihm hören wollte, doch sie hatte damit gerechnet, das er nun nicht sagte, ‚ich dich auch’. Nun war nur zu hoffen, dass sie dieses SPIEL beendeten, sie hatte ihn schließlich darum gebeten. Danach würde sie sich wieder ganz ihrem Volleyball widmen, um dem Schmerz dieser Enttäuschung zu entgehen… Es würde wie immer sein, auf dem Spielfeld war sie okay. Und nur dort schien sie es zu sein.

Statt, dass er wie gehofft, die Sache nun einfach beendete, küsste er sie und wollte wohl seine Hände nicht von ihr lassen. Es tat weh; wieso tat er das, wenn er es verstanden hatte? Egal, wie die Sache auch ausging, in einem Spiel würde immer einer verlieren.
 

Vor der Tür standen zwei Mädchen und hatten das Gespräch belauscht. Sie sahen einander an – es war ihnen schon seit der Ankunft nicht recht die beiden in einem Zimmer und sogar in einem Bett übernachten zu lassen, es konnte nicht gut gehen – was darin endete, dass Ishimatsu durch das Schlüsselloch guckte und doch sehr viel sah – Sachen, wie sie es nicht sehen wollte.

„BOAH!“ fiel ihr da nur ein – dieser kleine Scheißkerl, sie konnte nicht glauben, dass er auf ihr lag, sie küsste und wie man erkennen konnte, hatten sie beide ziemlich wenig an. „Midoris Meinung hin oder her! Glaubt die denn, ich lasse zu, dass er so was mit ihr macht?? Hat er nicht genug angerichtet?“ Es fiel ihr schwer, die Stimme leise zu halten, das war schon immer so gewesen.

Nakasawa nickte. „Ja, wir schmeißen den jetzt raus! Was zu weit geht, geht zu weit!“ Dass Yushima die Situation zu seinen Gunsten ausnutzte, war so gemein von ihm. Es bestätigte nur, was sie sich sowieso gedacht hatte.

Ishimatsu hatte schon die Türklinke in der Hand den drückte sie im nächsten Moment runter.
 

Mit einem erschrockenen Laut sah Mila zur Tür, sie hatte ganz eindeutig die Türklinke gehört und dann öffnete sich diese auch wenig später.

„Ohhhh… wir wollten nicht stören“, verkündete Ishimatsu, man konnte aber sofort diesen ironischen Unterton in ihrer Stimme vernehmen.

„Eigentlich gibt es nur Essen!“ meinte Nakasawa dann etwas beschämt. „Wir konnten ja nicht wissen… ähm.. naja…“

„RAUS!“ Mila schnappte sich ein Kissen und warf es nach den beiden Mädchen. Sie war hochrot vor peinlicher Berührung, aber eigentlich konnte sie froh sein, dass man sie gestört hatte… Unter diesen Umständen war es doch ohnehin nicht das, was sie gewollt hatte.

„Gut! Ihr solltet nicht in dem Aufzug zum Essen kommen! Es sei denn, ihr wollt Gesprächsthema Nummer 1 werden…“ Ishimatsu nahm Nakasawa am Handgelenk, sie waren stolz auf sich, jedenfalls dachte das Mädchen mit dem Pferdeschwanz das.

Da würde nun nichts mehr laufen, es gab nichts schlimmeres, als Störenfriede und sie waren gerne welche.

„Meinst du wirklich, dass es eine gute Idee war, sie zu stören, Ishimatsu??“ Mila schien offensichtlich sauer über ihr plötzliches Auftauchen, da machte sich das Mädchen natürlich Gedanken, ob es so richtig gewesen war.

„Natürlich war es gut! Er ist einfach nicht der Richtige für sie, er würde ihr nur wehtun, wieso sonst sollte sie ihm so etwas sagen! Nachdem sie ihm ihre Liebe gestanden hat, so auf sie zu steigen, das ist… boah, macht der mich wütend!!!“ Sie fuchtelte wie wild in der Gegend herum und hätte dem Kerl am liebsten ihre Faust entgegen gedonnert.

‚Du bist ja auch sehr schnell wütend!’
 

„Was ist hier denn schon wieder los? Warum seit ihr so laut??“ Deko war um die Ecke gebogen und sah ihre beste Freundin Ishimatsu sehr fragend an, obwohl sie sich denken konnte, dass Yushima der Grund war, sie machte keinen Hehl daraus, dass sie ihn nicht ausstehen konnte.

„Du wirst es nicht glauben, aber Yushima und Mila… Ich kann den nicht leiden, ich bin dafür, den endlich rauszuwerfen!“

„Du weißt doch, dass die Hütte Midoris Vater gehört, wenn jemand das darf, dann jawohl sie – aber wir wissen doch beide, dass sie ihn eingeladen hat! Er ist mit ihrer Erlaubnis hier.“

„Dann weiß ich ja, mit wem ich darüber diskutieren muss!“ Ishimatsu rannte los, woraufhin sich Deko gegen die Stirn klatschte. „Oh je, das gibt Ärger, ich sehe es kommen! Diskutieren heißt dann wohl rumbrüllen.“
 

Mit ihrem strammen Gang, den sie an den Tag legte, ging Ishimatsu nach draußen, wo sie Midori ausmachte und ihr gleich einen Blick zuwarf, als würde sie sie gleich töten.

„Was hat dir denn die Laune verdorben??“ wollte die Rotbraunhaarige wissen, woraufhin Ishimatsu die zu Fäusten geballten Hände hochriss und einen Wutschrei von sich gab: „ARRRGGGGGGGGGGGG!“

Man kannte es nicht anders von ihr, sie machte ihrem Ärger Luft, auch indem sie einmal einen Schrei los ließ. „Wie konntest du unseren Boss bloß mit Yushima zusammen in ein Zimmer stecken?? Du spinnst jawohl! Der soll raus da! Hat wohl zu viel eins auf den Kopf bekommen und dreht jetzt vollkommen durch! Du glaubst es nicht, was ich und Nakasawa gerade gesehen haben… Er lag auf ihr… fast komplett nackt! Er soll aufhören unsere Freundin verführen zu wollen, der tickt jawohl nicht ganz sauber!“

Midori seufzte – gerade war sie es Leid, dass man die Sache immer in Frage stellte und vor allem Ishimatsu. „Schon mal dran gedacht, dass sie sich verführen lassen WILL? Ich für meinen Teil denke, dass Mila sich ganz gut wehren kann! Warum hörst du nicht endlich auf damit? Ich wollte ihr nur helfen, weil ich genau weiß, was sie eigentlich will… Ohne ein paar Schubser in die richtige Richtung, wird das ja nie was.“

Ishimatsu schnaubte wie ein wildes Tier, sie teilte diese Meinung nun einmal nicht. „Sie hat ihm ihre Liebe gestanden, das gibt ihm nicht das Recht, das auszunutzen! Der macht mich so wütend!“

„Ihr habt gelauscht, stimmt’s? das gehört sich nicht, Ishimatsu und das weißt du auch!“ Wahrscheinlich waren sie auch noch reingeplatzt und hatten alles verdorben, dabei schadete es Mila nun wirklich nicht, sich richtig zu verlieben und mal an etwas anderes als ans Volleyball spielen zu denken.
 

So einen peinlichen Moment hatte sie noch nie erlebt, das musste sie erst einmal verdauen – wieso hatten sie die Tür auch offen gelassen? Es konnte ja keiner ahnen, dass sie so etwas tun würden, sonst hätte sie Vorkehrungen getroffen. „Verzeih ihr – sie ist eben so! Sie stürmt gerne in Räume, ohne Anklopfen!“

Yushima hatte es jedenfalls die Lust verdorben, das merkte sie. Dieser war allerdings ganz froh, dass er nun wieder ein bisschen klar im Kopf war. Es war wie mit kaltem Wasser übergossen werden, nachdem man ein hartes Training hinter sich hatte. Er wollte sie schließlich nicht bloß einfach so benutzen. Und genau das wäre es doch gewesen, wenn er sie nun verführte. Er war schließlich der Mann, der sie dann für immer veränderte – nicht jetzt schon. Wie konnte er bloß so die Kontrolle über sich verlieren? Sie verwirrte ihn vollkommen.

„Das macht nichts, ist schon gut! Du musst dich nicht für das Verhalten anderer entschuldigen.“ Er lag noch immer auf ihr, machte nun aber keinerlei Anstalten mehr, ihr zuzusetzen, wie eben noch. Er gab es ungern zu, aber er hatte wirklich vorgehabt, sie zu verführen und sie hinzureißen und ein bisschen hatte er es ja auch geschafft.

„Aber es ist peinlich…“

Er strich ihr über die Wange und lächelte sie an. „Es hätte noch peinlicher sein können – eigentlich hat sie am meisten mich gesehen, ich bin doch viel breiter als du.“

Sie schlug ihm gegen die Schulter, das fand sie nun nicht witzig. „Blödmann! Ich meinte, dass sie uns so zusammen gesehen haben, das geht keinen was an, denen erzähl ich was!“

Es war also peinlich, dass man sie in einer solchen Situation gesehen hatte… war es nicht eher, dass sie wütend war, weil es ihr gefallen hatte?? Er wusste das einfach.

„Hatten sie nicht vom Essen gesprochen? Ich für meinen Teil habe nämlich totalen Hunger.“

„Dann geh schon mal vor…“ Sie hatte überhaupt keinen Hunger, wie konnte der Mann jetzt plötzlich einfach so Kohldampf kriegen? Eben noch hatte er… Sie wurde ganz verlegen, als er aufstand. Am liebsten wollte sie ihn zurück auf sich ziehen, nun war die ganze Situation zerstört. Die Chance vergangen zu wissen, war kein besonders gutes Gefühl. Es kam ihr beinahe vor, als wenn man ihr etwas Wichtiges einfach so weggenommen hatte.

Als er sich aufsetzte und sein T-Shirt vom Boden aufhob, schwang sie sich auch in die Hocke und schlang von hinten die Arme um ihn und drückte sich an seinen Körper. „Ja, ich bin ihnen böse… Und dir auch, dass du nun einfach so zum Essen gehen willst“, meinte sie mit etwas schmollend wirkenden Stimme, weshalb er sich zu ihr herumdrehte und sie in seine Arme schloss. „Vielleicht tröstet dich das ein bisschen!“ Wie sanft er wieder sprechen konnte, es war nichts mehr von dieser kratzbürstigen Art von sonst übrig. Er drückte ihr seine Lippen auf und schlang ebenfalls die Arme um ihren Körper. Also wie es momentan lief, fand er nicht schlecht. Da musste er eigentlich noch Midori danken, die ihm diese Möglichkeit gegeben hatte – sie schien ihm mehr zu vertrauen, als er sich selbst.

„Ich danke dir, dass du mir vertraut hast. Du kannst mir auch jederzeit vertrauen – das verspreche ich. Du bist mir sehr wichtig geworden, schon in den Bergen warst du das. Du erinnerst dich doch noch!? Ich bin wirklich sehr glücklich.“
 

Während des Essens waren beide zunehmend still, während sie von Ishimatsu, die eine Riesenwut im Bauch hatte, nur beobachtete. Mila und Yushima griffen einmal gleichzeitig nach der Sojasoße, weshalb sich ihre Hände berührten und sie total rot wurde, alle konnten es sehen, wie sie sich nun in ein schüchternes Mädchen verwandelte. ‚Warum starren uns alle so an? Bestimmt haben sie es allen gesagt….’ Es war ihr einfach peinlich, wieso mussten sie sie bei so etwas sehen? Nunmehr benahm sie sich wie ein verliebtes Mädchen, das sich dafür schämte, Midori musste schmunzeln. Sie verstand nicht, wie man so etwas als falsch ansehen konnte, wie Ishimatsu.
 

Am nächsten Tag stand Training an, das hatte er ihr versprochen. Wenn sie einmal nur ihr Volleyball vergaß, würde er ihr helfen… und er hielt sein Versprechen auch.

Sie machten einen Dauerlauf den Fluss entlang, den sie beide sehr gern besuchten. Ihre Treffen hatten nicht umsonst oft dort stattgefunden.

Es schien ihnen beiden recht gut zu gehen, wobei sie etwas langsamer lief, denn der Schein trog. Yushima hatte eine Kopfverletzung, zu schnelles Laufen tat ihm nicht gut. Sie machte sich etwas Sorgen, ob er das lange durchhielt, daher entschied sie sich nach einer halben Stunde, den Lauf zu beenden.

„Ich fühle mich topfit!“ Mila streckte sich, sie hatte zwar kurz, aber unheimlich gut in seinen Armen geschlafen.

„Das ist schön, wir sollten es trotzdem nicht übertreiben und ein leichtes Training anfangen! Es bringt nichts, wenn wir uns am ersten Tag gleich überanstrengen. Ich habe uns einen Trainingsplan erstellt mit festgelegten Pausen, die du auch einhältst, verstanden?!“

Etwas schmollend guckte sie ihn an, da er sie total kontrollierte, aber diesmal wurde sie nicht total sauer auf ihn, denn er meinte es gut.

Yushima packte ihren Ball aus dem Netz und warf ihn ihr zu. „Abwechselnd pritscht der eine und der andere schmettert den Ball gegen diesen Baum dort!“ Er zeigte auf den Baum, was man auch als gutes Genauigkeitstraining ansehen konnte.

„Okay – dann fang du mit schmettern an, ich spiele den Ball zu.“

Den ersten Ball warf sie hoch und er donnerte ihn Kanonenschnell gegen den Baum. Sie wunderte sich doch sehr, wie es russischen Abwehrspielern möglich sein konnte, diese Bälle ohne große Anstrengung zu retournieren.

Obwohl es ein wirklich leichtes Training war, machte es großen Spaß, einfach mal wieder einen Ball an den Händen zu spüren. Es war auch kein sinnloses Training, da sie beide davon profitieren würden, wenn sie noch genauer spielten, sowohl der Steller, als auch der angreifende Spieler.

Als Mila dran war, huschte Yushima hinter sie. „Fertig?“

Sie begab sich in Position und wartete auf den Ball. „Fertig!“

Man hörte das Geräusch des gepritschten Balles und sie wandte den Kopf leicht nach hinten, wo er direkt über ihrem Kopf runter kam und sie hochsprang und den Ball mit sehr viel Kraft aus dem Handgelenk gegen den Baum schlug. Da dieser Baum aber nicht wie eine Mauer Unebenheiten hatte, prallte er zur Seite weg, so dass Yushima dem Ball nachrennen musste, um ihn zu erwischen. „Versuch ihn genau in die Mitte zu schlagen, dass er nicht zur Seite abdriftet!“ meinte er als guten Rat und spielte ihn ihr noch einmal genau zu, diesmal noch höher, um ihr Zeit zu lassen.

Es war gar nicht so einfach, den richtigen Punkt zu treffen, wenn es sich um Millimeter handelte, aber irgendwann hatte sie den Bogen raus.

Nach einer halben Stunde war eine 10-minütige Pause angesagt und sie erfrischte sich am Fluss, während er sich in den Sand gesetzt hatte und einfach nur tief durch atmete. Sie setzte sich sofort neben ihn, nachdem sie sich erfrischt fühlte und lehnte sich mit dem Kopf an seine Schulter.

„Ich danke dir.“

„Da gibt’s nichts zu danken.“ Er legte einen Arm um sie und hielt sie dicht bei sich.
 

Hinter einigen Bäumen beobachtete sie eine weibliche Person schon seit einer ganzen Weile. Es war ja schon schlimm genug, dass sie zusammen trainierten, aber was sie dann sah, verschlug ihr die Sprache. Dass Yushima so etwas tat, machte sie unheimlich wütend. Aber das Ganze schlug dem Fass den Boden aus, als er sie auch noch küsste. Sollte das heißen, dass die beiden etwa schon seit längerer Zeit...???
 

Nach dem Training fühlten sie sich doch ziemlich kaputt, er weil es seinem Kopf noch nicht hundertprozentig gut ging und sie, weil sie etwas übereifrig gewesen war. Sie hatte sich vorgenommen an einem Tag alles zu schaffen, woraufhin er sie stoppen musste, sonst hätte sie bis spät abends trainiert.

Als er sich gerade ausruhte, unterhielt sich Mila mit Nakasawa und Ishimatsu, bzw. sie hatte es vor. Gerade als sie beide gebeten hatte, nett zu Yushima zu sein, störte Midori mit der Nachricht, dass Mila Besuch bekommen hatte, der sie hier aufgesucht hatte. Es handelte sich dabei um eine gute Bekannte. Wer es war, verriet Midori ihr jedoch nicht sofort. Mila ging zur Tür, wo eine kurzhaarige Person bereits auf sie gewartet hatte.

„Shirakawa? Was machst du denn hier?“

„Wir waren bei einem Trainingsspiel hier in der Nähe – man hat uns diesmal gegen eine Herrenmannschaft spielen lassen. Unser Co-Trainer hat das für uns arrangiert. Können wir ein Stück gehen? Ich würde mich gerne alleine mit dir unterhalten.“ Mila legte den Kopf schief, sie wüsste nicht, was sie mit Shirakawa um diese Uhrzeit zu bereden hätte, aber sie nickte, da sie auch etwas neugierig war. Bevor Shirakawa überhaupt ein Wort sagte, waren sie sehr weit gegangen, weshalb Mila nun stehen blieb, sie wollte endlich wissen, was sie zu später Stunde zu ihr geführt hatte.

„Also, was wolltest du mit ihr besprechen?“

„Ach, weißt du – das ist gar nicht so einfach zu sagen. Zum Beispiel wusste ich nicht, dass du Yushima so gut kennst.“

So ein Gespräch zu beginnen war schon seltsam, Mila hatte das Gefühl, dass sie deswegen gekommen war, was ihr nicht so wirklich behagte.

„Was ist das denn für eine Feststellung?“ Was zum Teufel wusste sie bitte, dass sie so etwas sagen musste?

„Ich dachte mir, weil wir uns schon so lang kennen, sollte ich dir erzählen, was für einen Wirbel dieser Mann in unsere Mannschaft gebracht hat. Ich habe schon lange den Verdacht, dass er uns gegeneinander ausgespielt hat.“

Es klang nach etwas Schlechtem von ihm, sie wollte die Ohren ja auf Durchzug stellen und dieses Thema nie wieder aufkommen lassen, aber sie wusste komischerweise genau, wovon Teruku Shirakawa sprach.

„Hör mal, Shirakawa – das ist doch nun schon so lange her und…“

„Ich habe mir fast gedacht, dass du das nicht hören willst, so macht er es mit jeder!“

Der Satz war alleine schon so böse in seiner Bedeutung, dass sich Milas Augen weiteten. „Was willst du damit sagen?“

„Du stehst total unter seinem Einfluss… Keiner darf was Böses von ihm sagen, ist doch so! Das kommt mir sehr bekannt vor! Bei uns war es haargenau das gleiche. Er hat uns alle schön um den Finger gewickelt.“

So ungern sie sich durch Shirakawa in ihrer Meinung beeinflussen lassen wollte, es interessierte sie schon irgendwie. „Meinst du eure Mannschaft?“

„Ja, richtig, unsere Mannschaft.“

Mila und Shirakawa setzten sich ans Ufer des Fujimi und führten dann ihr Gespräch weiter. „Am schlimmsten war es bei Yamamoto. Sie war ihm nämlich von Anfang an sehr zugetan. Um sie hat er sich ja auch am meisten gekümmert, wir waren eine herrliche Nebensache…“

Mila war total geschockt, so etwas von ihrem Schwarm zu hören, sie wollte das nicht glauben. „Er hat zusammen mit Herrn Matsuki den vergrößerten Schmetterball entwickelt, da ist es kein Wunder, wenn er sich um Yamamoto gekümmert hat!“

„Gekümmert in einem anderen Sinne, Mila! Neben dem Training ist er auch privat mit ihr ausgegangen! Der Mann schreckt vor nichts zurück! Und als dann der vergrößerte Schmetterball entwickelt war, hat er ihr mehr als nur die kalte Schulter gezeigt. Zu der Zeit hatte er dann plötzlich auch Interesse an mir.“

Es wurde immer schlimmer, Milas Mund war so weit geöffnet und sie schüttelte den Kopf darüber, es klang furchtbar. Als Shirakawa dann wohl auch noch den Anschein machte, gleich loszuheulen, wurde sie irgendwie richtig sauer.

„Er hat aus unserem Angriffsteam eine starke Verteidigungsmannschaft gemacht mit Yamamoto als einziger Angriffsspielerin, aber weil sie eine miese Annahmetechnik hatte, hat er sie oft ziemlich runter geputzt, sie tat mir echt Leid! Und dann fing er immer an mich zu loben und ihr zu sagen, ich würde es richtig machen… Sie war am Boden zerstört… das war nicht fair von ihm. Er wusste doch, was sie für ihn empfindet.“

Es leuchtete ein, bis vor einiger Zeit hatte er sie ja auch nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst und oft ihre Gefühle verletzt. Dieses Thema bekam ihr nicht. Er und Yamamoto – als hätte sie es immer gewusst, dass da mehr gewesen war, als ausgesprochen worden war.

„Es stimmt doch, dass ihr euch schon damals kanntet oder?“

„Was heißt damals? Vor dem Spiel?“

„Ja – zufällig in den Bergen kennen gelernt…“ Mila wurde leicht bedrückt, sie hasste es, daran zurück zu denken, dieses Spiel gegen Yamamoto und Yushima auf der Gegenseite, sie hatte es niemals vergessen.

Shirakawa sprang auf. „Falls er damals mit dir angebändelt hat, dann trau ihm bloß nicht!“ Sie hatte sich aufgebaut. „Es… es war seine Idee euch zu demütigen… Toller Freund, nicht wahr? Er hat vorgeschlagen, die Fujimis rauszufordern!“

Selbst wenn es stimmte, konnte sie wenigstens von sich behaupten, dass er ihre Handgelenke gerettet hatte, als er Yamamoto vom Angriff gegen Mila abgehalten hatte. Das war der einzige Wermutstropfen. Aber alles andere, sie konnte es nicht fassen.

„Es ist nicht einfach für mich, dir das zu glauben. Ich mag Yushima wirklich sehr, auch wenn er manchmal ein Dummkopf und Blödmann zu sein scheint, er ist immer für mich da gewesen…“ Sie krallte sich mit der Hand in den Sand.

„Ich würde es bedauern, wenn du auf den Schönling reinfällst.“

Es klang so nach Ishimatsu und Nakasawa, was Mila wirklich nervte, da sie nicht wollte, dass sich alle darin einmischten. Andererseits hatte Shirakawa aber zu wenig mit den beiden zu tun, als für ihre Verbündete gehalten zu werden.

„Ich muss drüber nachdenken… So einfach darüber entscheiden, das kann ich nicht. Ich werde nun zurück zu den anderen gehen, was essen und dann darüber nachdenken – ich habe nämlich auch ohne Essen wenig im Kopf.“

„Gut…“ Shirakawa strich sich den Rock glatt und erhob sich dann. „Sei bitte vorsichtig bei ihm, so zusagen ist er der Wolf im Schafspelz.“ Mila nickte ihr zu und winkte ihr dann zum Abschied. „Auf wieder sehen.“

„Mach’s gut.“ Nachdem sie sich getrennt hatten, lief sie mehr zu den anderen zurück, als dass sie ging. Der Besuch war einfach merkwürdig gewesen, es verwirrte sie, dass Shirakawa sie vor ihm warnte. Gut, sie hatte schlechte Erfahrungen mit ihm hinter sich, aber ihn gleich anschwärzen… Sie wusste nicht, was sie glauben sollte, aber es klang alles so nach Wahrheit…

Intrigenspiel

Melora hatte gerade einen Herzschlag der Extraklasse... als mein PC sagte, die Datei, die ich speichern möchte, wäre nicht vorhanden... es versuchte zu speichern, ist dann abgeschmiert und die Datei.... unauffindbar. Das Ganze ist mir auch schon bei zwei anderen Dateien passiert... alles sehr merkwürdig, aber es leben die tmp-Dateien von Word... sonst würde ich den herrlich netten Teil hier gleich noch mal schreiben. Nachdem ich nun totmüde also fast 20 Minuten fighten musste, bitte ich den zu kurz geratenen Teil zu entschuldigen... kann einfach grad nicht mehr! Bin fast ausgeflippt. Also im nächsten Teil werden alle definitiv zurück ins Trainingslager fahren, das habe ich mir vorgenommen, bei dem Teil hier hat das nicht mehr wirklich gepasst ^^ An Ideen mangelts mir ja nicht gerade, wobei ich auch von jemandem immer wieder noch zusätzlich inspiriert werde *gg* Ne Schumeriagirl? XD Ich kann doch weiterhin auch so tolle Kritik und Vorschläge bauen oder? Werd schnell wieder gesund... ^-^
 


 

Es war total finster, aber da in dieser Gegend so gut wie nie nachts etwas vorfiel, hatte Mila auch keine Angst, auch wenn sie gerade so wirkte. Sie rannte, was das Zeug hielt – es war als wenn sie vor den Tatsachen wegrannte. Welche Tatsachen eigentlich? Das Wort einer Person, die sie schon einmal belogen hatte, aber sie hatte Angst und es passte einfach alles viel zu gut zusammen, um nicht zu stimmen. Ohne, dass sie es wirklich registrierte, wurden Tränen durch das Brennen in ihren Augen hervorgerufen, die ihr die Sicht etwas erschwerten und sie über einen Ast stolpern ließen. Sie fiel der Länge nach hin und blieb einige Sekunden doch am Boden liegen und schluchzte.
 

Sie brauchte sicher mehr als 2 Stunden, bis sie wieder da war und das obwohl das Gespräch so kurz gewesen war. Was sie solange aufgehalten hatte, wusste keiner und bis auf Midori fragte auch keiner danach. Man ließ sie in Ruhe, doch da ihre beste Freundin wusste, mit wem sie gesprochen hatte und ihr immer sämtlichen Kummer ansah, musste sie es einfach tun. Sie entführte sie bis hinter die Hütte und sah sie dort schon mit solch fragenden Augen an, dass Mila wusste, was nun kam.

„Was ist passiert? Sag nicht, du warst solange mit Shirakawa unterwegs, das kaufe ich dir nicht ab.“

„Nein, war ich nicht“, eröffnete Mila ihrer Freundin Midori und senkte den Blick, man sah es ihr wirklich an, dass etwas nicht stimmte.

„Wo warst du denn dann solange? Was hat dir dieses Mädchen wieder erzählt?“ Sie konnte es nicht wissen, aber irgendwo ahnte sie etwas. Shirakawa konnte ein ganz schönes Miststück sein, wenn man es fies ausdrücken wollte. Aber da hatte sich Midori zu Anfangs auch nicht mit Ruhm bekleckert.

„Es war Yushimas Schnapsidee, Fujimi rauszufordern, egal was es kosten würde, er hat uns fein ins offene Messer rennen lassen! Er hat Aoba und Fujimi gegeneinander ausgespielt.“

„Oh nein, Mila!“ Sie schlug sich gegen die Stirn. „Nicht schon wieder die Geschichte mit Aoba, wie lange willst du ihm das noch nachtragen??“ Sie nahm ihre Schultern und schüttelte das Mädchen ein bisschen, um sie zur Vernunft zu bringen, sie zitterte ja am ganzen Körper.

„Und dann hat sie noch gesagt……………“

„Was hat sie dir noch gesagt?“ Mila wollte ja nicht weiter sprechen, da musste sie die Frage stellen. „Er ist mit Yamamoto ausgegangen und überhaupt, er hat sie alle um den Finger gewickelt…“

„Warum zum Teufel erzählt die dir so was?“ Das machte kein normaler Mensch ohne Grund und so durchgeknallt war Shirakawa auch wieder nicht, dass sie grundlos solche Sachen weitererzählte, es schien ihr mehr so, als wenn sie mitgekriegt hätte, was zwischen Mila und Yushima abgelaufen war. Was mischte die sich nun da ein? Es ärgerte Midori ein wenig.

„Sie wollte mich vor dem Wolf im Schafspelz warnen – und das schlimme ist, das Gefühl hat mich schon öfter beschlichen. Und nach gestern…“ Nun war es Mila, die die Hände vors Gesicht schlug, sie wollte gar nicht mehr dran denken, es hätte nicht mehr viel gefehlt und sie hätte den Fehler ihres Lebens begangen. „Er ist auf mich drauf gestiegen wie ein mordlustiges Monster!“ Ja, sie übertrieb eben gerne und gerade war sie so traurig und verletzt, dass sie es erst recht tat.

„Na komm, das ist doch wohl übertrieben, oder? Das kann ich mir bei ihm nicht vorstellen!“ Sie schüttelte energisch den Kopf und verriet damit Mila, dass sie es nicht glaubte.

„Na gut, etwas übertrieben ist es schon, aber… Nachdem er mir sagte, er würde mich mögen, hat er mich nur noch verführt, bis ich dachte, es wäre mal Zeit, ihm zu sagen, was ich für ihn empfinde. Das hat ihn auch nicht abgehalten, auch nicht, als ich sagte, ich würde ihn lieben. Er hat immer weitergemacht, bis die Mädchen uns gestört haben und heute bin ich ihnen sogar dankbar dafür, auch wenn ich es gestern nicht so komisch fand!“ Sie hatte die Hände noch immer vor dem Gesicht, auch aus dem Grund, dass ihr nun wieder die Tränen kamen.

„Hach je, wenn ein Mann sagt, er würde eine Frau mögen, ist es dasselbe wie als wolle er sagen, dass er dich liebt! Männer sagen das ungern, sie drücken sich unglücklich aus! Und weil Shirakawa dir erzählt hat, er würde alle um den Finger wickeln denkst du nun, er hat es mit dir genauso gemacht! Meine Güte, bist du vielleicht theatralisch. Leg nicht alles so auf die Goldwaage, er hat dich erst vor kurzem vor einem Auto gerettet und vergiss mal nicht, dass er es war, der dich in den Bergen aus dem Fluss geholt hat! Du vergisst solche wichtigen Dinge, wenn du dich verletzt fühlst, sei nicht so empfindlich.“

Dass man ihr sagte, sie sei empfindlich, ging ihr gar nicht gut rein, weshalb sie ziemlich wütend aussah. „Wie redest du denn mit mir? Du bist meine beste Freundin, das gibt dir aber noch lange nicht das Recht, so unverschämt zu werden! Ob ich empfindlich bin oder nicht, ist immer noch mein Problem!“ Für sie war das Gespräch beendet, weshalb sie wegrannte und Midori stehen ließ, die darüber nur den Kopf schütteln konnte, sie hatte immerhin nur die Wahrheit gesagt.
 

Kurz vor zehn Uhr tauchte Mila im gemeinsamen Zimmer auf, wo er gerade aus dem Badezimmer kam und auf sie zuschritt. „Wo hast du solang gesteckt?“ Als er sie umarmen wollte, schob sie ihn weg und schlüpfte unter seinem Arm durch, so dass sie plötzlich hinter ihm stand.

„Was ist los? Hast du irgendwie schlechte Laune?“ Irgendetwas stimmte nicht, das bemerkte der junge Mann sofort, sie hatte einen so missgelaunten Gesichtsausdruck und ihre Augen sahen ihn nun auch so funkelnd an, ja geradezu zornig. Was er ihr getan hatte, das wusste er wirklich nicht.

„Hast du dich geärgert?“

„Ja, es ärgert mich maßlos, dass manche Leute denken, sie können sich alles erlauben! Du glaubst wohl ein kleines Mädchen wie mich, könntest du leicht verführen, du bist doch wirklich das Letzte!“ spie sie aus und knallte ihm eine. Er wusste gar nicht, was plötzlich in sie gefahren war, dass sie nun förmlich ausrastete. Und er fand ihren Schlag nicht ohne und das als Mann. Sie hatte ihn nicht geschont und ihm ordentlich eine runter gehauen. Irgendwie war er ja auch entsetzt, dass sie so etwas zu ihm sagte.

„Was hast du denn auf einmal? Vorhin warst du noch ganz anders! Was ist plötzlich in dich gefahren?“

Mila atmete schnell, sie war so wütend, sie hätte ihm gleich noch mal eine donnern können.

„Ich finde es unmöglich von dir, mir alleine die Schuld zu geben, du spinnst jawohl!“ Auch er wurde nun hitzig und schon war das harmonische zusammen sein wieder Vergangenheit. Wahrscheinlich war die Streiterei bereits überfällig und sie mussten sich mal wieder zeigen, wie sauer sie werden konnten. Aber noch nie war ein Streit so ausgefallen, sie konnte wütend werden und er ein Fiesling sein, aber es fühlte sich an, als wenn sie eine hundert achtzig Grad Wendung hinter sich hatte und er das von gestern besser ganz schnell vergaß.

„Tu nicht, als wenn ich dich drum gebeten hätte, mir die Bluse aufzumachen! Du hast doch einen Dachschaden! Mit keinem Wort habe ich gesagt, dass du das machen sollst, das war deine eigene Entscheidung, kam dir wohl sehr gelegen, was?!“

Jetzt hatte er schon einen Dachschaden – ja, bestimmt hatte sie Recht, er hatte einen. So eine sture Zicke zu lieben, da konnte man nicht ganz normal im Kopf sein, fand er selbst nun gerade. Schlimmer war im Grunde, dass es ihm im Herzen wehtat, wenn sie sich nun aufführte wie ein Tyrann, nachdem er sich so um sie gekümmert hatte. Es war vielleicht nicht die feine Ader gewesen, mit dem Gedanken zu spielen, sie wirklich einfach zu verführen, aber sie tat ja, als sei es eine Todsünde seiner Leidenschaft zu verfallen.

„Wenn ich ehrlich sein soll, ja!“ Gleich würde sie ihn sicher wieder ohrfeigen, er gab immerhin zu, dass es ihm gelegen gekommen war. Das war immerhin alles andere als eine Lüge. Er hatte es genossen, jede Faser seines Körpers hatte das.

„Boah, was?!“ Ihre Augen wurden riesig, nun gab er es auch noch zu, das war jawohl echt die Höhe.
 

Man hörte den Streit auch draußen noch, Midori, die gerade zur Tür herein gekommen war, traf dort auf Nakasawa und Deko. „Guckt mich nicht so an, das ist ihre Sache, ich mische mich da nicht mehr ein – ich lass mich doch nicht so von ihr angeifern und helfe ihr dann auch noch, das kann sie nun selbst ausbaden und wenn sie danach heult, ist es mir egal!“

Beide waren entsetzt von diesen Worten. Was auch immer los war, Mila hatte ihre Laune wohl auch an Midori ausgelassen und diese war nun stinkesauer.

Weder wussten sie, warum die beiden nun so stritten, noch war ihnen klar, was Mila zu Midori gesagt hatte, wahrscheinlich das, was sie zu ihnen auch gesagt hatte, dass sie sich nicht einmischen sollte…

„Mila ist ganz schön sauer, frag mich nur, was vorgefallen ist. Ging es nicht darum, was er mit ihr gemacht hat? Ich dachte, sie war sauer, weil wir gestört haben…“

„Ich weiß nicht, Nakasawa, gerade werde ich daraus nicht schlau.“
 

Mila kam aus dem Zimmer gestürzt, sie hatte keinen Bock mehr auf diese dumme, sinnlose Streiterei, sie haute lieber ab. Nakasawa zuckte, als Mila sie so eindringlich anguckte. „Ich kann doch bei dir schlafen, oder?“

„Ähh… Ja… Aber warum?“

„Weil ich IHN heute Nacht nicht sehen will! Ich will meine Ruhe vor ihm – am besten für den Rest meines Lebens!“ Ihre Stimme war noch immer so energisch wie zuvor auch. Aber Nakasawa glaubte nicht, dass es von Dauer sein würde. Sie war gerade sauer wegen irgendetwas, aber dass sie ihm ewig böse sein konnte, bezweifelte sie doch stark.
 

Unterdessen drehte sich ein Mädchen in grünem Trainingsdress zu der um einiges kleineren Spielerin herum und ließ ihr Handtuch fallen, da sie so geschockt war.

„Was hast du getan? Bist du verrückt? Bist du durchgeknallt? Du hast Mila allen Ernstes davon erzählt, dass es Yushimas Idee gewesen ist, gegen Fujimi zu spielen! Hör endlich auf damit, ihm nachzurennen. Er wird nie auf dich fliegen, du hast doch bemerkt, dass er sich einer anderen zugewandt hat, wie kannst du dich da einmischen? Und dann auch noch bei ihr, die uns oft eine gute Freundin war? Ich bin entsetzt!“

„Ich habe nicht gelogen – die Tatsachen nur etwas verdreht, es stimmt ja wohl, dass er mit dir weggegangen ist, außerhalb des Trainings! Und wenn du ehrlich bist, liebst du ihn immer noch…“

„Tickst du denn noch ganz sauber?? Wir haben uns über Trainingsstrategien unterhalten, nichts weiter! Er hat mir nie Hoffnungen gemacht…“

„Mir schon…“

„Das hast du dir eingebildet! Als er dich lobte, hatte das nichts damit zu tun… Du wirst zu Mila gehen und das richtig stellen, haben wir uns verstanden?“

Natürlich gefiel es der Kleineren nicht von der Großen so angeschnauzt zu werden und dann auch noch Befehle zu bekommen, die nichts mit ihrer Mannschaft zu tun hatten, jedenfalls nicht im übertragenen Sinne. „Ich finde es geschieht, Yushima ganz Recht! Es ist meine Angelegenheit, er hat gekriegt, was er verdient hat! Er ist ja auch mit schuld, dass die Aoba Sportschule am Ende gegen Fujimi verloren hat! Vergiss niemals, dass er kräftig mitgemacht hat, Mila in die Nationalmannschaft zu holen!“ Es war Shirakawas Sicht der Dinge, er hatte sie alle hinters Licht geführt, er war auf Milas Seite gewesen und nicht auf Yamamotos.

„Er hat auch dich betrogen, als er Mila Mut für ihr Spiel machte! Er hat uns schändlich verraten, das kann man ihm nicht durchgehen lassen… Wie gesagt, er hat bekommen, was er verdient! Wie Mila sich damit verhält ist ihre Sache… Jedenfalls weiß sie nun, wie ihr sauberer Freund wirklich tickt und ich hoffe wirklich für sie, dass sie nun die Finger von ihm lässt.“

Yamamoto reichte es nun endgültig und da fuhr sie so aus der Haut, dass sie Shirakawa eine kräftige Ohrfeige gab und diese dadurch gegen die Tür ihres Spints geworfen wurde.

„Warum hast du das getan??“

„Ich schäme mich für deine Hinterhältigkeit vor Yushima und vor Mila! Wie kannst du dich nur so gehen lassen… ich schäme mich – für eine Freundin wie dich!“ Yamamoto verließ die Umkleide, sie rannt weg, während Shirakawa die Tränen über das Gesicht liefen. Sie war ihr Kapitän und ihre beste Freundin, was sie von ihr hielt, war ihr nicht ganz egal.

Ein gelungenes Szenario

Kapitel 13: Ein gelungenes Szenario
 


 


 

Obwohl es spät war, hatte sich der Kapitän von Aoba noch einmal nach Fujimi begeben. Nicht um Mila zu treffen, nein ganz anders. Sie verlangte von Midori, dass sie Yushima holte, erst einmal ohne, dass Mila davon wusste. Aus zuverlässiger Quelle hatte sie bereits erfahren, dass Mila in die Berge gereist war, um sich zu erholen. Sie sollte sich ausruhen und nicht noch mehr aufregen wegen all den Sachen. Natürlich hatte es den Zweck ihre Freundin dazu zu bringen, sich bei Mila zu entschuldigen und ihr die Wahrheit zu sagen. Aus freien Stücken würde dieses Mädchen niemals zur besten Spielerin der Welt gehen, um klein bei zu geben. Unsicher war Misao Yamamoto natürlich schon, ob sie zumindest Yushima warnen sollte, doch sie entschied sich im letzten Moment um. Sie waren gerade am Fluss und er hörte der groß gewachsenen Yamamoto zu.

„So… findest du es nicht ganz schön hart, wie du mit deiner Mannschaft umgehen willst? Mann geht doch nicht mit dem festen Vorsatz zu verlieren in ein Spiel.“ Yushima fragte sich, was in dem Kapitän vor sich ging, aber sie würde wohl ihre Gründe haben.

„Ich will, dass sie erkennen, dass wir noch lange nicht so weit sind, ein weltklasse Team zu sein. Das ist mein Ziel. Vor allem Shirakawa soll verstehen, dass wir nicht einfach so gegen Fujimi verloren haben.“

„Aber gegen Schirenina?“ Yushima schüttelte ein wenig den Kopf über die Idee, denn es stand fest, dass sie verlieren würden. Sie waren doch gar nicht in der Lage dem Vizeweltmeister das Wasser zu reichen. Nicht, nachdem sie gegen eine Highschool-Mannschaft versagt hatten – vergrößerter Schmetterball hin oder her.

„Gerade gegen Schirenina!“, bekräftigte Yamamoto ihre Bitte, „Teruku Shirakawa fühlt sich von dir hintergangen, Yushima-Sensei und glaubt noch immer, wir wurden um den Sieg getrogen. Ich kann reden so viel ich will, sie ist zu stur. Man muss es ihr demonstrieren.“

„Shirakawa war schon seit eh und je dickköpfig“, lachte Yushima, er erinnerte sich noch genau. Sie und Yamamoto waren jede auf ihre Weise das Sorgenkind des Trainers gewesen. „Denkt sie wirklich, ihr hättet zu Unrecht verloren?? Ich kann nicht glauben, dass sie es so hindreht.“

„Doch! Du hast uns um den Sieg betrogen und ich gehöre an Milas Stelle in die Nationalmannschaft. Außerdem sei ich viel besser als sie. Das sind ihre Wunschvorstellungen. Wenn sie schon nicht die Nummer 1 sein darf, dann wenigstens ihre beste Freundin. Auf ihre Annahmekünste bildet sie sich viel ein. Milas Annahmen sind verhältnismäßig schwach, sie reitet ständig darauf herum. Dabei ist das Niveau beim internationalen Volleyball ganz anders. Ich möchte ihre Superannahmen gerne gegen Russland bewundern. Ich würde wetten, dass sie dann nicht besser aussieht als Mila damals gegen Schirenina.“ Es war ja schon fies, zugegeben, aber Yamamoto wusste sich einfach keinen Rat mehr, wie sie diese Hirngespinste aus Shirakawas Kopf endgültig vertreiben sollte.

„Vielleicht solltest du das mit Mila besprechen. Ich denke, dass sie eher Kontakt zu Schirenina aufbauen kann. Sie sind Konkurrenten, aber mir scheint, dass sie auch so etwas wie Freunde sind.“ Er selbst wäre nie auf die Idee gekommen, sich mit der Konkurrenz anzufreunden, aber er hatte auch nie nach ihrer Bindung zu Schirenina gefragt. Er wusste nicht, was die Frau damals für seine Freundin alles getan hatte und wie sie zueinander standen.

„Nein, mir wäre es lieber, wenn du das einrichten könntest. Du kennst den Volleyballverband, es sollte dir ein leichtes sein, die russische Mannschaft zu einem Trainingsspiel, zu überreden. Herr Yamada steht mit dir in Kontakt! Mila ist zum Ausruhen da. Wenn sie weiß, dass wir gegen Schirenina spielen, will sie es uns gleich tun. Sie scheint geradezu besessen davon, gegen sie zu kämpfen, sie ist ihr größter Gegner.“

Ein wenig senkte sich der Blick des jungen Mannes, er konnte es zwar verstehen, aber dass er es gut fand, konnte Yushima wirklich nicht sagen. Es drehte sich bei ihr immer alles um Volleyball, sie würde jedes andere Hobby zur Seite schieben für ihr Volleyball. Auch ihn würde sie deswegen links liegen lassen. Wie sollte aus ihr nur eine normale Frau werden, wenn sie stets nur an Volleyball dachte und nichts wichtiger erschien. „Sie ist fanatisch, das ist unheilbar, fürchte ich. Es war für sie ein Graus hierher zu kommen, sie hat auch trainiert, obwohl sie es nicht sollte. Zwar konnte ich sie abhalten, ihr Leben zu riskieren, aber sie hätte auch das getan.“

„Irgendwo sind wir alle ein bisschen fanatisch, Yushima“, lächelte Yamamoto jetzt, für sie selbst war es auch ein großer Traum zusammen mit Mila, der Nummer 1, im japanischen Nationalteam zu spielen. Aber sie war vernünftig genug, zu wissen, dass sie bei weitem noch nicht gut genug war, um da mitzuhalten. Milas Annahmen waren mittelmäßig gut und ihre nur schwach. Zwar war sie schon viel besser geworden, doch Mila machte sie nichts vor. Shirakawa konnte das wenn schon, sonst niemand im Aoba-Team. Und selbst Shirakawa hatte Schwächen. Ihre Größte war ihre Arroganz.
 

Am nächsten Tag stand es fest. Das russische Team würde anreisen - aber aus irgendeinem Grund glaubte Yushima diese Schirenina hatte Wind davon bekommen, wo Mila steckte und kam nur deswegen her. Und ganz zu seinem Leidwesen wollte sie ihrer alten befreundeten Feindin vom Spiel erzählen und sie auch dazu einladen, zuzusehen. Als sie das letzte Mal Mila darum bat, sich etwas anzusehen, hatte sie zum ersten mal den Kreuzschmetterball kennen gelernt. Sie fürchtete, dass es genauso sein würde. Aber warum gegen Aoba wusste sie nicht. In der Trainingshalle saß Mila neben dem Trainer der russischen Nationalmannschaft und alleine das schien Shirakawa wahnsinnig zu machen.

Yushima kam rüber, als hätte nie etwas zwischen ihnen gestanden und begrüßte das Team. Er sprach sogar direkt mit Yamamoto und Shirakawa wusste noch immer nicht, worum es hier eigentlich ging.

"Interessant, Mila ist beim Feind", deutete Yamamoto für alle an und fand das äußerst zynisch von sich selbst.

"Schirenina ist die befreundete Feindin - man kann es nicht anders ausdrücken", entgegnete Yushima. "Schirenina hatte sie darum gebeten, deren Mannschaft besondere Achtung zu schenken... bestimmt will sie ihr was demonstrieren."

Shirakawa stemmte die Hände in die Hüften. "Ja, deren Niederlage darf sie sich genauer ansehen..." Es war albern, sowohl Yushima als auch Yamamoto wussten, dass das kaum zutraf. Eindeutig Größenwahn.
 

"Du wendest ihre Taktik an, Schirenina?" flüsterte Mila mit dem Mannschaftskapitän. Es war ihr einfach klar, dass es das war, denn Yamamoto hatten sie auch auf die Bank gesetzt beim ersten Trainingsspiel. "Und wenn du dann aufs Feld kommst, räumst du auf, du putzt sie weg, wie sie einst uns..."

Schirenina schwieg noch zuerst, doch sie wollte Mila noch aufklären, dass sie auf dem Feldweg war. "Nein, gegen Amateure spiele ich nicht, das ist überflüssig - das A-team würde nur für Verletzungen sorgen. Ich hab die Mannschaft spielen sehen... das erzähl ich aber natürlich nur dir. Ich war in Japan kurz bevor die Spieler für die WM feststanden." Sie lächelte. "Ich habe mich dir genau angeschaut, um mich besser vorbereiten zu können. " Danach war sie zum Zirkus gegangen.

"Amateure...? Lass das nicht Shirakawa hören - sie ist sehr verbissen darauf, dass sie ja alle besser sind als das Fujimi-Team. Und weil ich dazu gehöre, müssen sie euch natürlich schlagen. Dass das Niveau ganz unterschiedlich ist, hat sie glaube ich noch nicht begriffen. Ich weiß nur nicht, was ihr Trainer sich dabei denkt, sie ins offene Messer laufen zu lassen... Ich habe diesen Mann noch nie verstanden. Er hat damals alles Yushima überlassen..."

Nun blickte Schirenina zum Aoba-Team hinüber und ihre blaugrünen Augen erfassten Yushima. "Ach ja - er. Wurde von unserem Team förmlich vom Platz befördert - war wirklich ein jämmerliches Spiel. Ich hoffe, dass sie das nicht wiederholen. Ich erwarte von dem gut aussehenden Mann, dass er sich gefälligst anstrengt. Unsere Männer sind mindestens so eingebildet, wie diese Shirakawa, die nun hoffentlich gleich merkt, was Sache ist." Sie überkreuzte die Beine und verschränkte sogar die Arme.

"Mou - mir hat Yushima richtig Leid getan mit seiner Mannschaft... wir haben es gesehen."

"Kommt davon, wenn man seine Klappe so laut aufreißt, um sich einzumischen, aber selber nichts zustande bekommt. Es war doch klar, dass Russland die Mannschaft perfekt studiert hatte. Obwohl er das wusste, hat er es nicht verhindert..."

Es war ungewohnt, jemanden so schlecht von ihrem Freund reden zu hören und Mila blickte sofort traurig drein und drückte ihre eigenen Hände. "Er ist ein guter Spieler..."

"Tja und ihr werter Trainer eine Flasche, der nichts daraus macht. Ein guter Spieler reicht nun mal nicht. Vielleicht sollte Yushima ganz zum Trainer übergehen, das Zeug dazu hat er. Wahrscheinlich denkt er selbst schon drüber nach, schau ihn dir doch an", sie zeigte sogar mit dem Finger auf ihn, wie er sich mit den Aoba-Spielerinnen und dem Trainer beriet.

"Stimmt! Er verhält sich wie unser Trainer damals, als er uns von unserem hohen Ross runterholen wollte. Erst hatte er uns eine Elite-Mannschaft als Gegner ausgesucht und dann euch... das hat uns aufgeweckt. Ja, es stimmt, er handelt ganz genauso..."

Schirenina musste lachen, weil Mila das jetzt wohl erst erkannt hatte. "Mal von seinem kräftigen Armen abgesehen, nicht wahr? Ich bin wirklich gespannt, was bei den Olympischen Spielen dabei zustande kommt. Gleich geht es los... dann werden wir sehen, wie super diese Shirakawa ist. Ihre Annahmen hat sie Yushima zu verdanken, nicht wahr? Er war ihr Trainer."

Schirenina wusste mal wieder besser bescheid als sonst wer, sie schien alles immer besonders klar zu sehen.

"Wahrscheinlich ja..." Mila war unsicher, aber sie glaubte, dass er damit zu tun hatte. Auf dem Trainerposten hatte sie ihn bisher noch gar nicht so gesehen und fragte sich, ob er wirklich darüber nachdachte und es ihr nur nicht gesagt hatte...
 

Der Anpfiff ertönte, weshalb nun erst einmal Schirenina und Mila schweigend neben dem Trainer saßen. Nach einem fantastischen Aufschlag von Aobas Nummer 5, verwandelten die Russinnen diesen in einen gefährlichen Angriff, der den Gegner um sein Aufschlagsrecht beraubte.

"Toll, fängt ja gut an... passt doch etwas besser auf", meinte Shirakawa und ihr Kapitän warf ihr einen Blick zu, der ihren Ärger ausdrückte. "Das sind doch nur die Amateure - die machen wir fertig", davon war die Kurzhaarige überzeugt. Hochmut kam vor dem Fall - das Sprichwort fiel Yamamoto sofort ein und es passte zur Nummer zwei.

Der Aufschlag kam und man konnte sagen, Shirakawa nahm ihn meisterhaft an und Yamamoto ging zum Angriff über. Das war der Augenblick, wo es für jeden deutlich wurde, dass Russland vorwiegend ein Verteidigungsteam war. Sie blockten den harten Schmetterschlag und Shirakawa hechtete nach ihm, doch er driftete ins Aus ab, wo ihre Mannschaft nur nachgucken konnte und nicht einmal eine sich bequemt hätte, ihn zu schnappen.

"Sag mal, spinnt ihr? Hört auf zu pennen!" wütete nun Shirakawa hochrot und beruhigte sich nur schwer. Ihre Team-Kameradinnen waren entsetzt von einem solchen Ton und man ignorierte sie. Mit einem solchen Mannschaftsklima konnte das nichts werden - sie waren schon einmal so weit. "Wir brauchen den Aufschlag... also los, Mädels!" Sie spielte sich als Mannschaftsführer auf, was einfach nicht ihr Recht war. Aoba bestand nun mal nicht nur aus ihnen beiden...

Gut, der Aufschlag kam und Yamamoto versuchte es mit einem direkten Schmetterball - was ihr auch glückte. Was aber nicht hieß, dass der Ball den Boden berührte, nein, die Defensive schlief nicht. Der Ball kam schnell und dann war es die Nummer 9, die den gestellten Ball zu einer teuflischen Kanone machte, der die Drei der Aobas erstmal in die Knie zwang. Mit Schmerzen am Boden - das waren Schmetterbälle, wie man sie einst von Yamamoto kannte.

"Hey, das ist eine Reservespielerin - hast du einen Knall?" beschwerte sich Shirakawa und hatte vor sich um den nächsten Ball selbst zu kümmern. "Pah!" Nichtsnutzige Hühner, es stimmte, sie beide waren die Elite der Mannschaft, merkte man doch an so etwas.

Der Aufschlag kam und nach einem weiteren missglückten Angriff vom Teamchef, kam die nächste Attacke von Russlands Nummer neun. Was Schirenina nur erwartungsvoll grinsen ließ. Mila folgte dem ebenfalls gespannt und sie sah schon das Mädchen mit dem Pferdeschwanz angreifen. "Oh nein, das wird wehtun", dachte sie laut und kaum hatte Shirakawa die Finger dran, klatschte es, direkter Aufprall aufs Handgelenk und sie fiel kräftig auf ihre Schnauze. Sie lag am Boden... Ja, genau so wollte man sie sehen. Mila tat das fast schon leid.

"Gut, was? Tödliche Schmetterbälle nimmt man nicht einfach 'so' an." Das war Schireninas Plan - und das obwohl Volynskaya gerade nur mit halber Kraft spielte, war es Shirakawa nicht möglich, den Ball so zu spielen, dass jemand was damit hätte anfangen können.

"Ah... man tut das weh", zischte sie und erhob sich zittrig vom Boden. "Mein Handgelenk wird taub."

"Was du nicht sagst... Das ist eine Reservespielerin", wiederholte Yamamoto die Worte ihrer rechten Hand. Sie sollte nichts kritisieren, was sie selbst nicht konnte, aber genau das hatte sie bei ihrer Teamkameradin getan und stand nun sehr blöd da. "Ich krieg den noch, verlasst euch drauf!" schwor sie sich. Sie glaubte, dass es die Nervosität war, wie damals, als Inokuma in der Halle auftauchte. Doch der Angriff von Volynskaya konzentrierte sich sehr gezielt auf die entdeckte SCHWÄCHE des Teams - Shirakawa.

Shirakawa fühlte sich betrogen... von allen im Stich gelassen. Volynskaya gab ihr richtig Zunder, sie hatte Glück, wenn sie einen Finger an den Ball bekam - wie man es nahm. Sie hätte besser die Finger weggelassen, jedenfalls hatte sie rote Abdrücke, die schon juckten, an den Handgelenken. Sie hatte darauf verzichtet, ihre Brust wirklich anzuspielen... sie spielte sie so, dass sie sie zumindest erwischen konnte. Es bildeten sich rote Punkte an ihren Armen und sie spürte, wie die Arme nun schwer wurden. Es war heftig und Yamamoto wollte Shirakawa eine Pause gönnen, doch diese weigerte sich strikt.

"Ich geh nicht auf die Bank - niemals."

"Weißt du, wer diese so genannte Reserve ist?" fragte nun der Kapitän und verlangte Auszeit, damit sie sich beraten konnten. Sie liefen zum Trainer und Shirakawa reagierte sogleich patzig.

"Du wirst es mir ja wohl gleich sagen, oder, Yamamoto?"

"Das ist die Spielerin, die bei den Junioren allen Mannschaften mit ihren schrecklichen Schmetterbällen, das Leben zur Hölle machte. Schireninas engste Partnerin."

"Die tödlichen Schmetterbälle...", durchfuhr es die Kurzhaarige und sie ließ sich erst einmal auf die Bank sinken. "Ich wusste nicht mal, dass sie dabei ist, sie ging bei den Weltmeisterschaften sang und klanglos unter, neben ihrer Kollegin Schirenina. Sie sind beide von der Highschool gewesen?"

"Oh ja, du hast es erfasst und Schirenina hat sie nicht umsonst aufstellen lassen. Sie spielt genauso gut wie Mila - gut, was?"

"Überhaupt nicht!" Nein, für sie war das nicht gut. Sie musste sie also besiegen, um zu zeigen, dass sie besser war als Mila. "Du solltest mit deinem Schmetterball darauf antworten, Yamamoto."

"Dazu müsste einer von euch ihre Bälle retournieren."

"Warum machst du das nicht selbst, Yamamoto? Ein direkter Schmetterball war schon immer effektiv." Shirakawa hatte wohl keine Ahnung, was das bedeutete. "Du hast schließlich auch gegen Mila verloren, als sie mit einem direkten Schmetterball geantwortet hat... Dasselbe solltest du bei ihr nun tun, dann ist aber Feierabend und wir können das Spiel an uns reißen!" Shirakawa hatte eine Wut im Bauch und ballte die Hände zu Fäusten.

"Gut, wie du meinst... ich werde es versuchen." Sie befand sich auf einem dünnen Eis, das sah sie Yushimas Blick an, dieser schloss die Augen und wollte diesem Küken mal die Leviten lesen. "Hast du keine Angst um die Handgelenke deines Kapitäns...? Woher willst du wissen, dass diese Schmetterbälle nicht noch schrecklicher sind als Yamamotos vergrößerter Schmetterball, was zugegeben, ohnehin nur eine optische Täuschung ist?! Der Ball hat bei weitem nicht so viel Karacho."

"Wie kannst du Yamamoto so beleidigen?" Shirakawa war kurz davor, auf Yushima loszugehen. "Was macht der eigentlich hier? Er ist doch nicht mehr Co-Trainer... Ich denke, du wärst da drüben bei den Russen besser aufgehoben - so wie Mila!" Sie fand es unerhört, dass eine japanische Spielerin neben dieser Tussi saß, die sich so toll fand, dass sie ihre Reservemannschaft aufstellte und ignorierte, dass Shirakawa und Yamamoto unbedingt gegen sie spielen wollten, egal wie es auch ausging. Sie sah das als Beleidigung von Schirenina.

"Ich beleidige Yamamoto, indem ich die Wahrheit sage?" Yushima war entrüstet von Shirakawas unreifem Verhalten. "Du kannst den Ball nicht annehmen, also soll Yamamoto die Kohlen aus dem Feuer holen - am besten mit bloßen Händen, ja? Es ist wie eine Kanonenkugel aufzufangen..."

"Du übertreibst maßlos, niemand schlägt härtere Bälle als Yamamoto, merk dir das!"

"Was ist das für ein Ton, Shirakawa?" Der Trainer ließ ihr das nicht durchgehen. "Zügel dich ein bisschen, er ist immer noch älter als du!" Er schickte sie wieder aufs Feld, doch die Gewitterwolke über Shirakawa blieb. "Das lasse ich niemals auf mir sitzen, denen geb ich's."

Sie rannten zurück zum Platz, da der Anpfiff ertönte. Der nächste Angriff der Russen ließ nicht lange auf sich warten, weil es Yamamoto wieder nicht schaffte, einen Punkt zu holen, woraufhin Shirakawa sie wohl am liebsten erwürgt hätte, weil sie ihrer Meinung nach den Gegnern die Punkte geradezu schenkte. Das war doch nicht alles, was ihr Kapitän konnte... sie spielte nur mit halber Kraft - wieso?

Doch das böse Erwachen würde kommen... Yamamoto zitterte der gesamte Körper. Sie wusste, dass sie sich in Gefahr begab, doch für Shirakawa hätte sie auch das getan. Damit sie endlich zur Vernunft kam und da kam sie auch schon angerannt - diese Superspielerin mit dem kräftigen Handgelenken. Ja, sie lief etwas komisch, hatte wohl Probleme mit dem Bein und sprang bei weitem nicht so hoch wie Mila, aber dafür haute sie rein. Sie sprang hoch, ihr entgegen und als sie sich in der Luft begegneten, wusste Yamamoto bereits, als die Frau ausholte, dass das nicht gut ging. Yushima schloss die Augen - nein das Ausmaß wollte er nicht sehen, Yamamoto würde fallen...
 

"Oh Gott, nein!" Mila sprang von der Bank auf. Sie wollte den tödlichen Schmetterball von Volynskaya direkt zurückschlagen... Am liebsten wollte sie sofort aufs Spielfeld rennen und Volynskaya daran hindern, doch deren Augen blitzten schon so gefährlich. Es war ihr blutiger Ernst, es ging hier um Leben oder Tod. Volynskaya hatte nicht vor gegen Yamamoto zu verlieren... Noch niemand hatte gewagt, einen solchen Ball direkt zurückzuschlagen. Diese Bälle waren anders... sie hatte noch nie so etwas Schreckliches zu spüren bekommen und da war Volynskaya noch ein kleines Mädchen gewesen, wie sie. Jetzt war sie eine erwachsene Frau mit Ärmen, die fast einem Mann glichen - ja, man hätte sie mit Yushima vergleichen können.

"NIIIIIIIICHT!" brüllte Mila über das Spielfeld, wie damals Yushima, als Yamamoto Mila angriff... Doch zu spät, Volynskaya holte aus und der Ball passierte das Feld, Yamamoto holte ebenfalls aus und dann... Es knallte heftigst und der Ball flog zurück in Russlands Feld. Gleichzeitig verlor Yamamoto das Gleichgewicht und flog nach hinten. Durch die Wucht des Schlages fiel sie rückwärts auf den Rücken, während noch beim Fall ein markerschütternder Schrei ihre Lippen verließ und sie kaum am Boden, sich krümmte und ihr Handgelenk umfasste. "Das halt ich nicht aus... Das tut so weh", schrie sie und Tränen rannen über ihr Gesicht.

Mila konnte nicht mehr hinsehen und verbarg das Gesicht in den Händen. Nun sprang auch Schirenina auf und hob die Hand. "Eine Trage, schnell!" Yamamoto wurde vom Platz getragen und sie mussten ihr erst einmal eine Spritze geben, gegen die Schmerzen.

Mila und Schirenina liefen nach, während die anderen weiterspielten. Allein, dass die sich das trauten, war ein Wunder. Aber die anderen Spielerinnen wagten es nicht ein einziges Mal, eine Hand unter Volynskayas Bälle zu setzen, sondern hatten es kräftig mit der Angst zu tun bekommen, so dass der erste Satz zu NULL verloren ging, das war bitter.

Doch auch nach diesem herben Schlag wollte Shirakawa zurück aufs Feld, sie konnte nicht akzeptieren, dass sie auch gegen die B-Mannschaft verlieren würden... Ihre Kolleginnen wollten sie abhalten, aber sie wollte diesen Ball einfach annehmen, sie wollte beweisen, wie viel besser sie doch waren als Fujimi noch immer. Doch dann kam der Mannschaftsarzt und warnte den Trainer seine Mädchen weiter gegen diese Mannschaft antreten zu lassen. Yamamoto hätte sich das Handgelenk gebrochen...

Shirakawa konnte nicht glauben, was sie da hörte und fiel auf die Knie „Was?“

Doch zum entsetzen aller öffnete sich Schirenina die Trainingsjacke und setzte ein diabolisches Grinsen auf. „Beenden wir das ganze nun…“

Alles starrte gebannt auf sie und ihre Herzen schlugen allesamt in einem Tempo, wie sie noch nie geschlagen hatten. Nicht nur Shirakawa hatte RESPEKT vor dieser Dame, alle anderen hatten Angst, was nun kam. Wenn die Nummer 9 schon so heftig war, was machte dann die Nummer 1 mit ihnen?

Kein Weg zu weit

Schirenina hatte den ohnehin geringen Kampfgeist der Aobas mit einigen sehr gezielten Angriffen förmlich zerschmettert. Obwohl sie nicht übertrieben hart spielte, so wie Volynskaya, machte sie alle scheinbar nervös. Sie zog sich sehr in die Verteidigung zurück, wo kein Ball den Boden mehr berührte, bis zum Schluss. Sie überließen den Aobas eine klitzekleine Chance, um aufzuholen. Und langsam bekam Shirakawa ihr Selbstvertrauen zurück. Sie gewannen das Spiel 3:0. Der letzte Angriff schien die Mannschaft in einen Schockzustand zu versetzen, so dass niemand genau sagen konnte, was genau das Schlimme daran gewesen war.  Es war ein Angriff ausgeführt von Russlands Nummer 9 und Nummer 1, vorbereitet von Ryskal.

Jedenfalls hatte der Plan Früchte getragen.

 

Verloren war verloren, und damit musste sich selbst eine Schirakawa abfinden… doch der Clou kam erst, als Yushima zu den Russinnen rüberwanderte und sich mit denen zu unterhalten begann. Aber jeder wettete, er kam nicht zu den Russen, er kam zu Mila und war auch die ganze Zeit ganz dicht bei ihr… ein kleiner dummer Witz, auch nach der Niederlage brachte Shirakawa fast zum Ausflippen. „Guck mal! Mila hat einen Schatten….“ So wie Mädchen nunmal waren, gaggerten sie wie wild und kicherten und schienen gar nicht mehr an die Niederlage zu denken. Yushima fand jeder eh immer interessanter. „War doch klar…… der nimmt sich gleich die BESTE! Kann er mit angeben…..“

„Ihr habt einen Knall!“ meinte Shirakawa und wollte gar nicht hinsehen und tat es dann doch. Sie hätte es nicht extra erwähnen müssen… sie wusste all das…. Sie wusste von Mila selbst, dass sie sich vor der Herausforderung kannten…  per Zufall. Und auch dass Yushima garantiert in den Kapitän der Fujimis verguckt gewesen war. Aber zu sehen, dass er noch immer an ihr klebte……. Sie dachte, sie muss ausrasten.

„Tja, ist halt ein gut aussehender Kerl, weiß auch wohl Mila…. Gebt euch das, er hat ihre Hand genommen….“

„ES REICHT! Interessiert's hier keinen, wie wir nun dastehen????? Wie die Idioten!“

Ihre Mannschaftsmitglieder sahen Shirakawa entsetzt an und waren ernstlich echauffiert. „Ist doch nur ein Spiel, reg dich nicht so auf? Oder ist es wegen IHM? Neee…. Warst du etwa auch in den verk-?“ man hielt der jungen Dame mit der Brille den Mund zu, es war nicht gut, so etwas offen zu fragen. „HMMMMHMMMMMM!“ Sie konnte nichts mehr sagen, wie geknebelt.

Shirakawa schnaubte… „Ii-Ich muss das ganze erstmal….. verarbeiten…. Und.. d-d-d dann trainiere ich! JA!“

Sie sah noch einmal hinüber und sah, was eigentlich offensichtlich war.

 

„So!“ meinte Yushima in einem Verkündungston. Jetzt haben wir uns dieses wirklich TOLLE Spiel angesehen, das so fade war, dass ich fast eingeschlafen bin! Lass uns nun gehen und was Spannenderes tun, als sowas, ja? Jedenfalls mal nach Hause, ich schiebe Kohldampf! Ich hoffe es gibt was! Du weißt ja, ein Yushima mit leeren Magen kann nicht denken…… nicht, dass ich noch Blödsinn rede….“

Aber nicht nur Yushima schäkerte, nun grinste Mila auch noch. „Oh gott! Nicht, dass aus diesem Mmann noch was Sinnvolles kommt!!!“ Sie ärgerte ihn und stupste ihm doch sehr frech gegen die Wange.

„Hey!!! was soll das heißen??“

„Pfff, Männer! Ihr seid auch ohne Kohldampf manchmal strohdoof!“

Die war so frech, dass man ihr eins überbretzeln sollte, was wohl Yushima auch dachte, jedenfalls hatte er ihr ziemlich kräftig auf den Hintern gehauen und sie verschwanden dann doch recht vergnügt zur Tür der Halle hinaus. Shirakawa schnaubte und wollte dann doch noch zu ihrem kapitän sich für ihr Verhalten entschuldigen...

 

Direkt nach dem schrecklichen Spiel lud Schirenina ihre langjährige Rivalin zum Essen ein. Was für Yushima mal wieder hieß… Volleyball war wichtiger, aber er ließ sie dann doch in Ruhe und ging alleine zurück. Er konnte es ja sowieso nicht ändern. Wenn sie nur einmal mit ihm ein Date gehabt hätte, aber jedes Mal kam etwas dazwischen, das wurmte ihn natürlich schon...

 

Sie unterhielten sich vorwiegend über Volleyball, also so wie immer. Doch nach dem Essen tranken sie noch Wein, obwohl Mila noch nie Alkohol getrunken hatte, ließ sie sich von Schirenina dazu überreden, wenigstens ein Glas zu sich zu nehmen.

„Mir ist kein Weg zu weit, dich zu sehen, liebste Mila.“

Mila spuckte fast ihr Getränk wieder ins Glas, als sie das sagen hörte. Doch Schirenina begann daraufhin zu lachen.

„Keine Panik, ich hab keine komischen Ideen. Und abfüllen tue ich dich auch nicht, das tun nur Männer…“ Sie grinste verschmilzt und wollte Mila ja eigentlich nur ärgern. „Spaß beiseite, ich wollte mich hier eigentlich nur bedingt mit dir über Volleyball unterhalten. Jedesmal, wenn wir uns sehen, haben wir nur das eine Thema. Was mich eher gerade interessiert, wie es dir sonst so geht! Ich war doch ernsthaft etwas besorgt.“

„Ach weißt du… es ist schwer, wenn man nicht trainieren soll und…“

„TZE! Das sieht dir wieder einmal ähnlich. Du denkst nur ans Training. Ich wollte eigentlich eher wissen, wie es dir privat geht. Geht es deinen Freunden gut und… wie sieht’s mit Männern aus?“

Mila war völlig entsetzt von dieser dreisten Frage und wurde etwas warm im Gesicht. „Damit hätte ich jetzt nicht gerechnet, ich dachte, dich interessiert auch nichts anderes, als nur… Volleyball.“ Sie hatte sich anscheinend geirrt und war davon noch völlig verblüfft.

„Es ist der Kapitän, stimmt’s?“ Schirenina wirkte etwas geheimnisvoll, jedenfalls schien sie ihren Feind besser zu kennen, als sonst wer, obwohl sie sich so selten sahen. Mila hatte immer das Gefühl gehabt, sich mit ihr verbunden zu fühlen, genauso wie mit der Koreanerin Sai, für die sie so was wie geschwisterliche Gefühle hegte. Ach, sie hätte gerne eine Schwester gehabt, so wie Yushima… Bei dem Gedanken seufzte sie dann.

„Was stimmt denn nicht, Mila? Irgendwas ist doch.“

„Ich weiß nicht, was er für mich übrig hat“, verriet Mila nun mit traurigem Gesicht.

„Oh…“

Schon die ganze Zeit starrte Mila auf den Ring an deren Finger und war doch verblüfft, sie hatte ihre Rivalin noch nie einen Ring tragen sehen. Irgendwie ahnte sie ja etwas…

„Ist dein Ring was Besonderes? Ich habe dich noch nie so was tragen sehen.“

Schirenina sah sich ihren Ringfinger an und schmunzelte dann. „Gut, weil du es bist, kann ich es dir ja sagen.“

Mila schluckte und obwohl sie es wehmütigerweise ahnte… traf es sie doch wie ein Schlag.

„Ich habe mich verlobt.“

„Und ich wusste nicht mal, dass du Interesse an Männern hast… neben Volleyball.“ Mila fühlte sich, als sei sie die einzige lebendige Volleyballfanatikerin, die sich um so etwas nie geschert hatte… nun sogar Schirenina. Was stimmte nur nicht mit ihr?

„Natürlich habe ich auch ein Leben neben dem Volleyball. Ich trainiere viel, täglich, aber nach dem Training gibt es auch Vergnügen, wenn du verstehst.“ Sie zwinkerte ihr zu und Mila fühlte sich doch etwas auf die Schippe genommen. „Nimm mich ernst!“

„Gut“, meinte Schirenina, nahm einen kräftigen Schluck vom Weinglas und sah dann Mila mit durchdringendem Blick an. „Weißt du was dein Problem ist? Deine Liebe zum Spiel behindert dich. Du hast dich ganz deinem Volleyball verschrieben, du wirst einsam sein… denn irgendwann wirst auch du alt sein und dann…? Willst du dann den Rest deines Lebens alleine verbringen? Dein Volleyball wird dich nicht zurücklieben.“

Sie dachte lange darüber nach und sagte nichts, aber sie wusste einfach nicht, wie sie sich verhalten sollte. „Ich bin nicht gut darin… mit dem Umgang mit Männern. Ich versteh sie nicht einmal… mal sagen sie ja... dann sagen sie nein… sie scheinen nie zu wissen, was sie wirklich wollen und machen alles aus dem Bauch heraus, ohne groß nachzudenken“, kam doch etwas ratlos von Mila und Schirenina schüttelte den Kopf.

„Sie geben vor nicht zu wissen, was sie tun, doch das wissen sie ganz genau. Und über ihre Gefühle reden sie auch nie. Sie wollen immer Taten sprechen lassen.“ Schirenina schlug ein Bein über das andere und ihr Rock rutschte ein bisschen höher. Seit wann war diese Frau eigentlich so elegant und… ja irgendwie *heiß*. Wär sie ein Mann, hätte sie ihr wahrscheinlich nachgestellt.

„Was du brauchst, ist Erfahrung. Also nimm’s wie es kommt. Denk einfach nicht darüber nach, ob es DER RICHTIGE ist. Hab mal Spaß.“

Mila war entsetzt, so etwas konnte sie doch nun echt nicht machen. Man hatte ihr Anstand beigebracht. Aber selbst Midori, ein Mädchen aus gutem Hause machte so etwas… sie war noch immer erschüttert.

„Willst du sagen, ich soll ihn verführen, ja?“

„Mhm – ich bezweifel, dass er Nein sagen würde.“

„Oh mein Gott!“ Sie erinnerte sich an das letzte Mal und bekam ja schon beinahe beim bloßen Gedanken daran Herzflattern…

„Oder willst du ihm gleich einen Heiratsantrag machen?“ Schirenina zwinkerte ihr zu und man merkte eindeutig, wie sie ihre Rivalin ärgerte.

„Ehhh? Nein! Ich werde doch erst 18.“

„Dann hab Spaß… ist nicht so schwer. Und wenn du ihn gern hast, musst du ihm das erstens sagen und zweitens auch mal etwas zeigen, wie sehr du ihn magst.“ Männer machten sich nicht so viel aus Worten, sie ließen Taten sprechen und erwarteten das auch irgendwo von Frauen, dass sie sich trauen.

„….Ich mach das nicht. Er liebt mich doch überhaupt nicht. Er >mag< mich.“

„So…“ Männer und ihr Gelaber. Am besten war es, sie hielten alle den Mund. „Männer reden um den heißen Brei rum. Sie mögen das nicht. Setz ihm die Pistole auf die Brust! Sag ihm, wie du empfindest und klare Worte und kein drumherum. Männer kapieren das nicht! Du musst ihnen klipp und klar sagen, wie du es willst. Und wenn er das ignoriert, vergiss den Kerl, er ist es dann nicht wert“

„A-Aber…“ Man merkte eindeutig, dass sie sich doch ein bisschen an ihn klammern wollte, obwohl sie sich darüber beschwerte, hielt sie ja doch daran fest.

„So wie ich dich kenne… redest du selbst von Volleyball, wenn er romantisch werden will. Das solltest du dir schleunigst abgewöhnen.“

„Das stimmt doch überhaupt nicht!“ Gerade war sie ein bisschen sauer, aber als sie so darüber nachdachte. Sie redeten über irgendwas Privates und es endete in… Volleyball. Sie seufzte. „Wahrscheinlich hast du Recht. Danke. Kann ich dir schreiben? Ich hatte nie gefragt, aber eigentlich würde ich gerne.“

„Ja, kannst du. Ich denke bei dir ist es okay.“ Sie freute sich immer, etwas Neues von Mila zu hören.

 

Als sie von ihrem Treffen zurück kehrte, wartete dort bereits Yamamoto mit ihrem eingegipsten Arm. Sie bedauerte was geschehen war, aber sie musste dringend ein paar Dinge klarstellen.

„Das hier“, sie zeigte auf ihren Arm, „ist passiert, weil Shirakawa tierisch eifersüchtig ist und sich hintergangen fühlt. Sie liegt zuhause im Bett, schmollt und heult wohl seit Stunden sich die Augen aus. Sie kann noch immer nicht verkraften, dass sie auf dem Holzweg war. Und wahrscheinlich schämt sie sich schon, dass sie dir Blödsinn über Yushima erzählt hat. Es ist und war nie was zwischen uns. Er ist ein anständiger Kerl.“ Sie grinste. „Also zumindest bei uns.“

Mila sah Yamamoto doch etwas verwirrt an. „Was soll das denn heißen?“

„Wer weiß? Du solltest ihm keinesfalls gleich den Kopf abreißen… Weil ich denke, dass er dich ernsthaft mag. Wenn du verstehst.“

„Uhm….“ Sie blieb doch etwas verwirrt starr stehen und fand es doch erstaunlich, dass andere mehr wussten, als sie…

„Er war sehr glücklich, als du in die Nationalmannschaft berufen wurdest und nicht ich. Ich denke, er hat schon damals Interesse an dir als Frau gehabt. Du solltest die Augen endlich aufmachen. Irgendwas ist da, wenn er von dir spricht… Aber sei auf jeden Fall vorsichtig. Männer sind merkwürdige Individuen. Mach’s gut… und viel Glück für dein nächstes Turnier, vielleicht sehen wir uns in ein paar Jahren in der Nationalmannschaft wieder.“ Sie fasste nach ihren Händen. „Ich trainiere hart, denn ich will noch einmal mit der Weltspitze spielen.“

„Mich würde es auch freuen. Danke für deine Ehrlichkeit.“

Als Yamamoto ging, war sie erleichtert, Shirakawa war bloß eifersüchtig… ja und sie wusste wohl auch auf was. „Oh mein Gott! Das ist doch verrückt!“ sie verbarg das Gesicht in den Händen und fragte sich, was sie nun bitte machen sollte… all diese Dinge, die man ihr gesagt hatte… aber konnte sie das… wollte sie das?

 

Sie öffnete die Tür und erwartete eigentlich doch etwas mehr als Stille. Als sie hineinging traf sie auf eines der Mädchen. Diese sah Mila sofort an, dass sie etwas hatte, was sie bedrückte. „Was sollte den dieser Mist mit Shirakawa und Yushima? Findest du das nicht auch seltsam? Was läuft da nur?“ Natürlich musste dieses neugierige Ding wieder die Nase überall reinstecken, typisch für Ishimatsu. „Die haben sich richtig giftige Blicke zugeworfen… ob er wohl mit ihr geflirtet hat??“

Mila sah nun entsetzt drein. „Hör bitte auf, solche Hirngespinste zu entwickeln! Er kann sich benehmen….“

„Ach, kann er das….? Du vergisst leider, dass er Student ist und sicher auch mal auf diese komischen Studentenparties geht….“

Yushima und Studentenparties…… Mila musste lachen, das konnte sie sich nicht vorstellen.

„Ich hoffe, dass ihr ihn nicht gefoltert habt, während ich weg war…. Er hatte ziemlichen Hunger und dann hab ich ihn alleine nach Hause gelassen…. Ihr habt dem doch was zu essen gegeben oder? Bitte sag, dass ihr das habt….“

„Ähhh…..“ Ishimatsu sah nicht in Milas Augen. „nicht direkt…. Also……. Er hat gefragt, wann wir Essen…… und da haben wir gesagt, es gab schon…… und er soll doch auf dich warten…. Aber…… was soll das eigentlich? Bist doch nicht seine Ehefrau...“

„WAAAAS?“ Mila haute Ishimatsu für den Satz auf den Kopf, aber irgendwie…… hatte sie das Gefühl, sie musste sich um den Mann kümmern, so wie ihre Mutter das bei Papa immer tat…. (XDDD japanische Verhältnisse… Mann kommt um ohne Frau >DDD) Trotzdem ärgerte sie sich über diese Sprüche.

„Hau mich nicht! Er wird nicht verhungern… er hat mit einem Freund telefoniert….. und ist wohl mit dem in ein Restaurant essen gegangen…. Scheint einer seiner Studienfreunde zu sein….. oder so….“

„Mhm….. das heißt……………. Er ist nun nicht da…?“

„Wiesoooo?“ Ishimatsu tat ganz neugierig… „Ärgert dich das, dass er nicht auf seine Mila gewartet hat?“

„Seine was? Ich bin nicht seine Mila!“ Sie schmollte und tat das einzig vernünftige… sich in ihr Zimmer verziehen…

Dort stellte sie fest, dass es sie wirklich kratzte, dass er nun mit wem anders wahrscheinlich Spaß hatte. War das Eifersucht? Es war doch ein Mann…… trotzdem hätte sie ihn nun gerne hier.

„Ich bin ein dummes Huhn… ich bin immer so eklig zu ihm…. Und nun vermisse ich ihn schon… Mila, du bist merkwürdig….“ Sie warf sich aufs Bett und dachte über die Dinge nach, die man ihr gesagt hatte.  Aber sie konnte ihn doch nicht nochmal fragen… sie musste doch glauben, dass er sie NUR mochte… oder? Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Und ihm auf den Schoß springen ging auch nicht.

Sie sprang nach einer viertel Stunde auf und rannte raus.

Sie begegnete Nakasawa und fragte sie, ob sie wusste, wohin Yushima und sein Freund gegangen waren. Diese wusste tatsächlich, wohin sie verschwunden waren… und Mila tat etwas, wofür sie nicht bekannt war. Sie suchte sich was Hübsches zum Anziehen raus und wollte dort hingehen…

 

In einer kleinen Bar an der Ecke eines Straßenendes saßen Yushima und sein Freund. Dieser hatte gerade fröhlich drauf los geblabbert und hatte ihn irgendwann begonnen zu ärgern. Auf nicht so nette Kollegenweise. „Du ziehst eine Fresse, wie 100 Jahre keinen Sex gehabt.“

„Lass mich damit bloß zufrieden!“

„Jaja… das kommt davon, wenn man nur vor Büchern sitzt und danach sich mit VOLLEYBALL Techniken beschäftigt…. Und bis in die Puppen trainiert… weißt du eigentlich, dass ein normaler Mann ab und zu 'ne Frau braucht? Du hast seit JAHREN… und das ist ernst gemeint... seit Jahren keine Frau gehabt… ist es nicht so? Du vereinsamst vor dich hin! Wieso zum Geier… es gibt überall genug nette Studentinnen….“

„Interessiert mich aber nicht die Bohne...“

„Jeder Mann hat ab und zu LUST...“

„Vielleicht habe ich die ja…..“

„Warum bist du dann immer so eklig zu allen Mädels, he? Manchmal glaub ich, du bist schwul.“

„Jetzt wird’s aber albern.. echt Keiji...“

„Was ist es dann?“ Er sah ihn neugierig an. „Ist da etwa eine, die du nicht vergessen kannst….? Du weißt, dass hinterher trauern noch nie was gebracht hat….. oder hast du auf einmal Angst vor Frauen…? Sags mir….“

Yushima seufzte, denn sein Plappermaul von Freund würde sowieso nicht klein beigeben, das wusste er. Er war immer der Ruhigere von ihnen gewesen, allerdings nur in Sachen verschwiegen sein. Er konnte auch verdammt laut mit Leuten schreien… aber er redete einfach nicht gern über sowas…

„Du wirst mich eh nicht in Ruhe lassen, bis du den Grund kennst… oder? Also sagen wir es doch direkt…. Es gibt da jemanden, den ich wirklich mag, länger schon… es hat sich aber noch nichts ergeben… es ist alles wackelig und ich muss vorsichtig bei ihr sein, sonst rennt sie weg.“

„Was für eine graue Maus hast du dir ausgesucht bitte…? Oder ist sie noch nie mit einem Mann zusammen gewesen?“

„Du bist eine elende Nervensäge… und ja...“ er holte tief luft. „Sie kommt von der Highschool……...“ es war raus und er wusste….. dass das nicht gut ankam.

„Ich wusste gar nicht, dass du junge Dinger bevorzugst...“ er kniff das Auge zu und grinste Yushima an.

„Sag mal…. Du weißt, dass ich nicht so bin… red also nicht so…. Ich bin aus dem Alter raus, wo ich zum Spaß mit Frauen verkehrt bin… gut jetzt? Und nein, sie war noch nie mit einem RICHTIGEN MANN zusammen. Weil sie sich eigentlich nicht dafür interessiert, sich zu verlieben… und…..“ Ihm stockte der Atem und man merkte, dass ihn dieser Umstand doch kümmerte.

„Was für ein kaltes Biest… du solltest dir eine Andere suchen, wenn sie das nicht interessiert…..“

„So einfach ist das aber nicht… weil ich eigentlich nie an was anderes denke, außer dass es ihr gut geht… und was sie macht…. Und ob sie…. Ach.. du verstehst das halt nicht… du treibst dich ja zum Spaß mit Frauen rum….“

„Junge Dinger waren noch nie gut….. sie wollen immer gleich Beziehungen und heulen immer gleich, wenn was anders läuft als wie in ihren Vorstellungen.“

„Ja man… gib mir Skrupel! Ich weiß das selbst….“ Er wusste selbst, dass sie eigentlich zu jung war… und er hatte sich so komisch verhalten…

„Vielleicht lässt du die Kleine erstmal erwachsen werden...“

„Stimmt… womöglich hast du recht… lass uns noch was trinken… nach Hause will ich noch nicht, da ist's stinke langweilig...“ es gab nichts Schlimmeres für ihn, als nur rumzuhängen…

 

Auf dem Nachhauseweg merkte Yushima, dass er doch einen zuviel getrunken hatte und war froh, als er die Straße überquert bekam, ohne vom Auto gleich mitgenommen zu werden. Da war es natürlich volle Breitseite, als eine junge Dame ihn nicht nur anrempelte, sondern gleich halb umschmiss. Sie schmiss sich an ihn und umarmte ihn von hinten. Er wusste auch nicht, wie ihm geschah, da es so plötzlich kam. Auch kam es bei seinem angetrunkenen Kopf nicht gleich an, wer ihn da so ansprang.

„Der Kellner hat gesagt, du bist schon gegangen….. jetzt habe ich dich ja gefunden...“ sie umschlang ihn und er stand kerzengerade da… Erst als er ihre Stimme hörte, wusste er wer sie war und riss sich dann nicht gleich los.

„Du hast mich gesucht?“ Yushima hatte einige Probleme, sich herumzudrehen, er wollte sie ansehen, aber sie umklammerte ihn doch sehr kräftig. Es war wahrscheinlich ein kleiner Art Schwächeanfall ihrerseits, aber sie drückte ihr Gesicht in seinen Nacken. Er roch wie immer... nach Zigaretten, aber das war sie gewohnt. Sie kannte ihn nicht anders... und trotzdem machte es ihn in dem Moment so männlich. Sie war nicht dämlich, sie wusste, dass er kein kleiner Junge war… aber irgendwie war sie darüber auch froh. Sie wollte ihm nahe sein, in diesem Moment nutzte sie es schamlos aus, sich an ihn zu drücken und wollte nun einfach nicht loslassen. Sie hoffte so sehr, dass er es mochte… dass er ihr auch nahe sein wollte… Mila wollte daran glauben… so sehr in diesem Moment. Ihr Gefühlsausbruch war so kräftig in diesem Moment, dass sie fast weinte. Sie hatte Angst… Angst davor, dass er irgendwann von ihrer Zickerei die Schnauze voll hatte… dass er wirklich sich eine Andere suchte… das hatte sie an der Sache mit Yamamoto und Shirakawa so geschockt. Die Ahnung, dass er sich auch für andere Frauen interessieren könnte. Jetzt konnte sie mit Sicherheit sagen, dass sie eifersüchtig war. Und zwar sehr.

Er hatte getrunken, aber er spürte es trotzdem, sein Gehirn war nicht komplett vernebelt. „Du hast mich vermisst… das glaube ich dir… aber deswegen musst du mich nicht gleich zerquetschen.. lass mich doch jetzt bitte los….“ Er hatte es gesagt, verdammt!

„Ich… möchte… dich.. aber… nicht… loslassen……..“ es kam stockend und in einem ungewöhnlich seltsam leisen Ton. Sie war sonst energischer.

„Sollte ich genießen, oder…?“ Yushima lachte, auch wenn es nicht komisch war. Aber es stellte eine Rarität dar, wenn sie ihn nicht loslassen wollte. Mila merkte nun, dass sie womöglich ab und zu ihn auch verletzte, wenn sie so abweisend war… wenn sie zickig wurde und böse auf ihn war, sagte sie schon mal gemeine Dinge. Wahrscheinlich stimmte, was alle dachten… Ihr Gesicht glühte bei dem Gedanken.

„Du hast getrunken und machst deswegen wahrscheinlich blöde Witze...“, sie klang ein kleines bisschen eingeschnappt, aber ungewollt. Sie ließ ihn nun aber los und er konnte sich endlich zu ihr herumdrehen. Doch trotz Dunkelheit fand er eine ganz andere Mila vor sich, so dass er sie schon erstaunt musterte. Er wollte es ja nicht sagen, aber er tat es dann doch. „Wie siehst du denn aus?“ es klang nicht positiv, aber er hatte sie noch nie so gesehen. „…..Dir muss ja kalt sein.“ damit rettete er sich wahrscheinlich, aber er zog sich die Jacke aus, er war selbst viel zu heiß um die Birne durch das Trinken. Er machte sich Sorgen.. sie konnte doch nicht im Kleidchen hier herum laufen um diese Uhrzeit… gut, dass sie ihm, nicht anderen Männern, in die Arme lief.

„Ich………. Habs für dich angezogen…..“, meinte sie nun traurig, sah runter und fühlte sich schrecklich, da es ihn so schockte, wie sie aussah. „Ich dachte, du würdest mich hübsch finden… so…. Wenn ich mich mal schön für dich mache….“

Yushima war entsetzt, und eigentlich wollte er lachen… aber es kam nur ein Schmunzeln von ihm. „Du bist ein dummes Ding...“ Er nahm ihr Gesicht in beide Hände. „Du weißt es wahrscheinlich nicht… oder hast es schon vergessen…… aber du musst dich nicht hübsch machen, weil du für mich immer wunderschön bist….“ Sie wurde knallrot und fühlte sich geschmeichelt. Es stimmte, er hatte so etwas schon einmal gesagt und war dabei so richtig notgeil rüber gekommen, weshalb sie sehr zickig geworden war… auch wenn er versucht hatte, sich bei ihr zu entschuldigen, sie war weggelaufen… Als er sie nun so ansah, ihr Gesicht so glühend heiß wie ein Backofen, wollte sie nun einfach nicht wieder weglaufen. „Du hast damals gesagt…. Wenn ich wütend bin….. habe ich wunderschöne Augen……. Ich hatte Angst in dem Moment…. Und ich war stinksauer…… Aber jetzt….“ es glitzerten Tränen in ihren Augen. „Jetzt macht es mich komischerweise glücklich… ich…. Erst sagst du… ich bin dumm…. Und dann sowas...“ sie schniefte und wusste selbst nicht, warum es sie zum heulen brachte. „Was ist nur los mit mir…? Was machst du mit mir..? ich wollte doch nie mehr wegen einem Mann heulen… Aber als ich gehört habe, dass du weggegangen bist… und nicht auf mich gewartet hast… wollte ich vor Wut schreien… und obwohl es ein Mann war… war ich eifersüchtig...“

Yushima lachte erneut. „Du musst nicht eifersüchtig sein… ich kann dir hoch und heilig schwören…. Dass mir keine andere mehr bedeutet...“ er wusste selbst nicht, warum er in diesem Augenblick so etwas sagte… aber er hatte mal gesagt, dass er in ihr das Ebenbild seiner Schwester gesehen habe und sie ihm dasselbe bedeute, aber er sich geirrt hatte. Er wusste, dass das ihre zarten Mädchengefühle sicher verletzt hatte. Sie war gar nicht so ein Fels in der Brandung, den nichts umwarf, sie war sensibler, als er zuerst angenommen hatte und er wollte ihr nicht wehtun.

„W-Wirklich?“ Ihr stockte der Atem, aber sie war glücklich.

„Ich bin auch eifersüchtig………“

„WAAAS? Worauf denn??“ Sie war geschockt und sah ihn mit großen Augen an.

„Das, was du als einziges wirklich liebst….“

„hah??“

„…..den weißen Ball….“ er fühlte sich dämlich, weil dem wirklich so war… er fühlte sich nicht nur so, er WAR dämlich. So was doofes, eifersüchtig auf einen Ball zu sein, aber sie hatte das Bedürfnis sich zu entschuldigen.

„Ja.. ich weiß…. Tut mir leid..“ Sie lehnte die Stirn an seine. „Das tut es wirklich. Ja, es bedeutet mir viel… und war bisher mein einziger Lebensinhalt… aber…. Volleyball kann ein kleines Stückchen Leben, aber das Leben alleine nie nur Volleyball sein...“ Sie zitierte Herrn Hongo, weil er doch Recht hatte. „Schirenina…. Will heiraten……. Das hätte ich nie gedacht………...“ sie sah in seine Augen und klebte noch immer an seiner Stirn. Sie vermisste etwas, ohne zu wissen, was es gewesen war. Aber sie war auch nur ein Mädchen, das irgendwann sich verlieben und heiraten wollte. Das hatte sie zu ihrer Mutter gesagt. Und das hier war der erste Mann wegen dem sie überhaupt auf diese Ideen gekommen war. Er war der Auslöser gewesen, dass sie das zu ihrer Mutter gesagt hatte. „Ich hab kein Herz aus Stein… bitte glaub mir… es tut mir Leid...“ Das, was man damals in der Zeitung von ihr berichtet hatte, hatte sie als Frechheit angesehen, aber leider stimmte es… manchmal… und bisher… Sie wollte nicht so sein…  „Lass uns etwas Schönes machen… irgendwas… nichts mit Volleyball….“

Er räusperte sich. „Sei froh, dass ich nicht wie die anderen Männer bin, so was solltest du echt zu keinem Mann so sagen… und… ich hab aus Frust einen zu viel…. Also heute… so leid es mir um dein schönes Kleid tut… will ich nur noch in mein Bett fallen….“

Sie sah ihn leicht enttäuscht an, lächelte dann aber. „Bist du zu betrunken, um mich auf dem Rücken zu tragen…?“ Sie war rot und sprach leise, sie fühlte sich schüchtern, aber sie wusste einfach, dass er es genoss sie zu tragen. Das hatte er damals schon.

„Wenn wir fallen… dann fallen wir halt gemeinsam um!“ Er lachte nun und fand es sehr amüsant, was man ihm hier heute anbot. Er nahm sie und schmiss sie sich über, so wie er es damals schon gemacht hatte, er beförderte sie richtig hoch und sie hatte das Gefühl sie ritt ihn richtig.

„Hilfe, nein, nicht so hoch, Yushima!“ hatte er halt Spaß daran und ging dann ein Stück mit ihr, weiter feixend und lachend. „Ich find's toll, wenn du so schüchtern wirst da oben….“

„Das ist überhaupt nicht lustig, du Blödmann!! Lass mich wieder runter!! Lass mich sofort runter!“ Sie haute ihn und er genoss es, stattdessen beförderte er sie nur wieder mehr nach oben und schaukelte sie ein bisschen nach links und rechts. „Gib's zu! Du willst den alten Gaul nur reiten!“

„Nein! Du bist doof, nun lass mich runter!“

„Was? Magst du es etwa nicht mich zu reiten?“ Sein Spruch war diesmal aber weniger harmlos gemeint, sondern wirklich anzüglich.

„YUSHIMA HIRO! Würden Sie mich bitte nicht veralbern!“

„Aber es ist so lustig…. Und du bist endlich mal ausgelassen…. Du hast doch auch Spaß! Also maul nicht! Bist ja kein Esel...“

„Hey...“ Sie gab ihm eine Kopfnuss, aber selbst das ließ er sich einfach gefallen.

„Neues Hobby gefunden… Männer verprügeln...“ meinte er und nahm nun ihre Hand, die sich an seiner einen Schulter festhielt. „Ich würde dich nie fallen lassen, du musst dich nicht so festhalten….“

Er hielt ihre Hand ganz fest in seiner… und sie führte sie zu ihrer Wange. Er hatte eine so schöne warme Hand und als sie diese so spürte, seufzte sie. „Bitte such dir keine andere Freundin…. Ich würde dich erschlagen….“

„Nein, keine Angst, mach ich nicht! Du bist doch meine einzige Freundin, Dummie!“ Er hatte es gesagt, sie war seine Freundin und sie hatte das Gefühl, sie flippte nun gleich aus vor Herzflattern, weshalb sie ihn noch stürmischer umarmte, von oben herab. Sie umklammerte ihn komplett und schmiegte ihren Kopf so gut sie konnte an seine Schulter, da er sie endlich ein bisschen runter gelassen hatte. Sie schmiegte sich richtig an und hatte das erste Mal das Gefühl, das zu dürfen, ohne komisch rüberzukommen.

 

Es war weiter, als er sich erinnerte und sie war doch ganz schön schwer für eine Frau, sie rutschte ihm immer wieder runter und er musste sie wieder hoch katapultieren. Als sie endlich bei der Herberge ankamen, ließ er sie runter und stöhnte doch einmal. „Also ein Fliegengewicht bist du nicht, Süße!“

„Sei nicht so gemein...“, schmollte sie.

„Gemein? Ist nur die Wahrheit…. Du brauchst eben einen richtig starken Mann, der dich so einfach rumschleppen kann, weil du ja drauf stehst...“

Sie ignorierte nun einfach mal seine blöden Witze…

„Pssst… die anderen schlafen wahrscheinlich schon….“

„Also quasi wie sturmfreie Bude bei den Teenagern….“ nach den Worten drehte er sich zu ihr, schloss die Tür und küsste sie, wenn sie schon seine Freundin sein wollte, musste das wohl erlaubt sein… und mit ein bisschen Alkohol im Blut war er auf jedenfalls fordernder. Sein Kuss war nicht nur ein Kuss, er war leidenschaftlich und sie spürte diese Art von Sehnsucht auf etwas, was man lange vermisst hatte. Er schmiss sie in der Tür fast um in seiner Gier darauf, sie endlich einfach so küssen zu können.

„Yushima… nicht so stürmisch“. Sie drückte ihn ganz leicht an der Schulter weg, aber ohne ihn abweisen zu wollen. „Sonst quietsche ich noch und die anderen merken was…. Die haben schon so blöd geschaut, als ich im Kleid losgezogen bin… als wäre ich ein Alien….. es ist für die anderen immer noch… komisch… dass ich wegen einem Mann sowas mache… mich halten eben alle für komisch….“

„Du bist nicht komisch… du bist amüsant...“ er lächelte und schob sie ein bisschen in ihr gemeinsames Zimmer. Als sie hinter der Tür von ihrem Zimmer waren, grinste er ganz dreckig und gemein. „Du bist amüsant, weil du jetzt gleich wieder Angst vor mir kriegst… bin ich ein Wolf..?“

„….Frag nicht sowas…. Ich… ich bin zum ersten Mal mit einem Mann zusammen… und wenn du keine Tritte ernten willst...“, sie ergriff sein Kinn, „dann hörst du auf Mila… und hörst auf so verdammt stürmisch zu sein….“

Yushima ergriff ihre Hand, die sein Kinn hielt und gab ihr einen sanften Kuss. „Tut mir leid, wenn ich dir zu stürmisch bin…. Ich bin manchmal nunmal so…. Aber du hast mich auch ganz schön überfallen…...“ Sie hatte ihn angesprungen und fand seinen Kuss zu stürmisch. Dieses Mädchen hatte noch einiges zu lernen.

„Ich bin nicht stürmischer als du… und vielleicht… mag ich es, wenn du mich trittst.“ er sah sie etwas grinsend an und wusste, dass sie wahrscheinlich damit nichts anfangen konnte, aber ein bisschen masochistisch war er schon veranlagt. „Ein Kompromiss….. weil ich dir ja zu stürmisch küsse…. Dann küss du mich doch mal….“ Er schob sie sehr zielgerecht zum Bett und warf sich seitlich mit ihr darauf, so dass sie sich ansehen konnten. „Vielleicht bringst du mir noch was bei…..“ Er konnte ja schließlich nicht wissen, wie sie es mochte, wenn er immer anfangen musste… Aber er war froh. Sie würde nun nicht mehr zickig werden, wenn er mal Lust hatte, ihr einen Kuss zu geben, weil es ihn gerade ritt. Es war wie eine Befreiung… er fühlte sich nun wirklich sehr erleichtert.

 

Sie wussten nicht, dass eine Nakasawa und eine Ishimatsu an der Tür lauschten…


Nachwort zu diesem Kapitel:
Und falls einige ein Ende erwarten sollten, enttäusche ich euch hiermit. *gg*
Das ist noch nicht das Ende, es geht noch sehr viel weiter.
Im nächsten Kapitel gedenke ich, dass die beiden wieder zurückkommen... ab ins harte Trainingslager... Spaß schon zuende... xD
Mal sehen, wie ich es einigermaßen rüberbringe ^^
So und nun wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen.... Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (31)
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Von:  Mienniemaus
2015-06-16T00:32:38+00:00 16.06.2015 02:32
Bitte weiter schreiben!!
Antwort von:  Melora
17.01.2016 17:03
ist nun weiter *gg* hab die schreibphasen leider wirklich nur sehr sporadisch >,<
Von:  dreamfighter
2015-03-04T19:11:46+00:00 04.03.2015 20:11
Schön, dass du dich nach soooo langer Zeit doch noch dazu durchringen hast deine Geschichte fortzusetzen. Ich hoffe, dass das nächste Kapitel nicht wieder so lang auf sich warten lässt
Antwort von:  Melora
17.01.2016 17:03
auch für dich, ist nun weiter xD wie gesagt, diese launen habe ich irgendwie nicht mehr so wie früher... und auch nicht mehr so viel zeit ^^ aber ich werde sie 100% zuende machen.. mal sehen wie viele Jahre es dauert. U_U" sorry
Von:  dreamfighter
2011-06-01T18:53:18+00:00 01.06.2011 20:53
Hi,

deine Story ist echt super geschrieben. Ich hoffe es gibt bald eine Frotsetzung...

Ich habe mich auch mal daran versucht, eine Mila Story zu schreiben. Vielleicht hast du ja Lust und Zeit diese zu lesen...

Lg
Dreamfighter
Von: abgemeldet
2010-05-09T17:12:17+00:00 09.05.2010 19:12
Also ich muß ja zugeben das die holde Weiblichkeit es weitaus besser versteht Gefühle in Geschichten zu verpacken und ausführlich darzulegen. Ich finde deine Geschichte grandios.

AUch wenn es etwas frech wirkt, ergo du mich ja gar nicht kennst und nicht weißt mit wem du es zu tun hast, wenn ich dich um etwas bitten dürfte. Wenn es dir nicht zuviel ausmacht könntest du mal einen Blick auf mein Fanfic werfen. Es heisst "Die Klassenfahrt". Solltest du das aber aus irgendwelchen Gründen nicht wollen dann habe ich dafür natürlich vollstes Verständnis
Von:  Schumeriagirl
2009-01-22T20:31:28+00:00 22.01.2009 21:31
Wow, na das nenne ich mal einen Paukenschlag.... Hallelujah, die werden ja alle richtig gewaltätig so mit der zeit... Schirakawa hat die Ohrfeige mehr als verdient, das bin ich ehrlich gesagt verdammt froh, dass Yamamoto da nicht lange gefackelt hat und Yushima ist so ne andere sache... Klar sind die tatsachen verdreht worden, aber so wie mila es erfahren hat, hat er sich die ohrfeige wirklich verdient...
"Schlag deinen Mann jeden Tag, auch wenn du nicht weißt wofür, er weiß es bestimmt..."
Ich habe den Spruch mal ein wenig verdreht aber ich dachte mir, dass er trotzdem passt...

Es tut mir leid, dass ich erst so spät antworte, aber och bin immer noch nicht wieder fit und konnte in den letzten Tagen nie für länger den Bildschirm anschauen, hgeschweige denn lesen, deswegen kam ich nicht früher zum kommentieren... Meine eigenen Stories sztehen auch schon in der warteliste und langsam werden meine leser auch ungeduldig, aber ich kann es nicht ändern, gesundheit geht vor... In dem zuge auch nochmal vielen dank für deine Genesungswünsche und de erwähnung, dass ich dich so mit meinen idee inspiriere, es freut mich wirklich dass du es so siehst und nicht als nerven udn eingriff in deine Story... Aber das habe ich bestimmt schon häufiger erwähnt...^^

glg
Schumeriagirl
Von:  Schumeriagirl
2009-01-18T12:22:37+00:00 18.01.2009 13:22
So, nun hast du mir auch meinen sonntagmittag gerettet... Ein interessantes Kapitel und ich weiß nicht so genau, was ich nun denken soll...

Ehrlich gesagt war ich über die störung unheimlich froh... es passt einfach nicht zu mila sich einfach so von yushima überfahren zu lassen... Sie hat sich nicht gewehrt, aber das heißt ja wirklich noch lange nicht, dass sie es wirklich gewollt hat...so panisch wie sie war, so verwirrt... klar war die art nicht ide beste, aber sohaben sie beide wieder einen klaren kopf bekommen und das war wichtig... es wird wirklich zeit, dass mila wieder zu ihrer mannschaft zurück kommt, die mädels werden ihr dann schon so einige wichrtige sachen erzählen bzw. beibringen, da bin ich mir sicher...

was nun schirakawa angeht bin ich noch ein wenig unsicher, ob ich ihr glauben kann oder gar glauben will... möglich ist es bestimmt, aber für mila ist es jetzt natürlich so, als hätte man ihr den boden unter den füßen weg gezogen... armes mädchen, aber wenn schlenina als retterin in der not bald da ist, wird die ihr schon auf die beine helfen... und ihr traue ich es auch zu yoshima mal so ordentlich die meinung zu geigen, denn sie lässt sich die butter bestimmt nicht vom brot nehmen...

glg
Schumeriagirl
Von:  Schumeriagirl
2009-01-17T15:48:30+00:00 17.01.2009 16:48
Hey!!!

So, jetzt habe ich es mit einiger verspätung endlich auch geschafft das neue kapitel zu lesen... Es war in letzter zeit einfach extrem stressig, so dass ich vorher noch nicht dazu gekommen bin, tut mir wirklich leid... aber jetzt habe ich es ja geschafft...

Der eine kursiv gedruckte teil erinnert mich an das lied "because of you" von kelly clarkson...´ich hatte sofort nach dem lesen einen ohrwurm... kann schon sehr lästig sein, aber das lied ist ja nun auch schön....
ich denke mal nicht, dass da zwischen den beiden noch mehr passiert, wir sprechen hier immerhin von mila und die ist einfach nicht so spontan... sie wird sicherlich wieder panisch, weil es einfach alles viel zu schnell für ihren geschmack geht oder sie werden gestörrt und danach ist es ihnen sehr peinlich.. könnte ich teilweise sogar echt verstehen...
da du in diesem kapitel schon von schlenina/ schirenina (ich kann nie so ganz genau verstehen, was sie ind er seire sagen und jeder nennt sie anders...) geschrieben hast, könnte sie mila vielleicht demnächst ja auch mal besuchen kommen... ich gebe zu, ich bin ein riesen großer schlenina fan und kanne hrlich gesagt einfach nicht genug von ihr bekommen... sie ist neben mila ein sehr komplexer charakter und man kann so viel aus ihr machen... war mal wieder nur so ein hirngespinnst von mir, wenn es nicht passt, ignorier es einfach... kein problem...

Was auf jeden fall mal wieder ein ganz tolles Kapitel udn ich freue mich schon definitiv auf mehr... bin derzeit krank ans bett gefesselt und habe somit genug zeit zum lesen... wäre toll wenn du mir das kapitel dafür liefern würdest ^^

glg
Schumeriagirl
Von:  Schumeriagirl
2009-01-08T21:51:08+00:00 08.01.2009 22:51
Und da ist dann auch schon das nächste Kapitel... Es freut mich, dass du es schon hochgestellt hast, aber du hättest dir nicht extra die nacht für mich um die ohren schlagen müssen, da ich meist sowieso erst nachmittags oder abends an den pc gehe... niht das du dich überanstrngst, krank wirst und dann für sehr lange zeit kein neues kapitel kommt... nicht auszudenken!!!!!!!!

Da stürzt sich yushima also sogar vor ein auto um seine mila zu retten, ist das nicht süß??? und immer diese streitereien, jeder will den streit eigentlich beenden, aber keiner macht den ersten schritt... sorry seems to be the hardest word... und das ist augenscheinlich nicht nur bei úns so...

aber es ist auch wirklich nicht leich erwas´chsen zu werden bei dem ganzen druck, der auf mila lastet... das yushima einfach noch nicht durschaut hat wie sie wirklich tickt, ich meine, so mysteriös, geheimnissvol und unverständlich sind wir frauen ja nun auch nicht... keine wandelnden rätsel wie manch herren der schöpfung für unsere liebe mila...

ich hoffe selbstverständlich, dass es bald weitergeht, aber ohne gefährdung deiner gesungheit, wohl gemerkt, nimm dir da kein beispiel an mila, das kommt nie gut, wie du schon eindrucksvoll gezeigt hast...^^
Von:  Schumeriagirl
2009-01-07T16:40:40+00:00 07.01.2009 17:40
oha....
Wie einfach sich Midori das alles vorstellt.... Frag ihn doch neinfach, also dazu hätte ich ganz ehrlich gesagt wirklich keinen mut... so einfach ist es nun wirklich nicht, aber sie hat ja schon irgenwie recht... obwohl der direkte weg nicht immer der beste ist, so würde er in diesem fall vielleicht erfolgreich sein....

Und die ohrfeige hätte er sich wirklich sparen können, gewalt ist keine lösung, das sollte auch der herr yushima mal lernen, auch wenn mila nicht immer hört un d manchmal fühlen muss, das hat sie trotzdem nicht verdient, auch wenn es wirklich ins bild passt...

Ich hoffe es geht bald weiter.. ist gerade so schön spannend...

glg
Schumeriagirl
Von:  Schumeriagirl
2009-01-06T11:34:28+00:00 06.01.2009 12:34
Hey!!!
Ich freue mich so, dass du nach so langer Zeit endlich wieder ein neues Kapitel geschrieben hast... Es ist einfach umwerfend endlich mal wieder etwas so schönes über Mila zu lesen!!!!

Ich mag deine Art wie du mit Yushima umgehst und wie du ihn reagieren lässt, sein Verhalten ist teilweise echt so niedlich... Und Mila erst dazu... So verlegen und unerfahren... Dabei liegen zwischen ihnen nur sechs Jahre... Wobei das teilweise auch schon sehr viel ist...

Bitte schreib ganz, ganz schnell weiter, ich würde sehr gern noch sehr viel mehr von dieser Story lesen, also bitte ein neues Update in nicht allzu ferner Zukunft, ja?

glg
Schumeriagirl


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