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Das Bluterbe der Youkaifürsten

Fortsetzung zu "Die Blutfehde der Youkaifürsten"
von

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Konfrontation

Mit säuerlicher Miene blickt Sesshomaru seinen Vater an. Vielleicht wird er jetzt endlich erfahren womit er es hier genau zu tun hat. Wen interessiert es schon, ob es ihm gefällt oder nicht? Alleine dadurch wird er nichts an der Situation ändern. Sein Feind wird nicht dadurch verschwinden, dass ihm missfällt, dass er nun mal da ist.

„Der Unterhaltungswert dieser Information spielt für mich nur eine zweitrangige Rolle“, entgegnet er seinem Vater deshalb kühl. „Aber je eher ich erfahre was es damit auf sich hat, desto schneller kann ich mich auf den Weg zurück in mein Reich machen.“

In diesem Moment gewahrt er eine Bewegung neben sich und wendet sich zu Hanaki um. Die geschlagene Ostyoukai hat sich wieder erhoben und tritt nun an ihn heran. Er registriert, dass Inu Taiarashi sie ebenfalls nicht aus den Augen lässt. Schon will der ehemalige Ostfürst die Hand in ihre Richtung ausstrecken doch eine harte Geste von Seiten Hanakis ohne ihn auch nur anzusehen, lasst ihn innehalten und ihn die Hand wieder senken.

Zum ersten Mal kann Sesshomaru den Schaden, den Warugashikomarus Klauen angerichtet haben, in Augenschein nehmen. Quer über ihr wunderschönes Gesicht und ihren Oberkörper sind mehrere tiefe, rote Striemen zu sehen. Zwar bluten sie nicht, doch diesen Narben auf ihrem Seelenkörper haftet etwas Unabwendbares an.

Der Anblick bringt den stolzen Youkaifürsten für einen Moment aus der Fassung und die Wut steigt wieder in ihm auf. Wie konnte dieser elende Mistkerl ihr nur so etwas antun?

Hanaki hebt den Blick. „Verschwende deinen Ärger nicht, Sesshomaru“, sagt sie ruhig. „Ich weiß was du jetzt denkst, doch du solltest lieber auf den Kampf gerichtet bleiben, den du gewinnen kannst. Meine Verfassung ist unerheblich, wenn es darum geht, dein Reich zu schützen.“

Sofort geht ein Ruck durch Sesshomarus Körper. „Hanaki“, ruft er aufgebracht, „kannst du nicht verstehen, dass...“

Doch zwei sanfte Finger die ihm mit einer anmutigen Bewegung die Lippen verschließen, bringen ihn unmittelbar zum Schweigen.

„Es ist schon gut“, sagt sie leise. „Momentan gibt es wichtigere Belange für dich.“

Schwer atmend steht Sesshomaru da. Er ist sehr bemüht an sich zu halten. Natürlich hat sie recht, wenn man es logisch betrachtet. Doch einmal mehr toben wilde Gefühle in seinem Inneren und wollen ihn mit ihrer Intensität zerreißen. Zu einer anderen Gelegenheit würde er sich ihr sicher verständlich machen können, doch gerade ist dies die falsche Zeit und der falsche Ort, so sehr es ihn auch schmerzt.

„Sie hat recht“, wendet sich nun auch Inu Taiarashi besonnen an ihn. „Die Zeit läuft uns davon. Inu Taishou, erzähle ihm besser alles was er wissen muss, ehe die Drei zurückkommen. Wer weiß in was für einer Verfassung sie dann sind.“

Der Angesprochene mustert seinen Sohn noch einen kurzen Moment, dann setzt er sich ein paar Schritte entfernt auf einen Felsstein. „Ich erzähle dir die Geschichte, wie ich sie von Kamukiku gehört habe. Es ist die Geschichte unserer Vorfahren, nicht mehr und nicht weniger.“

Sesshomaru fühlt sich noch immer hin und hergerissen, doch dann atmet er noch einmal tief durch, bemüht sich die störenden Gefühle beiseite zu schieben und wendet sich dann seinem Vater zu.

„Nun also?“

Der Daiyoukai beginnt zu erzählen. „Einst lebte ein großer Fürst der Inuyoukai. Er war über alle Maßen mächtig und herrschte über das ganze Land. Doch er fühlte sich einsam und so nahm er sich eines Tages eine Frau. Diese gebar ihm einen Sohn. Auch dieser war an Stärke, Schläue und Zähigkeit kaum zu übertreffen, und mit der Zeit eignete er sich immer mehr Kampftechniken und Zaubersprüche an. Doch er war auch grausam und zudem machtversessen. Er beneidete seinen Vater für seine Macht und seine Herrschaft und so beschloss er ihn herauszufordern. Doch dem Vater widerstrebte es, gegen seinen eigenen Sohn zu kämpfen und so lehnte er die Herausforderung ab.

Der Sohn jedoch war über diese Ablehnung sehr erzürnt. Also suchte er einen Weg um seinen Vater zu provozieren. Und schließlich fand er auch einen. Er tötete seine eigene Mutter und versetzte seinen Vater damit in große Wut. Nun kam es endlich zu dem Kampf den sich der Sohn so lange erträumt hatte.

Doch sein Vater war kein einfacher Gegner. Sie kämpften lange Zeit verbissen miteinander und verwüsteten in ihren Streit dabei große Teile des Landes. Schließlich gelang es dem Sohn eine seiner tödlichsten Attacken bei seinem Vater anzusetzen. Das Kokorokaji. Eine Technik, die die Seele des Gegners in Brand setzt und ihn bis zu seiner Vernichtung mit peinigenden Erinnerungen und Gedanken quält.

Jedoch hatte sein Vater schon mit einer solchen Strategie gerechnet. Es gelang ihm den geschundenen Teil seiner Seele abzutrennen, so dass er ihn nicht völlig vernichten konnte. Es war der Teil in dem die Klugheit seines Vaters saß. Der Sohn sah, dass seine Technik keinen Erfolg hatte und versuchte es erneut. Wieder schlug er seinen Vater mit dem Kokorokaji und wieder trennte der Vater einen Teil seiner Seele ab. Es war der Teil in dem seine Ausdauer saß.

Nachdem dies geschehen war, zog sich der Sohn vorerst zurück um sich eine neue Strategie zu überlegen. Währenddessen war der Fürst sehr angeschlagen. Doch da er seine Seelenteile nicht verlorengehen lassen wollte, beschloss er aus ihnen Abkömmlinge seiner selbst zu schaffen. So schuf er aus ihnen zwei mächtige Inu Youkai. Den Älteren nannte er Warugashikomaru und den Jüngeren nannte er Nezuyomaru.

Als sein Sohn bemerkte was geschehen war, geriet er in großen Zorn. Er wollte keine anderen Kinder an der Seite seines Vaters dulden und so griff er die beiden Inuyoukai an um sie zu töten. Doch sein Vater seinerseits, wollte dieses nicht geschehen lassen. Noch einmal kam es zu einem heftigen Kampf zwischen den beiden, der sie letztendlich bis auf die Spitze des Fujiyamas trieb.

Beide Kontrahenten waren bereits stark angeschlagen und so holte der Fürst schließlich schweren Herzens, denn er wollte seinen Sohn nicht töten, zum finalen Schlag aus und stieß seinen Sohn in den Krater des Vulkans. Doch noch im Fallen als letzte Verzweiflungstat attackierte sein Sohn ihn noch einmal mit dem Kokorokaji und verschwand dann in den Lavafluten. Mit letzter Kraft trennte der Fürst noch einmal einen Teil seiner Seele ab, den Teil mit der Selbstbeherrschung, und formte auch aus ihm einen Inuyoukai den er Reiseimaru nannte.

Schwer verletzt und stark verstümmelt an Seele und Gesinnung schleppte der Fürst sich vom Vulkan herunter und blieb dort, dem Tode nahe, liegen. Alle seine Untertanen und seine drei neuen Söhne versammelten sich um ihn. Doch die drei Abkömmlinge, aus Hass, Schmerz und Kampf geboren, empfanden nichts als Verachtung für einander, und so begannen sie noch am Sterbebett ihres Schöpfers damit sich zu bekämpfen.

Als der sterbende Fürst sah, dass seine neuen Söhne nichts anderes im Sinn hatten als sich gegenseitig zu bekriegen und das Land in Schutt und Asche zu legen, überkam ihn eine tiefe Trauer und große Enttäuschung. Aller Lebenswille verließ ihn. Er verwarf den Gedanken zu versuchen sie zu lehren und führen und beschloss stattdessen sie ihrem Schicksal zu überlassen. Mochten sie sich doch gegenseitig selbst vernichten.

Ehe er verschied, versammelte er seine loyalsten Untertanen um sich, auf dass sie seinen Leichnam mit sich in den tiefsten Süden des Landes nehmen sollten wo sie ihn bestatten sollten. Fern der sich bekriegenden Brüder sollten sie eine neue Heimstätte finden und ihm ein Denkmal errichten.

Doch zuvor verkündete er seinen Untertanen noch eine Prophezeiung. Aus den drei Abkömmlingen würden drei Reiche hervorgehen und diese Reiche würden sich auf ewig bekriegen, bis ein Fürstenkind kommen würde, aus Liebe gezeugt, vom Schicksal gebeutelt, doch begabt mit der Fähigkeit selbst seine Feinde für sich zu gewinnen, dass es die Zuneigung jedes der drei Fürsten erlangen würde. Dieses Kind würde die drei Reiche wieder vereinen und erst dann würde sich der Süden ihnen wieder anschließen. Nachdem der Fürst das verkündet hatte, verstarb er und seine Untertanen nahmen wie befohlen seinen Körper und brachten ihn in den Süden des Landes wo sie ihn bestatteten und sich dann dort niederließen.

Die Drei Brüder jedoch, als sie die Prophezeiung hörten, gerieten in großen Zorn darüber. Keiner von ihnen war bereit an Frieden auch nur zu denken. Jedoch waren sie unterdessen, des Kämpfens überdrüssig. So beschlossen sie das was vom Land noch übrig war unter sich aufzuteilen und jeder eine Schar an Inuyoukai um sich zu sammeln um aus diesen ihren eigenen Clan zu erschaffen. Schließlich kamen sie auch zu der Erkenntnis, dass ein weiterer Krieg das Land, das sie nun beherrschen wollten, nur zerstören würde und so erschufen sie letztlich eine Reihe Gesetze die es ihnen ermöglichen sollten zu koexistieren ohne sich gegenseitig auszulöschen.

Mit der Zeit kehrte wieder Frieden im Reich ein und die Clans begannen zu wachsen und zu gedeihen. Nur in den südlichen Teil des Landes wagten sie sich nicht, denn die unsichtbare Grenze wurde aufs Schärfste bewacht und niemals kam ein Inuyoukai von der anderen Seite lebendig zurück. Mit den Jahren die vergingen, geriet auch die Geschichte über die wahren Anfänge der Clans in Vergessenheit und die Inuyoukai wissen heute nichts mehr über den Ersten Fürsten und seinen Sohn, der sich selbst den Namen Katsuken (Siegreicher Hund) gab, und der damals von allen Inuyoukai nur Fukouryouken (Seine Eltern missachtender Hund) genannt wurde. Den vermutlich stärksten Inuyoukai der jemals existiert hat, die Geißel des Landes und Mörder seiner Eltern. Der Daiyoukai dessen wahrer Name Sesshomaru lautet, Der der perfekt tötet!“

Hier endet Inu Taishou.
 

Eine ganze Weile kommt kein Ton von Sesshomaru. Der jugendliche Westfürst blickt seinen Vater lediglich mit starrer Miene an. Dann nach einem langen, angespannten Moment atmet er einmal beherrscht durch. „Ich verstehe“, sagt er leise und gefasst. Doch der unterdrückte Ärger ist ihm deutlich anzusehen.

Bedächtig tritt Hanaki ein Stück an ihn heran. „Sesshomaru...“, beginnt sie behutsam, doch der junge Fürst wehrt mit einem energischen Wink ab.

„Es ist nicht nötig darauf einzugehen!“, jedes der Worte trieft vor Bitterkeit. Noch einmal atmet er angespannt durch, dann hebt er den Kopf. In seinen Augen blitzt Zorn.

„Jetzt verstehe ich endlich, warum es in der Prophezeiung heißt, nur die Kraft der vereinten Clans könne ihn besiegen. Schon als ich ihm das erste Mal begegnete, wusste ich, dass er mächtig ist, doch wie sich jetzt herausstellt, war das eine unsägliche Untertreibung.“

„Ich befürchte, du hast es hier mit einem äußerst gefährlichen Feind zu tun“, bestätigt Inu Taishou. „In mir erwuchs die ursprüngliche Macht der ersten Clanfürsten zu neuer Blüte, weshalb mein Vater mir den Namen Inu Taishou gab, was im Grunde reinste Ironie ist, aber selbst ich beneide dich nicht um deine Pflicht, dein Reich zu verteidigen, gegen jemanden der den Drei Brüdern gleichkommt.“

Nun wirft Sesshomaru seinem Vater einen finsteren Blick zu. „Ihr beliebt zu scherzen, Chichi-ue. Es ist der Sohn des allerersten Inufürsten. Die Drei Brüder sind lediglich Splitter dessen, was seinen Vater einmal ausgemacht hat. Einem mächtigeren Gegner werde ich niemals begegnen.“

Er ballt die Fäuste. „Und gerade jetzt sollte ich bei meinem Volk sein und alles daran setzen es auf einen unausweichlichen und vermutlich vernichtenden Kampf vorzubereiten. Doch diese schwere und verantwortungsvolle Pflicht muss ich nun meinem Bruder überlassen, weil ich dazu verdammt bin hier in der Hölle darauf zu warten, dass die drei mächtigsten und ehrwürdigsten Fürsten unserer Geschichte damit fertig werden, sich aus Sturheit, falsch verstandenen Stolzes und purer Langeweile gegenseitig in Stücke zu reißen.“ Bei diesen Worten hat sich Sesshomaru richtiggehend in Rage geredet. Er fletscht die Zähne und sein Atem geht heftig. Dass er wütend ist, ist ihm nun deutlich anzusehen.

Noch immer ertönt hinter dem Felskamm das wütende Gekläffe und Geknurre der drei Großen Fürsten.

„Doch dem werde ich jetzt ein Ende bereiten!“, grollt er. Noch ehe einer der Anwesenden etwas dazu sagen kann, marschiert der junge Daiyoukai wild entschlossen auf die Empore unter der großen Metallglocke zu auf der sich noch immer der Youkai Mugen recht entspannt räkelt und ziemlich unbeteiligt tut. Zu Sesshomarus eigener Überraschung kostet es ihn in seinem Ärger kaum mehr große Anstrengung, die steile Treppe hinauf zu erklimmen.

Der Ostyoukai wirft dem Neuankömmling nun einen recht überraschten Blick zu. „Hey, was soll das denn jetzt werden, häh?“ Doch der Daiyoukai geht gar nicht erst auf die Frage ein. Stattdessen bückt er sich und packt energisch den mächtigen Hammer der neben Mugen auf dem Boden liegt. Doch er hat die Rechnung ohne den Anderen gemacht. Sofort packt Mugen blitzschnell zu und versucht ihm den Schlägel wieder zu entreißen. „Finger weg!“, schreit er wütend. „Ich bin der Einzige der diese verdammte Glocke schlagen darf, klar? Wenn du also eine Ankündigung zu machen hast, dann geht das gefälligst nur über mich! Das hab ich mir verdient!“

Für einen Moment flackert grimmige Wut in Sesshomarus Blick auf und noch einmal schwirren ihm die lasziven Worte durch den Kopf mit denen diese Kreatur seine Geliebte bedacht hatte und nur eine Sekunde später findet eine Faust heftig und präzise die Nase des Youkai. Der Griff um den Schlägel entgleitet ihm und stöhnend hält er sich das Gesicht, wobei er nach hinten sackt und keuchend liegenbleibt.

„Du sagst es!“, bemerkt Sesshomaru frostig. Dann richtet er sich hoch auf, packt den Hammer und in der Erwartung was nun unweigerlich auf ihn zukommt, beißt er die Zähne zusammen. Dann schlägt er mit voller Wucht auf den Rand der Kuppel ein.

Ein ohrenbetäubender Knall ertönt als der Klöppel auf das Metall der Glocke trifft, sodass sämtliche Inuyoukai im selben Moment schmerzerfüllt die Hände über die Ohren reißen. Doch damit nicht genug. Wieder und wieder schlägt Sesshomaru auf die Glocke ein und lässt damit seine aufgestaute Wut an dem gewaltigen Instrument aus. Auch wenn er bereits nichts mehr hört außer einem dumpfen Scheppern und spürt wie ihm ein warmes Rinnsal aus den Ohren läuft, ist sein Blick stoisch auf die große Ebene gerichtet wo er die Drei Großen sehen kann, die mit gepeinigtem Winseln versuchen dem schrecklichen Krach zu entkommen und dabei ihren Kampf fast vollständig vergessen zu haben scheinen.

Erst als er sieht, wie die drei Inufürsten sich mit einem grellen Aufleuchten wieder in ihre Menschengestalt verwandeln, um verzweifelt mit ihren Händen ihre Ohren abzuschirmen, entgleitet ihm der Schlägel und benommen von Schalldruck und Schmerz sackt er in sich zusammen. Er atmet heftig von der unnatürlichen Anstrengung und seine Arme zittern unwillkürlich. Sein Kopf dröhnt und sein ganzer Körper scheint von einer erneuten Schwächeattacke betroffen zu sein. Es dauert einen Moment bist er sich soweit wieder gefasst hat, dass der den Kopf heben kann.

Wie er feststellt, ist er nun von vier kräftig gebauten Personen umringt die mit finsterem Blick auf ihn herabschauen. Noch ehe er reagieren kann, wird er von Nezuyomaru vorne am Gewand gepackt und wild nach oben gerissen. Wie es aussieht schreit der Daiyoukai ihn gerade ziemlich ungehalten an, jedoch kommen nur wenige dumpfe Bruchstücke bei Sesshomaru an. Es steht wohl außer Frage, dass sein Gehör nach dieser Aktion gerade, ziemlich erheblichen Schaden genommen hat und das beunruhigt ihn wesentlich mehr als es die Flüche und Drohungen des ersten Nordfürsten jemals könnten. Innerlich kann er nur hoffen, dass dies nicht von Dauer sein wird.

Scheinbar hat jetzt auch Nezuyomaru begriffen, dass keines seiner Worte bei seinem Gegenüber ankommt. Wutschnaubend lässt er den jungen Daiyoukai zu Boden plumpsen. Schon holt er grimmig zum Schlag aus, doch im gleichen Moment entsteht bei den Umstehenden ein heftiger Tumult währenddessen Nezuyoumarus Arm festgehalten wird. Es folgt ein kurzes Gerangel und einige dumpfe, laute Rufe, dann wird Sesshomaru von seinem Vater am Arm gepackt und energisch wieder von der Empore heruntergezerrt. Noch immer ein wenig neben sich und zudem verunsichert durch den völlig ungewohnten Verlust eines so wichtigen Sinnes, lässt Sesshomaru es mit sich geschehen. Erst als sie wieder den Boden des Ratsplatzes erreicht haben, kommt wieder Leben in ihn und er entwindet sich dem Griff seines Vaters.

Er schließt für einen Moment die Augen und versucht sich auf seine Heilung zu konzentrieren. Dies ist nicht einfach, da ihn nur wenige Augenblicke später ein heftiger Schlag an der Schläfe trifft. Sesshomaru geht zu Boden. Doch von seiner Konzentration lässt er sich nicht abbringen. Verdammt, dass ihm Heilung hier unten aber auch dermaßen viel Kraft abverlangt!

Schließlich spürt er doch das vertraute, warme Rieseln, dass durch seine gemarterten Ohren zieht und er stellt fest, dass die Geräusche um ihn her langsam wieder lauter und verständlicher werden. Selbst wenn er von seinem ursprünglichen Gehör noch weit entfernt ist, kann er zumindest wieder der Unterhaltung folgen, die noch immer in heftigem Gange ist.

„...es mir egal ist, wie du darüber denkst, Reiseimaru, den kleinen Köter mach ich dafür eigenhändig kalt!“, keift Warugashikomaru gerade ungehalten.

„Ist das alles, woran du dämlicher Idiot denken kannst?“, hört man nun zum ersten Mal auch Reiseimaru schreien. Offenbar ist er nun ebenfalls wütend. „Ich habe diese ungezügelten Eskapaden von euch beiden so unglaublich satt! Der Junge hat euch damit im Grunde nur einen Gefallen getan. Wenn ihr nichts Besseres zu tun habt, als euch bei jeder sich bietenden Gelegenheit an die Gurgel zu gehen, ist es überhaupt kein Wunder, dass die Welpen heute keinerlei Respekt mehr vor euch haben.“

„Mir klingeln noch immer die Ohren“, grollt Nezuyoumaru verbissen. „Ohne eine saftige Strafe kommt er diesmal nicht herum!“

„Die hat er längst erhalten!“, schnaubt Reiseimaru wütend, „Oder was glaubst du warum seine Ohren bluten? Viel Schlimmeres als Taubheit wirst du ihm wohl kaum antun können.“

„Von wegen Taubheit!“, schnappt Warugashikomaru. „Er hört uns zu, sieh doch hin!“

Ein tiefes Grollen von Reiseimaru ist die Antwort.

Sesshomaru ballt die Fäuste, dann steht er wieder auf und reckt sich. In seinem Blick liegt tiefe Verachtung. „Ich soll euch zuhören?“, sagt er ruhig und gefasst. „Ich habe euch nun lange genug zugehört, und nichts von dem was ich von den drei ersten Clanfürsten meiner Rasse gehört habe, war irgendwie von Belang oder eine Hilfe für mich.“

Sprachlose Fassungslosigkeit über diese Impertinenz hat nun die Daiyoukai um ihn erfasst, doch Sesshomaru redet ohne Umschweife weiter. „Ich habe es immer als nie erringbare Ehre angesehen, einmal den legendären Gründern unserer Reiche zu begegnen, doch nun wo mir diese Ehre zuteil wird, kann ich nur sagen, dass ich gelinde gesagt enttäuscht bin. Wäre ich nur um dieser Ehre Willen gekommen, würde ich den Weg hierher als verschwendet ansehen.“

„Du wagst es tatsächlich uns so etwas ins Gesicht zu sagen?“, faucht Warugashikomaru giftig.

Eine eigenartige Ruhe erfasst nun Sesshomaru und er erwidert den bitterbösen Blick seinerseits mit kühler Berechnung. „Ja, das tue ich!“, sagt er fest. „Denn ihr seid alle tot! Eure Gelegenheit etwas zum Geschehen der Welt beizutragen ist vorbei. Die die jetzt leben, müssen sich mit der Gegenwart befassen, nicht ihr. Ihr seid nur ein Echo dessen was euch einmal ausgemacht hat. Von euch ist nichts Neues mehr zu erwarten. Deshalb werde ich jetzt meine Suche fortsetzen und mir dabei meine eigene Hilfe sein. Wer immer mir den Weg zu dem Aufenthaltsort der geläuterten Seelen sagen kann, möge jetzt sprechen und dann muss euch meine Anwesenheit nicht länger als Vorwand dienen, euch gegenseitig zu vernichten.“

Warugashikomaru fletscht die Zähne vor Wut und schon setzt er zu einem Schlag mit der gezückten Klaue an. Doch Sesshomaru bietet ihm mit grimmiger Entschlossenheit die Stirn. „Überlegt Euch das wohl!“, warnt er finster. „Ich habe bereits einen Fürsten aus Eurem Clan vernichtet, während ich schwer verwundet war. Ich werde nicht zögern es erneut zu tun! Mit dem Unterschied, dass Eure Essenz in diesem Fall endgültig verschwände. Wollt ihr es wirklich darauf ankommen lassen?“

Zornesrot starrt der ehemalige Ostfürst ihn an, als könne er nicht glauben was er gerade hört. „Das würdest du nicht wagen!“ zischt er empört.

„Verlasst Euch darauf!“, Sesshomaru weicht keinen Fingerbreit mehr vor Warugashikomaru zurück.

„Du dreister Bengel!“, grollt der erste Fürst des Ostens. „Dafür reiße ich dich in Stücke!“

Nun fletscht auch Sesshomaru die Zähne und seine Augen nehmen einen gefährlichen Rotton an. Lange Klauen schieben sich aus seinen Fingern und er nimmt eine Kampfhaltung ein. „Nur zu! Versucht Euer Glück!“

Warugashikomaru!“, fliegt nun jedoch der harte, zornige Ruf über den Platz. Er kommt von Reiseimaru. Der ehemalige Westfürst bebt vor Zorn. „Hör sofort damit auf!“ Zischt er mühsam beherrscht. „Mit deiner Unbeherrschtheit, besudelst du unser Ansehen. Ich werde nicht dulden, dass wir noch länger wegen dir unser Gesicht verlieren.“ Eine erschreckende Aura flammt für einen kurzen Moment auf, die alle anwesenden Youkai der Clans augenblicklich auf die Knie zwingt. Lediglich die Daiyoukai um ihn herum vermögen es, dieser Macht zu widerstehen.

Für einen langen Moment kommt keine Reaktion von den Umstehenden. Dann entspannt sich Warugashikomaru wieder etwas. „Pöh!“, entfährt es ihm verächtlich. „Du hast verdammtes Glück heute, Kleiner! Sieh besser zu, dass du schleunigst von hier verschwindest. Wenn du mir noch einmal unter die Augen kommst, mache ich kurzen Prozess mit dir.“ Mit diesen Worten dreht er sich erhobenen Hauptes um, lässt seine Aura kräftig aufflammen und nur wenige Momente später springt ein gewaltiger Dämonenhund mit raschen Sätzen davon und ist schon bald darauf außer Sichtweite.

Nun wendet sich Reiseimaru zu Sesshomaru um. Hoch aufgerichtet mustert er ihn eine Weile. Er sieht noch immer sehr ärgerlich aus.

„Ich halte es für das Beste wenn du so bald wie möglich diesen Ort hier verlässt. Dies ist kein Platz für Lebende. Es sorgt nur für Probleme.“

Doch Sesshomaru erwidert den Blick nur mit gleichem Grimm. „Es war niemals mein Wunsch hier länger zu verweilen. Hätte ich gleich erfahren, was ich wissen muss, wäre ich längst weitergereist.“

Ja, richtig“, meint Reiseimaru bitter, „der Ort der geläuterten Seelen.“ Er beißt kurz die Kiefer aufeinander. „Jemand wird dich dort hinführen.“

„Ich werde gehen!“, meldet sich nun Inu Taishou.

Der erste Westfürst wägt es einen Moment lang ab. „So sei es!“, verkündet er dann brummig und damit wendet auch er sich zum Gehen ohne noch einmal zurückzublicken.

Nezuyomaru kommt nun noch einmal auf Sesshomaru zu. Mit todernster Miene raunt er ihm zu: „Wenn du jemals doch gegen ihn kämpfst, sag mir Bescheid! Ich will das sehen.“ Dann lässt auch er die beiden zurück, verwandelt sich in einen mächtigen Hund und verschwindet hinter dem Felsenkamm.

Für alle Übrigen, scheint das das Signal zum Aufbruch zu sein. Zumindest löst sich nun die Versammlung allmählich auf und bald ist kaum einer der Youkai noch da. Lediglich Inu Taishou und Hanaki sind noch geblieben.

Die schlanke Daiyoukai nähert sich zögerlich Sesshomaru. „Wenn es dir recht ist, würde ich euch ebenfalls gern begleiten.“

In Sesshomaru brodelt noch immer der Ärger und er braucht ein paar Herzschläge um seine Fassung zurückzugewinnen. „Es ist mir recht“, antwortet er etwas milder. „Sofern mein Vater keine Einwände hat.“

Nun gehen die Blicke zu Inu Taishou hinüber. Dieser nickt nur zustimmend und wendet sich dann zum Gehen. „Es ist eine längere Wanderung“, meint er, „doch ich gehe nicht davon aus, dass dich das abhalten würde.“

„Mit Sicherheit nicht!“, bestätigt Sesshomaru kühl, dann macht er sich daran, seinem Vater zu folgen, während Hanaki sich den beiden sogleich anschließt.

So zügig wie möglich verlassen sie den Ratsfelsen, einem unabsehbaren Schicksal entgegen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Yvibel
2021-07-30T16:16:54+00:00 30.07.2021 18:16
So nun wissen wir also endlich, wie es zu all dem gekommen ist. Die drei Brüder scheinen auch im Tod nichts zu lernen wie es scheint. Herje...aber so ist das ja meistens, wer glaubt, über allem und jedem zu stehen, der glaubt dann auch alles zu wissen und alles richtig zu machen. Da muss dann nichts mehr geändert werden. *seufz*
Kann verstehen, dass Sesshomaru da dezent sauer ist...obwohl dezent das falsche Wort ist. Meine Güte, also mächtig sauer und dann gibts da kein Halten mehr. So ohne Rücksicht auf Verluste. Na, vielleicht hat es ja doch irgendwas gebracht, dass er seine Enttäuschung offen gelegt hat. Wie der Kampf wohl ausgesehen hätte...man weiß es nicht. Wenigstens kann er jetzt weiter. Und hat Papa noch ein Weilchen dabei und seine Verlobte auch. Dann wird der Weg zwar nicht einfacher, wie ich vermute aber....wie ich schon öfter mal sagte: Wenigstens ist er nicht allein. :)

Grüßle Yvi
Von:  Hotepneith
2021-03-24T22:00:36+00:00 24.03.2021 23:00
Nette Story, das mal so zu hören ...und es gibt tatsächlich zwei Leute mitdem Namen Sesshoumaru. Könnte ind er zukunft noch zu Verwechselungen führen. Aber Sees 1 oder auch Kankutsen...reizend, wirklich reizend. da kann man sich als Vater wirklichnur beglückwünschen. Mal sheen, ws deine Höllenwaderung noch so an netten treffen beinhaltet - udn ob der Gesuchte überhuapt begeistert sein wird Daddy zu shen, plus Mama? Da gibt es ja insgemsat so einige verkorkste Familien im Westclan. Nicht, dass die anderen viel anders wären.
Einigen wir uns kurz: Inu Yasha ist schuld. warm auch immer, an allem...Mal sehen, wie sich der jUnge aus der Affäre zieht.
 
hotep


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