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Drogensucht - Bis(s) das Leid ein Ende hat

Wenn das Schicksal zuschlägt
von

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Erster Morgen

Viel Spaß!
 

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Bella POV
 

Ich unterzog meinem rauen Körper eine ausgiebige Dusche,… die angesichts der Tatsache, dass ich erst vor wenigen Stunden duschen war,… vollkommen unnötig war. Dann beschäftigte ich mich mit den Klamotten, die Alice für mich rausgesucht hatte.
 

Die Unterwäsche passte, ich nahm an, dass sie von Alice stammt, denn ihre Körbchengröße kam meiner am nächsten. Rosalie hat ein pralles Dekolleté und in ihren BHs würde ich hoffnungslos ersaufen. Ich entschied mich für schwarze Leggings, die wahrscheinlich auch Alice gehörten, bei ihr würden sie höchstwahrscheinlich als lange durchgehen, wobei sie bei mir die Hälfte meiner Waden offenbarten. Alice war klein und zierlich und obwohl an ihr nicht viel dran war, toppte ich den scheiß auch noch. Denn die Leggings saß nicht so straf an meinen Beinen wie man es von einer Leggings eigentlich erwartet. Ich konnte mich allerdings auch täuschen, ich hatte keine Ahnung von Mode. Wichtig für mich war nur, dass sie oben blieb und das tat sie glücklicherweise. Dazu zog ich mir schwarze Knöchelsocken an. Mit einem langärmligen weißen Longshirt das mit Pailletten bestückt war… und definitiv Rosalie gehörte, denn dort wo meine Brüste steckten, war es ziemlich ausgebeult und wuchtig,… rundete ich mein Outfit ab.
 

Es sah irgendwie gut an mir aus. Abgesehen davon, dass es nicht richtig passte, musste ich mir eingestehen, dass es irgendwie schick war. Ich wusste nicht, wann ich das letzte Mal so tolle Sachen an hatte. Aber sicher war,... seit meiner Zeit auf der Straße, ganz sicher niemals. Würde mein Gesicht nicht so verdammt fleckig aussehen, mein Haar nicht spröde und glanzlos sein, könnte ich mich unter Umständen selbst hübsch finden. Ein paar Kilo mehr auf den Rippen würden auch nicht schaden.
 

Ich seufzte,... seit wann machte ich mir Gedanken um mein Aussehen? Es war genauso unwichtig wie jeder andere scheiß. Ich ging zurück ins Bad und durchsuchte die Schränke. Ich war freudig überrascht, als ich alles was das Herz begehrt finden konnte. Kämme und Bürsten in verschiedenen Auslagen, irgendwelche Deos und Parfüms, Cremes und Döschen mit anderem scheiß und schließlich... verpackte Zahnbüsten und Zahnpasta.
 

Zähneputzen war unglaublich,... ich hatte diesen minzigen Geschmack vermisst. Es glich einem Wunder, das ich noch immer alle Zähne im Mund hatte bei der sträflichen Vernachlässigung. Nach dem putzen, bahnte ich mir einen Weg durch mein verfilztes Haar. Fluchend und mit Tränen des Schmerzes in den Augen, gelang es mir schließlich alle Knoten zu lösen. Hinterher brannte meine Kopfhaut wie Feuer, aber der Erfolg war es wert. Erst jetzt, konnte ich das gesamte Ausmaß der Zerstörung sehen. Meine Haare waren einfach nur entsetzlich kaputt. Kein Friseur der Welt, würde da etwas retten können. Stöhnend verließ ich das Badezimmer und blieb erst einmal unentschlossen im Zimmer stehen.
 

Es half ja nichts. Irgendwann musste ich runter gehen. Ich stand unter Strom! Die bedrückende Erinnerung hatte mich innerlich aufgelöst und Jakes Verlust, klaffte schmerzend in meiner Brust. Es gab viel im Moment was verdrängt werden musste und nur ein Mittel schaffte dies effektiv. Ich wollte nicht länger denken, ich wollte nicht länger trauern. Ich wollte wieder frei sein,... also verließ ich entschlossen und mit erhobenen Hauptes das Gästezimmer. Nur um dann auf dem Korridor einer nahenden Panikattacke ins Auge zu blicken.
 

Keuchend drückte ich mich an die Wand direkt neben der Tür. Ich fühlte mich verdammt unwohl so ganz allein in diesem Flur. Kein Mensch war zu sehen. Leise Geräusche aus dem Erdgeschoss drangen zu mir durch und würden die nicht sein, wäre ich wahrscheinlich zurück ins Zimmer gestürmt, um mich in diesem riesen Bett zu vergraben. Das Haus war groß,… zu groß und ich zu klein. Ich war mickriger Abschaum und einfach nicht berechtigt hier zu sein.
 

Meine Gefühle machten mich fertig. Ich vertraue Leuten, denen mein Vertrauen nicht gebührt. Ich wusste einen scheiß über sie, einen scheiß über ihre Absichten. Sie konnten viel erzählen wenn der Tag lang ist und ich,... ich glaubte blind jedes einzelne Wort. Gerade eben noch, hatte ich im Bett gelegen und Erinnerungen meiner Freunde über mich ergehen lassen. Gerade noch habe ich mir selbst einreden wollen, dass Jakes bloßer Wille mich in diesem Haus hält. Gerade eben noch, war ich zufrieden und vielleicht auch etwas zuversichtlich gewesen. Jetzt zweifelte ich wieder alles an.
 

Diese wechselnden Gefühle und Gedanken waren abartig. Abartig und nervenzerrend. Ich war klar genug um zu erkennen, dass es eine Wirkung des jahrelangen Heroinmissbrauches ist. Jeder Junkie wird früher oder später von Paranoia überfallen und jeder wusste es. Aber es gab keine Möglichkeit um dagegen zu wirken. Nur eine,... die gleiche, die den ganzen scheiß auch auslöst. Ich brauchte einen Druck und das schnell. Am besten jetzt als später. Wie lange war der letzte Druck eigentlich her? Ich hatte keinen verdammten Plan,... aber eins war sicher,... es war ZU lange her.
 

Die Wirkung war seit Stunden verraucht und die innere Unruhe wuchs. Ich wusste nicht einmal wann ich ins Bett gegangen, geschweige denn durch diesen schrecklichen Traum aus dem Schlaf gerissen wurde. Der Tag war bereits im vollen Gange und das beunruhigte mich. Würde der Doc überhaupt da sein?
 

Ich brauchte eine Linderung für meine Seele. Die Gedanken an Leah und Jake,… sie mussten verdrängt werden. Es war inakzeptabel das zu wollen oder danach zu verlangen, aber das war… was einen Junkie ausmacht. Wenn wir in einem gut sind, dann im Verdrängen von Tatsachen!
 

Mir blieb also wohl oder übel nichts anderes übrig als meinen Arsch hinunter zu schleppen, um Ausschau nach Carlisle zu halten oder irgendwen anderes, der mich mit Aitsch versorgen kann.
 

Obwohl alles in mir nach Flucht schrie, setzte ich einen Fuß vor den anderen. Weglaufen war zwecklos. Wohin sollte ich schon laufen? Und überhaupt,... ich wollte doch gar nicht laufen. Gott,… es war so verdammt verwirrend.
 

Genau betrachtet, hätte mir was besseres gar nicht passieren können. Aber der Preis den ich hatte zahlen müssen, minderte meine Freude. Würde es eine Möglichkeit geben den letzten Tag zurück zu spülen, ich würde sie nutzen! Würde alle möglichen Konsequenzen lächelnd entgegenblicken, wenn es bedeutet Jake wieder an meiner Seite zu wissen. Ich würde freudig in die Hölle kriechen, um ihn zurück zu bekommen.
 

Und ganz sicher, würde ich ohne mit den Wimpern zu zucken dieses Haus verlassen um mit IHM, mein altes Leben weiter führen zu können. Egal welche Chance sich hier auch auf tat, ich würde sie ablehnen. Wollte sie auch jetzt ablehnen, denn nie war ich auf der Suche nach einer Chance gewesen. Jake hatte für mich Ausschau gehalten, doch ich selbst hatte nie einen Gedanken daran verschwendet. Aber wie ich schon festgestellt hatte, konnte ich nicht gehen,... konnte ihre Hilfe nicht ablehnen. Auch wenn sie sich im Moment aufs geben von Unterschlupf und Heroin beschränkt, so war ich nicht blöd... Irgendwann würde diese ganze scheiße gefährlich in Richtung Entzug schlittern. Mir blieb nur leider keine Möglichkeit dem ganzen entgegen zu wirken. Ich war auf unerklärliche Weise machtlos!
 

Wenn ich Jake nur nie verlassen hätte, dann würde ich jetzt nicht in dieser Situation stecken. Dann würde ich vielleicht in irgendeiner Zelle stecken, aber immerhin würde ich mich dort nicht vollkommen fehl am Platz fühlen.
 

Ich stöhnte genervt… 'WAS WÄRE WENN' war für den Arsch. Es war unnötig sich Gedanken über Möglichkeiten zu machen, die nicht mehr eintreten werden. Mein Kopfzerbrechen verursachte ätzende Kopfschmerzen. Wie oft wollte ich mich noch selbst fertig machen, weil ich ihn verlassen hatte? Meine Schuldgefühle würden ihn ja doch nicht zu mir zurück bringen. Dafür war es zu spät,... wieder einmal…
 

Das Leben hatte mir schon wieder übel mitgespielt. Was ich mich deswegen eigentlich noch wundere? Ich sollte inzwischen daran gewöhnt sein. Shit Happens... oder was auch immer. Mein Leben ist ein Scherbenhaufen... auf zwei, drei mehr Unglücke kommt es da auch nicht mehr an.
 

Vor der Treppe stoppte ich einen Moment, wischte mir diese verräterische Nässe aus den Augenwinkeln und nahm anschließend wacklig, eine Stufe nach der anderen.
 

„Morgen“, nuschelte ich leise, als ich den Durchgang zur Küche erreicht hatte.
 

Emmett, Edward und… GOTT SEI DANK… Carlisle saßen am großen Esstisch. Die Jungs unterhielten sich leise und der Arzt hatte seine Nase in der Tageszeitung vergraben. Esme stand hinter der Kücheninsel, hatte eine Handtasche drauf und wühlte in dieser herum. Zeitgleich ruckten ihre Köpfe in meine Richtung und ein Lächeln, strahlender als das andere schlug mir entgegen. Ich seufzte,… sie waren so verdammt offen mir gegenüber. Bei ihnen bekam ich das Gefühl,... jemand zu sein.
 

„Guten Morgen Isabella,... hast du gut geschlafen?“
 

„Bitte nennt mich Bella, ja? Isabella, klingt so gar nicht nach mir… und yeah, ich hab ganz gut geschlafen“, antwortete ich dieser liebreizenden Frau die einladende Wärme vermittelt.
 

Ich trat zögernd einen Schritt in die wirklich gigantische Küche. Sie war von Luxus kaum zu übertreffen. Die Küchenzeile war aus weißem Edelstahl, über der Kochinsel hing eine überdimensionale Abzugshaube. Ein großer Eichenholztisch stand in der Mitte des Raumes an dem 8 mit weißem Samt überzogene Stühle standen. Der Boden war aus edlem Paket und die Wände in warmen brauntönen gestrichen. Viele kleine Accessoires waren überall im Raum verteilt, passende Bilder hingen an den Wänden und die beiden großen Fenster rundeten das Bild ab.
 

Mir klappte der Mund auf. Heute nahm ich meine Umgebung definitiv besser war als gestern. Heute konnte ich mich auf sowas konzentrieren, obwohl alles in mir nach Heroin schrie. Aber wenn ich schon bleiben sollte... wollte… wie auch immer. Dann wollte ich auch ganz genau wissen wo ich hier gelandet war und das was ich bis jetzt alles gesehen hatte, war normalerweise unerreichbar für jemanden wie mich.
 

An der Wand gegenüber der Küchenzeile war ein großer bogenartiger Durchbruch, von dem man ins angrenzende Zimmer gelangen konnte. Ich ließ meinen Blick in dieses andere Zimmer schweifen und erkannte es als das, in dem ich die Nacht gelandet war. Zusammenfassend konnte ich sagen, dass das ganze Erdgeschoss ein einziger Raum war. Der nur anhand der Durchgänge in einzelne Bereiche unterteilt war. Eine wirklich ausgefeilte Idee! Hier hatte jemand sein gesamtes Herzblut in die Planung des Gebäudes gesteckt.
 

„Ich habe dir Rühreier zum Frühstück gemacht, Liebes. Ich wusste nicht was du haben möchtest.“
 

„Oh… nur keine Umstände meinetwegen. Ich bin nicht wählerrisch oder so… wäre das der Fall, würde ich schon lange nicht mehr unter den lebenden weilen“, versicherte ich.
 

Irgendwie schien ihnen mein Kommentar überhaupt nicht zu gefallen. Edward starrte mich komplett entsetzt an. Ich seufzte und zuckte die Schultern.
 

„Wie auch immer,... ich habe keinen Hunger, aber trotzdem danke.“
 

„Du solltest etwas essen, Kind. Du hast gestern bestimmt den ganzen Tag nichts gegessen. Die Eier stehen im Ofen.“
 

Nun… ich konnte nicht einmal mit Gewissheit sagen, vorgestern etwas gegessen zu haben. Natürlich würde ich es nicht an die große Glocke hängen oder so, der forschende Blick des Arztes genügte mir jetzt schon.
 

„Ich möchte wirklich nichts,... vielleicht später“, machte ich ihr deutlich.
 

Sie seufzte laut, wandte sich dann ihrer Tasche zu, schloss sie und schulterte sie.
 

„Ich bin dann weg…“, sagte sie durch die Runde, blickte dann mich an.
 

„…Einkaufen“, erklärte sie und lief an mir vorbei.
 

Dann drehte sie sich allerdings noch einmal um. Ihre goldenen Augen brannten sich in meine. Ich musste einige Male blinzeln. Diese Augenfarbe war hypnotisierend und skurril zugleich. Dies war etwas, an das ich mich unbedingt gewöhnen musste, genau wie an dieses verdammte Herzrasen das ich bekam, wenn ich Edward erblickte.
 

„Soll ich dir etwas Bestimmtes mitbringen? Hast du irgendwelche besonderen Wünsche? Die Mädchen besorgen dir später Kleidung, aber brauchst du noch etwas anderes?“
 

Verblüfft das sie sich so viele Gedanken um mich machte, starrte ich sie einen Moment einfach nur an.
 

„Uh nein, ich brauche nichts… nur keine Umstände“, sagte ich noch einmal.
 

Ich war daran gewöhnt eine Menge Aufmerksamkeit von Jake zu bekommen, aber das hier war etwas völlig anders und gefiel mir so ganz und gar nicht. Ich stand nicht gern im Mittelpunkt. Aber Tatsache war, dass ich es wohl vorläufig ertragen musste. Denn auch für sie, musste es eigenartig sein, mich bei ihnen zu wissen. Und etwas Neues ist doch immer interessant oder?
 

„Okay“, sie lächelte hinreißend und wandte sich zum gehen.
 

„Oh… halt doch,... also da wäre vielleicht doch etwas“, rief ich schnell aus.
 

Ich sah mich um und bemerkte, dass vor allem Edward mich intensiv betrachtete. Carlisle hatte einen…stolzen?! Einen stolzen Ausdruck im Gesicht. Was bitte machte ihn stolz? Dass ich mich traute etwas zu verlangen? Was es auch ist, ich bin mir ziemlich sicher, sein Stolz wird gleich genauso schnell verschwinden, wie er erschienen ist.
 

„Kippen wären großartig“, sprach ich bettelnd und setzte dabei ein flehendes Gesicht auf.
 

Sie öffnete den Mund, schloss ihn dann aber wieder und blickte zu ihrem Mann. In dessen Gesicht, wie ich vermutet hatte, von Stolz nichts mehr zu sehen war. Ich zuckte entschuldigend die Achseln und lächelte ihn vorsichtig an.
 

„Muss das denn unbedingt sein?“, fragte er mich beinahe verzweifelt.
 

Ich war drauf und dran über den klang seiner Stimme zu lachen, konnte es mir aber gerade noch verkneifen.
 

„Yeah, muss es“, nickte ich unterstreichend.
 

„Meinst du nicht auch, dass du deiner Gesundheit schon wahrlich genug antust? Musst du sie nun auch noch mit Nikotin belasten?“
 

Ich dachte einen Moment darüber nach, nickte dann aber wieder entschlossen. Er seufzte und schüttelte leicht den Kopf. Die Köpfe von Emmett und Edward, gingen wie bei einem Ping Pong Spiel hin und her.
 

„Gewohnheiten lassen sich nur schwer ablegen“, murmelte ich leise und hoffte, dass er verdammt noch mal sein grünes Licht geben würde.
 

Ich meine,… ich brauchte den scheiß nicht. Kippen waren nicht wirklich notwendig, aber sie würden mir helfen in diesem Haus bei Verstand zu bleiben. Ich konnte schlecht alle drei Stunden nach Dope verlangen, wenn die Wirkung verflog… und daher brauchte ich etwas, was meine Nerven beruhigen konnte.
 

„Rauchst du viel und oft?“, fragte er mich dann und ich stöhnte.
 

„Himmel, keine Ahnung... wann immer ich die Gelegenheit dazu bekomme. Es,... es beruhigt mich einfach. Ich rauche halt gern…“
 

Etwas in seinen nicht vorhandenen Bart murmelnd, griff er nach der Zeitschrift die er beiseitegelegt hatte, nickte seiner Frau einmal kurz zu und vertiefte sich wieder auf das Papier. Ratlos stand ich da und versuchte schlau aus dem zu werden. Esme ging, ohne ein weiteres Wort und auch die Jungs sagten nichts. Ich nahm einfach an, dass sein Nicken ein JA bedeutete und grinste zufrieden.
 

Ich blickte mich um, begegnete prompt einem Paar goldener Augen, die mich sofort festhielten. Einen langen Moment starrte ich Edward einfach nur an. Und er,... er starrte zurück. Ich hatte das Gefühl, als würde er direkt durch mich hindurch bis auf meine Seele schauen und… ich hatte nichts dagegen. Doch irgendwann schüttelte ich seinen Blick ab und räusperte mich. Der Turkey war im Anmarsch… ich konnte es spüren und das… versetzte mich leicht in Panik. Wie schon angenommen,... der letzte Druck lag lange zurück.
 

„Also eigentlich wollte ich n…“
 

„Iss deine Eier, Bella“, unterbrach mich Carlisle ohne von seiner Zeitung aufzusehen.
 

„Was? Ich uh,... ich sagte doch bereits… ich habe keinen Hunger“, er seufzte und ließ die Zeitung erneut sinken.
 

„Ich bin mir sicher, dein Körper würde es dir danken.“
 

„Nun… ich bin mir sicher, mein Körper würde einen Druck viel lieber begrüßen, als verdammte Eier“, sagte ich barsch.
 

Was bitte versuchte er hier? Wollte er mich herausfordern? Da war er bei mir an der falschen Adresse. Ich ließ mich nicht herausfordern… ICH forderte heraus.
 

„Wenn ich mich nicht täusche, dann warst du es, der mir sagte ich würde Heroin bekommen“, schnappte ich verärgert.
 

Ich hatte auf so ein autoritäres Gehabe überhaupt keine Lust. Ich war keines seiner Kinder… ER hatte mir nichts zu sagen. Wut kroch langsam meinen Körper hinauf. Ich war schussgeil und kurz vor dem ausflippen. Er spielte mit meinen Nerven und das pisste mich an. Wenn ich etwas überhaupt nicht leiden konnte dann, wenn jemand sich einen Vorteil aus meinen Schwächen zog. Verdammte scheiße,... gerade noch war ich irgendwie gut gelaunt und er schaffte es binnen einer Minute mich gehörig abzufucken.
 

Er seufzte und hob eine Augenbraue. Emmett hatte sich gespannt etwas über den Tisch gebeugt und beobachtete neugierig die neue Atmosphäre, wohingegen Edward in seinem Stuhl zusammen gesunken war und bestürzt den Kopf schüttelte.
 

„Und ich stehe zu meinem Wort. Du bekommst Heroin, aber erst einmal möchte ich, dass du etwas isst. Sieh doch Mädchen,… dein Körper braucht Nährstoffe und die wird er durch Heroin nicht bekommen.“
 

„Ich esse später etwas“, er schüttelte den Kopf und meine Hände ballten sich zu Fäusten.
 

„Tu mir den Gefallen,... bitte.“
 

Oh… wunderbar… jetzt fing er auf diese Tour an. Ich war einfach nur verdammt aufgebracht. Ich wollte Aitsch,... ich wollte es so sehr, aber…GOTT WAS ABER? Als ich seinen flehenden Blick sah, verrauchte meine Wut so schnell wie sie gekommen war. Er sorgte sich doch nur um mich. So,… wie es Jacob immer getan hat.
 

Ich fühlte mich augenblicklich schlecht. Diese Familie hatte mir so sehr geholfen. Carlisle hatte mir so sehr geholfen und was tat ich,... ich blaffte ihn an. Aber… zum Teufel nochmal… dieses Verlangen.
 

„Ich komm auf Turkey“, wisperte ich leise.
 

Ich hatte das Gefühl…Carlisle versuchte Grenzen bei mir festzulegen. SCHON JETZT… und das nervte mich. Doch irgendwie konnte ich ihm das auch nicht verübeln. Immerhin war das hier SEIN Haus und es war SEIN Geld, das für mich ausgegeben wird. Und irgendwie war er ein Vater und Väter tun so etwas. Regeln aufstellen…Grenzen errichten… Anweisungen geben…
 

FUCK!
 

Und das an meinem ersten Morgen hier. `Konnte ja nur noch besser werden´, dachte ich sarkastisch.
 

„Dann solltest du aufhören zu diskutieren. Du wärst schon längst fertig mit deinem Essen.“
 

Ich ließ kapitulierend die Schultern hängen. Ich wusste, wann ich aufzugeben hatte. Er hatte die Macht über mich! Herumzubrüllen würde mir nichts bringen,... er hatte mich in der Hand!
 

Träge ging ich rüber zum Ofen, nahm den Teller mit den Rühreiern und blickte mich suchend um.
 

„Linke oberste Schublade“, murmelte Carlisle, den Kopf hatte er wieder in der Zeitung vergraben und sprach ohne aufzusehen.
 

Ich öffnete die Schublade, nahm mir eine Gabel und schlenderte zum Tisch. Ich setzte mich an die Stirnseite, dem Doc direkt gegenüber. Edward saß genau neben mir, er lächelte mich an, genau wie Emmett der direkt neben ihm saß. Ich erwiderte das Lächeln der Jungs, sah dann auf meinen Teller und spießte seufzend ein kleines bisschen von diesem gelben, klumpigen Zeug auf die Gabel.
 

„Wie lange ist der letzte Druck eigentlich schon her?“, fragte ich kauend.
 

Mir war nicht unangenehm darüber zu sprechen. Warum auch? Sie hatten mich in einem meiner schlimmsten Momente gesehen,... da war das hier lächerlich. Und jeder hat seit dieser Nacht mitbekommen, dass ich Heroin drücke. Also warum das Thema schön reden oder unter den Tisch kehren? Es war für mich normal, offen über Aitsch zu reden. So normal, wie für andere ein Plausch über die Nationalliga. Ich wollte mich auch hier nicht verstellen. Carlisle hatte vorgeschlagen einander kennen zu lernen, also warum sollte ich mich verstellen? Ich konnte zwar noch keinen Gefallen an dieses `kennenlernen´ finden, aber man konnte ja schon mal damit anfangen, sich ganz normal zu geben.
 

„Über neun Stunden“, beantwortete Edward und mir… fiel die Gabel aus der Hand.
 

Sie schlug mit einem klirrenden Geräusch auf den Teller und kam wackelnd auf diesem zum liegen. Neun Stunden? Heilige Scheiße,... die neue Dosis war unglaublich. Wann hatte ich das letzte Mal erst nach neun Stunden erste Entzugserscheinungen? Soweit ich mich erinnern kann, muss das am Anfang meines dauerhaften Konsums gewesen sein…da waren es sogar um die zehn oder elf Stunden. Doch das war schon lange her. Normalerweise, schlitterte ich bereits nach sieben Stunden in den Turkey. Weil die Dosis einfach zu gering war aber jetzt,... neun Stunden… Wahnsinn!
 

Ich blickte in drei verwirrte Augenpaare. Schüttelte leicht meinen Kopf, schnappte mir die Gabel und schob mir eine neue Ladung in den Mund. Sie mussten nicht unbedingt wissen, dass mich das überrascht. Denn das würde bedeuten ich müsste ihnen erzählen, dass ich eigentlich nur ein halbes Gramm verdrücke.
 

Ich aß langsam,... sehr langsam. Erstens war mir irgendwie flau im Magen, was ganz sicher mit dem Turkey zu tun hatte, zweitens hatte ich noch immer keinen Hunger und drittens, vertrug mein Magen schon lange kein schnelles essen mehr. Genauso wenig, wie er viel Essen vertrug. Ich würde hundertprozentig kotzen müssen, wenn ich schlingen würde.
 

Um mich von den Anläufen des Turkeys abzulenken, zog ich die Jungs in ein Gespräch, obwohl mir eigentlich zum heulen zumute war. Dr. Cullen musste das sicherlich spüren, denn er warf mir ständig wissende Blicke über die Zeitung hinweg zu,... anscheinend kam er aber nicht auf den Gedanken mich zu erlösen. Was meine Theorie… Grenzen setzen…bestätigte. Er probierte aus, wie weit er bei mir gehen kann und würde ich ihm für das, was er letzte Nacht für mich getan hat, nicht so verdammt dankbar sein, würde er schnell merken, dass meine Grenze erreicht war. Aber wie gesagt,... ich konnte es ihm nicht verübeln. Ich musste mich zusammenreißen. Er könnte mich genauso gut vor die Tür setzen und das wollte ich irgendwie vermeiden, obwohl ich aber auch irgendwie vor die Tür gesetzt werden wollte…Himmel Herrgott nochmal.
 

„Also… wo sind alle anderen?“
 

„High School,... es ist Montag“, sagte Emmett knapp und zuckte die Schultern.
 

„Oh…“, klar da gab es ja etwas was Jugendliche in meinem Alter eigentlich tun sollten.
 

„…den wievielten haben wir heute eigentlich?“
 

„Du weißt es nicht?“, fragte mich Edward.
 

Ich schüttelte den Kopf, während ich noch etwas von den Rühreiern aß.
 

„Es ist ja nicht so, dass ich einen Kalender mit mir herum schleppe oder so. Ich weiß etwa welche Jahreszeit gerade herrscht, aber das genaue Datum weiß ich nicht. Es ist seit Wochen milder draußen,... von diesem permanenten Regen mal abgesehen. Der Winter war hart und lang gewesen,... ich schätze wir haben Anfang Mai oder so.“
 

„Vierzehnter Mai“, bestätigte Edward.
 

Ich nickte,… er sah traurig aus. Ich wusste nicht so recht was ihn traurig stimmte. Aber ich mochte es nicht, wenn er traurig war, also lächelte ich ihn aufmunternd an. Er seufzte und fuhr sich durchs bronzefarbene Haar.
 

„Du warst im Winter draußen?“
 

„Wo sonst?“, stellte ich ihm eine Gegenfrage, die er nicht beantwortete.
 

Ich würgte einen weiteren Bissen hinunter. Mir ging es nicht gut,... aber ich wollte auch nicht schwach wirken. Doch irgendwann, beachtete ich das Essen nicht weiter, richtete meine Aufmerksamkeit lieber wieder auf die Jungs. Dr. Cullen las derweil in Ruhe die Zeitung.
 

„Und warum seid ihr dann nicht in der Schule?“
 

„Ich bin letztes Jahr fertig geworden“, verkündete Emmett mit einem fetten Grinsen im Gesicht.
 

Es war ihm anzusehen, dass ihn diese Tatsache mehr als glücklich stimmt.
 

„Und was ist mit College,... keinen Platz gefunden?“
 

„Keine Lust“, sagte er ohne Umwege.
 

Ich warf einen Blick zu Dr. Cullen. Aber der saß weiterhin unbewegt auf seinem Stuhl und studierte die Zeitung. Es war klar, dass er bei seinem ältesten mit seinen Grenzen versagt hatte. Ich kicherte, während ich etwas von dem Ei auf meinem Teller hin und her schob.
 

„Iss noch ein bisschen“, flüsterte mir Edward ins Ohr.
 

Ich erschrak, hatte gar nicht mitbekommen das er sich zu mir gelehnt hatte und starrte ihn mit großen Augen an. Er machte keine Anstalten sich wieder zurück zu beugen. Sein Gesicht war meinem nur wenige Zentimeter entfernt und wieder überrollte mich sein Geruch wie eine Dampfwalze. Er war so wunderschön! Mir ging es augenblicklich besser und das beunruhigte mich irgendwie. Weil es ganz klar nur an Edward lag und das verstand ich nicht.
 

Die Gefühle die in mir wüteten wenn ich ihn sah, waren genauso schön wie sie erschreckend waren. Er war mir so vertraut… Diese Augen,... wie können Augen nur so viel zeigen? Wie kann ein einfacher Blickkontakt mich Raum und Zeit vergessen lassen? Flüssiges Gold hielt mich gefangen und ich wollte,... ich wollte nie wieder losgelassen werden.
 

Wenn ich in seine Augen sah,... war alle scheiße plötzlich unwichtig. Ich kannte ihn nicht,... alles was ich wusste war sein Name und doch vertraute ich ihm. Wie damals,... als Jake uns rettete gingen wir mit ihm,... alles was wir kannten war sein Name. Ich hätte niemals damit gerechnet, dass mir das noch einmal passieren würde. Aber es passierte,… in dem Moment als ich IHN in der Gasse das erste Mal sah. Es war nicht Jakes Wille der mich in diesem Haus hielt,... es war der Junge vor mir. Der Junge, der mir fremd war, dem ich aber bedingungslos,...vertraute!
 

Ich wollte seine Wange streicheln. Ich wollte wissen, ob sie wirklich so glatt war wie sie aussah. Noch niemals hatte ich Menschen mit so perfekten Gesichtszügen gesehen. Aber diese hier,… waren alle perfekt. Himmel was dachte ich nur? Ich war ganz durcheinander! Leicht schüttelte ich meinen Kopf, unterbrach damit diesen intensiven Blickkontakt.
 

„Wenn ich noch mehr esse, werde ich kotzen“, versicherte ich ihm leise.
 

Er seufzte traurig, nickte dann aber verstehend.
 

„Ich versuch es später nochmal“, versuchte ich ihn aufzumuntern denn ich wollte nicht, dass er sich sorgte.
 

Und das tat er,… ich sah es in seinen Augen. Auch wenn ich nicht nachvollziehen konnte warum dem so war, war es ganz eindeutig Sorge in seinem Blick. Vielleicht… vielleicht fühlte er das auch! Dieses Kribbeln… diese Vertrautheit…großartig und nun begann ich auch noch zu phantasieren.
 

„Du würdest mich damit wahnsinnig glücklich machen.“
 

HILFE!!!
 

„Uh… okay, also… uh… warum bist du nicht in der Schule?“, stotterte ich wie ein Weltmeister.
 

Ich musste ganz dringend das Thema wechseln. Er lehnte sich wieder zurück, fuhr sich wieder einmal durchs Haar… ich hab schon gemerkt das es eine Marotte von ihm war… und zuckte leicht die Schultern.
 

Ich hätte ihn lieber weiter anblicken sollen, denn als ich zu Emmett und Carlisle blickte, wurden meine Wangen ganz heiß. Sie hatten unser kleines Blickduell natürlich mitbekommen und anscheinend äußerst amüsant gefunden. Schnell sah ich wieder zu Edward, der gerade zu einer Antwort ansetzte.
 

„Ich geh nicht hin, also genaugenommen denken die Einwohner dieses Örtchens, ich wäre auf einem Internat.“
 

Irgendwie wurde ich den Eindruck nicht los, dass er sich das gerade sauber ausgedacht hat.
 

„Wo du aber augenscheinlich auch nicht hingehst.“
 

Er schüttelte lächelnd den Kopf.
 

„Ich mache meinen Abschluss von Zuhause aus… Fernstudium.“
 

Meine Augen weiteten sich überrascht. Ich hatte keine Ahnung, dass so etwas möglich war. Woher auch?
 

„Warum?“
 

Es war nicht Edward der antwortete, Emmett begann schallend zu lachen und zog meine Aufmerksamkeit auf sich.
 

„Unser Eddy hier ist ein Wunderknabe,... überbegabt… und zu fein zur Schule zu gehen.“
 

Edward handelte schneller als ich gucken konnte. Kaum hatte Emmett seinen Kommentar abgelassen, landete Edwards Faust hart auf Emmetts Brust. Ich verzog das Gesicht,... das würde definitiv einen üblen blauen Fleck geben. Aber Emmett rieb sich noch nicht einmal die geschändete Stelle, lachte einfach nur weiter blöd vor sich hin. Verdammt schräg…
 

„So so,… Wunderknabe also?“
 

Der Angesprochene fuhr sich verlegen durchs,… nun wie sollte es auch anders sein,…Haar und rollte mit den Augen.
 

„Wenn du es so ausdrücken möchtest dann JA“, bestätigte er.
 

Ich wandte mich zu Carlisle, der sein Gesicht wieder hinter der Zeitung verborgen hatte.
 

„Sie sollten das nicht durchgehen lassen Doc,... nicht das ihr jüngster noch eingebildet wird.“
 

Dr. Cullen lachte in sich hinein, während Emmett ein `das ist er schon´ vom Stapel ließ und sich erneut eine von Edward einfing,… dieses Mal schlug er allerdings zurück. Ich lachte, doch mein lachen erstarb genauso schnell wie es gekommen war. Es tat weh die beiden Geschwister so unbeschwert bei ihren Sticheleien zu beobachten. Es erinnerte mich stark an das, was ich verloren hatte und ließ mich ganz genau sehen, wie es gewesen wäre, wenn…
 

Vielleicht hatten sie meine wechselnde Stimmung mitbekommen,… denn sie unterließen es, sich gegenseitig zu schlagen. Ich sah allerdings nicht auf… ich hatte mit den Tränen zu kämpfen und das mussten sie nicht sehen. Ich stocherte eine Weile in meinen Eiern rum ohne etwas zu essen,… bis plötzlich das einsetzte, auf das ich die ganze Zeit nur gewartet hatte.
 

Meine Hände fingen leicht an zu zittern und ich wusste, der abartige Schweiß stand bereits in den Startlöchern. Meine innere Unruhe hatte ich bis jetzt erfolgreich verdrängen können, wobei mir die Jungs sehr nützlich waren. Und doch, war es nur eine Frage der Zeit.
 

Ich sah auf,… warum auch immer…aber direkt zu Edward. Er starrte auf meine rechte Hand, in der die Gabel leicht bebte. Sein Kopf hob sich, seine Augen hatten wieder diesen traurigen Ausdruck bei dem ich ein seufzen nicht verhindern konnte. Ein gequältes Lächeln bildete sich in seinem Gesicht. Ich riss mich von ihm los, ließ die Gabel fallen und blickte nach vorn.
 

„Carlisle“, hauchte ich.
 

Sofort sah er auf. Sah von meinen Augen runter zu meinen Händen und wieder zurück. Er legte die Zeitung auf den Tisch und stand auf.
 

„Komm mit.“
 

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Ich hoffe dieses…wie ich finde…großartige Kap hat die lange Wartezeit entschädigt.

Ich bin sehr gespannt auf eure Meinung.

Bis bald…
 

Drück euch… Alex



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  vamgirly89
2013-01-14T20:39:18+00:00 14.01.2013 21:39
wow. Bitte ganz schnell weiter schreiben. Freue mich schon wenn es weiter geht.


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