Zum Inhalt der Seite

Drogensucht - Bis(s) das Leid ein Ende hat

Wenn das Schicksal zuschlägt
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

...mit Folgen

SORRY SORRY SORRY SORRY SORRY
 

Viel Spaß mit dem neuen Kapitel!
 

*************
 

Edward POV
 

Ich hatte überhaupt keine Ahnung was gerade geschehen war. Dennoch befolgte ich ihre Anweisung sofort. Sie musste hier weg…wieso auch immer aber ihr Blick signalisierte, dass etwas grässliches geschehen sein musste. So sehr ich es auch verstehen wollte. Wichtig war jetzt nur, zwischen Bella und diesem…Haus…so viel Abstand wie nur möglich zu schaffen.
 

Schnell half ich ihr auf, schlang einen Arm um ihre Hüfte, hob sie so an, dass es für Außenstehende nicht zu erkennen war und trug sie fort. Es kam überhaupt keine Reaktion von ihr. Die Teilnahmslosigkeit in ihren Augen ängstigte mich.
 

Hinzu kam das leichte zittern ihres Körpers, dass ich nicht deuten konnte. Ihre viel zu gehetzte Atmung ließ auf Entzugserscheinungen schließen doch ihr Verhalten passte nicht. Sie wirkte…leblos. Als würde sie unter einem Schock leiden.
 

Wir kamen auf einen kleinen Marktplatz an. Es musste gegen 19 Uhr sein. Die meisten Stände hatten bereits geschlossen. Demzufolge wenige Passanten konnte man antreffen. Drei Straßen weiter und wir würden am Auto sein…könnten dann endlich raus aus dieser Stadt.
 

„Da…“, platzte es plötzlich aus ihr heraus.
 

Sie strampelte sich aus meinem Griff, noch ehe ich den Grund für ihr Interesse ausmachen konnte. Als sie eine öffentliche Toilette ansteuerte, dämmerte mir was sie vorhatte.
 

„Moment mal“, ich hielt sie am Arm fest.
 

Sie warf mir einen Blick zu, der mich sofort einen Schritt zurück taumeln ließ. Denn hilflosen Ausdruck in ihren Augen würde ich wohl nie mehr vergessen. Etwas ganz gewaltiges spielte sich in ihrem Kopf ab und ich befürchtete, nicht stark genug zu sein um die Lage zu bewältigen.
 

Ich überließ ihr ohne Gegenwehr die Handtasche, die sie mir förmlich von der Schulter riss. Mit etwas Abstand folgte ich ihr. Mein Bauchgefühl sagte mir, das es fatal wäre sie unter diesen Umständen drücken zu lassen. Doch was sollte ich tun? Ich hatte kein recht sie zu bevormunden. Ich musste ihre Entscheidung akzeptieren wenn ich wollte, dass sie mir blind vertraute. Die große Frage war allerdings… wie sehr war sie überhaupt noch fähig Entscheidungen zu treffen?
 

Während ich meinen inneren Konflikt ausführte, errichten wir die öffentliche Toilette. Bella drehte sich nicht um als sie zur Damentür ging. Ihre Präsenz wirkte gewaltig… entschlossen… und ich sah ein, dass es besser war sie einfach machen zu lassen. Ich würde hinterher da sein um sie wieder aufzubauen.
 

Ich lehnte mich an das Geländer der U-Bahn Unterführung und beobachtete sie. Eine ältere Dame traf zeitgleich mit ihr an der Tür an.
 

„Verpiss dich“, fuhr Bella sie mit einer solchen Kälte in der Stimme an, dass selbst ich zeitgleich mit der Frau zusammenzuckte.
 

Sie drängte sich an der erstarrten Frau vorbei ohne auch nur einen leichten Anflug von Reue zu zeigen. Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss und fassungslos starrte ich auf das Holz. Die Alte machte schnell, dass sie von dannen kam.
 

Es war…überraschend…sie so zu erleben. Das erste Mal, sah ich in Bella das Straßenmädchen das sie war. Das Mädchen, das lernen musste sich zu beweisen. Das Mädchen, das kämpfen musste. Das Mädchen, das jeglichen Respekt anderen Menschen gegenüber verloren hatte. Aber auch das Mädchen, das unendlich gebrochen war.
 

Ich lauschte ihren Bewegungen. Das ungute Gefühl in meinem Magen wollte einfach nicht verschwinden. Sie war labil und gerade damit beschäftigt, sich eine Nadel unter die Haut zu schieben. Ihr tiefes Stöhnen fuhr mir durch Mark und Bein.
 

Mein Handy klingelte in dem Moment, in dem auch ihr Herz einen gewaltigen Holper machte. Würde mein eigenes noch schlagen, hätte es jetzt garantiert damit aufgehört. Ohne meinem Handy Beachtung zu schenken, stürmte ich in die Toilette um das Bild in meinem Kopf zu vervollständigen. Ich ahnte, dass sich meine Befürchtungen bewahrheitet hatten.
 

Das Klingeln erstarb als ich mit einem lauten Knarren die Kabinentür aus den Scharnieren riss. Was mich dann erwartete war wohl mit unter das schrecklichste was ich je gesehen hatte. Kaum war die Tür offen, kippte mir Bellas lebloser Körper entgegen. Ich fing sie auf, hockte mich auf den Boden und rüttelte sie.
 

„Bella…“, meine Stimme zitterte.
 

Behutsam strich ich ihr die Haare aus dem Gesicht. Blankes Entsetzen traf mich als ich ihr bleiches Gesicht ansah. Ich hatte mich wohl noch nie in meinem Leben so hilflos gefühlt…mich so gefürchtet.
 

„BELLA…“, jetzt war es ein spitzer Schrei der über meine Lippen kam.
 

In diesem Moment stürzte alles auf mich nieder. Eine Welle Selbsthass und Trauer überkam mich. Ich war so sehr gefangen in meinen Schuldgefühlen, dass ich überhaupt nicht realisierte, dass mein Handy erneut klingelte.
 

Ihre Atmung war flach…sehr flach und ihr Herz schlug langsam…ZU langsam. Ihre Lippen liefen blau an und die Adern unter ihren Augen traten hervor. Mir war übel…es konnte nur das Gefühl von Übelkeit sein das meinen Magen hinaufkroch.
 

Eine Heroinvergiftung, schallte es sofort durch meinen Kopf. Carlisle hatte mich ausführlich über alle Übel dieser Sucht unterrichtet. Damit ich im Ernstfall handeln konnte. Der Ernstfall war eingetreten. Als aller erstes, brachte ich sie in die stabile Seitenlage. Ich wusste anhand ihrer Atmung, dass sie der absoluten Katastrophe gerade noch davon gekommen war. Sie hatte eine Atemlähmung um ein Haar verfehlt.
 

„Bella…bitte“, ich schlug ihr leicht gegen die Wangen.
 

Keine Reaktion! Damit ihr Hirn ausreichend Sauerstoff bekam, gab ich ihr eine Mund zu Mund Beatmung. Mein Handy klingelte wieder…
 

„Du liebes bisschen“, hauchte jemand hinter mir.
 

Eine Frau…ich sah uns in ihren Gedanken zusammen auf dem Boden kauern. Es war kein schöner Anblick.
 

„Wir brauchen einen Krankenwagen“, murmelte sie leise.
 

Dann hörte ich, wie sie sich Richtung Tür wandte. Wohl um ihre Feststellung öffentlich zu machen.
 

„Nein…“, fuhr ich sie an, ließ widerwillig von Bella ab und fixierte sie.
 

Erschrocken hielt sie inne und erwiderte meinen Blick.
 

„…keinen Krankenwagen“, sagte ich mit Nachdruck.
 

„Hören sie junger…“, ich stoppte sie mit meinem Blick.
 

„KEINEN KRANKENWAGEN!“
 

Dass ich meine letzten Worte mit einem Knurren Nachdruck verlieh, war so nicht geplant gewesen. Doch wenigstens stand sie nun Stock steif, mit geweiteten Augen da ohne auch nur im entferntesten in Erwähnung zu ziehen, sich die nächsten Stunden vom Fleck zu bewegen. Ich hatte sie schwer eingeschüchtert.
 

Bella auf dem Boden zuckte leicht. Ihr Herzschlag wurde kaum wahrnehmbar stabiler. Kein Arzt mittels Stethoskop, hätte diesen Unterschied heraus gehört. Erleichterung keimte in mir auf. Ich begann von neuem mit der Beatmung. Es dauerte Minuten ehe sich ihr Zustand verbesserte. In dieser Zeit, klingelte mein Handy weitere Male. Als ihre Atmung gleichmäßiger wurde…noch immer flach, aber gleichmäßig… ließ ich von ihr ab.
 

„Sehen sie doch…“, ich knurrte erneut und wandte mich an die Frau.
 

„Gehen sie oder halten sie verdammt nochmal den Mund.“
 

Sie schwieg. Hin und Her gerissen ob sie das Weite suchen oder bleiben sollte. Ihr Instinkt trieb sie zur Flucht, ihre Sorge zum bleiben. Ich hätte ihr Danken sollen. Menschen wie sie, gab es in dieser Zeit wenige. Doch Momentan hatte ich andere Sorgen. Ich handelte im weitesten Sinne Instinktiv und ruhig. Der erste Schock war dahin…jetzt musste ich einen kühlen Kopf bewahren. Ich hatte später noch genug Zeit, mich an meinen Schuldgefühlen zu zerfleischen.
 

„Edward…“, erschrocken keuchte ich und sah auf Bella.
 

Sie blinzelte, war zu schwach die Augenlider offen zu halten.
 

„Ich bin da…alles wird gut“, sie stöhnte erschöpft.
 

„Hast du Schmerzen?“
 

Als Antwort erbrach sie sich…kräftig. Obwohl sie versuchte wegzurutschen, hielt ich sie in der stabilen Seitenlage. Es war ihr Zusehens unangenehm in ihrem eigenen Erbrochenen zu liegen. Ich schüttelte meinen Kopf. Sie hatte vielleicht Nerven.
 

„Gott…“, jammerte sie während sie würgte.
 

„…lass mich…“, sie gurgelte.
 

„…das ist widerlich“, hauchte sie.
 

Im Moment war es mir völlig egal was sie für widerlich hielt oder nicht. Ich war nur so unendlich erleichter sie wieder bei Bewusstsein zu wissen. Ich wollte am liebsten die ganze Welt umarmen. Ich wusste, das schlimmste war überstanden. Eine…nur eine leichte Heroinvergiftung!
 

„Geht es dir gut?“
 

Ich lachte erleichtert als sie mir diese Frage entgegen spukte. Gott sei Dank!!!
 

„Was machst du für Sachen?“
 

„Entschuldige“, murmelte sie während ich ihr half sich aufzurichten.
 

Ich rutschte sie so zurecht, das sie stabil an der dreckigen Wand des Klohauses lehnen konnte und hockte mich vor sie. Sie sah absolut abscheulich aus. So sehr es mich auch ärgerte sie so zu bezeichnen, es war die Wahrheit.
 

Ich hatte sie schon oft, sehr oft in einem desolaten Zustand gesehen aber das, dass übertraf so ziemlich alles andere. Die dunkel violetten Lippen waren mit unter das auffälligste in ihrem kreidebleichen Gesicht. Von ihrem eigenen Erbrochenem besudelt und mit stark geschwollenen Augen blickte sie auf ihren Schoß. Und das bisschen, was hinter der Schwellung zu erkennen war beunruhigte mich. Dort herrschte absolute Leere. Eine emotionslose Hülle saß mir gegenüber und atmete flach.
 

„Ich dachte einen Moment, ich hätte dich verloren“, wisperte ich leise.
 

Sie antwortete nicht.
 

„Ich liebe dich“, hauchte ich und wartete emotional selbst völlig am Ende auf eine Regung.
 

Einen Augenblick später kam sie auch. Langsam sah sie auf und blickte einfach nur zurück. Mit feuchten Augen und bebenden Lippen. Ich drückte beruhigend ihr Knie.
 

„Es ist gut…“, flüsterte ich.
 

Kaum wahrnehmbar schüttelte sie den Kopf. Innerlich seufzte ich.
 

„Wie viel hast du genommen?“
 

Ich hoffte, es war taktisch klug zum Oberflächlichen überzugehen. Alles andere, gehörte nicht in ein stinkendes Toilettenhaus.
 

Es dauerte erneut einen Augenblick, bis sie ihren Kopf langsam in Richtung Kabine wandte. Ich folgte ihrem Blick und verschaffte mir schnell einen Überblick. Zwischen ihrem Besteck lagen zwei leere Folienpäckchen. Die zwei, die ich ihr am Morgen in die Tasche gepackt hatte. Zwei Päckchen…zwei Gramm…in knapp 6 Stunden. Ein halbes hatte sie bei unserer Ankunft im Auto gedrückt. Denn Rest jetzt.
 

Ich sah wieder zu ihr. Versuchte keine Enttäuschung durchdringen zu lassen. Aber ich würde später noch einmal auf dieses Thema eingehen. Nicht jetzt…wir mussten hier weg. Ich hatte keine Ahnung wie lange die Frau noch unter Schock stehen würde. Ihre Gedanken waren ein Durcheinander ohne Punkt und Komma. Am meisten beunruhigte mich, das sie versuchte zu verstehen was oder wer ich war.
 

„Lass uns gehen“, sagte ich leise.
 

Bella nahm die Frau nun selber wahr und nickte. Im gleichen Moment klingelte mein Handy erneut. Angepisst nahm ich das Gespräch entgegen. Meine Familie…Alice…war hartnäckig. Sie würde nicht eher Ruhe geben.
 

<Alice…>
 

<Jasper ist auf dem Weg zu euch. Ich habe Carlisle angerufen. Er wird zuhause sein wenn ihr ankommt.>
 

<Ich danke dir.>
 

Sie legte auf. Bella vor mir hustete, wandte ihren Kopf ab und spukte eine Ladung Schleim aus.
 

„Jasper ist gleich da. Wir warten.“
 

Auch das nahm sie eher teilnahmslos zur Kenntnis. Ihr Blick blieb weiterhin leer, während sie auf ihren Schoß sah und ihre Hände knetete. Sie so zu sehen tat mir weh. Mich nervte das schlechte Gewissen. War ich es doch, der sie unter einen Vorwand in diese Stadt lockte. Ich hatte gehofft, die gewohnte Umgebung würde etwas bewirken. Irgendetwas…Hauptsache sie kroch aus ihrem Schneckenhaus. Es hatte etwas bewirkt, doch auf so etwas war ich nicht vorbereitet gewesen. So etwas…so etwas hatte ich nicht gewollt. Und ich hatte keine Ahnung was als nächstes geschehen würde.
 

Mir blieb nichts anderes als die Hoffnung. Hoffnung, dass wir diesem Tag doch noch etwas gutes abgewinnen konnten. Denn fest stand, jetzt würde so einiges anders werden. Würde sie sich ein weiteres Mal zurückziehen? Oder konnten wir jetzt endlich auf einen Erfolg aufbauen? Sie konnte nicht länger die Schatten ihrer Vergangenheit alleine tragen. Sie musste sich die Seele freireden. Sie musste mit dem was geschehen war im Einklang kommen. Sie musste endlich beginnen zu verarbeiten. So viele Jahre hat sie diesen Prozess unterdrückt. Wann begriff sie endlich, dass Unterdrückung nicht der Ausweg war?
 

Wenige Minuten nach Alice Anruf, hörte ich das vertraute Surren ihres Motors. Jasper war mit ihrem Wagen unterwegs. Gerade auf dem Rückweg von Newcastle wo er neues Heroin besorgt hatte. Er parkte ein kleines Stück die Straße runter. Noch ehe er bei uns war, traf uns eine Welle Ruhe die ich dankend annahm. Auch Bella schien seine Gabe zuzulassen. Das starke Zittern ihres Körpers wurde allmählich weniger.
 

Er steckte den Kopf durch die Tür, musterte die Frau, die ihn ebenfalls musterte und zeigte seine Zähne. Ich rollte mit den Augen.
 

„Sie sollten gehen.“
 

Sprach er bedrohlich leise. Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, verstärkte er ihre Angst noch zusätzlich. Hektisch setzte sie sich in Bewegung und schob sich schließlich eilig an ihm vorbei. Er hatte ihr gerade etliche schlaflose Nächte beschert.
 

Langsam kam er näher, hockte sich neben mich und sah sich erst einmal das ganze erschreckende Ausmaß an. Bella reagierte nicht.
 

„Bring sie hier weg….“, er sah an mir vorbei in die Kabine.
 

„…ich mach das hier.“
 

„Danke“, hauchte ich leise, erhob mich und reichte ihm meinen Autoschlüssel.
 

Er nahm ihn und gab mir seinen.
 

„Bella?“
 

Benommen sah sie durch einen dicken Tränenschleier zu mir auf.
 

„Lass uns gehen.“
 

Sie nickte leicht und nahm meine ausgestreckte Hand. Ihre Füße trugen sie alleine nicht, also nahm ich sie kurzerhand auf den Arm und lief mit ihr schnellen Schrittes zum Wagen.
 

Während der gesamten Rückfahrt sagte sie nicht ein einziges Wort und ich, ich wusste nicht was ich sagen sollte. Sie hatte ihre Füße auf den Sitz gezogen und sah ununterbrochen aus dem Seitenfenster. Einzelne Tränen kullerten ihr über die Wange. Sie machte sich nicht einmal die Mühe sie wegzuwischen. Ihre Atmung machte mir Sorgen. Ich befürchtete, dass sie nicht genug Sauerstoff bekommen würde und erneut das Bewusstsein verlieren könnte. Sie atmete zu flach, zu unregelmäßig…beängstigend unregelmäßig!
 

Ich musste ihr nicht in die Augen sehen um zu spüren, wie sehr ihr Hirn arbeitete. Selbst die Überdosis konnte ihre Gedanken nicht stoppen. Aber wenigstens…und ich sollte eigentlich nicht froh darüber sein…aber wenigstens beruhigte es sie. Ich wollte sie im Augenblick nur ungern so hysterisch erleben wie vorhin.
 

Mir fielen riesen Brocken vom Herzen, als ich endlich in unsere Einfahrt bog. Auf der Veranda warteten bereits Carlisle und Alice. Noch ehe der Wagen stand, war Carlisle an der Beifahrertür und öffnete diese.
 

Vorsichtig half er ihr aus dem Wagen, nahm sie auf den Arm und lief mit ihr ins Haus. Schweigend! Und ich, ich lief schweigend hinterher. Alice umarmte mich kurz, dann gesellte sie sich zu Esme in die Küche. Im gesamten Haus herrschte eine bedrückende Stille die mich beinahe wahnsinnig machte.
 

Oben angekommen, holte ich einmal tief Luft bevor ich ihr Zimmer betrat. In der Tür blieb ich stehen und verfolgte die Situation. Bella lag auf dem Bett und sah an die Decke, während Carlisle ihren Blutdruck maß. Kein Wort des Protestes, kein überflüssiges Augenrollen, kein spitzbübisches Grinsen…sie lag einfach nur da.
 

„Hast du Schmerzen beim Atmen?“
 

Fragte er im Anschluss. Viel zu langsam wandte sie ihren Kopf in seine Richtung und schüttelte diesen leicht. Ich seufzte.
 

„Nein…“, sagte er bestimmend.
 

„HAST du Schmerzen?“
 

Es tat sich eine halbe Ewigkeit gar nichts. Schließlich seufzte auch sie leise.
 

„Es wird besser.“
 

Stumm nahm er das zur Kenntnis. Ich fühlte mich so furchtbar nutzlos. Am liebsten hätte ich mich neben sie gelegt und selbst teilnahmslos an die Decke gestarrt.
 

„Kopfschmerzen?“
 

Sie nickte.
 

„Ist dir noch übel?“
 

Sie schüttelte den Kopf.
 

„Es ist wichtig, dass du dich jetzt ausruhst. Die Beschwerden beim Atmen werden langsam abklingen. Ich werde in einer Stunde noch einmal kommen und deinen Puls überprüfen.“
 

Sie nickte.
 

Ich hatte große Lust sie zu schütteln. Ihre Desinteresse machte mich fertig. Sie wäre beinahe gestorben und es…es kümmerte sie nicht. Dachte sie auch nur einen einzigen Moment an mich? Nur einen verdammten Moment?
 

Er drehte seinen Oberkörper in meine Richtung.
 

„Wie lange war sie Bewusstlos?“
 

„Vielleicht 7 Minuten.“
 

Auch das nahm er stumm zur Kenntnis. Ich hatte diese Familie selten so Wortkarg erlebt. So kurz angebunden war Carlisle das letzte Mal gewesen, als Rosalie ihm den blutverschmierten Emmett in Kentucky auf den Küchentisch legte.
 

Zum krönenden Abschluss, griff er nach dem Saum ihres Pullis und zog diesen bis unterhalb ihrer Brust hoch. Er roch natürlich wie ich das angetrocknete Blut, das viel mehr wie üblich war. Mich begrüßte ein Blau-violetter Handflächengroßer Bluterguss, der sich über ihre Hüfte erstreckte und der gewiss noch an Farbe und Größe zunehmen würde. Ich fragte mich sofort, wie man so weggetreten sein konnte um sich die Nadel so aggressiv ins Fleisch zu rammen?
 

„Ich bringe dir etwas zum kühlen.“
 

Sie regte sich nicht.
 

„Bella…du wirst das kühlen“, wies er sie an.
 

„Das wird sie“, versicherte ich ihm.
 

Erst jetzt schien sie von meiner Anwesenheit Kenntnis genommen zu haben. Ihr glasiger Blick suchte sofort meinen. Es tat sich nichts. Als Leihe würde ich behaupten sie stand unter Schock. Vielleicht war es auch an dem. Ich hatte noch nie eine genaue Ahnung was sich in ihrem Kopf abspielte. Und diese Tatsache belastete mich. ICH, sollte der einzige sein der immer genau wusste was und warum irgendetwas in ihrem Kopf vorging und das auch ohne meine Gabe. Aber wie sollte ich das je können, wenn sie sich nicht öffnete? Wir drehten uns immer und immer wieder im Kreis und ich befürchtete, dass es dieses Mal genauso sein würde.
 

« Komm mit runter, ich will kurz mit dir reden. »
 

Da im Augenblick Worte in diesem Haus überflüssig waren, antwortete auch ich nicht. Ich folgte ihm schweigend in die Küche, während der Großteil meiner Sinne bei Bella war.
 

„Was ist passiert?“
 

Er setzte sich, ich tat es ihm gleich. Ich fühlte mich unglaublich erschöpft. Emmett und Rose gesellten sich ebenfalls in die Küche um Antworten auf unausgesprochene Fragen zu erhalten.
 

„Es war ein schöner Tag…“, begann ich und lachte selbst humorlos.
 

„…wir waren Einkaufen, haben viel gelacht…waren sogar Pizza essen. Wir kamen ins Gespräch. Sie erzählte ein wenig aus ihrer Zeit auf der Straße und anschließend sind wir am Fluss spazieren gegangen…“, ich zuckte die Schultern.
 

„Von einer Sekunde zur anderen überkam sie ein so enormer Drang nach Heroin das selbst ein kurzes Gespräch unmöglich mit ihr zu führen war. Sie stammelte etwas von…es wäre die alte Gewohnheit, die Angst immer zu kurz zu kommen…was weiß ich. Ich nahm eine Abkürzung…eine Seitenstraße. Als sie kurz davor war endgültig auszurasten suchte sie besessen nach einen Rückzugsort um zu drücken. Sie sah sich um, erblickte ein kleines Einfamilienhaus und wurde am ganzen Körper starr…“
 

Ich musste meine Erzählung stoppen, während ich noch einmal die vergangenen Stunden durchlebte.
 

„…einige Schritte ging sie auf das Haus zu, fiel auf die Knie und starrte es teilnahmslos an. Ich solle sie wegbringen meinte sie und das tat ich. An einer öffentlichen Toilette riss sie sich aus meinem Griff, stürmte drauf zu und…naja, dann…Ich hätte sie aufhalten sollen“, flüsterte ich leise.
 

„Nein, du hast genau richtig gehandelt. Ein Eingreifen in ihre Entscheidungen könnte sie von dir fort treiben.“
 

Ich schnaufte. Warum fühlte ich mich dann so elendig?
 

„Es ist noch einmal alles gut gegangen. Sie hatte schon einmal eine Vergiftung überlebt. Sie wird wieder auf die Beine kommen.“
 

Sollte mich das beruhigen?
 

„Wenn ich nur wüsste ob uns dieser Tag jetzt vorwärts bringt oder nur wieder ein weiterer Rückschlag war.“
 

„Das wird sich die nächsten Tage zeigen.“
 

Was hieß das ich wie immer warten musste. Doch allmählich konnte ich nicht mehr warten. Sie war schwach und mit jedem weiteren Tag würde sie nur noch schwächer werden.
 

„Ich geh zu ihr“, damit erhob ich mich.
 

Carlisle erhob sich ebenfalls. Er ging zum Kühlschrank, öffnete das Kühlfach und reichte mir einen Kühlakku. Ohne ein weiteres Wort nahm ich es und verließ die Küche.
 

Sie lag noch genauso, wie wir sie zurückgelassen hatten. Selbst als ich eintrat regte sie sich nicht. Dass Akku legte ich auf ihren Nachttisch, dann nahm ich aus ihrem Kleiderschrank Wechselsachen heraus.
 

„Soll ich dir die Haare waschen oder möchtest du dich nur umziehen?“
 

Sie war noch immer beschmutzt von ihrem erbrochenen.
 

„Ich versuche zu duschen“, sagte sie leise.
 

„Ich bezweifel, dass dich deine Beine tragen werden.“
 

„Lass das mal meine Sorge sein.“
 

Dass sie mich damit kränkte bemerkte sie nicht. Umständlich hievte sie sich aus dem Bett, stützte sich am Nachttisch ab und griff an ihren Brustkorb. Mit geschlossenen Augen atmete sie schwer.
 

„Bella wirklich…setz dich auf die Badewanne, ich wasch dir die Haare. Dann kannst du dich am Waschbecken frisch machen, ziehst dich um und gehst wieder ins Bett.“
 

Sie beachtete mich noch immer nicht. Ich hätte genauso gut mit der Wand sprechen können. Momentan war die Chance größer, wenigstens von dieser Wiederworte zu bekommen. Schnell sah ich ein, dass ein Gespräch mit ihr keinen Sinn hatte. Also nahm ich sie unter den Arm und half ihr ins Bad, legte die Sachen ab und zog beim hinaustreten die Tür hinter mir zu.
 

Jeder ihrer Handgriffe…jedes Atmen, jedes Stöhnen wurde von mir wahrgenommen während ich in Vampirgeschwindigkeit ihr Bett frisch bezog…immer auf der Lauer eingreifen zu müssen. Die Bettwäsche schmiss ich auf den Flur, setzte mich dann angespannt auf den Bettrand und wartete.
 

Sie duschte sich nur kurz ab, stoppte immer wieder zwischen den Bewegungen um ihre Atmung anzupassen. Als sie sich schließlich die Zähne putzte fiel auch meine Anspannung ab. Eine gute halbe Stunde später, öffnete sich die Tür. Ich half ihr zurück ins Bett, schob das Kühlakku auf den richtigen Platz, deckte sie zu und legte mich neben sie.
 

So verbrachten wir weitere Minuten in denen niemand auch nur einen Mucks von sich gab. Mir wäre lieber gewesen, sie wäre auf der Stelle eingeschlafen. Aber sie, sie sah wieder an die Decke, weinte leise und ich…ich konnte nichts tun. Sie würde nicht mit mir reden. Nicht darüber warum sie das getan hatte. Also versuchte ich auch gar nicht nachzufragen. Aber eine Frage musste sie mir beantworten und ich hoffte, dass sie sich darauf einließ.
 

„Wolltest du dich umbringen?“
 

Selbst diese Frage konnte sie nicht aus der Ruhe bringen. Ich hatte wenigstens mit einer kleinen Reaktion gerechnet. Ein kurzes einstellen der Atmung, ein zucken ihres Körpers. Selbst mit einem blinzeln wäre ich zufrieden gewesen. Aber nichts…völlig desinteressiert öffneten sich ihre Lippen und ein trockenes „Es hätte nicht gereicht“, kam heraus.
 

„Aber wenn es gereicht hätte? Wenn ich dir am Morgen statt zwei Gramm, drei eingepackt hätte?“
 

Ich hatte nicht beabsichtigt sie anzuschreien. Aber Herr Gott nochmal konnte sie nicht wenigstens ein wenig Anteil an meinen Zustand nehmen? Sie drehte ihren Kopf in meine Richtung. Emotionslos und zuckte die Schultern.
 

„Keine Ahnung. Denkst du ich habe darüber nachgedacht. Was weiß den ich was ich getan hätte.“
 

Diese Antwort war wie ein Fausthieb. Und schwer enttäuscht nickte ich. Es würde ganz genau wie immer sein. Erst ein Häufchen Elend das am Boden zerstört war. Schweigsam und in sich gekehrt…dann aggressiv und schließlich würde alles so sein als wäre nie etwas gewesen. Ich war es satt und ich würde nicht mehr lange durchhalten. Was hier…mit ihr geschah…ging nun nicht mehr allein ihr etwas an. Warum sah sie das den nicht ein?
 

„Gut“, sagte ich leise und drehte mich auf den Rücken, sah ebenfalls an die Decke.
 

Carlisle kam noch einmal wie angekündigt. Selbst da regte ich mich nicht. Sie war stabil, das war das wichtigste im Augenblick. Und irgendwann, als die Sonne schon längst untergegangen war, fand sie schließlich weinend in den Schlaf.
 

************
 

Und was haltet ihr davon?

Hat sich die lange Wartezeit gelohnt?
 

GGGGGLG Alex



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  vamgirly89
2014-07-08T15:34:05+00:00 08.07.2014 17:34
Wow. Schön das du wieder geschrieben hast. Ein trauriges Kapitel. Freue mich schon auf das nächste. Bitte schnell weiter schreiben.


Zurück