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Misshandelt, Geflohen, Gewandelt

Ein kleines Beispiel, was ein Trauma alles auslösen kann...
von

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Ich schreibe dies, um Ihnen meine Geschichte zu schildern. Es wird Sie vielleicht verwirren und verstören, aber es ist nichts als die Wahrheit.

Ich werde am Anfang beginnen und die Ursachen für das Alles benennen. Ich schreibe jede Erinnerung und jeden Gedanken auf, der mir wieder in den Sinn kommt. Die Zeit meiner Erinnerungslücken werde ich aus der Sicht der Opfer schreiben. Ich habe genug in Polizeiakten und psychologischen Berichten geforscht und Informationen gesammelt.

Ich schreibe in der Egoperspektive, damit Ihnen bewusst wird, wie ich mich gefühlt habe und warum ich so gehandelt habe.

Ich hoffe, dass Ihnen nach diesen Seiten alles klarer wird und ich Ihnen helfen kann, mich einzuschätzen.
 

Ich bin gerade zehn Jahre alt. Schon seit zwei Jahren habe ich kein gutes Verhältnis zu meiner Familie. Mein Bruder ist 15 und missbraucht mich. Er zwingt mich, ihn anzufassen und zu befriedigen.

Meine Eltern merken das nicht und ich traue mich nicht, ihnen etwas zu sagen. Ich fange an, ihn zu hassen. Mein Vater war im Krieg und denkt, dass Frauen nur in der Küche und im Haushalt zu gebrauchen sind. Er vergewaltigt meine Mutter regelmäßig und verprügelt sie. Sie tut nichts dagegen und hat sehr viel Verständnis für alles, da er seine besten Freunde an der Front verloren hat.

Eine Woche nach meinem zwölften Geburtstag fängt er an auch mich zu vergewaltigen. Mein Trauma wächst jeden Tag, an dem er zu mir ins Bett steigt, weiter. Niemand bemerkt etwas.
 

Meine Tochter ist schwanger. Von mir. Meine Frau hat vor zwei Wochen erst eine kleine Tochter geboren. Noch ein gefräßiges Maul können wir nicht stopfen. Entweder sie treibt das Kind freiwillig ab oder ich prügel es aus ihr heraus.

„Amy, komm mal bitte zu mir!“, rufe ich meine Fünfzehnjährige.

„Was ist denn, Frank?“ Sie hatte schon vor Jahren aufgehört, mich Daddy zu nennen.

„Treib das Kind ab“, verlange ich nüchtern.

„NEIN! Es ist mein Fleisch und Blut, ich behalte es!“, schreit sie mich an.

Im nächsten Moment krümme ich mich vor Schmerzen. Sie hatte mir in die Magengrube geschlagen und in die Genitalien getreten.

Sie steht mit dem großen Küchenmesser vor mir.

„Du wirst meine kleine Schwester nicht anrühren! Wenigstens sie wird nicht unter dir leiden müssen!“, schreit sie. Jedes Glas im Küchenschrank klirrt.

Amy tritt mich erneut, diesmal ins Gesicht. Ich höre meine Nase knacken. Eine Sekunde später kniet sie neben mir, macht meine Hose auf und zieht sie runter.

Als ich das Messer blitzen sehe und das Blut spritzt, wird mir bewusst, was sie gemeint hatte.

Im nächsten Moment verliere ich das Bewusstsein.

Ich renne. Meine Beine schmerzen. Meine Augen starren an den Horizont. Mein Handy klingelt, aber ich ignoriere es. Ich laufe schon seit Stunden, ohne angehalten zu haben. Meine Geschwindigkeit variiert jedoch stark. Mal schleiche ich durch dicht bewachsene Parks, dann renne ich, wie vom Teufel gejagt, über offene Plätze.

Als es anfängt dunkel zu werden, gehe ich zu einem günstigen Hotel. Die Eingangshalle ist klein und es riecht muffig. Der Poriter starrt mich an und beobachtet meine Schritte.

Ich miete mir ein Zimmer. Er fragt nach meinem Namen. Ich antworte nicht mit der Wahrheit, sondern nenne mich Helen Greene.

Ich bekomme ein sehr kleines, spartanisch eingerichtetes Zimmer mit einem winzigen Bad. Es ist nicht luxuriös, aber es ist billig.

Ich lege mich auf das harte Bett. Bevor ich weglief, hatte ich mir hastig das bereitgelegte und größtenteils von meinen Eltern gestohlene Geld geschnappt, mich geduscht und umgezogen.

Ich wollte nicht durch meine mit Blut besprenkelten Klamotten auffallen. Als ich meinen ohnmächtigen, blutenden und verstümmelten Vater und das Messer in meiner Hand sah, wusste ich, was ich getan hatte.
 

Meine erste Erinnerungslücke, die ersten Anzeichen einer gespaltenen Persönlichkeit.

Ich hatte schon seit Monaten geplant, wegzulaufen. Ich wollte nicht, dass es so endet. Ich wollte ihm nicht weh tun. Ich wollte nur dort weg.

Das gestohlene Geld reichte knapp drei Wochen. Danach schlug ich mich mit Stehlen durch. Nach meinem sechzehnten Geburtstag prostituierte ich mich.

Sie glauben gar nicht, wie einfach es mir gefallen ist mit Fremden für Geld zu schlafen. Niemand, der mich vergewaltigte oder zu irgendetwas zwang.

Das Kind hatte ich im Endeffekt doch abgetrieben. Es war für mich alleine schon schwer genug und ich wollte nicht, dass es so aufwachsen muss.

Ich zog nach zwei Monaten mit Jenny zusammen. Sie war 20 Jahre alt, auch von zu Hause weggelaufen und ebenfalls Prostituierte. Sie konnte sich ihre Wohnung nicht mehr alleine leisten, aber hatte noch ein Zimmer für mich frei.

Wir legten zusammen und ich vergas langsam. Meine Vergangenheit interessierte niemanden.
 

Ich stehe in einer belebten Einkaufsstraße. Meine Eltern würden mich nicht mehr erkennen.

Meine dunkelbraunen Haare sind platinblond, ich habe stark abgenommen und statt meiner Brille trage ich gefärbte Kontaktlinsen.

Ich gehe langsam von Schaufenster zu Schaufenster. Im nächsten Schuhgeschäft kaufe ich mir ein paar rote Schuhe mit hohen Absätzen. In einem Geschäft für Abendmode suche ich ein passendes Cocktailkleid. Es ist schwarz und schimmert im Licht. Eine kurze Jacke im Rot meiner Schuhe vollendet das Outfit.

Ich bin am Abend verabredet. Nicht mit einem Freier oder Freund, sondern mit meinem großen Bruder. Ich hatte ihn in einem Brief geschrieben, was passiert war und was aus mir geworden ist. Wir hatten uns verabredet und heute ist es soweit.
 

Amy hat sich verändert. Sie sieht nicht mehr aus wie meine kleine Schwester. Sie ist hübsch geworden.Das Kleid steht ihr wirklich gut und ohne Brille mit den blonden Haaren sieht sie eher aus wie ein Model. Dass sie Prostituierte ist, sieht man ihr definitiv nicht an. Sie begrüßt mich mit einem flüchtigen Kuss auf die Wange und umarmt mich.

Im Restaurant setzen wir uns und reden über die 3 Jahre, die ins Land gegangen sind. Ich bin mittlerweile 23 und viel reifer. Ich bereue mittlerweile, dass ich dazu beigetragen habe, dass sie von zu Hause weggelaufen ist und ihr Geld mit Prostitution verdienen muss.

„Willst du nicht zu mir und meiner Freundin ziehen und einen anständigen Beruf ergreifen?“, frage ich sie nach einer Weile.

Sie verneint und sagt, sie sei glücklich, so wie sie jetzt lebe. Ich glaube ihr nicht. Sie sieht nicht glücklich, sondern traurig aus. Ich bezahle die Rechnung und wir gehen raus in den in der Nähe gelegenen  Park. Wir spazieren durch die Dunkelheit.

Plötzlich spüre ich einen stechenden Schmerz zwischen meinen Schulterblättern. Ich weiß, dass ich nicht sterben werde. Sie will mich nicht töten, nur bestrafen. Ich verstehe sie.

Im nächsten Moment verliere ich das Bewusstsein.

Ich stehe in der Küche meiner Wohnung. Vielleicht hatte mein Bruder Recht und ich sollte die Protitution aufgeben. Aber ich verdiene viel zu gut dafür. Ich bin nämlich der Typ Frau, auf den die alten, reichen Säcke stehen: blonde, lange Haare, schlank und große Oberweite.

Was einst gerade so zum Überleben reichte, ist heute genug, um mir jede Woche eine professionelle Maniküre, ein Auto und einen vollen Kleiderschrank zu leisten.

Mir macht es auch mittlerweile nichts mehr aus. Ich bin es von klein auf gewohnt, Sex zu haben und Männer zu befriedigen, aber jetzt werde ich dafür bezahlt.
 

Der Kontakt zu meinem Bruder brach wieder ab. Ich verstand nicht warum, bis ich vor einem Jahr erfuhr, dass er querschnittsgelähmt ist. Ich hab ihn nie wieder gesehen.

Ich beschloss aber doch, einen anständigen Beruf zu erlernen. Ich bewarb mich als Friseurin, Hotelkauffrau und Verwaltungsangestellte. Am Ende wurde ich dann Tierarzthelferin und war glücklich.

Ich wohnte immernoch mit Jenny zusammen und wollte sie auch aus der Prostitution holen, aber sie wurde kurz bevor ich sie soweit hatte, von einem Auto angefahren und starb an ihren inneren Blutungen im Krankenhaus.

Der Fahrer begang Fahrerflucht und wurde nie gefunden. Ich hätte es also auch gewesen sein können. Ich zog daraufhin alleine in eine kleinere Wohnung.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2012-05-24T06:24:06+00:00 24.05.2012 08:24
Die Geschickte klingt schon mal interessant. Der Perspektivenwechsel hat mich aber eher verwirrt. Keine Andeutung und plötzlicher Seitenwechsel macht es schwer einen ordentlichen Lesefluss zu haben. Vielleicht mit drei *** andeuten? Mir gefällt auf jeden Fall, was du geschrieben hast und werde weiterlesen ^^

LG
abgemeldet


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