Denn man trifft sich immer zweimal im Leben
Zweites erstes Treffen
Sanft schienen die Sonnenstrahlen in ihr Zimmer.
Ihre Augen leuchteten förmlich, als sie den von der Sonne gesandten Strahlen durch das Fenster entgegenblickte.
Wie jeden Tag.
Sie verharrte so einige Zeit.
Sie wusste nicht, wie lange sie hinaus in die Freiheit starrte.
Vielleicht waren es Sekunden.
Vielleicht aber waren es Stunden.
Das war egal.
Mit ihrer Zeit wusste sie eh nichts Besseres anzufangen.
Nachdem ihr Blick eine Weile in die Ferne geschweift war, wandte sie ihn enttäuscht ab und gab sich wieder einmal dem Fernseher hin.
Enttäuscht?
Sie konnte sich das Phänomen selbst nicht erklären, doch verspürte sie seit geraumer Zeit das Verlangen, aus dem Fenster zu sehen.
Seither tat sie es jeden Tag voller Hoffnung und jeden Tag wich dieser bitterer Enttäuschung.
Worauf hoffte sie eigentlich?
Auf ein Wunder etwa, sodass sie wieder die Kraft des Laufens zurückerlangen würde?
Wie absurd, haben ihr die Diagnosen der Ärzte und der traurige Blick ihrer Mutter doch schon vor Jahren den letzten winzigen Funken Hoffnung geraubt.
Nein, es war einfach ihr Gefühl, das ihr befahl, der Natur außerhalb ihres Zimmers durch das Fenster Beachtung zu schenken.
Die Melodie, welche aus dem Fernseher drang, ließ sie von ihren Gedanken ablassen.
Sehnsüchtig begutachtete sie die Band, welche den Jubel kreischender Fans genoss und ausgelassen ihre Lieder spielte.
Wie gerne würde sie das auch können!
Aber sie konnte ja nicht einmal laufen.
Nur fernsehen, das konnte sie.
Dann schloss sie ihre Augen und sang ganz leise mit.
Hitori de mo yuku yo shinitaku natte mo
Koe ga kikoeru yo shinde wa ikenai to
Tatoe tsurakute mo sabishisa ni naite mo
Kokoro no oku ni wa nukumori o kanjiru yo
Als das Lied endete, hatte sie die Müdigkeit übermannt und sie entglitt in das Land der Träume.
Erst ein schrilles Klirren ließ sie nur wenige Zeit später hochschrecken.
Sofort fiel ihr Blick aus dem Fenster, eine Angewohnheit, welche sie sich mit der Zeit angeeignet hatte.
Dort, in der sonst so klaren Fensterscheibe, klaffte nun ein Loch in der Größe ihrer Faust.
Einige Sekunden haftete ihr Blick an dem kaputten Fenster, dann aber glitt er zu Boden und suchte nach dem Übeltäter.
Schnell war jener gefunden, doch das Mädchen stockte kurz.
Ein Baseball?
Welch Ironie, dass gerade jetzt im Fernsehen ein Baseballspiel übertragen wurde.
Eine Stimme von außerhalb übertonte die energische des Kommentators im Fernsehen.
Zweifelsohne handelte es sich dabei um eine männliche Stimme.
Gespannt richtete sie ihren Blick nun in Richtung Tür.
"Jedenfalls tut mir das wirklich, wirklich leid", ertönte wieder diese Stimme.
"Naja, wenigstens besitzt du den Mut und stehst zu deiner Tat."
Ihre Mutter betrat das Zimmer und warf dem Mädchen einen besorgten Blick zu.
Dann deutete sie mit einer Handbewegung hinter sich.
Mit großen Augen musterte das Mädchen den blauhaarigen Jungen, welcher soeben das Zimmer betrat.
Dieser starrte sie nun perplex an, dann kratzte er sich verlegen am Hinterkopf.
Sie aber lächelte ihm fröhlich zu.
Der Blauhaarige schritt langsam auf das im Bett sitzende Mädchen zu, dann verneigte er sich.
"Entschuldige bitte, das war keine Absicht."
Unsicher hob er den Blick und fürchtete die Reaktion ihrerseits.
Sie aber lächelte ihn nach wie vor freundlich an.
"Ist schon okay."
Nun begutachtete er das Mädchen, welches im Bett lag.
Er hatte schon von der Familie, die hier hauste, gehört.
So wusste er auch, dass das Mädchen vor einigen Jahren von einem Auto angefahren wurde und so an das Bett gefesselt war.
Welch trauriges Schicksal.
Gedankenverloren starrte er in die lebensfrohen Augen und hinterfragte insgeheim die hier herrschende Gerechtigkeit.
"Wie heißt du?"
"Hm?"
Er blickte in ihr erwartungsvolles Gesicht, konnte ein sanftes Lächeln einfach nicht unterdrücken.
"Hinata."
"Ich bin Yui."
Wieder trat betretendes Schweigen ein.
Sein Blick wanderte in dem kleinen Zimmer umher.
Beim Fernseher stoppte er.
Ihm kam da so eine Idee.
"Magst du Baseball?", durchbrach seine Stimme das Schweigen, mit dem Kopf deutete er in Richtung Fernseher.
Sie nickte energisch.
"Und wie! Ich würde es so gerne selbst einmal spielen! Aber…"
Sie stoppte, schaute zu Boden, als sich in ihrem Augenwinkel eine kleine Träne sammelte.
"Yui…"
Seine ungemein sanfte Stimme ließ sie aufhorchen.
"W-weißt du, ich habe heute Nachmittag ein Baseballspiel. Wenn du willst, könntest du zusehen. So als kleine Wiedergutmachung wegen der zerbrochenen Fensterscheibe."
Gespannt wartete er ihre Reaktion ab.
"Das wäre großartig."
"Hinata, vielleicht solltest du lieber gehen. Es ist schon spät", unterbrach die Stimme der Mutter Yuis das Gespräch.
Nach dem Baseballspiel war der Blauhaarige noch bei dem Mädchen geblieben und unterhielten sich nun schon seit mehreren Stunden.
Er blickte kurz auf die Uhr, dann sprang er rasch auf.
"Oh weia, ich sollte nun wirklich nach Hause. Meine Eltern machen sich bestimmt schon Sorgen!"
Lächelnd wandte er sich an Yui, doch sein Lächeln verstarb, als er in ihre traurigen Augen blickte.
"Kommst du morgen wieder?"
Ihre Stimme war nicht mehr als ein Hauch, ein hoffnungsvolles Flüstern.
"Ich werde dich von nun an jeden Tag besuchen", versprach Hinata, bevor er sich zum Gehen wandte.
Yuis Mutter redete sofort darüber, wie nett der Blauhaarige doch war.
Das aber bekam das Mädchen mit den pinken Haaren nur am Rande mit.
Ihre volle Aufmerksamkeit galt dem kleinen Baseball, welcher einen Ehrenplatz auf ihrem Regal erhalten hatte.
Es war jener Baseball, welcher heute Vormittag das Fenster zerbrach.
Jener Baseball, welcher Hinata und Yui zusammengeführt hatte.
Jener Baseball, mit welchem er für sie einen Homerun erzielte.
Jener Baseball, welcher ihr Leben veränderte.
___
So, ich hoffe, dass euch der OS gefallen hat und der ein oder andere ein Kommi hinterlässt :)
Die Lyrics stammen übrigens von "Ichiban no Takaramono". Das ist das Lied, welches bei der Szene, welche mich erst auf diese Idee brachte, zu hören war ^^
