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May there always be angels

... to guard you each step of the way
von

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Von Prada-Schirmen und Ohrfeigen

Kapitel 3: Von Prada-Schirmen und Ohrfeigen
 

♦♦♦
 

„Man, ist das ein Mistwetter.“, murmelte Sope und sah aus dem Fenster, während sie sich die Haare trocknete. Sie war gerade draußen gewesen, als der Sturm losgebrochen war. Sie hatte mehr mit sich selbst gesprochen als mit Anna, die hinter ihr auf dem Bett saß.

Diese fummelte an ihrer Tasche herum, als sie plötzlich Dinge zu sehen begann, die definitiv nicht da sein konnten. Aber es verschwamm alles wieder und war dann weg. Einfach nur weg, als wäre es nie da gewesen. Sie fand aber, dass sie das nicht erzählen sollte. Vielleicht hatte sie es sich auch einfach nur eingebildet und was sollte Sophiavon ihr halten? Die würde sie doch glatt als vollkommen durchgeknallt einstufen. Nicht, dass es sie kümmerte, was diese Person von ihr dachte... okay, vielleicht doch ein bisschen. Sie hatte immerhin einen Ruf zu wahren und wer wusste schon, ob Sophia das nicht in der Schule herum erzählen würde.

„Wo sind eigentlich die Anderen? Ich hab sie vorhin nach draußen gehen sehen.“, meinte Ana und trat dann ans Fenster. Doch draußen war niemand zu sehen und außer vorhin hatte sie die Haustür nicht mehr gehört.
 

„Keine Ahnung…Vielleicht sind sie nass geworden und haben sich draußen untergestellt.“, erwiderte Sope und zuckte mit den Schultern.

Draußen zuckten Blitze durch den Himmel und mit einem Mal sah auch sie etwas, das nicht da sein konnte. Es blitzte und sie sah eine weite Ebene, einen Berg und eine Art Tempel und dann blitzte es wieder und es war weg. Okay, jetzt sollte sie sich Gedanken machen, oder?
 

Ana schaute die ganze Zeit komisch in der Gegend herum und drückte ihre Tasche an sich. „Ich sehe was, was du nicht siehst.“, begann sie das Kinderspiel mit zittriger Stimme, ohne jeden Plan, warum sie es ausgerechnet vor Sophia tat, und sah recht erschrocken aus. Mit jedem neuen Blitz befand sie sich irgendwo anders, Tiere, Menschen, weiß der Himmel noch mal, was es war, zogen an ihr vorbei.

Sope sah zu Ana hinüber. Sah sie etwa das gleiche? Konnte ja wohl eher nicht sein.

„…und das ist unheimlich.“, vervollständigte sie fast automatisch, ohne weiter darüber nachzudenken.

Sie schloss die Augen und atmete tief durch, doch als sie sie wieder öffnete, waren diese merkwürdigen Effekte und Dinge immer noch da.

„Auch auf die Wahrscheinlichkeit hin, dass du mich für bescheuert hältst und mich in die Irrenanstalt einweisen lässt, aber hast du nicht auch das Gefühl, dass hier was nicht stimmt?“, fragte sie dann und sprach eigentlich nur mit Ana, weil sie halt als einzige da war. Sonst würde sie einen Teufel tun und ihr offenbaren, dass sie gerade ziemlich verängstigt war.
 

„Wenn du mich dann auch einweist.“, gestand Ana, von Sophias Ehrlichkeit beinahe überrumpelt. „Irgendwie sehe ich Sachen, die hier nicht hingehören. Und das finde ich gerade nicht besonders prickelnd.“, murmelte sie und ging mit ihrer Tasche zum Fenster. Draußen regnete es in Strömen. Es hörte gar nicht mehr auf und bei so viel Regen, wie da runter kam, würden die Straßen innerhalb von einer halben Stunde nicht mehr befahrbar sein. Wenn nicht sogar der Keller voll lief. Wer wusste schon, wie gut das Haus in Schuss gehalten war.

„Oh gut, dann bekomme ich keinen Nervenzusammenbruch. Ich sehe das nämlich auch!“, murmelte Sophia noch, bevor es wieder blitzte und sich ihr Zimmer um die beiden jungen Frauen herum auflöste.
 

Mit einem Mal standen sie auf einem Hügel, mitten im Regen, und sahen hinunter auf einen Wald. Sie waren allein hier…na ja…zu zweit eben, aber sonst war hier nichts.

Sope wischte sich einige nasse Strähnen aus dem Haar und sah Anastasia an.

„Okay…das hier ist der abgefahrenste Traum, den ich je hatte.“

„Ich finde es aber komisch, dass wir beide denselben Traum haben.“ Ana drückte ihre große Tasche an sich, die wohl mit ihr hinüber gewechselt war – wo auch immer das nun sein mochte. Dummerweise hatte sie Highheels an und einige gute Sachen. Und nun war sie nass bis auf die Haut.

Aber Ana wäre nicht Ana, wenn sie nicht einen Regenschirm in ihrer Tasche gehabt hätte, Frau von Welt war schließlich immer vorbereitet und Ana erfüllte dieses Klischee vorbildhaft. In ihrer Tasche befand sich einfach alles, alles was man brauchte, alles was man vielleicht mal brauchen könnte und alles, dass man vermutlich niemals brauchen würde, aber wer wusste das schon?

Grinsend spannte sie den Regenschirm auf und bot Sope ein Plätzchen darunter an. Der Schirm war zwar von Prada – und so wie sie Sope kannte, hätte sie es zu einem anderen Zeitpunkt vermutlich abgelehnt-, aber gerade gab es nichts anderes. Er war gut verarbeitet und tat seinen Dienst.

„Ich will ja nichts sagen aber, ich würde gerne aufwachen.“

„Ich auch. Ich wundere mich gerade, warum ich von deinem Prada-Schrim träume.“, murmelte Sope irritiert, schlüpfte aber dankbar darunter, weil der Regen langsam kalt wurde.

„Und was machen wir jetzt bis wir aufwachen?“, fragte sie dann, als lauter Donner aufgrollte und sie zusammenzuckte. Sie wusste, was sie tun wollte: vor allem weg von hier und am besten in den Wald, damit sie nicht mehr so ungeschützt dem Gewitter ausgesetzt waren. Auch wenn sie träumte, wollte sie nicht nass werden. Andererseits war es bei einem Gewitter nicht unbedingt sonderlich klug, sich unter einen Baum zu stellen. Hm, Zwickmühle. Doch der Drang nach einem trockeneren Plätzchen sollte gewinnen.
 

„Irgendwohin, wo es nicht so regnet.“, erwiderte Ana murmelnd und blickte in den Wald hinunter. „Wenn dieser Traum den Logiken folgt, die wir kennen, müssten die Blätter einiges auffangen und vielleicht finden wir etwas, wo wir uns unterstellen können. Obwohl ich es echt strange finde, dass wir von Regen träumen.“

Was noch viel stranger war, war die Tatsache, dass Sope in ihrem Traum war. Und dass sie miteinander sprachen und das gleiche dachten, nämlich, dass sie aufwachen wollten. Das alles schrie zu sehr nach Wirklichkeit.

„Das dachte ich gerade auch. Na dann los!“, meinte diese und machte sich auf in Richtung des Waldes. Je näher sie ihm kamen, desto schneller wurden sie auch. Ihre Haare waren klatschnass, sie war bis auf die Haut durchnässt, weil das Wasser durch ihr T-Shirt und die Jeans gedrungen war. Ihre Schuhe quietschen, aber wenigstens trug sie im Gegensatz zu Ana Sneakers.

Sie erreichten schließlich das Blätterdach und tatsächlich regnete es hier drin kaum noch.

„Ich hasse Träume, die so nass sind.“

„Oh, ich hasse sie nicht nur...“, meinte Ana und fummelte an ihren Schnürschuhen herum. Rennen konnte sie auf den Schuhen gut, aber irgendwie schnitten sie ins Fleisch. Und das war nicht so besonders toll. Und es schmerzte. Wieso schmerzte es, wenn sie träumte?
 

Im Wald war es still und die beiden Mädchen gingen weiter. Sie hörten das Plätschern auf den Blättern und ab und an bekamen sie auch einen Tropfen ab. Ihre Sachen klebten an ihren Körpern und beide begannen sich sehr unwohl zu fühlen.

Irgendetwas war hier drin und sie spürten irgendwie, dass es nichts Gutes war. Sie gingen eine Weile unter den Blättern durch und gerieten so immer tiefer in den Wald. Es war bis auf ein paar Vögel, die sich wieder singen trauten, nachdem sie sich vor dem stärksten Regen versteckt hatten, sehr still hier, doch dann hörte Sope etwas, das nicht dazu passte und streckte die Hand aus, so dass Ana stehen bleiben musste.

Sie legte einen Finger an die Lippen und schlich dann weiter. Auch wenn es ein Traum war, hatte sie keine Lust, dass ihr etwas passierte.

Die junge Dame starrte Sope an und bewegte sich dann so leise wie möglich. Anders als viele, die diese Outfits nur gelegentlich trugen, verstand sie es selbst mit ihnen Sport zu treiben, wenn sie denn wollte - doch dazu waren ihr die Sachen normalerweise zu wertvoll. Die Schuhe waren schon voller Matsch und ihre Füße und Beine gleich mit dazu. Zum Glück trug sie einen Rock. Sie schlich leise hinter Sope her und wartete dann ab, was sie sagen würde.
 

Sope lauschte unterdessen. Die jahrelange Kampfsporterfahrung hatte sie gelehrt, sich in solchen Situationen leise zu bewegen. Jetzt wusste sie diese merkwürdigen Übungen, die sie mit ihrem Trainer hatte machen müssen, zu schätzen. Sie setzte die Füße ganz leise auf und passte auf, auch ja keinen Stock zu erwischen. Dann hörte sie Stimmen und drei davon kamen ihr bekannt vor.

„Jaden, Faye und Phil…“, flüsterte sie Ana zu. Ihre Geschwister waren also entführt worden.

„Ich nehme nicht an, dass du dich mit Kampfsport auskennst?“, fragte sie dann, denn wer wusste schon, was sie machen mussten, um die Kleinen zu befreien.

„Nur das Grundlegende, was man so in der Schule macht.“ Ana zuckte mit den Schultern. Sie sah sich auf dem Boden um und hob einen großen, etwas dickeren Ast auf.

„Ich kann's damit probieren“, meinte sie. Das Ding war schwer, aber wenn da drüben Faye war und gerettet werden musste, dann würde sie das doch glatt mal tun. Dafür würde sie auch dieses ekelige, glitschige Holzstück nehmen.
 

„Ja…okay.“, murmelte Sope und wandte sich ab. Sie hätte beinahe angefangen zu lachen, weil Ana mit diesem Stock echt bescheuert aussah, aber sie tat es nicht. Sie musste Phil und Jaden retten.

„Halt mir damit den Rücken frei, aber bleib hier. Ich werde mir das mal anschauen.“, flüsterte sie dann und sah sich um, um einen Weg zu finden, wie sie das heimlich tun konnte. Die Äste waren glitschig und selbst wenn sie nach oben gelangen würde, dann würde sie wohl keine Chance haben, Jaden und Phil zu retten. Also blieb sie auf dem Boden und schlich voran.

Ana ging solange in Stellung, so dass sie Sophia sehen konnte, wenn etwas war und Jaden, Faye und Phil hören konnte. Das alles gefiel ihr gar nicht. Was machten die Drei nun auch noch in ihrem Traum? Noch war keine Zeit für Nervenzusammenbrüche, aber spätestens wenn das vorbei war, würde sie einen bekommen. Das alles war einfach nur… lächerlich!
 

Sope lehnte sich an den Felsen, der neben ihnen aufragte, und schob sich dann um die Ecke, damit sie sehen konnte, was dort passierte. Noch immer stand sie im Schatten der Bäume, konnte aber sehen, wo die Stimmen herkamen.

Ihr fielen fast die Augen aus dem Kopf. Da standen ihre Brüder und Faye auf einer Lichtung, die ungefähr 300 m weiter im Wald lag, umringt von irgendwelchen merkwürdigen Viechern. Was genau waren das für Teile?

Sie hatte nicht mehr richtig aufgepasst und mit einem Mal hörte sie hinter sich etwas knacken.

Mit einer bösen Vorahnung drehte sie langsam den Kopf und musste dann auch direkt einem Schlag ausweichen. Ein Schwert! Verdammt - wieso hatte dieses Ding da ein Schwert?! Obwohl, als sie Zeit hatte, genauer hinzusehen, erkannte sie jemanden mit einem Mantel. Es war menschlich und es war von der Größe her auf jeden Fall männlich!

Na, wenn es nur ein Mensch war, oder genauer ein Mann, dann wusste sie ja, wie sie sich zumindest ein bisschen wehren konnte. Sie würde nicht einfach aufgeben, nicht wenn sie Jaden und Phil retten musste. Sie würde sich verteidigen und das tat sie auch. Sie wich einem weiteren Schlag aus, zielte und trat dann zu, hoffte, dass sie dem Angreifer das Schwert aus der Hand schlagen konnte. Immerhin wären sie dann zumindest was die Waffen angingen auf gleicher Stufe.

Das Schwert flog nach hinten in Richtung Ana, die unschlüssig dort stand und Sope und den Kerl beobachtete. Sie drückte sich weiter ins Gebüsch. Sope konnte sich wesentlich besser wehren als sie selbst. Sie wusste, dass sie schwächlich war. Sie war nun mal ein Mädchen und stolz darauf!
 

Währenddessen schien Sopes Gegenüber nicht wirklich verwundert zu sein, allerdings blieb er unschlüssig. Er schien Hemmungen zu haben, eine Frau offen zu schlagen. Mit dem Schwert war das eine ganz andere Sache. Er versuchte sie zu packen, so dass sie sich nicht mehr wehren konnte. Aber sie war darauf vorbereitet und duckte sich weg. Er bot ihr eine gute Angriffsfläche und sie schlug zu, bevor sie sich umdrehte und einen Tritt zu platzieren versuchte, der diesmal allerdings daneben ging. Sope sprang ein wenig zurück. Sie hatte ihn nicht genug erwischt, sie musste also noch einmal an ihn herankommen. Verdammt.

Was aber weder Sope noch Ana wussten war, dass der Typ nicht allein war. Sein Begleiter war um den Felsen herum gegangen und kam nun von hinten auf Ana zu. Er bewegte sich leise und zog ebenfalls sein Schwert aus der Scheide.
 

Doch bei Sopes Tritt war auch der Unbekannte vorbereitet, täuschte einen Angriff an und bekam sie dann zu packen, er drückte sie auf den Boden.

„Schluss jetzt!“, fauchte er böse und drückte sie mit seinem ganzen Gewicht nieder.

Aber Sope hatte nicht vor, sich einfach so zu ergeben und versuchte ihn von sich runter zu bekommen, was gar nicht so leicht war. Der Kerl war schwer.

Als sie aber lag, sah sie den anderen hinter Ana.

“Ana schlag zu! Hinter dir!“, schrie sie, damit sie nicht auch noch geschnappt wurde.

Diese blinzelte kurz und musste erst einmal drauf klar kommen, was Sope da gerade von sich gegeben hatte. Gerade noch rechtzeitig wich sie zur Seite aus und schlug dann einen Haken. Das war doch echt nicht wahr!

„Dieser Traum ist so was von beschissen, Sope, ich schwör's dir!“, fauchte sie und kletterte geschwind auf einen Baum, was mit diesen Schuhen und der nassen Baumrinde nahezu an ein Wunder grenzte, aber hey, Adrenalin war in solchen Momenten wohl der beste Freund.

Sie schmiss den Ast dem Kerl entgegen, der auf Sope lag und traf ihm am Kopf. Sie war schon immer gut in so was gewesen.
 

„Ach, was du nicht sagst!“, schrie Sope zurück. Durch den Treffer von Ana konnte sie sich schließlich doch von dem Typen befreien. Sie warf ihn von sich und sprang dann auf, bevor sie los rannte, um Ana zu helfen, die auf dem Baum festsaß.

Sie war noch immer klatschnass, inzwischen voller Matsch und wütend und das würde der Typ zu spüren bekommen. Sie rannte auf ihn zu und drehte sich dann, so dass ihr Kick Schwung hatte. Wieder beförderte sie ein Schwert aus der Hand eines Anderen und diesmal war sie nicht so unvorsichtig wie vorher. Sie holte gleich noch einmal aus und trat den Typen in den Magen, so dass dieser nach vorn kippte und sich den Bauch hielt.

Dann bekam der Andere sie aber wieder zu packen, riss sie herum, schmiss sie gegen einen anderen Baum, so dass sie nach Luft ringen musste. Er hatte Kraft, das musste man ihm lassen. Währenddessen hatte Ana die Gelegenheit genutzt und war nach unten gesprungen, schnappte sich ihre Tasche, die sie unten hatte stehen lassen, und nahm das Schwert, das Sope dem Ersten entwendet hatte.

„Wieso ist das so verdammt schwer?“, murrte sie und schaffte es nur mit aller Kraft, die sie irgendwie mobilisieren konnte, das Ding hochzuheben. „Im Film sieht das ganz leicht aus.“

Während Sope versuchte zu Luft zu kommen und sich schwor, sie würde dem Typen sämtliche Knochen brechen, wenn sie wieder atmen konnte, ging der Anderen grinsend auf Ana zu. Sie waren jetzt eindeutig überlegen.

„Ach komm schon Kleine. Du verletzt dich nur selbst.“, sagte er zu ihr und ging weiter auf sie zu. Er wusste, dass er ihr das Schwert leicht abnehmen konnte. Diese sah ihn mit einem abschätzenden Blick an und hob eine Augenbraue.

„Wenn ich du wäre, würde ich nicht so viel dumme Sprüche klopfen.“ Sie schmiss das Schwert tatsächlich weg, damit konnte sie wohl kaum kämpfen. Da war sie alleine im Nahkampf wesentlich besser. Außerdem hatte sie eine andere wirkungsvolle Waffe bei sich. Und wenn alles andere schief ging, ihre Tasche barg so einige Wunder.

Ihr Angreifer blieb skeptisch stehen und sah sie an. Er überlegte einen Moment, ob er sich sein Schwert wieder holen sollte, blieb aber stehen, weil er die junge Frau eigentlich nicht verletzen wollte. Zudem wurde er abgelenkt, da sein Partner sich immer noch mit der anderen abmühte.
 

Sope hatte sich wieder erholt, zumindest ein bisschen und trat dann wieder auf ihren Angreifer ein, was ihr allerdings schwerer fiel, da ihr der Rücken schmerzte.

Auch er versuchte die junge Frau nicht direkt zu schlagen, aber sie kannte keine Hemmungen und keine Tabus, und so musste er sich so zur Wehr setzen, wie er es auch bei einem Mann täte. Er schmiss sie wieder um und auf den Boden und packte sie am Arm.
 

Währenddessen wurde Anna richtig wütend. Erst spuckte er große Töne und dann kam nichts.

„Noch da oder schon geistig abwesend?“, fragte sie böse und trat nun ihrerseits auf ihn zu. Obwohl sie katastrophal aussehen musste, bewegte sie sich noch immer elegant und wie eine richtige Lady. Gekonnt war eben gekonnt.

Das verwirrte ihren Gegenüber. Was hatte sie jetzt vor? Er wappnete sich so gut er konnte, aber er wollte sie nicht einfach so schlagen. Also musste er wohl warten, was sie tun würde und dann schnell reagieren.

Aus dem Augenwinkel beobachtete er den anderen Kampf.

Die junge Frau kämpfte noch immer und versuchte sich mit Händen und Füßen gegen ihren Angreifer zu wehren, allerdings wusste sie selbst, dass sie sich nicht mehr lange würde wehren können.

Vielleicht würde es ja Ana schaffen, auch wenn sie nicht einmal im Traum ihr Schicksal in Anas Hände legen wollte.
 

Diese sah nun auch rüber, da ihr Gegner so fasziniert davon schien, wie Sope sich versuchte gegen den Kerl zu behaupten. Warum auch immer sie nun tat, was sie eben tat, sie würde es später vermutlich nicht mehr sagen können. Diese gesamte Situation hatte einen Grad der Absurdität erreicht, der nicht mehr getoppt werden konnte und vielleicht führte das zu Anas Kurzschlussreaktion.

„Eine Sekunde, ich bin gleich wieder da.“, meinte sie und ging dann schnurrstracks auf den Kerl zu, als er Sope gerade in der Mangel hatte. Sie tippte ihm auf die Schulter und er drehte sich mit einem verwirrten Gesichtsausdruck zu ihr um und da hatte er sich auch schon eine Ohrfeige gefangen, die alles in den Schatten stellte, was er bisher erlebt hatte.

„Hat dir deine Mutter nicht beigebracht, wie man mit Frauen umgeht, Arschloch?“, fauchte sie und verpasste ihm erneut eine, so dass Sope jetzt Zeit zum Reagieren hatte. Diese packte ihn und Ana konnte sich wieder ganz au ihren Gegner konzentrieren, der sich vor lauter Verwirrung nicht einen Millimeter bewegt hatte. Daran sollte sie eigentlich schon merken, dass es sich hier nicht um einen typischen Angreifer handelte, aber das wäre ja viel zu einfach gewesen.

„So, nun zu dir.“, brummte sie in einer Mischung aus genervt und langsam sehr erbost.
 

Sope war genauso verblüfft über Anas Auftritt wie ihr Gegner und dessen Partner, aber immerhin war sie jetzt wieder in der Lage, sich zu wehren und schaffte es, ihren Angreifer noch ein paar Mal hart zu erwischen, was ihr wahrscheinlich genauso wehtat wie ihm, da ihr nun neben ihrem Rücken auch der Arm wehtat.

Anas Gegner war verblüfft gewesen, doch er war noch soweit bei sich, dass er nach seinem Schwert hechtete und es ergriff. Er hatte nicht wirklich Angst vor ihr, aber er wollte ihr eben nicht wehtun, indem er sie schlagen musste.
 

„Und mit dem Ding willst du mir jetzt Angst machen oder was?“ Ana hob eine Augenbraue. Sie musste es mit einer Einschüchterung versuchen.No Risk, no Fun. Wobei der Funfaktor hier mal dezent rausfiel.
 

Währenddessen versuchte Caspian wirklich alles. Dieses Weibsbild verstand es zu kämpfen und er war noch immer etwas benommen von dem Auftritt der Anderen und von den Schlägen, die er danach eingesteckt hatte. Er drehte Sope den Arm um, doch sie wandte sich heraus und verpasste ihm erneut eine. Wenn er die eine zu fassen bekam, würden sie die andere auch kriegen!

Aber noch wollte Sope nicht aufgeben und als er wieder versuchte sie zu schnappen, lehnte sie sich nach hinten und zog dann die Beine nach, so dass sie ihm während ihres Handstandüberschlags auch noch einen Tritt versetzte, allerdings kam sie dann schlecht auf, weil sie anstatt den Boden eine Wurzel traf und abrutschte. Sie hoffte, dass ihr Tritt hart genug gewesen war und dass sie sich fangen konnte, bevor der Typ wieder auf dem Damm war.
 

Sein Partner sah die Frau skeptisch an. Was wollte die eigentlich? Dennoch hielt er das Schwert in der Hand und oben. Die Frau da vor ihm war eine Schlange und er konnte nicht sagen, was sie als nächstes tun würde.

Ana hatte in ihrem Kopf eine Melodie, schnell und gut für diesen Kampf. Musik half ihr, sich auf eine Sache zu konzentrieren.

Schneller als er schauen konnte war sie bei ihm, sein Schwert flog in hohem Boden davon und er wusste nicht, wie sie das gemacht hatte. Dann war sie hinter ihm, doch bevor sie ihm einen Tritt versetzen konnte, hatte er sich zu ihr umgedreht.
 

Sopes Gegner nutzte die Zeit und brüllte seinem Kumpel etwas zu. Er sollte aufhören mit der Kleinen zu spielen. Wenn sie eine der beiden hätten, würde die andere sich schon ergeben.
 

„Würde ich nicht darauf wetten…“, murmelte Sope und richtete sich wieder auf, belastete allerdings ihren Fuß, der auf die Wurzel getreten war, nicht richtig. Dennoch ging sie einen Schritt auf ihn zu und versuchte ihn wieder einmal zu treten.
 

Anas Gegner griff währenddessen einfach nach vorn und schnappte sich deren Handgelenk, bevor er ihr den Arm verdrehte und hoffte, dass sie es endlich geschafft hatten. Was waren das eigentlich für Weiber, die so kämpften? Das hatte er ja noch nie erlebt. Und ihre Kleidung war so merkwürdig…
 

Sopes Gegenüber grinste. „Also wir haben deine kleine Freundin, hörst du jetzt freiwillig auf und kommst mit oder muss ich dir erst weh tun?“, fragte er und beobachtete sie. Er wich ihrem Tritt aus und gab seinem Kumpel ein Zeichen, dass er fester zudrücken sollte. Ana wehrte sich gerade nicht, denn sie überlegte sich genau, wie sie aus dem Griff wieder raus kam.
 

„Wie kommst du darauf, dass sie meine Freundin ist?“, fragte Sope, allerdings biss sie sich auf die Lippe. Sie konnte sich nicht einfach ergeben, aber so wie Ana gerade stand, würde er ihr den Arm brechen, wenn er noch ein wenig fester drückte.

Und wenn sie sich ergab, dann würden sie vielleicht nicht wieder fliehen und ihre Geschwister retten können. Verdammt…wieso konnte sie nicht einmal in ihrem eigenen Traum gewinnen?

Sie schwieg, aber man sah ihr an, dass sie aufgeben würde und so drückte Anas Gegner noch einmal fester zu.

Von dieser kam nur ein böses Zischen, das allerdings wie ein unterdrückter Schmerzenslaut klang.

„Solltest du mich je wieder los lassen, werde ich dich und deine ganze Familie umbringen, und das schwöre ich dir.“ Es klang wirklich ernst gemeint. Sie sah in Sopes Richtung und bedeutete ihr weiter zu machen, sie käme schon klar.

„Ich weiß nicht, vielleicht weil sie dir geholfen hat.“, erwiderte der Kerl Sophia und ignorierte, was Ana seinem Freund androhte.

Dieser drückte einfach noch mal zu und dann konnte Sope nicht mehr anders. Sie ließ die Fäuste sinken. Sie würden schon irgendwie wieder raus kommen, aber sie konnte nicht zulassen, dass Ana verletzt wurde, nicht einmal, obwohl sie sie eigentlich nicht leiden konnte.

„Sorry, Anastacia.“, sagte sie dann leise und senkte den Kopf. Sie gab auf.
 

Anas Blick wurde eisig, wohingegen die beiden Kerle nun grinsten. Der Griff um Anas Handgelenk ließ jedoch nicht nach. Anscheinend hatte er ihre Worte doch ernst genommen.

„Brav.“, meinte der eine und ging auf sie zu, um sie in Gewahrsam zu nehmen.
 

Sope wehrte sich nicht mehr, denn der Andere hielt Ana immer noch fest. Sie bemerkte den Blick, den diese ihr zuwarf, und musste sich abwenden. Hoffentlich war das wirklich ein Traum.

Der Typ bog ihr die Arme auf den Rücken und führte sie dann so ab in Richtung der Lichtung, auf der sie ihre Brüder und Faye entdeckt hatte.

Der Andere folgte mit Ana. Das würde noch Streit geben, konnte sie nicht endlich aufwachen?

„So einen beschissenen Traum hatte ich echt noch nie…“, murmelte sie vor sich hin. Konnte man eigentlich in Träumen Schmerz empfinden?
 

„Ich hatte noch nie so einen Hass auf jemanden.“, meinte Ana nur als Antwort, wobei sie sicher stellte, dass Sope sich nicht angesprochen fühlte. Dieser Typ, wenn er sie losließ, sie würde ihm die Augen auskratzen. Zum Glück hatte er ihre Tasche mitgenommen, nachdem sie gefaucht hatte, als er sie hatte stehen lassen wollen. Scheißkerl.

Anas Aussage wurde einfach ignoriert. Die beiden wurden schließlich auf die Lichtung geführt und die beiden Typen standen hinter ihnen, hielten ihnen die Arme fest, damit sie nicht doch noch abhauen konnten. Dumm waren sie nicht, dass musste sie zugeben.

Die Wesen, die hier standen, sahen sie an und ihr wurde zum ersten Mal klar, wie jämmerlich sie aussehen mussten. Nass, vermatscht und in Gefangenschaft. Das war so demütigend.
 

Als sie auf der Lichtung ankamen, bemerkte Faye die beiden und schrie mit einem Mal erschrocken auf.

„Ana, Herr Gott, wie siehst du denn aus?“, sprachs und stürmte auf vier zu. „Bzw. was macht ihr beide überhaupt hier?“

Ihre ältere Schwester warf ihr einen vernichtenden Blick zu.

„Träumen, dich retten und schließlich mich prügeln, wonach sieht es denn sonst aus….“
 

Auch Jaden und Phil kamen nun zu ihnen und sahen ihre große Schwester an.

„Wie kommt ihr denn hierher?“, fragte Jaden ebenfalls und Sope sah ihn an, bevor sie aber auf seine Frage antwortete, sah sie sich beide erst an. Am liebsten hätte sie sie in die Arme geschlossen, aber die waren ja verhindert.

„Jaden, Phil…Geht’s euch gut? Seid ihr auch nicht verletzt? Ich schwöre dir, wenn ihnen auch nur ein Haar fehlt, dann nehm' ich die Kapitulation zurück!“, fuhr sie den Typen an, der hinter ihr stand. Wenn es um die beiden ging, dann wurde sie eine Furie. Eine Glucke, die ihre Küken beschützte.

Aber Jaden beruhigte sie wieder.

„Uns geht’s gut. Das sind unsere Freunde“, sagte er und strahlte.

„Ja, Ana stell dir vor, wir sind in Narnia!“ Faye grinste breit und lächelte ihre Schwester an, die sie nur verständnislos ansah.

„Wir sind bitte wo?“, fragte diese noch mal nach.

„In Narnia, Ana. In Narnia! Ist es nicht toll?” Faye wirkte überglücklich und ihre Schwester sah genau wie das Gegenteil aus.

„Nee, es ist scheiße. Ich würde gerne aufwachen.“

„Aber das ist echt, Ana! Das ist kein Traum!“, versuchte Faye ihr das klar zu machen und die Ältere hob eine Augenbraue.

„Ich bin hier in der Einöde, meine Schuhe sind dreckig, ich bin vollkommen durchnässt, meine Haare sind ein Desaster, meine teuren Sachen kann ich zuhause in den Müll werfen, meine Schminke ist vollkommen verlaufen. Das hier ist eine Katastrophe und du willst mir sagen, dass ich nicht träume?!“

„Du träumst nicht. Ich hab’s zuerst auch nicht geglaubt, aber wir sind wirklich hier.“, meinte Phil darauf und zuckte mit den Schultern.

„Und dass ihr hier seid hat seinen Grund.“, sagte dann eine andere Stimme.

Sie war tief und angenehm und die Menge der komischen Viecher teilte sich. Sope achtete nicht darauf, wer das jetzt wieder war. Sie war schockiert. Sie war echt ein Fall für die Irrenanstalt, wenn sie aufwachte. Ihre Träume waren wahrscheinlich ein Schatz für jeden Traumdeuter.

„Peter, Kaspian, lasst unserer Gäste doch los.“, hörte sie die Stimme sagen und sofort spürte Sope, wie der Druck auf ihre Arme nachließ und sie hob den Kopf.

Vor ihnen stand ein riesiger Löwe, der von zwei Menschen begleitet wurde. Von einem Mädchen und einem Junge in Phils Alter.

Das war doch alles nicht möglich…
 

Ana starrte den Löwen an, so dass sie zuerst gar nicht merkte, dass der Typ sie wirklich losließ. Sie blinzelte. Das war doch echt zu abgefahren, um wahr zu sein. Faye bemerkte, dass die beiden ihnen immer noch nicht glaubten. Nun gut, sie waren fast erwachsen und sie wusste, dass Ana so gesehen gar nicht hier sein dürfte, aber… sie mussten einsehen, dass das hier echt war.
 

Kaspian hatte Sope losgelassen und sich nun von ihr weggestellt. Er fand es urkomisch, dass die beiden anscheinend nicht glauben wollten, wo sie waren und dies alles für einen Traum hielten. Allerdings konnte er nicht verstehen, wieso Aslan wollte, dass sie sie losließen. Die beiden hatten gezeigt, dass sie gefährlich waren.
 

„Aslan…“, war alles, was Sope sagen konnte.

Sie hatte mehr Fantasie als sie gedacht hatte, wenn sie wirklich von der Welt träumte, von der ihr ihre Großmutter immer erzählt hatte.

Sie sah sich um, bevor sie seufzte.

„Also langsam könnte ich echt aufwachen.“, murmelte sie vor sich hin.

Sie nahm wage wahr, dass sich alle Anwesenden über sie und Ana lustig zu machen schienen. Aber das hier konnte einfach nicht echt sein. Das widersprach aller Logik und jedem Fünkchen Verstand, das sie besaß. Wobei es auch unwahrscheinlich war, dass Träume so unbequem, kalt und nass waren.
 

Peter trat zu Kaspian und brachte so ein ganzes Stück zwischen sich und diese Furie, die er festgehalten hatte. Wer wusste schon, ob sie nicht doch noch ausflippen würde. Und er wollte nicht wieder gegen sie kämpfen müssen. Gegen ein Mädchen zu kämpfen, war nicht sehr ehrenhaft und das hatte er in seinem Leben hier gelernt.

Doch er wurde verschont. Das Mädchen blinzelte weiter und schien das Ganze immer noch nicht für real zu halten.

Aslan hingegen ging immer weiter auf die beiden Mädchen zu, während Lucy und auch Edmund ihn alleine vorgehen ließen.

„Ich sehe, man kennt mich auch drüben in der Welt der Menschen.“, antwortete er und wenn es einem Löwen möglich gewesen wäre, hätte er gelächelt. Er wusste genau, wen er vor sich hatte. Susans Erben.
 

„Nicht viele…“, antwortete Sope automatisch.

Das konnte nicht wahr sein. Ihre Großmutter hatte sich das alles nur ausgedacht, aber hatte sie selbst wirklich so viel Fantasie, dass sie sich das einbilden konnte? Immerhin standen alle hier, die sie erwähnt hatte. Ihre Brüder, Peter und Edmund, ihre kleine Schwester Lucy und von diesem Kaspian hatte sie ihnen ja auch erzählt. War es möglich, dass es real war? Nein, wohl kaum.
 

Aslan stand nun direkt vor den beiden und blickte von einer zur anderen.

„Ich bin mir sicher, ihr habt viele Fragen und ich werde sie euch gerne beantworten, aber vorher denke ich, dass es in eurem Sinne wäre, wenn ihr euch etwas anderes anzieht.“, sagte er dann mit Blick auf die dreckverschmierten Sachen, die sie trugen.

Sope hielt das für einen guten Vorschlag, auch wenn es nur ein Traum war. Sie fror und der Matsch fühlte sich eklig an. Ana schien jedoch mit sich zu hadern. Ihre Tasche hielt sie immer noch an sich gedrückt, da dort alles war, was sie zum überleben brauchte. Sie sah an sich herunter und musste zugeben, dass sie fürchterlich aussah. Sie war eine einzige Katastrophe und die Riemchen ihrer Schuhe hatten sich mittlerweile böse in ihre Haut geschnitten, so dass Wunden entstanden waren, die nun mit Dreck getränkt waren. Klasse. Super Sache. Also nickte sie nur und schien zumindest vorzeitig sich ihrem Schicksal zu ergeben. Sie würde irgendwann einfach aufwachen.
 

Aslan führte die beiden jungen Frauen in eines der Zelte, die ein wenig verborgen weiter hinten, zwischen den Bäumen in der Nähe der Lichtung, standen.

„Ihr findet dort Kleidung und Wasser“, sagte er und drehte sich um.

Er ging davon und Sope stand mit Ana allein da.

„Das ist der merkwürdigste Traum, den ich je hatte.“, wiederholte Sope noch einmal, auch wenn ihre Überzeugung, dass sie träumte, langsam ein wenig schwand. Sie kannte diese Fantasie bei sich selbst einfach nicht. Dann schob sie den Vorhang, der das Zelt verschloss, beiseite und sah sich darin um, bis sie eine große Wanne mit Wasser entdeckte. Sie ging hin und wusch sich den Matsch von den Armen und vom Gesicht. Na wenigstens das war angenehm hier.

Ana setzte sich auf den erst besten Stuhl und begann langsam die Riemchen ihrer Schuhe zu lösen und verzog dabei schmerzhaft das Gesicht. Als die Schuhe ausgezogen waren, wusch auch sie sich den Dreck aus dem Gesicht und von den Armen. Dann begann sie ihre Beine und die Füße zu säubern.

„Ich glaube, die muss ich verbinden lassen.“, murmelte sie, als sie die relativ tiefen Wunden sah. Es schmerzte jedoch recht wenig, wahrscheinlich war sie mit ihren Gedanken woanders und spürte den Schmerz daher weniger.

„Aber das hier… ist einfach…. Unmöglich.“

„Da bin ich deiner Meinung.“, antwortete Sope leise, bevor sie vor Ana in die Hocke ging.

“Lass mich das anschauen. Ich kenne mich damit aus.“
 

Sie sah sich die Wunden an. Sie bräuchte eine Salbe oder so etwas, aber das würde sie hier wohl eher nicht finden, doch dann fiel ihr ein, dass sie sogar eine dabei hatte und sie kramte die kleine Tube aus der Hosentasche. Wie gut, dass sie immer auf so etwas vorbereitet war.

„Die Schnitte sind tief, aber nicht unbedingt schlimm…wenn sie sich nicht entzünden, dann hast du Glück. Warum trägst du auch zu Hause solche Schuhe?“, fragte sie dann, während sie ein Leinentuch, das herumlag, in Streifen riss, die Creme auf die Wunden auftrug und dann den Fuß damit verband.

„Ich kann ja in ihnen laufen, aber anscheinend war das Rennen zu viel.“, erwiderte Ana und nickte Sope dankbar zu, als sie sich um die Schnitte kümmerte. Die Salbe brannte kurz, aber es ließ schnell nach.

Als Sope damit fertig war, richtete sie sich wieder auf und sah sich nach neuen Kleidern um, die sie auch entdeckte.

„Och nöö!“, meinte sie dann, als sie die beiden bodenlangen, schweren Kleider sah, die auf einer Bank lagen. Dies ließ Ana eine Augenbraue heben.

„Mittelalterliche Kleidung? Ich gebe zu, ich wollte schon immer mal eine Prinzessin sein, aber ich habe das ungute Gefühl, dass wir dafür keine sanitären Anlagen haben“, brummte sie und begann sich langsam auszuziehen.

Schließlich war sie unter den Sachen auch voller Dreck- wie auch immer der da hingekommen sein mochte. Als sie schließlich nur noch in Unterwäsche war und sich soweit gewaschen hatte, betrachtete sie die Kleider.
 

„Die Verarbeitung ist in jedem Fall gut. Du kannst sie bedenkenlos anziehen.“

„Ich will aber nicht…“, murmelte Sope darauf nur und betrachtete weiterhin die Kleider. Sie hasste Röcke und Kleider. Sie trug am liebsten Jeans und ein Shirt, Sachen, in denen man sich bewegen konnte und das da sah nicht gerade danach aus.

Sie seufzte und verschob das Umziehen. Erst würde sie es Ana gleichtun und sich waschen. Sie band ihre Turnschuhe auf, zog sich aus und machte sich dann sauber, bevor sie sich wohl oder übel wieder mit den Kleidern befassen musste. Gab es hier nichts anderes?
 

„Wir werden wohl in den sauren Apfel beißen müssen. Ich steh auch mehr auf modernes Zeugs.“, sagte Ana, als sie Sopes Gesichtsausdruck sah, der sagte, dass sie immer noch mit den Kleidern haderte.

Sie nahm sich eins der Kleider heraus, zog es langsam über und stellte fest, dass der Stoff zum Glück nicht kratzte. Als sie fertig war, strich sie über den Saum und seufzte. Sie griff in ihre Tasche und förderte schnell ihren Kamm zutage, damit sie sich die Haare richten konnte, die sahen nämlich wie ein einziges Desaster aus. Sie wäre froh, wenn sie endlich trocknen würden!

Sope nahm das andere Kleid und zog es an. Sie fühlte sich unwohl und sie war sich sicher, dass sie absolut lächerlich aussah. Warum musste sie sich in ihrem Traum auch noch verkleiden? Das war doch einfach nicht fair. Sie sah an sich herunter und erschauderte leicht. Das war echt ätzend. Sie würde bestimmt über den Saum stolpern und fallen. Wobei…dann könnte sie das Kleid wieder ausziehen.

Dann sah sie zu Ana.

„Darf ich deinen Kamm auch mal benutzen?“, fragte sie dann, auch wenn sie sich sicher war, dass ihre Haare danach noch schlimmer aussehen würden als jetzt.

„Sicher.“ Ana entfernte ihre Haare vom Kamm und sah sich nach einem Mülleimer um, aber so was würde sie hier wohl nicht finden, also packte sie sie in ein Taschentuch. Dann reichte sie Sope ihren Kamm und kramte ihren Spiegel und ihr Make up heraus. So würde sie sicherlich nicht vor die Türe gehen. In Windeseile hatte sie sich vollständig geschminkt und sah nun Sope dabei zu, wie sie sich fertig machte.

Diese kämpfte mit ihren Haaren. Sie hasste Nässe, dann bekam sie immer diese bescheuerten Locken, die sie nie wieder aus ihren Haaren herauskämmen konnte. Sie hatte nicht einmal ein Haarband dabei, um sie zusammen zu machen, aber so konnte sie doch auch nicht rum rennen, nicht mal im Traum.

„Du hast nicht zufällig ein Haargummi bei dir, oder?“, fragte sie dann wieder Ana, während sie den Kamm resigniert sinken ließ.

Diese hob eine Augenbraue.

„Ich habe alles dabei. Man muss immer vorbereitet sein.“, grinste diese und holte aus ihrer Tasche ein winziges Beutelchen heraus, in dem Spangen und Haargummis waren. Sie reichte ihn ihr.

„Ich könnte versuchen dir eine Frisur zu machen, die zu dem Kleid passt. Denn mit Pferdeschwanz solltest du das nicht tragen.“, meinte sie.

Sope sah sie skeptisch an. Sie ließ nicht gerne Leute an ihren Haaren herum machen, aber wahrscheinlich verstand Ana davon sehr viel mehr als sie selbst und so nickte sie.

“Ähm…das wäre…nett.“, antwortete sie dann und setzte sich auf die Bank, die im Zelt stand.

Jetzt war es eindeutig ein Traum, denn so würde sie in der Realität nie mit Ana sprechen. Niemals.

Diese grinste und machte sich direkt ans Werk. Das war in jedem Fall ein Traum, weil sie Sope nie die Haare machen würde. Never ever.
 

Es dauerte nicht lange und Ana war fertig und ließ Sope in den Spiegel gucken. Es war zwar eine recht einfache Frisur, aber sie passte perfekt zu dem Kleid. Sie hatte einige Strähnen nach hinten gebunden und mit Haarnadeln so fixiert, dass es auf jeden Fall halten würde. Dann hatte sie die Haare hinten zusammen genommen und aufgedreht, so dass Sope jetzt eine lockere Hochsteckfrisur hatte.

Sope betrachtete sich im Spiegel und stellte überrascht fest, dass ihr die Frisur gefiel, auch wenn es sehr ungewohnt war.

„Danke.“, sagte sie zu Ana und stand dann auf.

Sie atmete tief durch und wandte sich dann zum Vorhang, um nach draußen zu gelangen. Sie war gespannt, wie sich dieser Traum entwickeln würde. Wer wusste schon, was ihre Fantasie als nächstes ausbrütete.

Ana packte noch schnell ihre Sachen zusammen und folgte ihr dann hinaus. Faye grinste sie direkt an, aber Ana warf ihr einen vernichtenden Blick zu. Das hier erschien immer mehr wie die Wirklichkeit und nicht wie ein Traum, aber noch hatte sie keinen hysterischen Zusammenbruch bekommen, also hieß das, dass sie es noch nicht ganz realisiert hatte.
 

„Ihr seht toll aus…“, sagte Jaden und kam sofort auf die beiden zu, „wie Prinzessinnen.“

Er strahlte sie an und Sope konnte nicht anders, als ebenfalls zu lächeln, wenn auch sehr verhalten. Sie fand, sie sah eher lächerlich aus, aber sie wollte Jaden nicht enttäuschen. Als er das Lächeln sah grinste er noch breiter und rannte dann davon. Sie sah ihm nach und seufzte. Wer dieses Kind beruhigen konnte, der hatte Zauberkräfte. Dann sah sie sich in dem Lager um. Überall waren diese Wesen, aber den Löwen konnte sie gerade nicht entdecken.
 

Zwischen den Wesen aus Narnia standen die vier einzigen anderen Menschen beieinander. Peter und Kaspian hatten Lucy und Edmund gerade von ihrem kleinen „Abenteuer“ berichtet, als die beiden wieder aus dem Zelt kamen.

„Sie sieht aus wie Susan.“, sagte Edmund dann mit einem Mal und die anderen drei sahen ihn an, bevor sie den Blick wieder auf die beiden Frauen richteten. Wer waren diese jungen Frauen?

Phil und Faye stellten sich nun zu den beiden jungen Frauen und Faye berichtete ganz offensichtlich vollkommen begeistert davon, was sie bisher in Erfahrung hatten bringen können. Kaspian sah noch mal zu den Vieren herüber und grinste Edmund dann an.

„Wie Susan meinst du also? Es besteht eine gewisse Ähnlichkeit.“, musste er zugeben.

„Stimmt.“, erwiderte auch Peter und beobachtete die Vier, die zusammen standen. “Sie erinnern mich an uns früher, auch wenn wir nur vier waren und sie zu fünft sind.“

Edmund und Lucy nickten.

„Mich würde interessieren, warum sie hier sind und warum sie Susan ähnlich sieht. Ich werde sie fragen.“, sagte Lucy schließlich und trat aus der Runde auf die Fünf zu, ehe einer der anderen eingreifen konnte. Sie überhörte die Rufe der Anderen, die sie davon abhalten wollten. Und dann stand sie vor ihnen. Peters spezielle Freundin musterte sie kurz, lächelte und beschäftigte sich dann mit etwas anderem.

„Oh hi“, meinte Faye und sah Lucy an, die ihr jetzt gegenüber stand. Was konnte sie nur wollen?

„Hi“, grüßte diese ebenfalls und sah die Vier, die dort standen, dann an.

„Ich bin Lucy.“, stellte sie sich höflich vor und reichte Faye die Hand, bevor sie die Anderen ansah.

„Ich wollte euch eigentlich nur etwas fragen. Wir haben uns gewundert, warum ihr hier seid und warum du“, sie sprach nun Sope an, „unserer Schwester ähnlich siehst.“

Direkt auf den Punkt. So konnten diese Vier wenigstens nicht ausweichen.
 

„Warum wir hier sind, wissen wir nicht, aber Phil, Jaden und Sophie haben eine Großmutter, die uns von Narnia erzählt hat. Und sie heißt Susan.“, erklärte Faye und lächelte.

Ihr war schon lange klar, dass Susan Recht behalten hatte. Peter, Lucy und Edmund gab es wirklich. Ihre Geschwister waren hier. Das war doch echt zu komisch, dass sie mit ihnen sprachen.

„Eure Großmutter heißt Susan?“, fragte Lucy nach und bekam große Augen. Sope und Phil nickten.

„Dann bin ich ja eure Großtante.“, sagte sie darauf und begann sie anzugrinsen.

Sope sah das Mädchen an und hob eine Augenbraue. Der Traum wurde echt immer verrückter. Sie sprach gerade mit ihrer Großtante, die knapp fünf Jahre jünger war als sie selbst. Wahnsinn.
 

„Dann bist du die Lucy, von der sie immer erzählt.“, lächelte Faye. „Oh ich vergaß. Ich bin Faye und das ist meine Schwester Anastasia.“

Sie stellte sich vor und deutete dann auf Ana, die wie erstarrt da stand und sich nicht anmerken ließ, ob sie das Gespräch nun verfolgte oder nicht.

Währenddessen hatten Kaspian, Peter und Edmund wieder Stellung bezogen, falls sie noch mal Besuch bekommen sollten.

„Ich denke, die bin ich.“, antwortete Lucy und lächelte Faye an.

„Es freut mich euch kennen zu lernen und ich denke, dass ihr jetzt erwartet werdet.“

Sie sah an den beiden vorbei und Phil und Sope folgten ihrem Blick. Der große Löwe stand am Rand der Lichtung und schien auf sie zu warten. Vielleicht würden sie jetzt alles erfahren.
 

Also machten sich die Vier auf den Weg, wobei Faye Ana eher mitzerren musste, als dass diese freiwillig ging. Alle fühlten sich ein wenig komisch, als sie so vor dem Löwen standen, der tatsächlich auf sie gewartet hatte. Faye tippelte von einem Fuß auf den anderen, so aufgeregt war sie, Ana stand stolz wie eh und je dort. Wie ein Fels in der Brandung mit der Eleganz einer Königin. Phil sah eher gleichmütig drein und Sope schien das alles immer noch für einen Traum zu halten.

„Nun, da ihr nun umgezogen seid, werde ich euch die Fragen beantworten, die euch auf dem Herzen liegen“, sagte Aslan mit einer freundlichen Stimme.

„Warum sind wir hier?“, kam sofort die erste Frage, aber es war Jaden, der gefragt hatte. Plötzlich war er aufgetaucht und stand nun neben Sope. Er hatte wirklich ein ungeschriebenes Talent dafür, ständig aus dem Schatten von irgendwoher aufzutauchen oder darin zu verschwinden.

„Natürlich die wichtigste Frage zuerst und ich will sie euch beantworten: Ihr seid hier, weil Narnia euch braucht. Viele von denen, die hier sind, wissen es noch nicht, aber euch werde ich es sagen, denn ihr werdet uns retten. Ihr müsst uns retten. So wurde es vor langer Zeit bestimmt. Aber ich will euch zeigen, was ich meine. Folgt mir…“, sagte er und Schritt voran durch den Wald.

Wieder wurde Ana eher mitgezerrt, als dass sie lief und Aslan führte die Fünf in eine Höhle. Hier benutze er zum ersten Mal Magie, als er eine Lichtkugel schuf, dank der sie sehen konnten.
 

„Hier an den Wänden der Höhle steht eine Prophezeiung. Vier Könige werden kommen und Narnia retten. Diese Vier kennt ihr bereits. Es waren Susan, Lucy, Peter und Edmund, die damals zu uns kamen und das alte Narnia retteten. Doch ich konnte es nicht aufhalten und so beschloss ich, Narnia zu vernichten und eine neue Welt zu erschaffen. Sie gleicht Narnia und ich gab ihr denselben Namen. Wir lebten friedlich, bis vor kurzem.“, sprach er und führte sie weiter an den Wandmalereien entlang.
 

Die Wände waren von Fackeln erleuchtet und so konnten sie die Bilder auf den Wänden erkennen. Sope trat an eines heran und legte zwei Finger darauf. Es war ein Mädchen zu sehen, schwarze Haare, sie stand neben einer Kleineren. Das musste Susan sein. Ihre Großmutter. War das hier wirklich ein Traum? Konnte sie sich das alles einbilden? Doch Aslan ging weiter und führte sie in eine weitere Höhle, so dass Sope ihm folgen musste.

„Und hier in Narnia wurde eine weitere Vorhersage getroffen: Wenn sich der mächtige, dunkle Herrscher erhebt, wenn die Bäume zittern und die Erde bebt, dann werden vier neue Könige kommen und die Welt retten, so wie es ihre Vorfahren taten.“
 

Und nun war es an Ana eine Frage zu stellen.

„Das kann nicht sein. Wir sind fünf. Und davon sind nur drei mit den ehemaligen Königen verwandt. Warum sind wir fünf?“, fragte sie gerade heraus.

Auch Faye schien das zu interessieren. Demnach musste eine von ihnen beiden zu den Königen gehören - nur wieso. Sie hatten keinerlei Verwandtschaft.

Die Wandmalereien gaben darüber keine Auskunft, dass musste sich auch Aslan eingestehen, der nun stehen geblieben war und Ana mit seinen Augen fixierte. Sie glaubte, er würde in ihre Seele sehen, denn so fühlte es sich an. Als wäre sie nackt und schutzlos.

„Es gibt eine weitere Prophezeiung, eine, die noch weniger bekannt ist als die, die ich euch genannt habe, aber noch ist es nicht an der Zeit, dass ihr sie erfahrt. Aber bald werdet ihr auch das erfahren.“, sagte er dann und sah von Ana zu Sope und wieder zurück.

In diesem Moment wurde ihnen klar, dass diese Prophezeiung eine von ihnen betreffen würde. Nur wusste sie nicht wen, denn Aslans Blick gab darüber keinen Aufschluss.

„Bald werde ich euch alles erzählen.“



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