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Ashtray heart

Love doesn't need so much of justification
von

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Dice 1.4

Schmunzelnd richtete sich Komiya wieder etwas mehr auf und krakselte mit Kubota dicht hinter sich zu der Limousine zurück, wo man ihn erstmal etwas verarztete.

Es sah zum Glück schlimmer aus, als es war und es würde ausreichen den Izumo-eigenen Arzt aufzusuchen…
 

Nachdem Komiya seine Zigarette angezündet hatte, tat Kubota dasselbe mit seiner.

Er zog einmal kräftig daran, atmete tief ein und ließ eine helle Wolke hinter sich herziehen, als er Komiya folgte und sie endlich diesen grauen Ort wieder verließen...

An einer Kreuzung ließ Kubota sich rausschmeißen. Kurz vorher nickte er den anderen noch einmal zu, verabschiedete sich mit einem saloppen "Bis dann" und stieg aus dem Wagen aus.

Die Limosine fuhr ohne ihn weiter, aber Komiya würde es auch ohne ihm weiterhin gut gehen. Darauf musste er jetzt einfach vertrauen.

Was Kubota jetzt brauchte, war Ruhe. Die stille Ruhe von menschenferner Einsamkeit.

Die Ruhe, die nur vom Geklapper seiner Playstation-Kontroller und der Hintergrundmusik des Spiels unterbrochen wurde, während er sich nach und nach durch alle spielbaren Level seines neuen Spiels kämpfte...

Dass die Izumo-Jugend ein wenig darunter litt, kümmerte ihn kaum.

Aber 4 Tage nach dem Vorfall mit den Chinesen, hielt Kubuto es doch irgendwie für angebracht, mal wieder aufzutauchen...
 


 


 

„Kubota-san kommt neuerdings gar nicht mehr.“

murmelte Tatsu und machte es sich auf der Couch bequem.

Komiya wollte es abstreiten, aber das wäre ja im Endeffekt gelogen.

Nach dem Deal war der Schwarzhaarige wirklich nicht mehr aufgetaucht. Ein Glück, das Sanada ein paar Tage in Tokyo war und deshalb die Unruhe im Jugend-Büro nicht mitbekam.

Seine Schulter war wieder halbwegs okay. Der Schuss war glatt gewesen und deshalb nicht schlimmer als eine Schnittwunde. Komiya hatte schon schlimmere Verletzungen gehabt.

Und wahrscheinlich würde er sie auch wieder haben, wenn rauskam, dass sein Vorgesetzter schon wieder wie vom Erdboden verschluckt war…

„Hat er keine Lust mehr ?“

Die Blicke lagen auf ihm.

Aber Komiya wusste nicht recht, was er antworten sollte, schlug die Beine übereinander und seufzte nur ein ‚Gut möglich.‘
 

„Zuzutrauen wäre es ihm.“

Ihm wäre aber auch zuzutrauen, dass er beim Hausputz über seine eigenen Schuhe gestolpert ist und sich das Genick gebrochen hat, so tapsig, wie er manchmal wirkte…

„Bei ihm weiß man nie,was er denkt.“

Doch just in DIESEM Momenten wurde die halb geschlossene Tür aufgetreten und ihr ‚Boss‘ stand in der Tür.

„Kubota-san !!!"
 

"Tach!", begrüßte er die anderen, als wäre er nicht für einige Tage wie vom Erdboden verschluckt gewesen.

Neugierig und überrascht wurde auf die Tasche gestarrt, die er mit hatte und sorgsam auf den Boden legte.

"Was ist das denn?!"

"Häh?"

erwiderte Kubota.

"Kennt ihr das nicht? Sega Saturn, Playstation und Super Nintendo",

zählte er auf und begann, das Zeug am Fernseher zu installieren.

„Klar kennen wir das“,

warf Komiya im Namen aller verdutzt dreinschauender Anwesenden unsicher ein. „Seitdem dieses neue Spiel rausgekommen ist, hab ich drei Tage nur gedaddelt. Aber ich dachte mir, so langsam sollte ich mich mal wieder blicken lassen“

Hinter ihm stand die halbe Izumo-Jugend versammelt und teilte sich denselben unausgesprochenen Gedanken: Seit wann nahm man eine Spielekonsole in ein Yakuza-Büro mit?

„Okaaaay...“

, machte Kubota, als er endlich damit fertig war, alle Kabel und Stecker richtig zu verlegen.

„Spielen wir!“

, kündigte er mit einem gewinnbringenden Lächeln an.

„Wer nur einmal gegen mich gewinnt, kriegt was er will.“

Die Jungs waren sofort Feuer und Flamme für die Idee.

„Ehrlich Kubota-san?“

„Ich!! Ich will zuerst!!“

Und so spielte Kubota mit ihnen. Oder besser gesagt gegen sie. Gegen jeden einzelnen. Und niemand hatte auch nur den Hauch einer Chance gegen ihn.

Also verzog er sich nach draußen, mit dem Auftrag an die Übrigen, während seiner Abwesenheit zu üben.
 

Nachdem Komiya das Ganze mit etwas Entsetzen und totaler Konfusion beobachtete hatte, gesellte auch er sich dazu und versuchte sein Glück.

Leider zwecklos.

Kubota zog sie alle ab.

Er übte auch nicht mehr lange weiter.

Am Spielen und wie Kubota lässig auf dem Fußboden hockte und sie ohne große Mühe in Allem alt aussehen ließ, was er an Spielen so mitgebracht hatte, hatte der Ältere erkannt, dass sie es nicht schaffen würden.

Allerdings zeigte die ‚Sucht‘ in Verbindung mit dem Mitbringen all der Sachen seitens Kubota gezeigt, dass dieser seinen Platz hier akzeptiert hatte…und auch etwas ernster nahm.

Nach einigem Nachdenken folgte er dem Schwarzhaarigen nach draußen, die Feuertreppe herunter.

„Kubota-san?! Hier sind sie!“

Sogleich wurde er gefragt, ob sie fertig mit Üben war, aber Komiya erwiderte nur, dass es ja doch sinnlos war.

Ein bitteres Lächeln zog sich auf Komiyas Gesicht und er setzte sich neben Kubota auf die Treppe um selbst eine Zigarette zu rauchen. Hier draußen in der kleinen Gasse war die Luft zwar auch nicht besser, aber BESSER als da oben, wo die Jüngeren der Bande wohl immer noch zockten.

Kubota erklärte einfach nur, dass es für ihn dennoch einen Unterschied machte, ob er gegen ‚echte Menschen‘ spielte, oder nicht…

„Hmnh….Kubota-san?“

Der Blonde hob den Kopf und lächelte leicht, bevor es aber auch wieder erstarb.

Die Neugierde trieb Komiya an…

„ …Spiele nehmen sie sehr ernst,nicht wahr ?“
 

Kubota lehnte an der Wand, die Hände in den Manteltaschen versunken und starrte gen Himmel, während er Komiya erklärte, was Spiele für ihn ausmachten. Wie er sie sah und was er über sie dachte.

Die Zigarette in seinem Mundwinkel wippte dabei unaufhörlich mit jedem Wort, das er aussprach, mit.

Dann stellte Komiya ihn seine letzte Frage.

Ob er Spiele sehr ernst nehme...

Kubota dachte über diese Frage erst einmal genauer nach, bevor er sie beantwortete.

Ob Komiya wohl dabei an den Deal dachte? Dachte er, dass Kubota es als ein Spiel gesehen hatte? Ein Spiel, dass er einfach nur sehr ernst genommen hatte und um die höchste Punktzahl zu erreichen, ein großes Risiko eingegangen war.

Oder war Komiyas Frage so simpel gemeint, wie er sie gestellt hatte?

„Vielleicht“,

sagte er schließlich und wühlte in seinen Gedanken. Er wog jedes Wort gut ab, das er aussprach.

„Aber wenn mein Gegenüber nicht lebendig ist... dann... weiß ich selbst nicht, ob ich noch lebendig bin.“

Ein trauriger Zug umspielte Kubotas Blick und noch im selben Moment fragte er sich, ob es richtig war, dem blonden, oftmals unbeholfenen, jungen Mann gegenüber so viel von sich preiszugeben...

„Ach, egal...“

sagte er schließlich und es klang mehr, als meinte er es zu sich selbst, anstatt zu Komiya. Er trat seinen Schuh vom Fuß und der landete, einige Meter weiter, auf der Sohle.

„Ahh, morgen wird das Wetter schön“

, stellte er im Plauderton fest und holte sich gemächlichen Schrittes seinen Schuh wieder. „Ich kann meine Wäsche draußen aufhängen.“
 

Auch Komiya fragte sich, wie er seine eigene Frage zu verstehen hatte.

Aber die Antwort machte es einfacher.

Es schien so, als würde Kubota trotz seines…wahrscheinlich sehr isolierten Lebens die Gesellschafft der Anderen zu genießen.

Er war zwar weder ein Mann der vielen Worte, noch gesellig im allgemeinen Sinne, aber irgendwas hier schien ihm ja zu gefallen.

Kubota war nicht der Typ, der Dinge tat, die ihn nicht zu mindestens interessierten.

Umso verwirrter war er auch, als er der Schwarzhaarige auf einmal auf einem Fuß durch die Gegend hüpfte und seinen Schuh zurück holte…

Wie konnte jemand so unbekümmert über das Wetter von Morgen reden, der so viel Dreck am Stecken hatte?

So viel….fast kindliche Naivität gepaart mit fast übermenschlicher, analytischer Gabe?

Kopfschüttelnd stand Komiya auf und wollte schon wieder hoch ins Büro gehen, als er sich nochmal zu Kubota umdrehen wollte.

Er hatte gar nicht mitbekommen, dass dieser ihm gefolgt war und nun stießen sie etwas ungeschickt gegeneinander. Ihm war vorher kaum wirklich bewusst gewesen, dass Kubota so viel größer war, als er selbst und… Komiya konnte nicht verhindern, dass er rot wurde.

Er bekam es selbst kaum mit.

„ uhm…..uh…‘schuldigung !“
 

Im Gehen zog sich Kubota seinen Schuh an und wollte Komiya folgen, als dieser sich mit einem Mal zu ihm umdrehte und geradezu in ihn hineinstolperte. Prompt entschuldigte sich der Blonde und obwohl er es selbst vermutlich gar nicht bemerkte, konnte Kubuto eine aufsteigende Röte in seinem Gesicht erkennen.

Wieso er sich wohl nochmal zu ihm umgedreht hatte?

Ob er ihn noch etwas wichtiges fragen wollte? Oder noch etwas sagen, was er nicht hätte tun können, wenn die anderen dabei gewesen wären..?

Kubuto sah ihn eine Zeit lang schweigend an und wartete darauf, dass Komiya etwas sagte. Als dieser aber weiterhin nicht den Mund aufbekam und ihn nur unentwegt anstarrte, zuckte Kubota leicht die Schultern.

"Gehen wir wieder hoch und sehen uns an, wie weit die anderen gekommen sind", sagte er nur und stieg die Treffe rauf.
 

So oder so ähnlich musste es sich anfühlen, wenn man den Mund zugeklebt bekam.

Komiya hatte schon Geschichten über Ähnliche Dinge gehört. Nur mit dem Unterschied, dass er sich quasi selbst den Mund zugeklebt hatte, denn er konnte einfach Nichts sagen. Er wusste auch nicht mehr, WAS er eigentlich hatte sagen wollen.

Deswegen nickte er dann einfach nur und folgte Kubota.

Ein komisches…..Gefühl.

Als Sanada wieder da war, gab es wieder einige Meetings.

Und da Kubota auch ganz gerne mal total unpassend gekleidet auftauchte, erntete Komiya natürlich wieder den Ärger. Doch der Bezirksleiter hatte gelernt und schlug Komiya nichtmehr vor Kubota. Dieser konnte es wohl nur erahnen, immer wenn Komiya am nächsten Tag mit neuen Blessuren auftauchte.

Auch dieses Mal rieb er sich verdächtig immer wieder den wunden roten Arm, als er das kleine Büro betrat, in dem Kubota sich fast schon häuslich eingerichtet hat.

„Komm. Wir haben nen Auftrag.“

Der Blonde konnte sich ein Lächeln dennoch nicht verkneifen.

„Ich hab von Sanada den Auftrag dafür zu sorgen, dass du richtig eingekleidet wirst !“
 

Kubota drehte sich in seinem Schreibtischstuhl zu Komiya.

"Eh?"

, machte er und schaute ihn fragend an. 'Richtig eingekleidet'? Kubota schaute an sich herunter.

"Was stimmt denn nicht damit?"

Kubota konnte einen Hauch von Trotz in seiner Stimme nicht unterdrücken.

Seufzend stand er auf und betrachtete Komiya eingehend.

Natürlich fiel ihm auf, dass er wieder einige Schläge abbekommen hatte. Aber er konnte nichts dagegen tun, solange Sanada es nicht in seiner Anwesenheit tat. Trotzdem machte den Regionalleiter das in Kubotas Augen nicht sonderlich beliebter...

Kubota verschloss den Mund angesichts dieses Themas und widmete sich dem neuen Problem.

"So was muss ich aber nicht tragen, oder?"

Mit seinen Worten deutete er auf von Komiya so geliebten weißen Nadelstreifenanzug, den er vermutlich nur deshalb nicht nachts trug, weil das Knitterfalten gab und den er nur darum nicht mit unter die Dusche nahm, weil es zu lange dauern würde, beide,

Mensch und Anzug, zu trocknen.

Die Krawatte wäre schon schlimm genug. Wie er es hasste, diese einengenden, Leinenähnlichen Stücke an Stoff, die einem das Gefühl vermittelten, jeden Augenblick erwürgt werden zu können. So unnütze Dinger... wie passend, dass der Mensch sie erfunden hatte...
 

„Naja….wenn du damit hier rumläufst, ist das kein Problem, aber bei den Meetings ist das so eine Sache…“

Komiya kratzte sich leicht am Hinterkopf. Es gehörte sich nun mal nicht für einen Yakuza in Alltagskleidung bei wichtigen Treffen zu erscheinen. Vor allem, wenn man oftmals noch zu spät kam. Und noch nicht mal volljährig war.

Komiya war das egal, Kubota konnte es sich auch durchaus erlauben abgetragene Sachen zu tragen, aber irgendwie interessierte er sich doch dafür, wie der Andere im engen Anzug aussehen würde,

aber plötzlich stockte der Blonde.

„ ….eh ?! Was meinst du mit ‚SOWAS‘?! Der ist doch wohl das BESTE vom BESTEN!“

maulte Komiya los und strich über den weichen Stoff.

„Das ist edelste Qualität! Und er sieht unheimlich gut an mir aus. Die Schlampen stehen SOWAS von auf Anzüge!“

Das Kubota keinerlei Interesse an Frauen hatte, war dem Älteren ja durchaus bewusst, aber dennoch.

„Haaah….Komm schon, Kubota-san! Es ist doch nur für den offiziellen Kram. Du kannst den Anzug ja hier deponieren …und Wechselklamotten, dann ist der Fummel wirklich nur für hier…..auch wenn’s dir sicherlich stehen würde.“

Noch einmal seufzte der Blonde.

Manchmal war Kubota….wie ein kleines Balg.

Das er nicht besser war, bemerkte er jedoch kaum...
 

Meetings...

Kubota seufzte innerlich.

Der Part mit den Jungs im Büro zu hocken oder ab und zu jemanden zum Geldeintreiben loszuschicken war ihm ja ganz recht an seinem Job als Anführer der Izumo-Kai Jugend. Aber diese lästigen Zusammentreffen von den Bossen, die alle gekleidet waren wie Lackaffen... Und jetzt sollte er also auch so einen Anzug verpasst bekommen.

Kubota sah zu Komiya.

Irgendwas sagte ihm, dass der Blonde die Idee, ihn in einen maßgeschneiderten italienischen Edel-Anzug zu stecken, sehr ansprechend fand.

Als er sich dazu noch so lautstark über Kubotas Bemerkung entrüstete, hatte er ihn eigentlich schon überzeugt. Dazu kam sein Vorschlag mit den Wechselklamotten.

Komiya schien wirklich abnormal viel daran zu liegen, Kubota in einem Anzug zu sehen...

Aber wieso auch nicht? War doch immerhin mal was abwechslungsreicheres, als das ständige Rumsitzen und Daddeln.

In einer flüssig-trägen Bewegung erhob sich Kubota und ging in Komiyas Richtung.

„Ist schon in Ordnung“,

grinste er ihn an.

„Scheint eine unumwindliche Notwendigkeit zu sein, oder?“

Er griff sich seinen Mantel, der lose über einer Stuhllehne hing und zog eine Packung Seven Stars heraus.
 

Komiya wusste selbst nicht so recht, wieso ihm so viel daran lag, Kubota mitzunehmen. Natürlich ganz abgesehen von dem offensichtlichen Grund, dass er musste und dass er Ärger bekommen würde, wenn er es nicht tat.

Aber daran dachte er im Moment wirklich nicht. Er wollte viel mehr aus purer Neugierde den Nachmittag mit Kubota in der Stadt verbringen…

Dennoch spielte er etwas eingeschnappt und streichelte seine Jacket.

„Können wir dann eben noch bei mir Zuhause vorbei, ich möchte mein Schätzchen hier in die Reinigung bringen…“

fügte er dann noch lächelnd an.

Wahnsinn. Kubota Makoto hörte auf ihn!

Kurz Zeit später waren sie schon auf dem Weg.

Wie zu erwarten wohnte Komiya nicht gerade in der besten Wohngegend.

Im 7ten Geschoss eines Maroden Hochhauses hatte er zusammen mit seiner Mutter einen kleinen Wohnraum.

Es war klein und zugestellt, aber auch irgendwie wohnlich hier.

Dennoch war es dem älteren deutlich unangenehm, als er Kubota hinein führte.

„Geht ganz schnell, versprochen.“

sagte er schnell und deutete in seinem Zimmer auf das schmale Bett, das gleichzeitig die einzige Sitzgelegenheit war. Neben dem Bett stand nur eine kleine Kommode und ein seeehr alter, wackeliger Kleiderschrank, vor dem Komiya nun anfing sich umzuziehen. Raus aus dem weiß-schwarzen Anzug, rein in einen schwarzen Rollkragenpulli, der Kubota wohl das erste Mal klar machte, dass Komiya s e h r schmal war. Außerdem zogen sich auf seinem Rücken unzählige kleine Narben, was aber sener unabdingbaren Schönheit keinen Abbruch tat. Als er noch eine passende Hose angezogen hatte, drehte er sich wieder zu Kubota.

„ ….hmnh? Alles okay? Ehm….möchtest du was trinken oder so?“
 

Was hinter seiner von den struppigen Haaren verdeckten Stirn vor sich ging, konnte man sich überhaupt nicht erschließen, während er neben Komiya herlief, als sie auf dem Weg zu dessen Wohnung waren.

Kubota selbst war sich noch unsicher und fragte sich, ob er gegenüber Komiya nicht doch zu schnell nachgegeben hatte. Nicht, dass der Blonde jetzt begann, sich darauf etwas einzubilden.

Man, das Gleichgewicht zwischen Autoritätsperson und normaler zwischenmenschlicher Beziehung aufrecht zu erhalten konnte mitunter ja richtig anstrengend sein, wenn man genauer drüber nachdachte...
 

Dass es Komiya etwas unangenehm war, Kubota seine doch recht schmuddelige Wohnung zu zeigen, fiel ihm auf. Allerdings hielt er es nicht für nötig, ihn darauf anzusprechen.

Ihm persönlich gefielen die Räumlichkeiten, die Komiya vermutlich kaum zum Schlafen aufsuchte. Dafür hatte er ja die Betten seiner „Schlampen“, wie Komiya sie vorhin noch selbst genannt hatte.

Komiya brauchte nichts sagen; Kubota fühlte sich gleich wie zuhause. Zumindest benahm er sich so. Er zog sich die Kommode näher ans Bett, setzte sich auf das schmale Gestell, den Kopf an die Wand gelehnt und legte die überschlagenen Beine auf die Kommode. Aus dieser für ihn äußerst bequemen Sitzposition, beobachtete er Komiya beim Umziehen.

Dabei kommentierte er weder den fast zerbrechlich aussehenden, schmalen Körperbau, noch die unzähligen Narben und Verletzungen, die seinen Körper bedeckten. Dabei machte er sich schon die ein oder anderen Gedanken. Aber welcher Art, dass behielt er komplett für sich...

Als Komiya ihn nach seinem Befinden fragte, musste Kubota grinsen.

„Fragt man so was nicht für gewöhnlich v o r der sexuellen Darbietung?“

Er schob sich auf dem Bett wieder vor, setzte die Füße auf dem Boden auf und stütze sich auf seinen Beinen mit den Unterarmen auf. Um Komiya ins Gesicht sehen zu können, musste er nun den Kopf in den Nacken legen. Was er auch sogleich tat.

„Nein, danke. Bringen wir lieber schnell das mit dem Anzug hinter uns...“,

erwiderte er lächelnd.
 

Anscheinend schien es Kubota hier zu gefallen, das bemerkte auch der Blondschopf,

und irgendwie erleichterte es ihn.

Wahrscheinlich kannte Kubota diese Umstände schon,

oder er war einfach an sich ein Mensch mit wenig Vorurteilen.

Plötzlich aber stockte Komiya…

„ …w…was für eine Darbietung?!“

fragte Komiya verdutzt. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er sich gerade völlig in Gedanken versunken vor Kubota umgezogen hatte.

Wenn er jetzt so drüber nachdachte, wurde er knallrot; fast hätte er auch noch die Shorts gewächselt, weil die gestreiften nicht zu der schwarzen Hose passte.

„ …e…ehehe ! Nur, weil ich’s mir erlauben kann!?“

bluffte er schnell und kratzte sich am Hinterkopf. Ernst meinte er das natürlich nicht. Er hätte viel dafür gegeben einen etwas stabileren Körperbau zu haben. Kein Wunder, dass man IHN als Geisel genommen hatte, obwohl er an sich nicht schwach war…

„O.okay, dann …los geht’s.“

Er packte seinen geliebten Anzug noch in eine Tüte und dann ging es los.
 

Bald schon erreichten sie einen bekannten Herrenausstatter im Herzen der Innenstadt.

„Ahhh, Komiya-san ! Und sie müssen Kubota.san sein, nicht wahr?

Sanada-san hat mir nur Gutes über sie erzählt!“

Sie wurden also gebührend hier empfangen….wie nicht anders zu erwarten…
 

Es wirkte so, als hörte Kubota Komiya schon gar nicht mehr zu, als dieser peinlich berührt versuchte zu rechtfertigen, warum er sich in seinen eigenen vier Wänden auch so benahm, auch wenn Besuch da war.

Erstens lag das daran, dass Kubota das herzlich egal war. Und zweitens war er wieder aufgestanden und sah sich genauer um, nicht ohne jeden möglichen Killefitt, den er sah und interessant fand, anzufassen.

Als Komiya dann auch noch endlich seinen Anzug fein säuberlich weggepackt hatte und sie bereit waren, loszugehen, hatte Kubota schon Komiyas ganzen Raum einer Observation unterziehen können. Und als sie die Wohnung verließen, ließ Kubota nicht die Chance aus, ein kleines Mitbringsel mitzunehmen, das unbemerkt in seiner Manteltasche verschwand...

Als sie in dem Bekleidungsgeschäft angekommen waren, zu dem sie Komiya zielsicher geführt hatte, wurden sie sogleich empfangen, als wären sie die Queen persönlich. Dann war das wohl der Clan-eigene Herrenausstatter. Und natürlich hatte man auch hier schon von Kubota gehört...

Kubota lächelte den kleinen Japaner mit dem Geschäftslächeln müde an und sagte nichts dazu. Stattdessen drehte er sich zu Komiya.

„Also, such du mir einen von diesen Anzügen aus, ich warte solange.“

Und schon hatte er auf dem nächstbesten Sitz Platz genommen und seine Zigarettenschachtel gezückt...
 

„Ehm…mein Herr, hier drin bitte nicht rauchen!“

sagte der kleine Verkäufer, lächelte süßlich, aber ernst, während Komiya langsam davon spurtete…

Da war er in seinem Element.

Noch immer dachte er daran, was Kubota da vorhin gesagt hatte und zwischen edler Seide und bestem Synthetik-Stoffen bleib er kurz stehen und dachte nach.

Sollte er sich darauf was einbilden?

Vielleicht war Kubota ja doch schwul, wie so viele behaupteten…

Naja. Und wenn schon.

Eigentlich hatte ihn das doch nicht anzugehen, oder…?

Ja. Ja, so war das schon richtig. Schnell suchte er weiter und kam kurz darauf mit allen Händen Armen und Schultern wieder zurück zu Kubota.

„E…ehm…..hast du …nicht wenigstens EINE kleine Vorstellung!?“

fragte er verunsichert. Unter den Bergen von Stoff war von Komiya nichtmehr viel übrig.

„Komm am besten mal mit zu den Umkleiden!“

Dort bekam Kubota gleich eine ganze Stange von unterschiedlichsten Kleidungsstücken vorgehalten.

„Das hier ist ein Smoking…denke der wäre aber zu festlich. Ehr ein Stresemann, das ist so der Standart-Anzug. Gibt’s mit Nadelstreifen, oder ohne, lang oder kurz…“

Komiya laberte noch allerlei wirres Zeug, sah aber, dass Kubota kein Wort verstand.

„ …hmn…Also ICH denke ganz einfach schlicht wäre am besten.“
 

Kubota hatte gerade schon sein Feuerzeug gezückt, als er von dem aufdringlich unaufdringlichen Verkäufer gebeten wurde, das Rauche zu unterlassen. Erst sah er den kleinen Mann eine Weile an, wirkte dabei ziemlich neben der Spur bis hin zu ein klein wenig verwirrt, steckte dann aber dennoch sowohl Feuerzeug als auch Zigarettenpackung weg, während er ein leises "Oh, sorry" nuschelte und es sich auf seinem Stuhl ohne Lungebrötchen bequem machte.

Doch so viel Zeit hatte er gar nicht, um es sich bequem zu machen. Denn nach wenigen Minuten schon schob sich ein lebendig gewordener Haufen von Anzügen an ihn heran. Dass Komiya darunter fast begraben war, konnte sich Kubota zwar schnell zusammenreimen (spätestens, nachdem dieser die Stimme erhoben hatte), aber seine Skepsis gegenüber den in diesem Laden aushängenden Kleidungsstücken bekämpfte das eher weniger.

Ohne Antwort, aber froh darum, nicht länger dem giftig-süßlichen Lächeln des Angestellten ausgesetzt zu sein, folgte Kubota Komiya ohne zu zögern.

Was er fast zeitgleich mit Komiyas Redeschwall fast wieder bereute.

W a s für ein Stoff? Zu w e l c h e m besonderen Anlass? W e l c h e r Prominente hatte w a n n einen absoluten Mode-Fauxpas begangen, weil er die XY-Ausführung der Marke Z in Kombination mit einem pinken Plüschelefanten getragen hatte...?

Kubota blickte bereits nach wenigen Sätzen nicht mehr durch. In seinem Gesicht stand ein einziges Fragezeichen.

Zum Glück fasste Komiya seinen Gesichtsausdruck richtig auf, schlug ihm daraufhin etwas vor, was

Kubota auch durchaus verstehen konnte und suchte ihm einen passenden Anzug raus.

Kubota nahm Hose, Hemd und Jackett entgegen und kam einige Minuten später wieder aus der Kabine raus mit einem niegelnagelneuen Anzug an, der ihm wie angegossen passte.

Kubota sah ziemlich unglücklich an sich runter.

„Das ist so... steif.“
 

Komiya…konnte es sich nicht verkneifen.

Als Kubota die Kabine wieder verließ, knallte ihm die Kinnlade leicht runter.

„ …Wahnsinn.“

Langsam schritt er herüber zu den Anderen, konnte den Mund dann zum Glück wieder schließen…

Ein paar Mal ging er um Kubota herum, betrachtete jeden Winkel an dem Anderen. Alles saß perfekt.

„Ja, das ist normal, weil er nicht eingetragen ist. Glaub mir, man gewöhnt sich sehr schnell dran.“

Dann ging er wieder zu dem Haufen von Resten, die er mitgeschleppt hatte und nahm eine schwarze Seidenkrawatte.

Das musste sein, es gehörte dazu.

Als er damit aber vor Kubota stand, realisierte er nach dem Austauschen einiger Blicke, dass Kubota KEINE AHNUNG hatte, wie man dieses…Accessoire…richtig anlegte.

„Warte, ich helfe dir.“,

murmelte der Blonde noch, bevor er dann einfach die restlichen paar Schritte machte, bis er ganz dicht an Kubota gelehnt da stand, ihm die Krawatte um den Hals legte und den Knoten stillschweigend band.

Er fühlte die Nähe, aber auch leichtes Unbehagen des Anderen, lockerte den Knoten wieder etwas.

Im Moment hatte er nur das Verlangen seinen Job gut zu machen….was der Andere dachte konnte er ja nicht riechen…

„SO. Perfekt.“
 

So sehr, wie Kubota sich überhaupt nicht gefiel und sich einfach nur unwohl fühlte in diesem... Ding..., so sehr schien Komiya zu gefallen, was er sah. Immerhin starrte er ihn fast an mit seinem Blick und dazu noch mit offenem Mund. Fast so, als hätte er zuvor noch nie einen Anzug an einem Menschen gesehen. Aber das schien Kubota dann doch zu abwegig zu sein...

Auf Komiyas Erwiderung, er müsse den Anzug nur eintragen, reagierte Kubota nur bedingt, als würde er daran glauben. Er würde sich wohl nie wohl fühlen in einem solchen Anzug.

Und noch viel weniger, käme eine Krawatte dazu.

Eine wie die, die Komiya ihm just in diesem Moment unter die Nase hielt.

Misstrauisch beäugte er sie, bevor er sie annahm und vor seinem Gesicht hin- und herschwenkte wie ein Pendel.

Er wollte dieses Stück Stoff nicht um seinen Hals binden. Wenn er denn überhaupt gewusst hätte, wie er das hätte bewerkstelligen sollen.

Zu seinem Pech fasste Komiya Kubotas halb fragend, halb unglückliche Miene falsch aus und deutete sie als Hilferuf, ihm unbedingt zeigen zu müssen, wie man sich diesen kleinen Strick selbst um den Hals legte.

Kubota rümpfte ein, zwei Mal die Nase, als Komiya so eifrig die Krawatte um seinen Hals band. Er stand ihm dabei so nah, dass er dessen Aftershave riechen konnte. Ein intensives Aroma, dass seine Sinne kitzelte und zwar zu Komiyas Getue als großer Frauenschwarm passte, aber – wie Kubota fand – nicht zu seinem Charakter, wie er ihn bisher kennen gelernt hatte.

Komiyas schlanke Finger lockerten den Knoten ein wenig, nachdem Kubota ein weiteres Mal ein unwilliges Murren von sich gegeben hatte. Dann verschwanden sie von seinem Hals und Komiya betrachtete sein 'Meisterwerk'.

Er war ganz eindeutig zufrieden mit dem, was er sah.

Kubota schaute in den Spiegel neben sich und seufzte lautlos.

Er wollte nur noch hier raus und eine rauchen...
 

Als er den hilflosen Gesichtsausdruck auf Kubotas Gesicht sah, wie er missmutig die Augenbrauen hoch zog, musste Komiya lachen.

Es war ein niedliches, zurückhaltendes Lachen.

„Das ist ganz und gar nicht dein Fall, hmn?“

Kubota brauchte nicht zu antworten und der Blonde kam schnell zurück zu dem Anderen und entfernte die Krawatte wieder.

Dann öffnete er noch die ersten oberen Knöpfe des reinweißen Hemds.

„So geht’s auch. Hauptsache ETWAS förmlicher, okay?“

Komiya konnte es irgendwie nachvollziehen, dass Kubota sich unwohl fühlte. Vor allem, weil er von seinem Untergebenen ja schon fast vorgeführt wurde.

„Ich bringe den Anzug zur Kasse und meinen zum Service. Dann können wir gehen. Lust noch was zu Essen zu holen, ich verhungere!“

Irgendwie musste er den skeptischen Blick wieder aus Kubotas Gesicht vertreiben.
 

Kubota beließ es dabei, den Kopf zu schütteln.

Und wie einfach absolut nicht sein Fall war. Es missfiel ihm sogar ganz gewaltig und er war nur froh, als die Enge um seinen Hals endlich wieder verschwunden war.

Er nahm Komiya auch sein Lachen überhaupt nicht übel. Irgendwie stimmte es ihn sogar besser. Das leise, zurückhaltende Lachen, dass er zum ersten Mal so offen von Komiya hörte und nicht zum letzten Mal hören sollte...

Als Komiya noch seine obersten Knöpfe öffnete und der Meinung war, dass dieses legere Tragen des Anzugs ausreichen würde, war auch Kubota zufrieden.

Schnell zog er sich in der Kabine wieder um, wirkte in seinen ursprünglichen Klamotten gemütlich wie noch nie, und überreichte den Anzug an Komiya weiter, der ihn zur Kasse bringen würde. Vorher aber fragte er Kubota noch, ob er damit einverstanden wäre, wenn sie beide etwas essen gehen würden.

Dagegen hatte Kubota absolut nichts einzuwenden. Also wartete er ab, bis Koyima fertig war mit Bezahlen und fragte ihn, sobald sie das Geschäft verlassen hatten, ob er schon eine Idee hätte.

„Wenn nicht... es gibt da 'ne neue Ramen-Sorte, die ich gerne ausprobieren würde.“

Die Anzüge waren schnell abgegeben und Komiya zahlte Alles in bar.

Dann sah er zu Kubota.

„Klar. Geh vor raus, ich bin direkt hinter dir!“

meinte Komiya. Das sanfte Lächeln war immer noch auf seinen Lippen und dort bleib es auch,

bis sie wieder beim Büro waren.



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