Zum Inhalt der Seite

New Texas Story

Bravestarr
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Eine Beerdigung und ein Überfall

„Wie geht’s ihm, Doc?“ fragte ich leise, als ich den hinteren Raum betrat, wo die Krankenbetten standen. Vor nicht einmal einer Woche war ich selbst in diesem Raum aufgewacht. Genau in dem Bett, wo nun Bravestarr lag.

Um seinen Kopf lag ein dicker, fester Verband, seine Haare lagen ausgebreitet über die Kissen. Auf seinem Gesicht lag ein friedlicher Ausdruck, als würde er nur schlafen.

„Er hat großes Glück gehabt. Er hat keine allzu schlimmen Verletzungen. Aber ein paar Tage wird er definitiv hier bleiben müssen.“ sagte der Doc, der an einem Waschbecken in einer Ecke stand und sich die Hände wusch. Schweiß stand auf seiner dunklen Stirn.

Ich ging langsam zu dem Bett rüber und blieb neben ihm stehen.

Die Decke war bis zur Brust hochgezogen und seine Arme lagen auf der Decke. Zaghaft ergriff ich seine Hand. Ich genoss die Wärme seiner Haut. Vor nicht einmal fünf Stunden hatte er noch in meinen Armen gelegen und ich hatte um sein Leben gefürchtet.

„Wo ist Sam?“ fragte ich dann leise.

„Den habe ich schon nach Hause geschickt.“ antwortete der Doc. „Er hatte einen ziemlich komplizierten Trümmerbruch. Ich fürchte, er wird wohl nicht mehr als Schürfer arbeiten können.“

Ich senkte den Blick. Was Für ein furchtbarer Tag! Jack war tot, Bravestarr verletzt, selbst nur knapp dem Tode entkommen und Sam war schwer verletzt.

Wie sollte es für ihn nur weitergehen, wenn er nicht mehr als Schürfer arbeiten konnte?

Der Doc kam zu mir rüber und legte mir die Hand auf die Schulter.

„Sie sollten wirklich ins Hotel zurück und in ihr Bett, Bianca! Sie hatten einen harten Tag!“ sagte er dann leise.

Hart war gar kein Ausdruck! Vor etwa einer halben Stunde war ich mit Fayne von Jacks Familie und Freundin zurück gekommen. Es war mir in meinem ganzen Leben noch niemals so schwer gefallen eine Nachricht zu überbringen. Und es war furchtbar gewesen. Seine Freundin hatte bestimmt eine halbe Stunde in meinen Armen gelegen und schrecklich geweint. Was wir zudem noch erfuhren, war, dass Jack und sie sich vor ein paar Tagen verlobt hatten und eigentlich heiraten wollten.

Seine Mutter war zusammengebrochen und auch sein Vater war in Tränen ausgebrochen. Das nächste, was nun anstand, war den armen Jungen unter die Erde zu bringen. Die gesamte Minenbelegschaft würde das mit der Familie organisieren.

Natürlich würde ich da ebenfalls mitwirken. Jack war schließlich auch mein Freund gewesen. Bei dem Gedanken an ihn wollten mir wieder die Tränen kommen.

„Sie sollten wirklich nach Hause gehen!“ sagte der Doc noch einmal.

Ich sah zu ihm auf, blickte dann noch einmal auf den bewusstlosen Bravestarr herab und nickte dann.

„Vielleicht haben sie recht.“ sagte ich matt und ließ Bravestarrs Hand los.

„Ich weiß, dass muss ein grauenhaftes Erlebnis gewesen sein.“ sagte der Doc, während wir raus gingen.

Ich lachte humorlos.

„Ich habe noch niemals etwas schlimmeres erlebt.“

Ich blickte mit Tränennassen Augen zu ihm auf.

„Erst sitze ich in dieser Mine fest, um Bravestarrs Leben bangend und dann stirbt einer meiner Freunde in meinen Armen.“

Er sah mich mitleidig an.

„Ja, furchtbar.“ sagte auch er dann traurig. „Das es ausgerechnet Jack Sullivan erwischen musste! Er war doch noch so jung.“

Ich senkte den Blick wieder und fuhr mir mit dem Unterarm über die Augen.

Wieder spürte ich die tröstende Hand des Docs auf meiner Schulter.

„Gehen sie, Bianca. Sie brauchen wirklich etwas Ruhe.“

Ohne noch etwas zu sagen wandte ich mich um und ging.

Draußen kamen mir Thirty-thirty und dieser kleine Hamsterkerl entgegen.

„Hallo, Kleines!“ sagte Thirty-thirty und blieb vor mir stehen.

„Warst du bei Bravestarr?“ fragte er mich.

Ich nickte.

„Ja. Der Doc meinte, er habe Glück gehabt. Die Verletzungen sind wohl nicht so schwer, wie zuerst vermutet. Aber er ist für ein paar Tage außer Gefecht gesetzt.“ antwortete ich.

„Uh, Marshall Bravestarr nicht da! Nicht gut!“ jammerte der kleine Kerl neben ihm.

Thirty-thirty blickte zu ihm runter.

„Mach dir keine Sorgen, Fuzz! Noch sind wir beiden und J.B. da.“ sagte er beruhigend.

Ich sah die beiden irritiert an.

„Ist das denn so schlimm, wenn Bravestarr ein paar Tage ausfällt?“ fragte ich.

„Nun, ich denke, Tex Hex wird mit Sicherheit von dem Vorfall Wind bekommen und auch davon, dass Bravestarr verletzt ist. Und diese Gelegenheit wird er sich nicht entgehen lassen!“ sagte Thirty-thirty.

„Tex bestimmt kommen! Ganz bestimmt!“ rief der Kleine.

Ich sah wieder auf ihn runter. Plötzlich fiel mir ein, dass ich mich noch gar nicht bei dem kleinen Kerl für die Rettung bedankt hatte.

Ich ging neben ihm in die Knie.

„Hör mal, Kleiner...“ fing ich an.

„Ich sein Fuzz!“ sagte dieser.

„Okay, Fuzz. Ich bin noch gar nicht dazu gekommen, dir zu danken. Wärst du nicht gewesen, dann wäre Bravestarr gestorben. Und vielleicht auch Sam und ich.“

Er senkte verlegen den Kopf und scharrte mit der Fußspitze im Sand.

„Fuzz gerne helfen.“ sagte er dann verlegen.

„Bianca, hättest du gleich ein wenig Zeit?“ fragte Thirty-thirty plötzlich.

Ich nickte müde.

„Ja, warum?“ fragte er.

„Nun, wo Bravestarr nicht auf den Beinen ist, muss ich erst mal seinen Job machen und deinen Bericht aufnehmen.“ antwortete er.

Ich nickte abermals.

„In Ordnung. Wann soll ich da sein?“

„Am besten gehst du schon mal ins Büro. Wir sehen nach Bravestarr und dann kommen wir auch.“ antwortete Thirty-thirty und die beiden machten sich auf den Weg ins Krankenhaus. Ich sah ihnen noch einige Sekunden nach und trottete dann müde in Richtung Marshall-Büro.

Der Doc hatte recht, ich brauchte Schlaf. Aber das wollte ich erledigen. Und außerdem brauchte ich auch jemanden zum Reden. Ich musste immer wieder an diese schrecklichen Szenen, die sich vor fünf Stunden abgespielt hatten, denken. Wie ich Bravestarrs leblosen Körper in den Armen hielt, wie Jack in meinen Armen starb. Ich spürte, wie wieder Tränen in meine Augen schossen.

Im Büro angekommen ließ ich mich müde auf den Stuhl vor dem Schreibtisch sinken und versank in meinen dunklen Gedanken. Was würde denn nun aus Sam werden? Ich konnte nur hoffen, dass die auch sowas wie ein Versicherungssystem hier hatten. Gott, der Mann hatte Frau und auch bald ein Kind zu ernähren!

Ich wusste nicht, wie lange ich dort saß und meinen Gedanken nachhing. Irgendwann hörte ich Thirty-thirtys Hufe und er betrat zusammen mit Fuzz das Büro. In seinem Gesicht stand Sorge.

„So ein Unglück!“ murmelte er und trabte langsam auf den Tisch zu.

„Hat der Doc noch etwas gesagt?“ fragte ich leise.

Thirty-thirty sah auf und schüttelte den Kopf.

„Wahrscheinlich nicht mehr, wie bei dir.“ antwortete er, während er sich schwer auf Bravestarrs Stuhl fallen ließ.

„Mein Partner wird mindestens eine Woche außer Gefecht sein. Und das ist eine verflucht gefährliche Situation.“

Er sah deprimiert und auch etwas verängstigt zu Boden.

„Wenn Tex davon Wind bekommt...!“ flüsterte er leise.

Doch dann richtete er sich auf und sah mich fest an.

„Aber nun zu dir, Bi.“ sagte er und kramte das Diktiergerät aus einer Schublade.

„Du musst mir jetzt erst einmal erzählen, was in der Mine passiert ist.“

Ich begann zu erzählen. Es fiel mit schwer, denn es ließ die grauenhaften Ereignisse wieder vor meinen Augen ablaufen. Schließlich war ich mit meinem Bericht fertig und Thirty-thirty schaltete das Gerät ab.

„Du hast eine ganze Menge heute durchgemacht, Mädchen!“ sagte er dann mitleidig.

„Du musst wirklich fertig sein.“

Ich sah ihn langsam wieder an und dann auf meine Hände herab.

„Ich meine immer noch sein Blut an meinen Händen zu spüren, Thirty-thirty! Weißt du, wie schrecklich das war? Nicht zu wissen, wie es wirklich um ihn steht und nicht zu wissen, wie lange ich dort fest sitzen würde! Ich hatte nicht eine Sekunde Angst um mich selbst. Ich habe nur an ihn gedacht. Ich hätte ihm nicht einmal helfen können!“

Langsam sah ich zu Fuzz rüber.

„Ich kann dir nur noch einmal für deine schnelle Hilfe danken.“ sagte ich.

„Nicht danken müssen. Fuzz gerne helfen.“ antwortete er und trottete langsam auf mich zu.

„Was nun passieren mit Mine?“ fragte er dann.

„Sie werden sie wohl wieder freilegen, denke ich. Sie hat viel Kerium abgeworfen.“ antwortete ich.

Ich sagte das mehr ins Blaue hinein, aber ich vermutete stark, dass es so laufen würde. Die Leute früher haben nach so einem Grubenunfall schließlich auch keine ertragreichen Minen aufgegeben.

„Aber erst einmal müssen wir...Jack unter die Erde bringen. Und die Männer brauchen ein paar Tage Ruhe.“

„Die brauchst du auch, Mädchen! Geh jetzt am besten nach Hause.“ sagte Thirty-thirty und erhob sich von dem Stuhl. Auch ich stand müde auf.

„Ja, das werde ich.“

Ich wandte mich zum gehen.

„Bitte gebt mir Bescheid, wenn ihr hört, dass Bravestarr wieder wach ist.“ sagte ich noch und trottete dann zum Saloon zurück.

Überall auf den Straßen herrschte gedämpfte Stimmung. Die Leute fühlten mit den Schürfern und deren Familien. Obwohl reger Betrieb war, herrschte betroffenes Schweigen, wenn man sich unterhielt, dann nur sehr leise und gedämpft. In jedem Gesicht, in das ich blickte, stand Betroffenheit. Einige Leute sprachen mich auch an und fragten, wie es mir ging.

Als ich dann endlich im Saloon ankam, wurde ich von einem ebenso traurigen Handle Bar empfangen. Er hatte Jack auch sehr gemocht.

„Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass er nun nie wieder durch diese Tür da kommen wird.“ sagte er leise und deutete mit dem Kopf auf die Saloontür.

„Und seine arme Familie! Er war doch der Ernährer!“

„Fayne lässt sich da schon was einfallen!“ beschwichtigte ich ihn. „Hat er der Familie zumindest versprochen.“

Handle Bar nickte beruhigt.

„Zum Glück hat es dich nicht erwischt, Kind!“ sagte er dann noch. „Aber...Bravestarr...!“

„Er kommt wieder auf die Beine!“ beruhigte ich ihn, oder versuchte es zumindest.

Thirty-thirty und Fuzz waren nicht die Einzigen, die Angst hatten. Wie konnte es sein, dass sich eine ganze Stadt so auf die Hilfe eines einzelnen Mannes verließ? Natürlich, Bravestarr hatte seine Kräfte und war äußerst mutig, aber dennoch fand ich es recht leichtsinnig, sich nur auf ihn zu verlassen. Denn solche Situationen wie die Jetzige konnten schneller eintreten, als man dachte.

„Ich hoffe nur möglichst schnell!“ sagte Handle Bar noch leise und sah ich dann an.

„Geh schlafen, Kleines! Du siehst fürchterlich aus und wir werden heute mit Sicherheit keine Arbeit mehr bekommen.“

Ich nickte schwach und sprang von dem Barhocker. Wortlos wankte ich dann in mein Zimmer und ließ mich auf das Bett fallen. Ich brauchte keine Minute um einzuschlafen. Aber ich durchlebte den schrecklichen Vorfall immer wieder in dieser Nacht.
 

Fast die gesamte Stadt hatte sich auf dem Friedhof versammelt. Ich stand mit Billy Bob und Fayne in der ersten Reihe, mein verweinter Blick ruhte abwechselnd auf dem schlichten Holzsarg und auf den tieftraurigen, tränennassen Gesichtern von Jacks Familie und seiner Verlobten. Alle waren in Schwarz gekleidet. Ich hatte mir noch bei Miss Greenwood noch ein schwarzes Hemd und einen schwarzen Hut besorgt. Vier Tage nun war der Unfall her und es hatte unglaublich viel Arbeit gegeben. Die Beerdigung musste organisiert werden, dann musste man beginnen die Mine wieder frei zuräumen und natürlich wollte auch jeder wissen, wie das eigentlich passiert war. Da bei Handle Bar in dieser ganzen Trauerstimmung kaum Arbeit hatte, half auch er bei der Mine mit.

Bravestarrs Wunden verheilten schnell, aber er kam nicht wieder zu Bewusstsein. Immer noch lag er regungslos in seinem Bett im Krankenhaus und die ganze Stadt war höchst angespannt.

Schließlich beendete der Priester seine Rede und der Sarg wurde in die Erde abgelassen. Die Tränen begannen bei so ziemlich allen Anwesenden heftiger zu laufen.

Danach gab es noch so eine Art Kaffee trinken im Saloon. Wobei man das nicht wörtlich nehmen sollte, denn tatsächlich griffen die Männer eher zu alkoholischen Getränken, während lediglich die Frauen mal einen Kaffee oder ein Süßwasser verlangten.

Ich griff ebenfalls zum Süßwasser und blieb an der Bar. Die Stimmung war weiterhin sehr gedrückt und mir war nicht wirklich nach großartiger Konversation. Nach einigen Minuten gesellte sich dennoch Billy zu mir und man wechselte dann doch einige Worte.

„Denke mal, der Bohrer dürfte Schrott sein. Der stand ja noch im Tunnel, als es passiert ist.“ begann ich lahm.

„Wahrscheinlich.“ meinte Billy nur knapp.

Ich suchte verzweifelt nach Worten, irgendeinem belanglosen Thema. Doch natürlich fiel mir nichts ein. Schließlich standen wir nur weiter schweigend nebeneinander, jeder in sein Glas starrend.

Plötzlich begann ohrenbetäubendes Sirenengeheul und ich ließ vor lauter Schreck beinahe mein Süßwasser fallen. Was war denn nun los?

Von einer Sekunde auf die nächste brach hektisches Rennen im Saloon aus. Die gesamte Trauergemeinschaft begann wild durcheinander zu laufen. Einige versteckten sich in den Ecken und unter den Tischen, andere wiederum rannten auf die Straße raus. Alle schrien wild durcheinander und die Angst, die mit einem Mal in der Luft lag, war beinahe greifbar.

Ich rannte ebenfalls auf die Straße hinaus, da ich wissen wollte, was los war. Draußen angekommen sah ich die Menschen die Straßen auf und ab rennen, Turbomulis sausten an mir vorbei und Türen wurden in die Schlösser geworfen und Fenster verrammelt.

Dann sah ich Thirty-thirty, der noch in seiner zweibeinigen Form auf mich zu gerannt kam, seine riesige Waffe in der Hand haltend.

„Thirty! Was ist los?“ rief ich ihm zu.

„Tex Hex! Er ist auf dem Weg! Schnell, hol Handle Bar und macht euch kampfbereit!“ antwortete er gehetzt und rannte dann weiter.

Ich stürzte in den Saloon zurück, aber ich musste Handle Bar gar nichts sagen, denn dieser kam bereits auf mich zu.

„Okay, Bianca! Der Tanz beginnt!“ rief er und wir liefen gemeinsam aus dem Saloon raus. Wir hatten nicht ganz das Gebäude verlassen, als sich auf einmal vor einige der Gebäude so eine Art Schutzschild schob und die Metallplatten vor den Häusern, die die Bürgersteige darstellten, sich ebenfalls hochstellten.

„Das nennt man also „die Bürgersteige hochklappen“!“ murmelte ich und folgte Handle Bar ein paar Häuser weiter. In der Zwischenzeit hatte sich eine massive Metallmauer um den inneren Kern der Stadt gelegt auf der ich auch sowas wie Wehrtürme sehen konnte. Es mussten Wehrtürme sein, denn sie waren mit gewaltigen Kanonen bestückt. Die Stadt war zu einer richtigen Festung geworden.

Handle Bar begann eine Treppe, die an der Mauer hoch führte, hoch zu krabbeln und bestieg einen der Wehrtürme.

„Bianca, bleib du unten und such dir eine Waffe! Sollte es einer von den Kojoten doch in die Stadt schaffen!“ rief er mir zu und nahm an einer der riesigen Kanonen Platz.

Ich beeilte mich seinen Anweisungen Folge zu leisten und beeilte mich in den Saloon zu kommen, in die Küche zu dem Geheimfach. Handle Bar hatte mir mal anvertraut, dass er dort ein paar Waffen verschlossen hatte, für solche Fälle. Ich kannte mich mit diesen Laserwaffen zwar nicht aus, aber sie müssten eigentlich ähnlich funktionieren, wie die normalen Waffen aus meiner Zeit. Ich würde schon irgendwie dahinter kommen.

Während ich mit zitternden Händen die Kombination in den Safe eingab konnte ich draußen das Donnern der Kanonen hören und stimmen, die wild durcheinander schrien. Und dann plötzlich eine Explosion. Jemand begann furchtbar zu schreien und verstummte abrupt, als ein einzelner Schuss ertönte.

Mein Herz wollte stehen bleiben. Da war gerade jemand erschossen worden, das wusste ich. Und nicht oben auf der Mauer, sondern hier unten in der Stadt! Hatten sie die Verteidigung durchbrochen? Das konnte ich mir einfach nicht vorstellen. Noch hektischer, als ohnehin schon, begann ich die Zahlen weiter einzutippen und endlich sprang die Tür mit einem Piepen auf. Ich griff einfach wahllos eine der vier oder fünf Waffen. Eine Laserpistole, wie ich sie auch schon mal bei Bravestarr gesehen hatte. Ich nahm sie und begann sie mir anzusehen, eine Sicherung oder ein Magazin zu suchen. Handle Bar hatte mir mal gesagt, dass so gut wie alles hier mit Kerium betrieben wurde. Auch die Waffen. Normalerweise wurde einfach ein Stück Kerium irgendwo reingesteckt und man musste sie entsichern. Dann war die Waffe schon feuerbereit. Den Sicherheitshebel fand ich schnell, aber wo das Kerium reinkommen sollte, war mir ein absolutes Rätsel.

Ich konnte Handle Bar draußen irgendetwas schreien hören, jedoch nicht was. Aber es klang alles andere als gut.

Panisch begann ich an einzelnen Stücken der Waffe herum zuzerren, in der Hoffnung die Öffnung so noch irgendwie zu finden, doch vergeblich. Ich legte den Sicherheitshebel um, in der Hoffnung irgendwo eine Kontrolllampe aufleuchten zu sehen, doch auch diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Also war die Waffe entweder nicht geladen, oder sie zeigte es einfach nicht an.

„Verflucht!“ schimpfte ich und richtete mich auf.

Draußen war immer mehr Lärm zu hören und plötzlich meinte ich Tex Hex schnarrende Stimme zu hören.

Sie waren also wirklich in der Stadt! Ich beschloss es darauf ankommen zu lassen und rannte mit der Waffe in der Hand aus dem Raum. Und konnte so gerade eben noch hinter der Bar abtauchen, als ich Tex weißen Haarschopf vor der Saloontür sah, begleitet von einem schwarzen Haarschopf.

„Du bist dir ganz sicher, dass sie hier ist, Vipra?“ konnte ich ihn hören.

„Ganz sicher! Sie war auch in Sawtooth mit ihm zusammen!“ konnte ich die zischende Stimme dieses grünhäutigen Miststücks hören.

„Nun gut! Schnapp sie dir, aber lass sie möglichst am Leben! Stampede will sie sich ansehen!“ sagte Tex. Dann konnte ich, trotz des Lärms auf der Straße das Zischen der sich öffnenden Tür hören.

Stampede? Ich hatte keine Ahnung, wer das nun wieder war, aber ich war auch nicht scharf darauf es herauszufinden.

„Ich werde mich derweil unserem kranken Marshall einen netten kleinen Besuch abstatten!“ sagte er dann noch und begann grausig zu lachen.

Bei seinen Worten sprang mein Herz in meine Kehle und mein Kopf schien zu brennen. Dieses Ungeheuer wollte meinen Bravestarr töten!

„Bestell ihm gute Besserung von mir!“ konnte ich dann dieses Schlangenweib hämisch lachen hören und zu meiner Angst gesellte sich unglaubliche Wut, beinahe Mordlust.

„Komm nur her, Dreckstück!“ dachte ich und begann mir eine Strategie bereit zu legen. Mit ihr hatte ich sowieso noch eine Rechnung offen! Und ich würde nicht zulassen, dass Tex Bravestarr tötete! Niemals!

An die Bar gepresst begann ich auf ihre Schritte zu lauschen (Deja vú!) und nahm die Waffe so, dass ich ihr damit den Schädel einschlagen konnte. Dieses Mal war ich auf die Schlange besser vorbereitet und würde sie nicht noch einmal unterschätzen. Tatsächlich hörte ich, wie sie wieder auf die Bar zuging. Doch dieses Mal würde sie eine Überraschung erleben. Langsam schob ich mich an der Bar entlang, bis zum Ende und lugte vorsichtig um die Kante herum. Sie war nur noch etwa einen Meter entfernt und hielt ihre merkwürdige Waffe in der Hand. Sie war etwa zwei Meter von mir entfernt, ich würde schnell sein müssen. Ich spannte mich für einen schnellen Sprint und stieß mich genau in dem Moment ab, als sie sich über die Bar beugte und die Waffe an den Boden richtete.

„Falsch gedacht, Schätzchen!“ dachte ich nur, überwand die Entfernung zwischen uns mit drei großen Schritten und schlug ihr genau in dem Moment, als sie ihren fatalen Irrtum erkannte und sich zu mir umwand, den Kolben der Pistole mit aller Kraft gegen den Kopf.

Der Hieb tat augenblicklich seine Wirkung und sie sackte regungslos zu Boden.

Schwer keuchend und mit rasendem Herzen blieb ich einige Sekunden über ihr stehen. Problem Nummer 1 wäre schon mal gelöst. Zumindest vorläufig. Die Bewegung ihres Brustkorbes verriet, dass sie nicht tot war, aber zumindest außer Gefecht gesetzt.

„Wir unterhalten uns später noch ausführlicher, Schlampe! Jetzt habe ich erst noch andere Dinge zu erledigen!“ schnaufte ich böse und eilte zur Tür.

Ich musste zum Krankenhaus kommen, bevor Tex Bravestarr töten konnte. Und das würde ein purer Wettlauf gegen die Zeit werden, denn auch, wenn die Sache mit Vipra nicht lang gedauert hatte, er hatte ein paar Minuten Vorsprung.

Ich stürmte aus dem Saloon, sah mich einmal kurz um. Überall herrschte Chaos, ich sah wie dieses große, rothäutige Sandmonster sich wieder mit Handle Bar anlegte, aber dieses Mal schien dieser bestens klar zukommen. Ich sah in Richtung Krankenhaus und entdeckte Calamity Jane (Molly) wie sie auf dem Rücken auf der Straße lag. Ein Roboter in einem langen Ledermantel und mit Hut hatte sich über ihr aufgebaut und zielte mit seiner Waffe, die so ganz nebenbei sein rechter Arm war, auf die am Boden liegende Frau.

Ich hatte diese Blechbüchse auch schon in Sawtooth gesehen, er gehörte zu dieser verfluchten Gang. Und er war im Begriff Molly zu töten! Auch wenn ich sie nicht besonders mochte, das konnte ich nicht zulassen. Mit weit ausgreifenden Schritten jagte ich auf die Szene zu, nahm die Waffe richtig zur Hand.

„Jetzt bist du fällig!“ konnte ich die blecherne Stimme des Roboters hören und dann ein unheimliches Glimmen an der Spitze seines Waffenarmes.

Ich riss meine hoch, betete, dass sie dennoch funktionierte und drückte ab.

Mit einem lauten Zischen entlud sich ein roter Blitz aus dem Lauf und traf den Roboter am Kopf. Er erstarrte sofort und kippte wie ein gefällter Baum um.

Mit einem lautlosen Halleluja bremste ich vor der noch immer am Boden liegenden Molly ab.

„Alles okay?“ keuchte ich atemlos.

Verwirrt blickte sie zu mir auf.

„Das warst du?“ fragte sie ungläubig.

„Ja!“ nickte ich nur und sah mich um. Ich konnte das Krankenhaus von hier aus nicht sehen, aber es war nicht weit. Und dennoch hatte ich durch diese Sache wieder Zeit verloren. Ich musste weiter. Aber vielleicht konnte sie mir auch helfen.

„Tex! Er will...zum Krankenhaus! Bravestarr!“ keuchte ich, noch immer völlig außer Atem.

Und dennoch erreichten meine Worte den gewünschten Effekt. Mit einem Satz war Molly wieder auf den Beinen und ich kam nicht umher ihre große kräftige Gestalt zu bewundern. „Dann sollten wir uns aber auf die Socken machen, Kleine!“ rief sie entschlossen und rannte auf das Krankenhaus zu. Ich folgte ihr.
 

Mit einem siegessicheren Grinsen blieb Tex vor der Tür des Krankenhauses stehen. Zwar war es durch das Sicherheitssystem verschlossen, aber das war kein Problem. Mit einer beiläufigen Bewegung zog er seine Waffe und machte sich einen eigenen Eingang. Der Laser ließ das massive Metall dahinschmelzen, wie warmen Käse. Langsam trat er durch das Loch in den Behandlungsraum und durchquerte diesen mit ruhigen Schritten. Dann trat er in den Raum mit den Krankenbetten und erblickte sofort, was er gesucht hatte.

Trotz der Dunkelheit konnte er den dunkelhäutigen Körper erkennen, der direkt in dem vordersten der Betten lag. Der weiße Verband um seinen Kopf stach deutlich unter seinem schwarzen Haar und der dunklen Haut hervor. Mit einem noch breiteren Grinsen ging Tex weiter und blieb neben dem regungslosen Körper stehen.

Er ließ sich Zeit, wollte diesen Anblick, dieses Gefühl der Macht genießen. Da lag er vor ihm, sein Erzfeind, bewusstlos und völlig hilflos! Wie lange hatte er auf diesen Moment gewartet?

Vorsichtig reckte er einen Finger vor und hielt ihn unter seine Nase. Der leichte, regelmäßige Windzug, der seine Haut streifte, ließ ihn noch breiter grinsen.

„Nun ist meine Stunde gekommen, Bravestarr!“ lachte er böse und zog seinen Finger zurück. Langsam beugte er sich weiter zu dem bewusstlosen Mann herunter.

„Ich frage mich, was soll ich mit dir machen? Dich sofort hier töten? Oder dich in mein Hexagon bringen? Dich noch ein wenig leiden lassen?“ zischte er leise.

„Nichts von alledem!“ hörte er plötzlich eine weibliche Stimme in seinem Rücken und spürte dann den Lauf einer Waffe, die sich in seinen Rücken bohrte.
 

„Weg von ihm, du violetthäutiges Monster!“ grollte ich böse und verstärkte den Druck der Waffe auf seinen Rücken.

„Und wag es nicht, auch nur eine komische Bewegung zu machen!“ fügte ich hinzu.

Tatsächlich richtete Tex sich nur sehr langsam wieder auf und nahm die Hände hoch.

„Scheint so, als wenn Vipra sich geirrt hatte, was deinen Aufenthaltsort angeht!“ sagte er fast beiläufig und warf einen Blick über seine Schulter. Ich konnte seine Augen rot glühen sehen.

„Oh, das hat sie nicht! Sie hat mich nur mal wieder unterschätzt!“ erwiderte ich nur locker und drückte den Lauf der Waffe nach rechts, von dem Bett weg. Tex folgte der Bewegung und machte langsam einen Seitwärtsschritt nach dem anderen.

„Du bist schwer zu fangen, das muss man dir lassen!“ schnarrte Tex, während ich ihn zum Ausgang dirigierte.

„Danke für die Blumen! Und jetzt wirst du deinen verbrecherischen Arsch wieder auf die Straße bewegen!“ bellte ich und verlieh meiner Forderung mit einem derben Stoß mit meiner Waffe Nachdruck, die sich schmerzhaft unter seinen Rückenbogen bohrte.

Tatsächlich beantwortete er das mit einem schmerzerfüllten Keuchen und einem unbeholfenen Stolpern nach vorn. Gezwungen langsam wandte er den Kopf in meine Richtung. Das Funkeln in seinen Augen hatte zugenommen, war beinahe mörderisch.

„Warte nur, bis ich dich in die Finger kriege! Dann wirst du dir noch wünschen nie hier gelandet zu sein!“ zischte er.

Ich quittierte das nur mit einem hämischen Lachen.

„Oh, ich zittere schon vor Angst!“

Dann schubste ich ihn weiter auf den Ausgang zu, in dem Molly nun erschien.

„Hast du die Kanalratte gekriegt?“ fragte sie und betrachtete Tex mit einem Grinsen.

„Wie du siehst!“ antwortete ich und verpasste ihm noch einen Schubs mit der Waffe.

„Na, da wird Thirty sich freuen!“ lachte Molly und machte einen weiteren Schritt in den Raum herein. Und gewährte mir einen Blick auf die Straße.

Und auf die grünhäutige Gestalt, die in diesem Augenblick hinter Molly auftauchte und ihre Waffe auf sie richtete.

„Molly!“ konnte ich nur noch erschrocken rufen, als auch schon ein lautes Zischen erklang und Mollys Körper sich sofort versteifte. Mit einem fassungslosen Blick kippte sie regungslos um und gab den Blick auf Vipra frei, die mit immer noch erhobener Waffe hinter ihr stand. Dunkles Blut sickerte über ihre linke Gesichtshälfte, wo ich sie erwischt hatte und ein mordlustiger Ausdruck stand in ihren Schlangenaugen.

Der Schreck lähmte mich für einige Sekunden. Und das war alles, was Tex brauchte. In einer fließenden Bewegung wich er zur Seite, schlug meinen Arm mit der Waffe weg und verpasste mir im selben Moment einen Schlag gegen die Schläfe. Ein greller Schmerz explodierte in meinem Kopf und von einem Augenblick auf den anderen wurden meine Knie weich. Benommen sackte ich zu Boden, verlor das Bewusstsein aber nicht komplett.

„Verdammtes Miststück hat....geschlagen!“ drang die Stimme des Schlangenweibes zu mir durch.

„Mach sie...dafür....Luder!“

„Lass....Stampede...sehen!“ hörte ich dann die Stimme von Tex.

Mit verschwommenem Blick sah ich durch halb geöffnete Augen zu Molly rüber. Sie lag auf dem Bauch, das Gesicht in meine Richtung gedreht. Ihre Augen waren geöffnet und angsterfüllt. Ich sah, wie ihr Brustkorb sich hektisch bewegte. Ein Glück, sie lebte! War wohl nur betäubt oder gelähmt, wie es schien.

„Sag...bescheid! Nehmen....mit!“ hörte ich dann plötzlich wieder Tex Stimme, die sich mir näherte. Dann spürte ich seine Hand an meiner Schulter und ich wurde herum gewälzt, auf den Rücken. Und sah diesem Teufel in seine roten Augen, die siegessicher auf mich herabsahen.

„Bravestarr hast du vielleicht erst mal gerettet!“ zischte er leise. „Dafür bist du jetzt dran!“

Mit diesen Worten ließ er die Faust auf meinen Kopf niedersausen und ich spürte nicht einmal mehr den Schmerz des Schlages.
 

Kein Muskel wollte ihren Befehlen gehorchen. Nichts an ihr rührte sich, außer ihre Lungen, die tapfer weiter Luft in sich sogen und ihr Herz, dass hektisch pochte. Mit Entsetzen musste sie dabei zusehen, wie Tex die Kleine auf den Rücken wälzte, ihr noch irgendwas ins Gesicht zischte und sie dann mit einem weiteren Schlag in die Bewusstlosigkeit schickte. Dann packte er ihren schlaffen Körper, warf ihn sich über die Schulter und verließ das Krankenhaus.

Verzweifelt kämpfte Molly darum wieder die Kontrolle über ihren Körper zurück zu erhalten. Dieses hinterhältige Stück von einer Schlange!

Endlich spürte sie, wie ihre Muskeln ihren Befehlen wieder zu gehorchen begannen und sie schaffte es eine Hand gegen den Boden zu stemmen.

Aber erst nach etwa zwei Minuten hatte sie wieder so viel Kraft, dass sie sich komplett aufrichten konnte.

Plötzlich hörte sie schlurfende Schritte. Panisch sah sie zur Tür zurück, ob Tex nicht vielleicht doch zurück kam, um sie noch ganz zu erledigen. Doch die Schritte kamen nicht von der Straße, sondern aus dem Krankenzimmer.

Plötzlich erschien eine dunkelhäutige, nur in Hosen bekleidete, schwankende Gestalt in der Tür.

Bravestarrs Augen waren noch ganz fiebrig, seine Haare hingen ihm wirr um die Schultern.

„Was...was ist passiert?“ fragte er verwirrt, schien die Situation noch gar nicht richtig erfassen zu können.

„Jungchen! Du bist ja wieder wach!“ sagte Molly und begann auf ihn zu zutaumeln.

„Molly! Was geht hier vor?“ fragte er und drückte eine Hand gegen seinen Kopf und stützte sich schwer an der Wand ab.

„Tex Hex! Er hat die Stadt angegriffen. Er war hier und wollte dich töten!“ erklärte sie knapp und legte stützend einen Arm um ihn. Vorsichtig führte sie ihn zum Untersuchungstisch in der Mitte des Raumes und er ließ sich langsam darauf nieder.

„Wie geht es dir, Junge?“ fragte sie ihn besorgt.

„Bin noch etwas benommen, aber ich glaube, es wird bald wieder.“ antwortete er und sah sie an.

Molly warf einen raschen Blick zum Eingang. Tex und seine Gang waren mit Sicherheit weg. Mit der Kleinen. Gott, was dieses Ungeheuer wohl mit ihr vorhatte?

„Kleiner, hör zu! Sie haben die Kleine! Tex hat Bianca verschleppt!“ sagte sie dann.

Ein Schlag ins Gesicht hätte wohl nicht aufmunternder bei ihm wirken können. Mit einem Ruck hob er den Kopf und sah sie erschrocken an. Der fiebrige Glanz in seinen Augen war auf einen Schlag gewichen.

„Was?“ keuchte er entsetzt.

„Tex war hier und wollte dich erledigen. Bianca hat ihn daran hindern können. Aber dann hat Vipra mich von hinten erledigt und Tex konnte sie niederschlagen. Und dann haben sie sie mitgenommen. Er hat irgendwas gefaselt, dass Stampede sie sehen will.“ erklärte sie hastig.

„Ich muss ihr hinterher! Sofort!“

Entschlossen wollte er sich aufrichten, aber er war trotz allem immer noch sehr geschwächt. Entschlossen drückte sie ihn auf den Tisch zurück.

„Du bleibst jetzt schön hier und wartest auf Doc Clayton. Der soll sich deinen Kopf ansehen. Ich besorge dir Sachen und suche Thirty-thirty!“ sagte sie entschieden.

Bravestarr öffnete den Mund, um zu widersprechen, schloss ihn aber sofort wieder und nickte dann nur.

„In Ordnung! Aber im Namen aller guten Geister, beeile dich!“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück