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BBC Sherlock
von

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Unbefriedigend

18.

Unbefriedigend
 

„Mrs. Hudson?“ Sherlocks Stimme drang durch den Gang, klang fast zu laut in der Stille des abendlichen Hauses. Er schloss die Haustür hinter sich und sperrte endlich die klamme Kälte aus, die der Wind auf seinem Weg hier her, durch jede Naht seiner Kleidung hatte dringen lassen. Er fröstelte, rieb sich die Hände und hörte bereits seine Vermieterin. Offensichtlich war sie in der Küche. Im ersten Moment glaubte er, sie würde wohl etwas für John zum Abendessen machen, bis ihm einfiel, dass John ja nicht mehr hier war.

Ein Gefühl überfiel ihn, welches so unangenehm und schmerzlich zugleich war, dass er schwer schlucken und sich wirklich zusammenreißen musste. John war nicht mehr hier und das war auch gut so. Nicht nur für ihn wäre das besser, sondern für sie beide. Endlich konnte sich Sherlock wieder ganz seiner Aufgabe widmen. Und John, John war in Sicherheit und würde gut umsorgt werden. Dafür würde dessen Schwester Harry, sowie die Pfleger sorgen und auch Mycroft würde – auch wenn er es sicher abgestritten hätte – stets ein wachsames Auge auf den werten Doktor gerichtet haben.

Nein, Sherlock war sich sicher, das richtige getan zu haben. Natürlich würde es Anfangs ungewohnt sein, mit dieser radikalen Entscheidung leben zu müssen. Ja, aber sobald die schlechten Gefühle die ihm jetzt noch anhafteten, erst durch die verstreichende Zeit von ihm abfallen würden, dann wäre sein Leben wieder erfüllt von der puren und reinen Logik. Dann würde er auch auf diesen heutigen Tag – diesen Neubeginn – mit all der ihm zustehenden Genugtuung zurückblicken können.
 

Mrs. Hudson kam aus der Küche und unterbrach dankenswerterweise seine Gedankengänge. Noch früh genug würde er sich mit seinen Gefühlen – die Johns fehlen am Anfang sicher noch verstärken würde – auseinandersetzen müssen.

Also Konzentration auf das Hier und Jetzt. Sherlock schenkte ihr ein Lächeln, doch sie erwiderte es nicht. Vielmehr sah sie traurig aus und musterte Sherlock ohne wirkliches Interesse.

„Wo waren Sie? Warum haben Sie es nicht einmal für nötig befunden unserem lieben John auf wieder sehn zu sagen?“ Ihre Stimme klang streng, tadelnd wie die einer Mutter. Offensichtlich war sie wütend auf ihn. Sherlock straffte seine Schultern und blickte die ältere Dame emotionslos an. „Warum hätte ich Aufwidersehen sagen sollen? Ich hoffe nicht, dass wir uns wieder sehen werden.“

Mrs. Hudson schnappte geschockt nach Luft und hielt sich in einer erschrockenen Geste ihre Hand vor den Mund. „Das…das meinen Sie nicht so! Sherlock, das können Sie nicht ernst meinen!“ kam es etwas erstickt.

„Mrs. Hudson, John ist in guten Händen und er wird sein Leben schon bald wieder im Griff haben. Auch ohne uns. So eine Trennung mag für euch emotionales Volk schmerzlich sein, mich berührt sie jedoch nicht. Außerdem glaube ich, dass es für John besser wäre der Baker Street in Zukunft fern zu bleiben. So entgeht er nur dem neuerlichen Schmerz, der nach einem Besuch und einer weiteren Trennung folgt. Glauben Sie mir, so ist es doch das Beste für uns alle.“

Man sah der guten Frau an, dass sie sogleich gegen diesen Frevel Protest einlegen wollte, doch Sherlock ließ sie nicht zu Wort kommen. Er wusste, dass das alles noch genügend Stoff für Streitereien bieten, und zahllose Diskussionen nach sich ziehen würde, aber jetzt hatte er keine Lust dazu.

„Ist für mich etwas abgegeben worden?“ erkundigte er sich.

Etwas überrascht von dem abrupten Thema Wechsel, überlegte sie kurz – am liebsten hätte sie Sherlock ja deutlich die Meinung gesagt, etwas, das sie sich jetzt für später aufheben würde – und nickte dann.

„Ja ein ungepflegter Mann“, schimpfte sie und ihr Gesichtsausdruck wechselte von Wut zu Ekel. „Sein Mantel war dreckig und hat furchtbar gestunken!“ empörte sie sich. „Nach Öl! Als wäre der Mann ein sehr schmuddeliger Mechaniker oder so.“

„Schön zu sehen, dass Sie mittlerweile auch um Details bemüht sind. Aber in diesem Falle kenne ich den Mann. Man sagte, er hätte eine Tasche für mich?“

Sie nickte eifrig und drehte sich um. Sherlock konnte sie schimpfen hören, während sie besagte Tasche holen ging.

„Kein sehr sauberes Stück – Fundsache, hatte er mir erklärt. Richt auch nicht besonders und weil sie nass und dreckig war, hab ich sie hier hinten in dem Abstellraum deponiert.“

Sie rümpfte die Nase, während sie eine modrige Ledertasche am gerissenen Schulterriemen hervor holte und sie Sherlock präsentierte.

„Ist es das was Sie suchen?“

„Ich hoffe es“, kam es von dem bereits wieder in Gedanken versunkenen Sherlock. Er besah sich die Tasche genau.
 

Echtes Rindsleder

Gute Verarbeitung

Eingravierte Initialen

Loch auf der linken Seite

Gerissener Lederriemen

Durchnässt

Voller Schlamm

Spuren von Gras und Erde

Leichter Ölgeruch

Blutflecke
 

Die Details waberten in Sekundenschnelle durch Sherlocks Kopf, setzten sich dort zu einer Geschichte zusammen und ließen ihn lächeln.

„Ja, genau das hab ich gesucht!“ erklärte er und wollte nach der Tasche greifen.

„Halt mein Lieber!“ kam es protestierend von seiner Vermieterin. „Ich musste dem Mann ganze 50 Pfund für dieses…dieses Etwas da geben. Sonst hätte er es nicht herausgerückt. Hätten Sie nicht darauf bestanden, ich hätte ihn mit seinem Dreck einfach wieder weggeschickt. Aber so…“

Sherlock – offensichtlich von dieser Belanglosigkeit genervt – zog seinen Geldbeutel und reichte Mrs. Hudson einen Schein. Er wollte jetzt endlich los und sich über den Inhalt klar werden. Schließlich brauchte er immer noch den entscheidenden Beweis, der Stan Peters und seine Komplizen mit dem Morde an Marc Thomson in Verbindung brachte.

So nahm er Mrs. Hudson endlich dieses scheußlich stinkende Beweisstück ab. Er drehte sich um, hörte die alte Dame noch verärgert etwas rufen, doch er reagierte nicht. Zwei Stufen auf einmal nehmen, eilte er hinauf. Die Wohnungstür schlug lautstark hinter ihm zu und kaum war er in seinen vier Wänden, landete die Tasche auf dem Küchentisch.

Irgendwo in seinem Kopf erwartete er, John würde gleich auftauchen und sich – genau wie Mrs. Hudson – über dieses dreckige Beweisstück auf dem Küchentisch aufregen.

Schnell übersprang er diesen Gedanken, bevor er sich in seinem Kopf festsetzen konnte. Jetzt wollte er sich einzig auf das Beweisstück konzentrieren.
 

*******
 

„Sherlock?“

Gregorys Stimme holte ihn aus seiner Grübelei. Er hatte auf dem Sofa gewartet, die Hände aneinander gelegt und die Beine an die Brust gezogen, tief versunken in seinem Fall und den vielen winzigen Detail, die es jetzt zu präsentieren galt. Der gesamte Tascheninhalt lag wieder ordentlich präpariert in der Küche und wartete nur darauf, dieses mal von Lestrade – sicher mit ein klein wenig Hilfe – erneut entdeckt zu werden.

„Ah ja“, sagte Sherlock, nachdem er den Inspektor erst zweimal hatte anblinzeln müssen, um sich klar zu werden, dass er den Mann ja hier her bestellt hatte. „Ich hab nicht so früh mit dir gerechnet.“

Greg schüttelte den Kopf und wusste nicht recht, ob er über diese Tatsache bestürzt oder belustigt reagieren sollte. „Sherlock, das du mich angerufen hast, ist jetzt fast zwei Stunden her. Ich bin nicht früher aus dem Büro gekommen.“ Bei Sherlock Holmes war es öfters der Fall, dass er, ganz in seine Gedanken versunken, nichts um sich her war nahm, nicht einmal die verstreichende Zeit. Vielleicht hatte er in der Zwischenzeit mit John geredet, so wie er es früher gerne getan hatte. Auch da schon ohne zu merken, dass John gar nicht mehr im selben Raum war. Möglicherweise war es ihm noch gar nicht klar geworden, dass John…

„Wie auch immer“, kommentierte Sherlock Gregs Erklärung. „Was spielt das auch für eine Rolle, jetzt bist du hier.“ Mit diesen Worten erhob er sich und deutete Lestrade ihm in die Küche zu folgen. Dort lag der Inhalt der braunen Tasche ausgebreitet auf der zerkratzen Tischplatte.

„Was ist das alles hier?“ fragte ihn Greg und besah sich die stinkenden Gegenstände.

„Das habe ich alles aus Marc Thomsons Tasche.“

Greg sah ihn überrascht an und hob fragend die Augenbrauen. „Seiner Tasche?“

Sherlock nickte und sein Blick klebte förmlich an einer, vor Nässe aufgequollenen Packung Bonbons, die unter weiteren Dingen vor ihm ausgebreitet waren. Man konnte förmlich die Gedanken hören, die ihm durch den Kopf gingen. Als würde jeder Gedankengang einer geflüsterten Stimme gleichen, die sich überlagerten und eine rasende, völlig durcheinander schreiende Kakophonie abgaben. Die der Detektiv trotzdem zu einer harmonischen und verständlich klingende Melodie vereinen konnte. Alles viel zu schnell und verwirrend, als das ein normaler Mann wie Lestrade dem hätte folgen können.

„Gut, seine Frau sagte er hätte immer eine Tasche bei sich gehabt. Warum glaubst du, das hier wäre die seine?“

„Weil es offensichtlich ist“, erklärte Sherlock gelangweilt und warf Gregory die nunmehr leere Tasche zu. Dieser sah zu seinem Gegenüber, dessen Blick aber weiterhin auf diesen bunten Haufen irgendwas gerichtet war, so in Gedanken versunken, dass man von ihm wohl in nächster Zeit keine wirkliche Auskunft würde erhalten können.

So besah sich Lestrade erst einmal das stinkende Etwas, rümpfte die Nase und ließ das ganze dann nach wenigen Minuten und einem frustrierendem Grunzen wieder auf den Tisch fallen. Damit erntete er Sherlocks Aufmerksamkeit und ihre Blicke trafen sich.

„Du hast offenkundig ein paar Probleme mit den Fakten?“ fragte Sherlock spöttisch.

Greg verzog den Mund und enthielt sich einer Antwort.

„Dabei ist alles so simpel.“

„Du machst mich wahnsinnig!“ schimpfte Greg. „Für dich ist immer alles simpel! Dabei stimmen nicht mal die Initialen auf der Tasche und trotzdem bist du dir sicher! J. T. statt M. T.. Also lass hören!“ forderte er den Consulting Detektiv auf. Er hasste es zwar, auf Sherlocks Beobachtungsgabe so angewiesen zu sein, trotzdem beeindruckte er ihn immer wieder damit. Nicht das er das diesem arroganten Möchtegern je gesagt hätte! Sein Ego war groß genug, dass musste nicht mehr aufpoliert werden. Also stand jetzt wieder eine Lektion an, die Sherlock Oberlehrer haft vortragen würde. Wenn er dabei nur nicht so selbstzufrieden aussehen würde, hätte Lestrade sicher gerne von ihm gelernt. Doch mit dem breiten Grinsen und dem wissenden Glimmen in diesen tiefen, unergründlich hellen Augen, wollte er keinen artigen Schüler spielen.

„Da du wie immer über die Fakten stolperst ohne sie überhaupt zu sehen, will ich es dir erklären.“

Sherlock hob die Tasche hoch und begann zu berichten:

„Teures Leder und eine gute Verarbeitung. Zweifelsohne eine Preisklasse, zu der ein junger Zollbeamter mit Kind keinen Zugang besitzt. Also ein Geschenk.“

Greg lachte abfällig, „ein Geschenk in das man die falschen Initialen graviert?“

Sherlock schaute ihn mit einem bösen Blick von oben herab an. „Entweder denkst du selber mit oder du lässt mich ausreden.“

Kurz überlegte Greg, dann zuckte er mit den Schultern und Sherlock begann zu erklären.

„Die Tasche war kein Geschenk an Ihn, sie gehörte seinem Vater.“

Jetzt stutzte Greg und besah sich das Monogramm. „Du hast recht, verstorbener Vater…was war der noch gleich?“

„Er war leitender Angestellter einer Speditionsfirma. Die Tasche“, Sherlock hielt sie in die Luft, „war ein Geschenk, höchstwahrscheinlich für ein Jubiläum oder einen Großauftrag, den James Thomson – J. T. – an Land gezogen hatte. Dahingehend kann ich nur spekulieren.“

„Wieso ein Firmengeschenk?“ fragte Lestrade.

Sherlock blickte ihn skeptisch an. „Eine noch unwichtigere Frage ist dir nicht eingefallen?“

Greg sah ihn herausfordernd an.

„Bitte, wenn das alles ist was du wissen möchtest. Diese Tasche ist, obwohl sehr teuer, kein Markenartikel, also eine Anfertigung auf Bestellung.“

„Nett, aber das muss nun wirklich nichts bedeuten.“

Sherlock war bemüht, ein Schmunzeln zu unterdrücken, aber es gelang ihm nicht. So winkte er gleichgültig ab. „Stimmt, aber alle anderen langwährigen Mitarbeiter dieser Firma haben die gleichen Taschen.“

„Nimmst du mich jetzt auf den Arm?“ fragte Gregory scharf.

„Ich war natürlich dort“, versicherte ihm der Lockenkopf noch immer Grinsend. „Der Chef sagte mir das, er lässt die Taschen alle bei seinem Schwager fertigen, der ist Täschner. Also ist an meiner Deduktion nichts auszusetzen.“

„Bis auf die Tatsache, dass du es nicht aus Kleinigkeiten herausgelesen hast, sondern vom Chef der Firma erfahren konntest“, kam es jetzt auch mit einem Grinsen von Lestrade.

„Schlicht die Fähigkeit zur Beobachtung.“ Er zuckte die Schultern. „Hättest du nicht gefragt, wäre das nie aufgefallen“, kommentierte Sherlock gelassen.

„Und du hättest dich für den Größten gehalten, du und deine unglaublichen Deduktionen. John hättest du vielleicht noch damit reinlegen können“, meinte Gregory nun lachend.

John…

So schnell sich das Lachen auch zu ihnen in die Küche gesellt hatte, so schnell verschwand es, als ihnen beiden klar wurde, dass John fehlte. Das er nicht mehr hier war und vielleicht nie wieder mit ihnen Lachen oder auch nur über eine Deduktion staunen würde. Das war wieder ein Thema für sich und eines, das sie definitiv durchsprechen mussten. Offensichtlich war das auch Sherlock klar, der sich räusperte um zurück zum Thema zu finden. Jetzt und hier war er noch nicht bereit für so ein Gespräch. Dafür würde er erst mit sich selbst ins reine kommen müssen um zu sehen, in welcher Weise sich Johns Weggang auf ihn auswirken würde.

„Wie auch immer, die Tasche war ein Andenken an seinen Vater. Wie uns seine Frau ja bestätig hatte, ging er nie ohne ihr aus dem Haus. Er hütete und pflegte sie. Das heißt, alles Spuren die diese Tasche aufweist, außer natürlich der üblichen Gebrauchsspuren, kamen erst nach Marcs ableben auf das Leder. Nehmen wir nur mal den kaputten Lederriemen.“ Sherlock hob das eine Ende des dunklen Riemens in die Höhe. „Eine saubere Schnittkante, kein Messer sondern ein anderer, scharfer Gegenstand. Womöglich ist es bei der Flucht passiert.“

„Jetzt ist er also auch noch geflohen. Was lässt dich darauf schließen, besonders da keiner von der Spurensicherung darauf gekommen ist?“

„Mal im Ernst, du glaubst einer von der Spurensicherung kann Fakten erkennen? Finden vielleicht, sie deuten, hmm, weniger.“

Ein Kopfschütteln als Antwort. „Schon gut, ich weiß du hältst dich für den Beste. Lass hören.“

„Die Blutspritzer hier, gleich oben auf dem Deckel und am Handgriff. Der Gerichtsmediziner konnte zwei Schläge auf den Kopf bestätigen, wovon keine tödlich war. Marc ist ertrunken, weil er ohne Bewusstsein in die Themse geworfen wurde. Also, er beobachtet die Männer dabei, wie Sie die Schmuggelwahre verstecken. Er wird entdeckt, er flüchtet. Einer bekommt ihn zu packen, oder möglicherweise trifft ihn auch ein Wurfgeschoss schwer am Kopf, auf jeden fall fügten sie ihm eine Wunde zu. Trotzdem entkam er ihnen, er flüchtete mit der Tasche und dabei tropfte Blut darauf.“ Mit den Fingern fuhr Sherlock die Blutspuren nach. „Siehst du, die Blutspritzer konzentrieren sich alle auf diese Stelle und alle verlaufen in die gleiche Richtung. Er floh also und sie mussten dicht auf gewesen sein, die Nacht war dunkel und voller Nebel, als er mit dem Riemen der Tasche irgendwo hängen blieb. An einer scharfen Mettalkante oder etwas ähnlichem.“ Sherlock unterbrach sich kurz und griff nach einem Aktenordner, der auf der Spüle lag. „Laut den Gerichtsmedizinern ist diese Tatsache am wahrscheinlichsten, denn unser Toter hatte eine tiefe Verletzung an der Schulter. Außerdem Abschürfungen an den Händen, die eindeutig von einem Sturz her rühren. Möglicherweise gehören die beiden Verletzungen zusammen. Zumindest würden sie in dieses Szenario passen.“

„Der Riemen riss auseinander, von einem sauberen Schnitt durchtrennt und fiel zu Boden“, murmelte Lestrade vor sich hin. „Das passt wirklich zu den Fakten, aber warum ließ er die Tasche zurück? Sie wahr ihm doch sehr wichtig?“

„Ich tippe darauf, dass er seine Verfolger bereits hinter sich hören konnte. Vielleicht hielt er noch kurz inne um zu überlegen, ob genügend Zeit blieb die Tasche zu holen. Das so heiß geliebte Erinnerungsstück seines Vaters.“

„Doch die Zeit reichte nicht“, sagte er resigniert. Greg hatte schon viele Morde gesehen und viele schreckliche Geschichten gehört. Die von Marc war eigentlich Banal, trotzdem versetzte es seiner Seele jedes mal einen Stich, wenn Sherlock die Fakten zu so einer lebendigen Geschichte anordnete und sie – angesteckt von seiner üblichen Freude über Rätsel – Glücklich präsentierte, als hätte er etwas gewonnen.

„Einer der Drei versenkte die Tasche dann wohl in der Themse. Hoffend, sie würde nie gefunden und töricht unwissend zu glauben, damit keine Spuren zu hinterlassen.“ Sherlock machte eine dramatische Pause und sah zu Gregory, der ihm aufmerksam, wenn auch mit skeptischem Blick, zuhörte. „Auch konnten sie nicht wissen, dass Marc etwas entwendet hatte, einen Beweis der sich in seiner Tasche befand, den – dank Marcs schnellem Denken und dem passenden Versteck – das Wasser nicht vollständig zerstören konnte. Aber dazu später, meine Analysen bestätigen, die Tasche lag in der Themse. Sowohl die Überprüfung von der Feuchtigkeit im Leder, wie auch bei dem Schlamm, der überall auf der Tasche zu finden ist. Eindeutig.“

„Bist du jetzt fertig? Gut, ich glaube dir, dass das hier die Tasche unseres Toten ist. Und? Wo hast du sie her und was nützt uns das alles?“

„Oh bitte!“ maulte Sherlock und deutete abermals auf den Tisch. „Der entscheidende Beweis ist hier!“

„Das ist alles Müll, Sherlock!“
 

Diese dumme Äußerung ließ Wut in ihm aufsteigen. Er drehte sich kurz mit dem Rücken zu dem Inspektor und atmete tief durch. Irgendwas in ihm war seltsam angespannt, eigentlich wusste er das Gregory nicht der schnellste war und hatte er es früher nicht immer genossen, ihm all die Fakten präsentieren zu können, die er übersehen hatte? Warum war das hier nicht sein üblicher, großer Auftritt? Er hatte den Fall gelöst und jetzt präsentierte er ihn. Eigentlich liebte er diese Momente, denn sie gaben ihm ein gutes Gefühl sowohl der Überlegenheit, als auch die Befriedigung ein Rätsel gelöst zu haben. Es waren diese Momente, die dem Drogenrausch so nahe kamen, ihn genau hiernach, nach weitern solcher Augenblicke streben ließen. Er war in seinem Element, so hoch über den Anderen, dass er nur auf sie herab sehen konnte. Also warum fühlte er sich nicht gut? Wo war das Hoch, welches solche Ereignisse sonst immer begleitete? Wo war das Lob? Tief in seinem Unterbewusstsein wartete er auf die so vertraute Stimme, die etwas Bewunderndes sagte, ihn für sein Talent lobte und ihm dieses unbeschreibliche Gefühl schenkte. Ja, er wartete auf John, der so ein wichtiger Teil seiner Fallpräsentation geworden war, – nun, eigentlich nicht er persönlich, sondern seine lautstark kund getane Bewunderung – was er von ihrem ersten Fall ab, zu genießen gelernt hatte.

Sherlock schüttelte energisch den Kopf. Verdammt, er wollte sich doch konzentrieren! John war nicht mehr da, eigentlich sollten jetzt alle störenden Faktoren aus seinem Leben verbannt sein. Gut, vielleicht dauerte es noch ein, zwei Tage, bis er sich an das Fehlen von seinem früheren Mitbewohner gewöhnt hatte. Ja, das würde es wohl sein.
 

Er drehte sich wieder zu Gregory um, der erneut die Tasche einer Musterung unterzog.

„Das ist ein Einschussloch und hier unten am Boden klebt Erde. Ist das Erde?“ fragend hob der den Kopf und sah Sherlock an. Dieser nickte.

„Endlich beginnst du mitzudenken, hat dieses Mal wirklich lange gedauert. Doch sei es drum, ja das ist Erde. Die Tasche wurde von einem Bekannten – nein ich nenne keine Namen – aus der Themse gefischt und er zog sie offensichtlich hinter sich her. Deshalb ist auf der einen Kante am unteren Rand von links nach rechts Erde und Gras zu finden.“

„Du nennst also keine Namen? Hilfreich“

„Das tut nichts zur Sache, weder der Finder noch das Gras noch die Ölflecken und auf der Vorderseite des Deckels. Das hat nichts mit dem Fall zu tun, sondern liegt an dem Ort, an welchem die Tasche vom Finder aufbewahrt worden ist.“

„Also ein Zwischenlager für ein wichtiges Beweisstück? Warum wurde sie nicht postwendend zur Polizei gebracht oder fragen wir mal so, warum kam die Tasche zu dir?“ Gregs Unmut war kaum zu überhören.

„Weil ich danach suchen ließ, von ganz speziellen…nun sagen wir einfach sie finden Sachen für mich, weil ich sie dafür bezahle. Wäre diese Tasche abgegeben worden, bei der Polizei oder sonst wo, hätte niemand einen Zusammenhang herleiten können, vom Mord des Zollbeamten zu diesem Fundstück und den Gegenständen. Die Beweise wären irgendwo in einer Asservatenkammer vergammelt.“

„Schön, Punkt für dich. Jetzt genug von deinen aufgeblasenen Deduktionen. Ich hab heute noch was anderes zu tun, wo ist der Beweis?“

Sherlock trat an den Tisch heran und hob eine kleine Plastiktüte aus den Sachen. Darin lag bereits verpackt eine Kugel. Er reichte sie weiter.

„Diese Kugel gehört in die Waffe von Stan Peters. Das werden die Tests beweisen. Somit steht fest, dass der Mord mit den drei inhaftierten Verbrechern in Zusammenhang steht. Des Weiteren war Marc vor seiner Entdeckung nicht untätig.“

Sherlock griff nach der aufgeweichten Verpackung der Bonbons und öffnete sie. Darin war, gepackt in die Frischhaltefolie der Verpackung ein zusammengefaltetes Stück Papier. Vorsichtig zog er es erneut heraus und entfaltete es, diesmal für Lestrade. Dieser besah sich neugierig das verblichene Papier.

„Das ist die Kopie eines Frachtpapiers.“

„Korrekt, und wenn du das hier mit deinen Unterlagen vergleichst wirst du erkennen, dass dies ein Frachtdokument aus dem Lagerraum ist, in dem die Schmuggelwahre sichergestellt werden konnte. Mit den passenden Fracht-Nummern und sogar einer Unterschrift. Dies wurde von einer geklauten Kiste abgerissen. Marc Thomson musste klar gewesen sein, was sich dort im Lagerhaus abspielte und hätte die Behörden verständigt. Das war auch klar das Mordmotiv.“

„Aber das ist kein eindeutiger Beweis gegen einen von den Dreien. Klar können wir sie mit diesen Beweisen eindeutig mit dem Mord in Verbindung bringen, aber wer von ihnen war es?“

“Alle drei und doch keiner, ist doch wohl klar. Wir reden hier ja nicht von Mord sondern von Totschlag. Zwei Schläge auf den Hinterkopf, der Erste verletzte Thomson lediglich, der Zweite bringt ihm die Bewusstlosigkeit. Wer immer ihn dann ins Wasser geworfen hat, schuldig sind alle drei. Für eine Anklage aus niedrigen Beweggründen passt das nicht, aber es war auch keine geplante, sondern eine spontane Tat, die sich aus Marc Thomsons überraschender Anwesenheit in ihrem Versteck ergab. Sie sind alle drei für Totschlag zu verurteilen, denn selbst wenn nur einer ihn ins Wasser geworfen hat, sind die zwei anderen mitschuldig. Das, Plus der Schmuggelei, dem versuchten Mord an mir und den Schuss auf John…keiner der Drei sollte das Tageslicht je wieder sehen.“

Noch einmal besah sich Gregory die Tasche und nickte dann.

„Ja, ich denke das wird sich einrichten lassen.“ Dann erhob er sich. „Ich geh und ruf im Yard an. Mein Team soll anrücken um alle Beweismittel sicher zu stellen.“ Damit verließ er die Küche.
 

Sherlock blieb allein zurück und plötzlich überkam ihn eine Leere, die er sich selbst nicht erklären konnte. Die ganze Situation hier fühlte sich unbefriedigend an.

Eigentlich hatte er nie einen Dank für seine Hilfe erwartet, schließlich liebte er die Fälle um der Rätsel willen. Warum also danke sagen? Und Gregory kannte ihn mittlerweile so lange, dass er sich nicht mal mehr von Sherlocks Fähigkeiten beeindrucken ließ. John war da ganz anders gewesen. Man hatte ihn immer wie ein kleines Kind beeindrucken können. Warum war alles was Sherlock in diesem Moment haben wollte eine Anerkennung für seine Deduktionen? Das hatte er doch noch nie gebraucht! Erst seit John hatte er gewusst wie toll es sich anfühlte, genau für das bewundert zu werden, was ihm bisher meist nur Verachtung eingebracht hatte.

Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie leer die Wohnung eigentlich war. Seit er hier angekommen war, hatte er genug zu tun gehabt, um sich abzulenken. Jetzt war der Fall gelöst und jedwede Ablenkung verloren. War jetzt die Zeit gekommen, um sich mit Johns Weggang zu beschäftigen? Sherlock wusste, dass er sich damit auseinandersetzen musste. Schon allein um es abzuschließen und endlich das Thema John hinter sich lassen zu können.

Er verließ die Küche, betrat das stille Wohnzimmer und ließ sich dort auf die Couch fallen. Draußen war es dunkel und nur das Licht aus der Küche erhellte spärlich den Raum, der einst sehr gemütlich gewirkt hatte, jetzt aber seine einladende Wirkung auf ihn verloren hatte. Er war allein. Nicht das er damit nicht hätte umzugehen gewusst. Er schätzte die Ruhe, war Einsamkeit gewöhnt. Doch nachdem John ihm das alles genommen und es mit seiner Anwesenheit und all den damit verbundenen Dingen ersetzt hatte, fühlte es sich jetzt unecht, unwillkommen und ungewohnt an. Nicht nur John, auch seine ganze Persönlichkeit, alles was er ihm geschenkt hatte an Lachen, Zweisamkeit und Aufmerksamkeit ließ ihn jetzt verloren wirken.

Allein.

Früher hätte er nie eine Grenze gezogen, aber seit John wusste er, dass Einsamkeit nicht das gleiche war, wie allein zu sein. Einsamkeit bedeutete sich dazu entschieden zu haben, gerade niemanden um sich haben zu wollen. Allein sein bedeutete, dass keiner da war zu dem man gehen konnte, wenn man Gesellschaft wünschte. Ja, Einsamkeit war oft ein Segen, aber das Wissen, dass er nur eine SMS würde schreiben müssen, um John an seine Seite zu holen, war auch ein Segen gewesen. Eine Option, die er jetzt nicht mehr hatte. Denn jetzt war er allein.
 

„Warum sitzt du hier im Dunkeln?“ holte ihn Gregorys Stimme aus seinen Gedanken. Schon ging gnadenlos das Licht an und blendete ihn kurz. Sherlock kniff die Augen zusammen. „Mein Team kommt und holt das hier alles. Soll ich dich was das Verfahren betrifft, auf dem Laufenden halten?“

„Nein“, sagte Sherlock und legte sich auf das Sofa. Das Rätsel war gelöst, er hatte kein Interesse mehr an Peters oder sonst jemandem. Sie würden bestraft werden, dass wusste er und das bescherte ihm auch Genugtuung. Wo er früher noch Rachegedanken gegen diesen Möchtegern Peters gehegt hatte, war jetzt nur noch Desinteresse. Klar hatte ihn dieser Mann vorgeführt, ihn, den großen Detektiv, aber dieses Ereignis schien aus einem ganz anderen Leben zu stammen, auch wenn es erst wenige Stunden her war. Stunden seit John gegangen war, seit er ihn aus seinem Leben verbannt hatte um es wieder mit wichtigen Dingen zu füllen, anstatt mit Emotionen. Doch jetzt wurde ihm Bewusst, dass nichts mehr wichtig war. Nichts spielte mehr eine Rolle.

Vielleicht würden all die trüben Gedanken vergehen, wenn er erst wieder seinen nächsten Fall hatte. Ein neues Rätsel, das es zu lösen galt. Ja, nur darauf wollte er sich jetzt konzentrieren.
 

So kamen die Kleingeister des Yards, sprachen ihn dauernd an, stellten dumme Fragen doch er antwortete nicht. Er ignorierte sie, blendete ihre Anwesenheit aus. Als sich seine Gedanken das nächste Mal aus ihren Sphären zurück in das Wohnzimmer in der Baker Street begaben, war die Wohnung leer. Wie lange Lestrade und seine Kollegen schon weg waren, konnte Sherlock nicht sagen. Nur eine Uhr verriet ihm, dass es bereits früher Morgen war.

Sherlock stand auf, reckte sich und ging schweren Herzen in die Küche um sich Kaffe zu machen. Jetzt da er wieder alleine lebte, konnte er nicht mehr darauf warten dass jemand kam, um für ihn Kaffe zu kochen. Ein weiterer, sehr unangenehmer Faktor. So öffnete er den Schrank und fand dort bei weitem weniger Tassen vor, als gestern. John hatte natürlich die seinen eingepackt und mitgenommen. Kurz hielt Sherlock inne, dann griff er nach einer anderen Tasse.
 

Den Rest des Tages ging es ihm jedoch immer wieder so. Oft hielt er inne, wenn irgendwo etwas fehlte, das John mitgenommen hatte. Es waren keine großen Sachen, nichts was die Wohnung irgendwie verändert hätte, und doch kam sie ihm kleiner und weniger lebendig vor als früher.
 

So lief die Woche weiter, brachte zwar Fälle aber keine Abwechslung. Alles war leicht, banal und Johns Mithilfe fehlte ihm dabei auch. Nie hätte er geglaubt, dass John ihm so viel von den Dingen abgenommen hatte, die er selbst nicht gerne tat. Es war frustrierend zu sehen, wie oft es nur Kleinigkeiten waren, an denen er sich störte und die Johns gute Seele einmal mehr zum Vorschein brachten. Was hatte er nicht alles für ihn getan um ihm den langweiligen Alltag abzunehmen und erträglicher zu machen. Manchmal verblüffte es Sherlock wenn er erkannte, welch eine Bereicherung John doch für sein Leben gewesen war und dann kam die Schuld, weil er sich dessen bis heute nicht wirklich bewusst gewesen war. Dieses stets nagende Schuldgefühl wurde mit der verstreichenden Zeit nicht kleiner. Egal wie vielen Rätseln er auch nachjagte, am Ende saß er wieder allein in der Baker Street und wurde sich wie jeden Abend wieder bewusst, wie sich sein Leben doch verändert hatte.

Doch nicht nur das, auch die vielen Detail die sich in der Wohnung selbst verändert hatten, frustrierten ihn immer wieder aufs Neue. Auch wenn es nur Kleinigkeiten waren, die sich nach Johns Auszug verändert hatten, sie vielen ihm alle immer wieder auf und begannen seine Konzentration zu stören. Er mochte Veränderungen nicht, nicht mal die Winzigen, denn allein das Wissen das es Veränderungen gab – das und die Langeweile – ließen seinen stets übermütigen Geist in dem bloßen Wunsch nach Unterhaltung nach jeder Anomalie suchen. Wie bei einem Fehlersuchbild, das ihn nicht mehr los ließ. Manches mal zeigte eine verwischte schicht Staub, wo etwas weggekommen war, das eigentlich dort hingehört hatte, weil es doch schon so lange da gestanden hatte. Hier und da waren die verbleibenden Sachen durcheinander gebracht worden und trotzdem spürte er es mit aller Deutlichkeit. Die Wohnung hatte etwas verloren, etwas das nicht greifbar war und dennoch so nachhaltig wirkte, als wäre es jetzt Teil des Hauses. Er spürte es, selbst noch nach Wochen.
 

Eines Abends, der Tag war lange und langweilig gewesen, blieb er neben dem Sessel stehen, in dem John immer gesessen hatte. Während er darauf wartete, dass sein Teewasser endlich kochen würde, strich er ganz in Gedanken über das Polster. Da bemerkte er ihn. Einen Duft, nein, nicht einen, den Duft. Sogar nach Wochen lag der Geruch der John stets angehaftet hatte und den Sherlock so stark mit seinem Freund in Verbindung brachte, noch manches Mal in der Luft.

Erneut keimte die alles entscheidende Frage in ihm auf: Wie sollte er seine Gedanken ein für alle mal von John lösen können, wenn Johns Präsents oder besser gesagt, eben das fehlen von Johns Präsents ihn ständig an diesen erinnerte?

Ein bitterer Geschmack nach Galle, machte sich in Sherlocks Mund breit als ihm klar wurde, dass er die Baker Street immer mit John verbinden würde. Immerhin war es Wochen her seit John gegangen war und noch immer kreisten seine Gedanken in jeder Freien Minute um seinen früheren Freund und Mitbewohner. Eigentlich hatte er gehofft, John nach ein paar Tagen ganz aus seinem Leben gestrichen zu haben, da diese erhoffte Wirkung aber bis heute noch nicht eingesetzt hatte, wäre es da möglich das sie ganz ausblieb?

Sherlock schnappte hörbar nach Luft, seine Hand krallte sich in die Polsterlehne des Sessels. Er musste hier raus! So griff er nach seinen Mantel und floh regelrecht aus diesen, mit Erinnerungen befleckten Wänden. Er brauchte jetzt erst einmal frische Luft um sich zu sammeln. Doch je länger er durch die belebten Straßen lief, dem kalten Wind ausgesetzt und sich trotz des ungemütlichen Wetters nicht zurück nach der Baker Street sehnte, desto klarer wurde es ihm. Sein Heim war keines mehr. Das Leben in der Baker Street hatte er nur genossen, weil er es mit John geteilt hatte. Jetzt da er sich um diesen Aspekt in seinem Leben gebracht hatte, war es nicht mehr das Heim, in das er gerne zurückkehrte. Jetzt war es ein Hort von zu vielen guten Erinnerungen und zu vielen positiven Gefühlen, als das er John wirklich jemals vergessen könnte. Schließlich verband er so vieles mit ihrem früheren zusammenleben. Er vermisste die Vorteile, die John dem normalen Leben mit seiner Anwesenheit verliehen hatte. Die vielen kleinen Annehmlichkeiten, zu denen John für ihn bereit gewesen war.

Sherlock erkannte die Fakten, sie alles sprachen eine deutliche Sprache. Es war klar, lag logisch vor ihm, doch es viel ihm unendlich schwer es auch einzusehen. Er vermisste John. Damit hatte er zwar gerechnet, doch in weit abgeschwächterer Form als das, was ihn hier immer noch quälte. Er vermisste John nicht nur, ein Teil von ihm würde diesen Mann immer vermissen, das war die logische Schlussfolgerung aus den ihm zur Verfügung stehenden Fakten. Also was nun? Wie weit würde er gehen müssen, um von diesen Erinnerungen ein für alle mal los zu kommen? Die Baker Street verlassen? Mrs. Hudson den Rücken kehren, dieser gutmütigen Frau? Eine bessere Vermieterin würde er nirgends finden, erst recht keine so verständnisvolle, die wirklich bereit war über seine Macken hinweg zu sehen.

Wie hatte es ein einzelner Mensch fertig bringen können, sein gesittetes Leben so aus den Fugen zu bringen? Gab es ein zurück? Könnte er nach all der Zeit mit John je wieder ganz er selbst werden? Dieser egoistische, arrogante, hoch funktionierende Soziopath ohne Gefühle. Doch das Unbehagen, der emotionale Sturm welcher in ihm tobte, ließ ihn daran zweifeln. Gefühle hatte er nie gewollt, John hatte sie einfach mit in sein Leben gebracht, doch John los zu werden hieß offensichtlich nicht zwangsweise, dass diese Gefühle mit ihm verschwanden. Was wenn sie ihn nun für immer quälen würden, wenn er nie wieder davon los kam?

Und so fragte er sich zum allerersten Mal, ob er nicht doch einen Fehler gemacht hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  toru-san
2012-08-13T14:54:46+00:00 13.08.2012 16:54
So, alles gelesen und fast in einem Schwung ;)
Die Story und auch dein Schreibstil gefallen mir gut. Deine Charaktere wirken real und auch die Gedankengänge unseres lieben Soziopathen lassen sich gut nachvollziehen. Nur dass sich Lestrade, John und Sherlock duzen kam mir etwas komisch vor, aber künstlerische Freuheit ist ja nicht beschränkt ^^

Ich hoffe natürlich, dass nun Sherlock seinen Plan, John aus seinem Leben auszusperren, wieder in den Wind schiesst, John zurück holen will und der sich erst mit Liebesbekundungen erweichen lässt.. *grins*

Freue mich aufs nächste Kapitel,
liebe Grüße, Toru
Von:  Nara-san
2012-08-11T22:07:06+00:00 12.08.2012 00:07
ENDLICH sieht er es ein!
Aber besser spät als nie! ^^
Ich freu mich schon aufs nächste Kapi!
Von:  Twinkle
2012-08-07T15:51:49+00:00 07.08.2012 17:51
Wow *__* Sherlock gesteht sich einen Fehler ein o.o *freu* Du hast meine vollste Bewunderung mit wieviel Geschick du dir die Fälle so zurechtbastelst *___* Hoffentlich kriegen die beiden Sturköpfe das hin sich wieder zu vertragen :D


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