Never Say Goodbye
Eigentlich sollte es ein schöner Tag werden, mit warmen Sonnenstrahlen, die einen auf der Haut kitzelten.
Jedoch trübte etwas diesen Sommertag.
Ein guter Freund würde diese momentan schöne Idylle verlassen und in ein anderes Land ziehen müssen.
Dabei hatten sie sich alle nach ihrem letzten Kampf so gut verstanden und Kontakt zueinander gehalten. Bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger.
„Wirklich schade, dass dein Vater in die Staaten versetzt wird und du mit musst“, meinte Takato bedrückt und erntete vom Besagten ein sympathisches Lächeln.
„Ganz deiner Meinung, aber leider hab ich in dieser Sache wenig zu sagen“, zuckte dieser äußerlich unbeeindruckt mit den Schultern, obwohl er innerlich viel lieber in Tokio geblieben wäre, wo er richtig gute Freunde gefunden hatte.
„Du versprichst aber, dass du dich mal meldest. Ich denke, ein tägliches Update von dir wird nicht zu viel verlangt sein“, verlangte Kazu, der in den letzten Wochen von seinem Idol nicht weg zu kriegen war und dem Begriff 'Klette' eine ganz neue Bedeutung verpasst hatte.
Angesprochener brachte daraufhin lediglich ein kurzes Auflachen zu Stande.
„Keine Sorge, du wirst es auch ohne mich schaffen der neue Digimon King zu werden. Ich wüsste keinen besseren Nachfolger dafür.“
„Ich schon“, widersprach eine leicht genervte Stimme, die Ryo nicht lange einzuordnen brauchte, bevor er wusste, um wen es sich handelte.
Mit einen Grinsen drehte er sich um und stand seiner weiblichen Rivalin gegenüber - wenn man sie überhaupt so bezeichnen konnte.
Rika war was das Digimonkartenspiel anging seine größte Konkurrenz, schließlich trug sie nicht umsonst den Titel Digimon Queen.
Doch nicht nur im Spiel war sie eine ebenbürtige Gegnerin, sondern auch charakterlich.
Sie hatte ihren eigenen Kopf, den sie unter allen Umständen durchsetzen wollte und ließ sich nur selten etwas sagen.
Für ein Mädchen war sie ziemlich mutig, wenn man all die Kämpfe berücksichtigte, die sie in der Digiwelt ausfechten mussten, außerdem hatte sie einen starken Willen.
Jedoch traf das Bild von dem starken, vorlauten und sturköpfigen Mädchen im Moment überhaupt nicht auf die gerade eben Gekommene zu, als er sie verblüfft musterte.
Statt ihrer üblichen Jeans und ihren Turnschuhen, trug sie ein weißes mit schwarzen Pünktchen bemustertes Sommerkleid, was ihr bis zu den Knien reichte, mit Spaghetti-Trägern und einer schwarzen Schleife um die Brust verziert. Dazu hatte sie schwarze Sandalen an und zum krönenden Abschluss steckte in ihren rotbraunen, mit blonden Strähnchen besetzen Haaren - die sie heute ausnahmsweise mal offen trug und diese ihr nun fließend über die Schultern fielen - ein weißer Haareif mit einer kleinen Schleife an der Seite.
Das war wahrscheinlich das erste Mal, dass Ryo sie in solchen 'Mädchensachen' sah, was ihr im Moment ein leicht verspieltes und niedliches Aussehen verlieh und einem dabei niemals der Gedanke aufkommen würde, dass sie auch eine taffe Seite hatte.
„Wow Rika, du siehst umwerfend aus!“, jauchzte Jen begeistert und nahm das ungewöhnliche, jedoch sehr hübsche Outfit ihrer besten Freundin genauer in Augenschein.
Takato, Henry, Kazu und Kenta folgten da schon eher Ryos Beispiel und starrten überrascht auf die Rothaarige, welche selbst einmal behauptete hatte, nichts und niemand würde sie jemals in eines dieser 'Barbiekleider' kriegen.
Feststellend, dass Ryo sie nicht ewig mit offenem Mund anstarren konnte, zwang er sich sein übliches, wie Rika immer sagen würde, Sunnyboy-Lächeln aufs Gesicht und fand seine Sprache wieder.
„Also wirklich, du hättest dich meinetwegen nicht so in Schale werfen müssen“, meinte er belustigt, bevor er ihrem Outfit einen weiteren prüfenden Blick gönnte. „Obwohl mich dein Aufwand wirklich zutiefst rührt.“
Die Rothaarige nahm das mit einem Augenrollen zur Kenntnis.
„Ha ha, sehr witzig, Mr. Perfect. Leider muss ich dich enttäuschen. Das Kleid ist nicht für dich, sondern für meine Mutter. Weil sie heute Geburtstag hat, habe ich mich ausnahmsweise mal breitschlagen lassen und mich ihr zuliebe in dieses Teil gezwängt“, gab sie zum Schluss mürrisch zurück und musterte den weißen Stoff mit kritischem Blick.
„Ach was redest du da, es passt dir wie angegossen, schließlich bist du nicht umsonst die Tochter eines Models“, verteidigte Jen das hübsche Kleidungsstück und somit auch ihren eigenen Kleidungsstil.
Bevor Rika sich weiter verteidigen konnte, wurde bereits die Durchsage mit dem nächsten Flug bekannt gegeben, was bei den Meisten der ehemaligen Tamern traurige Gesichter auslöste.
Ryo versuchte sie mit einem Lächeln aufzumuntern.
„Hey, kein Grund so ein Gesicht zu ziehen, ich bin ja nicht aus der Welt, nur auf einem anderen Kontinent“, scherzte er Augenzwinkernd und konnte den anderen damit ein kleines Lächeln entlocken.
„Hast ja Recht. Und per Internet können wir auch immer noch Kontakt zueinander halten“, pflichtete Henry ihm bei und Ryo stimmte ihm mit einem Nicken zu.
„Na dann, alles gute in New York und wehe du vergisst uns.“ Takato war der erste der Ryo mit einer kurzen freundschaftlichen Umarmung verabschiedete.
Die anderen folgten darauf und der Braunhaarige brauchte etwas, um Kazu von sich wegzubekommen.
Der Junge übertrieb es manchmal mit seiner Verehrung ihm gegenüber, doch genau das war auch ein Punkt an ihm, den Ryo ziemlich sympathisch fand.
Manchmal jedenfalls...
Zu guter Letzt blieb er vor Rika stehen und beide sahen sich in die Augen, während die anderen damit beschäftigt waren, Kazus Tränenfluss zu stoppen.
Violette traf auf Blau, bevor beiden ein leichtes Lächeln entfuhr.
„Schätze mal, du wirst dich bei den nächsten Digimonturnieren ziemlich langweilen, wenn dir ein ebenbürtiger Gegner fehlen wird.“
Wie er erwartete hatte, verdrehte sie auf diesen Kommentar hin die Augen, was ihrem Lächeln jedoch keinen Abbruch verlieh.
„Hast du vorhin nicht gerade gesagt, dass Kazu ein guter Ersatz für dich wäre?“, hakte sie mit einer hochgezogenen Augenbraue nach.
„Wird er auch...in ein paar Jahren zumindest.“
Ihr Lächeln wurde zu einem Grinsen und sie verschränkte die Arme vor der Brust.
„Schön wenn du der Realität ins Auge blickst.“
Einen Moment lang grinsten sie sich beide an, ehe Ryo die Hand ausstreckte.
Rika besah sich diese kurz, bevor sie einen Schritt auf ihn zuging und ihn überraschenderweise in eine Umarmung schloss.
Ryo stand etwas perplex da, hatte er schließlich so eine Reaktion nicht von ihr erwartet.
Doch sofort erwiderte er diese Umarmung, indem er seine Arme um ihre Taille schloss und ihm sofort ein angenehmer Geruch in die Nase stieg.
Lavendel.
Ein sanftes Lächeln schlich sich auf seine Lippen.
Es passte zu Rika, genauso violette wie die Farbe ihrer Augen, lag es leicht und unbeschwert in der Luft.
Er konnte seine nächsten Worte einfach nicht unterdrücken, als er sich zu ihrem Ohr vorbeugte.
„Du solltest öfters Kleider tragen, die scheinen deine sanfte Seite zum Vorschein zu bringen“, neckte er sie und kassierte dafür prompt einen leichten Schlag auf die Brust, als sie sich von ihm löste.
„Du kannst von Glück reden, dass du morgen, wenn ich meine normalen Klamotten anhabe, bereits in New York bist, ansonsten hättest du wieder mit meiner 'unsanften' Art zu kämpfen“, konterte sie spielend Ernst, was ihn wehmütig Lächeln ließ.
„Glaub mir, nichts wäre mir lieber gewesen“, murmelte er leise, was sie anscheinend nicht gehört hatte, da sie in dem Moment von Jen abgelenkt wurde.
Erneut erklang eine Durchsage, die die Passagiere für den nächsten Flug zum Terminal bat.
„Ist wohl mein Stichwort“, meinte Ryo und warf noch einen letzten Blick auf seine Freunde, prägte sich jeden von ihnen noch einmal gut ein, bis er dann an Rika haften blieb.
Das ungewohnte Kleid und die offenen Haare hauten ihn immer noch um und ließen ihn sprachlos.
Er war sich sicher, dass Rika durchaus das Potential hatte einmal in die Fußstapfen ihrer Mutter zu treten und, trotz ihrer Abneigung dafür, ein Model werden könnte.
Als sie seinen Blick erwiderte und er wahrscheinlich zum letzten Mal in diese außergewöhnlichen Augen eintauchte, musste er abermals an Lavendel denken und ihren damit verbundenen Geruch.
Als er ihnen dann ein letztes Mal zuwinkte und sich abwandte, meinte er diesen immer noch wahrnehmen zu können, obwohl sie bereits so viele Meter von ihm entfernt war und es bald tausende von Kilometer sein würden.
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Wünsche euch noch ein frohes neues Jahr und ich würde mich über etwas Feedback freuen^^
LG
