Zum Inhalt der Seite

All I want for Christmas… is You

Skip Beat! Weihnachtsgeschichte
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Snow-White Countryside

„Die Freude ist ganz meinerseits, Tsuruga-san!“, erwiderte Kuu mit einem erfreuten Lächeln, als er die Hand des Braunhaarigen ergriff und schüttelte. Die Nervosität, die ihn schon seit dem Moment belagert hatte, in dem er die Einladung für den Einundzwanzigjährigen in einem größeren Umschlag zusammen mit der für Kyoko an Rorys Adresse gesandt hatte, schien mit einem Male von ihm abgefallen zu sein. Der alleinige Anblick seines inzwischen erwachsenen Sohnes, so wie er jetzt gerade in einer dunkelblauen Jeanshose, einem weinroten, perfekt sitzenden Rollkragenpullover mit einer dunkelbraunen Jacke darüber, dem halbseitig in sein Gesicht fallendem braun gefärbtem Haar und den so untypisch braunen Augen vor ihnen stand, reichte bereits, um ihn zum aktuell glücklichsten Menschen auf diesem Planeten zu machen! Er war sich sicher, dass es nur eine Person gab, deren Empfindungen, die seinen aktuell noch übertreffen konnten und es sicher auch würden. Als Kuu die Hand des japanischen Starschauspielers losließ, nutze er direkt die Gelegenheit, um die Aufmerksamkeit des „Fremden“ auf seine Ehefrau zu lenken, „Darf ich vorstellen, das ist meine Frau, Juliella Hizuri!“
 

In den Augen von Julie, die ihre Sonnenbrille und ihre Wintermütze bereits zur Begrüßung von Kyoko abgezogen hatte, spiegelten sich die Ansätze von Stolz wieder, als sie ihrem 1,90m großen Sohn gegenüberstand und in Windeseile versuchte jede noch so kleine Veränderung an ihm auszumachen, seit sie ihn vor über 6 Jahre das letzte Mal gesehen hatte. Ihr war bewusst, dass sie nicht zu viel Zeit damit verbringen durfte ihn zu mustern, um seine Tarnung nicht zu gefährden, daher zügelte sie sich selbst mit dem Gedanken, dass sie ihn die gesamten Feiertage über noch um sich haben würde. Und dieses Mal würde er nicht einfach in einer Nacht und Nebelaktion verschwinden, ohne sich zu verabschieden…

Die Blondine spürte, dass die aufgestauten Emotionen, die sie angestrengt versuchte in Zaum zu halten, drohten an die Oberfläche zu gelangen, weshalb sie sich schnell selbst von ihren aktuellen Gedankengängen ablenkte. Juliella zögerte nicht, sondern übersprang einfach mal die höflichen Begrüßungsfloskeln, ähnlich, wie sie es auch bereits bei Kyoko getan hatte. Ren war gerade im Begriff gewesen auch ihr seine Hand entgegen zu strecken, als ihn die Blondine regelrecht ansprang und in eine Umarmung hinunterzog. Innerlich regelrecht geschockt über dieses Verhalten, aber dank seine Maske als Tsuruga Ren nach Außen hin lediglich ein wenig irritiert, hatte der Einundzwanzigjährige die Frau aufgefangen und musterte sie nun mit verunsicherten Augen. Sein gesamter Plan von seinem Aufenthalt in diesem Land in der Rolle seines Alteregos brach doch hier nicht etwa schon zusammen??

Im Inneren von Rens Augen blitze für einen winzigen Augenblick die Panik auf, die Kuon bei diesem Gedanken verspürte, allerdings verflog diese, sobald seine Mutter ihren Kopf hob und ihn mit exakt dem gleichen erfreuten Blick ansah, wie kurz zuvor Kyoko.
 

„Es freut mich sehr endlich Ihre Bekanntschaft zu machen!“, begann die Frau, deren Äußeres nicht einmal im Ansatz vermuten lassen würde, dass sie das Vierzigste Lebensjahr bereits überschritten hatte,

„Mein Mann hat schon sooo viel von Ihnen erzählt! Nach seiner Rückkehr aus Japan musste ich mir jede Folge von Dark Moon mit ihm anschauen und er hat bei keiner Szene einen lobenden Kommentar zu ihrer Darstellung ausgelassen. Ich freue mich, dass Sie unsere Einladung annehmen konnten! Ich hoffe es macht nicht zu viele Umstände? Ich weiß dank meinem Mann nur zu gut, wie es Schauspielern an den Feiertagen ergeht… die meisten Regisseure und Produzenten haben echt kein Herz für die Menschen geschweige denn die Familien und Freunde der Leute, die an ihren Filmen und Serien mitarbeiten! Und erst diese ganzen Talkshows, die der Meinung sind die Welt über die Feiertage unterhalten zu müssen… also wirklich! Als hätte man nichts Besseres zu tun, als über Weihnachten vor dem Fernseher zu hocken!“
 

Ren konnte sich nicht verkneifen leise zu lachen, als ihm von Julie ein regelrechter Redeschwall entgegen geschleudert wurde. Sofort stieg ein Gefühl der Vertrautheit in ihm auf. Er konnte sich nur zu gut daran erinnern, wie gerne seine Mutter andere Menschen in Unterhaltungen hineinzog und auch wie jedes Mal Freude und Begeisterung in ihren Augen sichtbar waren, wenn sie einen geduldigen Zuhörer gefunden hatte.
 

„Nein, es macht mir definitiv keine Umstände“, antwortete Ren nun auch wieder mit einem ehrlichen Lächeln auf den Lippen, „Diese Einladung bietet mir eine willkommene Abwechslung. Ich hatte schon länger keine wirkliche Gelegenheit mehr dazu Urlaub zu machen. Vielen Dank daher für diese Möglichkeit.“
 

Rory musste bei diesen Worten leicht schmunzeln. Das war wirklich eine unglaublich diplomatische Umschreibung der Tatsache, dass sich dieser junge Mann in den letzten Jahren selbst nicht einmal einen wirklichen Urlaub gegönnt hatte! Zwei Tage frei konnte man ja gerade mal als ein normales Wochenende bezeichnen und selbst das gab es im Leben seines Vorzeigeschauspielers nur selten… Aber dazu würde er sich lieber jeglichen Kommentar verkneifen, sonst lief er als Rens Arbeitgeber noch Gefahr in Julies Augen nicht nur als „Kidnapper“, sondern auch noch als „Sklaventreiber“ dazustehen...
 

Stattdessen nutze der extrovertierte Präsident die kurze entstandene Pause nach Rens Antwort als Chance sich in das Gespräch einzuklinken und seine beiden alten Freunde jeweils selbst mit einer freundschaftlichen Umarmung zu begrüßen, ehe eine kleine Vorstellungsrunde begann, um Julie und Kuu mit Yashiro und Kanae bekannt zu machen. Maria kannten sie zwar noch, allerdings hatten sie die inzwischen Neunjährige auch bereits mehrere Jahre nicht mehr gesehen… Der letzter Besuch der Hizuris in Tokyo war, wenn er sich recht erinnerte, vor 8 Jahren, sprich als Maria gerade mal ein Jahr alt war, und zwei oder drei Jahre zuvor hatten sie einen kleinen Urlaub in Kyoto verbracht, allerdings war das noch vor Marias Zeit.

Zufrieden betrachtete der Präsident von LME die Interaktionen der Menschen um ihn herum miteinander, wobei sein besonderes Augenmerk natürlich auf ihren beiden Gastgebern, Ren und auch Kyoko lag. Der Anfang war augenscheinlich geschafft und Rory dachte mit Freude und Neugier an die kommenden Tage. Zu Schade, dass er diese interessante Truppe zusammen mit Maria bereits morgen Abend wieder verlassen würde, um weiter nach New York zu seinem Sohn Kouki zu fliegen…
 


 

~~~**~~~*~~~~~~~~~~~~~*~~~**~~~
 

Nachdem die Begrüßungen und der erste kurze Smalltalk abgeschlossen waren, hatte die kleine Gruppe die Gepäckausgabe aufgesucht, um die Koffer der Gäste dort abzuholen.

Ren und Yashiro zogen beide jeweils einen grau-schwarzen Trolli von dem Gepäckband. Es waren die üblichen Koffer, die sie bei längeren Aufnahmen auf Außenlocations mitnahmen. Es war zwar eigentlich kein sonderlich langer Aufenthalt hier in Kanada geplant, nach den Feiertagen sollte es ja bereits wieder zurück nach Tyoko gehen, aber die Winterkleidung nahm nun mal deutlich mehr Platz in Anspruch. Das bestätigte sich auch in dem Ausmaß der Koffer, die die drei Damen vom Gepäckband zogen beziehungsweise ziehen wollten…

Die umstehenden Männer zögerten natürlich nicht zu helfen und Ren war es, der Kyoko letztendlich ihren roten Koffer aus den Händen nahm. Das Gepäckstück war etwa doppelt so groß wie sein eigener Koffer und augenscheinlich neu. Vermutlich hatte sie ihn sich extra für diese Reise gekauft, oder er stellte ein Geschenk dar, möglicherweise von dem Ehepaar, bei dem sie wohnte. Er konnte sich jedenfalls erinnern, dass sie bei den Dreharbeiten in Karuizawa einen deutlich kleineren und älteren Koffer bei sich hatte. Ren rechnete bereits mit dem Schlimmsten, aber das Gepäckstück war nicht ganz so schwer wie er befürchtet hatte. Dennoch hatte ihr Koffer definitiv mehr Gewicht als sein eigener, und damit meinte er nicht nur ein oder zwei Kilo…

Ein leichter Rotschimmer überzog kurzzeitig die Wangen der Siebzehnjährigen, als sie sich in ihrer typisch geraden Körperhaltung mit vor ihren Oberschenkeln ineinander verschränkten Händen und leicht gesenktem Kopf bei dem Starschauspieler für seine Hilfe bedankte. Ren erwiderte als Antwort lediglich ein kurzes Lächeln und zog den Koffer direkt mit sich, worauf er augenblicklich einen ganzen Wasserfall an Protesten neben sich hörte. Eigentlich hatte er nichts anderes erwartet, er kannte Kyoko schließlich, aber als Mann würde er sie definitiv nicht diesen Koffer durch den Flughafen zerren lassen. Stattdessen drückte er ihr seinen kleineren Trolli in die Hand, den sie bequem hinter sich herziehen können würde. Ihm selbst mit seiner Statur und dank der Abende, die er regelmäßig mit etwas Training vor dem Schlafen gehen verbrachte, fiel es nicht wirklich schwer ihren Koffer bequem mit einer Hand zu tragen.
 

Kuu hatte Kanae Kotonami mit ihrem Koffer helfen wollen, war allerdings wenig erfolgreich gewesen. Er ahnte jetzt, warum der Manager seines Sohnes bereits im Ansatz gestoppt und sich den regelrecht in sein Gesicht gemeißelten Wunsch der Dame zur Hand zu gehen selbst verwehrt hatte. Sie hatten es hier mit einer Person zu tun, die augenscheinlich einen sehr stark ausgeprägten Unabhängigkeitssinn hatte. Und zudem auch deutlich mehr Kraft, als er ihr allein vom Optischen her zugestanden hätte... Letztendlich hatte die junge Frau ihren Koffer, der etwa die gleiche Größe wie Kyokos hatte, selbst vom Band gezogen.

Bei dem Gedanken an seine „Adoptivtochter“, wollte Kuu gerade nach dieser und ihrem Gepäck Ausschau halten, als er spürte, wie jemand im Bereich seines linken Oberarms mehrmals kurz hintereinander leicht an seinem Ärmel zupfte. Mit fragend hochgezogenen Augenbrauen sah der Hollywoodstar neben sich. Seine Ehefrau stand etwa einen halben Schritt neben ihm und hielt mit den Fingern ihrer rechten Hand immer noch sachte den Stoff seines Pullovers fest. Etwas verwirrt aufgrund dieses seltsamen Verhaltens wollte er sie eigentlich ansprechend, entschied sich aber doch dafür erstmal einen Blick in die Richtung zu werfen, in der die wundervollen blauen Augen seiner Frau regelrecht an irgendetwas zu kleben schienen.
 

Neugierig drehte Kuu seinen Kopf und war nicht minder verblüfft, als seine Frau, als er mit ansehen konnte, wie Kyoko leise und mit einem leichten Rotschimmer auf den Wangen etwas zu seinem Sohn sagte und dieser darauf mit dem zärtlichsten Lächeln antwortete, das er je auf dem Gesicht seines Jungen gesehen hatte!

Kuon hatte bereits im Alter von 14, 15 Jahren mehrere Mädchen oder besser gesagt junge Frauen mit nach Hause gebracht, was nicht zuletzt an seiner für sein Alter unnatürlichen Größe, seinen schon sehr früh sehr männlichen Zügen und wohl auch dem aus seinem Bewegungsdrang heraus resultierenden gut trainierten Körper lag… Einige der Damen wurden ihm flüchtig vorgestellt, andere sah er lediglich mal kurz, als sie sich am frühen Morgen aus ihrem Haus stahlen… Aber nicht eine dieser Frauen hatte Kuon auch nur auf eine ansatzweise vergleichbare Art und Weise angesehen!
 

Der Mittevierzigjährige schluckte leicht, als sich endlich ein Puzzle in seinem Kopf zusammenfügte. Was hatte Rory noch mal zu ihm gesagt, als er Anfang des Jahres in Tokyo/Japan war?? Wenn er es schaffte ein Mädchen namens Kyoko Mogami zum Weinen zu bringen, würde Kuon definitiv aus eigenen Stücken auf ihn zukommen und ihn sehen wollen. Er hatte zwar absolut nicht verstanden, was das Ganze sollte, aber er hatte mitgespielt. Zwar nur mehr oder minder erfolgreich, was seinen eigentlichen Plan anging, aber er hatte seinen Sohn letztendlich dazu gebracht, um ein Treffen mit ihm zu bitten.

In den Gesprächen mit Kyoko hatte er schließlich davon erfahren, dass Ren Tsuruga ihr Sempai sei und augenscheinlich auch einiges mit ihrer bisherigen Entwicklung als Schauspielerin zu tun hatte. Nicht einmal hatte er den Eindruck bekommen, dass da noch etwas anderes als kollegialer Respekt zwischen den Beiden war… Aber jetzt bekam dieses komplizierte Lächeln, das er auf dem Gesicht seines Jungen sah, als er sich an seinem letzten Tag von Kyoko verabschiedete, eine noch tiefere Bedeutung…

Kaum in der Lage seine Augen von dem Paar abzuwenden, beobachtete Kuu auch noch die kurze ‚Auseinandersetzung’ bezüglich der Frage wer welchen Koffer tragen durfte und er musste beinahe auflachen, als er den Schmollmund auf dem Gesicht der Siebzehnjährigen sah, während sie mit dem deutlich kleineren Trolli ihres großen Begleiters in der Hand hinter diesem hertrottete. Julie war nicht minder fasziniert von den Geschehnissen. Ihre Augen strahlten richtig vor Freude.
 

„Nette Aussicht, nicht war?“, kommentierte plötzlich eine nur allzu bekannte Stimme dicht neben ihren Ohren, worauf sowohl Kuu als auch Julie kurzzeitig zusammen zuckten. Der Boss stand mittig hinter dem Paar und grinste wie üblich vor sich hin, an einer Hand seinen eigenen großen Koffer und an der anderen den von seiner Enkelin Maria.

„Aber nichts für ungut, ihr solltet euch solche Momente in der Öffentlichkeit verkneifen. Wir haben alle Koffer, also sollten wir langsam los, findet ihr nicht?“, hing Rory noch an, worauf Kuu und Julie sich auch augenblicklich in Bewegung setzten.

Kanae hatte sich bereits zu Ren und Kyoko gesellt. Yashiro und die kleine Maria, die neben ihrer kleinen Umhängetasche nun auch die Handgepäcktasche ihres Opas als Austausch für ihren eigenen Koffer tragen durfte, waren nur noch wenige Schritte entfernt.
 

Die Gruppe durchquerte geschlossen den großen Bereich des Flughafens, der speziell für Internationale Flüge angelegt war und einen von drei Abschnitten des Vancouver International Airport darstellte. Die Terminals waren in Form eines Halbkreises angelegt, an dessen Enden es auf beiden Seiten Rolltreppen zur darunter gelegenen Gebäudeetage gab. Der Fußboden war Großteils mit grauen Steinplatten belegt, allerdings durchzog ein Ring aus hellem Laminat das eintönige Grau. Zwischen dem Laminatrahmen und dem Geländer, hinter welchen sich die Rolltreppen befanden, war ein leicht abgesenkter Bereich, der über vier Stufen vom Rest des monströsen Raumes abgetrennt war. In diesem Bereich befanden sich mehrere Sitzplätze und eine aus der Entfernung recht seltsam wirkende Skulptur.
 

Maria rannte direkt los, als sie das komische dunkelgrün schimmernde Kunstwerk entdeckte. Sie blieb vor den vier Stufen stehen, die hinab in diesen offenen Sitzbereich führten, und begutachtete mit großen Augen die Skulptur, die sich aus der Nähe zu einer Art Kanu mit mehreren rudernden Männern und seltsamen Tierähnlichen Wesen auf diesem entpuppte. Die Neunjährige kräuselte ihre Stirn leicht. Sie fand dieses Ding komisch und konnte nicht wirklich nachvollziehen, was so etwas in einem Flughafen zu suchen hatte…
 

„Das ist eine Skulptur aus Bronze von dem Künstler Bill Reid“, erklärte Kuu, als er hinter die Neunjährige trat. Maria warf ihm sofort einen fragenden Blick zu und er konnte regelrecht aus ihren Augen heraus lesen, dass sie mit dem Namen nicht wirklich etwas anfangen konnte.
 

„So wichtig ist dieser Mann nicht, dass du ihn dir merken musst“, lenkte Kuu sofort ein und zwinkerte dem jungen Mädchen zu, „Ich weiß ehrlich gesagt selbst nicht, warum diese Skulptur hier steht… vielleicht soll sie den hier wartenden Personen etwas Ruhe bringen. Aber bei den komischen Tierfiguren regt es einen eher zum Rätseln an.“
 

„Ich finde es hässlich… Eine Skulptur eines Schlosses oder einer Prinzessin wären viel, viel besser für so was!“
 

Kuu konnte sich nicht verkneifen leicht zu schmunzeln, als er diese Aussage hörte. Er legte der Neunjährige kurz eine Hand auf die Schulter, um ihre Aufmerksamkeit wieder von diesem rätselhaften Gebilde loszureisen: „Lass uns langsam weitergehen, unser Auto wartet draußen, sofern es noch nicht vollständig eingeschneit ist.“
 


 

~~~**~~~*~~~~~~~~~~~~~*~~~**~~~
 

„Unglaublich…“, murmelte Kyoko vor sich hin, während sie wie gebannt aus den getönten Scheiben des T 5 die verschneite Umgebung betrachtete. Ihre Augen glitzerten regelrecht vor Begeisterung, während ihre Nase bereits kurz davor war das kalte Glas zu berühren und sich ihr warmer Atem in regelmäßigen Abständen als kleine weiße Wolken auf der Scheibe abzeichnete.
 

„Das ist ein Schneeparadies, Onee-sama! Es ist viel, viel besser als Großvaters Büro!“, kommentierte eine ebenso begeisterte Maria. Die Neunjährige saß auf Rens Schoß und der Siebzehnjährigen in dem geräumigen Wagen somit direkt gegenüber. Auch ihre Nase berührte schon fast das Glas und ihre noch deutlich kleineren Hände hatten bereits ihre Spuren auf den Scheiben hinterlassen. Ren musste sich ernsthaft bemühen ein Lachen zu unterdrücken, während er die beiden ‚Prinzessinnen’ beobachtete. Er konnte sich vorstellen in welchen Sphären die zwei wieder schwebten und besonders bei Kyoko war er selbst sogar schon fast so weit die ganzen kleinen Feen und Elfen zu sehen, die in ihrer Vorstellung aktuell durch die winterliche Landschaft tanzten.
 

Kanae saß neben Kyoko und beobachtete die Umgebung eher mit einem nüchternen Blick. Sie hatte ihre Arme vor ihrer Brust verschränkt und definitiv sinnvollere Dinge in ihrem Kopf, als sich mit verschneiten Bäumen zu beschäftigen.

Zu ihrer rechten saß Juliella Hizuri und die Schwarzhaarige konnte sich nicht verkneifen die ältere Frau immer wieder neugierig zu mustern, während diese in eine Unterhaltung mit ‚Vierauge’, wie sie ihn gelegentlich in ihren Gedanken nannte, vertieft war. Yashiro hatte augenscheinlich vor ihrer Reise ein wenig recherchiert, oder aber er hatte einfach ein generelles Interesse an internationalen Stars und Events... was jetzt an sich für einen Manager auch nicht verwunderlich wäre. Jedenfalls wusste er sehr gut über die letzten Designerausstellungen und Kollektionen der Frau neben ihr bescheid. Die Achtzehnjährige wusste selbst nicht warum, aber irgendetwas störte sie an dieser Tatsache. Sie konnte dieses seltsame Gefühl noch nicht richtig greifen, aber irgendetwas war da an einer Stelle, an die es nicht gehörte.

Kanae ließ erneut ihre Augen zu Julie schweifen und musste zum wiederholten Male feststellen, dass diese Frau einfach fantastisch aussah… und gerade auf so kurze Distanz wie jetzt war es mehr als deutlich, dass sie so gut wie kein Make Up trug, sondern lediglich ihre Augen etwas mit Wimperntusche und Lidschatten hervorgehoben hatte. Und ihre Figur war ebenso perfekt wie ihre Haut… Manche Menschen konnten einen regelrecht verzweifeln lassen… Auch wenn es Kanaes vorrangiges Ziel war Schauspielerin zu werden, so hatte sie im Verlauf des letzten Jahres auch einige Erfahrungen mit Modelaufträgen sammeln können und es wäre gelogen zu behaupten, dass ihr diese Arbeit keinen Spaß mache. Sie sollte sich daher vielleicht als Ziel stecken diesen Ausflug zu nutzen, indem sie das Weltklassemodel ein wenig beobachtete… Ja genau, das würde sie tun. Vielleicht konnte sie sich das ein oder andere sinnvolle für ihre zukünftigen Aufträge abschauen.
 

Während es sich diese sechs im hinteren Bereich des mit insgesamt sieben Sitzen ausgestatteten Volkswagen T 5 gemütlich gemacht hatten, hatte Rory den Platz des Beifahrers eingenommen. Auch er war in ein lockeres Gespräch mit seinem ehemaligen Starschauspieler vertieft, der den Wagen nebenher sicher über die bereits festgefahrene Schneeschicht steuerte. Der Vancouver International Airport lag am südlichen Rand der Stadt, weshalb sie erstmal ein gutes Stück durch die Stadt fahren mussten, ehe sie in die allem Anschein nach beinahe unberührte Natur eintauchten. Die letzten Häuser hatten sie bereits vor etwa 30 Minuten passiert, allerdings brauchte es bei diesem Wetter seine Zeit, bis man sich durch den Schnee gegraben hatte. Wobei der Allradantrieb des kleinen Busses echt von Vorteil war. Rory wäre beinahe in Freudentränen ausgebrochen, als er die extravagante Farbe des T 5 gesehen hatte, ein Weinrot mit einem leichten Stich ins Pink... und noch dazu die liebevollen Verziehrungen mit goldenen Sternchen unterhalb der Fensterrahmen, auf die Julie laut Kuus Erzählungen bestanden hatte! Auch wenn diese Frau ihm definitiv noch immer übel nahm, dass er ihr ihren Sohn ‚gestohlen’ hatte, war er sich sicher, dass sie sich bezüglich anderer Themen noch genauso gut verstehen würden, wie früher. Sie waren sich augenscheinlich ähnlicher geblieben, als es ihr lieb sein würde.
 

Es dauerte noch eine gute weitere halbe Stunde, ehe Kuu von der Waldstraße, die sie zuvor genommen hatten, in eine deutlich kleinere Straße einbog. Durch die kahlen Bäume konnte man bereits nach wenigen hundert Metern in einiger Entfernung die Umrisse eines kleinen Sees ausmachen. Der Hollywoodstar fuhr seine Gäste nun mit deutlich langsamerem Tempo noch die letzten Meter zu seinem Ferienhaus hinauf, das nur unweit von dem zuvor gesehenen See entfernt lag.

Der Pfad endete in einem kleinen ebenen Platz, der an ein für Kanada typisches Holzhaus anschloss. Ren sog den nur allzu vertrauten Anblick regelrecht in sich auf, während er seine Augen über die dicken Holzstämme gleiten ließ. Das Haus sah wirklich noch immer genauso aus wie in seinen Erinnerungen… Die Balken waren ebenso gepflegt, was darauf schließen ließ, dass Kuu noch immer darauf achtete, dass sie spätestens alle zwei Jahre frisch angestrichen wurden. Außerdem verzichtete sein Vater auf den Einsatz von Streusalz hier draußen. Seine Devise lautete, dass der Schnee selbst noch immer der sicherste Untergrund zum Autofahren und Laufen war. Alles, was den Schnee zum schmelzen und das entstehende Wasser darauf wieder zum gefrieren bringen konnte, war unnütz.
 

Kuu parkte den T 5 direkt in einem geräumigen Carport, der auf der rechten Gebäudeseite an das Haus anschloss und von zwei Seiten lediglich durch aufgestapeltes Brennholz geschlossen war. Sobald er den Motor abgestellt hatte, stieg er gemeinsam mit Rory aus. Der Gastgeber selbst zögerte nicht sich um das Gepäck im Kofferraum zu kümmern, während Rory die Schiebetür für den Rest ihrer kleinen ‚Reisegruppe’ öffnete.

Julie war natürlich die Erste die ausstieg und anschließend der kleinen Maria dabei half sicher mit ihren Füßen in dem bestimmt zehn Zentimeter hohen Schnee zu landen. Yashiro und Ren folgte der Neunjährigen, ehe abschließend auch Kanae und Kyoko aus dem kleinen Bus hinaus kletterten.
 

Ren richtete sich zu seiner vollen Größe auf und nahm einige tiefe Atemzüge von der klaren Bergluft, ehe er seine Augen erneut kurz über seine Umgebung schweifen lief. Langsam trat er aus dem Carport heraus und überblickte die Landschaft. Vor ihm lag der einsame Waldweg, der sie bis zu diesem Haus hinauf geführt hatte. Rechts und links von diesem befand sich ein dichter Wald. Die kahlen Laubbäume, bei denen es sich überwiegend um Buchen und Ahorn handelte, waren gelegentlich von einigen Tannen und Kiefern gespickt, die die einzigen Quellen eines letzten Grüns in der verschneiten Umgebung waren.

Als der Schauspieler sich allmählich in Richtung des Hauses umdrehte, stellte er fest, dass unweit von ihm Kyoko stand und mit leicht offen stehendem Mund in Richtung des Sees blickte. Ren folgte ihrem Blick und wurde von einer leichten Melancholie erfasst, als er das weitestgehend stille Wasser betrachtete. Zwischen dem Haus und dem See standen nur ein paar vereinzelte Bäume und das dunkle Wasser erstreckte sich bis hin zu dem nächsten Anstieg dieses Gebirgsmassivs, der sich etwa 600 Meter entfernt befand. Die verschneite Landschaft stand dabei in einem herrlichen Kontrast zu dem tiefgrauen Gestein und dem hellblauen Himmel über ihnen, der nur von einigen vereinzelten Wolken durchzogen war. Die entsprechend dieser Jahreszeit recht tief stehende Sonne, spiegelte sich auf dem leicht dampfenden Wasser wieder und ließ einen beachtlichen Teil des Sees und seines vereisten Randes in einem regelrechten Farbenspiel erstrahlen.
 

„Eine schöne Aussicht, nicht wahr, Mogami-san?“, begann Ren schließlich den Versuch die Siebzehnjährige in ein Gespräch zu verwickeln. Er gönnte ihr natürlich diesen Anblick, allerdings spürte man bereits deutlich den Höhenunterschied zu der Stadt Vancouver und damit bezog sich Ren nicht nur auf die um einiges dickere Schneedecke unter ihren Füßen, sondern auch auf die Temperatur, die sich hier draußen definitiv unterhalb des Gefrierpunktes bewegte. Natürlich hatten sie sich alle bereits in Tokyo winterlich angezogen, allerdings mussten sie aufgrund des langen Fluges dennoch auch bequeme und zumindest unterwegs nicht allzu warme Kleidung tragen. Und er bezweifelte, dass die Jacke, die Kyoko sich übergezogen hatte, ausreichen würde um den Temperaturunterschied auszugleichen.
 

„Es sieht aus wie in einer Märchenlandschaft, Tsuruga-san!“, antwortete Kyoko augenblicklich und wandte sich dabei mit glitzernden Augen zu ihrem Sempai um.
 

Ren konnte sich nicht verkneifen leicht zu schmunzeln, als er der jungen Frau nun vorsichtig mit einem Arm um die Schultern fasste und sie sachte in Richtung des Hauses lenkte: „Das stimmt. Aber es ist trotzdem etwas zu kalt, um hier draußen noch länger rum zu stehen. Wir sollten erstmal unser Gepäck auspacken und uns umziehen.“
 

Kyoko war mehr als deutlich ins Gesicht geschrieben, dass sie eigentlich nicht von dem Ort, an dem sie gerade stand, weggehen wollte. Sie warf sogar noch einmal einen traurigen Blick in Richtung des noch immer in dieses wundervolle Farbenspiel getauchten Sees, ließ sich letztendlich dann aber doch von dem Starschauspieler zum Hauseingang führen.

An der Tür angelangt, stellte Kuu dort gerade die letzten Koffer ab, die er noch aus dem Auto geholt hatte.
 

„Gutes Timing, ihr Zwei. Nehmt ihr die Koffer bitte mit rein? Der Rest ist schon drinnen, Julie wird euch gleich die Gästezimmer zeigen!“, sprach der Hollywoodstar seine beiden ‚Söhne’ an, worauf er als Antwort auch direkt von beiden ein zustimmendes Nicken bekam. Kuu selbst ging guten Gewissens daher noch einmal zum Auto zurück, um dieses abzuschließen und gleich noch eine Ladung Brennholz mit rein zu nehmen. Er und seine Frau waren schon seid zwei Tagen hier um das Haus zu putzen, die Zimmer für ihre Gäste vorzubereiten und sich auch um die Einkäufe zu kümmern. Den Kamin hatten sie ebenfalls bereits angemacht gehabt, da sie das gesamte Haus genau genommen auch mit diesem heizten. Über die Zeit, die sie allerdings gebraucht hatten um ihre Gäste vom Flughafen abzuholen, waren die letzten Holzscheite sicher bereits abgebrannt. Er würde sich daher gleich darum kümmern ein neues Feuer anzumachen. Und außerdem war es höchste Zeit für ihn das Mittagessen vorzubereiten! Er wusste zwar nicht, wie es den anderen ging, aber er selbst hatte jetzt seit über vier Stunden nichts mehr zu essen gehabt und war somit schon fast am verhungern! Und davon mal ganz abgesehen… er wollte anfangen zu kochen, bevor Julie damit fertig war ihren Gästen ihre Zimmer und den Rest des Hauses zu zeigen und das Mittagessen nachher selbst in Angriff nahm… Nichts für ungut, er liebte seine Frau und ließ sie auch kochen, wenn sie es wollte, aber für Gäste war ihr Essen dann doch weniger geeignet…

Mit diesem Vorsatz in Gedanken, beeilte Kuu sich das Brennholz zu holen und dem Rest wieder in das angenehm vorgewärmte Haus zu folgen.
 

Fortsetzung folgt…



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück