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Alles Trans* normal

von

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005

In den nächsten Tagen passierte einiges. Am nächsten Abend konnte ich nicht schlafen. Ich hatte befürchtet, dass soetwas passieren würde. Nur dachte ich, es würde nicht so schnell geschehen.

Ich hatte oft Schlafstörungen. Entweder schlief ich überhaupt nicht, oder aber ich schlief 20 Stunden und mehr. In dem Fall wurde ich einfach nicht müde.

Die meiste Aufregung, dass ich nun bei Yoon war, hatte sich gelegt. Und richtige Entzugserscheinungen hielten sich auch in Grenzen, auch wenn ich leicht zitterte und diesen Durst hatte. Ein Durst, der nicht wegging, soviel man auch trinken mochte.

Aber es war aushaltbar. Daniela war schon lange eingeschlafen, ich und Yoon redeten und schauten fern. Wir hatten morgen aber einiges vor, er musste sich noch ummelden und wir wollten ein paar seiner Sachen und seine Katze holen. Er gab mir deswegen etwas von seinen Antidepressiva, die einen sehr müde machten. Er nahm auch eine und war ziemlich schnell eingeschlafen.

Ich hingegen wurde nur langsam müde. Ich guckte noch eine Folge Two and a half man und How I met your mother, ehe ich auch einschlief.

Der Schlaf mit der Tablette war komisch. Eigentlich werde ich relativ leicht wach. Aber diesmal nicht. Als ich aufwachte und meine Arme um Yoon legen wollte, war der Platz neben mir leer. Ich spürte ein Blatt Papier meinen Arm streifen und öffnete meine Augen nur so weit wie nötig.

Auf dem Brief stand, dass Yoon mich nicht wachgekriegt hatte. Dass sie ohne mich losgefahren seien. Ich setzte mich auf und mir wurde schwindelig, als hätte ich mir am Abend zuvor die Kante gegeben.

Ein Blick auf mein Handy verriet, dass Yoon versucht hatte mich wachzuklingeln. Als ich Zuhause war, funktionierte das immer. Wenn er anrief saß ich Senkrecht im Bett. Nur diesmal war der Versuch vergebens. Ich schrieb ihm eine SMS, dass es mir Leid tut.

Natürlich konnte ich da nichts für, ich hatte nicht mal Ansatzweise bemerkt, dass mich irgendjemand versucht hatte zu wecken. Aber ich kam mir trotzdem ziemlich schlecht vor. Ich wollte ihm doch helfen und nun saß ich im Bett und er war mit seiner Freundin allein unterwegs.

Fast wäre ich wieder eingeschlafen, diesmal weckte mich der SMS Ton meines Handys. Er meinte, es wäre keiner sauer auf mich und erstattete mir Bericht, dass sie es nicht rechtzeitig zum Amt geschafft hätten und sie nun seine Sachen aus der Wohnung holten.

Ich schrieb irgendetwas zurück (wahrscheinlich wieder etwas mit einem 'Tut mir Leid') und zog mich an, um in den Bungalow rüber zu gehen. Der Schlüssel dazu lag auf der kleinen Küchenzeile.

Ich stand dann in der kleinen Wohnung und wusste nicht, was ich tun sollte. Sein Vater und seine Stiefmutter waren nicht da – ich war ganz allein. Ein ganz schön komisches Gefühl, ganz allein in einer fremden Wohnung, deren Besitzer fremde Menschen waren, in einer fremden Gegend und sogar in einem fremden Bundesland. Ich nutzte die Gelegenheit und ging schnell aufs Klo. Denn sonst war das immer eine Tortur. Ich ging sowieso ungern auf fremde Klos, aber dieses hatte nicht einmal eine Tür.

Und dann setzte ich mich ins Wohn/Schlafzimmer auf die Couch/das Bett. Und starrte den Fernseher an, der mir nur seine schwarze Oberfläche präsentierte. Ich wusste rein gar nichts, mit mir anzufangen. Ich schlenderte nach einiger Zeit in die Küche.

Ich kam mir etwas unnütz vor – in diesem Augenblick hieften Yoon und Daniela wohlmöglich schwere Möbel die Treppe hinunter oder schleppten Kartons in den kleinen Wagen von ihr. Und ich? Ich stand in der Küche des Bungalows und sah aus dem Fenster.

Mein Blick wanderte zu dem Geschirr neben der Spüle. Ich könnte ja abwaschen, dann hätte ich wenigstens etwas getan, selbst wenn es nicht viel war. Ich tat es tatsächlich – das erste Mal nach etlichen Jahren. Unglaublich, bei meiner Mutter hatte ich jahrelang keinen Finger krumm gemacht und ich war erst den zweiten Tag bei Yoon und wusch das Geschirr ab.

Als ich abtrocknen wollte, wurde mir kurz schwarz vor Augen. Ich torkelte zurück ins Wohnzimmer und setzte mich auf meinen vorherigen Platz. Mir war schwindelig und schlecht – wahrscheinlich lag das an der Tablette. Und wusste zwar nicht, ob ich mir den Apfelsaft (oder war es Orangensaft?) nehmen durfte, der neben dem Wohnzimmertisch auf dem Boden stand, aber ich musste es einfach. Ich hatte irgendwie Angst bewusstlos zu werden.

Aber das verschwand schnell wieder und ich verbrachte die restliche Zeit damit, aus dem Fenster zu gucken und auf Yoon zu warten.

Er kam auch etwas später und ich half wenigstens die Kartons im Haus zu verstauen.

Am nächsten Tag waren wir dann alle unterwegs. Wir waren beim Amt, aber es hatte zu. Damit wir das Parkticket nicht umsonst ausgegeben hatten, waren wir bei einem nahegelegenen See. Es war ganz schick da und wir kamen auf die Idee ein Handtuch zu holen und zumindest Daniela ihre Badesachen. Wir fuhren also nochmal hin und zurück. Machten uns dort einen schönen Vor- und Nachmittag.

Daniela war im Wasser und Yoon wollte auch – zumindest so weit es seine kurze Hose erlaubte. Oh man, war das ein Anblick. Das war das erste Mal, dass mein Körper eindeutige Signale sendete, die bis unter die Gürtellinie gingen. Fragt mich bloß nicht, warum sowas nicht passiert war, wenn wir dicht hintereinander lagen und sein hübscher Hintern direkt an meinen Schritt gedrückt war – ich weiß es nicht!

Zumindest tat ich es ihm gleich. Ich klappte meine Hose so weit nach oben, wie es ging und watete in dem Seewasser. Ich und Yoon spritzten uns etwas nass. Ich ging mit ihm allein auch einmal Snacks kaufen an einem Supermarkt. Wir haben gelacht und Witzchen gemacht. Als wären wir schon ewig zusammen, so kam es mir vor.

Am nächsten Tag waren wir dann endlich beim Amt um Yoon umzumelden. Ich saß mit ihm in dem Büro. Er musste natürlich angeben, dass er noch verheiratet sei. Die Frau, die am Computer saß war nur ziemlich verwirrt.

Sie fragte Yoon, wo seine Frau denn nun wohne. Wir mussten lachen, das könnt ihr sicher verstehen. Yoon sagte ihr, dass er mit einem Mann verheiratet sei. Und sie meinte dann irgendwas mit 'eingetragener Lebenspartnerschaft'. Ich fand es amüsant, dass sie wirklich keine Sekunde lang blickte, dass Yoon transsexuell war. Aber es freute mich auch für ihn. Und es gab mir Recht: Er hatte nichts weibliches mehr an sich.

Wir machten noch lange darüber Witze, dass Dennis eine Frau sei und allerlei. Doch an diesem Abend wurden meine Entzugserscheinungen so stark, dass ich das erste Mal vor Yoons Augen trank. Es war nicht viel, nur ein Glas und jeder Schluck tat mir in der Seele weh. Ich merkte nur, wie ich langsam immer gereizter wurde. Und ich wollte ihn nicht anmachen oder auch nur pissig gucken. Wir einigten uns darauf, dass ich ihm bescheid sage, wenn es zu schlimm wird. Und das hielt ich gut ein. Ich wollte auf gar keinen Fall heimlich trinken. Er hätte es so oder so herausgefunden und ich käme mir dabei schäbiger vor, als wenn ich vor ihm trinke.

Zwei Tage später fuhr seine beste Freundin nach Hause. Und ich war ganz allein mit ihm, in dem kleinen Wohnwagen, in dem großen Bett. Ich hatte ihn immer noch nicht geküsst. Und ich hatte vor, das endlich zu ändern.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Shilou
2012-08-15T22:10:46+00:00 16.08.2012 00:10
Also ich fühl mich ja fast ein wenig angesprochen wenn von der dicken Daniela redest!! XD
Nachdem Jeal mir gesagt hat worum es in deiner Story geht, wollte ich sie unbedingt lesen!!
Ich hab jetzt zwar schon einiges von euch gehört aber so ausführlich ist es definitv nochmal was anderes!! ^^
Ich mag deinen Schreibstil ... egal ob Chat, ENS oder FF!! ;D
Die Hintergründe sind wirklich heftig und man kann sie sich kaum vorstellen ... vorallem wie man sich in so einer Situation wirklich fühlt wird man nur verstehen können, wenn man sie selbst erlebt hat!
Aber mir gefällt die immer positiver werdenden Gedanken und das Gefühl was du durch deine Erzählung auslöst und vermittelst!! ^^
Ich hoffe das du bald weiter schreibst und ich endlich erfahre wie der erste Kuss zu stande kam!!
Und natürlich den Umzug vom Wohnwagen in die Stadt!! :D
LG Shilou :3
Von: abgemeldet
2012-04-20T19:59:00+00:00 20.04.2012 21:59
Oh ja das am See war echt lustig :3
Ich hab ja noch ein paar Fotos davon~
*kicher*
Und ich weiß wie schlimm das war mit dem trinken..
*murmelt*
Sehr gut geschrieben, schreib schnell weiter Schatz~
Ich liebe es wie du es erzählst *kiss*


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