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Und er lächelte

von

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Damals I

Die Nächte in den steinernen Hallen des Zirkels in Ferelden waren kühl und ruhig. Einige Stunden waren während dem Beginn der Bettruhe schon vergangen, als Cullen seinen Nachtdienst anzutreten hatte. Im Gegenzug zu seinen Ordensbrüdern mochte er es nachts zu arbeiten. Es gab zu später Stunde keine Tumulte und Magielehrlinge, die Ärger verursachten und einem Kopfschmerzen bereiteten. Die Gänge des Turms waren leer und dunkel, nur selten lief man anderen Templern, Geistheilern, die sich auch in der Nacht um Kranke kümmerten, oder Irving, dem ersten Verzauberer, über den Weg.
 

Ja, die nächtlichen Dienste waren angenehm.

Noch angenehmer noch, wenn man sie in der Bibliothek abhalten durfte, fand Cullen.

Denn eine ganz bestimmte, besondere und ehrgeizige Frau, auf die er ein Auge geworfen hatte, verbrachte die Nachtstunden häufig in dem ausladenden Saal mit den vielen Regalen und staubigen Büchern über magische Praktiken, Tränke und Kräuter.

Es war den meisten Magiern nicht gestattet sich nachts im Gebäude herumzutreiben, doch bei Solona Amell drückte Cullen jedes Mal aufs Neue ein Auge zu. Und sie wusste das, schenkte ihm dafür hin und wieder eines ihrer bezaubernden Lächeln.

So verbrachten sie oft viele Stunden - zusammen und doch allein - in der Bibliothek.

Solona saß für gewöhnlich in dicke, alte Wälzer vertieft und schreibend an einem der alten, breiten Holztische und Cullen stand in Gedanken versunken, fünf, sechs Bücherregale entfernt, auf seinem Posten.
 

Wie auch am heutigen Abend.
 

Die Ruhe, die sich über die beiden Anwesenden gelegt hatte, war in gewisser Art und Weise angenehm, das gewohnte Schweigen – das ab und an vom leisen Seufzen der Magierin oder dem Geräusch des Umblätterns einer Buchseite unterbrochen wurde - fühlte sich keineswegs bedrückend an, im Gegenteil.

Aus den Augenwinkeln beobachtete der Templer Solona aus der Ferne bei ihrem Studium, bewunderte sie und tadelte sich selbst, ja, schalt sich einen Tor für seine fragwürdige Besessenheit von dieser Frau.

Der Schein der Kerzen am Tisch vor ihr hüllte das konzentrierte Gesicht der Magierin in ein warmes Licht, breitete sich in hellen Tönen in der unmittelbaren Umgebung aus und malte hier und da tanzende Schatten an die grauen Mauern und Bücherregale der Halle.
 

Ja, die Atmosphäre in der Bibliothek war eine Harmonische.

… gewesen.
 

Denn plötzlich spürte Cullen eine Hand an einem seiner Oberarme, Finger, die an der Robe, die er unter seiner Rüstung trug und die hier und da unter Rüstungsteilen und breiten Lederriemen weinrot hervorblitzte, zupften.

Abrupt wand der Templer seinen Blick zu der Ursache dafür, einem blonden Magier, der ein wenig kleiner und schmaler war als er, doch wohl ungefähr selben Alters; vielleicht zwischen siebzehn und zwanzig Jahren alt.

Der junge Mann lächelte dem Templer breit und keck entgegen, als er an dessen Ärmel zog, um augenscheinlich nach seiner Aufmerksamkeit zu haschen.

Cullen's Augenbrauen hoben sich bei dem Anblick des ungebetenen Gastes langsam ein Stück an und verliehen seinem Gesicht dadurch einen recht überraschten Ausdruck.

Noch ehe er den Magier danach fragen konnte was los sei und bevor er es sich überhaupt zurück in das Gedächtnis rufen konnte, dass Magiebegabte um diese Uhrzeit in ihren Betten zu liegen hatten, plauderte der Blonde auch schon drauflos. Er wirkte auf eine gewisse, unerklärliche Art und Weise belustigt, als er sich leger neben Cullen an die Steinwand lehnte und mit einem leichten, kaum vernehmbaren ander Akzent in seinem Wortfall, sprach „Süß die Kleine, was?“.
 

Cullen wusste in diesem Moment nicht recht, wie er auf den unerwarteten Besucher reagieren sollte und obgleich er dessen Frage sehr wohl verstanden hatte, so entkam dem Templer nur ein verblüfftes und recht tonloses „Wie bitte?“.

Der Magier neben ihm rückte ein Stück enger an ihn heran und ehe sich Cullen dessen überhaupt gewahr wurde, spürte er den Ellbogen des Blonden stichelnd in seiner Seite, hörte ihn nahe an seinem Ohr flüstern „Solona. Ich hab' geseh'n, wie du sie angestarrt hast.“.

Beim Erbauer... hatte ihn dieser Kerl etwa beobachtet, ohne, dass es ihm aufgefallen war?

Der Templer wich, das Gesicht leicht verziehend, vor dem aufdringlichen Magier zurück und wusste nicht so recht, ob er sich nun über ihn oder sich selbst und seine fehlende Konzentration hinsichtlich seiner Pflichtverrichtung ärgern sollte.

„Na?“ das breite Lächeln im Gesicht des Anderen war mittlerweile einem verschwörerischen Grinsen gewichen und mit einem forschenden Ausdruck in den braunen Augen legte der Magier seinen Kopf ein klein wenig schräg.
 

Anstatt dem Blonden auf seine äußerst direkte Frage zu antworten, räusperte sich Cullen zunächst nur pikiert und versuchte sich möglichst ungerührt zu geben. Ein paar schnelle Herzschläge lang rang er nach Fassung und bemerkte erst jetzt, wie er den Atem einige Sekunden lang angehalten hatte, nachdem ihn der andere Mann so frech auf die Magierin in der Bibliothek angesprochen hatte.

Cullen schlug die Augen nieder und ahnte, dass ihm sein schneller Herzschlag Röte ins Gesicht treiben musste. Er holte tief Luft, um zu sprechen und hoffte, dass er nun nicht gleich drauflos stottern müsste, wie er es in solch... peinlichen Umständen ja ganz gerne tat.
 

Ja, die Situation war peinlich.

Äußerst peinlich.
 

„Was macht ihr hier draußen? Kehrt in euer Zimmer zurück.“ brachte der Templer, entgegen der Anspannung in seinen Gliedern und seiner Befürchtungen, erstaunlich ruhig zustande, als er sich dem Magier neben sich zu wand.

„Es ist Magiebegabten untersagt sich nach Sonnenuntergang im Turm herumzutreiben...“ Cullen haderte innerlich mit sich selbst und damit den Blickkontakt zu seinem Gegenüber aufrecht zu erhalten. Denn wegzusehen hätte Unsicherheit bedeutet. Und ein Templer war nicht unsicher, er war standhaft. Erst recht, wenn ihm ein Magier, der sich dachte, er könne sich alles erlauben, so amüsiert entgegen schmunzelte.

Doch der Blonde dachte nicht daran zu gehen, im Gegenteil. Seine braunen Augen mit dem klaren, überaus wachen und stechenden Blick schienen den Templer durchbohren zu wollen, als er ihm plötzlich eine Hand entgegenstreckte „Ich bin übrigens Anders. Freut mich.“.
 

Anders.

Moment.

Hatte sich dieser Magier ihm gerade vorgestellt, als wolle er sich mit Cullen 'anfreunden'?

Warum streckte er ihm, einem Templer, seine Hand in solch einer freundlichen und kameradschaftlichen Grußgeste entgegen?

Und warum war er eigentlich auch noch so dreist ihn zu duzen?

Also, entweder war hier gerade irgendetwas ziemlich faul oder dieser blonde Mann überaus... verhaltensoriginell.
 

Anstatt Anders' Hand zu schütteln und ihm ebenfalls seinen Namen zu nennen, als wären sie beide plötzlich die besten Freunde – und das, obwohl sie sich allerhöchstens flüchtig vom Sehen kannten - bedachte Cullen sein Gegenüber nur mit argwöhnischen Blicken und verschränkte die Arme vor der Brust. Ein stummes 'Was soll das?', auf das Anders – statt einer betretenen und vor den Kopf gestoßenen Reaktion – lediglich ein warmes, herzliches Auflachen entgegnete.

Als der Magier seine ausgestreckte Hand daraufhin wieder sinken ließ und sie sich in die Seite stemmte, verbrachte er ein paar Sekunden lang damit Cullen belustigt dabei zu beobachten, wie sich dieser etwas verunsichert und äußerst vorsichtig nach Solona umsah.

Die Magierin hatte Anders vermutlich lachen gehört, kümmerte sich – abgesehen von einem kurzen, desinteressierten Blick aus den Augenwinkeln – aber nicht um die beiden Männer in ihrer Nähe.
 

„In Anderfels ist das eine Art Brauch. Was macht man denn nun in Ferelden? Scheinbar hab' ich da die letzten paar Jahre was falsch verstanden...“ ertönte die Stimme des aufgeweckten Magiers nach wenigen Momenten schon wieder. In seiner Frage lag dabei ein ehrliches Interesse und er musterte den Templer vor sich aufmerksam von oben bis unten.

Als Cullen seinen kritischen Blick wieder von Solona losriss, um seinen Kopf in Anders' Richtung zu wenden, legte sich ein prüfend-misstrauischer Ausdruck über seine Miene. Er musste nicht erst nachfragen, um dem Magier vor sich anzudeuten, dass er nicht ganz verstanden hatte.

„Sich die Hände zu schütteln, wenn man sich begrüßt.“ ergänzte der Blonde und entblößte durch sein breites Gegrinse seine weißen Zähne.

Diese waren nicht das Einzige, das recht positiv an ihm auffiel, der Mann wirkte im Großen und Ganzen überaus gepflegt. Seine mittelblonden, schulterlangen Haare, waren zu einem ordentlichen Pferdeschwanz im Nacken zusammengebunden und seine Robe, im Vergleich zu denen vieler anderer Zirkelmitglieder, sauber. Die vergoldeten Metallreifen, die sich recht dekorativ um seine Arme legten und ein schlichter Ohrring in dessen rechten Ohrläppchen, zeugten davon, dass Anders wohl von der eitleren Sorte Magier sein musste.

Höchstwahrscheinlich gab er sich ob einer gewissen Arroganz derart... aufmüpfig und dabei auch noch so selbstsicher.
 

Cullen's Kehle entfloh ein resigniertes Seufzen, als er sich, Anders etwas überfordert anblickend, an den Kopf fasste und die Stirn runzelte. Noch immer starrte ihm der Blonde auffordernd entgegen und schien es sich nun felsenfest vorgenommen zu haben eine Antwort auf seine Frage abzuwarten. Dem Templer erschien es fast so, als würde dieser lästige Kerl überhaupt nicht blinzeln.

Irgendwie unangenehm.

Es dauerte ein paar Augenblicke, bis Cullen schlussendlich reagierte.

Er war kein Mann großer Worte, er war ein Mann der Taten. Und so setzte er zu keinen Erklärungen über 'richtige' und 'falsche' Grußformen Fereldens an, sondern hob Anders nun ebenfalls eine seiner Hände entgegen „Cullen.“.
 

Die überspitzten Emotionen des Magiers waren ein offenes Buch; selbst für jemanden wie Cullen, der im Grunde nicht besonders viel von solchen Dingen hielt und wusste. Hatte ihm Anders nun ein paar Atemzüge lang nur etwas ungläubig entgegen geblinzelt und eine seiner Augenbrauen dabei, offensichtlich verwundert darüber eine Antwort erhalten zu haben, nach oben schnellen lassen, so fing er wenige Momente später schon wieder an über das Ganze Gesicht zu strahlen.

Die Hand des Magiers fasste eilig nach der, die ihm entgegengehalten wurde. Blanke Finger legten sich fest um den gepanzerten Handschuh Cullen's, dickes Leder und Stahl, und schüttelten die Hand des Templers länger, als es für eine Begrüßung oder Vorstellung nötig gewesen wäre. Doch Cullen ließ Anders walten und kam nicht umhin seinen Kopf, tatsächlich ein klein wenig amüsiert über das Verhalten dieses ander Exzentrikers, schütteln zu müssen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Schneizel
2012-05-02T21:36:58+00:00 02.05.2012 23:36
Okay, okay, ich hab eine leichte Obesession mit Kinloch Hold.
Vllt ganz gut, dass ich das dritte Buch (noch) nicht habe.
Und mit Origins!Cullen ja sowieso.
Er ist einfach so niedlich mit seiner Schwärmerei für Amell/Surana und seiner... nennen wir es "soziale Verpeiltheit".
Wir müssen unbedingt mal Flashback-Postings spielen.
Ich find's herrlich, dass er und Anders einfach wie Arsch auf Eimer passen: Cullen socially awkward, und Anders total extrovertiert.
Wie die sich an diesem Händeschütteln aufhängen, einfach nur herrlich.
Und wenn ich das richtig sehe, dann kommen auch noch ein paar mehr von solchen Flashback-Stories... me gusta :D


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